l. Gegenwartsabhängigkeit und Zukunftsbezogenheit: Analytische Kritik einer an und für sich seienden Vergangenheit

Es ist der, im Endeffekt des kläglichen Scheiterns ihres historiologisch radikalen Emanzipationsversuchs von der professionellen Geschichtswissenschaft explizit geltend gemachte, in aller Öffentlichkeit adoptierte und zur offiziellen Doktrin auch und gerade ihres eigenen Tuns und Lassens erklärte historische Relativismus, der der geschichtsphilosophischen Reflexion eines Danto nun als ein in gleichermaßen schicksalhafter Totalität und fataler Negativität perennierender Zwangsgedanke oder kategorialer Fixpunkt zu schaffen macht. Und es ist die diesem historischen Relativismus zugrunde liegende Erfahrung einer in historiographischen Dingen distanzlos unmittelbaren Scheinverfallenheit, mit der im Versuch, jenen als Zwangsgedanken toten Punkt zu überwinden, die solcher geschichtsphilosophischen Reflexion entspringende Analytische Philosophie der Geschichte fertig zu werden unternimmt. Und zwar setzt sich die Analytische Geschichtsphilosophie mit ihrem, der professionellen Geschichtswissenschaft über deren traumatisch konkursive Relativitätserfahrung hinwegzuhelfen gedachten Sanierungs- oder Restaurationsunternehmen nichts Geringeres zum Ziel als eine Rehabilitation der restbeständig früheren Empirie in ihrem vorherigen kritisch-refutativen Charakter und Restitution also dieser Empirie, wenn auch nicht in integrum einer dogmatisch-affirmativen Konzentration auf das eine historische Sein, so immerhin doch in usum einer als empiriologisch-praktische Vorbehaltlichkeit realen Reservation gegenüber allem historiographischen Schein. Offenbar ist ja die Außerkraftsetzung der restbeständig früheren Empirie in dieser ihrer, sie bis dahin als der Verstand ihres Daseins durchwaltenden kritisch-refutativen Eigenschaft und Funktion der direkte Anlass für den Sturz der professionellen Geschichtswissenschaft ins Verderben einer ebenso kollaborativen Anerkennung wie distanzlosen Hinnahme der schicksalhaften Unentrinnbarkeit und epiphanischen Totalität jenes, in Gestalt des historischen Perfekts interessierter Geschichte erzeugten historiographischen Scheins und also der entscheidende Grund für die mit dem Brief und Siegel des historischen Relativismus versehene und zwischen Resignation und Zynismus changierende Bankerotterklärung der professionellen Geschichtswissenschaft in Ansehung ihres Bemühens um, wenn schon nicht die verwandlungsmächtig-mediale Darbietung, so zumindest doch aber die widerstandskräftig-instrumentale Einführung einer im Verhältnis zu jenem historiographischen Schein nicht weniger historiokritisch wirksamen als historiologisch wirklichen Alternative. Indem die frühere Empirie im Restbestand auf die in fataler Folgerichtigkeit ihr zu guter Letzt zugemutete Leistung einer direkten Reproduktion der durch sie vermeintlich repräsentierten und reflektierten, vorausgesetzt originalen Vergangenheit mit den Anzeichen vollständiger Überforderung reagiert und den reaktionsbildnerischen Ausdruck einer aus akzidentiell-historischen Gründen ausgemachten, prinzipiellen Unverhältnismäßigkeit und Unverwendbarkeit annimmt, büßt sie zugleich auch alle, auf dieser ihrer vermeintlichen Repräsentativität und Reflexionskraft basierende kritische Kompetenz und refutative Funktion ein und liefert eben dadurch die auf sie zu bauen gewohnte und auf ihre Funktionstüchtigkeit sich blindlings verlassende professionelle Geschichtswissenschaft in jäher Hilf- und Schutzlosigkeit dem gewalttätigen Eindruck und der traumatischen Evidenz einer im empirischen Zueignungsautomatismus allgegenwärtigen historiographischen Scheinproduktion aus. Angesichts dessen zeugt es durchaus von gleichermaßen verfahrenstechnischer Konsequenz und sachspezifischem Verstand, wenn die an der Scheinverfallenheit und relativistischen Prostitution der professionellen Geschichtswissenschaft sich stoßende und auf die Befreiung der letzteren vom schmählichen Joch und bitteren Schicksal eines expressis verbis totalisierten historischen Relativismus sinnende Analytische Geschichtsphilosophie solche Befreiung von einer praktischen Rehabilitation und funktionellen Wiederaufrüstung jener, in ihrer kathartisch-kritischen Eigenschaft diskreditierten und in ihrer apotropäisch-refutativen Bedeutung entwerteten, früheren Empirie im Restbestand sich erhofft.

Weniger von Konsequenz und Verstand als von Irrsinn und Aberwitz scheint hingegen die Methode zu zeugen, mittels deren die Analytische Geschichtsphilosophie diese, der professionellen Geschichtswissenschaft aus ihren relativistischen Nöten zu helfen bestimmte Wiederaufrüstung der restbeständig früheren Empirie hiernach betreibt und ins Werk setzt. Schwerlich nämlich den Anschein eines folgerichtig-rationalen Vorgehens hat, dass die Analytische Geschichtsphilosophie diese Restitution der restbeständig früheren Empirie in usum ihrer vorherigen, pro forma eines bloßen Prüfungsverfahrens wirksamen, materialiter strikten Abwehrfunktion ausgerechnet auf dem Wege einer vernichtenden Kritik und förmlichen Auflösung des von der professionellen Geschichtswissenschaft à fonds perdu der historiographischen Scheinerzeugung vorausgesetzten Topos originaler Vergangenheit und also auf dem Wege einer Liquidation und Beseitigung dessen zu erreichen bestrebt ist, wozu – nach der bis dahin gültigen Lesart des Zusammenhangs – die frühere Empirie im Restbestand eine gleichermaßen in topisch-positioneller Nähe und in funktionell-formeller Affinität bestehende, konstitutionell entscheidende Repräsentations- und Reflexionsbeziehung unterhält und was – der gleichen Version zufolge – im Sinne eines als Maß und Kriterium sich zugrunde legenden substantiellen Verhältnisses der früheren Empirie im Restbestand allererst jene maßgebende Bedeutung und kriterielle Rolle verleiht, die jetzt die Analytische Geschichtsphilosophie durch eine Dispensierung der restbeständig früheren Empirie von eben diesem Verhältnis zu restituieren und erneut in Kraft zu setzen bemüht ist. Zwar steht außer Zweifel, dass es eben diese als Maßverhältnis konstitutive substantielle Beziehung ist, die in dem Umfang, wie der restbeständig früheren Empirie misslingt, sie entsprechend dem geforderten historiographischen Offenbarungseid positiv zu realisieren und in Gestalt nämlich einer quellpünktlich-exakten Reproduktion und urkundlich-ebenbildlichen Wiedergabe des Beziehungspunktes als solchen einzulösen, die solcherart Scheiternde hypothekarisch belastet und in den Verdacht eines auch und natürlich in seiner Rolle als Instrument der kritischen Refutation und apotropäischen Abwehr historiographischen Scheins sich diskreditierenden historiographischen Scheinerzeugers sui generis bringt. Aber daraus nun – wie die Analytische Geschichtsphilosophie offenbar tut – den Schluss zu ziehen, es sei diese, im Topos einer als Anundfürsichsein originalen Vergangenheit resultierende Repräsentations- und Reflexionsbeziehung überhaupt das die frühere Empirie im Restbestand ihrer Glaubwürdigkeit beraubende und ins Unglück eines umfänglichen Fehlverhaltens stürzende Übel und deshalb sei zur glücklichen Sanierung der restbeständig früheren Empirie auch nicht mehr und nicht weniger vonnöten als ihre restlose Abstraktion von und pauschale Auslösung aus eben dieser, sie aufs Entschiedenste kompromittierenden, weil zutiefst diskreditierenden, substantiellen Beziehung, scheint an Paradoxie und vielmehr Absurdität der Absicht gleichzukommen, Unwissenheit durch die Abschaffung des Wissens heilen oder, generell gesprochen, eine Funktionsstörung durch die Beseitigung des der gestörten Funktion zugrunde liegenden Organs beheben zu wollen. Schließlich spielt fraglos ja der Topos einer à fonds perdu historiographischer Scheinerzeugung als Anundfürsichsein vorausgesetzten originalen Vergangenheit die Rolle des jene kritisch-refutative Funktion, die in corpore der früheren Empirie im Restbestand existiert und um deren Wiederherstellung die Analytische Geschichtsphilosophie sich bemüht, als ein Maß und Kriterium gleichermaßen passiv bedingenden und aktiv begründenden, substantiellen Organs. Und schließlich führt dementsprechend ja auch die von jener Funktion zu diesem Organ unterhaltene Beziehung zu einer Störung oder gar Außerkraftsetzung der ersteren einzig und nur ex negativo oder modo defecto ihrer selbst und nämlich aus Gründen nicht etwa eines Zuviel, sondern beileibe bloß eines Zuwenig an durch die erstere relativ repräsentiertem substantiellem Gehalt beziehungsweise reflektiertem organischem Einfluss. Wie könnte angesichts dessen das von der Analytischen Geschichtsphilosophie zur Wiederherstellung der kritisch-refutativen Funktion der früheren Empirie im Restbestand entwickelte Sanierungsprogramm mehr zu sein scheinen als eine widersinnige Vollendung und Verewigung dieser für die Außerkraftsetzung der Funktion verantwortlichen Beziehungsschwäche und also eine qua Identifizierung mit dem Aggressor zustande kommende selbstzerstörerische Sanktionierung und Verklärung von nichts sonst als diesem, die restbeständig frühere Empirie ins Unglück stürzenden und mit pauschaler Dysfunktionalisierung heimsuchenden Mangel an relativ substantieller Repräsentativität beziehungsweise organologischer Reflexionskraft?

In der Tat also kann die von der Analytischen Philosophie der Geschichte in Vorschlag gebrachte Therapie, die eine Restitution der restbeständig früheren Empirie in usum ihrer vom historischen Relativismus halb resignativ, halb zynisch verloren gegebenen kritisch-refutativen Funktion bezweckt und die dieses hohe Ziel nun ausgerechnet mittels einer Lossprechung und Befreiung der restbeständig früheren Empirie von dem sie in ihrer solcherart kritisch-refutativen Funktion erklärtermaßen überhaupt erst begründenden Topos einer als Anundfürsichsein originalen Vergangenheit anstrebt, dem unvoreingenommenen Beobachter ganz und gar nicht einleuchten. So zweifelhaft indes einerseits der Sinn und Nutzen anmutet, den – allgemein besehen und im Kontext gewahrt – die zur Restitution der restbeständig früheren Empirie in usum ihrer vorherigen Funktionalität von der Analytischen Geschichtsphilosophie verordnete Therapie aufzuweisen vermag, so ausgemacht erscheint andererseits die Einschlägigkeit und Geltung, die – näher betrachtet und für sich genommen – die von der Analytischen Geschichtsphilosophie im Zuge der Durchsetzung und Rechtfertigung dieser Therapie jenem Topos einer Vergangenheit an und für sich mit allen Schikanen einer kritischen Entlarvung und systematischen Demontage gestellte Diagnose beanspruchen darf. Unschwer nämlich lässt sich – auf der Basis der verhältnismäßig distanzierten und nüchternen Betrachtungsweise, zu der das klägliche Debakel ihrer dogmatisch-affirmativen Geschichtsschreibungsambitionen und ihr resultativer Sturz in den totalen historischen Relativismus die professionelle Geschichtswissenschaft zurückfinden und qua Analytische Geschichtsphilosophie ihre Zuflucht nehmen lässt – der zum gewissermaßen ontologischen Selbstwiderspruch verhärtete fundamentale Missverstand einsehen, dem die bis dahin mit unermüdlichem Eifer und aufopferungsvoller Liebe von der professionellen Geschichtswissenschaft gehegte Vorstellung einer im Anundfürsichsein genuiner Bestrebungen und ureigener Regungen verhaltenen und als aus diesem existentiellen Grunde ebenso unaufhebbares wie unübertreffliches Original sich behauptenden Vergangenheit augenscheinlich entspringt und dessen Realisierung die solcher Vergangenheitsvorstellung geltende Diagnose nolens volens in die Lage eines schieren Demaskierungsverfahrens und vernichtenden Standgerichts versetzen muss. Ohne sonderliche Mühe lässt sich sub specie der von der Analytischen Geschichtsphilosophie eingenommenen und ebenso sehr durch die Tugend subjektiver Ernüchterung wie durch die Not der objektiven Enttäuschung bestimmten Perspektive plötzlich dessen inne werden und das in Anschlag bringen, was bis dahin der professionellen Geschichtswissenschaft strikt verborgen geblieben und mit der Penetranz vexierbildlicher Ungreifbarkeit entgangen ist: dass nämlich jener Topos einer Vergangenheit an und für sich einen nicht bloß unbestimmt logischen Skandal, sondern ein mehr noch dezidiert ontologisches Unding deshalb darstellt, weil er Topos einer Vergangenheit ist, die – ihrer attributivischen Amtsanmaßung zufolge – das substantiell sein will, wozu sie – ihrer wesentlichen Formbestimmung nach – sich vielmehr funktionell zu verhalten gedacht ist: unmittelbar gediegene, sichselbstgleiche Gegenwart.36 Das heißt, es braucht nicht viel, um gewahr zu werden, dass jener Topos einer im Anundfürsichsein genuiner Bestrebungen und ureigener Regungen original vorausgesetzten Vergangenheit dem nach Maßgabe seines Selbstwiderspruchs nicht bloß realiter paradoxen, sondern geradezu idealiter absurden Versuch sich verdankt, die Vergangenheit mit dem Ziel ihrer Etablierung in statu quo ante einer unvordenklich eigenen Gegenwärtigkeit und unvermittelt höchstpersönlichen Autonomie aus eben der als fundamentale Verhältnismäßigkeit bestimmten Relation zur Gegenwart herauszureißen, die sie als solche doch überhaupt nur konstituiert und die in ihrer unreduzierbar transzendentalen Qualität der als solche konstituierten Vergangenheit in der Tat so wesentlich ist als diese sich selbst.37

Was die Vergangenheit nämlich – wie die Analytische Geschichtsphilosophie vernünftigerweise wahrnimmt und zu Recht geltend macht – als solche konstituiert und also unabhängig von der Frage nach ihrer näherhin gegenwartsspezifischen Vermitteltheit und Bestimmtheit mit transzendentaler Unverbrüchlichkeit determiniert, ist ihr Verhältnis zu einer Gegenwart, die sich auf sie als auf einen, wenn schon nicht aufgehobenen und integrierten, so jedenfalls aber abgelegten und überholten verschiedenen Ausdruck und differentiellen Aspekt ihrer, der demgegenüber als die eine Sache und identische Totalität perennierenden Gegenwart selbst bezieht. Das heißt, die Vergangenheit ist als solche die gezogene Konsequenz und das bedingte Resultat einer verändert sich präsentierenden und als Schattenbild ihrer neuen Identität die nicht minder neue Verschiedenheit dieses ihres Präteritums provozierenden Gegenwart. Als durch die veränderte Gegenwart dergestalt gleichermaßen resultativ formierter verschiedener Ausdruck und relativ konditionierter differentieller Aspekt verhält sich die Vergangenheit zur Gegenwart wie zum substantivischen Organ die eigenschaftliche Funktion oder wie zum substantiell kontinuierlichen Subjekt der prädikativ diskrete Begriff. Dabei bleibt in der Tat die kategoriale Verbindlichkeit und transzendentale Gesetzeskraft dieser, die Vergangenheit als im Verhältnis zum subjektiven Bestand der Gegenwart prädikative Bestimmung realisierenden Konstitutionsbeziehung von dem Problem des spezifischen Modus oder Realisierungsgrads der Beziehung vollständig unberührt.38 Für die transzendentallogisch konstitutionelle Abhängigkeit der Vergangenheit als solcher von der Gegenwart bleibt ohne Belang, ob diese jene in der unbeherrschten Modalität eines ebenso unwillkürlich wie fremdbürtig mit der Gegenwart assoziierten chronischen Imperfekts zur Vorstellung bringt oder in der sichselbstgleichen Realität eines von der Gegenwart ebenso zielstrebig wie aus eigenen Stücken identifizierten historischen Perfekts sich zu Gemüte führt. Ob als das prädikativ aufgehobene Selbstbestimmungsmoment, als das sie in der Form historischen Perfekts sich der Gegenwart vindiziert, ob als die demonstrativ der Aufhebung sich entziehende Naturwiderstandsfigur, als die sie in Gestalt eines chronischen Imperfekts dem Selbstbestimmungsinteresse der Gegenwart in die Quere kommt und zu schaffen macht – so oder so bleibt die Vergangenheit als solche und ihrer transzendentallogisch apriorischen Konstitution nach das zu einer relativen Funktion des neuen Daseins formalisierte Anderssein und die zu einer differentiellen Beschaffenheit der neuen Identität abstrahierte Verschiedenheit nur der veränderten und im Resultat der Veränderung sich als das nunmehr leibhaftig-greifbare und für sich präsente Subjekt auf sich als das nurmehr gespenstisch-begriffliche und für anderes prädikative Präteritum rückbeziehenden Gegenwart selbst. Und daran ist, recht besehen, auch gar nichts Verwunderliches. Schließlich ist tatsächlich ja – wie die Betrachtung der für die Kantischen Überlegungen maßgebenden frühbürgerlichen Situation hat beispielhaft deutlich werden lassen – dort das unbewältigt chronische Imperfekt um keinen Deut weniger als hier das aufgehoben historische Perfekt resultativer Ausdruck und relativer Aspekt der – allerdings als ein konkurrierendes Präsens mit sich selber zerfallenen und mit der ganzen Kraft eines restaurativ mobil gemachten Trägheitsmoments dem Prozess ihrer eignen Veränderung Widerstand leistenden – Gegenwart. Es ist also eine der Gegenwart selber im Zuge ihrer Veränderung okkurrierende existentielle Ungleichzeitigkeit und strukturelle Widersprüchlichkeit, die dem Konstrukt zweier, im Realisierungsgrad ihrer funktionellen Abhängigkeit von der Gegenwart differierender Vergangenheitsweisen zugrunde liegt und sein fundamentum in re verschafft. Eben deshalb aber ist dies Konstrukt zweier, im Modus differierender Präteritumsfunktionen, weit entfernt davon, einen möglichen Einwand gegen das erklärte Prinzip der im Sinne prädikativer Funktionalität konstitutionellen Abhängigkeit der Vergangenheit zu implizieren oder gar darzustellen, ganz im Gegenteil nur die tatsächliche Bestätigung der transzendentallogischen Unverbrüchlichkeit und kategorialen Geltung eben jenes vergangenheitskonstitutiven Prinzips.

In Ansehung dieses, mit der ganzen Verbindlichkeit transzendentallogischer Apriorizität die Vergangenheit als solche konstituierenden Prinzips fällt nun in der Tat der förmlich ontologische Missverstand, dem die von der professionellen Geschichtswissenschaft kultivierte Vorstellung eines im Anundfürsichsein genuiner Bestrebungen und ureigener Regungen vorausgesetzten Präteritums entspringt, nur zu klar ins Auge. In geradezu klassisch zu nennender Manier erfüllt jene Vorstellung den Tatbestand der Hypostasierung, der auf Erschleichung des Subjektstatus für ein bloß prädikatives Verhältnis abgestellten Verdinglichung. Als Hypostasierung darf mit dem Fug und Recht der fundamentalsten Bedeutung dieses Begriffes gelten, dass mittels jener Vorstellung die professionelle Geschichtswissenschaft es unternimmt, einen seiner ganzen Konstitution nach funktionell formierten Ausdruck und prädikativ konditionierten Aspekt vom konstitutionell entscheidenden Prozess seiner Formation und kategorial verbindlichen Kontext seiner Konditionierung kurzerhand abzulösen und mit dem wunderbaren Privatleben eines auf eigener Unterlage basierenden Autochthonen respektive dem ungeheuren Automatismus eines der eigenen Abgründigkeit entsprungenen Monstrums auszustatten. Und als Hypostasierung muss mit dem gleichen guten Grundbedeutungsrecht erscheinen, dass kraft solcher Verlebendigung und Automatisierung die professionelle Geschichtswissenschaft es dazu bringt, diesen funktionellen Ausdruck und prädikativen Aspekt als eine gediegene Konkurrenz und absolute Alternative zu ausgerechnet dem in substantieller Beständigkeit subjektiven Organ dingfest zu machen, das ihn, den funktionellen Ausdruck und prädikativen Aspekt, doch allererst formiert und überhaupt nur bedingt. Indem die professionelle Geschichtswissenschaft die Vergangenheit per modum des ihr nachgesagten Anundfürsichseins so thematisiert, als wäre sie das ungleichzeitig subsistierende existentielle Faktum einer im disjunktiven Verhältnis zur Gegenwart unverändert sichselbstgleichen Präsenz, statt, was sie ist, das simultan resultierende funktionelle Präteritum eines qua Gegenwart sichselbstgleich veränderten Präsens zu sein, verleiht sie ihr die gespenstische Scheinkonkretheit einer mit dem Ergebnis der Herstellung falschester Unmittelbarkeit von sich selber abstrahierenden Abstraktion. Aus einem Prädikat, dem die Gegenwart die objektive Bedeutung eines zwischen den Extremen bloßer Gegenständlichkeit und nackten Widerstands changierenden möglichen Bestimmungsmoments ihrer, der als das Subjekt firmierenden Gegenwart selbst, zuerkennt, verwandelt sich damit die Vergangenheit in ein Objekt, dem die Gegenwart den fetischistischen Charakter eines der Zauberei und der Eskamotage ineins verdächtigen wirklichen Erscheinungsorts gegenwartsunvermittelt eigener Gegenwärtigkeit und subjektunabhängig privater Subjektivität unterstellt. Und aus Tendenzen und Dispositionen, die in der Potentialität eines als verschiedener Ausdruck und differentieller Aspekt der – wie ambivalent auch immer – einen Gegenwart konstituierten Präteritums noch mit der funktionalen Rolle einer einzig und nur in Gestalt der der Gegenwart eigenen Interessen und Intentionen aktualisierbaren spezifischen Differenz und relativen Bestimmung der letzteren selbst sich bescheiden, werden auf diese Weise Bestrebungen und Regungen, die auf nichts Geringeres als auf die substantielle Bedeutung eines die bloße Potentialität formeller Verschiedenheit zur schieren Potenz einer reellen Selbstbeziehung peremptorisch abstrahierenden und halluzinatorisch elaborierenden, indifferent ureigenen Totums und absolut genuinen Existentials Anspruch erheben.

In Anbetracht der als ein transzendentallogisch konstitutiver Faktor jeglicher Präteritumsbildung ausgemachten, ausdrucksmäßig prädikativen und aspektförmig funktionellen Abhängigkeit der Vergangenheit von der Gegenwart liegt der im Zeichen seiner Sünde wider den Geist jener transzendentallogischen Konstitution mit dem Recht einer phänomenologisch unvermittelten Bestandsaufnahme ontologisch zu nennende Missverstand, dem mit allen Schikanen einer veritablen Hypostasierung die Vorstellung einer im Anundfürsichsein genuiner Bestrebungen und ureigener Regungen vorausgesetzten Vergangenheit entspringt, nur zu klar am Tage. Aber nicht minder klar tritt nun damit zugleich auch das historiologische Unverständnis zutage, von dem die mit dieser Vorstellung einer Vergangenheit an und für sich aufs Engste verknüpfte Konnotation der im Sinne fixundfertiger Originalität singulären Ursprünglichkeit zeugt. Mit dem guten Grund jener – allem ontologischen Missverstand zum Trotz als transzendentallogisches Konstitutiv des Präteritums überhaupt firmierenden – funktionellen Abhängigkeit der Vergangenheit von der Gegenwart und mit dem vollen Recht der daraus logischerweise konsequierenden dispositionell entscheidenden Bedeutung der Gegenwart für die Vergangenheit übt die Analytische Geschichtsphilosophie ihre das strategische Kernstück der Auseinandersetzung mit der professionellen Geschichtswissenschaft bildende Kritik an dem von der letzteren als das kriterielle Maß und der absolute Bezugspunkt ihrer sämtlichen historiographischen Aktivitäten eingeführten Topos einer Vergangenheit in origine. Wenn transzendentallogisch-ontologisch eine mit dem Siegel unmittelbarer Gegenwärtigkeit versehene, an und für sich seiende Vergangenheit sinnvoll gar nicht vorstellbar ist, so kann nun auch ebenso wenig historiologisch-chronologisch eine mit dem Privileg unübertrefflicher Einmaligkeit ausgestattete originale Vergangenheit vernünftigerweise denkbar sein. Und zwar – einfach genug – deshalb, weil jene funktionelle Abhängigkeit von der Gegenwart, in der, allem hypostasierend ontologischen Missverstand zum Trotz, die Vergangenheit sich als solche konstituiert, natürlich auch und wesentlich eine funktionelle Abhängigkeit von eben der eigentümlichen Bewegung bedeutet, die sei's nach Art einer heterogen vorgezeichneten Schicksalskurve, sei's im Verstand eines autogen projektierten Entwicklungsgangs die Gegenwart beschreibt und die diese so oder so einem ihrer wirklichen Identität ebenso unentbehrlichen wie ihrer möglichen Identifizierung verderblichen, permanenten Veränderungsprozess unterwirft. Dieser, dem Gegenwartssubjekt als sein unverzichtbarer modus vivendi eingeschriebene Veränderungsprozess ist es, der die Vergangenheit als solche allererst konstituiert und nämlich in der generellen Form und Funktion eines nach seiner verändernden Vorgabe resultativ verschiedenen Ausdrucks und relativ differentiellen Aspekts des Subjekts der Gegenwart selbst in seiner neuen Identität exponiert. Und er ist es nun auch, der die dergestalt als ein prädikatives Verhältnis der Gegenwart transzendentallogisch ausgemachte Vergangenheit konstitutionell durchaus nicht zur Ruhe einer prädikativen Bestimmtheit kommen, sondern sich vielmehr in ein nach seiner prozessualen Maßgabe unabsehbares Fortschreibungsverfahren und unaufhörliches Revisionsgeschäft verwickeln lässt. Indem uno actu ihrer im Allgemeinen funktionellen Abhängigkeit von der Gegenwart die Vergangenheit als insbesondere abhängig von einer als alterative Potenz der Gegenwart innewohnenden und sei's als dynamisches Zentrum ihr selbstmächtig eingeborenen, sei's als exzentrische Dynamis ihr schicksalhaft unterkommenden Kraft des Werdens sich darstellt, kann sie gar nicht umhin, dem durch jene Kraft des Werdens angestrengten aktuellen Veränderungsprozess der Gegenwart eine in die Länge und Breite prozessualer Konditionierung bedingungslose potentielle Revisionsbereitschaft ihrer selbst korrespondieren zu lassen. Jene Potenz des Werdens, die in der topischen Projektion und anschauungsförmigen Vorwegnahme des sie zu aktualisieren bestimmten Veränderungsprozesses Zukunft heißt, enthält die Gegenwart als einen für ihr Bestehen unabdingbaren Beweggrund und als in der Tat den sei's selbstmächtig perennierenden, sei's schicksalhaft intervenierenden Verstand ihres Daseins. Aber eben deshalb ist nun auch die als resultativ verschiedner Ausdruck und relativ differentieller Aspekt der Gegenwart konstituierte Vergangenheit auf jene in der Gegenwart implizierte futuristische Kraft als auf ein für sie selber richtungweisendes Potential und integrierendes Moment bezogen. Mit ihrem – jene immanente Kraft des Werdens ebenso sehr topisch projizierenden wie anschauungsförmig antizipierenden – Zukunftsprospekt präsentiert sich die Gegenwart in einer Dimension der prinzipiellen Unabgeschlossenheit und vitalen Unerfülltheit. Aber eben deshalb weist nun auch die in konstitutioneller Abhängigkeit von der Gegenwart funktionierende Vergangenheit eine dieser futuristischen Gegenwartsdimension entsprechende Perspektive grundsätzlicher Unfertigkeit und zentraler Unbestimmtheit auf.

Rebus sie stantibus scheint klar, was für einen historiologisch kompletten Nonsens die von der professionellen Geschichtswissenschaft mit dem Vergangenheitsaspekt im Zuge seiner Hypostasierung zur Vergangenheit an und für sich verknüpfte Konnotation ursprünglicher Vollständigkeit beziehungsweise. fixundfertiger Originalität darstellt. Solange die Gegenwart selber eine – als die Entäußerung der der Gegenwart eigenen alterativen Potenz zum topischen Entwurf einer prospektiven Verlaufsform figurierende – Zukunft sei's schicksalhaft entfremdet zu gewärtigen, sei's selbstmächtig planvoll einfach nur hat, bleibt auch die durch die Gegenwart konstitutionell formierte und konditionierte Vergangenheit selbstverständlich und wesentlich eine mit Vollständigkeit schwerlich zu assoziierende Angelegenheit und vom Einfürallemal weit entfernte Funktion eben dieser die Gegenwart dimensionierenden Zukunft. Nicht anders, als die Gegenwart selber kraft dieser ihrer, topisch gefasst, futuristischen Dimension unvollendet und im vollen Ernste eines unwiderstehlichen Selbstverwirklichungszwangs mit dem Werden befasst ist, ist kraft der gleichen, ihr Perspektive verleihenden Dimension auch die durch die Gegenwart konstituierte Vergangenheit unvollständig und mit allen Konsequenzen ihres zur Gegenwart unterhaltenen unverbrüchlichen Korrespondenzverhältnisses im Entstehen begriffen. Und zwar nicht bloß in dem äußerlich quantitativen Sinn im Entstehen begriffen, dass die als Veränderungsprozess durchgesetzte Aktualisierung jener futuristischen Dimension der Gegenwart nolens volens eine fortlaufende Vermehrung und unabsehbare Erweiterung des Fundus der Vergangenheit um immer neue einzelne Ausdrücke und besondere Aspekte nach sich zieht, sondern im Entstehen begriffen vor allem und mehr noch in der eindringlich qualitativen Bedeutung, dass das als resultativ verschiedener Ausdruck und relativ differentieller Aspekt der Gegenwart konstituierte Präteritum überhaupt und in toto einen der Abfolge des Veränderungsprozesses der Gegenwart synchronen Entwicklungsgang beschreibt und nämlich zur jeweiligen Gänze eine den Stadien jenes Prozesses haargenau korrespondierende Stufenleiter umfassender Revisionen und nachdrücklicher Neufassungen durchläuft. Wie sollte unter diesen Auspizien einer in alle Zukunft der der Gegenwart eigenen Veränderung die Vergangenheit in toto heimsuchenden unablässigen Reformation und beständigen Neukonditionierung die von der professionellen Geschichtswissenschaft eingeführte Konnotation einer als in unmittelbarer Vollständigkeit und unübertrefflicher Vollkommenheit reinkulturelles Präteritum figurierenden Vergangenheit in origine den mindesten, historiologisch einsehbaren Verstand beweisen oder auch nur den geringsten, historiokritisch diskutierbaren Sinn beanspruchen können?

Fußnoten

... Gegenwart.36
Verborgen bleibt das ontologisch Missverständige ihres Vergangenheitstopos der professionellen Geschichtswissenschaft auch und selbst da, wo sie, wie im Falle der Droysenschen Historik, den besten Willen mit- und die begrifflichste Anstrengung aufbringt, dem mit jenem Topos assoziierten Originalitätskult und Reproduktionsfetischismus sich zu entziehen und einen vergleichsweise nüchternen und funktionellen Begriff von Vergangenheit sich zu bewahren. Gerade Droysen, der gegen allen, auf die originale Vergangenheit gemünzten, dogmatisch-affirmativen Reproduktionsanspruch darauf insistiert, dass, "die Tatsachen der Vergangenheit, ja die Vergangenheiten selbst wiederherzustellen,... nicht der Zweck unserer Methode und noch weniger deren Ergebnis sein" (J.G. Droysen, Historik, hrsg. v. R. Hübner, Darmstadt 1958, S. 26) kann, und der vielmehr "unsere ganze Wissenschaft... darauf (beruhen)" lässt, "dass wir... nicht die Vergangenheiten herstellen, sondern unsere Vorstellung von ihnen begründen, berichtigen, erweitern wollen" (ebd., S. 20), lässt deutlich werden, wie sehr doch auch diese vergleichsweise nüchterne Aufgabenstellung, dies allem dogmatischen Nachschöpfungspathos widerstrebende Festhalten an der kritischen Prüfungs- und Bewahrheitungsfunktion der Geschichtswissenschaft bereits im Bannkreis jener Voraussetzung eines zum Anundfürsichsein hypostasierten Vergangenheitstopos steht. Was im Bannkreis jener Voraussetzung sich ereignet, ist in der Tat nichts Geringeres als unter der Hand eine regelrechte Umkehrung der von Droysen der Geschichtswissenschaft zugewiesenen Aufgabe. Diese Aufgabe lässt Droysen unmittelbar dadurch bestimmt sein, dass "der menschliche Geist sich darauf zu besinnen beginnt, dass sein Hier und Jetzt, alles, was ihn erfüllt und was ihn Menschliches umgibt, in solcher Kontinuität erwachsen ist", und dass "er versucht, sich über das, was so in und um ihn ist, klarzuwerden, und, um dessen bewusst und gewiss zu sein, unternimmt, zu erforschen, wie es so geworden ist" (ebd.). Aber andererseits gibt er dann seiner Zunft auf, "dass wir die Erinnerungen und Überlieferungen, die Überreste und Monumente einer Vergangenheit so verstehen, wie der Hörende den Sprechenden versteht, dass wir aus jenen uns noch vorliegenden Materialien forschend zu erkennen suchen, was die so Formenden, Handelnden, Arbeitenden wollten, was ihr Ich bewegte, das sie in solchen Ausdrücken und Abdrücken ihres Seins aussprechen wollten. Aus den wie immer lückenhaften Materialien suchen wir sie, ihr Wollen und Tun, die Bedingungen ihres Wollens und die Wirkungen ihres Handels zu erkennen; wir suchen aus den einzelnen Äußerungen und Formgebungen, die wir noch fassen können, uns ihr Ich oder, wo sie mit anderen und vielen gemeinsam gehandelt und geformt haben, dies Gemeinsame, den Familiengeist, Volksgeist, Zeitgeist usw., dessen sie ein Teil und Ausdruck sind, zu rekonstruieren und aus der so gewonnenen Erkenntnis die zerbröckelte und verwischte Peripherie ihres Gesamt-Seins zu ergänzen und so weiterschreitend, soweit es möglich ist, ihre Stelle in der Gesamtbewegung der Vergangenheiten des Menschengeschlechts zu erkennen,..., deren Summe tatsächlich, wenn auch nur teilweise in bewusster Weise unsere Gegenwart und wir selbst in ihr sind." (ebd. S. 26-27) Aus der historischen Selbstverständigung der Gegenwart wird unter der Hand das – am Ende in einer bloßen Verinnerlichung und Vergeistung jenes auf die Vergangenheit bezüglichen fetischistisch unmittelbaren Reproduktions- und Auferstehungsansinnens, das Droysen zurückweist, bestehende – historistische Verstehen der Vergangenheit, aus der Vergangenheit als funktioneller Bestimmung die Vergangenheit als substantieller Geist; die dennoch behauptete Verhältnismäßigkeit zwischen Gegenwart und Vergangenheit hört auf, die systematisch-aktuelle Abhängigkeit des Prädikats vom Subjekt, der Funktion von der Substanz zu scheinen, und verwandelt sich in die äußerlich-formelle Beziehung der Elemente zur Summe, der reel len Teile zum nominellen Ganzen. (Vgl. auch die folgende Anmerkung.)
... selbst.37
Um hier einem möglichen Missverständnis vorzubeugen: Natürlich sind auch die Historiker des 19. Jahrhunderts bemüht, nachträglich zu oder sogar gleichzeitig mit dieser absurden Abstraktion und hypostatischen Verselbständigung der Vergangenheit eine Art Verhältnismäßigkeit der Vergangenheit zur Gegenwart doch wieder herzustellen beziehungsweise doch noch aufrechtzuerhalten. "Geschichte und Gegenwart bilden eine Einheit, die von dem Historiker doppelpolig erfaßt wird. Der eine Pol heißt strenge asketische Konzentrierung auf das Erkennen der menschlichen Vergangenheit mit allen Mitteln geschichtlichen Verstehens und kritischer Forschung, – was dann bis zu jener enthusiastischen Askese führen kann, die Ranke mit dem vielberufenen Worte aussprach, dass er sein Selbst auszulöschen wünsche, um nur die Dinge rein zu sehen. Der andere Pol aber der Sphäre, in der der Historiker lebt, heißt umgekehrt, sich dieses seines Selbstes wieder bewusst zu werden, aber nicht seines kleinen selbstischen Selbstes, sondern des von der Vergangenheit genährten und von den großen Gegenwartsaufgaben erfüllten und erweiterten Selbstes. Geschichtliche Wissenschaft ist also immer zugleich Wissenschaft und mehr als Wissenschaft." (Friedrich Meinecke, Geschichte und Gegenwart, in: Vom geschichtlichen Sinn und vom Sinn der Geschichte, Leipzig 1939, S. 7) Dabei muss sich die auf dem "anderen Pol" vom Historiker wiederhergestellte beziehungsweise aufrechterhaltene Verhältnismäßigkeit der Vergangenheit zur Gegenwart nicht unbedingt bloß, wie bei den "enthusiastischen Asketen" Ranke oder Meinecke selbst, in der mit ebenso falscher wie großer Geste zum wissenschaftstranszendierenden Akt erklärten gedankenlos-bigotten An- und Rückbindung beider – der Vergangenheit und der Gegenwart – ans Absolute der göttlichen Macht erschöpfen. Das heißt, es muss nicht einfach nur nach dem Rankeschen Motto von der "Unmittelbarkeit jeder Epoche zu Gott" und im Sinne der Meineckesehen Rede von "Vertikalität" die Verhältnismäßigkeit der beiden – der Vergangenheit und der Gegenwart – durch ihre analogieschlüssig-unterschiedslose Verankerung in einer die Geschichte zu "gottverwandten Augenblicken" (Meinecke, a.a.O., S. 19) zusammenstauchenden, immer gleich fernen und immer gleich nahen Transzendenz gewährleistet sein. Vielmehr sind die intelligenteren beziehungsweise liberaleren beziehungsweise verantwortungsbewussteren unter den Historikern des 19. Jahrhunderts durchaus um eine spezifischere, immanentere Reparation bemüht, das heißt, bemüht, an die Stelle des zerstörten historischen Kontinuums nun auch wieder eine Art prozessuale Kontinuität treten zu lassen. Aber die prozessuale Einheit, die sie so beschwören, bleibt in der Tat nicht weniger symptomatischer Ausdruck der Fortdauer als therapeutisches Mittel zur Behebung jener kraft Abstraktion und Hypostasierung der Vergangenheit zuvor effektuierten Entzweiung des Kontinuums. Ob als "Kontinuität der menschlichen sittlichen Entwicklung" (Droysen, a.a.O., S. 27) oder als "Kontinuität und Unvergänglichkeit" "des wandelbaren Menschengeistes" (Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, Stuttgart 1969, S. 18), hier wie dort bleibt das nach der ontologischen Abtrennung und historiologischen "Emanzipation" der Vergangenheit von der Gegenwart und nach der monadologischen Auflösung der Vergangenheit in eine epochale Pluralität von "Vergangenheiten", die daraus unmittelbar folgt, durch die Historiker beschworene Moment der Einheit und allgemein Verbindende eine die Getrennten nicht etwa induktiv-funktionell versöhnende, sondern höchstens und nur analogisch-formell assoziierende leere Rahmenbestimmung und unverbindliche Allgemeinheit. An die Stelle des historischen Kontinuums, das in der vermittelnden Präsenz und bestimmenden Gegenwart des historischen Subjekts sein konstitutionelles Interesse und seine intentionale Universalität findet, treten nach jener hypostatischen Verselbständigung und epochalen Selbstauflösung der Vergangenheit die "bestimmten Epochen des wandelbaren Menschengeistes" (Burckhardt, a.a.O., S. 18) beziehungsweise die "Vergangenheiten des Menschengeschlechts" (Droysen, a.a.O., S. 27), zu denen die Gegenwart bloß und ausschließlich als die "Summe", als das "Ergebnis" sich verhält und die als "einzelne Tatsachen der Geschichte" (ebd., S. 29) ein sie zur "Gesamtbewegung" (ebd., S. 27) synthetisierendes "Allgemeines und Notwendiges" (ebd., S. 29) höchstens und nur noch in der Form einer – "Vergangenheiten" und "Gegenwart "kongenialisch" analogisierenden – ebenso ziellos übergreifenden wie entmotiviert subjektlosen "Kontinuität der fortschreitenden geschichtlichen Arbeit und Schaffung" (ebd.) geltend zu machen vermögen. Weit entfernt davon, dass dies "Allgemeine und Notwendige" die hypostatische Verselbständigung der Vergangenheit gegen die Gegenwart und ihre epochale Entfremdung von sich selbst wiedergutmacht oder auch nur überbrückt, besiegelt es sie vielmehr, indem es sie als die Grundlage der mit seiner Hilfe wiederhergestellten Scheinprozessualität voraussetzt. Wie wenig das solcherart restituierte Kontinuum über den Charakter einer inhaltslos unverbindlichen Richtlinienbestimmung, einer bloßen Rationalisierung, hinausgeht und wie wenig es tatsächlich am hypostatischen Anundfürsichsein jener von der Gegenwart ontologisch abgefallenen und mit sich selber monadologisch zerfallenen "Epochen" oder "Vergangenheiten" etwas zu ändern vermag, beweist die Selbststilisierung der professionellen Geschichtswissenschaft als Historismus und ihre für diese Selbststilisierung methodologisch zentrale Adaption der Verstehenslehre. Das zur Methode gemachte historistische Verstehen ist Ausdruck eben dessen, dass es ein kraft historischem Subjekt der Gegenwart interessenmäßig vermitteltes und intentional bestimmtes historisches Kontinuum nicht mehr gibt beziehungsweise geben soll und dass an die Stelle der im Zusammenhang dieser interessenmäßigen Vermittlung und intentionalen Bestimmung als Funktion der Gegenwart sich realisierenden Vergangenheit jene mit der Gegenwart konsubstantiell sich behauptenden hypostatischen Praeterita getreten sind, die dem Historiker, wenn überhaupt, so nurmehr mittels eines zwischen kongenialer Gemeinplätzigkeit und einfühlsamer Verzückung schwankenden und allen Kontinuitätsbegriffs spottenden, empiriologisch totalen Sphärenwechsels beziehungsweise epistemologisch bodenlosen Übersprungs zugänglich sein sollen. Gegenüber der monadenhaften Selbständigkeit und stationären Unaufhebbarkeit dieser, höchstens noch dem Verstehen erreichbaren "Vergangenheiten" beziehungsweise "Epochen" wirkt die als allgemeine Prozesskategorie beschworene "Kontinuität des Fortschreitens" (Droysen, a.a.O., S. 30) aufgesetzt, macht sie den Eindruck einer eher sekundären Bearbeitung. Und dies, obwohl – oder vielmehr gerade weil – jene von Droysen beschworene "Kontinuität des Fortschreitens" sich in zentralen Punkten wie eine Kolportage, um nicht zu sagen Fortschreibung, Kantischer Projektbestimmungen ausnimmt. Allerdings eine Fortschreibung, die das Projekt, das sie kolportiert, in bezeichnender Weise verändert und nämlich in markant objektivistischer Wendung gleichermaßen zum Ideal humanistischer Bildung generalisiert, wie zum Imperativ eines progressus in infinitum automatisiert zeigt. Gleichermaßen in Übernahme des zum Generalnenner verklärten Humboldtschen Bildungsideals und unter Zuhilfenahme des zur Leerformel stilisierten hochbürgerlichen Fortschrittsimperativs, verordnet Droysen der Geschichtswissenschaft ein "die Einzelheiten wissenschaftlich zusammen(zu)fassen" bestimmtes "Notwendiges und Allgemeines", das in der Tat wie eine, unter Beibehaltung der anthropologisch-allgemeinen "Idee", um den historischen Subjektbegriff und die spezifische Zielbestimmung Kants gekürzte Neuauflage des Kantischen Programms anmutet. Dass Droysen das Kantische Programm solcherart kürzt, weist dabei sein Unternehmen als eine direkte oder indirekte Reaktion aufs Kommunistische Manifest und dessen, das Kantische Subjekt klassenmäßig realisierende und die Kantische Zielbestimmung politisch-ökonomisch konkretisierende Emanzipationsforderungen aus. Dass er das Programm überhaupt neu auflegt, zeigt, dass er im Rahmen der Reaktionen bürgerlicher Geschichtsphilosophie auf das Skandalon sozialistischer Geschichtsschreibung einen dritten, zwischen den Extremen eines Ranke und eines Nietzsche liberal vermittelnden Weg gehen möchte. Das heißt, einen Weg, der weder die Konflikte der Gegenwart in einem zur szientifischen Wahrheitsfigur verklärten hypostatischen Vergangenheitstopos à la Ranke zum Verschwinden bringt und sich verflüchtigen lässt, noch die Vergangenheit als ideologisches Apotropäon in den Konflikten der Gegenwart à la Nietzsche zum Einsatz bringt und Partei ergreifen lässt, sondern der die Vergangenheit noch immer beziehungsweise erneut in eine funktionell-konstruktive Beziehung, eine formell-kontinuierliche Verhältnismäßigkeit zur Gegenwart überhaupt zu setzen, Partei für die Gegenwart als eine über ihre eigenen Konflikte erhabene und als solche in der Vergangenheit sich zu spiegeln fähige, sittlich-heile Totalität ergreifen zu lassen sucht. Indes bleibt dies Bemühen um einen dritten Weg objektiv rationalisierungsverdächtig. Nicht dass Droysen der gute Wille unbedingt zu bestreiten wäre. Aber so gewiss der "Gedanke", in dem "Vergangenheiten" und Gegenwart zusammenkommen, ein entwicklungsfeindlich zielloser Fortschrittsimperativ, der Punkt, an dem sie zu einem historischen Kontinuum wieder zusammenfinden, eine klassenübergreifend subjektlose Gattungskontinuität ist, so gewiss erweist sich Droysens dritter Weg als liberalistischer Aufguss jener Kantisch "allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht", gegen deren mittlerweile erkennbare unbürgerliche Realisierung und sozialistische Konkretion er sich reaktionsbildnerisch angesetzt zeigt. Dass diesem seinem dritten Weg und der auf ihm angestrebten "Kontinuität des Fortschreitens" Droysen methodologisch mit seiner Adaption einer auf absolute Diskontinuität gemünzten Verstehenslehre selber in den Rücken fällt, kann unter den Umständen nur als folgerichtig gelten. Durch die Praxis bürgerlicher Vergangenheitsbewältigung vor jenes ausschließende Verhältnis von Wissenschaft und Ideologie, von originaler Vergangenheit und parteiischer Geschichte, gestellt, dessen ausgeschlossenes Drittes das "datur" sozialistischer Geschichtsschreibung ist, entscheidet sich Droysen mit der Verstehenslehre für die Wissenschaft, das heißt, für den Topos an und für sich seiend diskontinuierlicher Vergangenheit, und entlarvt damit selber in praxi die von ihm theoretisch beschworene "Kontinuität" als Scheinzusammenhang, sekundäre Bearbeitung, aufgesetzt. (Dass dieser rationalisierende Zug in der hier zitierten Ausgabe der Historik von R. Hübner aus dem Jahre 1937 stärker und markanter heraustritt als in der 1977 von P. Ley herausgebrachten kritisch-historischen Ausgabe dürfte seinen Grund in der von Ley vermerkten Tatsache haben, dass Hübner "seiner Ausgabe zu mehr als 70% Droysens letzte Ausarbeitung der Vorlesungsmanuskripte, niedergeschrieben für die Semester 1881 und 1882/3 zugrunde(legte)" [J.G. Droysen, Historik, Historisch-kritische Ausgabe von Peter Ley, Stuttgart-Bad Cannstatt 1977, S. XV], wohingegen die historisch-kritische Ausgabe Leys auf die "ursprüngliche" Fassung von 1857 zurückgeht. In der Tat spiegelt sich in der Veränderung der Droysen'schen Formulierungen von 1857 bis 1882 paradigmatisch das Schicksal der ganzen Wissenschaft wider, deren Fortgang vom formalisierenden Nachlassverwalter bürgerlich-aufgeklärter Geschichte zum rationalisierenden Gralshüter bürgerlich-hypostasierter Vergangenheit.) Eben der Aufgesetztheit des von den Historikern des 19. Jahrhunderts angebotenen Kontinuitätsersatzes wegen ist es nun aber auch angemessen, das verlorene "Allgemeine und Notwendige", das zusammengebrochene historische Kontinuum, nicht sub specie jener von den Historikern nachgereichten Scheinprozessualität zu thematisieren, sondern eben da aufzusuchen und auszuforschen, wo es zusammenbricht und wo es verloren geht: im Topos einer von der Gegenwart hypostatisch abgelösten und zum Pluralismus monadischer Existenzen losgelassenen, an und für sich seiend originalen Vergangenheit.
... unberührt.38
Auch übrigens unberührt bleibt an sich die kategoriale Verbindlichkeit der Konstitutionsbeziehung von der Frage einer nach den Kriterien des klassischen Theaters, das heißt, nach Raum, Zeit und Handlung, einheitlichen Tradition. Die Vorstellung einer von Ungleichzeitigkeit geprägten und von Diskontinuität zerrissenen Menschheitsgeschichte ebenso wie die jener Vorstellung entsprechende Tendenz, die Menschheitsgeschichte in miteinander wesentlich unvermittelte Kulturkreisgeschichten aufzulösen, beziehungsweise die aus jener Vorstellung resultierende selbstkritisch-exotisierende Neigung, jeden Versuch zur Herstellung eines übergreifenden historischen Kontinuums unter den (in Bezug auf die bürgerliche "Weltgeschichtsschreibung" ohne Zweifel gegründeten) Verdacht eines imperialistischen Eurozentrismus zu stellen – all das ist, so selbstverständlich es uns auch heute sein mag, alles andere als naturgegeben. Es ist vielmehr das Resultat einer jahrhundertelangen aggressiven Welthandelsbewegung und expansiven Kolonialtätigkeit der bürgerlichen Gesellschaften, in deren Verlauf die Einheit der Gattung dem Interesse an einer radikalen "Objektivierung" und konsequenten Ausbeutung der nicht-bürgerlichen Völker und Kulturen zum Opfer fiel und an deren Ende nun die ebenso antriebslos ohnmächtigen wie strukturalistisch abstrakten Versuche einer à la Unesco unternommenen synkretistischen Rekonstruktion der Gattungseinheit auf Basis und mit Hilfe des hinterlassenen Scherbenhaufens stehen. Wo die "Barbaren"-Vorstellung der Antike, der "Völker"-Begriff der jüdischen Religion oder das "Heiden"-Konzept des Christentums beziehungsweise des Islam noch ganz fraglos im Rahmen der vorausgesetzten einen Gattung sich hält und also auch weit entfernt davon ist, am Faktum einer im Prinzip allen Mitgliedern der Gattung gemeinsamen und verfügbaren Vergangenheit zu rütteln, blieb es der "Wilden"-Figur der bürgerlichen Gesellschaften vorbehalten, unter Preisgabe des Erneuerungsmoments, das sie anfänglich in die Gattung hineinzutragen schien, und nach Maßgabe ihrer eigenen "Naturierung" zur "Primitiven "-Kategorie den Gattungsrahmen definitiv zu sprengen und die Gattung hiernach in eine Reihe von verschiedenen Arten, Kulturen, Ethnien oder Rassen mit jeweils inkommensurabel aparter Naturbeschaffenheit und uneinholbar besonderer Genese auseinanderfallen zu lassen. Dass dieser Zerfall des Gattungssubjekts relativ unerheblich und folgenlos blieb für den als Verlust der Verhältnismäßigkeit zwischen Gegenwart und Vergangenheit von der professionellen Geschichtswissenschaft realisierten Zerfall des historischen Subjekts, hat seinen Grund nur darin, dass bei jenem von ihm vollbrachten Zerfällen der Gattung der "Kulturkreis" der bürgerlichen Gesellschaft sich den Subjektcharakter, ein Entwicklung, Vergangenheit, Geschichte zeitigendes gattungsgemäßes Selbstverhältnis, als sein Spezifikum vorbehielt, wohingegen er die übrigen "Teile" der Gattung zu geschichtslos unmittelbaren Ethnien, "Naturvölkern", degradierte. Damit wurden die letzteren als mögliche weitere Komplikation, als zusätzliches Problem, von vorneherein aus dem qua Geschichtswissenschaft sich problematisierenden Reflexionsverhältnis der Gegenwart zur Vergangenheit ausgeschieden und in dem Maß, wie das historische Verhältnis überhaupt ein exklusives Selbstverhältnis des bürgerlichen "Kulturkreises" blieb, zum Gegenstand einer wesentlich nicht-historischen Wissenschaft, der Ethnologie, entschärft. Mittlerweile aber sind im Zuge einer weltweiten politischen Emanzipation jene "naturierten Teile" der Gattung quasi als Geschichtssubjekte, als selbständige Einheiten mit eigener Geschichte oder mindestens besonderer Überlieferung – pro forma jedenfalls und mit einer gewissen Tendenz, Überlieferung auf Folklore beziehungsweise Geschichte auf Mythologie sich reduzieren zu lassen – rehabilitiert. Insofern könnte sich nun in der Tat das qua Geschichtswissenschaft realisierte Problem des Verhältnisses der Gegenwart zur Vergangenheit, das Problem einer von der Gegenwart abgefallenen und gegen sie verselbständigten Vergangenheit, kurz: die Krise des historischen Subjekts, als durch den Zerfallszustand des Gattungssubjekts, durch die Existenz von Kulturen und Traditionen, die in uneinholbar aparter Genese einander ignorieren und ausschließen, verstärkt und zugespitzt darbieten. Indes zeigt sich jetzt das Problem auf andere Art entschärft. Wie im folgenden Kapitel erörtert, ist inzwischen nämlich der die Probleme machende Begriff einer von der Gegenwart unabhängigen originalen, einer gegen das Subjekt der Gegenwart selbständigen wahren Vergangenheit aufgegeben und durch das neue relativistische Konzept einer Vergangenheit ersetzt, die sich dem Historiker als Funktion ihrer Wahrnehmung durch eine historische Folge von Gegenwartssubjekten, als Resultat eines Vergleichs der in Form der historischen Überlieferung über sie kursierenden Lesarten ergibt. Wird so aber Vergangenheit für den Historiker zur bloßen Vergleichsfunktion, zur Sache einer Moderation von als native speakers figurierenden Zeugen der Vergangenheit beziehungsweise einer Abstimmung von als Belegmaterial fungierenden historiographischen Versionen, so kann sie auch als die der fremden Kulturen und Traditionen der anderen "Teile" des zerfallenen Gattungssubjekts keinen erkenntnistheoretischen Schrecken mehr einflößen. So gewiss der Historiker zu seiner eigenen Tradition, zu dem historischen Subjekt, dem er selbst sich zugehörig behauptet, sich mittlerweile ethnologisch, nämlich wie zu einem Subjekt im Zerfallszustand historisch verschiedener Aspekte und chronisch wechselnder Perspektiven verhält, so gewiss kann nun auch die Übertragung der auf dieser Grundlage praktizierten Geschichtsschreibung auf die Vergangenheit jener in ihrer Fremdheit den Zerfallszustand des Gattungssubjekts markierenden anderen Kulturen und Traditionen keine erkenntnistheoretische Schwierigkeit mehr bereiten. Inwieweit das Wegfallen der erkenntnistheoretischen Schwierigkeit auch und wesentlich mit dem falschen Anschein einer neuen Universalität zu tun hat, den eine die differenten Kulturen und Traditionen unaufhaltsam überziehende zivilisations- beziehungsweise kommunikationstechnische Fassade erzeugt und durch den der tatsächliche Zerfallszustand des Gattungssubjekts vorerst erfolgreich kaschiert wird, bleibe offen.