1. Der Wert als herrschaftliches Relikt, als Schatz
Der Wert als den kommerziellen Austausch vermittelnder Tauschwert ist in der traditionellen Gestalt, die er als allgemeines Äquivalent annimmt, in seiner Verkörperung als Edelmetall, ein nichtkommerzielles Relikt – herrschaftliche Preziose.
Eigentlich oder seiner abstrakten Grundfunktion nach, besser gesagt also uneigentlich, ist Wert etwas ganz Einfaches und Nützliches: Tauschwert. Als Tauschwert drückt der Wert aus, wie viel von etwas anderem das quantitativ bestimmte Etwas, das ihn verkörpert, aufwiegt beziehungsweise, falls es darum geht, das Etwas den Besitzer wechseln zu lassen, wie viel von dem anderen es als Gegengabe erheischt. Als Tauschwert ist der Wert die Bedingung dafür, dass in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, das heißt, in einer menschlichen Gemeinschaft, in der die Einzelnen nicht alles erzeugen, was sie zum Leben brauchen, und in der deshalb der eine auf die erzeugerische Tätigkeit des anderen angewiesen ist, jeder zu dem kommen kann, was er braucht, ohne es seinen Artgenossen mit Gewalt oder List entwenden zu müssen oder es von ihnen zu unkalkulierbaren, je nach Machtverhältnis, Notlage, Charakter, Laune wechselnden Konditionen überlassen zu bekommen. Unter der Voraussetzung einer in nennenswertem Umfange arbeitsteiligen Gesellschaft und auf der Grundlage gesellschaftlicher Beziehungen, bei denen die Distribution der Subsistenzmittel nicht durch Gewalt, persönliche Abhängigkeit oder Ritual beziehungsweise durch eine Mischung dieser drei Faktoren vorab schon entschieden, sondern durch das Prinzip eines materiellen Do ut des, eines auf der Ebene der Subsistenzmittel selbst praktizierten, Leistung mit Gegenleistung honorierenden, Austauschs bestimmt ist, erweist sich der Tauschwert als der Maßstab, der die Verteilung der Subsistenzmittel, den Güteraustausch, frei von objektivem Zufall oder Willkür der beteiligten Subjekte regelt und durchzuführen erlaubt.
Unmittelbar stellt sich dabei der Tauschwert als eine im Etwas selbst gelegene Eigenschaft, eine rein gegenständliche Bestimmung dar: es ist sein eigener Wert, den das Etwas hat, den es als immanente Qualität verkörpert, kurz, es trägt den Maßstab in sich selbst. Wie allerdings die anfangs gegebene Definition des als Tauschwert eingeführten Werts deutlich macht, ist diese Unmittelbarkeit insofern Schein, als sie der Abstraktion von einer Vermittlung entspringt, ist mit anderen Worten die Innerlichkeit und Selbigkeit des Werts Resultat einer Internalisierung, Ausdruck einer aufgehobenen Äußerlichkeit. Indem das Etwas seinen Wert als innere Bestimmung, eigene Qualität, behauptet, ist es doch zugleich durch dies Innere außer sich, zeigt es sich durch das Eigene als Fremdes gesetzt: der Wert des Etwas drückt definitionsgemäß etwas anderes aus, repräsentiert ein zweites, drittes, viertes Etwas, das das erste Etwas aufwiegt, dem es sich gleichsetzen, mit dem es sich austauschen lässt. Weit entfernt davon, eine substanzielle Eigenschaft, ein Absolutum, des Etwas zu sein, ist der Tauschwert nichts als ein funktionelles Verhältnis, eine Relation, die das Etwas in Beziehung zu einer Vielzahl anderer, materiell zwar von ihm verschiedener, diesem seinem Wert nach aber mit ihnen gleichzusetzender, sprich, ihnen äquivalenter, Dinge bringt.
Der Wert in seiner unmittelbaren Form als Tauschwert ist ein Geschöpf der Arbeitsteilung und tritt überhaupt nur unter ihrer Voraussetzung in Erscheinung: Er ist Konsequenz der Tatsache, dass spezialisierte, zu Fertigkeiten sortierte und auf die einzelnen Subjekte verteilte Arbeiten oder Arbeitsgänge eine Mehrzahl materiell verschiedener Gebrauchsgegenstände und Bedürfnisbefriedigungsmittel hervorbringen, und Ausdruck der Notwendigkeit, die von den einzelnen produzierten verschiedenen Subsistenzmittel den jeweils anderen zugänglich zu machen, sie wechselseitig verfügbar, gegeneinander austauschbar werden zu lassen. Und zwar sie in der Weise austauschbar werden zu lassen, dass gleichermaßen dem Kriterium materialer Bedürftigkeit und dem Gebot sozialer Gerechtigkeit Genüge getan wird und also jeder im Prinzip eintauschen kann, was immer und wie viel davon er zum Leben braucht, während zugleich der eigene Beitrag zur Subsistenz der anderen dem der anderen zur eigenen Subsistenz entspricht und nicht der eine den anderen mehr gibt, als er von ihnen empfängt, oder seine Leistung hinter dem zurückbleibt, was sie als Gegenleistung für ihn erbringen.
Dabei ist unschwer einsichtig, dass den Maßstab des Austausches, den Tauschwert, nicht das Kriterium der Bedürftigkeit liefern kann, weil in diesem Falle das Haben auf ein Sollen bezogen, das Sein durch ein Wollen bestimmt würde und sich die dadurch in Widerspruch zu sich selbst gebrachten, statt zueinander in Vergleich gesetzten Dinge praktisch inkomparabel gegenüberstünden. Indem das eine Etwas seinen Tauschwert in dem hätte, was sein Besitzer vom anderen Etwas für seine Bedürfnisbefriedigung brauchte, und indem umgekehrt das zweite Etwas als seinen Tauschwert das Quantum behauptete, das sein Besitzer zwecks Bedürfnisbefriedigung vom ersten Etwas in Anspruch nähme, wären die beiden Etwas als vorhandene oder gegebene Größen vorgestellten oder erwünschten Größen gleichgesetzt, die einander nur im unwahrscheinlichsten Grenzfall oder nur dank eines äußerst glücklichen Zufalls entsprächen und im Normalfall der natürlicherweise divergierenden Bedürfnisse oder der konventionellerweise miteinander konkurrierenden Befriedigungsansprüche einen Vergleich und mithin einen Austausch definitiv ausschlössen.
Bleibt als Lieferant des Maßstabs, als Bestimmungsgrund des Tauschwerts, das Gebot der sozialen Gerechtigkeit, die Maßgabe, dass der Besitzer des einen Etwas dem Besitzer des anderen Etwas nicht mehr gibt, als er von diesem empfängt, dass gleich viel vom einen und vom anderen Etwas ausgetauscht wird. In der Tat ist hier Sein auf Sein, Haben auf Haben bezogen; der Maßstab besteht in der quantitativen Vergleichbarkeit zweier gegebener Etwas; ihren Tauschwert haben die beiden Dinge in einem gleichen Quantum des jeweils anderen Dings. Seinen Tauschwert hat das eine Etwas in einem gleichen Quantum des anderen Etwas, in ihm ist es dem anderen äquivalent.
Dass dies nun nicht einfach eine größenmäßige Egalität der physikalischen Quanten, eine numerische Entsprechung des jeweiligen Gewichts, Volumens, Längen- oder Flächenmaßes oder auch der Stückzahl bedeuten kann, leuchtet empirisch unmittelbar ein. Jeder weiß, dass im Normalfall ein Kilo Gold viel kostbarer ist als ein Kilo Kartoffeln, ein Meter Brokat viel mehr wert ist als ein Meter Sackleinwand, ein Liter Bienenhonig im Wert viel höher zu veranschlagen ist als ein Liter Milch, ein Haus einen viel größeren Tauschwert hat als eine Melone. Der Grund für diese durch die numerische Gleichheit physikalischer Quanten nicht zu erfassende Diskrepanz liegt in der unterschiedlichen Schwierigkeit, die Dinge zu beschaffen, sie überhaupt gegeben sein zu lassen. In Ausnahmefällen kann diese Schwierigkeit Konsequenz der natürlichen Seltenheit der betreffenden Sache sein, im Normalfall aber ist sie Funktion der mehr oder minder großen Anstrengung, die Menschen unternehmen müssen, um die diversen Dinge, die sie brauchen, existent und verfügbar werden zu lassen. Im Normalfall, der der Fall eines nichtparadiesischen irdischen Lebens ist, finden die Menschen, was sie zum Leben brauchen, nicht unmittelbar vor, sondern müssen sich darum bemühen, müssen sich das Lebensnotwendige erarbeiten, müssen Kraft und Zeit darauf verwenden, es zu suchen, zu sammeln, herbeizuschaffen, zum Gebrauch herzurichten. Sogar der eben erwähnte Sonderfall einer rein natürlich bedingten Rarität lässt sich unter diese Perspektive subsumieren, insofern die Seltenheit als Funktion des Kraft- und Zeitaufwands darstellbar ist, den es erfordert, das Seltene aufzuspüren und zu bergen.
Was Wunder, dass es dieser Gesichtspunkt der in die Dinge investierten menschlichen Aktivität ist, der als ein im Prinzip alles menschliche Objektverhalten durchwaltender Aspekt unter Bedingungen einer arbeitsteiligen und deshalb Austausch nötig machenden Subsistenz das Maß für den Austausch zur Verfügung stellt? In der Tat drängt sich ja dieses Moment der für die Beschaffung und Herstellung der Dinge aufgewandten menschlichen Arbeit als Maß des Austausches nicht nur deshalb auf, weil es neben der allgemeinen Naturstofflichkeit der Dinge, ihrer abstrakten Materialität, ihr durchgängigstes und verbindlichstes Merkmal ist, sondern auch und vor allem, weil es das einzige ist, worauf sich die neben der Befriedigung materialer Bedürftigkeit als zweites Grunderfordernis allen Austausches genannte Erfüllung des Gebots sozialer Gerechtigkeit sinnvollerweise beziehen kann. Wenn die soziale Gerechtigkeit erfordert, dass beim Austausch der eine vom anderen nicht mehr nimmt, als er ihm gibt, und nicht weniger vom anderen erhält, als er ihm überlässt, so beschreibt dieses Mehr oder Weniger ja nicht eine Proportion unmittelbar natürlicher Quanten, sondern diese Quanten sind definiert durch ihre Zugehörigkeit zu den Austausch treibenden Subjekten, tragen die eignerschaftliche Rücksicht als ihre tauschrelevante Eigenschaft auf die Stirn geschrieben, sind ein Mehr oder Weniger an subjekteigener Stofflichkeit, ein größeres oder geringeres Quantum Eigentum der Subjekte. Eigentum des Subjekts aber werden sie primär und grundlegend dadurch, dass sich das Subjekt im Bemühen um sie mit ihnen befasst, durch Arbeit in sie einlässt, sich in ihnen verkörpert, objektiviert. Nur in dem Maße, wie das Subjekt in den Dingen der Natur durch ihre Bearbeitung, ihre Beschaffung, Herstellung, Umgestaltung Präsenz und Objektivität gewinnt, eignet es sich die Dinge an, macht sie zu seinem Eigentum. Jeder andere, intersubjektiv-soziale Begriff vom Eigentum als von etwas kraft Gewalt, Erbfolge, Privileg, Recht oder sonstwie Angeeignetem setzt diesen konstitutiven Akt der Aneignung durch Selbstobjektivierung, diese Stiftung von Eigentum durch Arbeit, in letzter Instanz schon voraus und baut auf ihm auf.
Worauf sonst kann sich die Forderung sozialer Gerechtigkeit beim Austausch beziehen, wenn nicht auf diese vom Subjekt in die Dinge hineingetragene Eigentümlichkeit, diese Portion arbeitsam-eignerschaftlichen Engagements in ihnen, dieses Quantum menschlichen Kraftaufwands, lebendiger Subjektivität, das sie verkörpern? So gewiss das Prinzip sozialer Gerechtigkeit beim Austausch verlangt, dass jedes Subjekt das Eigene vom anderen vergütet bekommt, das Seinige in anderer Gestalt zurückerhält und so gewiss das Eigene oder Seinige in letzter Instanz oder auf der grundlegenden Ebene der Konstitution eignerschaftlicher Objektbeziehungen die als Beschaffungs-, Herstellungs- und Gestaltungsaktivität in die Sache investierte Subjektivität ist, so gewiss ist das von den Dingen absorbierte Quantum Arbeitskraft das Maß des qua soziale Gerechtigkeit geforderten Entsprechungsverhältnisses beim Austausch.
Und damit wird aber zugleich auch deutlich, dass sich das Gebot sozialer Gerechtigkeit beim Austausch nicht in der moralisch-ideellen, das Zusammenleben betreffenden Forderung nach Gleichbehandlung und Gleichbeanspruchung aller, sprich, in der quasijuridischen Forderung nach egalitären Beitragsleistungen zur gemeinsamen Subsistenz er- schöpft, sondern dass dieses Gebot sein ökonomisch-materielles, das Überleben der einzelnen sicherstellendes fundamentum in re der soziobiologischen Existenz hat. Schließlich ist Leben als Stoffwechsel mit der Natur dadurch charakterisiert, dass Körper- und Muskelkraft, Kalorien, Nervenenergie aufgewendet und verbraucht werden, um Subsistenzmittel zu schaffen, die wiederum die aufgewandte Kraft und Energie zu ersetzen und zu regenerieren taugen. Und schließlich ist es, wenn dank Arbeitsteilung die einzelnen wechselseitig für die anderen Subsistenzmittel schaffen, ihr vitales Interesse und in der Tat ihr Anspruch auf Überleben, dass die anderen für sie nicht weniger Kraft zur Schaffung regenerativer Substanz aufwenden, als sie das für die anderen tun.
Mag aber auch von streng materialistischer Plausibilität scheinen, dass unter der als conditio humana begreiflichen Bedingung einer durch Arbeit vermittelten und arbeitsteilig organisierten Subsistenz die Quanten Arbeitskraft, die in die Beschaffung, Herstellung und Gestaltung der Subsistenzmittel fließen, das Maß abgeben, nach dem die letzteren ausgetauscht werden – Tatsache bleibt, dass der Maßstab, der dieses Maß zur Geltung bringt und wirksam werden lässt, die natürlichen, den Dingen als physikalischen Objekten eigenen Quanten sind, dass mit anderen Worten nicht die Arbeitskraftquanten als solche, sondern die objektiven Quanten, in denen sie sich darstellen, das Gewicht, das Volumen, die Länge, die Stückzahl der ausgetauschten Gegenstände miteinander verglichen und als Maßstab verwendet werden. Für diese Tatsache, die auf den ersten Blick befremdlich anmuten und nämlich entweder als fetischismusverdächtige Mystifizierung und Verdinglichung der in Wahrheit doch intersubjektiven Struktur und sozialen Funktion des Austausches erscheinen oder aber umgekehrt Zweifel an eben jenem in der subjektiv-sozialen Substanz Arbeitskraft dingfest gemachten Maß des Austausches wecken muß – für diese merkwürdige Tatsache lassen sich bei näherem Hinsehen zwei gute Gründe entdecken: zuerst ein historischer und, als dieser sich schließlich erledigt hat, ein inzwischen zur Geltung gekommener systematischer.
Historisch gesehen ist die in die Produktion von Subsistenzmitteln fließende Arbeitskraft keine ohne weiteres und von vornherein messbare Größe, steht sie als selber quantifizierbares und eben deshalb quantitative Vergleichbarkeit garantierendes Maß alles andere als unmittelbar zur Verfügung. Wie viel Körper- und Muskelkraft, Kalorien, Nervenenergie in einem bestimmten Arbeitsprozess verbraucht und in das Objekt der Arbeit investiert werden, ist bis in die Moderne hinein nichts, was sich quantitativ bestimmen und über halbqualitative Kategorien wie Hunger, Kälte, Erschöpfung, Müdigkeit hinaus als vergleichbare Größen erfassen ließe. Historisch gesehen bleibt deshalb den in die Quanten Arbeitskraft das Maß des Austausches setzenden Beteiligten gar nichts anderes übrig, als sich dieses Maßes indirekt zu versichern und es nämlich im Maßstab der Produktquanten zu gewahren, die erfahrungsgemäß ausreichen, um sei's in reflexiver Unmittelbarkeit eine Ersetzung und Regeneration der verausgabten Kraftmengen zu gewährleisten, sei's – wie in einer arbeitsteiligen Gesellschaft naheliegender – die für eine solche Wiederherstellung der eigenen Arbeitskraft erforderlichen Produkte und Produktmengen von anderen im Austausch zu bekommen.
Dieser Rekurs auf ungefähre Erfahrungswerte in Ansehung des für die Regeneration der Arbeitskraft nötigen Quantums an Befriedigungsmitteln statt auf eine exakte Kalkulation des für die Erzeugung dieser Befriedigungsmittel aufgewendeten Quantums Arbeitskraft drängt sich dabei nicht nur wegen der Schwierigkeit einer solchen Kalkulation, das heißt, wegen der mangelnden Messbarkeit und folglich auch Vergleichbarkeit der verbrauchten physiologischen Kraftmengen auf, sondern er ist darüber hinaus ein quasiökonomisches Gebot der relativen Marginalität, die in jenen frühen Zeiten der Austausch mitsamt der an ihn geknüpften Äquivalenzforderung beweist. Noch steckt die Arbeitsteilung, so sehr sie systematisch bereits ein auszeichnendes Charakteristikum der als gesellschaftliche Reproduktion organisierten menschlichen Subsistenz ist, empirisch vielmehr in den Kinderschuhen; noch ist die Subsistenzwirtschaft von Individuen und Gruppen durch ein hohes Maß an Autarkie, an austauschunbedürftiger Selbstversorgung, geprägt; noch sind es vergleichsweise wenige und außerdem marginale Bedürfnisse, zu deren Befriedigung die einzelnen und Gruppen wechselseitig aufeinander angewiesen sind; unter solchen Umständen das Maß des Austausches durch offenbar undurchführbare Kalkulationen ermitteln zu wollen, statt sich durch die Gewohnheit des Austausches selbst, durch die aus früheren Austauschprozessen bewährten Erfahrungswerte geben zu lassen, wäre ein ganz und gar fehlgeleiteter Kraftaufwand, eine in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Transaktion stehende Verschwendung an Zeit und Energie.
Hinzu kommt drittens, dass in dieser frühen Zeit dank der vergleichsweise weitgehenden Autarkie der Individuen beziehungsweise der durch andere Mechanismen als durch äquivalenzförmige Austauschbeziehungen zusammengehaltenen Gruppen und dank der daraus folgenden relativen Marginalität und Unnotwendigkeit, der subsistenziellen Unerheblichkeit, solcher Austauschprozesse, die zum Austausch kommenden Güter noch durchaus anderen Maßgaben und Wertschätzungen als dem Kriterium einer qua Äquivalenz gewahrten "soziobiologischen" Gerechtigkeit zugänglich sind und das heißt, für die Ermittlung des Werts der zum Austausch gelangenden Güter neben der Forderung nach Äquivalenz, nach Vergleichbarkeit der jeweils investierten menschlichen Arbeitskraft, andere Motive wie etwa persönliche Abhängigkeiten, soziale Konkurrenzen, rituelle Rücksichten, idiosynkratische Vorlieben, geschlechtsspezifische Dispositionen, biographische Einstellungen ohne weiteres eine ebenso wichtige Rolle spielen können.
Historisch gesehen gibt es also mehrere gute Gründe für die Präferenz, die der Austausch nach Maßgabe objektiver, dingspezifischer Quanten gegenüber einem Austausch genießt, der auf die in den objektiven Quanten verkörperten Mengen subjektiver Energie, das Quantum der in die Dinge investierten Arbeitskraft, zu rekurrieren suchte. Allerdings beweisen, historisch gesehen, diese Gründe zugleich die Tendenz, sich halbwegs oder ganz zu erledigen und damit eigentlich den Weg für eine Revision des beim Austausch zur Anwendung kommenden Maßstabs, sprich, für eine Zurücknahme des in der verdinglichten Gestalt von Tauschwerten, objektiven Quanten, indirekt erscheinenden Moments von Arbeitskraft in die sichselbstgleiche Form direkt vergleichbarer subjektiver Leistungen freizumachen. Was nämlich zum einen die durch die anfängliche relative Autarkie der Individuen und Gruppen bedingte Marginalität und Geringfügigkeit der Austauschprozesse betrifft, so ist es eine Tatsache, dass im Fortgang der menschlichen Geschichte die Arbeitsteilung auf der Basis technischer Fortschritte, das heißt, im Mittel wirksamerer Werkzeuge und spezifischerer Arbeitsverfahren, eine immer umfassendere Bedeutung gewinnt und einen immer größeren Teil der gesellschaftlichen Reproduktion beeinflusst beziehungsweise durchdringt. Und das wiederum hat zur Folge, dass der Austausch, das wechselseitige Geben und Nehmen, eine immer lebenswichtigere Rolle spielt und zunehmende Omnipräsenz gewinnt und dass dieser Austausch, soweit er nicht durch Gewalt, Ritual, Gewohnheit, persönliche Abhängigkeit oder auch Solidarität geregelt wird, soweit er also Austausch im heute gängigen Sinne einer auf dem Äquivalenzprinzip basierenden vertraglichen Transaktion ist, die Verfügbarkeit eines für alle Transaktionen verbindlichen Maßes zu einem immer dringlicheren und zentraleren Bedürfnis werden lässt.
Und weil sich diese, der zunehmenden Lebenswichtigkeit des Austausches gemäße Verbindlichkeit des Maßes nur erreichen lässt, wenn dem Prinzip sozialer Gerechtigkeit mit allen ihren soziobiologischen Konnotationen Genüge getan, das heißt, dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass investierte Subjektivität, qua Arbeit aufgewandte Lebenskraft, und reklamierte Objektivität, qua Lebensmittel beanspruchte Regenerationskraft, einander korrespondieren, treten die oben genannten anderen und vergleichsweise partikularen Bestimmungsgründe für den Wert des Ausgetauschten mehr und mehr in den Hintergrund und räumen in dem mit progressiver Arbeitsteilung an Ubiquität gewinnenden Austauschzusammenhang vor dem einen, maßgeblichen Beweg- oder vielmehr Transaktionsgrund einer als Vergleichbarkeit der jeweiligen Investitionen an Arbeitskraft wohlverstandenen Äquivalenz das Feld.
Die Universalisierung und zugleich Totalisierung des Gesichtspunkts der als Wertsubstanz firmierenden und eben deshalb für jeden auf den Vergleich von Werten, auf Äquivalenz, gegründeten Austausch maßgebenden Arbeitskraft löst nun zwar nicht das Problem der Messbarkeit dieses Maßes, sprich, das Problem, wie sich Muskelkraft, Kalorien, Nervenenergie quantitativ in Anschlag bringen und gegeneinander aufwiegen lassen sollen, und ändert insofern an der Notwendigkeit, subjektive Kraft als objektiven Wert, persönliche Leistungen als dingliche Mengen zu fassen, nicht das Geringste. Tatsächlich aber sorgt in gelungener Parallelaktion ein- und derselbe Prozess einer sich auf Basis technischer Fortschritte entfaltenden Arbeitsteilung wenn schon nicht für eine Lösung und Erledigung, so jedenfalls doch für eine Umgehung und Neutralisierung dieses Problems. Was er nämlich mit sich bringt, ist eine Homogenisierung der Arbeitsleistungen, sowohl dem jeweils für sie erforderten physischen Aufwand als auch der jeweils mit ihr verknüpften zeitlichen Kontinuität und Intensität nach. In dem Maße, wie eine durch massiven Werkzeuggebrauch charakterisierte und in arbeitsteiliger Spezialisierung auf eine begrenzte Zahl von Verfahren und Produkten konzentrierte Tätigkeit zum Paradigma der Arbeit wird und sich zu einem beträchtliche Sektoren der gesellschaftlichen Subsistenz abdeckenden handwerklich-instrumentellen Erzeugersystem ausfächert, lässt sich davon ausgehen, dass unter ansonsten gleichen Bedingungen bei den verschiedensten Verrichtungen in etwa dem gleichen Zeitraum etwa der gleiche Kraftaufwand getrieben wird und dass mithin, wenn der als Maßstab des Austauschs firmierende Wert der Dinge eben diesen in ihnen objektivierten Kraftaufwand in Anschlag und zum Ausdruck bringt, Produktmengen, die im gleichen Zeitraum entstanden sind, als von gleichem Wert, als äquivalent, gelten können. Ohne dass sich an der mangelnden Messbarkeit und Unkalkulierbarkeit der in die Produkte eingeflossenen und als Maß des Austausches in ihnen verkörperten biologischen Kraft etwas änderte, wird letztere einfach dadurch berechenbar und als Maß des Austausches verwendbar, dass sie sich dank jener der Arbeitsteilung entspringenden zunehmenden energetischen Homogenität und chronologischen Kontinuität der Arbeit konstant setzen und durch eine ihr äußerliche quantitative Bestimmung, ein sekundäres Merkmal ihres Wirkens, ihre Dauer, die Zeit ihrer Ausübung, substituieren lässt.
Die stadtstaatlichen Handelszentren des antiken Mittelmeerraums sind es, in denen die für eine Durchsetzung der Arbeitszeit als verbindliches Wertmaß erforderlichen beiden Grundvoraussetzungen erstmals gegeben sind. In ihnen entwickelt sich eine Arbeitsteilung, die weitgehend genug ist, um jeden Anspruch auf individuelle oder gruppenspezifische Autarkie ad absurdum zu führen, und die in ihrer handwerklich-werkzeugvermittelten Systematik die für eine Suspendierung und Stellvertretung des biologisch-materialen Wirkgrundes der Arbeit durch ihren chronologisch-formalen Prozessaspekt nötige Homogenität und Kontinuität der Kraftausübung herbeiführt. Und zugleich legen diese neuartigen städtischen Gemeinschaften die traditionellen, etwa durch persönliche Abhängigkeit, Ritual oder auch Solidarität bestimmten Distributionsformen in hinlänglichem Umfang ab, um als einzigen oder jedenfalls eindeutig dominierenden Verteilungsmechanismus den Austausch mitsamt der für ihn erforderlichen Maßgabe und Äquivalenzbestimmung zurückzubehalten.
Warum um alles in der Welt rekurrieren nun diese neuen Gemeinschaften nicht auf den dem Maß des Austausches, dem Quantum Arbeitskraft, bei aller Äußerlichkeit und Formalität immerhin eigentümlichen und unmittelbar entspringenden Maßstab der Arbeitszeit, sondern insistieren auf dem vergleichsweise vermittelten und nämlich in die fremde Gestalt einer je anderen Objektivität gebannten Maßstab des als dingliches Quantum erscheinenden Tauschwerts? Unbeirrt durch alle qua handwerkliche Ausdifferenzierung fortschreitende Totalisierung der Arbeitsteilung und Homogenisierung der Arbeit, unbeeindruckt durch die darin enthaltene Möglichkeit einer allgemeinen Reduktion von Arbeitsleistungen auf Arbeitszeit, wie sie zugleich in der wachsenden Zahl von der Produktion bloß zuarbeitenden oder zirkulative Helferdienste verrichtenden Handlangern und Tagelöhnern, die nach der Dauer ihrer Tätigkeit entlohnt werden, ökonomische Realität und soziale Präsenz gewinnt, tauschen die Menschen in den gegenüber dem territorialherrschaftlichen Umfeld ökonomische Eigenständigkeit und politische Unabhängigkeit gewinnenden Handelszentren und Stadtgemeinden ihre Produkte auch weiterhin an Hand ihres Tauschwertes, das heißt, nach Maßgabe des von ihnen verkörperten Quantums eines als ihr Äquivalent gesetzten anderen Produktes aus.
Erklärlich, wenn auch deshalb nicht unbedingt schon plausibel, wird diese sub specie der historischen Entwicklung ungerechtfertigt erscheinende Hartnäckigkeit des Festhaltens am Tauschwert als quasi objektspezifischer Eigenschaft nur, wenn man eine mittlerweile in den Austauschbeziehungen eingetretene, ebenso allgemeine wie systematische Veränderung, die Dazwischenkunft und Vermittlungstätigkeit des Geldes, mit in Betracht zieht. Das Geld nämlich stellt innerhalb der auf Tauschwertbasis, auf Basis objektiver Bezugsgrößen funktionierenden Austauschbeziehungen eine analoge Vereinfachung, eine vergleichbare Homogenisierung des Maßstabes dar, wie sie im Vorhinein jeder objektiv bestimmten Austauschbeziehung die als Reflexiv der Arbeitskraft, als unmittelbar relativer Ausdruck aller Wertsubstanz, erscheinende Arbeitszeit bedeutet.
Befände sich die Austauschpraxis noch auf dem Stand, auf dem unsere Überlegungen sie eingangs implizit angesiedelt haben, wäre also bei jedem der durch die Arbeitsteilung erheischten vielen verschiedenen Austauschakte der Tauschwert des einen Produkts jeweils als ein bestimmtes Quantum des anderen Produkts, gegen das das eine ausgetauscht werden soll, gefasst, wir hätten so viele Tauschwerte oder Maßstäbe, wie es Produkte gäbe, weil teils die verschiedenen Maßgrößen, in denen die Produkte sich darstellten, teils die Tatsache, dass diese verschiedenen Maßgrößen das in ihnen sich ausdrückende gemeinsame Maß Arbeitskraft in ganz unterschiedlicher Proportion repräsentierten – weil dies beides also dafür sorgte, dass praktisch in jeder Austauschbeziehung eine andere und neue Form von maßstäblichem Quantum beziehungsweise eine andere und spezifische Proportion desselben maßstäblichen Quantums als Tauschwert in Anschlag gebracht werden müsste. Je nachdem, ob es sich bei dem Gegenstück zu meinem Produkt um Weizen, Tuch oder Kürbisse handelte, würde sich der Tauschwert meines Produkts als Längenmaß, Hohlmaß oder Gewicht artikulieren; und je nachdem, ob das Gegenstück aus Weizen oder Wein bestünde, zeigte sich das Quantum Hohlmaß, das den Tauschwert meines Produktes darstellte, von ganz unterschiedlicher Größe.
Angesichts dieser verwirrenden Vielfalt von Austauschrelationen, in denen bei zunehmender Arbeitsteilung das einzelne Produkt erschiene, dieser Vielzahl von Tauschwerten, die sich in ihm zusammendrängten und von denen der Austauschende die eine oder andere im einschlägigen Falle parat haben müsste, stellte die Arbeitszeit als für alle Austauschrelationen verbindlicher und jeden Austauschakt vermittelnder Maßstab eine schier unwiderstehliche Erleichterung und Vereinfachung dar. Indem alle zum Austausch gelangenden Produkte unmittelbar, will heißen, noch vor dem Austausch, am Maßstab der für ihre Beschaffung oder Herstellung nötigen Arbeitszeit gemessen und die Ergebnisse dann in einem dem realen Austauschvorgang, wie man will, topisch vorgeschalteten oder symbolisch unterlegten Vergleichsverfahren aufeinander bezogen würden, fände der Spuk eines im Austausch ständigen Maßstabwechsels oder proteischen Durchwanderns vieler qualitativ verschiedener Tauschwerte oder jedenfalls gegeneinander diskreter Maßgrößen ein Ende und machte einem System Platz, in dem nichts mehr statthätte als der in vielerlei Gütergestalt perennierende und jede der qualitativen Gestalten auf eine rein quantitative Bestimmung, einen Teil des kontinuierlichen Ganzen, eine Menge, reduzierende eine, universale Tauschwert der für Beschaffung und Produktion der Lebensmittel aufgewendeten Lebenszeit.
Der radikalen Vereinfachung und Erleichterung des Güteraustausches, die der Rekurs auf den einen, universalen Maßstab der in die Güter investierten Quanten Arbeitszeit bedeutete, widerstehen kann, um die Sache in ironischer Tautologisierung auf den Punkt zu bringen, die arbeitsteilige Gesellschaft in der Tat nur, weil sie bereits über einen Ersatzmaßstab verfügt, der universal genug ist, um für die exakt gleiche Vereinfachung und Erleichterung des Austausches Sorge zu tragen. Dieser Ersatzmaßstab ist das Geld! Seine Existenz verdankt dabei das Geld dem besagten Problem einer im Tauschwert als direktem Gegenüber oder unmittelbarem Tauschobjekt angelegten Vielfalt von Maßstäben oder Maßgrößen, das den ursprünglichen Austausch im Zuge wachsender Arbeitsteilung so sehr beeinträchtigt, dass jede Vereinfältigung des Maßstabes als unwiderstehliche Errungenschaft erscheinen muss. Gerade wegen der Massivität der Beeinträchtigung warten die am Austausch Beteiligten nicht ab, bis die im Zuge ihrer arbeitsteiligen Diversifizierung gleichzeitig arbeitsförmig homogenisierte Produktion das äußerliche Kriterium der simplen Arbeitsdauer als einen das Maß der Arbeitskraft hinlänglich repräsentierenden, weil als eine Art Konstante supponierenden Maßstab verfügbar werden läßt, sondern suchen vielmehr nach einer Lösung auf der Ebene des objektiven Tauschwertverhältnisses selbst. Sie suchen mit anderen Worten nach einem einzigen Maßstab, der, wenn er schon nicht die diversen objektiven Tauschwerte insgesamt ersetzen, so sie doch immerhin allesamt vertreten, der die Vielzahl von diskreten Tauschverhältnissen wenn schon nicht durch ein Kontinuum eigener Art pauschal ablösen, so sie immerhin doch in eine durch ihresgleichen vermittelte Kontinuität real überführen kann.
Als dieser die vielen verschiedenen Tauschwerte auf ihrer eigenen Ebene, der Ebene der materialen Tauschobjekte, vereinheitlichende Maßstab, bieten sich dabei Tauschobjekte an, die Ubiquität und ständige Präsenz im Austauschzusammenhang beweisen und deshalb besonders häufig und bei besonders vielen anderen Tauschobjekten die Rolle des Tauschwerts übernehmen. Statt sich unmittelbar aufeinander zu beziehen und im jeweils anderen seinen eigenen Tauschwert zu finden, brauchen sich zwei beliebige Objekte, die ausgetauscht werden sollen, nur beide auf ein drittes, dank seiner Verbreitetheit und Gefragtheit ihnen als ihr Tauschwert gleichermaßen vertrautes Objekt zu beziehen, und schon haben sie, statt sich im jeweils anderen als unterschiedlichem Maßstab oder je eigenem Tauschwert ebenso sehr zu entäußern wie zu identifizieren oder ebenso sehr voneinander abzusondern wie miteinander zu vergleichen, einen gemeinsamen Tauschwert, in dem als verbindlichem Rahmen oder einheitlichem Maßstab sie sich als nurmehr kontinuierliche Größen, als einfach quantitative Bestimmungen zueinander ins Verhältnis gesetzt oder, besser gesagt, einander gleichgesetzt finden. So gewiss sie in diesem Dritten, auf das sie sich beide vorweg beziehen, ihren qualitativ identischen Tauschwert haben, so gewiss sind, was hernach zum Vergleich und zum Austausch kommt, sie beide nicht mehr in Gestalt ihrer qualitativen Verschiedenheit, sondern in Form jener identischen Qualität, in deren Kontinuum sie sich zu bloßen, ausschließlich quantitativ unterschiedenen Momenten aufgehoben finden.
Weil sie sich qua Tauschwert beide gemeinsam in ein Drittes entäußern, statt wechselweise in das jeweils andere, ist ihnen dies Dritte nicht mehr nur das Mittel des Vergleichs, als das ihnen das jeweils andere dient und das sie ebenso sehr separiert wie identifiziert, da es sie selbst in ihrer Unmittelbarkeit nur negiert und zum Tauschwert aufhebt, um den Tauschwert als das andere zu reaffirmieren und nämlich unmittelbar als sie selbst zu setzen; vielmehr wird ihnen dies Dritte zu einem Vergleichsmedium, in das sie beide übergehen und in dessen qualitativer Totalität sie ein neues, rein quantitatives Leben beginnen. Das Dritte erweist sich als eine andere, eigene Sphäre, die die übrigen Objekte des Austauschs ihrer Unmittelbarkeit entreißt und in Momente verwandelt, die allesamt in ihren sphärischen Umfang, ihren medialen Rahmen, fallen, erweist sich als ein symbolischer Topos, der die empirischen Gegenstände des Austauschs entqualifiziert und in funktionelle Ausdrücke überführt, die, mögen sie auch von noch so ungleicher Größe sein, doch jedenfalls alle von gleicher Art sind.
Was die Rolle dieses Dritten spielt, ist dabei im Prinzip gleichgültig, vorausgesetzt, das betreffende Objekt weist die Ubiquität und Geläufigkeit auf, um sich als Äquivalent für eine Vielzahl anderer, in den Austausch gelangender Objekte bereits empirisch etabliert und praktisch bewährt zu haben und eben deshalb für die Funktion dieser allen andren Objekten vorweg verpassten objektiv neuen Identität, dieses im Voraus jeden Austauschs sämtlichen Austauschartikeln nachgewiesenen gemeinsamen Tauschwerts in Frage beziehungsweise in die engere Wahl zu kommen. Wie der Geschichte zu entnehmen, zeigen sich Vieh, Salz, Felle, Kaurimuscheln, Korn, Eisen, Tuch und vieles andere mehr für diese Funktion des maßstäbliche Einheit stiftenden Dritten tauglich. Wenn dennoch relativ früh und für entwickeltere Gesellschaften relativ verbindlich und dauerhaft die Liste der Anwärter auf das Amt schrumpft und einige wenige Metalle (Kupfer, Silber, Gold) quasi ein Monopol auf es erringen, dann deshalb, weil die zunehmende Entfaltung des Austauschsystems neben der Forderung nach Ubiquität und Geläufigkeit noch weitere Auswahlkriterien zur Geltung bringt.
Diese zusätzlichen Kriterien gewinnen in dem Maße Bedeutung, wie der Austauschvorgang die Grenzen des lokalen Marktes, auf dem im Prinzip alle zum Austausch kommenden Güter versammelt und also vor Ort verfügbar sind, sprengt und die Form eines Ringtausches annimmt, der eine Reihe von räumlichen Stationen und von zeitlichen Phasen durchläuft, der mit anderen Worten an verschiedenen, unter Umständen weit auseinanderliegenden Orten und zu verschiedenen, unter Umständen durch große Intervalle getrennten Zeitpunkten stattfindet. Wegen dieses Auseinanderfallens des Austauschvorganges in räumlich und zeitlich voneinander getrennte Phasen ist das Dritte, in dem als allgemeinem Tauschwert, allgemeinem Äquivalent, die verschiedenen Austauschobjekte sich repräsentiert finden, nicht mehr nur ein ebenso kursorisches wie kommodes Übergangsmoment oder gar eine als symbolische Sphäre bloße Rechnungseinheit, als die sich die Objekte im Vergleichsverfahren vorübergehend darstellen, um dann im Austauschakt als solchem wieder sie selbst oder, besser gesagt, das andere zu sein, gegen das sie sich zum Austausch bringen. Vielmehr ist dank der räumlichen und zeitlichen Diskrepanz des Austauschvorganges nun das Dritte ein mit Permanenz ausgestatteter symbolischer Repräsentant, in dem sich das eine Objekt als in seinem allgemeinen Tauschwert realiter aufhebt, in den es sich verwandelt, um dann in dieser Übergangsgestalt den Ort zu wechseln oder die Zeit zu überbrücken und sich an anderer Stelle oder zu gegebener Zeit zurückzuverwandeln und nämlich die Gestalt des anderen, mittels Austausches erstrebten Objekts anzunehmen.
Hier gewinnt also das die anderen Objekte als ihr gemeinsames Medium vertretende besondere Objekt, das die anderen als allgemeiner Tauschwert repräsentierende Dritte, eine über jede bloß kursorische Dazwischenkunft oder gar nur kalkulatorische Präsenz hinausgehende und gleichermaßen räumlich und zeitlich durchgängige Existenz, die nolens volens an bestimmte, aus ihrer räumlichen Bewegung und zeitlichen Dauer konsequierende Bedingungen geknüpft ist. Dass dem als solcher zur Existenz kommenden, statt nur kursorisch auftauchenden oder kalkulatorisch vorgestellten allgemeinen Tauschwert wiederholter Ortswechsel abverlangt wird, impliziert Beweglichkeit, Transportfähigkeit; eine Viehherde als allgemeines Äquivalent über Karawanenwege zu treiben oder auf Handelsschiffen mitzuführen verbietet sich von selbst. Dass der allgemeine Tauschwert Zeiträume überdauern, in größeren Abständen immer wieder im Austausch einsetzbar sein muss, setzt Zeitbeständigkeit, das heißt, Haltbarkeit, relative Unveränderlichkeit, voraus; Korn etwa ist für die Rolle eines über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg unverändert verfügbaren Tauschmittels wenig tauglich.
Und schließlich ist ein weiteres und wesentliches Eignungskriterium für die Rolle des ein eigenständiges Dasein gewinnenden und sich als permanente Funktion etablierenden allgemeinen Tauschwerts, dass hohe Wertschätzung und geringer Gebrauchswert bei dem betreffenden Objekt in Kombination erscheinen, damit einerseits die generelle Bereitschaft, es in den Austausch einzubeziehen, gewährleistet und andererseits die Gefahr, dass es dem individuellen Konsum verfällt und der Austauschsphäre verloren geht, nach Möglichkeit gebannt ist. Salz etwa erfüllt bei aller Haltbarkeit und Transportfähigkeit, die es ohne Frage besitzt, die so beschaffene weitere Bedingung nur mangelhaft: es ist ein zu wichtiges Lebens- und Genussmittel, um nicht immer wieder als unmittelbarer Austauschartikel, als Objekt der transaktiven Begierde, reklamiert und damit seiner repräsentativen Funktion untreu zu werden, aus dem Austauschzusammenhang, der doch auf seine ständige Präsenz angewiesen ist, unwiderruflich auszuscheiden.
In der Tat schränkt dieses dritte Eignungskriterium die Schar der Anwärter auf die Rolle des allgemeinen Äquivalents entschieden ein, weil es, recht besehen, paradox, um nicht zu sagen, in sich widersprüchlich anmutet. Immerhin liegt es nahe, in der hohen Wertschätzung, die ein Ding genießt, die unmittelbare Konsequenz des großen Gebrauchswerts zu sehen, den es besitzt, und insofern scheint die Konstruktion eines umgekehrt proportionalen Verhältnisses zwischen beiden Bestimmungen auf ein schieres Ding der Unmöglichkeit hinauszulaufen. Es gibt indes eine Gruppe von empirischen Gegenständen, auf die jene paradoxe, wo nicht gar widersprüchliche, Beschreibung dennoch zutrifft: die Gesamtheit der Dinge nämlich, mit denen sich Menschen schmücken, all das, was nicht der Subsistenz dient, nicht Lebensmittel ist, aber doch die Existenz verschönt, das Leben lebenswert macht. Insofern diese Dinge nicht der Subsistenz dienen, das Leben nicht zu erhalten taugen, haben sie keinen Gebrauchswert, insofern sie indes die Existenz bekräftigen, dem Leben Evidenz verleihen, haben sie Wert und gliedern sich als Produkte menschlicher Erfindungskraft und Arbeit in das System der mit Tauschwert begabten und deshalb für den Austausch in Frage kommenden Gegenstände ein.
Warum Federn, Bemalungen, Schmuck, Bildwerke, Musikinstrumente, Schnitzereien an Behausungen, Verzierungen an Gerätschaften die Existenz bekräftigen, dem Leben Evidenz verleihen, ist eine gänzlich ungeklärte Frage. Unbeschadet aller die ornamentalen Gegenstände als solche betreffenden psychologischen, ästhetischen, ethologischen, geschlechtsspezifischen oder sonstigen Beweggründe, die sich für die Verwendung von Schmuck und den ihm beigemessenen Lebenswert geltend machen lässt, dürfte allerdings ein weniger objektiv-reelles als demonstrativ-soziales Motiv bei der Wertschätzung, die das Dekorative genießt, eine wichtige Rolle spielen und für die hier angestellten Überlegungen zum Tauschwert beziehungsweise die hier angestrebte Erklärung für die materielle Gestalt, die der allgemeine Tauschwert schließlich als einigermaßen verbindliche Verkörperung annimmt, von besonderem Interesse sein. Gemeint ist die Bedeutung, die der Schmuck als indirekter Beweis für Überfluss, als Symbol des Reichtums, beansprucht. Nicht von ungefähr ist Schmuck eng mit der Sphäre gesellschaftlicher Herrschaft verknüpft, ist er seit alters Kennzeichen und Privileg derer, die über gesellschaftliche Ressourcen verfügen, bevorzugten Zugang zu den Subsistenzmitteln und Konsumgütern haben. Wer sich schmückt, wer sein Dasein dekoriert, zeigt, dass er Herr seiner selbst, wo nicht Herr über andere ist, dass er keinen Mangel leidet, wo nicht im Überfluss lebt, dass er eben deshalb seine Arbeitskraft oder auch die anderer in die Beschaffung oder Erzeugung einer Materialität stecken kann, die nicht der Subsistenz dient und also nicht lebensnotwendig ist.
Dabei kann die in den Schmuck investierte Arbeitskraft genauso gut aktueller Natur sein, das heißt, die Form einer zur Herstellung des Schmucks erforderlichen tatsächlichen Arbeitsleistung annehmen, wie potenziellen Charakter haben, das heißt, sich in dem für die Auffindung und Beschaffung des Schmuckes nötigen Aufwand an Arbeitszeit, sprich, in seiner Seltenheit, ausdrücken. So oder so genießt jedenfalls Schmuck eine hohe Wertschätzung, obwohl er keinen oder nur geringen Gebrauchswert besitzt, weil er nämlich das, was er nicht besitzt, doch aber repräsentiert oder symbolisiert, weil er einen Zustand beschwört und quasi postuliert oder voraussetzt, in dem alle fürs Leben erforderlichen Gebrauchswerte in ausreichendem Maße oder im Überfluss vorhanden sind und sich deshalb der menschliche Sinn auf anderes als auf die Erhaltung des Lebens richten, die Menschen ihre Arbeitskraft für anderes als für Subsistenzmittel und Konsumgüter einsetzen können.
So betrachtet, erfüllt also Schmuck die oben als letztes Eignungskriterium für die Rolle des allgemeinen Äquivalents, des für alle verbindlichen Tauschwerts, angegebene Bedingung und erfüllt sie sogar, recht besehen, im nicht bloß negativ-funktionellen, sondern mehr noch positiv-reellen Sinne: Als allgemeiner Tauschwert bietet er sich mit anderen Worten nicht nur deshalb an, weil er mangels Gebrauchswert nicht in Gefahr steht, früher oder später dem Schicksal aller Subsistenz, der Konsummation, dem Verzehr, anheim zu fallen und so der ihm zugedachten medialen Aufgabe verloren zu gehen, sondern weil er gleichzeitig genug Wert darstellt und nämlich genug Affinität zu den Gebrauchswerten und genug Austauschbarkeit mit ihnen aufweist, um für die ihm zugedachte mediale Aufgabe, die Rolle des universalen Tauschwerts, überhaupt in Frage zu kommen.
Nicht nur in Frage, sondern ernsthaft in Betracht für die Rolle kommt Schmuck aber natürlich nur dann, wenn er auch die anderen beiden genannten Eignungskriterien, die Bedingungen der Haltbarkeit und Transportfähigkeit, erfüllt. Das wiederum lässt die Liste der Anwärter aus der Klasse der dekorativen Dinge stark schrumpfen, indem es Phänomene wie Federn, Bemalungen, Verzierungen oder Kunstwerke aus dem einen oder anderen Grund für untauglich erklärt; eigentlich bleiben so als Kandidaten für die Rolle nurmehr die fossilen, mineralischen und metallischen Stoffe übrig, die, aus welchen ästhetischen oder sonstigen Motiven auch immer, die Menschen anziehen, ohne dass Nützlichkeitserwägungen dabei besonders ins Gewicht fielen, und die eben auf der Basis dieses Zugleich von geringem Gebrauchswert und Attraktivität als Symbol der Fülle beziehungsweise als pauschaler Repräsentant eines hinlänglich oder im Übermaß vorhandenen Arsenals von Gebrauchswerten besondere Wertschätzung genießen. Streicht man nun noch jene vornehmlich dem fossilen Bereich entstammenden Objekte von der Liste, die wie Bernstein oder Kaurimuscheln nur eine begrenzte Verbreitung aufweisen und deshalb eher für lokale Märkte als für einen tendenziell universalen Austauschzusammenhang taugen, so bleiben als Konkurrenten um die Rolle des allgemeinen Tauschwerts eigentlich nur noch die Gruppe der Edelsteine und die beiden vor der Neuzeit bekannten Edelmetalle Gold und Silber übrig.
Dass die beiden letzteren schließlich die Konkurrenz um die Tauschwertrolle für sich entscheiden und die ersteren, wenn nicht überhaupt ausstechen, so doch zur Bedeutungslosigkeit verurteilen, dürfte neben der relativ größeren und am Ende allzu großen Seltenheit der ersteren hauptsächlich der in doppelter Hinsicht erwünschten Plastizität geschuldet sein, die Gold und Silber den Edelsteinen voraushaben. Plastizität weisen die beiden Edelmetalle erstens insofern auf, als sie durch handwerkliche Arbeit formbar und zu kunstreichem Schmuck gestaltbar und deshalb mehr als spröd-kristalline Juwelen als Symbol und Beweis für eine Gebrauchswertfülle tauglich sind, die erlaubt, Arbeit in nicht zur Erhaltung des Lebens nötige Produktionen zu stecken. Wie eng dieses Moment der formenden Arbeit mit Gold und Silber assoziiert ist, zeigt die Tatsache, dass der alte Gattungsbegriff für Schmuck Geschmeide lautet, was soviel wie Geschmiedetes bedeutet und sich mithin wesentlich auf die Bearbeitung jener beiden Metalle bezieht, wobei sich dieser Begriff in einer vielsagenden Bedeutungsveränderung in dem Maße, wie Gold und Silber für die Tauschwertrolle in Anspruch genommen werden und insoweit für dekorative Zwecke verloren gehen, auf die mit der Schmuckfunktion als primärem Merkmal zurückbleibenden Edelsteine verschiebt und heute höchstens noch der Tatsache Rechnung trägt, dass Juwelen normalerweise durch Edelmetall eingefasst oder miteinander kombiniert erscheinen. Plastizität beweisen die Edelmetalle zweitens und vor allem aber auch in dem Sinn, dass sie ohne große Mühe schmelzbar, teilbar und münzbar sind und deshalb dem mit der allgemeinen Tauschwertrolle verknüpften Erfordernis einer möglichst einfachen und möglichst genauen Darstellung unterschiedlicher Wertmengen außerordentlich entgegenkommen.
Als Reichtumssymbol entspringt der soziales Prestige verleihende herrschaftliche Schatz der gleichen Quelle wie der materiale Reichtum, nämlich der menschlichen Arbeit, nur dass in diesem Fall die Arbeit geleistet wird, um ihre eigene Überflüssigkeit angesichts des vorhandenen materialen Reichtums zu ostentieren.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die vorausgegangenen Überlegungen sollten keine Deduktion der Edelmetalle als naturnotwendiger Träger der allgemeinen Äquivalentfunktion darstellen, sollten nicht den Nachweis erbringen, dass keine anderen Dinge oder Stoffe dieser Welt außer Silber und Gold für die mangels Reduzierbarkeit der Wertevielfalt auf die als solche messbare Wertsubstanz Arbeitskraft notbehelflich kreierte Mittlerfunktion oder, besser, mediale Position des mit einem Körper sui generis ausgestatteten Tauschwerts in Frage kommen. Die Überlegungen sollten vielmehr nur zeigen, dass sich unter der Voraussetzung der genannten materiellen Eignungskriterien Haltbarkeit, Transportfähigkeit und Teilbarkeit sowie des zusätzlichen ideellen Kriteriums einer mit geringem Gebrauchswert gepaarten hohen Wertschätzung die Edelmetalle als Kandidaten für die in Korrespondenz zum Grad der Arbeitsteilung und zur Omnipräsenz von Austauschprozessen unabdingbar werdende Funktion des allgemeinen Äquivalents in der Tat aufdrängen.
Recht besehen, haben aber dank unserer inhaltlichen Explikation jenes ideellen Kriteriums eines paradoxen Zugleich von hoher Wertschätzung und geringem Gebrauchswert die Überlegungen Weiteres und mehr erbracht: den klaren Hinweis nämlich darauf, dass den Edelmetallen eine mit ihrer systematischen Eignung für das Funktionieren des entwickelten und bestehenden Marktes unauflöslich verquickte historische Bedeutung für die Entstehung und Entwicklung der Marktfunktion als solcher zukommt, dass mit anderen Worten die Edelmetalle nicht etwa erst vom fertigen und im Prinzip entfalteten Markt aufgegriffen und als marktgängig-allgemeines Äquivalent in Dienst gestellt werden, sondern dass sie bereits in der Vor- und Frühzeit des Marktes ins Spiel und in der Tat als für die Herausbildung eines Marktmechanismus überhaupt maßgebender Faktor zum Zuge kommen. Schließlich setzt ja einerseits die Inanspruchnahme der Edelmetalle in der Rolle des marktgängig allgemeinen Äquivalents, des zur medialen Abbildungs- und Darstellungsebene sämtlicher Güter des Marktes ebenso sehr verselbständigten wie vergegenständlichten Tauschwerts, zwingend voraus, dass erstere bereits in genügender Menge und in ausreichender Ubiquität auf dem Markt vorhanden sein müssen.
Und schließlich hat andererseits die Rückführung des mit ihnen verknüpften paradoxen Charakters eines Zugleich von geringem Gebrauchswert und hoher Wertschätzung auf die repräsentative Rolle, die ihnen als einem von der Subsistenzrücksicht entbindenden, weil Überfluss signalisierenden pretium, als einem Vorweis der Fülle und Reichtumssymbol, zukommt, deutlich werden lassen, dass ursprünglicher Ort und natürliche Heimstätte der Edelmetalle die für die Reproduktion und Organisation der alten Gesellschaften und ersten Zivilisationen durchweg charakteristische grundherrschaftliche Domäne, sprich, die Sphäre einer theokratisch-opferkultlichen Aneignung und Distribution von frondienstlich-kooperativ erzeugtem Reichtum ist. Das aber heißt nichts anderes, als dass die Edelmetalle auf einen dieser ihrer Massierung auf dem Markt vorausliegenden Austauschprozess mit der herrschaftlichen Sphäre verweisen, in dessen Konsequenz sie allererst von dort in hinlänglicher Menge auf den Markt gelangen, um die für dessen weitere Entwicklung entscheidende Funktion eines als verbindliches Medium des Austauschs firmierenden allgemeinen Äquivalents erfüllen zu können.
Und dieser den Edelmetallen zu einer marktspezifischen Existenz verhelfende Austauschprozess mit der herrschaftlichen Sphäre ist nun aber nicht etwa nur, wie die obige Formulierung suggeriert, für die weitere Entwicklung des Marktes maßgebend, er ist auch und bereits von grundlegender Bedeutung für die Entstehung des Marktes als solchen! Tatsächlich führt die durch unsere bisherige Darstellung ebenso sehr genährte, wie durch die obige Formulierung bekräftigte Vorstellung von einerseits einem marktförmigen Austauschzusammenhang, der sich aus eigener Kraft und in eigener Regie zwischen arbeitsteilig ihre Subsistenz betreibenden Güterproduzenten entfaltet und dabei das durch die Edelmetalle zu befriedigende Bedürfnis nach der Medialität eines allgemeinen Äquivalents erzeugt, und andererseits eines besonderen Austauschprozesses, der unabhängig vom ebenso eigengesetzlich wie selbsttätig sich entfaltenden Marktzusammenhang beziehungsweise parallel zu ihm zwischen dem Markt und der Sphäre opferkultlich-fronwirtschaftlicher Herrschaft statthat und dafür sorgt, dass das vom Markt ausgebildete Bedürfnis nach Edelmetallen seine Befriedigung findet – diese Vorstellung also von zwei, zwar durch den Markt miteinander verknüpften, systematisch gesehen aber voneinander getrennten und eigenständig sich behauptenden Austauschkontexten oder kommerziellen Beziehungsformen führt in der Tat gründlich in die Irre und erweist sich bei genauerem Hinsehen als die interessierte Rückprojektion des seiner ursprünglichen Heteronomie, seiner anfänglichen Abhängigkeit von der opferkultlich-fronwirtschaftlichen Herrschaft, halbwegs ledigen und in der von ihm mittlerweile geschaffenen und organisierten eigenen Welt als von Haus aus autonome Instanz sich zu konstituieren bestrebten Marktes selbst.
Woher sollte wohl ein solcher, in seiner Entfaltung unabhängig von dem für die Beschaffung der Edelmetalle zuständigen Austausch mit der herrschaftlichen Sphäre vorgestellter und unmittelbar von den arbeitsteiligen Produzenten getragener Marktzusammenhang auch nur sein Personal, seine Teilnehmer, rekrutieren, geschweige denn seinen Inhalt, seine Güter beziehen? Schließlich stellt der Verweis auf die als ursprüngliche Heimstatt gesellschaftlichen Reichtums und Überflusses und seiner Symbole, der Preziosen im allgemeinen und der Edelmetalle im besonderen, firmierende herrschaftliche Sphäre der alten Gesellschaften und ersten Zivilisationen sogleich ein Szenarium vor Augen, in dem die gesellschaftliche Reproduktion, die Erzeugung und Verteilung von Lebensmitteln und Gütern, im Wesentlichen und von unerheblichen marginalen Ausnahmefällen oder kommunalen Freiräumen abgesehen in der Form einer fronwirtschaftlich-kooperativ betriebenen Produktion und einer gutsherrschaftlich-allokativ zelebrierten Distribution vor sich geht. Ein Bedürfnis nach einem Marktzusammenhang, der den Austausch der arbeitsteilig erzeugten Güter regelt, existiert dort ebenso wenig, wie es freie, auf eigene Rechnung und nämlich für ihre eigene individuelle beziehungsweise kleinfamiliale Subsistenz arbeitende Produzenten gibt.
Arbeitsteilung gibt es durchaus – wie sollte ohne sie eine Zivilisation mit der für sie konstitutiven sozialen Differenzierung und der dafür wiederum grundlegenden hohen Produktivität entstehen und von Bestand sein können? –, aber weil sie nicht die Erscheinungsform des Zusammenwirkens freier, eigenständig operierender landwirtschaftlicher und handwerklicher Einzelerzeuger, sondern die Organisationsform einer von oben, von der Herrschaft, verfügten und kontrollierten massenhaften Kooperation ist und weil die Früchte der arbeitsteiligen Tätigkeiten, abgesehen höchstens von den für den unmittelbarsten Eigenbedarf nötigen Subsistenzmitteln, von der Herrschaft mit Beschlag belegt und nach hierarchischen, dynastischen, kultischen oder sonstigen, gesellschaftliche Machtverhältnisse oder persönliche Abhängigkeiten widerspiegelnden Gesichtspunkten verteilt beziehungsweise umverteilt werden, fehlen für den als gemeinschaftliche Veranstaltung arbeitsteiliger Erzeuger etablierten und nach dem Prinzip der Äquivalenz der Produkte, die sie austauschen, funktionierenden eigenständigen Marktzusammenhang, den unsere obigen Überlegungen wie selbstverständlich, wie eine Naturgegebenheit voraussetzen, noch gleichermaßen die handelnden Personen und die zu verhandelnden Güter.
Wenn es in dieser frühen Phase einen über die austauschlose Aneignung und Zuteilung von Reichtum hinausgehenden oder dazu alternativen Güteraustausch gibt, so höchstens und nur innerhalb der herrschaftlichen Sphäre selbst und nämlich zwischen den ihre Erzeugergemeinschaften fronwirtschaftlich organisierenden und opferkultlich kontrollierenden einzelnen Aneignern des gesellschaftlichen Reichtums – wobei das marktfunktionelle Moment, der den Austausch vermittelnde Faktor, das den Handel schließende Medium sich anfänglich bloß daraus ergibt, dass die mit der Organisation und Kontrolle ihrer Produktionsgemeinschaften beschäftigten und von ihrem opferkultlich-rituellen Umgang mit dem Reichtum in Anspruch genommenen Herrschaften den Austausch nicht in eigener Regie pflegen, sondern an Mittelsleute, Zwischenträger delegieren, die anfangs zwar als bloße Kommissionäre und Faktota ihrer Herren agieren, in dem Maße aber, wie ihre Austauschtätigkeit an Volumen, Vielseitigkeit, Regelmäßigkeit und Permanenz gewinnt, zu Repräsentanten einer in relativer Eigenständigkeit und Unabhängigkeit zwischen den verschiedenen Herrschaften etablierten besonderen Institution werden beziehungsweise diese in Person darstellen und damit denn aber dem innerherrschaftlichen Austauschzusammenhang überhaupt erst jene integral-gesetzte Dimension verleihen oder vielmehr abgewinnen, die ihn schließlich als Markt, als medial-eigengesetzliche Sphäre des Austauschs, in die Existenz treten lassen. Tatsächlich entspringt nach allem, was wir historisch wissen, der Markt, soweit er diesen Namen verdient und sich also nicht in ebenso ephemeren wie zufälligen und ebenso quantitativ und qualitativ beschränkten wie lokal oder kommunal begrenzten Tauschakten erschöpft, sondern eben jenen institutionellen Charakter aufweist, der zeitliche Permanenz und räumliche Spannweite einschließt, nicht der arbeitsteiligen Subsistenzwirtschaft; er ist vielmehr ein Geschöpf der fronwirtschaftlichen Sphäre, eine Konsequenz der Erzeugung herrschaftlichen Reichtums und Überflusses.
Damit hat sich nun aber die anfängliche Perspektive unserer Überlegungen zum kommerziellen Austausch und seinem Maßstab, dem unmittelbar als Tauschwert erscheinenden Wert, grundlegend verschoben oder, besser gesagt, erst einmal gründlich zerschlagen. In naiver Systematik nahmen wir als soziale Voraussetzung solchen Austausches, als ihn konstituierende gesellschaftliche Realität, eine Gemeinschaft arbeitsteilig organisierter und in dieser Organisationsform ihre individuelle oder familiäre Subsistenz betreibender, freier Produzenten an. Demnach schien es die subsistenziell orientierte Produzentengemeinschaft zu sein, die den kommerziellen, auf dem Prinzip wertmäßiger Äquivalenz basierenden Austausch als eine probate Methode ins Leben ruft, die arbeitsteilig erzeugten Güter allen Beteiligten zugänglich zu machen und mithin die spezialisierte Form der Herstellung von Bedürfnisbefriedigungsmitteln mit der Forderung nach deren universaler Verteilung in Einklang zu bringen. Und die gleiche Produzentengemeinschaft schien durch die Entfaltung des sie organisierenden Systems der Arbeitsteilung und durch die damit einhergehende Entwicklung teils der Produktivität und Menge von austauschbaren Gütern, teils der Vielfalt an Befriedigungsmitteln und Diversität der Bedürfnisse verantwortlich dafür, dass der Austausch hinlänglich an Ubiquität und Totalität gewinnt, um schließlich zu seiner empirischen Abwicklung und praktischen Bewältigung jenes als allgemeines Äquivalent firmierende eigene Vergleichsmedium und Bezugssystem nötig werden zu lassen, dessen Etablierung und Betätigung den Grund zum Markt im eigentlichen Sinne, zu einem vom produktiven Prozess ebenso sehr unterschiedenen wie ihm nachgeordneten zirkulativen Geschehen, einer institutionell ebenso sehr verselbständigten wie funktionell in sich geschlossenen Sphäre des Austauschs legt.
Unser anschließender Versuch allerdings, die Inanspruchnahme dieser marktkonstitutiven Rolle des als eigenes Vergleichsmedium und maßstäbliche Bezugsgröße firmierenden allgemeinen Äquivalents durch generell die Preziosen und speziell die Edelmetalle im Rahmen unserer obigen Voraussetzung zu erklären und nämlich aus der umfassenden funktionellen Tauglichkeit der Edelmetalle für das kommerzielle Vergleichs- und Bezugsgeschäft herzuleiten – dieser Versuch zeitigt unbeschadet der Überzeugungskraft, die seine Argumentation im einzelnen geltend machen mag, ein überraschendes, unsere ganze Voraussetzung über den Haufen werfendes Ergebnis. Indem wir den Edelmetallen als wesentliches Eignungskriterium für die Rolle des allgemeinen Äquivalents ein paradoxes Zugleich von geringem Gebrauchwert und hoher Wertschätzung attestieren und diesen paradoxen Doppelcharakter in Zusammenhang mit der besonderen Bedeutung bringen, die auf der Basis welcher ethologischen, psychologischen, ästhetischen, rituellen oder sonstigen Attraktion auch immer die Edelmetalle als Symbol des Reichtums und Unterpfand des an Reichtum geknüpften sozialen Prestiges in den fronwirtschaftlich-opferkultlichen, theokratischen Gesellschaftsformationen der frühen Zivilisationen beanspruchen, werden wir unverhofft daran erinnert, wie weit die obige Voraussetzung freier arbeitsteiliger Produzentengemeinschaften entfernt davon ist, mit den historischen Tatsachen des frühen Zivilisationsprozesses in Einklang zu stehen, wie vollständig vielmehr die Anfänge der Zivilisation durch die fronwirtschaftlichen Produktionsformen und Zwangskooperationsmechanismen der theokratisch-herrschaftlichen Sphäre geprägt sind. Es ruft uns ins Gedächtnis, wie wenig deshalb die nach unserem historischen Kenntnisstand in der Zeit jener theokratisch-fronwirtschaftlichen Gesellschaftsformation entstehenden Phänomene kommerziellen Austauschs im allgemeinen und kommerzieller Austauschsysteme oder Märkte im besonderen eine Kreation solcher freier und tatsächlich überhaupt noch nicht existenter Produktionsgemeinschaften sein können, wie sehr sie im Gegenteil die Kreatur eben jener herrschaftlichen Sphäre und ihrer fronwirtschaftlichen Erzeugung von Reichtum sind.
Und, wohlgemerkt, Kreatur der herrschaftlichen Sphäre nicht etwa bloß in dem halbmetaphorischen Sinne eines Austauschzusammenhanges, der in völliger Abhängigkeit von der politisch ebenso übermächtigen wie ökonomisch maßgebenden und nämlich sowohl die Gütererzeugung als auch die Verfügung über Edelmetalle praktisch monopolisierenden herrschaftlichen Sphäre existiert und dieser auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ist, sondern Kreatur in der buchstäblichen Bedeutung, dass ohne die herrschaftliche Sphäre ein Markt gar nicht existierte, dass der kommerzielle Austausch im historischen und, wie wir sehen werden, auch und sogar im systematischen Sinne Geschöpf und Hervorbringung des austauschlosen, vom Äquivalenzprinzip freien, weil eine Distribution auf Basis opferkultlicher Enteignung praktizierenden fronwirtschaftlichen Gesellschaftszusammenhanges ist, dessen Typus die frühesten, auf ackerbaulich-handwerklicher Grundlage entstehenden Zivilisationen getreulich repräsentieren.
Damit ist nun aber auch klar, womit wir uns erst einmal befassen müssen, wenn wir einem ernsthaften Verständnis des Werts in seiner vermeintlich so einfachen Funktion als Tauschwert und seiner offenbar so zwangsläufigen Erscheinungsform als allgemeines Äquivalent oder universales Austauschobjekt näher rücken wollen: Befassen müssen wir uns erst einmal mit der Entstehung des auf Äquivalenz bauenden Austausches aus seinem genauen Gegenteil, der auf Expropriation basierenden Zuteilung, und mit der Rolle, die bei dieser heteronomen Genese des kommerziellen Austauschs und seiner zum System entfalteten Form als Markt die als Reichtumssymbol und mithin als von Haus aus der herrschaftlichen Sphäre zugehöriges Phänomen figurierenden Preziosen im allgemeinen und Edelmetalle im besonderen spielen. Und befassen müssen wir uns mit dieser Genese als zugleich und ebenso sehr dem Entstehungsprozess einer die herrschaftliche Sphäre transzendierenden alternativen Gesellschaftsformation, sprich, einem Prozess, dem als Resultat und Setzung jene freie, arbeitsteilige Produzentengemeinschaft entspringt, von der wir ganz im Sinne des in ihr und durch sie hindurch sich rekonstituierenden und reorganisierenden Marktes selbst als von der prinzipiellen Voraussetzung allen kommerziellen Austauschs glaubten unseren Ausgang nehmen zu müssen.
Am Anfang allen kommerziellen Austausches also stehen nicht arbeitsteilige Produzenten, die sich das, was sie per definitionem der Arbeitsteilung nicht produzieren, aber zum Lebensunterhalt brauchen, auf dem Austauschwege beschaffen und nämlich gegen das, was sie produzieren, eintauschen müssen, sondern herrschaftliche Konsumenten, die durch die unter ihrer herrschaftlichen Kontrolle arbeitende, für sie fronende arbeitsteilige Produzentengemeinschaft mit dem Lebensnotwendigen versorgt und zu Teilen oder gelegentlich sogar überversorgt werden und die auf der Basis ihrer ebenso untertänigen wie autarken Gemeinwesen eine vom Austauscherfordernis dispensierte Existenz führen, weil sie über die Distribution der arbeitsteilig erzeugten Güter nach nichtkommerziellen und vielmehr von sozialen Hierarchien, tributären Gefolgschaften oder rituellen Rücksichten bestimmten Prinzipien verfügen können. Die Beschaffenheit des Anfanges der kommerziellen Austauschaktivitäten scheint dabei durch die herrschaftliche Konsumentenrolle vorherbestimmt. Weil die fronwirtschaftlich organisierten Gemeinwesen im Wesentlichen autarke, selbstversorgende Gebilde sind und der theokratische Herr als ihr Hauptnutznießer sich durch die Arbeit seiner Untertanen mit allem Lebensnotwendigen versorgt findet, kann kommerzieller Austausch eigentlich nur in dem Maße stattfinden, wie zusätzliche, nichtlebensnotwendige, sprich, luxurierende Bedürfnisse ins Spiel kommen, zu deren Befriedigung der bedürftige Herr sich an fremde, nicht seinem Herrschaftsgebiet zugehörige Produktionsquellen, kurz, an andere, im Zweifelsfall wie sein eigenes fronwirtschaftlich organisierte Gemeinwesen verwiesen sieht. Und in der Tat nimmt nach allem, was wir historisch wissen, der kommerzielle Austausch seinen Anfang als eine Veranstaltung zur Befriedigung spezieller, herrschaftlicher, nicht der subsistenziellen Not entspringender, sondern auf konsumtiven Genuss gerichteter Bedürfnisse, das heißt, als ein vergleichsweise peripheres Phänomen, bei dem es nicht um grundlegende Lebensmittel und Versorgungsgüter, sondern um Spezereien und Luxusgüter, um kostbare Stoffe, kunsthandwerkliche Erzeugnisse, technische Gerätschaften, Waffen, Delikatessen, Gewürze, Salz eingeschlossen, zu tun ist.
Damit die jeweilige Herrschaft mit Hilfe der Produktion anderer, benachbarter oder auch entferner gelegener Herrschaftsgebiete ihrem konsumtiven Geschmack frönen, ihre ausgefallenen Bedürfnisse befriedigen kann, scheint sie durch ihre eigene Produktion den Herrschaften der anderen Gebiete ähnliche Konsumchancen und ähnliche Bedürfnisbefriedigungsgelegenheiten bieten zu müssen, wie letztere ihr eröffnen. Schließlich scheint ja von Austausch und dem darin implizierten Geben und Nehmen überhaupt nur die Rede sein zu können, wenn für die peripheren Konsumgüter und Bedürfnisbefriedigungsmittel, über die Herrschaft A nicht verfügt und die aber Herrschaft B in genügender Menge erzeugt, um Herrschaft A daran teilhaben zu lassen, Herrschaft A sich ihrerseits mit anderen, ähnlich peripheren Gütern und Befriedigungsmitteln revanchiert, die sie in genügender Menge, sprich, in hinlänglichem Überfluss, erzeugt, um der ihrer bedürftigen Herrschaft B von ihnen abgeben zu können. So gesehen, ist also der kommerzielle Austausch in seinen Anfängen eine periphere, nicht die bäuerliche Subsistenz, sondern den herrschaftlichen Konsum, nicht die Beschaffung von Lebensnotwendigem, sondern die Befriedigung von Luxusbedürfnissen betreffende Erscheinung, für deren Auftreten vorausgesetzt ist, dass zwischen den einzelnen Herrschaften, zwischen denen der Austausch statthat, in bezug auf die Güter, die zum Austausch kommen, ein wechselseitiges, komplementäres Verhältnis relativen Überflusses und relativen Mangels herrscht.
Die genaue Korrespondenz, um nicht zu sagen, prästabilierte Harmonie in der Güterproduktion, die damit als Voraussetzung angenommen wird, macht indes bei näherer Betrachtung zu sehr den Eindruck einer glücklichen Fügung oder, weniger beschönigend gesagt, unwahrscheinlichen Koinzidenz, um sie ernsthaft als Basis für die Entstehung eines auf Grund seines Umfanges und seiner Regelmäßigkeit als Dauerphänomen firmierenden kommerziellen Austausches gelten lassen zu können. Allein schon, dass benachbarte oder auch weiter voneinander entfernte Herrschaften beide über Produkte verfügen, an denen es der jeweils anderen mangelt und die ihnen hinlänglich ins Auge stechen, um sie zum Austausch zu motivieren, ist angesichts des relativ engen räumlichen Zusammenhanges, auf den mangels geeigneter Transportmittel und Transportwege in diesen frühen Zeiten der Austausch beschränkt bleibt, und angesichts des relativ niedrigen Standes der Naturbeherrschung und Produktivkraftentwicklung und der entsprechenden Undifferenziertheit und Gleichartigkeit der Produkte denkbar unwahrscheinlich. Mag selbst auf einem der herrschaftlichen Territorien eine Laune der Geologie, Biologie oder klimatischen Natur oder auch ein Fortschritt in der Produktion dafür sorgen, dass die einen oder anderen Güter erzeugt werden, die andernorts fehlen und dort ein Bedürfnis erregen – dass vergleichbare Launen der Natur oder Fortschritte in der Arbeit auch andernorts zur Erzeugung entsprechend gefragter Güter führen und also der dort residierenden Herrschaft ermöglichen, ihre Nachfrage nach den Gütern der ersteren Herrschaft auf ein für diese attraktives eigenes Angebot zu stützen, ist deshalb noch lange nicht ausgemacht.
Vollends aber unausgemacht ist, ob auf beiden Seiten die im Korrespondenzverhältnis aufeinander bezogenen Güter auch in ausreichender Menge hervorgebracht werden, um über die Deckung des Eigenbedarfs hinaus für einen Austausch überhaupt zur Verfügung zu stehen, und mehr noch, ob diese im Modus des Überflusses auf beiden Seiten produzierten Güter kontinuierlich genug und in hinlänglicher Vielfalt vorhanden sind, um teils die Beständigkeit der Austauschsituation sicherzustellen, teils dafür zu sorgen, dass der qualitative und quantitative Umfang der zum Austausch anstehenden Güter den Aufwand an Zeit und Kraft, den die unentwickelten Transportwege und Transportmittel und die Beschwernisse und Gefahren jeden Ortswechsels in den damaligen, noch mit keiner bürgerlichen Ordnung und Sicherheit gesegneten Zeiten erforderlich machen, dennoch verlohnt.
Fasst man die Konditionen für das Zustandekommen eines kommerziellen Austausches solcherart äquilibristisch-restriktiv, scheint diese Austauschform in der Tat dazu verurteilt, in den Kinderschuhen stecken zu bleiben oder, besser gesagt, als Totgeburt zu enden. Dass kommerzieller Austausch dennoch in Gang kommt und unter den ihm von Haus aus wenig förderlichen Bedingungen fronwirtschaftlicher Aneignung jenes Eigenleben entwickeln kann, das ihn schließlich, wie unsere Gegenwart bezeugt, zum allgegenwärtigen und allverbindlichen Distributionsmodus, zu einem Güterverteilungssystem mit uneingeschränktem Totalitätsanspruch, avancieren lässt, verdankt sich nun aber nichts anderem als den zuvor erwähnten Preziosen im allgemeinen und Edelmetallen im besonderen, die in der herrschaftlichen Sphäre heimisch sind und die dort gleich eingangs aller kommerziellen Austauschtätigkeit und mithin bereits lange, bevor sie sich in der Rolle des allgemeinen Äquivalents, eines für die Totalität der Güter auf dem Markt, für die gesamte Warenansammlung als Transformations- und Abbildungsebene verbindlichen Austauschmediums bewähren, in der Funktion einer allgemeinen Ware, eines eigentümlichen und für alle Güter, die zum Austausch kommen, verfügbaren Kompensationsmittels und Gegenwerts in Erscheinung treten.
Diese ihre Tauglichkeit für die Rolle einer allgemeinen Ware, eines universal anerkannten und deshalb in jedem Austauschakt geltend zu machenden Gegenwerts verdanken die Edelmetalle (um uns in Vorwegnahme späterer Verhältnisse auf sie als die für die Entwicklung des Marktes maßgebenden Wertträger zu konzentrieren und die für die Rolle sonst noch in Frage kommenden Preziosen fortan unter ihnen befasst sein zu lassen) dem oben erwähnten sozialen Prestige, das mit ihnen als mit einem Reichtumssymbol und Unterpfand der Fülle verknüpft ist und das ihren Besitz jeder in der fronwirtschaftlichen Erzeugung von Reichtum und Fülle ihren Existenzgrund findenden Herrschaft zu einem selbstverständlichen Anliegen, einem quasi natürlichen Bedürfnis werden lässt. Wie dieses Bedürfnis nach der symbolischen Vergegenwärtigung des eigenen als Reichtum und Zustand der Fülle ausgewiesenen Status quo und nach dem daran geknüpften sozialen Prestige dafür sorgt, dass die Edelmetalle überall und allzeit Wertschätzung genießen und in jeder herrschaftlichen Hand beziehungsweise Schatzkammer zu finden sind, so garantiert zugleich die besondere Natur dieses auf sie sich richtenden Bedürfnisses, dass ihr ubiquitäres Vorhandensein keinen Einwand dagegen darstellt, dass immer neuer und in der Tat unersättlicher Bedarf an ihnen besteht und also jede Herrschaft, der ein Konsumgut oder Bedürfnisbefriedigungsmittel hinlänglich in die Augen sticht, um der über es verfügenden anderen Herrschaft im Austausch dafür Edelmetall anzubieten, so gut wie sicher sein kann, dass die andere Herrschaft das Angebot annimmt und das Edelmetall als willkommenes Äquivalent zu dem Gut, über das sie verfügt, gelten lässt.
Anders nämlich als die der Befriedigung leiblicher oder geistig-seelischer Bedürfnisse dienenden Güter, sprich, anders als der materiale Reichtum, dessen fronwirtschaftliche Produktion die Herrschaft organisiert, trifft der als soziales Prestigeobjekt gesellschaftlich-funktionale Wert, der als Symbol der Fülle firmierende ideale Reichtum, den die Edelmetalle verkörpern, nicht auf die Grenzen biologischer Sättigung oder psychologischer Aufnahmefähigkeit, sondern ist gemäß der immateriellen Bedürftigkeit und imaginären Geltungssucht, die von ihm zehrt und sich an ihm befriedigt, einer unendlichen Zunahme fähig, ohne dass die Bedürftigkeit nach ihm jemals gestillt ist, die Geltungssucht, die sich an ihn heftet, jemals geringer wird. Mag die Schatzkammer der jeweiligen Herrschaft noch so groß und gut gefüllt sein – selbst wenn sich deren Neigung und Bereitschaft, anderen von den Schätzen mitzuteilen oder verstärkt zu konsumieren, erhöht, das Gefühl, genug zu haben und keiner weiteren Schätze zu bedürfen, wird sich niemals bei ihr einstellen.
Eben diese Unendlichkeit des Bedarfs an ihnen, diese die herrschaftliche Sphäre durchwaltende Disposition, sie im Austausch gegen alle möglichen Gegenstände, denen herrschaftliches Bedürfnis einen Wert beilegt, als jederzeit und unter allen Umständen wertvolles Ding, als dank der universalen Wertschätzung, die sie genießen, garantiert nachgefragten Artikel zu akzeptieren, verleiht nun also den Edelmetallen ihre Eignung, überall da, wo Not am Mann oder vielmehr am Äquivalent und Gegenwert ist, helfend einzuspringen und so dem kommerziellen Austausch über die schier unübersteigbare Hürde einer in diesen frühen Zeiten der Entwicklung der Produktivkraft und der Produktdifferenzierung gar nicht darstellbaren Situation einer äquilibristischen Entsprechung der Angebote und der Nachfragen hinwegzuhelfen. Wo immer in dem einen Herrschaftsgebiet etwas im Überfluss produziert wird, wonach auf Seiten einer anderen Herrschaft ein materielles Bedürfnis, ein leibliches oder seelisch-geistiges Verlangen besteht, entheben die Edelmetalle diese zweite Herrschaft des allen kontinuierlichen beziehungsweise nennenswert umfänglichen Austausch im Ansatz bereits durchkreuzenden Erfordernisses, ihrerseits der ersten Herrschaft etwas Besonderes bieten zu müssen, was bei dieser auf ein korrespondierendes Bedürfnis trifft, indem sie als das universale herrschaftliche Reichtumssymbol, das sie sind und als das sie sich garantiert in den Händen oder in der Schatzkammer dieser zweiten Herrschaft vorfinden, je schon im Sinne eines universalen Gegenwerts, eines bei der ersten wie auch bei jeder anderen Herrschaft garantiert Bedürfnis erregenden und auf Nachfrage stoßenden Austauschpendants par excellence zur Verfügung stehen. Wie Sagen, Berichte und Dokumente aus den Anfängen der zivilisierten Gesellschaften sattsam belegen, sind bei jenen frühen Handelskontakten, die sich häufig von Gesandtschaften zwischen Fürstenhöfen kaum unterscheiden lassen, Beutel Gold, Unzen Silber, Geschmeide, Juwelen und andere Kostbarkeiten als Äquivalent für die Luxusartikel und seltenen Konsumgüter, die von den Besuchern mitgebracht werden, unentbehrlich und ständig wiederkehrendes Phänomen.
Dabei ist allerdings wichtig festzuhalten, dass die Rolle eines ubiquitären Gegenwerts, eines quasi allgemeinen Äquivalents, die in diesen frühen Austauschprozessen die Edelmetalle spielen, noch nichts mit der Funktion des generellen Zahlungsmittels und verbindlichen Austauschmediums zu tun hat, die sie später, im Rahmen eines zum Markt entfalteten Austauschs, als die zum allgemeinen Äquivalent sans phrase avancierte Münze des Marktes, als Geld, übernehmen. Eine Rolle spielen die Edelmetalle also nicht etwa bereits als marktspezifisches Drittes, als ein zwischen den eigentlich interessierenden Gütern des Marktes die für deren Austausch erforderliche Kontinuität und Komparabilität stiftendes besonderes Medium, ein zwischen jenen anderen Gütern bloß vermittelndes katalytisches Ferment, sondern begehrt sind sie durchaus noch um ihrer selbst willen, mit anderen Worten und genauer gesagt, wegen der mit ihnen selbst in der Bedeutung eines sozialen Befriedigungsmittels verknüpften Funktion als Reichtumssymbol. Das heißt, als omnipräsentes Äquivalent bieten sich in diesen frühen Zeiten die Edelmetalle nicht schon als allgemeiner Wertausdruck an, als stellvertretende Darstellungsebene für das, was in den anderen, zum Austausch gebrachten Gütern als die Austauschrelation bestimmende Wertquanten subsistiert, sondern als ein Austauschobjekt unter anderen, ein als solches Wertschätzung findendes und ein bestimmtes Wertquantum verkörperndes Gut, das sich vor den anderen Gütern nur dadurch auszeichnet, dass es wegen der, positiv ausgedrückt, ideellen oder, negativ gefasst, phantasmagorischen Natur des Bedürfnisses, das sich mit ihm verknüpft, des Bedürfnisses nämlich nach herrschaftlicher Ostentation und in ihrer Form genossenem sozialen Prestige, eine ebenso unersättliche Nachfrage erzeugt wie entsprechend ubiquitäre Verbreitung erfährt und sich deshalb jederzeit und allerorten tauglich erweist, sei's als gegen Gut in den Händen anderer, das man selber begehrt, auszutauschender, sei's als gegen Gut in eigener Hand, das andre begehren, einzutauschender Wertgegenstand einzuspringen und das Austauschgeschäft in der einen wie in der anderen Richtung zu ermöglichen.
In diesen Anfangszeiten kommerziellen Austauschs sind also die gleich eingangs als quasi allgemeines Äquivalent ins Spiel kommenden Edelmetalle wenn schon nicht ihrer praktischen Bedeutung und funktionellen Aufgabe, so doch ihrer systematischen Stellung und strukturellen Bestimmung nach bloß erst ein Austauschobjekt unter anderen und unterscheiden sich von den übrigen Austauschobjekten eigentlich nur durch die Natur des Bedürfnisses, das sich auf sie richtet. Während die anderen Austauschobjekte der Befriedigung materieller, leiblicher oder geistig-seelischer Bedürfnisse dienen, ist das Bedürfnis, das die Edelmetalle befriedigen oder vielmehr wegen seiner ebenso unersättlichen wie immateriellen Natur niemals befriedigen, sondern stets nur zu befriedigen versprechen, das ideelle Verlangen nach Bewunderung durch die Mitmenschen, sozialem Prestige.
Und selbst dieser Unterschied, so markant er auf den ersten Blick auch anmuten und so sehr er deshalb auf diesen ersten Blick Anlass zur Verwunderung darüber geben mag, dass Wertobjekte, deren Wertschätzung so verschiedenartigen Bedürfnissen entspringt, deren Wertigkeit mit anderen Worten so qualitativ differente Befriedigungsansprüche verkörpert, sich derart einfach gegeneinander aufrechnen und in irgendeiner Form von Äquivalenzbeziehung miteinander austauschen lassen – selbst dieser Unterschied erweist sich bei genauerem Hinschauen als vergleichsweise geringfügig und macht dem Eindruck einer wenn schon nicht substanziellen Identität, so jedenfalls doch funktionellen Kontinuität beider Bedürfnisse Platz, die in der Tat die auf die Edelmetalle gemünzte Rede vom Austauschobjekt unter anderen ebenso gerechtfertigt wie die zwischen ihnen und den anderen Gütern im Austausch hergestellte Äquivalenzbeziehung in der Sache begründet erscheinen lässt. Schließlich ist ja, wie wir sahen, das als ideell apostrophierte Bedürfnis nach sozialem Prestige insofern aufs engste mit dem Bedürfnis nach materieller Befriedigung verknüpft und in der Tat dessen einfache Konsequenz, um nicht zu sagen, Extension, als die Befriedigung des ersteren die des letzteren zwingend voraussetzt, das Streben nach sozialem Prestige nur überhaupt auf der Grundlage eines bestimmten Standes der Versorgung mit materiellen Gütern seinen Inhalt und Sinn erhält. Ansehen unter den Mitmenschen genießen, auf ihre Bewunderung und Anerkennung Anspruch erheben kann der eine fronwirtschaftliche Reichtumserzeugung organisierende Herr erst, wenn, und in dem Maße, wie ihm nachzuweisen gelingt, dass ihm materielle Güter im Übermaß zu Gebote stehen, er über Subsistenzmittel und Konsumartikel in Hülle und Fülle verfügt – wofür der ebenso zwingende wie simple Grund darin besteht, dass jene in sozialem Prestige resultierende mitmenschliche Bewunderung und Anerkennung nichts anderes ist als emotionale Reaktion auf die Anschauung solchen erzielten Überflusses an materiellen Gütern, nichts anderem gilt als der Erfahrung dieses Zustandes einer allen Mangel tilgenden, alle Lebensnot bannenden Fülle.
Und wie demnach das Streben nach sozialem Prestige aufs engste mit dem Streben nach materiellen Gütern verknüpft ist und nämlich in dessen Erfüllung seine ursächliche Voraussetzung, seinen objektiven Grund hat, so zeigt sich aber auch und mehr noch die Befriedigung dieses Strebens nach sozialem Prestige, eben der Nachweis der in Reichtum resultierenden Erfüllung jenes Strebens nach materiellen Gütern, in vollkommener modaler Kontinuität, um nicht zu sagen, realer Übereinstimmung, mit der Art und Weise, wie das Streben nach materiellen Gütern als solches seine Erfüllung sucht und findet. Besteht der auf die Erringung sozialen Prestiges gerichtete Nachweis vorhandenen Reichtums darin, dass sich die Anstrengung und Kraft der mit dem Nachweis Befassten, ihre menschliche Arbeit, auf die Herstellung und Beschaffung von Preziosen im allgemeinen und Edelmetallen im besonderen, kurz, auf die Produktion und Akquisition dessen konzentriert, was in der gesamten herrschaftlichen Sphäre Anerkennung als Reichtumssymbol, als sinnenfälliger Ausweis der Fülle genießt, so handelt es sich dabei um ein- und dieselbe Kraftübung und Arbeit, die zuvor absolvieren muss, wer mit der Schaffung des Reichtum, mit der Erzeugung der materiellen Fülle selbst beschäftigt ist. Die im Prinzip des dafür erforderlichen Aufwands an physischer Kraft und geistiger Aktivität gleiche Arbeit, die zur Erzeugung der die Lebensnot behebenden materiellen Güter nötig ist, die, sofern in Hülle und Fülle vorhanden, den, der über sie verfügt, zum Herrn über Reichtum machen, ist auch zur Beschaffung der Edelmetalle nötig, die dem Nachweis des Erfolgs jener Gütererzeugung dienen und nämlich dem, der über sie verfügt, attestieren, dass er über materielle Güter in Hülle und Fülle verfügt, Herr über Reichtum ist, dass er sich mit anderen Worten in dem die Bewunderung der Mitmenschen erregenden, sprich, soziales Prestige verleihenden, Zustand aufgehobener Lebensnot befindet.
Was Wunder, dass solch inniger, doppelter Zusammenhang zwischen den Bedürfnissen nach materialer Fülle und nach sozialem Prestige, der nicht nur das letztere als einfache Konsequenz, um nicht zu sagen, unmittelbares Korollar der Befriedigung des ersteren erweist, sondern der mehr noch und vor allem die Mittel zur Befriedigung beider ein- und derselben Quelle entspringen, aus ein- und demselben als menschliche Arbeit bestimmten Erzeugungsprozess hervorgehen lässt, eben diese zwei, bedürfnisspezifisch verschiedenen Arten von Befriedigungsmitteln in einer nicht minder innigen Beziehung zueinander verhält und ihre ebenso problemlose Austauschbarkeit wie umstandslose Vergleichbarkeit garantiert.
Das einzige, was, so gesehen, den materiale Befriedigung gewährenden Reichtum, die reellen Güter, von der soziales Prestige bedeutenden Ostentation dieses Reichtums, den Idealität verkörpernden Edelmetallen, trennt, ist die unterschiedliche Funktion der in die beiden Arten von Befriedigungsmitteln jeweils investierten Arbeit, ist dies, dass im ersteren Falle die Arbeit wirklich für den aus reellen Gütern bestehenden Zustand der Fülle und die durch diese Güter verschaffte leiblich-seelische Befriedigung aufgewandt wird, in letzterem Falle hingegen nur für eine in den Edelmetallen bestehende ideelle Vergegenwärtigung eben jenes Zustands der Fülle und die darin gewährte soziale Genugtuung gebraucht wird, wobei – und das eben ist der Witz bei der Sache, die Reduktion des ganzen Unterschieds auf eine funktionelle Differenz – diese ideelle Vergegenwärtigung des Zustands der Fülle in den Edelmetallen, unbeschadet der den letzteren eigenen sekundären Genussmomente psychologischer, ästhetischer oder sonstiger Art, die dafür sorgen, dass die symbolische Ostentation überhaupt auf sie als geeignete Vergegenwärtigungsmittel verfällt, sich in der Hauptsache und primär in reiner Negativität erschöpft und nämlich bloß darin besteht, dass die Edelmetalle zu dem Zustand der Fülle, den sie ostentieren, eben gerade nichts beitragen, dass sich mit anderen Worten die in sie investierte Arbeit, so wahr sie in sie investiert wird, als dank des erreichten Zustands der Fülle überholte, in ihrer Notwendigkeit entbehrlich, ihrer lebensnotspezifischen Unabdingbarkeit überflüssig gewordene Anstrengung und Übung unter Beweis stellt.
Was die Edelmetalle, die doch gerade so gut Ergebnis realer Anstrengung und konkreter Arbeit sind wie andere, zum Lebensunterhalt, zur Erhaltung und Ausgestaltung des Lebens nötige Güter, als Reichtumssymbol, als reflexiv-indirekten, ideellen Nachweis eines qua Reichtum eingetretenen Zustands Prestige verleihender Fülle, empfiehlt, ist also dies Negative, dass die für sie aufgewandte Arbeit, weil und insofern sie für sie, statt für subsistenzielle oder konsumtive Güter aufgewandt wird, als in ihnen, den Edelmetallen, aufgehobene Arbeit erscheint, sprich, als ostentatives Zeichen dafür genommen wird, dass die Lebensnot behoben ist und die zur Behebung der Lebensnot erforderliche körperliche Labor und geistige Mühe, die wir Arbeit nennen, aufgehört hat, eine um der Erhaltung des Lebens willen reale Funktion und soziale Notwendigkeit zu sein. Dass Arbeit in die Herstellung oder Beschaffung von Edelmetallen investiert werden kann, gilt als ostentativer Beweis dafür, dass nicht mehr für den Erhalt des Lebens gearbeitet werden muss und dass also der Kampf mit der Lebensnot, den Arbeit bedeutet, passé, die nicht enden wollende Anstrengung und Plackerei, die nötig ist, um die erforderlichen Mittel und Kräfte für nichts weiter als für neuerliche Anstrengung und Plackerei zu gewinnen, vielmehr doch ein Ende gefunden hat und nämlich im Reichtum als einem allen Mangels überhebenden Füllhorn, einer frei von Arbeit ergiebigen Ressource, einer ohne subjektives Zutun sprudelnden Quelle von Kraft ein- für allemal suspendiert, aufgehoben ist.