A. Historische Quelle und Reliquie
Die historische Quelle der professionellen Geschichtswissenschaft repräsentiert sei's als distinktiv-instrumentelles Kriterium, sei's als konservativ-vaskulares Medium eine Vergangenheit, die unter dem Pseudonym einer wahren Geschichte der zu hypostatisch-abstrakter Unmittelbarkeit verkürzte Reflex beziehungsweise das zu spiritistisch-gespenstischer Unbestimmtheit verurteilte Symbol praesenti casu heteronomisierter empirischer Interessen und im Erfahrungszusammenhang der Gegenwart umfunktionierter historischer Intentionen ist. Mit anderen Worten ist die von der professionellen Geschichtswissenschaft im Anundfürsichsein genuiner Bestrebungen und ureigener Regungen vorausgesetzte Vergangenheit, die die historische Quelle sei's kritisch-refutativ zur Geltung zu bringen, sei's dogmatisch-affirmativ zu verkörpern gedacht ist, ineins die formelle Anerkennung und die materielle Verleugnung eines die bürgerliche Gegenwart ebenso manifest kompromittierenden wie latent revolutionierenden "weltbürgerlichen" Präsens, eines zur bürgerlichen Gegenwart praesenti casu alternativen historischen Subjekts. Und wie aber demnach die von der professionellen Geschichtswissenschaft vorausgesetzte Vergangenheit mitsamt den ihr konzedierten unmittelbar genuinen Bestrebungen und unbestimmt ureigenen Regungen ein zur wahren Geschichte hypostatisch verklärter und verflüchtigter Ersatzausdruck ist für eben die wirkliche Historie, die als durch jenes alternative historische Subjekt vermitteltes und bestimmtes historisches Perfekt am Platze wäre, so kann nun auch die sei's mit der kritischen Wahrnehmung, sei's mit der dogmatischen Wiedergabe dieser Vergangenheit betraute historische Quelle selbst gar nichts anderes sein als eine die Ersatzleistung gleichermaßen sanktionierende und komplettierende empirische Ersatzfunktion für jenes, als Vermittlungspunkt und Bestimmungsgrund wirklicher Geschichtsschreibung uno actu seiner formellen Anerkennung materiell verleugnete "weltbürgerliche" Präsens und alternative historische Subjekt.
Hierin unterscheidet sich die historische Quelle von der Reliquie. Auch die Reliquie beansprucht, die Vergangenheit eines, bezogen auf die herrschende Gegenwart, anderen Interesses und differenten Subjekts zu repräsentieren. Aber dies andere Interesse, dies differente Subjekt, für das die Reliquie einsteht, ist kein konfliktträchtig anwesendes, kein praesenti casu die Gegenwart sei's objektiv kompromittierendes, sei's selbstbewusst Bestreitendes, ist keines, das erst zur funktionsinternen Bestrebung und vergangenheitsimmanenten Regung gleichermaßen verflüchtigt und hypostasiert werden müsste, um in corpore einer restbeständig früheren Empirie scheinbar historisch aktualisierbar, tatsächlich aber empirisch substituierbar zu werden. Vielmehr präsentiert sich dies andere Interesse, dies differente Subjekt, für das die Reliquie einsteht, von vorneherein als ein loco praeterito wirksamer Faktor, als von Anfang an in der Funktion der Vergangenheit selber hypothekarisch nicht hypostatisch steckendes, objektives Problem. Dies Interesse und Subjekt, das die Reliquie vertritt, erfährt die Gegenwart nicht in der relativen Gleichzeitigkeit eines sei's mit ihr konkurrierenden, sei's sie kompromittierenden, alternativen Präsens, sondern in der absoluten Ungleichzeitigkeit einer ihr ex improviso ihrer Vergangenheitsfunktion sei's widerwärtig aufstoßenden, sei's widersetzlich begegnenden, alternativlosen Insistenz. Auch und gerade da, wo die Gegenwart der Vergangenheit als einer ihr gegenwärtig von niemandem streitig zu machenden und praesenti casu also uneingeschränkt zur Verfügung gestellten Funktion ihrer selbst sich versichert wissen darf, kann ihr aus dem Hinterhalt der solcherart frei verfügbaren Vergangenheitsfunktion plötzlich das Verwirrung erzeugende Schiboleth und das – Schwindel erregende Veto dieses anderen Interesses und differenten Subjekts entgegentreten. Oder vielmehr tritt es ihr nicht sowohl entgegen, sondern kommt ihr als eine, sie aus dem Nichts der Präteritumsfunktion heraus affizierende Mahnung und schockierende Anklage kurzerhand in die Quere.
Als ein in petto der kontinuierlichen Präteritumsfunktion verborgener, insistierender Widerstand und ex improviso des funktionellen Kontinuums drohendes, suspendierendes Veto klagt dies andere Interesse und differente Subjekt, für das die Reliquie einsteht, die historische Kontinuität der Gegenwart einer insgeheim mythologischen Diskretion, das bruchlos reflexive Sein der Gegenwart eines als blinder Fleck abstoßenden Verbrechens an. Des Verbrechens nämlich, eben dies – ihr vorzeiten eigene – andere Interesse um eines sei's bloß historisch eindeutigen, sei's überhaupt eindeutig historischen Selbstverhältnisses willen drangegeben und zugrunde gerichtet und also das historische Kontinuum insgesamt auf Kosten und um den Preis eben dieses – vorzeiten geschwisterlich ihr vertrauten, wo nicht leibhaftig mit ihr vereinten – differenten Subjekts in Szene gesetzt und entwickelt zu haben. Opfer eines von der kontinuierlichen Gegenwart, dem funktionell identischen, historischen Subjekt, in brudermörderischer Intimität begangenen urtümlichen Verbrechens, ist dies andere Interesse und differente Subjekt in der Tat kein empirisch anwesender Gegenspieler, kein als bestimmte Negation prononciertes Gegenprojekt und alternatives Präsens, sondern ein esoterisch nachtragender Spielverderber, ein in absoluter Negativität gravierender Vorwurf und prähistorischer Saboteur. Und demgemäß ist, was es hervorruft, auch beileibe kein um die Inhalte des Kontinuums entbrennender historischer Konflikt, kein praesenti casu auszutragender subjektspezifischer Widerspruch, sondern ein die kontinuierliche Form als solche tangierender mythologischer Bruch, eine discreto modo sich geltend machende funktionseigentümliche Entfremdung.
Unter dem Einfluss dieses, de profundis des Funktionszusammenhangs selbst ineins als das Opfer und als der Ankläger sich monstrierenden anderen Interesses und differenten Subjekts kehrt die Vergangenheitsfunktion insgesamt einen Charakter von Schizophrenie hervor, nimmt sie zur transzendentalen Gänze die Züge einer ebenso unversöhnlichen wie unvermittelten Janusköpfigkeit an. Als den aus der Tiefe ihres eigenen, zur Mördergrube gemachten Herzens wider sie zeugenden Blutzeugen realisiert die Vergangenheit dies andere Interesse und differente Subjekt nur in der von Überdeterminierung und Umfunktionierung gleich weit entfernten, unmittelbar gebrochenen Weise einer ihr affirmativ-natürliches Verhältnis zum praesenti casu historischen Subjekt ebenso unausweichlich wie unwillkürlich konfrontierenden Entfremdung und Dissoziation, einer ihre funktionell-selbstverständliche Gegenwartsbezogenheit ebenso spürbar wie unbestimmt konterkarierenden reaktiven Widersetzlichkeit und übersprungshaften Gegenläufigkeit. Was sub specie seiner funktionellen Bestimmung den uneingeschränkt guten Sinn eines als prozessuales Vergehen auf das Entstehen des identischen historischen Subjekts, der einen intentionalen Gegenwart, gerichteten fortlaufenden Projekts beansprucht, das gewinnt aus dem Blickwinkel jener ihm eigenen apokryphen Bestimmtheit plötzlich die schrankenlos fatale Bedeutung eines als kriminelles Vergehen gegen das Bestehen dieses anderen Interesses und differenten Subjekts gerichteten fortwährenden Delikts. Ein und derselbe Vorgang, der in Ansehung seiner naturgemäß historischen Zielstrebigkeit als ein mit der Entwicklung des identischen historischen Subjekts oder der einen intentionalen Gegenwart gleichbedeutender kontinuierlicher Prozess auf der Hand liegt, wird im Gewahrsam der ihm eigenen, zweckentfremdet mythologischen Abgründigkeit plötzlich als eine gegen dies andere Interesse und differente Subjekt gewendete unaufhörliche Kette verbrecherischer Umtriebe sichtbar. Ohne sich faktisch im Geringsten zu verändern, verkehrt sich unter dem bannenden Eindruck dieses anderen Interesses und differenten Subjekts die historische Vergangenheit plötzlich in aller Form aus dem gradlinigen Universum pflichtschuldig-planmäßigen Vergangenseins in ein reaktionsbildnerisches Pandämonium schuldbeladen-systematischen Sichvergangenhabens. Indem dies andere Interesse und differente Subjekt kraft der historisch ebenso unangreifbaren wie uneinholbar mythologischen Position seines in paradoxer Zweideutigkeit gleichermaßen zu immanenter Abgründigkeit verstoßenen und als transzendente Grundstellung ausgewiesenen Opferstatus die Vergangenheit unter Anklage stellt, hält es sich in der Tat nicht damit auf, sie im materialen Einzelnen zu belasten und ihr die Punkt für Punkt detaillierte Liste also der von ihr uno actu ihres manifest-präsentativen Prozesses begangenen latent-disruptiven Untaten vorzuhalten. Vielmehr macht es mit ihr jenen pauschalisierend kurzen Prozess, der sie zur Gänze und in toto nämlich ihrer in der Entwicklung eines historischen Subjekts bestehenden Funktionalität des Verbrechens überführt, weil er das historische Kontinuum als solches und das heißt, im entscheidenden Punkt seines durch das historische Subjekt verschuldeten Anfangens und verfehlten Beginnens als einen diesem anderen Interesse angetanen fortlaufenden Tort, einen diesem differenten Subjekt zugemuteten permanenten Passionsweg enthüllt.
Es ist diese, wie zum einen das mythologisch differente Subjekt als Kaufpreis und Opfer des identisch historischen Subjekts sichtbar machende, so zum anderen die kontinuierlich gesamte Vergangenheit des letzteren als ein stillschweigend implizites Vergehen und unaufhörlich diskretes Verbrechen gegen das erstere zu erkennen gebende Situation, in der eine Empirie wie die als restbeständig frühere bis dahin apostrophierte tatsächlich nun die Bedeutung eines topischen Statthalters und paradigmatischen Sachwalters des ersteren gewinnen kann. Und zwar kann jene frühere Empirie im Restbestand genau in dem Maß eine mit Bezug auf ersteres platzhalterische Stellung und sachwalterische Bedeutung gewinnen, wie sie sich tauglich zeigt, die historische vielmehr als mythologische Vergangenheit, das heißt, das funktionelle Präteritum dort des historisch realisierten Subjekts vielmehr als die differentielle Vergangenheit hier des mythologisch sakrifizierten Subjekts zum Vorschein zu bringen und zu repräsentieren. Dabei liegt der als idiomatische Negativität vernichtend ironische Sinn, in dem Vergangenheit diesem mythologisch sakrifizierten Subjekt überhaupt nur sich nachsagen und als die seine einzig und nur sich attribuieren lässt, auf der Hand. Konstitutive Funktion und wesentliches Verhältnis eben des identisch-historischen Subjekts, dessen selbstmächtiger Erhebung und eigenwilliger Entwicklung das mythologisch-differente Subjekt erliegt und zum Opfer fällt, ist ja Vergangenheit regelrecht synonym mit dem Modus und Tatbestand eines gegen dies mythologisch-differente Subjekt gerichteten unaufhörlichen Vergehens oder an ihm begangenen unausgesetzten Verbrechens. Solchem Präteritum gegenüber, dem in begriffsgemäß prinzipieller Äquivokation aller Vorweis der in der einen Hinsicht zielstrebig und sichselbstgleich historischen Kontinuität ebenso wohl in den Nachweis einer mit Rücksicht auf anderes disruptiv und selbstvergessen traditorischen Kriminalität sich verkehrt, wahrt das Objekt und Opfer dieses in der Form historischer Kontinuität fortwährenden verbrecherischen Verrats, wahrt eben das mythologisch-differente Subjekt selbst die disjunktive Unvermitteltheit und unendliche Distanz sei's eines auf immanente Abgründigkeit reduzierten unvergänglich Früheren, sei's eines zu transzendenter Ewigkeit entrückten vergangenheitslos Absoluten. Als per definitionem die des identisch-kontinuierlich sich entwickelnden historischen Subjekts ist Vergangenheit mit Rücksicht auf das mythologisch-differente Subjekt nichts sonst als die chronische Fährte und lückenlose Spur eines dem letzteren fortgesetzt geltenden epochalen Vergehens oder an letzterem unaufhörlich geübten kapitalen Verbrechens. Eben deshalb aber kann das mythologisch-differente Subjekt selbst eine Vergangenheit in der Tat gar nicht haben, gar nicht aufweisen, gar nicht als ihm eigentümliches, funktionales Verhältnis aktiv und aus eigenen Stücken zeitigen. Vielmehr kann es Vergangenheit als per definitionem die des an ihm sich vergehenden historischen Subjekts höchstens und nur mit der Wehr und Selbstlosigkeit des geborenen Opfers und Dulders erleiden, höchstens und nur als das schicksalhafte Widerfahrnis eines ihm ebenso gleichgültig äußerlichen wie deprivativ fremden Verhaltens über sich ergehen lassen.
Als einen auf es bezogenen affirmativen Vorgang haben, statt als an ihm begangenes deprivatives Verbrechen erdulden, kann, rebus sie stantibus, das mythologisch-differente Subjekt Vergangenheit in der Tat nur in einem einzigen, ebenso oblique uneigentlichen wie ironisch spezialisierten Sinn: im Sinne nämlich jenes kursorischen Moments und an sich selber verschwindenden Augenblicks, da Vergangenheit als per definitionem die des historischen Subjekts letzteres aus dem genitivus subjectivus eines am Vergehen sich erbauenden, das Vergehen als Funktion des eigenen Fortgangs und Entstehens realisierenden, erfolgreichen Aktivisten vielmehr in den genitivus objectivus eines dem Vergehen selber zum Opfer gefallenen, vom Vergehen als von der Situation des eigenen Untergangs und Verschwindens erfassten, bestraften Missetäters übergewechselt beziehungsweise umgeschlagen zeigt. Die einzige Vergangenheit, die das mythologisch-differente Subjekt wenn auch im Sinne bloß einer metaphorischen Zueignung, einer zutiefst ironischen Übertragung haben kann, ist jener besondere Zeitpunkt und alles entscheidende Augenblick im historischen Kontinuum, der den Abbruch des Kontinuums selber, den Endpunkt der kontinuierlichen Zeit als solcher markiert, weil in ihm der Träger und Garant des Kontinuums, das im Kontinuum prozedierende historische Subjekt von eben dem, was es als Präteritum seiner Entwicklung bis dahin kontinuierlich gezeitigt, hinter sich gelassen und als auf es bezügliche funktionale Bestimmung vereinnahmt hat, nun selber abrupt eingeholt, identifiziert und als von einer es betreffenden Bestimmtheit existentiell verschlungen wird. Sub specie des mit Rücksicht auf das mythologisch-differente Subjekt dem historischen Kontinuum eigentümlichen Charakters eines fortwährenden Vergehens und unausgesetzten Verbrechens ist dies der entscheidende Moment des auf sich selbst zurückschlagenden, an sich selber vergehenden Vergehens, ist dies der kriterielle Augenblick des von der gerechten, seinem eigenen Tun und Lassen immanenten Strafe ereilten Missetäters, ist dies der kruzifikatorische Zeitpunkt der im regelrechten Selbstopfer des historischen Subjekts resultierenden Sühne des umfänglich ganzen, als das historische Kontinuum fortlaufenden Verbrechens. Jene ununterbrochene Kette von Missetaten, als die mit Rücksicht auf das mythologisch-differente Subjekt das historische Kontinuum insgesamt sich enthüllt, gewinnt in diesem, ebenso sehr historisch vernichtenden wie apokalyptisch entscheidenden Moment das Übergewicht über ihren Urheber und Träger, den in der Rolle des historischen Subjekts sie zu spannen beschäftigten Missetäter, und reißt ihn in eben den bodenlosen Abgrund, aus dem er sie heraufgezogen und den vielmehr sie ihm aufgezogen hat, in eben den Abgrund, den als ineins der Leitfaden und das Senkblei sie ihm erschließt und abmisst, zurück. Jene Folge von unaufhörlichen, am mythologisch anderen Subjekt verübten Verbrechen, die dem einen historischen Subjekt bis dahin als zielprojektive Fortschrittsroute und Laufbahn überhaupt allen historischen Entstehens gegolten hat, verkehrt sich ihm in diesem Augenblick in die von Grund auf vernichtende Spur seines eigenen Erlöschens und in die Fluchtlinie des Vergehens schlechterdings aller Historie.
Wie in diesem Augenblick das historische Subjekt die eigenständige Stellung eines grundlegenden Urhebers und fortwährenden Erhalters des historischen Kontinuums einbüßt und der zuständlichen Objektivierung stattdessen eines ins Kontinuum zurückgenommenen Verhältnisses und in ihm verschwindenden Moments verfällt, so verliert in diesem Augenblick das historische Kontinuum selbst allen Anschein einer als relative Vergangenheit dem historischen Subjekt inhärierenden und sich remembrierenden, zureichend funktionalen Bestimmung und nimmt stattdessen den fatalen Charakter einer als absolute Verschiedenheit das historische Subjekt subsumierenden und verschlingenden, selbstzerstörerisch existentialen Bestimmtheit an. Es ist einzig und allein dieser Augenblick des Untergangs und Zugrundegehens des historischen Subjekts, dieser Augenblick einer das historische Subjekt, statt als konkrete Funktion begleitenden, vielmehr als abstraktes Existential ereilenden und aus dem genitivus subjectivus einer im Unterschied reflektierten Identität in den genitivus objectivus einer sichselbstgleich reinen Verschiedenheit überführenden Vergangenheit, der sich als ein mit dem mythologisch-differenten Subjekt halbwegs affirmativ in Verbindung zu bringender historischer Moment verstehen und im Sinne notfalls eines dem letzteren nahestehenden, wo nicht gar zukommenden Präteritums, einer ihm quasi eigenen Vergangenheit, interpretieren lässt. Das die konkrete Funktion des Vergangenheit-habens zum abstrakten Existential des Vergangenheit-seins totalisierende Zugrundegehen des historischen Subjekts, sein historisches Verscheiden, lässt sich sub specie des mythologisch sakrifizierten Subjekts als Negation des Negativen, Vergehen des Vergehens, schieres Selbstgericht begreifen. Damit aber gewinnt es zugleich die im Blick auf dies andre Subjekt pointierte Bedeutung eines als Position des Positiven entscheidenden Autodafés und richtungweisenden Sühneakts. In eben dem Sinn, in dem der Untergang des historischen Subjekts und Zusammenbruch seines Kontinuums sich als das momentum crucis eines wegen begangener Missetaten über das historische Subjekt hereinbrechenden finalen Gerichts und der wegen erwiesener Verbrechen über es verhängten kapitalen Strafe zu erkennen gibt, lässt er sich auch als ein Augenblick der Wahrheit, als die unmittelbare Voraussetzung eines dem Opfer jener mit dem Tode gesühnten Verbrechen, dem mythologisch-anderen Subjekt sich eröffnenden Wiedergutmachung und bevorstehenden Restitution nämlich in integrum seines jenseits aller Historie zeitlos vollkommenen Seins verstehen. Als eine in aller Äußerlichkeit akzidentiell-unabdingbare Voraussetzung wohlgemerkt, beileibe nicht etwa als die in aller Form essentiell-konstitutive Bedingung der das mythologisch-differente Subjekt betreffenden Reparation und vielmehr Restitution muss dieser Augenblick einer das identisch historische Subjekt ereilenden existentialen Verschiedenheit und heimsuchenden absoluten Negativität verstanden werden. Weil ja sub specie des mythologisch-differenten Subjekts das historische Kontinuum als solches, der Weg eines historischen Subjekts überhaupt, einzig und nur in der Sinnlosigkeit eines dem ersteren von Beginn an zuwiderlaufenden Fehltritts und Irrwegs, eines das erstere ebenso grundsätzlich verfehlenden wie vorsätzlich zum Opfer bringenden, prinzipiellen Irrtums und Vergehens erscheint, kann nun auch die in rein innerer Negativität zustande gebrachte Tilgung des Irrtums, die qua Verscheiden des historischen Subjekts selbst zuwege gebrachte Ahndung des Vergehens beileibe nicht als ein zur Wiederherstellung des mythologisch-anderen Subjekts in statu quo ante der ihm eigenen Positivität geleisteter affirmativer Beitrag, beileibe nicht als ein im Sinn einer elementar-konstruktiven Reparationsleistung zu interpretierender, zureichend salvatorischer Akt sich darstellen. Vielmehr bleibt dieser Augenblick einer Tilgung der als historisches Kontinuum ausgebreiteten Verirrung und Ahndung des im historischen Subjekt verkörperten Verbrechens partout nur eine ebenso unverbindlich abstrakte wie unvermittelt äußerliche Voraussetzung der in integrum zielenden Restitution, die er ermöglicht, ein von dem, was er pro forma initiiert, durch eben die absolute Verschiedenheit und existentiale Nichtigkeit, in der er selber aufgeht, unendlich getrennter, aufopferungsvoll purgatorischer Faktor, um nicht zu sagen: selbstzerstörerisch apokalyptischer Kalfaktor. Und einzig und nur in diesem Sinn einer als negative Voraussetzung ebenso äußerlich-akzidentiellen wie als vorausgesetzte Negativität situativ-notwendigen conditio sine qua non, einzig und nur in diesem Sinn einer der Restitution des unverwandt Positiven oder Rehabilitation des unwandelbar Wahren ebenso zufällig wie zwangsläufig vorausgesetzten Negation des dies unverwandt Positive missachtenden Negativen oder Preisgabe des dies unwandelbar Wahre preisgebenden Falschen lässt sich das Ende der Geschichte des identisch historischen Subjekts zugleich als historischer Anfang, Vorgeschichte des mythologisch-differenten Subjekts reklamieren, lässt sich die historische Verschiedenheit, die Verschiedenheit des von der eigenen Vergangenheit eingeholten und existentialiter heimgesuchten historischen Subjekts zugleich als mythologische Vergangenheit, als die Vergangenheit des mit ihr im Gegenteil aller Vergangenheit überhobenen, eben von ihr selbst als von der gleichgültigen Verschiedenheit ausschließlich des historischen Subjekts absolvierten mythologischen Subjekts ironisch-metaphorisch, kurz: allegorisch, in Anspruch nehmen.
Nichts sonst als dies momentum crucis des historischen Kontinuums, dieser Augenblick der vollbrachten Selbstzerstörung des historischen Subjekts, dieser Punkt einer als Vergehen des Vergehens absoluten Negativität und uneigentlich so zu nennenden mythologischen Vergangenheit ist es, was eine Empirie wie die restbeständig frühere ostentativ zum Vorschein zu bringen und zu repräsentieren tauglich scheint. Und zwar zu repräsentieren tauglich scheint in der Form oder vielmehr Unform jener ihr attestierten abstrakten Verschiedenheit und leeren Partikularität, die sie im Missverhältnis zur präsentativen Totalität eines gegenwartsspezifischen Erfahrungszusammenhangs beweist und die sie in eben dem Maß ausdrückt und zur Vorstellung bringt, wie sie sie selber ist und in corpore darstellt. Im Blick auf ein im historischen Kontinuum prozedierendes identisch-historisches Subjekt präsentiert sich, wie zu zeigen war, jene abstrakte Verschiedenheit und leere Partikularität als ein in hohler Oberflächlichkeit und toter Buchstäblichkeit nichtssagender Restposten. Sub specie aber eines jenseits jeder historischen Kontinuität zu restituierenden mythologisch-differenten Subjekts erweist sich ganz im Gegenteil jene Partikularität und Verschiedenheit als ein in abgründiger Negativität und buchstäblichem Ersterben alles bedeutender Vorposten. Was ein das mythologische Subjekt der historischen Kontinuität zum Opfer bringendes, manifest historisches Subjekt in der obsoleten Stellung eines entwirklichten Moments und entseelten Relikts des eigenen lebendigen Werdens und selbstherrlichen Existierens zurücklässt, das lässt ein mythologisches Subjekt, das umgekehrt als conditio sine qua non seiner Wiederherstellung das Autodafé des historischen Subjekts auf dem Scheiterhaufen des historischen Kontinuums voraussetzt, vielmehr in der zentralen Bedeutung eines diesem mythologisch-anderen ewigen Sein und substantiellen Bestehen geweihten entscheidenden Tods und erlösenden Nichts hervortreten. Indem so aber sub specie des mythologisch-differenten Subjekts die restbeständig frühere Empirie jene abstrakte Verschiedenheit und leere Partikularität, die sie verkörpert und ausdrückt, als den entscheidenden Tod und das erlösende Nichts eines von ihr aus apokalyptisch eigenen Stücken wahrgenommenen momentum crucis, einer von ihr in corpore repräsentierten mythologischen Vergangenheit hervorkehrt und erkennbar werden lässt, ist sie Reliquie. Sie ist Reliquie in dem exoterisch-wortwörtlichen Sinn, dass sie das ostentativ kümmerliche Überbleibsel, den leibhaftig versteinerten Rückstand, das Gestalt gewordene memento mori jenes kontinuierlich historischen Subjekts darstellt, dessen als Vergehen des Vergehens durchgesetzte Selbstvernichtung, dessen als Autodafé realisierte Zerstörung, dessen als Sühneopfer vollbrachter diskontinuierlicher Untergang und gewaltsamer Tod die conditio sine qua non, die unabdingbar äußerliche Voraussetzung für die Wiederauferstehung, die Restitution des mythologisch-anderen Subjekts in integrum seines geschichtstranszendent ewigen Seins bildet. Und sie ist Reliquie in der esoterisch-übertragenen Bedeutung, dass sie damit zugleich auch als ein idiotisch unvermittelter Nachlass, eine ironisch beziehungslose Hinterlassenschaft, ein paradox nichtssagendes Vermächtnis des unter der Voraussetzung dieser in ihr manifesten Verschiedenheit und Nichtigkeit des historischen Subjekts auferstandenen und restituierten mythologisch-differenten Subjekts selbst figuriert. Dem historischen Tod, den sie in corpore leibhaftig festhält, zur Gänze geweiht, ist die Reliquie jener zum Zeigefinger versteinerte Fingerzeig, jener zum Kreuzessplitter pointierte Hinweis, der eben dadurch, dass er nichts als den historischen Tod ostentiert, nichts als die existentiale Verschiedenheit und unendliche Nichtigkeit dessen, was er formell repräsentiert, materiell verkörpert, nichts als in unauflösbarer Doppelwertigkeit den Untergang des im historischen Kontinuum zugrunde gerichteten historischen Subjekts und die Zerstörung des mit dem historischen Subjekt zugrunde gehenden historischen Kontinuums bedeutet, zugleich zweideutig-uneigentlich für das einsteht und ironisch-indirekt auf das verweist, was als mythologisch-differentes Subjekt unter der negativ äußeren Voraussetzung dieser das historische Subjekt ereilenden Vernichtung und im positiv absoluten Jenseits dieser das historische Kontinuum heimsuchenden Zerstörung aufersteht und sich restituiert.
Wohlgemerkt, zweideutig-uneigentlich steht die Reliquie für das mythologisch-andere Subjekt ein und ironisch-indirekt verweist sie auf es! Indem sie nämlich ausschließlich dadurch für dies mythologisch-andere Subjekt einsteht und bloß dadurch auf es verweist, dass sie nichts als seine negativ äußerliche Voraussetzung ostentiert und festhält, nichts als das ihm im metaphorischen Sinn einer mythologischen Vergangenheit vorausgesetzte momentum crucis des identisch historischen Subjekts, den Augenblick der Vernichtung des letzteren, repräsentiert und verkörpert, hat ihr latentes Einstehen für das mythologisch-andere Subjekt ebenso wohl die Physiognomie eines ihm manifest geleisteten Widerstands und hat ihr zeigefingrig bedeutungsvolles Verweisen aufs mythologisch-andere Subjekt ebenso wohl die Form eines ihm mit dem Deuteknochen bannkräftig erteilten Verweises. Zwar ist durch die Repräsentation und Verkörperung der in der existentialen Verschiedenheit und absoluten Nichtigkeit des historischen Subjekts und seines Kontinuums bestehenden conditio sine qua non jeglicher Wiederherstellung des mythologisch-anderen Subjekts die Reliquie in der Tat eine Art ironischer Statthalter dieses Subjekts und zweideutiger Wegweiser zu ihm. Aber weil es partout nur die negativ äußerliche Voraussetzung des mythologisch-anderen Subjekts ist, was demnach die Reliquie repräsentiert und qua Repräsentation zur Schau stellt, wesentlich bloß ein dem Positiv vorausgesetztes Negativ ist, was sie verkörpert und in der Verkörperung festhält, so ist dies das Ironische an ihrer Statthalterschaft, dass sie den Platz, den sie formell für das mythologisch-andere Subjekt behauptet und in seinem Namen hält, diesem materiell ebenso wohl zu machen säumt und zu räumen vergisst, ist dies das Zweideutige an ihrem Wegweisertum, dass sie der formell von ihr gewiesenen Richtung materiell ebenso sehr den Weg zu verlegen, ihrem eigenen formellen Beginnen materiell ebenso sehr im Wege zu stehen sich zeigt. Indem die Reliquie nichts als ein der göttlichen Ewigkeit, dem mythologischen Heil ebenso verschwindend unmittelbar wie negativ unabdingbar vorausgesetztes momentum crucis und historisches Martyrium verkörpert und festhält, es aber eben als dies Nichtige ausdrücklich verkörpert und eben als diese verschwindende Voraussetzung ostentativ festhält, ist sie der Finger auf einer durch die Befingerung offengehaltenen Wunde, ist sie der Kreuzessplitter, der zum himmlischen Näglein sich nicht schicken, nicht sich aufheben will, ist sie die Andeutung, die es erklärtermaßen bei sich bewenden, entschiedenermaßen mit sich genug sein lässt, kommt ihr Sein über den Status einer Anspielung, sie selber über den Charakter einer Allegorie nicht hinaus. Von jenem Autodafé des historischen Subjekts, jenem momentum crucis aller Geschichte, das sie repräsentiert und darstellt, existentiell eingenommen und leibhaftig fasziniert, lässt die Reliquie den in ihm enthaltenen Hinweis auf ein absolut anderes und transzendent ewiges Sein sich vielmehr zum Vorwand einer relativen Verewigung und immanent unendlichen Konservierung eben nur jenes kruzifikatorischen Moments und tödlichen Augenblicks selber dienen. Unter der Deckadresse der im Augenblick seines Verscheidens und Tods dem identisch-historischen Subjekt als verschwindend negative Beziehung verliehenen abgründigen Affinität zum ewigen Leben des mythologisch-differenten Subjekts vindiziert die Reliquie eben dies ewige Leben dem Verschiedenen selber als einen mit ihr ihm gegebenen positiven Bezugspunkt und seinen in ihr bestehenden definitiven Grund und lässt also die Reliquie das Tote selbst eine dem, wozu es sich flüchtig verhält und was es verschwindend bezeugt, vergleichbare Beständigkeit und Bedeutung erlangen. Damit aber verhilft die Reliquie dem historischen Subjekt und seinem Kontinuum zu einem den Sinn eines Sühneopfers hintertreibenden und das Konzept eines Autodafés durchkreuzenden letzten, fatalen und vielmehr posthumen Triumph über das mythologisch-andere Subjekt und dessen Ewigkeit und steht sie, statt für das letztere und seinen heiligen Namen, vielmehr ein für ein unter der Camouflage von Reue und Zerknirschung hinhaltend letztes, hinterhältiges Aufbegehren, einen unter dem Anschein von Andacht und Frömmigkeit nachtragend letzten, nachträglichen Sabotageakt des historischen Subjekts gegen das über es und sein Kontinuum im heiligen Namen und ewigen Interesse des mythologisch-anderen Subjekts verhängte tödliche Verdikt und Selbstzerstörungsurteil.
Ihre zweideutige Natur und allegorische Beschaffenheit legt die Reliquie nur in dem Maß ab, wie das durch sie repräsentierte momentum crucis zum Topos einer spekulativen Äquivokation von exekutiert historischem und sakrifiziert mythologischem Subjekt wird. Dieser Äquivokation leistet die Reliquie selber mit der vergleichsweise unverbrüchlichen Dauer und relativ fixen Ewigkeit, die sie jenem in ihr festgehaltenen und verkörperten momentum crucis verleiht, Vorschub. Indem durch seine Konservierung und Verewigung in corpore der Reliquie jener kruzifikatorische Augenblick eine dem, was er vorübergehend initiiert und verschwindend bedeutet, quasi entsprechende Dauer und Beständigkeit gewinnt, nimmt er eine Form und Fasson an, die ihn in der Tat als den Punkt einer spekulativen Koinzidenz hier des am Ende von seinem eigenen Kontinuum zugrunde gerichteten und exekutierten identisch-historischen Subjekts mit dort dem durch eben dies Kontinuum anfänglich aufgeopferten und zur Strecke gebrachten mythologisch-differenten Subjekt zu empfehlen scheint. Je länger der fromm-verehrende Blick auf jenem von der Reliquie unverbrüchlich festgehaltenen und quasi verewigten momentum crucis ruht, um so mehr will ihm scheinen, es sei der kruzifikatorische Augenblick eines am Ende das historische Subjekt als solches betreffenden Ecce homo und das Kontinuum in toto ereilenden Autodafés tatsächlich nur die analogische Wiederholung und vielmehr tautologische Einlösung des eingangs der Geschichte vom historischen Subjekt selber begangenen Sakrilegiums und um des Kontinuums überhaupt willen gebrachten Gottesopfers. Das heißt, aber, den andächtig versunkenen Blick will bedünken, es sei der in jenem Augenblick vollzogene Sühneakt wirklich nur eine zur sakramentalen Verwandlung führende imitatio dei, wirklich nur die in transsubstantieller Identität resultierende Simulation eben dessen, was er zu sühnen dient. Ohne dass sie recht wüsste, wie ihr geschieht, verklärt sich der frommen Betrachtung und unentwegten Kontemplation hier das in der Geschichte gebrachte Selbstopfer des identisch-historischen Subjekts zum genauen Äquivalent dort der initialen Aufopferung des mythologisch-differenten Subjekts an die Geschichte, verwandelt sich ihr die geschichtszerstörende Entrealisierung des historischen Diesseits ins exakte Faksimile der geschichtsbegründenden Sakrifizierung des mythologischen Jenseits und wird ihr mithin das am selbstkruzifikatorischen Ende aller Geschichte apokalyptische Verschwinden des Irdischen zur perfekten Wiederholung und vielmehr vollkommenen Einlösung der am kruzifikatorischen Anfang aller Geschichte verschwindenden Epiphanie des Ewigen. So aber als Topos einer unwiderruflichen Äquivokation oder Springpunkt einer unauflöslichen Koinzidenz des verschwindend statarischen Diesseits mit dem kursorisch erscheinenden Jenseits, des am Ende panisch zerfallenden Historischen mit dem zu Anfang flüchtig vorfallenden Mythologischen, kurz, des finalen momentum crucis mit dem initialen momentum criminis vorgestellt was Wunder dann, dass jener entscheidende Augenblick den Charakter definitiver Verschiedenheit und abstrakter Negativität ablegt und vielmehr das Ansehen eines spekulativen Tods und mystischen Nichts gewinnt. Was Wunder, dass in dem Maß, wie in ihm bestrafter Missetäter und unschuldig Misshandelter, strafverfolgter historischer Täter und heimgesuchtes mythologisches Opfer, anfänglich Zugerichteter und am Ende Gerichteter zur Deckung kommen und zu verschmelzen scheinen, jener entscheidende Augenblick die strenge Fassung eines bloß klärend entscheidenden, einer ausschließlich negativen Voraussetzung, eines einzig und nur das mythologisch-andere Subjekt vom identisch-historischen zu erlösen bestimmten momentum crucis verliert und die ausschweifende Bedeutung stattdessen einer verklärenden Aufhebung und geradezu positiven Übersetzung, eines das identisch-historische Subjekt als mythologisch-anderes kurzerhand zu erretten ersonnenen momentum transfigurationis erringt. Was Wunder, dass in dem Umfang, wie er dem exekutiert historischen Subjekt, in die Rolle des sakrifiziert mythologischen zu schlüpfen und sich mit diesem ineins zu setzen, erlaubt, teils jener Augenblick selbst die Positivität eines spekulativen Umschlagsplatzes beziehungsweise mysteriösen Auferstehungsorts erlangt und aus dem locus einer qualvoll letzten Agonie des Historischen in den Topos eines verheißungsvoll ersten Epiphanie des Ewigen, aus dem ewig letzten Augenblick allemal nur der Historie in den historisch ersten Augenblick stets schon der Ewigkeit, kurz, aus einer nur ironisch so zu nennenden in eine stricto sensu so zu fassende mythologische Vergangenheit sich verwandelt, teils das um jenen Augenblick zentrierte Geschehen den Charakter eines im momentum crucis kulminierenden zerfallsgeschichtlichen Ablaufs zurücknimmt und die Bedeutung stattdessen eines im momentum transfigurationis resultierenden heilsgeschichtlichen Vorgangs hervorkehrt. Im Zuge seiner unverwandten Betrachtung lässt jener entscheidende Augenblick die konklusive Negativität eines das historische Subjekt annihilierenden Martyriums und kruzifikatorischen Geschehnisses zur spekulativen Positivität eines das historische Subjekt transsubstantiierenden Mysteriums und evangelischen Ereignisses sich aufheben und verklären. Und diese neuerworbene Positivität greift nun auch auf das gesamte, zum Augenblick führende historische Verhältnis und Kontinuum über und verleiht ihm eine gänzlich neue Fasson. Im Lichte und Widerschein dieser als spekulativer Tod und momentum transfigurationis das historische Subjekt einholenden Positivität wird privative Zerfalls zur produktiven Heilsgeschichte, wird die via dolorosa zur vita sancta, wird das Sterbeprotokoll zur Hagiographie, wird ein vernichtendes Verdikt zur erbaulichen Legende. Und was Wunder dann aber auch, dass die jenen Augenblick der Verklärung festzuhalten ausersehene restbeständig frühere Empirie, die dieses Mysterium der Verwandlung in corpore zu repräsentieren bestimmte Reliquie, hiernach in einem vergleichbar neuen und in der Tat von Grund auf anderen Licht erscheint. Indem das, was sie repräsentiert, aus einem Paradigma heillosester Vergängnis in eine Vorgeschichte ewigen Heils sich verwandelt, verwandelt sich die Reliquie selbst aus einer allegorischen Anzeige ins symbolische Gefäß, aus einer marginalen Anspielung in die zentrale Monstranz, aus einem fetischistischen Andenken in den angebeteten Fetisch, wird sie selbst aus einem Kreuzessplitter oder deiktisch-magischen Knochen zum Schweißtuch oder kultisch-sakralen Rock, entfaltet sie sich selbst aus dem sterblichen Überrest eines naturgeschichtlich gerichteten und verschiedenen historischen zur sterblichen Hülle eines heilsgeschichtlich vollbrachten und verewigten mythologischen Subjekts.