Bürgerliche Machtergreifung: Von der Revolution zur Militärdiktatur
Die revolutionären Ideen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, mittels deren die vorrevolutionäre bürgerliche Intelligenz den Schulterschluss zwischen bürgerlichem Mittelstand und lohnarbeitendem Volk herbeiführt, vertragen sich nicht mit dem die bürgerliche Gesellschaft bestimmenden Kapitalisierungsprozess. Dennoch werden sie vom Bürgertum hochgehalten, weil sie nicht zwar als revolutionäre Vergesellschaftungsprinzipien, wohl aber als zivile Sozialisierungsnormen den der kapitalistischen Formierung der Gesellschaft förderlichen Unifizierungs-, Egalisierungs- und Homogenisierungsprozess voranzutreiben erlauben, den bereits die absolutistische Herrschaft in Gang gesetzt hat.
Die etatistisch verfehlte, auf Geldentwertung und Schuldenmacherei gegründete oder vielmehr bodenlos bauende Finanzpolitik der um jeden Preis ihren repräsentativen Lebensstil und demonstrativen Konsum aufrechtzuerhalten bemühten absolutistischen Herrschaft ruft den gesammelten Widerstand der Hauptleidtragenden dieser Politik, des bürgerlichen Mittelstands und des lohnarbeitenden Volks, hervor, der sich kraft seiner Gesammeltheit, kraft des Schulterschlusses zwischen Bürgertum und Volk, den die bürgerliche Intelligenz, allen Klassenunterschieden oder ökonomischen Widersprüchen zum Trotz, per Aufklärung herbeizuführen versteht, als revolutionäre Bewegung herausstellt und nämlich auf einen veritablen Umsturz der bestehenden ständischen Ordnung und politischen Verfassung hinausläuft.
Indem sich aus dem von der absolutistischen Herrschaft in ihrer finanziellen Not nach langer Zeit erstmals wieder einberufenen ständischen Parlament, den Generalständen, die Repräsentanten des dritten, bürgerlichen Standes segregieren und als Nationalversammlung konstituieren und indem sich dank des politischen Drucks, den der bewaffnete Arm des bürgerlichen Mittelstands, das im Sturm auf die Bastille seine Gewaltbereitschaft ebenso handgreiflich wie symbolträchtig unter Beweis stellende Volk, erzeugt, der König zur Anerkennung der Nationalversammlung als Constituante oder gesetzgebenden Organs, als höchster staatlicher Instanz, gezwungen sieht, ist der nach Maßgabe der hierbei statthabenden Ersetzung des herrschaftlichen durch einen bürgerlichen Souverän oder – um die erwähnte, weniger dialektische als metaphorische Figur noch einmal zu zitieren – des Herrn durch den Knecht als Umsturz oder Revolution erscheinende grundlegende Machtwechsel vollzogen. Die im neuen Parlament versammelten Repräsentanten des bürgerlichen Mittelstands ergreifen politisch oder de jure die Macht im Staat, die sie bürokratisch oder de facto bereits ausüben: Die beiden zentralen Staatsfunktionen, die politische Normensetzung und die finanzpolitische Verfügung, die Funktion der Gesetzgebung und die Aufstellung und Verteilung des Staatshaushalts übernehmend, entmachten sie die absolutistische Herrschaft und beerben beziehungsweise ersetzen sie.
Der bürgerliche Mittelstand, die neue, maßgebende Macht im Staat, hat erreicht, was anzustreben er sich angesichts der das gesellschaftliche Commonwealth bedrohenden politischen Willkür und finanzpolitischen Unverantwortlichkeit der absolutistischen Herrschaft förmlich getrieben sah, die Entscheidungsgewalt über die politischen Organisationsformen der Gesellschaft und die Verfügungsmacht über ihre ökonomischen Rahmenbedingungen, und könnte sich damit eigentlich zufrieden geben. Er könnte sich ein Beispiel am politisch-ökonomisch so erfolgreichen Nachbarn England nehmen und mit der niedergeschlagenen absolutistischen Herrschaft, deren Einlenken und Nachgeben, ihren formellen Souveränitäts- und reellen Machtverzicht honorierend, Frieden machen, könnte ihr gar, wie die erfolgreichen Nachbarn das tun, um eine alle Umwälzungen überdauernde Stabilität des Staatsgefüges und Kontinuität der Staatsordnung zu suggerieren, einen mehr oder minder bescheidenen Platz im Staatsapparat beziehungsweise an dessen krönender Spitze belassen beziehungsweise neu einräumen, könnte mit anderen Worten der absolutistischen Herrschaft als vom wahren Souverän, dem bürgerlichen Parlament, in Dienst genommener traditionsgeheiligter Galionsfigur des Staatsschiffs beziehungsweise Symbolfigur des Gemeinwesens – strengem diplomatischem Zeremoniell unterworfene – repräsentative Pflichten übertragen oder gar sie mit – strikter parlamentarischer Kontrolle unterstellten – exekutiven Aufgaben betrauen.
Der bürgerliche Mittelstand könnte eine von Berechnung – jener Berechnung, die auf Stabilität der Verhältnisse und Kontinuität der Ordnung zielt – nicht unbedingt freie Großmut beweisen und die als Souverän, als personale Staatsmacht abgedankte absolutistische Herrschaft als Staatsdiener, als funktionales Glied des Staatskörpers, in Gnaden oder auch aus Kalkül wiederaufnehmen, da er das, was er weniger um der Erlangung seiner politischen Handlungsfreiheit als um der Sicherung seiner ökonomischen Existenz willen hat erreichen müssen, die direkte und durch keine herrschaftliche Willkür und Verantwortungslosigkeit mehr gestörte Kommunikation beziehungsweise Kollaboration zwischen dem von ihm verwalteten institutionellen Staatsapparat und dem vom kapitalen Subjekt betriebenen kommerziellen Produktionsapparat, tatsächlich ja erreicht hat. So gewiss er der Herrschaft den Schneid ihres Absolutismus abgekauft und sich durch den parlamentarischen Triumph seiner Vertreter vom bloß bürokratischen Verwalter zum mehr noch politischen Beschließer beziehungsweise finanzpolitischen Verweser des Gemeinwesens aufgeschwungen hat, so gewiss ist er jetzt der unmittelbare politische Kontrahent des als die ökonomische Macht firmierenden kapitalen Subjekts und sind im Prinzip seine im Staatsapparat als Minister und Beamte etablierten Kontingente politisch nicht weniger direkte Repräsentanten beziehungsweise bevollmächtigte Agenten des letzteren, als es seine im Produktionsapparat und Marktsystem als Prokuristen und Angestellte engagierten Kohorten ökonomisch sind – weshalb ihm, dem hiermit an beiden Fronten, der politischen ebenso wie der ökonomischen, an die Macht, die das kapitale Subjekt verleiht, gelangten bürgerlichen Mittelstand, kein Zacken aus der Krone fiele oder, weniger bildbrüchig gesagt, kein Nachteil entstünde, sondern höchstens zum besagten Vorteil suggestiver Stabilität und demonstrativer Kontinuität gereichte, wenn er die alte Herrschaft in das bürgerliche Regime integrierte und als Verkünderin seiner in ihrer Herrlichkeit gespiegelten neuen Macht in Dienst nähme, sprich, nach dem Vorbild des insularen Nachbarn den bürgerlich verfassten Staat als konstitutionelle Monarchie inszenierte.
Er könnte so verfahren und würde das wohl auch und sogar liebend gern, käme ihm da nicht die ideologische Hypothek seiner im revolutionären Avancement durchgesetzten politischen Machtergreifung in die Quere. Wie gezeigt, erreicht der bürgerliche Mittelstand den für den Erfolg seiner Revolution ausschlaggebenden Schulterschluss mit deren bewaffnetem Arm, dem eigentlich ja im politisch-ökonomisch entgegengesetzten Lager stehenden lohnarbeitenden Volk, durch die von der bürgerlichen Intelligenz, seinem Sprachrohr, geübte und von aller politischen Ökonomie abstrahierende, rein politisch-historisch gefasste Kritik am Unfreiheit bedeutenden Despotismus, Ungleichheit bewirkenden Aristokratismus und Asozialität verbreitenden Egoismus der absolutistischen Herrschaft und ihrer ständischen Klientel und durch das in dieser Kritik implizierte programmatische Versprechen einer mittels Absetzung der absolutistischen Herrschaft und Entmachtung ihres ständischen Anhangs herstellbaren allgemeinen, die gesamte Gesellschaft als bürgerliche Lebensgemeinschaft erweisenden personalen Freiheit, sozialen Gleichheit und kommunalen Brüderlichkeit. Nun, da die Entmachtung fait accompli ist, steht dieses im Kampfeseifer konzipierte Programm und gegebene Versprechen im Raum und harrt seiner Einlösung.
Unter den gegebenen ökonomischen Verhältnissen, deren gegen das Schindluder, das die absolutistischen Herrschaft mit ihnen treibt, durchgesetzte Erhaltung, Festigung und weitere Entfaltung ja, was die Motivlage des bürgerlichen Mittelstands angeht, einen wesentlichen, wo nicht gar den entscheidenden Grund für dessen revolutionäre Insubordination bildet, ist eine Realisierung jenes politischen Programms völlig ausgeschlossen, die Einlösung jenes reformatorischen Versprechens ein Ding der Unmöglichkeit. Personale Freiheit ist schlechterdings nicht oder nur in einem nach Maßgabe seiner Abstraktheit und Inhaltsleere nichtig-formellen Sinne vereinbar mit den objektiven Zwängen und der realen Abhängigkeit, die das Lohnarbeitsverhältnis stiftet, ebenso wenig, wie sich soziale Gleichheit mit der im Lohnarbeitsverhältnis implizierten privativen Ungleichverteilung gesellschaftlicher Ressourcen und kommunale Brüderlichkeit mit dem kapitalen Imperativ, dem die Verwendung der gesellschaftlichen Ressourcen unterliegt, sprich, dem akkumulativen Verwertungsprinzip, vertragen.
Nachdem die Entmachtung der absolutistischen Herrschaft erreicht ist, hat der bürgerliche Mittelstand auch gar nicht mehr das Bedürfnis, geschweige denn die Absicht, sich mit der Verfolgung jenes revolutionären Programms zu befassen und um die Erfüllung jenes visionären Versprechens zu kümmern. Auch wenn er im Elan der revolutionären Bewegung – deren Gemeinsamkeit zwischen den nichtständischen Klassen stiftende – Schlagworte und Beschwörungen zu Teilen selber im Munde geführt und gar geglaubt haben mag, auf den Boden der nachrevolutionären Tatsachen zurückgekehrt, kann er darin nurmehr Hohlformen und abstrakte Ideen erkennen, die weder geeignet sind noch das Recht haben, der konkreten Praxis der Gesellschaft, ihrer bestehenden Ökonomie, in die Quere zu kommen, sprich, bestimmenden und verändernden Einfluss auf die Mechanismen und Funktionsweisen der von der kapitalistischen Akkumulation beherrschten gesellschaftlichen Reproduktion, des mittels privativer Verfügung über die gesellschaftlichen Ressourcen beziehungsweise den Produktionsapparat, der sie nutzbar macht, wirksamen Verwertungszwangs zu nehmen.
Nicht etwa, dass der bürgerliche Mittelstand bereit oder willens wäre, jene abstrakt politischen Ideen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu widerrufen und abzudanken. Tatsächlich verleiht letzteren eben diese ihre politische Abstraktheit und Pauschalität eine über die initiativ-ideologische Rolle, die sie beim Schulterschluss zwischen Bürgertum und Volk, bei der zur revolutionären Bewegung dynamisierten Frontstellung gegen die absolutistische Herrschaft spielen, weit hinausgehende regulativ-praktische Bedeutung für die Ökonomie der sich kraft Revolution als bürgerliche reorganisierenden Gesellschaft, sprich, für das ungehinderte Funktionieren und die freie Entfaltung des kapitalistisch verfassten Marktsystems und Produktionsapparats.
So sehr sich jene bürgerlich revolutionären Prinzipien nämlich in ihrer Rolle als ideologische Sammlungsparolen primär gegen die überkommene ständische Ordnung, gegen die in der traditionellen Herrschaftsstruktur gründenden Eigenmächtigkeiten, Anmaßungen und selbstsüchtigen Verhaltensweisen derer richten, die dank genealogischer Abstammung oder dynastischer Auszeichnung einen privilegierten Status genießen, so sehr bewähren sie sich eben wegen ihrer Abstraktheit und Pauschalität auch darüber hinaus als praktische Sozialisierungsnormen und taugen mit anderen Worten dazu, allen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zwischen den Einzelnen anzutreffenden personalen Qualifikationen und sozialen Unterschieden biologischer Natur, historischen Ursprungs und ethnischer, familiärer, habitueller, konfessioneller oder kultureller Herkunft die Bedeutung von für das Zusammenleben und Funktionieren der Betreffenden maßgebenden oder es modifizierenden Bestimmungen streitig zu machen beziehungsweise zu verschlagen.
Als alle biographische Spezifizierung und soziographische Differenzierung der Einzelnen für im Blick gleichermaßen auf deren politische Stellung und ökonomische Funktion in der bürgerlichen Gesellschaft unerheblich, gleichgültig und vernachlässigenswert erklärende Assoziations- und Organisationsprinzipien setzen mit anderen Worten in der verallgemeinerten Form einer der bürgerlichen Gesamtgesellschaft imperativisch innervierten Grundstruktur die Ideen der bürgerlichen Revolution genau den Unifizierungs-, Egalisierungs- und Homogenisierungsprozess fort, den zuvor, in actu des über die Gesamtheit der nichtständischen Untertanen diktatorisch verhängten Ausnahmezustands, die ihrem ökonomischen Kompagnon, dem kapitalen Subjekt, zur Hand gehende absolutistische Herrschaft betrieb. Und sie setzen den Prozess ungleich durchgreifender fort, als jene das tat.
Gemäß der mit ihrer revolutionären Einführung und Inkraftsetzung vollzogenen Substitution herrschaftlich äußeren Zwangs und gebieterischer Sanktion durch eine gesellschaftlich-innere Verbindlichkeit und quasi konstitutionelle Notwendigkeit sorgen jene Prinzipien im parallel dazu an die Stelle des Habitus gouvernemental-dekretorischer Instruktion tretenden Duktus prozedural-juridischer Judikation weit effektiver, als die von ständischen Rücksichten, persönlicher Willkür und menschlichen Schwächen beeinflusste Herrschaft das konnte, für die Beseitigung aller der Unifizierung, Egalisierung und Homogenisierung der Mitglieder der Gesellschaft im Wege stehenden personalen Ecken und sozialen Kanten, sprich, für die Eliminierung, Modifizierung oder Neutralisierung aller individuellen, korporativen, ethnischen, kulturellen, konfessionellen, habituellen oder sonstigen Eigenheiten und Reserven des Einzelnen, die diesen in der Wahrnehmung und Ausübung der Funktionen, die ihm im Rahmen der vom kapitalistischen Verwertungsprinzip reorganisierten gesellschaftlichen Reproduktion zufallen, stören oder behindern beziehungsweise zu einer Störung oder Beeinträchtigung der Funktionalität seiner Mitbürger führen könnten.
Wohlgemerkt, beseitigt werden müssen jene der Biologie, Biographie, Geschichte, Tradition oder Gewohnheit geschuldeten Eigenheiten und Reserven nur, falls und soweit sie ein ernsthaftes Hindernis oder Hemmnis für den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess bilden; in anderen Fällen genügt es, sie an die Konditionen und Erfordernisse des Prozesses anzupassen, und in wieder anderen Fällen kommen sie dem Prozess so wenig in die Quere, dass sie tolerierbar sind und als idiosynkratische Merkmale oder spezifische Verhaltensformen der besonderen Person oder der partikularen Gruppe unangetastet bleiben. Und beseitigt oder angepasst oder durch Neutralisierung um ihre Wirkung auf den vom kapitalen Verwertungsprinzip gesteuerten Gesellschaftsprozess gebracht werden sie auch nicht alle ad hoc oder zur gleichen Zeit, sondern nur und erst dann, wenn der Prozess sie als seinen Fortgang störend oder seine Entwicklung hemmend erweist, wie sich am Schicksal religiöser Observanzen oder ziviler Lebensführungsgewohnheiten geradeso gut wie an der Geschichte der Ungleichbehandlung der Geschlechter oder der Rassendiskriminierung illustrieren lässt.
Von der Unifizierung, Egalisierung und Homogenisierung durch die Sozialisierungsnormen ausgenommen bleibt das Privateigentum, weil es ebenso sehr die empirische Grundlage wie die historische Voraussetzung des Kapitalisierungsprozesses bildet. Dass das Privateigentum pauschal dem Geltungsbereich jener Sozialisierungsnormen entzogen bleibt, obwohl es doch nur als produktives, nicht als possessives die Voraussetzung und die Basis für den Kapitalisierungsprozess abgibt, erklärt sich sowohl aus der empirischen Schwierigkeit, beide Formen von Privateigentum auseinander zu halten, als auch und vor allem aus dem systematischen Schein von Gleichbehandlung, der dadurch erzeugt wird und der die Sonderbehandlung, die das Privateigentum wegen seiner Bedeutung für den Kapitalisierungsprozess erfährt, zu kaschieren taugt.
Nicht genug damit aber, dass die Sozialisierungsnormen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit dazu taugen, die vom Absolutismus initiierte Unifizierung, Egalisierung und Homogenisierung der mittels und nach Maßgabe des Produktionsapparats und Marktsystems des kapitalen Subjekts reorganisierten Gesellschaft fortzusetzen und weiter voranzutreiben, sie treten auch in einem anderen, entscheidenden Punkte in die Fußstapfen der absolutistischen Herrschaft und wahren in sogar noch wesentlich verstärkter Form deren Strategie – im Punkte nämlich der fundamentalen Ausnahme von sich selbst, die sie machen beziehungsweise zulassen.
So gewiss nämlich jene Sozialisierungsnormen alle naturwüchsigen beziehungsweise historisch gewordenen, kurz, empirisch gegebenen personalen Eigenheiten und sozialen Besonderheiten der in der Gesellschaft befassten Individuen und Gruppen früher oder später auf den Prüfstand ihrer Tauglichkeit für oder jedenfalls Tolerierbarkeit durch das kapitalistische Reproduktionssystem stellen, so gewiss bleibt von dieser systematischen Prüfung und Entscheidung eine empirisch gegebene, sprich, nicht weniger als alle anderen der Kontingenz der Natur, Kultur und Geschichte geschuldete Eigenheit und Besonderheit ausgenommen – das materiale Eigentum oder reale Vermögen der Betreffenden. So gewiss sich alle die empirische Person selbst sei's als Individuum, sei's als Gruppenmitglied unterscheidenden und bestimmenden Faktoren früher oder später dem nicht mehr gouvernemental-instruktiv, sondern prozedural-judikativ verfahrenden Gericht jener Normen stellen und in Sachen Vereinbarkeit mit der von letzteren verfügten Identität, Egalität und Homogenität beurteilen, sprich, refutieren, sanktionieren oder exkulpieren lassen müssen, so gewiss wird dabei an jene personale Eigenheit, die sein materiales Eigentum darstellt, nicht gerührt, geschweige denn gerüttelt, bleibt jene soziale Besonderheit, die in seinem realen Vermögen besteht, unangetastet und von aller sozialnormativen Kontrolle ausgenommen.
Was der Betreffende an sächlichen Mitteln oder irdischen Gütern sei's von Haus aus mitbringt, sei's im Laufe seines Lebens erwirbt und in seinen Besitz bringt, wird als sein privates Eigentum, als ihm eigenes sächliches Vermögen in dem attributivischen Wortsinne anerkannt und gelten gelassen, dass es der Prüfung seiner Vereinbarkeit mit den Sozialisierungsnormen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit von vornherein privativ entzogen, als dem Betreffenden zustehendes Faktum, als einzig und allein seine Sache, von jeglichen Unifizierungs-, Egalisierungs- und Homogenisierungsansprüchen grundsätzlich verschont bleibt.
Der Grund für diese krasse Ausnahmeregelung ist unschwer erkennbar: Es ist die Tatsache, dass sächliches Eigentum in persönlicher Verfügung, dingliches Vermögen in privater Hand bis in die Gegenwart hinein ebenso sehr die empirische Grundlage wie die historische Voraussetzung jeglicher im weiteren Sinne kapitalistischen und sei's als kommerzielles Akkumulationsverfahren implementierten, sei's mehr noch als industrieller Verwertungsprozess organisierten Reichtumsbildung darstellt. Ohne persönliche Verfügung über beziehungsweise privaten Eigentumsanspruch auf gesellschaftliche Ressourcen sei's in Gestalt materialer Güter, sei's in Form pekuniären Äquivalents käme, historisch betrachtet, jene Akkumulations- oder Verwertungsstrategie, die die Ressourcen, statt sie als Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen zu gebrauchen, vielmehr als selbstbezüglichen Wert, sprich, als Mittel zur erweiterten Reproduktion ihrer selbst in dieser ihrer zum Selbstzweck erhobenen Mittelfunktion nutzt, ebenso wenig zum Zuge wie sie sich, empirisch gesehen, lange genug halten und hinlänglich erfolgreich erweisen könnte, um sich als für die gesamte gesellschaftliche Reproduktion ebenso grundlegende wie maßgebende Methode der Gütererzeugung durchzusetzen.
So wahr systematisch-logisch die vom kommerziellen Akkumulations- beziehungsweise industriellen Verwertungsprinzip beherrschte Ökonomie von Anfang ihrer Entstehung an als ein seinen Motor in sich tragendes und insofern eigengetriebenes Unterfangen, eine Art Selbstläufer oder perpetuum mobile firmiert, so wahr zeigt sich historisch-empirisch diese Ökonomie aber auch seit ihrer Entstehung angewiesen auf und gebunden an das Engagement von Subjekten, die sie sich in Verfolgung sozialer Ambitionen beziehungsweise politischer Aspirationen, sprich, im Streben nach gesellschaftlichem Renommee beziehungsweise herrschaftlicher Autonomie, zu eigen machen und die ihnen verfügbare Materialität, die in ihrer Hand befindlichen Ressourcen in ihren Dienst stellen, ihrem Mechanismus überantworten, will heißen, in objektiver Konsequenz ihres subjektiven Strebens nach sozialem Ansehen und politischem Einfluss dieser Ökonomie den für ihren logisch-systematischen Automatismus nötigen Treib- oder Brennstoff zuführen und einspeisen.
Solange diese Ökonomie, die aufs Prinzip kommerzieller beziehungsweise industrieller Verwertung gegründete Aus- und Einrichtung der gesellschaftlichen Reproduktion, sich noch nicht als nach Maßgabe seiner Unausweichlichkeit verbindlicher Modus gesellschaftlichen Wirtschaftens durchgesetzt, sprich, zum alle gesellschaftlichen Bereiche erfassenden und durchdringenden kapitalistischen, jede materiale Herstellungs- und reale Versorgungsleistung wesentlich nur als kapitalen Wertschöpfungsakt gelten lassenden Produktions- und Distributionssystem entfaltet hat, bleibt jene nicht oder jedenfalls nicht in letzter Instanz ökonomisch, sondern sozial beziehungsweise politisch motivierte privateigentümliche Initiative, jene Bereitschaft einzelner Personen, unternehmender Individuen, ihr naturwüchsig ererbtes, lebensgeschichtlich erworbenes oder im sozialen Kampf erobertes persönliches Vermögen in den Dienst solcher Wertschöpfung zu stellen, unabdingbar für deren Erfolg und Avancement. Ohne solche anders als bloß ökonomisch motivierte privateigentümliche Initiative, solchen gesellschaftspolitisch überdeterminierten Einsatz persönlichen Vermögens hätte die Ökonomie kommerzieller beziehungsweise industrieller Verwertung nicht die geringste Chance, sich gegen die traditionellen Organisationsweisen der gesellschaftlichen Reproduktion, zumal gegen die herrschaftliche, auf eine unmittelbare Erzeugung von materialem Reichtum, die zugleich den Erzeugern die Subsistenz gewährt, abgestellte Form des Wirtschaftens zu behaupten, geschweige denn, dass sie den langen Atem bewiese, jenem traditionellen, herrschaftlichen Reproduktionszusammenhang, aus dem sie ja selber einst hervorgegangen ist und sich in einem vielhundertjährigen Prozess mühsam herausgearbeitet hat, den Rang abzulaufen und ihn am Ende gar zu verdrängen und zu ersetzen.
Erst, wenn diese im kapitalen Wert und seiner Vermehrung statt im materialen Reichtum und seiner Verwendung ihr Telos, ihren letzten Bezugs- und vielmehr Fluchtpunkt findende Ökonomie sich vollständig zur Geltung gebracht, sprich, zur Grundstruktur aller gesellschaftlichen Reproduktion entfaltet hat, kann jene als gleichermaßen ihre historische Voraussetzung und empirische Grundlage firmierende privateigentümliche Verfügung und Investition persönlichen Vermögens entbehrlich werden, weil dann die gesamte, in ihrer Subsistenz von der kapitalistischen Ökonomie abhängige Gesellschaft, weil alle auf ihr Funktionieren angewiesenen Gruppen der Gesellschaft gemeinsam und, allen sonstigen sozialen Divergenzen und politischen Konflikten zum Trotz, einmütig darauf dringen, dass sämtliche vorhandenen gesellschaftlichen Ressourcen ihr zu Gebote stehen, und die volonté générale, den Staat, bevollmächtigen und sogar antreiben, diesen uneingeschränkten Zugriff des Kapitals auf die gesellschaftlichen Ressourcen notfalls auch gegen den Vorbehalt einzelner Eigentümer, gegen den Widerstand persönlich Vermögender und also unter Einschränkung oder gar Außerkraftsetzung der bis dahin garantierten Verfügung des Einzelnen über sein materiales Eigentum und des sanktionierten Rechts der Person auf ihr reales Vermögen durchzusetzen.
Solche Aufhebung des wegen seiner historisch ebenso ausschlaggebenden wie empirisch grundlegenden Bedeutung für die kapitalistische Entwicklung von der bürgerlichen Gesellschaft bis dahin für unantastbar und in der Tat sakrosankt erklärten Privateigentums und persönlichen Vermögens, eine Aufhebung, die in Krisenzeiten die Form einer faschistischen Ermächtigung des Staats und unter Bedingungen demokratischer Normalität die Gestalt einer unter dem Etikett der sozialen Marktwirtschaft staatlich vermittelten Kollaboration der am Kapitalprozess beteiligten und ihn tragenden Interessengruppen annimmt – sie liegt freilich zu dem Zeitpunkt, den unsere historische Rekapitulation erreicht hat, zum Zeitpunkt der bürgerlichen Machtergreifung und Abschaffung der absolutistischen Herrschaft, noch in denkbar weiter Ferne und ist noch eine praktisch unvorstellbare Option.
Nach wie vor und tatsächlich mehr denn je, weil nämlich der Störfaktor absolutistischer Willkür und herrschaftlicher Selbstsucht endlich beseitigt und dank des Triumphs der mittelständisch-bürgerlichen Kapitalklientel der Staat als zuverlässiger politischer Adjutant des Kapitals und bei allem Eigennutz von Selbstherrlichkeit oder Selbstsucht freier Sekundant seiner weiteren Entwicklung etabliert und im gesetzgebenden Organ der bürgerlichen Gesellschaft, in der Nationalversammlung, Wirklichkeit geworden ist – mehr denn je also braucht es zu jenem Zeitpunkt das als factum brutum genealogischer Naturwüchsigkeit, historischer Kontingenz oder biographischer Fügung gegebene private Eigentum Einzelner und persönliche Vermögen des individuellen Bürgers, um als Treib- und Brennstoff des kapitalen Verwertungsprozesses diese seine weitere Entwicklung zu implementieren und mit durch atavistisch-absolutistische Rücksichten unbehinderter Zielstrebigkeit voranzutreiben.
Und mehr denn je ist es deshalb auch vonnöten, das private Eigentum und persönliche Vermögen von jenen Sozialisierungsnormen der personalen Freiheit, sozialen Gleichheit und kommunalen Brüderlichkeit auszunehmen, sie deren unifizierendem, egalisierendem und homogenisierenden Zugriff und Gericht zu entziehen. Würden die Normen diesem factum brutum des gesellschaftlichen Status quo gegenüber zur Geltung und zum Tragen gebracht, sie könnten gar nicht verfehlen, die ihnen stracks widerstreitenden, um nicht zu sagen ins Gesicht schlagenden Folgen, die es für das personale Verhalten der Individuen, ihre soziale Stellung und ihren kommunalen Umgang miteinander hat, ins Blickfeld zu rücken, anzuprangern und zu verurteilen und damit denn aber die fortdauernd-empirische Grundlage nicht weniger als definitiv-historische Voraussetzung eben des Prozesses einer Kapitalisierung der gesellschaftlichen Reproduktion in Frage und zur Disposition zu stellen, den ebenso sehr praktisch zu befördern wie ideologisch zu rechtfertigen, sie doch überhaupt nur erfunden und ex cathedra ihrer abstrakt normativen Funktion gehalten sind.
Egal, ob sie initiativ-ideologisch gebraucht werden, um den revolutionären Schulterschluss zwischen bürgerlichem Mittelstand und breiter Volksmasse herbeizuführen, oder ob sie des Weiteren konstitutiv-praktisch dazu dienen, das vom Absolutismus begonnene Werk der personellen, sozialen und kulturellen Vereinheitlichung, Einebnung und Gleichschaltung der Gesellschaft voranzutreiben, so oder so erfüllen sie jedenfalls den Zweck, die Mitglieder der Gesellschaft für die Anforderungen des kommerziellen Marktsystems und industriellen Produktionsapparats bereit und geschickt zu machen, kurz, dem kapitalistischen Verwertungsprozess Bahn zu brechen und den Boden zu bereiten. Dieser Verwertungsprozess aber gründet, wie gesagt, im Privateigentum und persönlichen Vermögen, steht und fällt damit, dass einzelne Mitglieder der Gesellschaft ihr von Haus aus mitgebrachtes materiales Eigentum, ihr naturwüchsig-empirisch gegebenes reales Vermögen, sprich, gesellschaftliche Ressourcen, die genealogische, historische oder biographische Kontingenz in ihre Hand und Verfügung hat gelangen lassen, dem Prozess als seine sächliche Basis zur Verfügung stellen, als Treib- und Brennstoff in ihn investieren, kurz, als Kapital einsetzen.
Wenn nun jene auf die Ausgleichung von Unterschieden, die Anpassung von Sperrigem, die Ausmerzung von Abweichungen, die Neutralisierung von Heteronomem gerichteten Sozialisierungsnormen über die Geltung, die sie hinsichtlich personaler Eigenheiten, sozialer Besonderheiten oder kultureller Idiomata beanspruchen, hinaus Anwendung auch auf diese materialen Determinanten und realen Befindlichkeiten des Einzelnen fänden und Ungleichverteilungen des Eigentums, Vermögensunterschiede als ihnen widerstreitende oder jedenfalls ihre kritische Prüfung herausfordernde Bedingungen des gesellschaftlichen Daseins aufs Korn nähmen, würden sie sich da nicht in den intentionalen Konflikt verstricken, das in Frage zu stellen oder gar als unhaltbar zu verwerfen, was, weil es gleichermaßen die historische Voraussetzung und empirische Grundlage jenes ihnen als Tätigkeitsfeld und Geltungsbereich zugewiesenen kapitalen Verwertungsprozesses bildet, auch und ebenso sehr ihre eigene Existenz fundiert, die Basis ist, die ihnen selbst das Bestehen sichert?
So gewiss die auf Unifizierung, Egalisierung und Homogenisierung des Staatsbürgercorpus zielenden Prinzipien, die die absolutistische Herrschaft aus der Taufe hebt und die als generalisierte und nämlich auch und nicht zuletzt gegen die Zwänge, den Standesdünkel und den Separatismus der absolutistischen Herrschaft selbst gerichtete Losungen die revolutionäre Bewegung übernimmt und auf ihre Fahnen schreibt, Ausgeburten oder Kreationen des um seiner freien Entfaltung, seines ungestörten Funktionierens willen auf Befreiung von korporativen Bindungen, statusbedingten Privilegien und gemeinschaftsspezifischen Rücksichten dringenden kapitalistischen Verwertungsprozesses sind, so gewiss können sie sich unmöglich auf das erstrecken, was letzteren materialiter ins Leben ruft und realiter in Gang hält. Sie sollen wegschaffen, was den Verwertungsprozess stört und behindert, nicht, was ihn begründet und speist – und so gesehen ist es durchaus konsequent, wenn das private Eigentum und persönliche Vermögen, mit dessen Einsatz oder Investition der Prozess steht und fällt, dem Zugriff jener Sozialisierungsnormen entzogen und überhaupt tabu für sie bleibt.
Freilich ist damit noch nicht erklärt, warum die Tabuisierung sich so pauschal auf schlechterdings alles private Eigentum und persönliche Vermögen erstrecken, warum mit anderen Worten in der nach Beseitigung der absolutistischen Herrschaft sich als ziviles Staatswesen neu formierenden Gesellschaft der Eigentumsvorbehalt die private Verfügungsgewalt des einzelnen Bürgers über all seine materialen Besitztümer und den persönlichen Besitzanspruch auf seine sämtliche reale Habe für grundsätzlich unantastbar erklären, verfassungsmäßig garantieren muss. Schließlich ist es den vorangegangenen Überlegungen zufolge ja nicht einfach alles in privater Hand befindliche Eigentum und persönlicher Verfügung unterstehende Vermögen, das als historische Voraussetzung und empirische Grundlage des jene Sozialisierungsnormen als Hilfsmittel seiner Implementierung und Durchsetzung zur Geltung bringenden kapitalistischen Verwertungsprozesses firmiert, sondern nur dasjenige Eigentum und Vermögen, das dem Prozess als Treibstoff zugewendet, in ihn investiert, kurz, in der Funktion von Kapital eingesetzt wird. Von daher gesehen würde es doch eigentlich auch genügen, die Außerkraftsetzung jener Sozialisierungsnormen auf dies als Kapital Verwendung findende private Eigentum und persönliche Vermögen zu beschränken, es allein von ihnen zu befreien und auszunehmen, ihrem Geltungsbereich zu entziehen. Gegen solch eine Differenzierung und restriktive Handhabung der Ausnahmeregelung freilich sprechen zwei Gründe, ein empirischer und ein systematischer.
Empirisch hält es von Anfang des Verwertungsprozesses an schwer und wird im Zuge der Entwicklung immer unmöglicher, zwischen beiden Formen von privatem Eigentum, der bloß possessiven und der mehr noch produktiven, sprich, dem bloß persönlich, als Besitz, gebrauchten und dem mehr noch betrieblich, als Kapital, Verwendung findenden Vermögen, einen klaren Trennstrich zu ziehen. Dass nämlich das als Kapital eingesetzte Eigentum und Vermögen gar nicht entstehen, geschweige denn, sich erhalten und akkumulieren könnte, wenn kein persönlich gebrauchtes, privat genutztes Eigentum und Vermögen da wäre, das sich zur Verfügung stellt und hergibt, um das als Kapital eingesetzte Vermögen des Erfolgs seines verwertungsprozessualen Einsatzes zu versichern und das von letzterem angestrebte Mehr an Vermögen beizusteuern, wenn also keine vermögenden Konsumenten da wären, die sich das den Produzenten mittels Verwertungsprozess abgewonnene Mehrprodukt im Austausch gegen eigenes Vermögen aneignen und es damit als kapitalen Zuwachs, als Mehrwert realisieren – diese unauflöslich enge Verknüpfung zwischen possessiv gebrauchtem und produktiv eingesetztem Eigentum liegt auf der Hand und reicht allein schon aus, den Versuch einer Trennung beider zu diskreditieren.
Hinzu kommt aber noch, dass im Zuge der Entfaltung des kapitalen Verwertungsprozesses, seines Übergreifens auf immer weitere Teile der gesellschaftlichen Reproduktion immer mehr possessives Privateigentum der Anziehungskraft der kommerziellen beziehungsweise industriellen Bereicherungschancen, die das produktiv, als Kapital, eingesetzte Privateigentum bietet, erliegt, danach drängt, an solcher Bereicherung teilzuhaben, und sich deshalb dem letzteren als Anlage beigesellt, als Investition eingliedert. In dem Maße wie dank kapitalistischer Produktivkraft und Ausbeutung der gesellschaftliche Reichtum zunimmt und das possessive Eigentum in den Händen der Begünstigten und Nutznießer des Reichtumsbildungsprozesses, seiner ökonomischen, politischen und sozialen Betreiber beziehungsweise Unterstützer, wächst, verstärkt sich zugleich die Tendenz dieses possessiven Eigentums, dem qua Kapitalismus vorgezeichneten Königsweg der Eigentumsverwendung, dem Prozess akkumulativer Verwertung, zu folgen, sprich, sich dem produktiven, als Kapital fungierenden Eigentum zu redintegrieren und quasi als dessen Juniorpartner oder sekundäre Erscheinungsform, als dem wertschöpfenden Kapital sich anverwandelnde zinstragende Kapitalanlage Sukkurs zu leisten – mit dem Ergebnis der, wenn nicht technischen Ununterscheidbarkeit, so jedenfalls doch faktischen Untrennbarkeit beider Formen von privatem Eigentum und persönlichem Vermögen, einer Untrennbarkeit, die im Bankenwesen und in dessen mittlerweile zentraler Vermittlungsfunktion für den Kapitalprozess ihren schlagenden Beweis findet.
Sogar noch schwerer ins Gewicht als dieser empirische Grund für die Befreiung jeglichen privaten Eigentums und persönlichen Vermögens von der Anerkennung und Observanz jener Sozialisierungsnormen fällt aber vielleicht noch das andere, als systematisch zu bezeichnende Motiv für solch pauschale Dispensation, das darin besteht, dass eben durch deren Pauschalität den Sozialisierungsnormen in genere und der einen von ihnen, dem Gleichbehandlungsprinzip, in specie doch eine Art von Genüge geleistet und, wenn man so will, Geltung verschafft wird.
Würde die Differenzierung zwischen possessivem und produktivem Privateigentum, einmal angenommen, sie wäre machbar, vorgenommen und fände also die Ausnahmereglung nur für letzteres Anwendung, der Normenbruch läge in dem Maße klar auf der Hand, wie er einen sozialen Ausdruck gewänne und nämlich in der Sonderbehandlung und Begünstigung einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, der als Vertreter des kapitalen Subjekts firmierenden und eine Fraktion der bürgerlichen Klasse bildenden kommerziellen Betreiber und industriellen Unternehmer resultierte. So gewiss nur das Eigentum und Vermögen dieser für den kapitalen Verwertungsprozess unabdingbaren Gruppe von jenen Sozialisierungsnormen dispensiert wäre, so gewiss wäre die Kontinuität der bürgerlichen Klasse gesprengt und die besagte Fraktion in einer Weise privilegiert und alleinberechtigt, die an die gerade erst aufgehobene ständische Existenz der absolutistischen Herrschaft und ihres Anhangs gemahnte und die in ihrer sozialen Sichtbarkeit, um nicht zu sagen, personalen Greifbarkeit dem formalen Anspruch jener Sozialisierungsnormen auf Verbindlichkeit und ihrem abstrakten Bemühen um Allgemeingültigkeit stracks ins Gesicht schlüge.
Solch formalem Anspruch wird hingegen entsprochen und dem abstrakten Bemühen geschieht Genüge, wenn die Ausnahmeregelung und Ungleichbehandlung in Sachen Eigentum und Vermögen unterschiedslos für die ganze Klasse gilt. Und nicht nur für die ganze Klasse, sondern mehr noch für die gesamte Gesellschaft! Denn schließlich verfügt ja auch das lohnarbeitende Volk, mag es an sächlichen Gütern und materialen Ressourcen noch so arm sein und Mangel leiden, allemal noch über ein privates Eigentum und persönliches Vermögen, das in den Genuss der Ausnahme von jenen die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu gewährleisten bestimmten Vergesellschaftungsprinzipien gelangt und an der Unantastbarkeit, die dem naturwüchsig kontingenten Eigentumsverhältnis, der Sakrosanktheit, die dem historisch gewordenen Vermögensstand eingeräumt wird, teilhat – seine Arbeitskraft nämlich. Sie ist dank Lohnarbeit, dank Integration der Arbeit in den vom kapitalen Subjekt organisierten Produktionszusammenhang ja als ein mittels seiner Verkörperung, mittels des Lohnarbeiters, in den Produktionsprozess investierter Kapitalfaktor, ein zum Ensemble der sächlichen Produktionsfaktoren geleisteter und ihnen im Prinzip gleichartiger Beitrag definiert und erfüllt insofern als wenn auch variables, den Konkurrenzmechanismen des Arbeitsmarktes haltlos unterworfenes Kapital nicht weniger den Tatbestand eines in der Verfügung des Einzelnen stehenden privaten Eigentums und persönlichen Vermögens, als das die Produktionsmittel, Immobilien, Anlagen und sonstigen konstanten Bestandteile des Kapitals tun.
Dies quasi materiale Eigentum oder reale Vermögen Arbeitskraft, über das auch diejenigen verfügen, die sonst nichts oder so gut wie nichts ihr eigen nennen, macht das Bild vom privaten Eigentumsverhältnis und persönlichen Vermögenszustand als von einer conditio humana, einem alle Mitglieder der Gesellschaft einschließenden universalen Befindlichkeit komplett und verleiht so der Ausnahme des privaten Eigentums und persönlichen Vermögens von der Regel jener auf Unifizierung, Egalisierung und Homogenisierung zielenden Vergesellschaftungsnormen das als Camouflage täuschende Ansehen einer die Regel im Grunde einhaltenden, die Normen in actu ihrer Außerkraftsetzung doch wieder respektierenden Gleichbehandlung.
Als Camouflage wirkt die Gleichbehandlung, weil sie den oben explizierten, alles entscheidenden Unterschied zwischen lebenspraktisch-possessivem und verwertungsprozessual-produktivem Eigentum zu verdecken beziehungsweise zu überspielen dient, weil sie mit anderen Worten kaschiert, dass es bei der Befreiung und Ausnahme von jenen Sozialisierungsnormen wesentlich und in der Tat ausschließlich um letzteres, das produktive Eigentum, geht, das ebenso sehr die empirische Grundlage wie die historische Voraussetzung des kapitalen Verwertungsprozesses bildet, der die gesellschaftliche Reproduktion in toto dem kommerziellen Akkumulationsprinzip unterwirft und der in der Konsequenz seiner vollständigen Umkrempelung der gesellschaftlichen Reproduktion unter anderem auch jene Sozialisierungsnormen gebiert und als zweckdienliche Mittel seiner Entfaltung einsetzt.
Bliebe die Ausnahme von der Regel auf das als historische Voraussetzung und empirische Grundlage des Verwertungsprozesses firmierende, kurz, produktive Privateigentum beschränkt, letzteres wäre als das ebenso gewiss einen politischen Vorrang begründende wie ökonomisch privilegierende und insofern das soziale Kontinuum sprengende Unding, das es ist, manifest, und jene die Regel bildenden Sozialisierungsnormen, die der in solch produktivem Eigentum fundierte und durch es gespeiste Verwertungsprozess hervortreibt, müssten bei Strafe des Verlusts ihres wie immer formalen Anspruchs auf Verbindlichkeit und abstrakten Bemühens um Allgemeingültigkeit rückwirkend auch und zumal auf sein ihnen stracks widerstreitendes Bestehen und Wirken aufmerksam werden und Anwendung finden.
Und genau das aber verhindert die Ausdehnung der eigentlich nur aufs produktive Eigentum gemünzten Ausnahmeregelung auf jede nur denkbare Form possessiven Eigentums und Vermögens, die durchs Lohnverhältnis zum sächlichen Gut hypostasierte Arbeitskraft eingeschlossen, weil sie einen Nebelvorhang von Gleichbehandlung, sprich, von Verbindlichkeit der Sonderbehandlung, Regelhaftigkeit der Ausnahme, schafft, hinter dem sich das Skandalon gut verstecken lässt und unter dessen Schutz und Schirm jene mit einer freien, gleichen und solidarischen Gesellschaft eigentlich unvereinbare historische Voraussetzung und empirische Grundlage des kapitalen Verwertungsprozesses sich ebenso unangefochten wie unauffällig zu behaupten vermag.
Indiz für die Schutz- und Schirmfunktion, die das possessive Eigentum in genere für das produktive in specie übernimmt, indirekter Beweis mit anderen Worten dafür, dass ersteres letzterem als Deckung beziehungsweise Alibi dient, ist die Hypertrophie, der in den nachrevolutionären, bürgerlichen Gesellschaften der Eigentumsbegriff in genere ausgesetzt ist. Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit war privates Eigentum und persönliches Vermögen jeglicher Beschaffenheit und Couleur derart unantastbar und sakrosankt, wie es das im konstitutionellen Rahmen dieser neu formierten Gesellschaften ist: Der kollektiv garantierte Schutz privaten Eigentums und die öffentlich erklärte Gewährleistung persönlichen Vermögens ist wesentlicher Bestandteil und tragendes Element des als Verfassung kodifizierten Gesellschaftsvertrages, der als Einheit stiftendes, den Widerstreit der Kräfte und Interessen tilgendes Bindemittel beziehungsweise bannendes Magnetfeld an die Stelle der herrschaftlichen Verfügungsgewalt und dekretorischen Macht des als leibhaftiges Staatscorpus die Einheit der Gesellschaft verkörpernden Souveräns tritt.
Die Einführung des Zensuswahlrechts lässt die Deckung auffliegen, die die in der Allgemeingültigkeit des Rechts auf Privateigentum bestehende scheinbare Gleichbehandlung der tatsächlichen Ungleichheit gibt, die das Privateigentum als historische Voraussetzung und empirische Grundlage des Kapitalisierungsprozesses stiftet und durch die sich die bürgerliche Gesellschaft nolens volens als Klassengesellschaft entfaltet. Dass ungeachtet des politischen Offenbarungseids, den es darstellt, das Zensuswahlrecht eingeführt wird, erklärt sich daraus, dass der Kapitalisierungsprozess in ökonomischen Beeinträchtigungen und sozialen Verwerfungen resultiert, die es der bürgerlichen Klasse geraten erscheinen lassen, die Leidtragenden und Betroffenen dieser Beeinträchtigungen und Verwerfungen nach Möglichkeit vom politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess auszuschließen.
Diese das private Eigentum und persönliche Vermögen dem Zugriff und der Kontrolle der Sozialisierungsnormen, die revolutionäres Programm sind, entziehende konstitutionell verankerte Deckung ist es, aus der heraus der als Klientel des kapitalen Subjekts operierende und die Legislative, die Nationalversammlung, dominierende bürgerliche Mittelstand sich nun daran macht, die Revolution mit ihrem ebenso abstrakten wie formellen Versprechen einer neuen, von personaler Freiheit, sozialer Gleichheit und kommunaler Brüderlichkeit substanziell geprägten Gesellschaftsordnung abzudanken beziehungsweise abzuwickeln und sich seinem eigentlichen Geschäft, der Unterstützung und Förderung des kapitalistischen Verwertungsprozesses und seiner Entfaltung zum ebenso allgegenwärtig wie allzeit verbindlichen gesellschaftlichen Reproduktionsmodus zuzuwenden.
Bei diesem Geschäft spielen nun zwar jene Sozialisierungsnormen durchaus eine Rolle und werden auch vom bürgerlichen Mittelstand, der neuen staatstragenden gesellschaftlichen Gruppe, entsprechend hochgehalten und geltend gemacht, aber die Rolle, die sie nach dem Willen der neuen Repräsentanten staatlicher Macht spielen, ist eben nicht mehr transzendent-substanzieller Natur, erstreckt sich nicht mehr auf eine Kritik und Revision der im materialen Erbe der politischen Ökonomie der Vergangenheit bestehenden historischen Voraussetzung und empirischen Grundlage des kapitalen Verwertungsprozesses, sondern hat nurmehr immanent-funktionellen Charakter, erschöpft sich in der Prüfung und Beseitigung jeglicher in der Hinterlassenschaft traditioneller Sozialstrukturen und kultureller Dispositionen enthaltenen praktischen Widerstände und faktischen Hemmnisse, auf die im Zuge seiner quantitativen Ausweitung und qualitativen Entfaltung der kapitale Verwertungsprozess zwangsläufig trifft.
Der kapitale Verwertungsprozess ist oberstes Anliegen der im Ergebnis der revolutionären Machtverschiebung die politische Willensbildung und deren legislative Kodifizierung zu seiner Sache machenden und repräsentativ betreibenden mittelständischen Klientel des kapitalen Subjekts. So gewiss der bürgerliche Mittelstand direkt oder indirekt an den expropriativen Früchten, die der kraft Lohnverhältnis als gesellschaftliches Ausbeutungsverfahren funktionierende Verwertungsprozess abwirft, partizipiert und in der Tat seine materiale Existenz und seine soziale Stellung auf solche Partizipation gründet, so gewiss genießt die flankierende Unterstützung und Förderung des Prozesses höchste Priorität. Wie aber ließe sich diese Unterstützung und Förderung wohl besser ins Werk setzen als dadurch, dass die politische Willensbildung und ihre Kodifizierung vornehmlich oder gar ausschließlich denen übertragen und anvertraut wird, die den Prozess aktiv betreiben beziehungsweise passiv von ihm profitieren, weil sie über privates Eigentum beziehungsweise persönliches Vermögen verfügen, das entweder als produktives Kapital die empirische Grundlage des Prozesses bildet oder aber als possessive Kapitalanlage die empirische Grundlage komplementiert und verstärkt oder schließlich als possessiver Wohlstand dem Prozess ebenso sehr direkt oder indirekt entspringt, wie er ihm umgekehrt als Kaufkraft zugute kommt und permanent beispringt?
So gesehen, scheint es im Sinne der absoluten Priorität, die der kapitale Verwertungsprozess als ebenso unerklärter wie objektiver Fluchtpunkt der revolutionären Bewegung genießt, nur konsequent, dass bereits ein halbes Jahr nach dem im Sturm auf die Bastille ihr ebenso bedeutungsträchtiges wie zielloses Fanal findenden Ausbruch der Revolution die Nationalversammlung das Zensuswahlrecht einführt, sprich, das Recht auf die aktive und passive Mitwirkung bei der politischen Meinungsbildung und Kodifizierungstätigkeit, das Recht darauf mit anderen Worten, sich an der Auswahl der parlamentarischen Repräsentanten zu beteiligen und sich in die Nationalversammlung wählen zu lassen, an bestimmte Niveaus des privaten Einkommens beziehungsweise persönlichen Vermögens knüpft. Wie ließe sich der kapitale Verwertungsprozess besser absichern und vorantreiben als dadurch, dass der politische Flankenschutz und die legislative Unterstützung des Prozesses ausschließlich denen anvertraut wird und vorbehalten bleibt, die als seine Betreiber, Teilhaber und administrativen oder konsumtiven Nutznießer von ihm profitieren?
Freilich verlässt mit diesem Bekenntnis zum besitzstandsgewichteten Wahlrecht und mit dem dadurch effektuierten Ausschluss der auf das Eigentum an ihrer Arbeitskraft beziehungsweise auf geringfügige und unregelmäßige Einkünfte beschränkten Mitglieder der Gesellschaft von der politischen Meinungsbildung und öffentlichen Gesetzgebung der bürgerliche Mittelstand eben die Deckung einer in Sachen Privateigentum und persönlichem Vermögen behaupteten Gleichbehandlung, die er doch durch die unantastbare Allgemeingültigkeit und sakrosankte Verbindlichkeit, die er dem privaten Anspruch auf Eigentum und dem persönlichen Recht auf Vermögen einräumt, eigentlich zu erzeugen und zu beziehen strebt, und zollt im Sinne eines veritablen Offenbarungseids jenem Gruppen der Gesellschaft diskriminierenden und die Gesellschaft als ganze dirimierenden Effekt Tribut, den das als historische Voraussetzung und empirische Grundlage des Verwertungsprozesses, kurz, als produktives und investitionsträchtig possessives Kapital firmierende Eigentum und Vermögen ausübt.
Zwar machen die das Zensuswahlrecht zu rechtfertigen bemühten Ideologen des bürgerlichen Mittelstands geltend, die politische Ungleichbehandlung sorge für die Stabilität und Kontinuität der im Übrigen den Prinzipien der Freiheit, Gleichheit und Solidarität verhafteten bürgerlichen Gesellschaft und die durch die Revolution geschaffene grundlegende zivile Gleichheit bleibe davon ohnehin unberührt. An der Tatsache aber, dass durch die Einführung des Besitzstands als über die Teilhabe am politischen Prozess entscheidenden Kriteriums der schöne Schein einer durch die Exemtion des privaten Eigentums und persönlichen Vermögens von jenen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien unbeeinträchtigten Gleichbehandlung aller Schichten und Gruppen der bürgerlichen Gesellschaft sich auflöst und die durch solchen Schein dem produktiven Eigentum und seinem Zufluss aus Quellen possessiven Eigentums für ihr gesellschaftlich disruptives Wirken gewährte Deckung auffliegt – an dieser Tatsache führt kein Weg vorbei.
Kein Weg führt daran vorbei, dass auf diese Weise politische Vorrechte und ein daraus zwangsläufig resultierender sozialer Vorrang institutionalisiert werden, die an eine Restitution der ständischen Prärogative und Privilegien der absolutistischen Herrschaft gemahnen – nur dass die institutionalisierte Ungleichheit ihr Fundament jetzt im materiellen Privateigentum und der von ihm per medium der Produktion gesellschaftlichen Reichtums ausgeübten kapitalen Funktion statt in der traditionellen Sozialstellung und der von ihr in Sachen der Distribution gesellschaftlichen Reichtums wahrgenommenen regalen Rolle findet. Kein Weg führt daran vorbei, dass die Folge eine die Deckung der abstrakten Allgemeingültigkeit und formellen Verbindlichkeit des Eigentumsbegriffs auffliegen lassende quasiständische Aufspaltung der Gesellschaft ist, die ebenso gewiss, wie sie die Teilhabe am politischen Entscheidungsprozess an die Zugehörigkeit zu fiskalisch ausgewiesenen Besitzstandsklassen bindet, die adlige Ständegesellschaft durch eine bürgerliche Klassengesellschaft ersetzt.
Angesichts des so offensichtlichen Bruchs mit allem, was der revolutionären Programmatik lieb und heilig war, drängt sich die Frage auf, ob der Gewinn an Einfluss und Durchsetzungskraft, den das Zensuswahlrecht der bürgerlichen Klientel des kapitalen Subjekts bringt, den Verlust an revolutionärer Glaubwürdigkeit und demokratischer Legitimation, den es bedeutet, aufwiegt. Indes, die Frage ist verfehlt! Sie geht davon aus, dass die Beschränkung der Beteiligung am Entscheidungs- und Gesetzgebungsprozess nur positiv auf die Unterstützung und Beförderung des kapitalen Verwertungsprozesses zielt, wohingegen sie doch von Anfang an ebenso sehr, und sogar mehr noch, negativ auf die Prävention und Abwehr der dem kapitalen Verwertungsprozess unfehlbar erwachsenden Hemmnisse und Widerstände gerichtet ist.
Unfehlbar stellen sich diese seinen Fortgang bedrohenden Hemmnisse oder gar ihn als solchen in Frage stellenden Widerstände deshalb ein, weil sie ihm aus seinem eigenen Tun und Beginnen erwachsen. Wie an früherer Stelle erläutert, gehorcht ja der kapitale Verwertungsprozess seiner innersten, im Begriff des Akkumulationsprinzips kurzgefassten Logik, mit Hegelschem Wort, dem Verstand seines Daseins, wenn er durch seine beiden zentralen Wirkmechanismen einer Steigerung der realen Produktivkraft und einer Ausbeutung der personalen Arbeitskraft eine fortlaufende Umverteilung und Expropriation gesellschaftlicher Ressourcen betreibt.
Sei's dadurch, dass aufgrund von Produktivitätsfortschritten Mitbewerber im Prozess auskonkurriert und vom Markt verdrängt werden und dem erfolgreichen Konkurrenten die Marktanteile des Unterlegen zufallen, während dieser selbst sich um seines Überlebens willen dem Arbeitskräfteheer beigesellen und der Lohnarbeit verschreiben muss, sei's dadurch, dass das als Arbeitsmarkt dem kommerziellen Konkurrenzprinzip von Angebot und Nachfrage unterworfene Heer von Arbeitsuchenden dem Kapital die Möglichkeit eröffnet, entweder indirekt durch extensive und intensive Steigerungen der Arbeitsleistung oder aber durch direkte Lohnsenkungen oder gar durch beides zugleich die Arbeitskraft ebenso zunehmend wie fortlaufend auszubeuten, sprich, sich immer größere Teile des von ihr geschöpften Werts anzueignen – so oder so erweist sich der kapitale Verwertungsprozess als gleichbedeutend mit einem Kapitalkonzentrationsprozess, einer Sammlung immer größerer Mengen produktiven und ihm als Kapitalanlage sich beigesellenden possessiven Privateigentums in immer weniger Händen, einer Sammlungsbewegung, die, weil sie sich aus den beiden Quellen mit ihresgleichen konkurrierender Kapitalien und im Dienste des Kapitals laborierender Arbeitskraft speist, ihr unmittelbares Gegenstück, ihre Kehrseite, darin hat, dass immer größere Kontingente der den gesellschaftlichen Stoffwechsel mit der Natur betreibenden, materiale Arbeit verrichtenden Mitglieder des Gemeinwesens sich um ihre reale Produktionsbasis, sprich, ihre ökonomische Selbständigkeit gebracht, um ihrer Subsistenz willen in ein Lohnarbeitsverhältnis gedrängt, sprich, in Abhängigkeit vom kapitalen Subjekt und seinem Produktionsapparat versetzt und dort dann den in der Lohnarbeit implizierten extensiven und intensiven Ausbeutungsmechanismen ausgeliefert finden.
So gewiss also der auf der empirischen Grundlage des Privateigentums voranschreitende kapitale Verwertungsprozess sich immer größerer Bereiche der gesellschaftlichen Reproduktion bemächtigt und die gesellschaftliche Arbeit seiner akkumulativen Zielsetzung unterwirft, sprich, die Produktionssphäre in ein Exerzierfeld seines schlecht unendlichen Verwertungsstrebens umrüstet, so gewiss kommt sein Wirken einem in der zweifachen Gestalt konkurrenzbedingt-kommerzieller Umverteilung und lohnarbeitsfundiert-industrieller Ausbeutung fortlaufenden Enteignungsverfahren gleich, durch das sich immer größere Teile der in der Produktionssphäre tätigen, die materiale Reproduktion der Gesellschaft, ihren Stoffwechsel mit der Natur besorgenden Gruppen und Schichten absolut, bezogen auf ihr eigenes Subsistenzniveau, ihren gewohnten Lebensstandard, oder jedenfalls relativ, im Vergleich mit dem Vermögen und Besitzstand derer, die über produktives beziehungsweise ihm als Anlage beigeselltes possessives Eigentum verfügen, materiell geschädigt und sozial benachteiligt sehen.
Mit anderen Worten, der kapitale Verwertungsprozess führt mit der Notwendigkeit seiner als Kapitalkonzentration erscheinenden Amassierung von als Kapital eingesetztem produktivem und ihm als Kapitalanlage sekundierendem possessivem Eigentum in den Händen Weniger zu einer Aufspaltung der Gesellschaft, in deren Konsequenz diesen Wenigen und ihrer Klientel, den ihnen direkt oder indirekt, administrativ, bürokratisch oder freiberuflich zur Hand gehenden und dafür von ihnen am Ertrag des kapitalen Verwertungsprozesses beteiligten mittelständischen Gruppen, die Vielen gegenübertreten, zu deren Lasten beziehungsweise auf deren Kosten diese Kapitalkonzentration, diese Amassierung von Privateigentum in den Händen derer, die den Verwertungsprozess am erfolgreichsten, sprich, am ergiebigsten betreiben, vonstatten geht und die, je ungehinderter und naturwüchsiger die vom Verwertungsprozess in Gang gesetzten und gehaltenen Mechanismen der konkurrenzbedingten Umverteilung und der ausbeutungsfundierten Expropriation sich entfalten können, umso rascher vom Schicksal absoluter oder jedenfalls relativer subsistenzieller Verarmung und sozialer Verelendung ereilt werden.
Angesichts dieser soziostrukturellen Dynamik liegt nun aber auf der Hand, dass der in der Einführung des Zensuswahlrechts erkennbare Versuch, die Teilnahme am politischen Willensbildungs- und Gesetzgebungsverfahren auf diejenigen zu beschränken, die durch ihr privates Eigentum und persönliches Vermögen aktiv oder passiv im kapitalen Verwertungsprozess engagiert sind beziehungsweise von ihm profitieren, keineswegs nur dem positiven Zweck dient, den Prozess zu unterstützen und voranzutreiben, sondern ebenso sehr und im Fortgang mehr noch das negative Ziel verfolgt, den Prozess der Einflussnahme derjenigen, die ihm subsistenziell zum Opfer fallen und sozial unter ihm leiden, zu entziehen und ihn gegen die von ihrer Seite zu erwartende politische Opposition und organisierte Gegenwehr sicherzustellen. Schließlich kann eben wegen seines subsistenzielle Not und soziale Ungleichheit schaffenden beziehungsweise verschärfenden spalterischen, die Gesellschaft in ökonomische Klassen auseinander treibenden Effekts der kapitale Verwertungsprozess gar nicht verfehlen, sozialen Widerstand zu provozieren und politische Konflikte zu schüren. Und tatsächlich liegt, die solchen Widerstand tragende Opposition beziehungsweise solchen Konflikten entspringende Gegenwehr zu unterdrücken beziehungsweise zu hintertreiben, sie von der politischen Bühne und parlamentarischen Artikulation fernzuhalten, am Erscheinen auf der Ebene des die bürgerliche Gesellschaft repräsentierenden Staats und im Raum der sie reflektierenden Öffentlichkeit zu hindern, klar erkennbar im eigensten, durch ihr Eigentum ihnen diktierten Interesse der in den kapitalen Verwertungsprozess aktiv oder passiv involvierten Klasse.
Freilich schafft ihre wahlrechtlich durchgesetzte bloße Vertreibung von der politischen Bühne und Verdrängung aus der staatlichen Repräsentation und öffentlichen Reflexion diese Opposition und Gegenwehr keineswegs aus der Welt. So gewiss der Stein des Anstoßes und Konfliktstoff, die zumindest relative ökonomische Verarmung und soziale Verelendung der die gesellschaftliche Reproduktion tragenden Volksschichten, durch den die Reproduktion organisierenden kapitalen Verwertungsprozess ebenso permanent wie zielstrebig erzeugt wird, so gewiss ist auch der Konflikt und Widerstand selbst fortlaufend gegeben und zunehmend virulent. Nur dass er sich, weil er ja von der politischen Bühne ausgeschlossen und an der direkten Artikulation im staatlich-konstitutionellen Rahmen beziehungsweise in öffentlich-institutioneller Form gehindert ist, auf indirekte Weise zur Geltung bringen und nämlich entweder durch symptomatische Entstellung oder durch praktische Unterwanderung der politischen Bühne, will heißen, dadurch, dass er durch seinen heimlichen Einfluss das politische Geschehen entweder verzerrt oder ablenkt, entweder in seinem Ablauf stört oder in eine andere Richtung drängt, Ausdruck verschaffen muss.
Die Absicherung der politischen Herrschaft des über produktives und possessives Eigentum verfügenden Bürgertums durch das Zensuswahlrecht kann nicht verhindern, dass sich gesellschaftlicher Widerstand gegen diese Herrschaft regt. Symptomatischen Ausdruck verleiht diesem Widerstand die bürgerliche Intelligenz, die mit ihrer Kreation der revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien den dem Absolutismus den Garaus machenden Schulterschluss zwischen Volksmasse und Bürgertum herbeigeführt hat und die, anders als das mittelständische Freiberuflertum, dem sie als Untergruppe zugehört, gleichermaßen aus intellektuellen, existenziellen und professionellen Gründen jene Reduktion der politischen Vergesellschaftungsprinzipien auf bürokratische Sozialisierungsnormen, zu der sich die bürgerliche Klasse nach der Revolution ohne Mühe versteht, nicht so einfach mitzumachen vermag.
Was den symptomatischen Ausdruck des durch den kapitalen Verwertungsprozess ins Leben gerufenen sozialen Konflikts und politischen Widerstands angeht, so ist jener von Ausbruch der Revolution an vorhanden und bestimmt wesentlich deren Verlaufsform. Sein Sprachrohr oder Artikulationsmedium ist niemand anders als die bürgerliche Intelligenz, sind niemand Geringeres als die Ideologen und Wortführer, die Stichwortgeber der mittelständischen Klientel des kapitalen Subjekts. Betraut mit der geistigen Vorbereitung der Revolution, der Herstellung eines programmatischen Schulterschlusses zwischen staatlich dotiertem oder freiberuflich honoriertem Bürgertum und lohnarbeitendem Volk, steht diese Gruppe naturgemäß auch bei den revolutionären Umwälzungen selbst in vorderster Front und ist wesentlich beteiligt an der Etablierung eines von der absolutistischen Herrschaft emanzipierten konstitutionellen Staatswesens.
Diese Gruppe aber tut sich weit schwerer damit, die von ihrem sozialen Milieu, dem bürgerlichen Mittelstand, und seinen direkten oder indirekten Brotgebern, den kommerziellen und industriellen Agenten des kapitalen Subjekts, unmittelbar im Anschluss an die politische Machtergreifung vollzogene strategische Neuorientierung mitzumachen, in deren Konsequenz sich die initiativ-ideologischen Sammlungsparolen der Revolution, die ebenso verbindlichen wie universalen Prinzipien der personalen Freiheit, sozialen Gleichheit und kommunalen Brüderlichkeit, in dieser ihrer vermeintlichen Allgemeingültigkeit und Unantastbarkeit abgedankt und auf regulativ-praktische Sozialisierungsnormen reduziert finden, die alles, bis auf die historische Voraussetzung und empirische Grundlage der gesellschaftlichen Reproduktion im Allgemeinen und des diese nach seinem Bedürfnis umgestaltenden kapitalen Verwertungsprozesses im Besonderen, alles also, bis aufs private Eigentum und persönliche Vermögen, umfassen und betreffen und die im Wesentlichen nun der Aufgabe dienen, dies Alles, das sie umfassen und betreffen, all die diversen, der kontingenten Geschichte der Gesellschaften, quasi ihrem Naturprozess, entstammenden ethnischen, familiären, habituellen, konfessionellen oder kulturellen Eigenschaften und Eigenheiten der Individuen und Gruppen so zu- und auszurichten, dass diese mit dem kapitalen Verwertungsprozess, der sich auf Basis des dem Zugriff der Normen allein entzogenen kontingenten Faktums privaten Vermögens und persönlichen Eigentums vollzieht, im Einklang stehen, ihm nach Möglichkeit förderlich sind, jedenfalls aber nicht in die Quere kommen.
Die Reduktion der im revolutionären Elan als Grundsätze eines rückhaltlos neuen Gesellschaftsvertrages aufgestellten Prinzipien auf Richtlinien, die nur im Rahmen der alten, zwar politisch entschieden reformierten, ökonomisch aber wesentlich kontinuierten Gesellschaftsordnung in Kraft treten und deren Geltung also weit entfernt davon ist, sich auf die materialen Verhältnisse der Mitglieder der Gesellschaft zu erstrecken, und sich vielmehr auf deren von ihren materialen Verhältnissen jeweils säuberlich abstrahierte soziale Beziehungen beschränkt zeigt – solche Reduktion kommt die bürgerliche Intelligenz hart an. Die ist es ja schließlich, die höchstpersönlich jene ebenso verbindlichen wie universalen Vergesellschaftungsprinzipien ausbrütet und mit ihrer Hilfe den revolutionären Elan entfacht, der im Schulterschluss der ökonomischen Klassen resultiert und damit die Bedingung der Möglichkeit für den Machtwechsel schafft. Die revolutionären Prinzipien sind allein ihr Geschöpf, das sie gar nicht in die Welt setzen, geschweige denn gegen den Widerstand der absolutistisch herrschenden Ordnung zu öffentlicher Geltung bringen könnte, ließe sie sich nicht selber von dem Elan, den es im Bewusstsein der breiten Masse weckt, anstecken und erfüllen.
Zu ihrem eigenen Elan, der Begeisterung, mit der die bürgerliche Intelligenz selbst die von ihr ersonnenen revolutionären Ideen erfüllen, trägt ohne Frage nicht zuletzt bei, dass deren Kreation und Propagation ihr in der vorrevolutionären Ära ihre soziale Existenzberechtigung verleihen beziehungsweise sichern. Die die Revolutionsideen kreierende bürgerliche Intelligenz ihrerseits ist ja Geschöpf – Geschöpf des bürgerlichen Mittelstands, der sie aus den Reihen vornehmlich seiner freiberuflichen Sektionen, aus den Riegen des Advokatenstands, der Ärzteschaft, der Erzieher und Wissenschaftstreibenden absondert oder, wenn man so will, ausschwitzt, damit sie seiner wachsenden Unzufriedenheit mit der absolutistischen Herrschaft und Empörung über sie einen ihm als solchem nicht unmittelbar anzulastenden Ausdruck verschafft.
Ebenso unaufhaltsam wie unwillkürlich aus den Freiberuflerriegen des bürgerlichen Mittelstand auftauchend, formiert sich diese aufrührerisch gestimmte Intelligenz zu einer Art Task Force oder Projektgruppe, die unter dem programmatischen Titel Aufklärung daran arbeitet, mit den von ihr ganz neu ausgebildeten Techniken kulturkritischer, journalistischer, pamphletistischer, agitatorischer Einflussnahme den Dissens mit dem absolutistischen Regime, in dem sie ihre Bestimmung findet, zugleich so zu artikulieren und zu kodifizieren, dass er eine tragende Basis für den politischen Schulterschluss zwischen Mittelstand und Volk abgibt – wobei das Resultat dieser Kodifizierung des realen Unwillens der Klassen zur idealen volonté générale eben jene revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien der personalen Freiheit, sozialen Gleichheit und kommunalen Brüderlichkeit sind, deren Grundlegungsfunktion und Tragfähigkeit damit steht und fällt, dass sie, wie immer abstrakt und formal, den schönen Schein einer im Kampf gegen den Absolutismus der Herrschaft klassenübergreifenden, Mittelstand und Volksmasse unterschiedslos umfassenden bürgerlicher Lebensgemeinschaft erzeugen.
In diesem schönen Schein einer mittels der revolutionären Ideen vorgestellten und propagierten bürgerlichen Gesellschaft ohne Unterdrückung, Diskriminierung und Unverantwortlichkeit aber liegt für die bürgerliche Intelligenz das Dilemma. Als quasi ein Freiberuflertum zweiten Grades gehört sie, klassenmäßig gesehen, dem bürgerlichen Mittelstand an und schöpft, wenn auch häufig mehr schlecht als recht, ökonomisch aus den gleichen Quellen wie jener, bezieht ebenso wie er ihre Subsistenz beziehungsweise finanziert ihren Konsum aus der direkten oder indirekten Beteiligung an dem vom kapitalen Subjekt mittels Produktivität und Ausbeutung erwirtschafteten Mehrwert. Und gleichzeitig aber zielt der gesellschaftliche Auftrag, den sie für ihre Klasse erfüllt und für dessen Erfüllung sie als Gegenleistung, wenn auch häufig mehr schlecht als recht, an den Gewinnen des kapitalen Subjekts beteiligt wird, auf die Kreation und Propagation von Ideen, die, als uneingeschränkt allgemeine und ausnahmslos verbindliche Vergesellschaftungsprinzipien ernst genommen, unvereinbar sind mit den gesellschaftlichen Verhältnissen, die das kapitale Subjekt und die von ihm der gesellschaftlichen Reproduktion vindizierte Produktionsweise schaffen und als allgemeine condition humaine durchsetzen, Ideen, die deshalb auch nolens volens dem materialen Dasein und realen Interesse der auf jenen Verhältnissen basierenden und von ihnen profitierenden bürgerlichen Intelligenz selbst und des Mittelstands, dem sie angehört, zuwiderlaufen.
Die bürgerliche Intelligenz tritt und steht also intellektuell für etwas ein, was sie umgekehrt existenziell in Frage stellt und ihrer eigenen sozialen Position beziehungsweise deren politisch-ökonomischen Grundlagen widerstreitet. Und sie muss voll und ganz für dies ihrem sozialen Existenzgrund Widerstreitende einstehen, muss sich rückhaltlos für es engagieren, nicht nur weil sie, funktionslogisch-generell, in seiner Kreation und Propagation ihren politischen Auftrag und ihre daran geknüpfte soziale Existenzberechtigung hat, sondern auch und mehr noch weil sie, ideologisch-speziell, glaubwürdig und überzeugend wirken muss, um ihren auf einen Pakt mit dem Klassengegner gemünzten Auftrag erfüllen zu können, und weil sie zu allem Überfluss, um ihre Überzeugungskraft nicht mit selbstzerstörerischem Zynismus bezahlen zu müssen, psychologisch-individuell das objektive Dilemma ihrer Situation durch ein Übermaß an subjektivem Engagement, sprich, durch eine verstärkte persönliche Identifikation mit den Ideen, die sie kreiert und propagiert, kompensieren beziehungsweise überspielen muss.
Auf die Schöpfung und Verbreitung dieser Ideen spezialisiert und in ihnen ihre Profession im Doppelsinn von Beruf und Berufung findend, kann die ex professo revolutionäre bürgerliche Intelligenz nicht einfach, wie die Riegen ihrer anderweitig und in bestimmteren Sparten des Zivillebens beschäftigten Standesgenossen – Anwälte, Mediziner, Pädagogen, Akademiker und sonstige Geistesarbeiter – das ohne große Mühe tun, nach dem Umsturz zur Tagesordnung einer nunmehr vom Mittelstand beherrschten, bürgerlichen Gesellschaft übergehen und die oben beschriebene Reduktion jener ebenso uneingeschränkt universalen wie ausnahmslos verbindlichen Vergesellschaftungsprinzipien auf konditioniert generelle und ausnehmend verpflichtende Sozialisierungsnormen vollziehen oder jedenfalls mitmachen, sprich, zulassen oder gar mit betreiben, dass sich die transzendental-konstitutiven Kategorien, die sie als imperative Geltung beanspruchende Grundbestimmungen für jeglichen Gesellschaftsvertrag ersonnen hat, in funktionell-exekutive Vorschriften verwandeln, die Gültigkeit nur im Rahmen des ökonomischen Status quo der Gesellschaft und also nach Maßgabe des die gesellschaftliche Reproduktion organisierenden kapitalen Verwertungsprozesses und auf seiner als Privateigentum firmierenden empirischen Grundlage erlangen.
Während das in die gesellschaftliche Praxis involvierte mittelständische Freiberuflertum als ganzes den Wechsel von den kategorisch uneingeschränkt allgemeingültigen und verbindlichen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien zu durch die ökonomische Ausnahme, die von ihnen gemacht wird, und die Funktionalisierung, die sie mittels der Ausnahme erfahren, faktisch eingeschränkten, reformatorisch generellen und verpflichtenden Sozialisierungsnormen quasi bewusstlos mitvollzieht, klammert sich das freiberufliche Spezialistenkorps der bürgerlichen Intelligenz, dessen gesellschaftliche Praxis in nichts weiter als in der Konzeption und Propagation eben jener revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien besteht, an letztere als an seine raison d'être, den alleinigen Sinn seines Daseins, hält an ihnen als solchen, an ihrer unbeschränkten Allgemeingültigkeit und ausnahmslosen Verbindlichkeit fest und wird auf diese Weise gewahr, wie sehr sie als solche von Anbeginn der kraft Revolution nicht mehr nur reell existierenden, sondern konstitutionell etablierten bürgerlichen Gesellschaft durch deren als historische Voraussetzung und als empirische Grundlage aller weiteren Entwicklung gelten gelassene und ihrer prinzipiellen Zuständigkeit und Entscheidungsbefugnis also ebenso prinzipiell entzogene ökonomische Wirklichkeit alteriert und deformiert, ins Gegenteil verkehrt und ad absurdum geführt werden.
Die bürgerliche Intelligenz gewahrt mit ebenso viel Entrüstung wie Enttäuschung, wie unter der Einwirkung des fortlaufenden kapitalen Verwertungsprozesses und der zwecks seiner fortbestehenden Eigentumsverhältnisse die personale Freiheit aller sich in die hegemoniale Selbstherrlichkeit einzelner verwandelt zeigt, wie die Forderung nach sozialer Gleichheit sich als Hebel erweist, traditionelle Schranken und habituelle Widerstände, die sich der auf der Basis privaten Eigentums den Verwertungsprozess betreibenden Selbstherrlichkeit in den Weg stellen, beiseite zu räumen, und wie schließlich kommunale Brüderlichkeit zum Spießgesellen- beziehungsweise Partisanentum der miteinander konkurrierenden Unternehmen und Gesellschaften, Betriebe und Firmen verkommt, zu denen sich der kapitale Verwertungsprozess auf der Basis des produktiven Eigentums der selbstherrlichen Einzelnen und des possessiven Vermögens der sich ihnen als Kapitalanleger Beigesellenden organisiert. Anders als ihre Zunftgenossen, die mit praktischen Dienstleistungsfunktionen okkupierten Freiberufler erster Ordnung, die mit der Einschränkung des Geltungsbereichs jener revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien auf von den Eigentumsverhältnissen abstrahierte Personaleigenschaften und Sozialbeziehungen, mit ihrer Reduktion also auf rein interpersonelle, das objektive Gewicht der Subjekte, ihren sächlichen Einfluss ausklammernde Sozialisierungsnormen keine Probleme haben, weil sie diese Einschränkung als ihren materiellen Interessen und ihrem sozialen Stand im Zweifelsfall dienlich erfahren – anders als diese Freiberufler erster Ordnung können die mit dem Spezialgeschäft ideologischer Sinngebung beauftragten Freiberufler zweiter Ordnung, die mit der Aufgabe, das gesellschaftliche Bewusstsein auf ein die absolutistische Herrschaft zu transzendieren taugliches klassenübergreifend einheitliches Ziel hin zu programmieren, betrauten bürgerlichen Intellektuellen von jenen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien in ihrer uneingeschränkt allgemeinen Form und ausnahmslos verbindlichen Fassung, eben weil sie mit deren Explikation und Propagation ja ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen und ihre an die Erfüllung des Auftrags geknüpfte soziale Existenzberechtigung nachweisen, nicht so ohne weiteres lassen und müssen deshalb indigniert registrieren, dass sie als solche, als uneingeschränkt geltende und ausnahmslos verbindliche von Anbeginn der bürgerlichen Machtergreifung einer buchstäblichen Pervertierung unterliegen und sich nämlich ins genaue Gegenteil ihrer selbst verkehrt zeigen – dass die allgemeine Freiheit der Person die Form hegemonialer Selbstherrlichkeit einzelner annimmt, dass die alle umfassende soziale Gleichheit auf einen viele ereilenden nivellierenden Konformismus hinausläuft, dass die generelle kommunale Solidarität die reale Gestalt fraktioneller Komplizenschaft gewinnt.
Als ökonomisch und sozial dem bürgerlichen Mittelstand, sprich, der Kapitalfraktion zugehörige Gruppe steckt die bürgerliche Intelligenz in dem Dilemma, die eigentliche Ursache für die Pervertierung der von ihr hochgehaltenen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien, nämlich den Kapitalisierungsprozess auf Basis des Privateigentums, nicht zur Kenntnis nehmen zu dürfen. Sie kompensiert diese Beschränkung durch einen verstärkten Kampf gegen den alten Gegner von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, die absolutistische Herrschaft und ihren aristokratischen Anhang. Dass, all seiner empirischen Berechtigung ungeachtet, dieser Kampf eine Ersatzhandlung darstellt, wird deutlich, als nach der erfolgreichen Zerschlagung des monarchischen Lagers die per Nationalkonvent politisch triumphierende bürgerliche Intelligenz auf ihrer blinden Suche nach Gegnern, die sich für die untilgbare Diskrepanz zwischen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien und der Realität der bürgerlichen Gesellschaft verantwortlich machen lassen, selbstzerstörerischer Raserei verfällt.
Der Grund freilich für die mit der Machtübernahme des Bürgertums simultane Abdankung der letztere sanktionierenden neuen Vergesellschaftungsprinzipien, der diese nur insoweit entrinnen können, als sie sich aus transzendental-dispositionellen, die Mitglieder der Gesellschaft als Teilnehmer am Gemeinwesen, Partizipanten am Oikos einsetzenden Daseinsbestimmungen auf immanent-funktionelle, sie zu Staatsbürgern, zu Angehörigen der Polis zurichtende Verhaltensvorschriften, eben aus Vergesellschaftungsprinzipien auf Sozialisierungsnormen reduzieren – der Grund dafür bleibt der bürgerlichen Intelligenz verborgen. Dass es die das private Eigentum und persönliche Vermögen als historische Voraussetzung und empirische Grundlage des kapitalen Verwertungsprozesses betreffende Ausnahme von der Regel oder, besser gesagt, Dispensation vom Prinzip ist, was jene Abdankung, jene realiter unaufhaltsame Ungleichverteilung und Verschiebung gesellschaftlicher Macht und politischen Einflusses beziehungsweise Fortsetzung alter und Schaffung neuer Abhängigkeiten und Fraktionierungen in der formaliter aus freien, gleichen und solidarischen Individuen gebildeten Gemeinschaft zwangsläufig bewirkt, entzieht sich der Wahrnehmung der als Sprachrohr und Stichwortgeber der bürgerlichen Revolution agierenden Intelligenz.
So sehr diese Intelligenz durch ihren gesellschaftlichen Auftrag, ihre Aufgabe, eine tragfähige ideologische Basis für eine Volk und bürgerlichen Mittelstand umfassende revolutionäre Erhebung gegen die absolutistische Herrschaft zu schaffen, getrieben ist, sich den Prinzipien, mittels deren sie ihre Aufgabe erfüllt, rückhaltlos zu verschreiben, so sehr ist sie doch zugleich durch ihre gesellschaftliche Stellung, ihre wie immer schlecht honorierte Zugehörigkeit zu den Nutznießern des kapitalen Verwertungsprozesses gehalten, die zur Aufrechterhaltung und triumphalen Fortsetzung des letzteren nötige Einschränkung jener Prinzipien und in Form des höchsten Credo der bürgerlichen Gesellschaft, des Bekenntnisses zum Privateigentum als unantastbarem Tatbestand oder sakrosanktem Sachverhalt, von ihnen gemachte Ausnahme nicht etwa bloß als historisches Faktum widerstrebend zu akzeptieren, sondern vielmehr als natürliches Verum selbstverständlich gelten zu lassen.
Mögen selbst einzelne Intellektuelle durch Charakter oder Biographie disponiert sein, dem der Vernunftreligion und ihrer Dreieinigkeit aus Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in die Quere kommenden Credo des Eigentumsvorbehalts am Zeug zu flicken und seinen alle Vernunft zuschanden werden lassenden subversiven Effekt abzumerken, als ebenso sehr durch ihre Klassenzugehörigkeit definierte, wie durch ihren ideologischen Auftrag instruierte soziale Gruppe ist die bürgerliche Intelligenz völlig außerstande, das Dilemma, in das ihre politische Prinzipientreue bei gleichzeitiger Anerkennung des die Prinzipien pervertierenden ökonomischen Imperativs des Kapitalprozesses sie stürzt, zu meistern. Von Profession wegen auf der Reinheit der von ihr konzipierten und propagierten Lehre vom gesellschaftsverträglich allgemeinen und verbindlichen Sinn jener Prinzipien insistierend und gleichzeitig aber außerstande, das als zentralen Stein des Anstoßes ins Auge zu fassen, was solche Allgemeinheit und Verbindlichkeit ab ovo seiner historischen Gegebenheit und seines empirischen Bestehens Lügen straft, steht die Intelligenz ratlos da und hält eifrig Ausschau nach einem die Ursache des Übels, die sie nicht nur als solche nicht sehen darf, sondern mehr noch als naturgegebene Selbstverständlichkeit gelten lassen muss, zu substituieren geeigneten Grund für jene mit dem revolutionären Prozess Hand in Hand gehende unaufhaltsame Pervertierung ihrer revolutionären Prinzipien.
Und solchen substitutiven Grund zu finden hält auch gar nicht schwer. Schließlich hat die bürgerliche Intelligenz ja gleichermaßen im Rahmen und in der Konsequenz ihrer Kreation und Propagation jener revolutionären Prinzipien eine Wurzel allen gesellschaftlichen Übels bereits ausgemacht und der breiten Front aus bürgerlichem Mittelstand und lohnarbeitender Volksmasse als ein ebenso praktisch einladendes wie ideologisch überzeugendes Angriffsziel vorgegeben – die absolutistische Herrschaft mit ihrem Unfreiheit schaffenden Despotismus, ihrem Libertinage befördernden Aristokratismus und ihrem den Gemeinschaftsgeist tötenden Egoismus.
Was liegt da näher, als die Pervertierung, der sich ungeachtet ihrer in der Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte nicht minder feierlichen als öffentlichen Erhebung zum Konstitutiv der neuen Gesellschaftsordnung jene revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien von Beginn der neuen Ordnung an ausgesetzt zeigen, dem fortdauernd subversiven Wirken und ungebrochen verderblichen Einfluss dieser in Vorbereitung des revolutionären Machtwechsels als Wurzel allen gesellschaftlichen Übels geltend gemachten ständisch-absolutistischen Herrschaft zuzuschreiben, die ja auch, wenngleich durch die Revolution reell entmachtet und konstitutionell in Fesseln gelegt, formell noch weiter besteht und in der Gestalt des wie immer um seine Souveränität gebrachten und durch den neuen Souverän, den Konstituenten, den Staatsbürger, der sich zum Parlament verfasst, abgelösten Monarchen eine weithin sichtbare Präsenz behauptet und die durch das stets zur Sabotage geneigte Widerstreben, mit dem sie den neuen Machtverhältnissen begegnet und die durch letztere ihr zugewiesene Rolle wahrnimmt, keinen Zweifel daran lässt, dass sie rein nur dem Zwang gehorcht und, weit entfernt davon, sich in die neue Ordnung bereitwillig zu fügen, jede sich bietende Gelegenheit nutzen würde, den politischen Machtwechsel ungeschehen zu machen und in statum quo ante, in den vorrevolutionären Zustand zurückzukehren
Im Fortbestand einer ihrer Einbuße an Souveränität und politischer Macht zum Trotz die neue Ordnung als potenzieller Konterrevolutionär belastenden, wo nicht gar als aktuelle fünfte Kolonne bedrohenden ständisch-herrschaftlichen Instanz also findet die bürgerliche Intelligenz das gelegene Substitut für den ihrer Wahrnehmung klassenspezifisch entzogenen eigentlichen Grund der unaufhaltsamen Pervertierung der ihr teuren Vergesellschaftungsprinzipien beziehungsweise ihrer Reduktion auf bloße Sozialisierungsnormen, ihrer Transformation aus Existenzgrundlagen, die alle Umstände der die Gesellschaft bildenden Teilnehmer, auch ihr sächliches Vermögen und dadurch bedingtes öffentliches Wirken, uneingeschränkt und ausnahmslos determinieren sollen, in Verhaltensvorschriften, die nurmehr die vom sächlichen Vermögen ebenso kunstvoll wie künstlich abstrahierten persönlichen Verhältnisse und daraus folgenden rechtlichen Beziehungen der zur Gesellschaft gehörenden Mitglieder zu regulieren taugen. Diese ständisch-herrschaftliche Instanz, diese altvertraute Gegnerin, die ihr durch ihren Fortbestand das prinzipielle Verderben ihrer höchsten Ideale zu erklären hilft, das sie sich eigentlich oder seinem wahren Grund nach nicht zu erklären vermag, verfolgt und bekämpft die bürgerliche Intelligenz mit einem Feuereifer, der teilweise sicher dem Elan entspringt, mit dem sie, ihrem revolutionären Auftrag gemäß, durchgängig und überhaupt zu Werke geht, teilweise aber auch der Schuldbewusstsein durch Blindwütigkeit ersetzenden Ahnung geschuldet sein dürfte, dass sich jetzt ihr Tun in einer bloßen Ersatzhandlung erschöpft.
Und so gewiss die bürgerliche Intelligenz ihre Zuflucht zu dieser Substitutions- oder Verschiebungsleistung nimmt und in dem von ihr selber beschworenen Popanz fortdauernder gesellschaftlicher Willkürherrschaft aufgrund eines durch Tradition geheiligten Standesprivilegs jene maßgebende Macht angreift, an die in ihrer wahren Gestalt, in der Gestalt nämlich der vom kapitalen Verwertungsprozess durchgesetzten wirtschaftlichen Verfügungsgewalt auf Basis eines naturrechtlich sanktionierten Privateigentums, sie nicht zu rühren wagt, so gewiss durchkreuzt sie nun aber das oben erwähnte gemäßigte Kalkül ihrer als bürgerlicher Mittelstand firmierenden eigenen Klasse, das im Gegenteil darauf zielt, im Interesse der Stabilität der staatlichen Verhältnisse und der Kontinuität der öffentlichen Ordnung ihren Frieden mit dem entmachteten absolutistischen Souverän zu machen, den bei seinem Volk in Ungnaden gefallenen gnädigen Herrn in Gnaden wiederaufzunehmen und ihm eine ebenso funktionell beschränkte und konstitutionell gesicherte wie traditionell sanktionierte Rolle als staatliche Galionsfigur zuzuweisen, ihn als aller legislativen Eigeninitiative und exekutiven Selbstherrlichkeit entkleidetes, rein repräsentatives, sprich, das verborgene, in seinen Institutionen aufgehobene Staatswesen personifizierendes, in effigie manifestierendes, maskenhaft zur Erscheinung bringendes Staatssymbol in die Pflicht zu nehmen.
Dieses Kalkül ihrer Klasse hintertreibt und vereitelt die als Sprachrohr und Stichwortgeber der Revolution in die Nationalversammlung mit eingezogene bürgerliche Intelligenz in dem Maße, wie sie den Kampf gegen die absolutistische Herrschaft und deren sämtliche Hinterlassenschaften als substitutives Artikulationsmedium, als Verschiebungs- und Übertragungsebene für ihren durch die ebenso unaufhaltsame wie offenkundige Pervertierung der Revolutionsideen erregten Unwillen und Affekt nutzt, jenen Kampf zur Haupt- und Staatsaktion des neuen bürgerlichen Gemeinwesens erklärt und in ihm ihren ganzen Frust, ihren durch die bewusstlose Ahnung ihrer eigenen epistemologischen Lähmung genährten ohnmächtigen Zorn abreagiert, in ihm sich hemmungslos austobt.
Während sie, wenn auch widerstrebend, zulässt, dass wenige Monate nach Ausbruch der Revolution das Zensuswahlrecht eingeführt wird, setzt sie noch vorher, gestützt durch Aufstände in den Provinzen, die Beseitigung der feudalen Prärogative und Privilegien durch, sorgt ein halbes Jahr später mit dem Resultat einer ersten aristokratischen Emigrationsbewegung für die Abschaffung des Erbadels und erzwingt, nachdem die gemäßigten Vertreter des bürgerlichen Mittelstands in der Nationalversammlung im Bunde mit den Funktionären des kommerziellen und industriellen Kapitals den König zum Einlenken bewogen und dazu gebracht haben, der Einführung einer konstitutionellen Monarchie zuzustimmen, nicht einmal ein Jahr später auf Basis einer großangelegten Kampagne, die gegen den König den zweifellos berechtigten Vorwurf der konterrevolutionären Konspiration mit den feindlichen Nachbarn Frankreichs erhebt und im Sturm auf den Königspalast kulminiert, die Suspendierung der Monarchie, die Verhaftung der königlichen Familie und schließlich die Hinrichtung des Königs und Ausrufung der Republik.
Nicht, dass diese ebenso unerbittliche wie unermüdliche Verfolgung der Hinterbliebenen der absolutistischen Herrschaft, der Stände des Adels und der Geistlichkeit im Allgemeinen und des Monarchen und seines Hofes im Besonderen, völlig abwegig wäre und nicht ihre objektive Berechtigung hätte. Keine Frage, dass die durch die Revolution politisch entmachteten Gruppen, so gewiss sie ihre Entmachtung als schweren Verlust und tiefe Kränkung erfahren, auf eine Restauration der alten Ordnung sinnen und insofern eine potenzielle Bedrohung für den Erfolg der Revolution und den Bestand der durch sie eingeführten neuen, bürgerlichen Staatsverfassung darstellen!
Und keine Frage auch, dass die potenzielle Bedrohung in dem Maße an Aktualität gewinnt, wie die Feinde des revolutionären Frankreich, die absolutistischen Nachbarn des Landes, Frontstellung beziehen und zur kriegerischen Auseinandersetzung mit dem die neue Zeit verkündenden Kuckuck im europäischen Nest rüsten und wie vor solchem Hintergrund die auf Revokation der revolutionären Veränderungen dringende monarchisch-ständische Fraktion sich aus einer ebenso ohnmächtigen wie ressentimentgeladenen Gruppe von Unzufriedenen in eine veritable, dem äußeren Gegner Schützenhilfe von innen zu leisten bereite fünfte Kolonne zu verwandeln tendiert. Wahrscheinlich erfüllt in dieser Situation die revolutionäre Intelligenz mit ihrem als Reaktionsbildung funktionierenden antimonarchischen Kampf, mit der überdeterminierten, als Verschiebungsprodukt erkennbaren Wut, mit der sie das Ancien Régime, die Hinterbliebenen der alten Herrschaft verfolgt, sogar eine höchst nützliche Aufgabe und trägt wesentlich zum Erfolg der Revolution, zur Durchsetzung und Aufrechterhaltung der neuen Staatsordnung bei.
Aber so sehr objektiv die anhaltende Fixierung der die Revolution ex professo ihrer Grundprinzipien verfechtenden bürgerlichen Intelligenz auf das Ancien Régime sogar noch ihren guten Grund haben und eine nützliche Funktion erfüllen mag – subjektiv ist sie mitnichten die ganze Wahrheit. Das deutet sich bereits in der fortlaufenden, einer bürgerlichen Prinzipientreue, die sich im Wesentlichen am antimonarchischen beziehungsweise antiständischen Bekenntnis bemisst, geschuldeten sektiererischen Spaltungs- und Fraktionierungstendenz, der Neigung zur Bildung geschlossener Gesellschaften an, mit der die von Selbstblendung heimgesuchte bürgerliche Intelligenz auf die ebenso fortlaufenden Bemühungen der eigenen Klasse nicht nur und nicht primär um Versöhnung mit dem geschlagenen absolutistischen Gegner, sondern mehr noch und vor allem um die damit erhoffte schnellstmögliche Rückkehr zur politisch-ökonomischen Normalität, zur Wiederaufnahme des durch die Wirren der Revolution unterbrochenen oder jedenfalls gestörten und behinderten Kapitalprozesses reagiert.
Und es wird vollends erkennbar, als nach der dank ihrer Beharrlichkeit und Unversöhnlichkeit erreichten Hinrichtung des Monarchen und Abschaffung der Monarchie die im Zuge ihres antiständischen Kampfes, bei dem sie die Unterstützung der breiten Volksmasse findet, zur dominierenden Fraktion in einem neuen Parlament, dem Nationalkonvent, avancierte Intelligenz das ihr durch ihr eigenes Wirken abhanden gekommene monarchische Hassobjekt durch einen potenziellen Volksfeind und Konterrevolutionär ersetzt, der überall und nirgends lauert und sie deshalb nicht nur dazu bringt, sich im so genannten Revolutionstribunal ein um seiner Schlagkraft willen zunehmend diktatorisches und bald schon die Verfassung aufhebendes und die demokratischen Prozeduren außer Kraft setzendes Instrument zur Verfolgung des allgegenwärtigen Gegners zu schaffen, sondern der sie mehr noch antreibt, immer weitere politische Kreise und immer neue gesellschaftliche Gruppen der als Hochverrat wohlverstandenen konterrevolutionären Absichten zu verdächtigen.
Sind es zuerst die Gemäßigten, die Lobbyisten des Kapitals sans phrase und die Repräsentanten des bürgerlichen Mittelstands, gegen die sich der vernichtende Zorn der mit ihrem monarchischen Ersatzobjekt fertig gewordenen Intelligenz richtet, wendet sich letztere also scheinbar vom Ersatzobjekt dem eigentlichen Gegner, den Verfechtern der aller Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Hohn sprechenden kapitalen Akkumulation auf der privativen Grundlage der historisch gewordenen Eigentumsverhältnisse zu, so wird die Scheinbarkeit beziehungsweise Ziellosigkeit dieser Wendung in dem Maße deutlich, wie die Intelligenz von ihrem neuen Gegner wieder ablässt, um den wahren Feind zunehmend in den eigenen Reihen zu suchen und zu finden, sich ganz im Sinne eines als Autoimmunreaktion funktionierenden sektiererischen Anspruchs auf absolute Wahrheit gegen sich selbst, gegen ihre eigenen diversen Gruppierungen zu kehren, diese dem Fallbeil zu überantworten und sich so aber den Ast abzusägen, sprich, sich höchstselbst ihrer sozialen Klientel und politischen Basis zu berauben, sich, wenn man so will, eigenhändig zu entleiben.
Weil die Intelligenz zwar schmerzlich wahrnimmt, dass ungeachtet ihrer erfolgreichen Beseitigung des als Wurzel allen gesellschaftlichen Übels von ihr verfolgten ständisch-monarchischen Regimes personale Unfreiheit, soziale Ungleichheit und gemeinschaftsfeindlicher Egoismus andauern und sich eher noch ausbreiten und verstärken, und weil sie gleichzeitig aber die Augen vor den politisch-ökonomischen Gründen des Missstands, sprich, vor der Wirkweise des industriell forcierten kapitalen Akkumulationsprozesses auf der Basis privaten Eigentums und persönlichen Vermögens verschließen muss, irrt sie auf der Suche nach dem wahren Schuldigen von einer gesellschaftlichen Gruppierung und politischen Fraktionierung zur anderen und schlägt auf den geringsten Verdacht hin, wo nicht gar aufs Geratewohl zu, bis sie schließlich bei sich selbst anlangt, sprich, sich auf schiere Selbstzerstörung verlegt – all dies in der eitlen Hoffnung, durch ihre kurzentschlossenen, wo nicht überhaupt ziellosen Säuberungskampagnen des unsichtbaren und einfach nicht zu fassenden Widersachers ihrer heiligen Vergesellschaftungsprinzipien schließlich doch noch habhaft und dank mörderischer beziehungsweise selbstmörderischer Opferbereitschaft ledig zu werden.
Im ebenso hoffnungslosen wie verzweifelten Bemühen, die personale Freiheit von aller despotischen Willkür, die soziale Gleichheit von allem konformistischen Konkurrenzdruck und die kommunale Brüderlichkeit von aller nepotistischen Verschwörung freizuhalten beziehungsweise freizumachen, verfällt die revolutionäre Intelligenz der bürgerlichen Klasse in eine die Pathologie einer tatkräftigen Paranoia beweisende blindwütige Raserei, in jene mit dem Namen ihres triumphalen Saubermannes Robespierre verknüpfte einjährige Schreckensherrschaft, kraft deren sie sich schließlich selber den Garaus macht und sich als politisch relevanten Faktor aus der Welt schafft.
Auf ebenso empirisch blutige wie systematisch elegante Weise findet sich so die geschlossene Front aus Funktionären des Kapitals und Repräsentanten des Mittelstands der einen der beiden Formen von gesellschaftlicher Opposition und Gegenwehr entledigt, die der das Haupt- und Staatsanliegen jener breiten bürgerlichen Front bildende kapitale Verwertungsprozess provoziert und die, weil sie Ausdruck der realen Verarmung und sozialen Verelendung sind, die der kapitale Verwertungsprozess zwangsläufig mit sich bringt, keine noch so drakonischen zensuswahlrechtlichen Vorkehrungen, keine noch so entschiedenen Einschränkungen der demokratischen Meinungsbildung und der parlamentarischen Entscheidungsfindung daran hindern können, in Erscheinung zu treten und sich geltend zu machen. Diese eine Form von Opposition und Gegenwehr, die der bürgerlichen Klasse aus den eigenen Reihen erwächst, in Gestalt nämlich einer bürgerlichen Intelligenz, die vor der Revolution als freiberufliches Sonderkommando zur Kreation und Propagation der allgemeinen Kampfparolen gegen die absolutistische Herrschaft agiert und sich danach aber als zur Verteidigung ihrer Geschöpfe entschlossene Löwenmutter, als Gralshüterin ihrer revolutionären Propaganda geriert und herausstellt – diese eine Form von Opposition gegen die postrevolutionäre Rückkehr zur politisch-ökonomischen Tagesordnung, von Gegenwehr gegen eine durch die Revolution untangierte Fortsetzung des unter absolutistischen Auspizien in Gang gesetzten kapitalistischen Verwertungsprozesses verstrickt sich, weil sie zwar die auf eine grundlegende Erneuerung der Gesellschaft zielenden revolutionären Parolen hochhält, gleichzeitig aber die mit solcher Erneuerung unvereinbare bestehende, durch die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse gebildete, gesellschaftliche Grundlage als unantastbar gelten lässt, in einen intentionalen Widerspruch, der sie zwangsläufig in den sei's sich zur Paranoia verlierenden, sei's sich im Selbsthass findenden Wahnsinn treibt, und erledigt sich damit, wie gezeigt, von selbst, macht quasi kurzen Prozess mit sich.
Der durch die zerstörerischen und letztlich selbstzerstörerischen Umtriebe ihrer Intelligenz ebenso inkommodierten wie kompromittierten bürgerlichen Klasse wird dabei nichts weiter abgefordert als Geduld und ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit, das heißt, die Gemütsruhe und Bereitschaft, die Rasende sich austoben zu lassen und die Verwüstungen, die diese hierbei auch und gerade in den eigenen Reihen anrichtet, zu verschmerzen. Schwerer als die selbstzerstörerische klasseninterne Opposition der bürgerlichen Intelligenz gegen die ohne Rücksicht auf die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien den mit letzteren unvereinbaren Kapitalisierungsprozess vorantreibende nachrevolutionäre Gesellschaft wiegt die Opposition und Gegenwehr derer, die ökonomische Leidtragende und soziale Opfer des Kapitalisierungsprozesses werden und also den Verrat an jenen Vergesellschaftungsprinzipien als leibhaftigen Verrat an ihrer wirtschaftlichen Existenz und ihrem gesellschaftlichen Bestehen erfahren. Schon die bloße Aussicht auf diese zweite Form der nicht bloß intelligent-systematischen, sondern evident-praktischen Opposition, deren das Kapital und seine mittelständische Fraktion gewärtig sein muss, ist schreckenerregend genug, um bei beiden eine auf die weitestmögliche Vereinbarkeit von Kapitalisierungsprozess und revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien zielende Anpassungs- und Kompromissbereitschaft zu erzeugen.
Bleibt freilich noch die andere Form von Opposition und Gegenwehr, die sich gegen die postrevolutionäre Rückkehr der nunmehr als explizit bürgerliche verfassten Gesellschaft zur Tagesordnung des kapitalen Verwertungsprozesses regt und mit der sich weit weniger leicht fertig werden lässt, weil ihre Träger nicht Teile der bürgerlichen Intelligenz, sondern das Gros des lohnarbeitenden Volkes sind, nicht zivile Gruppen, die an den materialen und sozialen Folgen des kapitalen Verwertungsprozesses, ohne sie dabei doch in einen kausalen Zusammenhang mit ihm zu bringen, Anstoß nehmen, weil diese Folgen wider die von jenen Gruppen hochgehaltenen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien zeugen und ihnen geradezu ins Gesicht schlagen, sondern plebejische Schichten, die sich von den materialen und sozialen Folgen des kapitalen Verwertungsprozesses persönlich betroffen und existenziell beeinträchtigt finden und deshalb auch gar nicht umhin können, den kausalen Zusammenhang zwischen ersteren und letzterem zur Kenntnis zu nehmen und letzteren dementsprechend zum Hauptobjekt ihrer gesellschaftskritischen Agitation und ihres praktisch-politischen Widerstands zu machen.
Nicht persönlich involviert in den kapitalen Verwertungsprozess, nicht mittels industrieller Lohnarbeit oder durch die Arbeit als agrikulturelle Tagelöhner von ihm erfasst und vereinnahmt, und mehr noch kraft ihres ökonomischen Interesses und ihrer sozialen Zugehörigkeit gehalten, den Prozess und seine politisch-ökonomischen Voraussetzungen beziehungsweise Grundlagen als kausalen Faktor oder erklärenden Vorgang außer Betracht und ihn stattdessen in der Bedeutung einer gesellschaftlichen Naturgegebenheit, eines Konstitutivs der Menschheitsgeschichte gelten zu lassen, kann die bürgerliche revolutionäre Intelligenz gar nicht anders, als in dem Gegensatz zwischen den von ihr hochgehaltenen neuen Vergesellschaftungsprinzipien und der sie Lügen strafenden und ungeachtet des revolutionären Machtwechsels fortschreitenden ökonomischen Verarmung und sozialen Verelendung breiter Schichten der Gesellschaft einen ebenso rätselhaften wie unvermittelten Widerspruch zu gewahren und im Bemühen um eine Auflösung des Rätsels, sprich, auf der Suche nach dem mangels behaftbarer Objektivität beziehungsweise realer Einsicht verschwörungstheoretisch-paranoisch zum geheimen Widersacher, der Subjekt ist, zum bösen Feind erklärten Schuldigen, in das als terreur in die Geschichte eingegangene mörderisch-blindwütige, weil auf Selbstblendung basierende ,,Haltet den Dieb"-Treiben zu verfallen, in dessen letzter Konsequenz sie sich selbst zu Paaren treibt und den Garaus macht.
Ganz anders die vom kapitalen Verwertungsprozess erfassten und mit Leib und Seele in ihn eingebundenen Schichten der Lohnarbeiter und Tagelöhner, die die direkten Leidtragenden und primären Opfer der aus ihm folgenden materialen Verarmung und sozialen Verelendung sind! So gewiss für diese Schichten der einzige Sinn ihres Engagements im kapitalen Verwertungsprozess darin besteht, sich ihren materialen Lebensunterhalt und ihre Zugehörigkeit zur bürgerlichen Gesellschaft zu sichern, so gewiss müssen sie, dass tendenziell das Gegenteil eintritt und sie von Verarmung und Verelendung betroffen sind, sich in materiale Not gestürzt und deklassiert, aus der bürgerlichen Gesellschaft ausgegrenzt und verstoßen, finden, in einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Prozess bringen, ihm und seinen Mechanismen zur Last legen, und muss sich deshalb auch ebenso umstandslos wie gezielt ihre Opposition und Gegenwehr gegen ihn richten und auf ihn konzentrieren.
Vom kapitalen Verwertungsprozess, den sich, aller revolutionären Um- und Aufbruchsstimmung zum Trotz, die Repräsentanten des kapitalen Subjekts und ihre mittelständische Klientel entschlossen zeigen, nicht nur unverändert fortzusetzen, sondern mehr noch nach Möglichkeit voranzutreiben – von diesem Prozess persönlich betroffen und existenziell bedroht, brauchen die plebejischen Schichten nicht erst die Rücksicht auf die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien und deren offenkundige Unvereinbarkeit mit ihrer Situation, um Anstoß an letzterer zu nehmen und sich auf die Suche nach den für sie verantwortlichen Gruppen beziehungsweise Verhältnissen zu machen. Sie wissen nur zu genau, erfahren es täglich in eigener Person und in praxi, wer oder vielmehr was sie in eklatantem Widerspruch zu seiner nominellen Alimentierungsfunktion und formellen Sozialisierungsaufgabe in materiale Not und soziales Elend stürzt, und sind sich deshalb auch ganz und gar nicht im Unklaren darüber, gegen wen oder was sie Widerstand mobilisieren, wen oder was sie bekämpfen und beseitigen müssen.
Dabei sind die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien diesen Schichten keineswegs gleichgültig, sondern liegen ihnen durchaus am Herzen, weil sie geeignet scheinen, ihnen in ihrem politisch-ökonomischen, gegen den kapitalen Verwertungsprozess und seine gesellschaftlichen Grundlagen gerichteten Kampf wertvolle Schützenhilfe zu leisten. Schließlich sind die revolutionären Prinzipien die wie immer auch funktionalistisch-instrumentell bestimmte Schöpfung und das wie immer auch propagandistisch-formell gemeinte Bekenntnis der aus den Repräsentanten des kapitalen Subjekts und seiner mittelständischen Klientel gewirkten bürgerlichen Klasse selbst und lassen sich insofern gegen den von letzterer fortgesetzten und vorangetriebenen und Zwang statt Freiheit, Diskriminierung statt Gleichheit und Fraktionierung statt Brüderlichkeit schaffenden kapitalen Verwertungsprozess als offener Widerspruch und redende Anklage, als wider die Tat zeugendes Wort, als von der Klasse selbst geleisteter und wenn schon nicht ihren beruflichen, so jedenfalls doch ihren persönlichen Bankrott bedeutender Offenbarungseid ins Feld führen und zum Tragen bringen.
Und dass dieses Moment von klassenübergreifender Verbindlichkeit, das die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien beanspruchen, dieses Moment von hypothekarischer Verpflichtung, mit der sie speziell die Klasse belasten, die unter ihrem Panier an die Macht gelangt ist, durchaus zählt und einen Faktor in der sozialen Auseinandersetzung und im politischen Kampf darstellt – das beweist ja eben jene andere Form von Opposition und Gegenwehr, die der bürgerlichen Klasse in Gestalt ihrer revolutionären Intelligenz aus den eigenen Reihen erwächst und die, gestützt auf den noch weitgehend passiven, in gärendem Unmut und ressentimenterfüllter Zustimmung sich erschöpfenden Sukkurs der lohnarbeitenden Volksschichten, bereits eine formidable politische Unwiderstehlichkeit und Durchschlagskraft beweist.
Zwar verfällt diese von der bürgerlichen Intelligenz getragene Opposition, weil sie als Grund für ihren Protest und ihre Intervention nur das ebenso formale wie abstrakte Faktum der in den gesellschaftlichen Erscheinungen personaler Abhängigkeit, materialer Not und sozialen Elends evidenten Verletzung der von ihr hochgehaltenen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien geltend zu machen, die im kapitalen Verwertungsprozess auf der Basis privativer Eigentumsverhältnisse bestehende reale Ursache und konkrete Verkettung hingegen partout nicht wahrzunehmen vermag – zwar verfällt, wie gezeigt, diese klasseninterne bürgerliche Opposition mit ihrem Protest der Gegenstands- und Ziellosigkeit und richtet sich in ihrer zur Raserei geratenden Suche nach dem unsichtbaren politischen Gegner und dem unbekannten programmatischen Zweck in kürzester Frist zugrunde. Aber die diktatorische und alle parlamentarischen Hemmungen beiseite fegende Vollmacht, die sie, wenn auch nur für kurze Zeit, erringt, lässt doch ahnen, womit die Kapitalfraktion und ihre mittelständische Klientel, kurz, die bürgerliche Klasse rechnen muss, wenn das lohnarbeitende Volk sich dazu aufrafft, jene andere Form von Opposition und Gegenwehr zu betreiben, die, durch die ebenso sozial deklassierenden wie real ausbeuterischen Folgen des kapitalen Verwertungsprozesses herausgefordert, sich unmittelbar gegen diesen wendet, wenn es also, statt bloß passiv die in ziellosem Terror sich verlaufende bürgerliche Opposition zu unterstützen, selber aktiv wird, selber die Initiative ergreift und, den kapitalen Ausbeutungsprozess und seine gesellschaftlichen Grundlagen ins Visier fassend, sprich, mit einem klaren Kampfziel vor Augen, auf die Barrikaden geht und wenn es dies unter dem Panier jener durch den Kapitalprozess fortlaufend verletzten oder vielmehr ad absurdum geführten revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien tun kann, auf die – allen Bemühungen, sie aus konstitutiv-kategorischen Imperativen des gesellschaftlichen Lebens auf bloß regulativ-praktische Sozialisierungsnormen zu reduzieren, zum Trotz – ja auch die bürgerliche Klasse eingeschworen ist und mit deren prinzipieller Anerkennung deshalb die Legitimität der von letzterer errungenen politischen Macht steht und fällt.
Ebenso existenziell getrieben und gespeist von der materialen Not und dem sozialen Elend, das der kapitale Verwertungsprozess dem lohnarbeitenden Volk beschert, wie konstitutionell untermauert und gerechtfertigt durch die mit solch materialer Not und sozialem Elend unvereinbaren Vergesellschaftungsprinzipien, auf die als auf die vertraglichen Grundklauseln des Gesellschaftsvertrags doch alle Beteiligten, unabhängig von ihrer ökonomischen Lage und sozialen Stellung, mit anderen Worten unabhängig von ihrer Klassenzugehörigkeit, per Revolution vereidigt sind und die nun aber nicht mehr wie von der bürgerlichen Intelligenz als wirkende Ursache oder realer Auslöser des politischen Protests, sondern nurmehr als dessen zureichende Bedingung oder formaler Anlass geltend gemacht werden – so also motiviert und legitimiert, muss solche vom Volk getragene Opposition und Gegenwehr, wenn es denn zu ihr kommt und sie sich unter dem Druck der Not und des Elends, die der freilaufende Verwertungsprozess unweigerlich heraufbeschwört, als solche formiert und artikuliert, eine politische Spreng- und Durchschlagskraft beweisen, der keine bürgerlich-parlamentarische Ordnung standzuhalten vermag und die das von dieser Ordnung protegierte beziehungsweise gedeckte ökonomische System einer kapitalen Verwertung, sprich, sozialen Ausbeutung auf der Grundlage personalen Eigentums, sprich, privativer Verfügungsgewalt über gesellschaftliche Produktionsmittel in seinen Grundfesten erschüttert und schließlich zum Einsturz bringt.
Genau diese unheilschwangere Aussicht, dieser Prospekt einer der neuen bürgerlichen Gesellschaft kraft ihrer eigenen ökonomischen Dynamik ins Haus stehenden sozialen Explosion und politischen Katastrophe freilich ist es, was die jene Dynamik teils tatkräftig entfaltende und befördernde, teils nutznießend an ihr teilhabende und von ihr profitierende bürgerliche Klasse, wenn auch nicht zum Innehalten und Umdenken, so jedenfalls doch zum Schrittwechsel und zum Einlenken bringt, was sie mit anderen Worten, wenn schon nicht wandlungs- und besserungsfähig, so jedenfalls doch anpassungs- und kompromissbereit werden lässt. Wozu die eine, aktuelle, in Gestalt der revolutionären Intelligenz den eigenen Reihen entspringende politische Opposition die bürgerliche Klasse nicht zu bewegen vermag, nämlich bei der Verfolgung ihrer ökonomischen Zielsetzung, bei ihrem Wirken in Diensten des kapitalen Subjekts Flexibilität und Adaptionsvermögen zu beweisen, das gelingt der anderen, nur erst potenziellen politischen Opposition aus den Reihe der Lohnarbeiter und Tagelöhner, der noch gar nicht eigentlich virulenten Opposition also der den kapitalen Verwertungsprozess nicht weniger erleidenden als tragenden Volksmasse, der bürgerlichen Klasse sehr wohl abzutrotzen.
Und so kommt es am Ende zu dem oben bereits angedeuteten und auf den ersten Blick paradox anmutenden Phänomen, dass die eine, von der bürgerlichen Intelligenz getriebene Opposition, all ihrer sofortigen Aktualität zum Trotz, die politisch-ökonomische Entwicklung bloß vorübergehend, das heißt, bis sie sich selbst zugrunde gerichtet und aus der Welt geschafft hat, verzerren und in ihrem Ablauf zu stören vermag, wohingegen es der anderen, von der lohnarbeitenden Masse, dem Volk getragenen Opposition, obwohl sie nur erst potenziell, als vom kapitalen Verwertungsprozess heraufbeschworener Zukunftsprospekt existiert, die politisch-ökonomische Entwicklung, eben den kapitalen Verwertungsprozess, nachdrücklich abzulenken und in eine andere Richtung zu drängen gelingt.
Dabei ist, generell gesprochen, klar, worin Aufgabe und Zielsetzung der Anpassungs- und Kompromissbereitschaft bestehen muss, die jene zwar nur erst potenzielle, aber durch ihre Kollektivität und existenzielle Dringlichkeit schreckliche soziale Opposition und politische Gegenwehr der bürgerlichen Klasse abverlangt. Der bürgerlichen Klasse muss es, kurz gesagt, gelingen, die Fortsetzung und Entfaltung des kapitalen Verwertungsprozesses, der Basis ihres materialen Wohlstands und ihrer sozialen Stellung, mithin ihr eigenstes Interesse ist, mit der Schaffung beziehungsweise Erhaltung gesellschaftlicher Verhältnisse zu vereinbaren, die der in Form der revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien artikulierten und formell zum gemeinsamen Anliegen der gesamten bürgerlichen Gesellschaft erklärten Forderung nach personaler Freiheit, sozialer Gleichheit und kommunaler Solidarität, wenn nicht voll und ganz entsprechen, so jedenfalls doch nicht direkt ins Gesicht schlagen und vielmehr sei's auf irgendeine Weise, sei's in einem gewissen Maße Genüge tun. Die so kurzgefasste Aufgabenstellung lässt indes auch deutlich werden, dass es sich, logisch genommen und systematisch betrachtet, bei ihr um die Quadratur des Kreises handelt.
Im Zuge der ihm eingeschriebenen Ausbeutungs- und Umverteilungsstrategie kann ja, wie gezeigt, der kapitale Verwertungsprozess auf privateigentümlicher Basis gar nicht anders, als durch die Not und das Elend breiter Volksschichten charakterisierte gesellschaftliche Verhältnisse hervorzurufen beziehungsweise zu befördern, die sich, weil ihr A und O persönliche Abhängigkeit, sächlicher Zwang und menschliche Gleichgültigkeit sind, mit jener Forderung nach Freiheit des Einzelnen, Gleichheit aller und umfassender Gemeinschaftlichkeit nicht im Geringsten und auf keine Weise in Einklang bringen lassen. Logisch genommen und systematisch betrachtet, muss die bürgerliche Klasse entweder dem kapitalen Verwertungsprozess die Stange halten und folglich die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien als solche mit Füßen treten beziehungsweise sie auf die vexierbildlich-perverse Rolle von dem Verwertungsprozess zur Hand gehenden Sozialisierungsnormen beschränken, oder sie muss mit den revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien Ernst machen und dann aber den kapitalen Verwertungsprozess, wenn nicht de jure unter Anklage stellen und für unvereinbar mit dem revolutionären Gesellschaftsvertrag erklären, so jedenfalls doch de facto außer Kraft setzen und im Bemühen um die Implementierung des Gesellschaftsvertrages Abstand von ihm nehmen – Tertium non datur.
Oder vielmehr Secundum non datur, da ja der kapitale Verwertungsprozess grundlegend für den materialen Wohlstand und die soziale Stellung der bürgerlichen Klasse ist, mithin ihr eigenstes Interesse bildet, ihr so wesentlich ist wie sie sich selbst, und sie also, vor die Wahl zwischen formal geltendem revolutionärem Gesellschaftsvertrag und real herrschender politisch-ökonomischer Praxis gestellt, gar nicht anders kann, als sich gegen ersteren und für letztere zu entscheiden. Angesichts der Unvereinbarkeit oder Ausschließlichkeit der beiden Optionen und der alternativlosen Entschiedenheit, mit der die Klasse der einen von ihnen anhängt, kann deshalb auch, logisch-exakt genommen und systematisch-immanent betrachtet, die Rede von einer der bürgerlichen Klasse durch die bloße Aussicht auf jene andere, massenhafte Form von Opposition abgenötigten Anpassungs- und Kompromissbereitschaft eigentlich nur leeres Geschwätz sein, und scheint die Geschichte ihren unaufhaltsamen Lauf nehmen und die ihr, durch keinen archaischen Kontrapunkt mehr gestört und aufgehalten, den Takt schlagende kapitalistische Produktionsweise, von der sich die gesellschaftliche Reproduktion in Geiselhaft genommen findet, ihre ganze, sich aus der materialen Not und dem sozialen Elend, die sie schafft, speisende ökonomische Scheidekunst und politische Sprengkraft hervorkehren zu müssen. Die Anpassungs- und Kompromissbereitschaft des Kapitals und seiner mittelständischen Fraktion findet ihren Ausdruck in der Entscheidung für die militärische Option und den daraus folgenden Rüstungsanstrengungen. Die Schaffung einer großen Armee und die Umstellung der gesellschaftlichen Produktion auf Kriegsgüter wirken sich im Sinne einer Beseitigung oder jedenfalls Entschärfung des ökonomischen und sozialen Konfliktstoffs aus, den der sich selbst überlassene zivile Kapitalisierungsprozess der bürgerlichen Gesellschaft anzuhäufen tendiert.
Wie so oft in der historiographischen Vita der Gattung nicht weniger als im biographischen Leben des Individuums stehen indes auch hier historische Kontingenz und empirische Koinzidenz bereit, den kompromisslerischen Fortgang, den logische Stringenz und systematische Konsequenz eigentlich ausschließen, dennoch zu ermöglichen. ,,Historische Kontingenz" zielt dabei auf die Tatsache, dass das französische Staatswesen kein in sich geschlossener, geschweige denn monadisch in sich kreisender Kosmos, sondern Bestandteil eines Systems von Staaten, sprich, umgeben von territorialen Nachbarn und nationalen Konkurrenten ist, zu denen es zahlreiche, historisch gewachsene und fundierte Beziehungen unterhält, mit denen es seit alters politisch-diplomatischen Verkehr pflegt, ökonomisch-kommerziellen Austausch treibt beziehungsweise Wettstreit praktiziert und sich in wechselnden Konstellationen militärisch-streitbar verbündet und auseinandersetzt.
Und mit ,,empirischer Koinzidenz" ist der Umstand gemeint, dass die revolutionären Veränderungen in Frankreich, der soziale Wechsel der Macht von der ständischen Oberschicht zur bürgerlichen Klasse und die politische Transformation von der absolutistischen Monarchie zur repräsentativen Republik, bei den Nachbarn und Konkurrenten, die dadurch entweder wie Österreich und Preußen sich in ihrem eigenen politischen System und staatlichen Bestand bedroht oder wie England das Kräftegleichgewicht und die Stabilität auf dem Kontinent gestört und die durch das kontinentale Patt ermöglichte ungehinderte Verfolgung ihrer globalen ökonomischen Interessen in Frage gestellt sehen, auf Ablehnung und Widerstand stoßen und ein Klima kriegsgefährlicher Feindseligkeit erzeugen, also eine Konstellation schaffen, die die innere Front zwischen ständisch-absolutistischer Herrschaft und vom Volk gestützter bürgerlicher Klasse durch eine äußere zwischen dem revolutionären Frankreich und den reaktionären, den Systemwechsel in Frankreich als politische Bedrohung beziehungsweise als ökonomische Herausforderung ablehnenden Nachbarn ergänzt.
Und es ist diese der historischen Kontingenz des europäischen Staatensystems und der empirischen Koinzidenz der Reaktion, die die revolutionäre Entwicklung in Frankreich im europäischen Staatensystem erzeugt, geschuldete äußere Front, die die bürgerliche Klasse motiviert, um nicht zu sagen anstiftet, ihren Bedenken und Besorgnissen wegen der potenziellen und potenziell verheerenden Opposition und Gegenwehr, die sie durch ihr ökonomisches Treiben auf den Plan ruft, stattzugeben und eben jene Anpassungs- und Kompromissbereitschaft zu beweisen, die sie, logisch genommen und systematisch betrachtet, eigentlich gar nicht imstande ist aufzubringen. Worauf sie aus eigenem Antrieb und in freier Entscheidung nicht verfallen könnte, das legen ihr die äußeren Umstände und die Gelegenheit, die Diebe macht, nahe genug, um es als Lösung für die dilemmatischen sozialen und politischen Probleme, die ihre als kapitaler Verwertungsprozess perennierende ökonomische Strategie heraufbeschwört, beim Schopf zu ergreifen.
Redender Ausdruck dieser ihr durch die äußeren Umstände quasi aufgedrängten Anpassungs- und Kompromissbereitschaft, sprich, ihrer Bereitschaft, sich uno actu der Verfolgung und Förderung des kapitalen Verwertungsprozesses um die durch die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien, die Grundartikel des Gesellschaftsvertrags, gebotene Befriedigung der materialen Subsistenzbedürfnisse und Sicherung des sozialen Geltungsanspruchs aller Mitglieder der Gesellschaft zu bemühen – Ausdruck dieser Bereitschaft zum Einlenken ist ihre Kriegslüsternheit, der Eifer, mit dem sie, die äußere Front der Nachbarn und Konkurrenten beim noch gar nicht recht artikulierten Wort ihrer Feindseligkeit und Bedrohlichkeit nehmend, ihre politischen und ökonomischen Anstrengungen auf die militärische Option zu setzen beginnt.
Dass die bürgerliche Klasse in eilfertiger Reaktion auf die sich formierende äußere Front in die Offensive geht und für die militärische Auseinandersetzung mit letzterer zu rüsten und mobil zu machen beginnt, dokumentiert gleich in mehrfacher Hinsicht ihre Bereitschaft zum Kompromiss zwischen dem Imperativ verwertungsprozessualer Akkumulation und Ausbeutung und einer auf die sozialverantwortliche Neuordnung der gesellschaftlichen Verhältnisse gerichteten Initiative.
Erstens und vor allem schafft sie mit dem Kernstück ihrer Rüstungs- und Mobilmachungsanstrengungen, mit der per Levée en masse, per Massenaufgebot, ins Leben gerufenen und von revolutionärer Begeisterung getragenen Armee nämlich, eine Art Alternativgesellschaft, eine, wenn man so will, Gegenversion zur bürgerlichen Gesellschaft, die das, was die letztere nicht in die Tat umzusetzen erlaubt, die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien, in gewisser Weise Wirklichkeit werden lässt und sich damit als zugleich Schauplatz und Exerzierfeld neuer und, zumindest in militärischer Hinsicht, unwiderstehlich innovativer und durchschlagend effektiver Organisations- und Aktionsformen präsentiert. Als eine Einrichtung, die ihre Mitglieder vorab als ebenso atomare wie uniforme und durch keinerlei persönliche Abhängigkeit oder herkömmliche Botmäßigkeit prädisponierte Individuen gelten lässt, die ihnen, was ihre Stellung in der Organisationsstruktur und Handlungsbefugnis betrifft, weitgehende Chancengleichheit und Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet und die dadurch einen in zivilisierten, sprich, von hierarchischen Machtstrukturen bestimmten Gesellschaften unbekannten Korpsgeist entfacht und schafft, stellt die Armee eine wie immer funktionell besonderte und institutionell beschränkte Version jener Gemeinschaftlichkeit unter Beweis, die die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit propagieren und die ins Werk zu setzen, der ihrer ökonomischen Bestimmung, dem kapitalen Verwertungsprozess imperativisch verpflichteten bürgerlichen Gesellschaft als ganzer versagt ist. Insofern erfüllt die Armee die Rolle schlimmstenfalls einer Ersatzleistung, die den auf der bürgerlichen Gesellschaft lastenden Erfolgsdruck mindert, weil sie immerhin in parte verwirklicht, was in toto unmöglich bleibt, oder bestenfalls eines Vorzeigeobjekts, das als spezielles Versuchsmodell präsentiert, was irgendwann in der Zukunft die generelle Regel sein wird.
Und während sie so den ideologischen Sinn erfüllt, den revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien ersatzweise oder im Vorgriff Genüge zu tun, dient die Armee zweitens und gleichzeitig dem praktischen Zweck, den vom kapitalen Verwertungsprozess beziehungsweise vom agrarischen Pachtwesen und seinem Bauernlegen Außenvorgelassenen beziehungsweise Freigesetzten und dadurch zu Armut und Elend Verurteilten eine Zuflucht, um nicht zu sagen Heimstatt zu bieten, ihnen die materiale Subsistenz und die soziale Existenz zu sichern und so den gesellschaftlichen Sprengstoff zu beseitigen oder jedenfalls zu entschärfen, den das wachsende Heer von Arbeitslosen und Tagelöhnern, die direkte und indirekte Nebenwirkung der Rosskur, der das Kapital die Gesellschaft unterzieht, andernfalls darstellt.
Damit nicht genug, eröffnet drittens und mehr noch die Armee mit ihrem Bedarf an Waffen und Ausrüstung, ihrem Anspruch auf Versorgung und Nachschub dem kapitalen Verwertungsprozess neue Betätigungsfelder und Entfaltungsräume, die die mit der Entscheidung für und Konzentration auf die militärische Option einhergehenden Einschränkungen im Bereich der zivilen Güterproduktion und Dienstleistung und die entsprechenden Einbußen an in diesen Bereichen zu erzielenden Gewinnen ausgleichen oder sogar mehr als wettmachen und also sicherstellen, dass der kapitale Verwertungsprozess zwar seinen Schwerpunkt verlagert und seine Produkte und Leistungen dem zivilen Konsum entzieht und in den Dienst der militärischen Rüstung stellt, dessen ungeachtet aber, was seine Wertschöpfungsperspektive und seine darin implizierte Akkumulationsstrategie angeht, ebenso sehr Kurs wie sich schadlos zu halten vermag.
Und viertens und zu guter Letzt hat diese Schwerpunktverlagerung des Verwertungsprozesses vom zivilen Konsum auf die militärische Rüstung noch den angenehmen, weil dem inneren Frieden förderlichen Zusatzeffekt einer Minderung des Ausbeutungsdrucks, dem das Kapital die von ihm beschäftigten und unter seiner Regie produzierenden Lohnarbeiter und Tagelöhner aussetzt. Der Grund für diese relative Entlastung der Lohnarbeit und Entspannung des durch sie bestimmten Ausbeutungsverhältnisses ist in der Tatsache zu finden, dass die Schwerpunktverlagerung von der zivilen zur militärischen Produktion ja gleichbedeutend ist mit einem Wechsel des hauptsächlichen Abnehmers und Verbrauchers der Produkte. An die Stelle der privaten Konsumenten, der natürlichen Personen, die die per Verwertungsprozess hergestellten zivilen Güter und Leistungen brauchen, um ihre persönlichen Bedürfnisse und gesellschaftlichen Ansprüche zu befriedigen, tritt der als öffentliche Hand firmierende Staat, der die per Verwertungsprozess produzierte militärische Ausrüstung und Versorgung braucht, um seine mit anderen Mitteln, den Mitteln militärischer Gewalt, fortgesetzte Politik verfolgen und das hierfür erforderliche Instrument, die Armee, ins Feld führen und funktionsfähig erhalten zu können.
Konkreter gesagt, sind die Abnehmer und Verbraucher die den Staat verwaltenden, die öffentliche Hand führenden und betätigenden Politiker, Bürokraten und Militärs, die jener staatlichen Konsumtätigkeit nicht als persönlich von ihr Betroffene, sondern ausschließlich als amtlich mit ihr Befasste obliegen. Eben dies aber, dass die Staatsdiener verschiedener Couleur in ihrer Konsumentenrolle nicht eigene, mit ihrer zivilen Existenz verknüpfte Bedürfnisse befriedigen, sondern nur dem Bedarf des auf die militärische Option setzenden Staatswesens nachkommen und dass sie dies natürlich nicht mit ihren eigenen finanziellen Mitteln tun, sondern dafür Etatmittel, die ihnen anvertrauten öffentlichen Gelder, einsetzen – eben dies macht, dass sie tendenziell weit großzügiger beziehungsweise bedenkenloser wirtschaften, weit weniger auf den Pfennig schauen, als sie andernfalls täten. Weil bei ihrer Konsumententätigkeit der eigene Vorteil nicht im Spiel ist, das subsistenziell eigene Interesse nicht von ihr berührt wird, tätigen sie Käufe und akzeptieren sie Preise, die ebenso eindeutig zu Lasten des Etats gehen und dem Staat zum Nachteil gereichen, wie sie den Anbieter und Lieferanten der Rüstungsgüter und Versorgungsleistungen bevorteilen und ihm unverhältnismäßig hohe Gewinnspannen bescheren.
Wesentlich verstärkt wird das tendenzielle Ungleichgewicht der von den Kontrahenten, dem bürokratischen Käufer der Rüstungs- und Versorgungsgüter und ihrem kapitalistischen Verkäufer, eingenommenen Verhandlungspositionen, das sich aus dem mangelnden Eigeninteresse des ersteren erklärt und den Staat teuer zu stehen kommt – verstärkt wird diese Schieflage noch dadurch, dass teils das Kriegsglück, die Unvorhersehbarkeit des Verlaufs der kriegerischen Unternehmungen, immer wieder Situationen heraufbeschwört, in denen der Bedarf an Gütern und Leistungen äußerste Dringlichkeit erlangt und die dringliche Nachfrage den Anbietern Möglichkeiten zu einer erpresserischen Preisgestaltung eröffnet, teils die staatlichen Käufer der Güter und Leistungen sich durch die hohen Geldsummen und die weitgehende Verfügungsgewalt über letztere, die ihnen der Ausnahmezustand, den jeder Krieg darstellt, verleiht, korrumpieren, also dazu verleiten lassen, mit den Verkäufern gemeinsame Sache zu machen und ihnen gegen eine stillschweigende Beteiligung am Geschäft, gegen Schmiergelder und Bestechungen mit anderen Worten, günstige Vertragskonditionen einzuräumen und aus freien Stücken überhöhte Preise zu zahlen.
Dies alles – das mangelnde Eigeninteresse der politischen, bürokratischen und militärischen Sachwalter des Großkonsumenten Staat ebenso wie die Gelegenheiten für Erpressung und Korruption, die der Kriegszustand eröffnet – wirkt zusammen und sorgt für überdurchschnittlich beziehungsweise unverhältnismäßig hohe Profitraten, die die Kriegsproduktion, die Herstellung von Rüstungs- und Versorgungsgütern für die Armee beziehungsweise den Handel mit ihnen, zu einem äußerst lukrativen Geschäft machen und die – womit wir wieder bei dem willkommenen Nebeneffekt der Schwerpunktverlagerung des kapitalen Verwertungsprozesses von der zivilen auf die militärische Produktion wären – eben wegen dieser ihrer Einträglichkeit den mittels Verwertungsprozess entfalteten Ausbeutungsdruck zu mindern tendieren, indem sie den Herstellern und Lieferanten erlauben, ihre Profitsucht aus dem Fundus staatlicher Finanzkraft statt aus den Quellen menschlicher Arbeitskraft zu stillen.
Die Entscheidung für die militärische Option bedeutet eine Umrüstung und Überführung ziviler Wirtschaft in Kriegsindustrie, was zu einer Überforderung des Staatshaushalts führt, der sich ja im Wesentlichen aus den Erträgen der zivilen Wirtschaft speist. Der Staat sieht sich gezwungen, bei seinen Bürgern Kredite aufzunehmen. Da er aber als Finanzierer seiner Armee und ihrer Rüstung nur Konsument ist, keine Wertschöpfung betreibt, kann er die aufgenommenen Kriegsanleihen nicht bedienen, geschweige denn zurückzahlen, und steuert unweigerlich auf den Bankrott zu.
Die bürgerliche Klasse hat also gleich mehrere gute Gründe, unter dem Eindruck der ansatzweise aktuellen, in der Hauptsache aber noch eher potenziellen Gefahr des durch ihr eigenes ökonomisches Tun und Betreiben erzeugten sozialen Sprengstoffs und provozierten politischen Widerstands die besagte Anpassungs- und Kompromissbereitschaft zu beweisen und jene im Doppelsinne des Wortes als Umrüstung zu bezeichnende Schwerpunktverlagerung des kapitalen Verwertungsprozesses, seine Umorientierung von der Produktion ziviler auf die Herstellung militärischer Güter und Leistungen zu vollziehen.
Freilich hat das Ganze einen gewaltigen Pferdefuß, der es rasch zweifelhaft werden lässt, ob die zur Umrüstung des kapitalen Verwertungsprozesses motivierenden guten Gründe nicht in Wahrheit in einen katastrophischen Abgrund führende Eingebungen des Bösen sind. Dabei zielt die Rede vom diabolischen Pferdefuß in erster Linie nicht so sehr auf die weiterreichenden und längerfristigen Konsequenzen der Umrüstung, sondern auf deren unmittelbare Implikationen. Die Umrüstung bedeutet ja, wie auf der Hand liegt und wie bereits erwähnt, dass als Auftraggeber und Käufer der Produkte und Leistungen an die Stelle der vielen zivilen Verbraucher ein Haupt- und Staatskonsument, eben das Staatswesen mit seinem Etat tritt. So gewiss es der Staat ist, der durch seine Entscheidung für die militärische Option den kapitalen Verwertungsprozess mit der Produktion von Rüstungs- und Versorgungsgütern beauftragt und beschäftigt, so gewiss ist er es auch, der die Zeche, die er infolgedessen bei den kapitalen Verwertern, den Fabrikanten und Großhändlern macht, bezahlen muss. Bezahlen aber muss er sie aus seinem Etat, der sich im Wesentlichen aus den Steuern und Abgaben der Staatsbürger speist.
Genau hier aber liegt das Problem: Diese Steuern und Abgaben, die den Großteil des Etats bilden, sind ja nichts weiter als die Frucht der staatlichen Teilhabe an den Wertschöpfungsprozessen der zivilen Wirtschaft, der Anteil an dem im Zuge der gesellschaftlichen Reproduktion vom kapitalistischen Produktionsapparat, der letztere organisiert, geschaffenen Wert, den in Form von Lohn-, Unternehmens- und Verbrauchssteuern der Staat für sich reklamiert und fiskalisch mit Beschlag belegt. So gesehen bedeutet also die durch die Wahrnehmung der militärischen Option bedingte Schwerpunktverlagerung des kapitalen Verwertungsprozesses gar keinen wirklichen Geländewechsel, sondern bloß eine Art Terrassierung des vorhandenen zivilwirtschaftlichen Terrains, eine ganz und gar im Rahmen des letzteren sich haltende Erweiterung des verwertungsprozessualen Betätigungsfeldes, baumetaphorisch gesprochen, ein dem Erdgeschoss der zivilen Wirtschaft als tragendem Fundament aufgesetztes beziehungsweise aufgebürdetes Obergeschoss.
So gewiss der ganze auf die Rüstung und Versorgung der Armee abgestellte Wertschöpfungsprozess, auf den hin die militärische Option die Volkswirtschaft umlenkt, als Finanzierungsgrundlage den staatlichen Etat hat, der sich im Wesentlichen aus Steuergeldern, aus der fiskalischen Beteiligung des Staates am Wertprodukt des als zivile Ökonomie oder Volkswirtschaft gegebenen kapitalen Verwertungsprozesses speist, so gewiss ist er im Grunde nur ein Ableger des letzteren, eine Art Zweitverwertung des infolge der Erstverwertung dem Staat zugefallenen Wertanteils und steht und fällt also mit dem Erfolg, dem Wachstum und Gedeihen jener als Erstverwertung apostrophierten zivilen Wertschöpfung.
Eben diesen Erfolg der zivilen Wertschöpfung aber stellt der im Sinne der militärischen Option umgerüstete Verwertungsprozess gleichzeitig in Frage oder beeinträchtigt ihn zumindest, insofern er sich ja nolens volens einer Verlagerung wirtschaftlicher Aktivitäten verdankt, Arbeit und Tätigkeit, die bislang der zivilen Wertschöpfung dienten und zugute kamen, an sich zieht und für seine kriegerischen Zwecke in Dienst nimmt, mithin gar nicht anders kann, als sich auf Kosten der zivilen Wertschöpfung zu entfalten, ihr das Wasser abzugraben, um es auf seine Mühlen zu leiten.
Das also ist das fatale Dilemma, in dem sich der kriegswirtschaftlich umgerüstete kapitale Verwertungsprozess, all seinem Potenzial zur politischen Entschädigung und ökonomischen Entlastung, kurz, zum sozialen Ausgleich und inneren Frieden zum Trotz, zwangsläufig wiederfindet, dass er als bloßer Ableger beziehungsweise Auswuchs der zivilen Wertschöpfung auf letzterer aufbaut und auf sie angewiesen ist, von ihr gespeist wird und von ihr zehrt, und zugleich doch gar nicht umhin kann, mit ihr zu konkurrieren, ihr die Mittel und Kräfte der Wertschöpfung streitig zu machen und so denn vielmehr an ihr, statt bloß von ihr zu zehren, sie, die ihn doch speisen soll, seinerseits zu verschlingen strebt, kurz – um den abgrundtiefen Widerspruch mit Hilfe der obigen Metapher noch einmal recht deutlich zu machen –, sich eben das Wasser abzugraben, das er auf seine Mühlen leitet.
Diesem Dilemma einer die zivile Wertschöpfung uno actu voraussetzenden und untergrabenden Verwendung des Etats entrinnen kann der auf die militärische Option setzende Staat nur, wenn ihm gelingt, für den Aufbau der Kriegsmaschinerie andere Finanzierungsquellen als seine fiskalischen Einnahmen aufzutun. Die beiden alternativen Finanzierungsquellen, die hier in Frage kommen, hat bereits die Vorgängerin der Republik, die absolutistische Herrschaft, erschlossen und zum festen Bestandteil ihrer Finanzpolitik gemacht. Da sind zum einen die nicht dem Fiskus geschuldeten, sondern aus Kriegsbeute, Tributen und der Ausbeutung heimischer und kolonialer Bodenschätze stammenden, thesaurischen Elemente des Staatsvermögens und zum anderen das Schuldenmachen.
Was den Einsatz der als Staatsschatz im engeren Sinne firmierenden thesaurischen Elemente des Staatsvermögens angeht, so hat freilich schon die absolutistische Herrschaft sattsam demonstriert, wie wenig er als Problemlösungsstrategie tatsächlich taugt und wie sehr er sich durch die inflationäre Entwicklung, die er nolens volens auslöst und vorantreibt, als kontraproduktiv erweist und die von der Herrschaft mit ihm intendierte Entlastung des kapitalistischen Produktionsapparats von der doppelten Bürde herrschaftlicher Verschwendung und etatistischer Konsumkrafterzeugung durch die gleichzeitige Aushöhlung und Schwächung der Konsumkraft und die darin beschlossene Verschlechterung der materiellen Lage und Zerrüttung der sozialen Verhältnisse sämtlicher Gruppen und Schichten der Gesellschaft teuer erkauft sein lässt.
Als wesentlicher Beweggrund für den Ausbruch der Revolution schlägt jene thesaurisch-inflationäre Finanzierungspolitik mit ihren den Lebensstandard und gesellschaftlichen Status aller Beteiligten beeinträchtigenden Folgen der absolutistischen Herrschaft zum offenkundigen Verderben aus. Wie viel mehr muss dies beim republikanischen Staatswesen der Fall sein, das ja mit seiner militärischen Option explizit auf eine Erleichterung der materiellen Lage der dem kapitalistischen Ausbeutungsdruck ausgesetzten Bevölkerung und damit Sicherung des sozialen Friedens zielt und das mit einer thesaurischen Finanzierungspolitik und ihren inflationären Folgen diese seine Absicht stracks konterkarieren und das genaue Gegenteil, nämlich wachsende materielle Not und soziale Unzufriedenheit, bewirken würde.
Verbietet sich aber die Finanzierung der Armee und ihrer Rüstung und Versorgung durch eine aus thesaurischen Quellen gespeiste und nolens volens in einer inflationären Entwicklung, einem Geldwertverfall resultierende Geldschöpfungspolitik von selbst, so bleibt nur der andere Finanzierungsweg, das Schuldenmachen. Und ihn schlägt das republikanische Staatswesen denn auch entschlossen ein: Es besorgt sich das für die Rüstung und Versorgung der Armee nötige Geld, das es sich auf fiskalischem Wege nicht oder nur durch Trockenlegung beziehungsweise Schlachtung seiner Milchkuh, sprich, durch eine Schädigung oder Demontage der kapitalistischen Wirtschaft, aus der es seine Steuern und Abgaben zieht, zu beschaffen vermöchte – es besorgt sich also das nötige Geld mittels Staatsanleihen bei seinen Bürgern, finanziert die Kriegsmaschinerie, die es in Wahrnehmung der militärischen Option auf- und ausbaut, auf Kredit, jenen Kredit, den ihm in Form von überschüssigen Finanzmitteln, die sie ihm zur Verfügung stellen können, die Mitglieder der Gesellschaft einräumen, zu Deutsch, auf den Treu und Glauben, den sie ihm und seinen Planungen und Unternehmungen schenken und den sie in Gestalt ihres ihm anvertrauten, ihm zu treuen Händen übergebenen Geldes unter Beweis stellen.
,,Auf Treu und Glauben" und ,,zu treuen Händen" schließt freilich die Erwartung ein, dass der Staat den Bürgern das Geld, das sie ihm leihen, nach einer bestimmten Frist auch wieder zurückerstattet, und zwar mit Zins, will heißen, vermehrt um den für Leihgeschäfte wie etwa Bankeinlagen und Sparguthaben marktüblichen Prozentsatz, allgemeiner gefasst, vergrößert um die dem Gewinnanspruch, den Personen mit dem Geld, das sie anderen Personen oder Einrichtungen zum Gebrauch überlassen, herkömmlicherweise verknüpfen, entsprechende Proportion. So gewiss der Staat sich gezwungen sieht, das für seine militärischen Ausgaben nötige Geld, das er sich auf fiskalischem Wege nicht zu beschaffen vermag, per Kreditaufnahme auf dem Markt zu besorgen, sich bei den Bürgern nicht als Steuerpflichtigen, sondern als Privateigentümern zu leihen, so gewiss muss er sich den Marktgepflogenheiten anpassen und muss sich als normaler, privatwirtschaftlicher Kreditnehmer verhalten, der das Geld, das ihm andere leihen, zu mehren und die anderen für den Kredit, den sie ihm gewähren, am damit erzielten Gewinn zu beteiligen verspricht.
Tatsächlich gehört es ja von Anbeginn der kommerziellen Instrumentalisierung des Herrenguts Edelmetall, seiner Verwendung als allgemeines Äquivalent oder Geld, zur eigensten Logik des letzteren, dass derjenige, der über es verfügt und mit ihm Produkte menschlicher Arbeit eintauscht, nicht um diese selber zu gebrauchen, sondern um sie anderen, die sie brauchen, im Austausch für das Geld, gegen das er sie eingetauscht hat, zu überlassen – dass also der Betreffende für solche Vermittlungs- oder Maklertätigkeit an den Produkten, die er eintauscht, in der Form teilzuhaben beansprucht, dass er einen Teil des in ihnen steckenden Werts stillschweigend reklamiert und durch ihren Austausch, ihren Verkauf, als sein Eigen realisiert. Und an dieser Logik ändert sich nicht das Geringste, wenn der Betreffende, statt selber sein Geld kommerziell zu verwenden, es in Arbeitserzeugnisse zu investieren und durch deren Verkauf zu mehren, dies anderen überlässt, sprich, ihnen sein Geld zu treuen Händen, als Kredit, zur Verfügung stellt, damit sie es kommerziell nutzen, sprich, es auf die geschilderte Weise mehren und ihn, den Kreditgeber, dann in angemessener, das heißt, ihre, der Kreditnehmer, Tätigkeit und Leistung in Rechnung stellender Proportion an dem vermehrten Geld, dem in Geldform realisierten Mehrwert, ihrem Gewinn, beteiligen. So gewiss das Kreditwesen, die zu treuen Händen erfolgende Verleihung von allgemeinem Äquivalent, integrierender Bestandteil der kommerziellen beziehungsweise – in der Konsequenz der kapitalistischen Integration der Produktionssphäre in den Markt – industriellen Verwendung des letzteren ist, so gewiss gehorcht es der diese kommerzielle beziehungsweise industrielle Verwendung beherrschenden Logik, und das gilt auch hier, wo der Kreditnehmer das Gemeinwesen, der Staat ist und die Kreditgeber die Mitglieder des Gemeinwesens, die Bürger des Staates sind.
Nur dass in diesem Fall beim Kreditnehmer von einer kommerziellen Verwendung gar keine Rede sein kann, weil er, der Staat, in Wahrnehmung der – eine ideologische und praktische Konflikt- und Krisenbewältigung im Innern verheißenden – militärischen Option das ihm von seinen Bürgern geliehene Geld ja ausschließlich für den Aufbau einer Armee und für deren Ausrüstung und Verpflegung verwendet, das heißt, nicht als Produzent oder in Produktion Investierender, sondern einzig und allein als Verbraucher, als Produkte direkt, per Rüstungs- und Versorgungsausgaben, und indirekt, per Besoldung der Soldaten, Konsumierender tätig wird. Weit entfernt davon, dass der Staat mit dem ihm von seinen Bürgern zu treuen Händen, als Kredit, überlassenen Geld industrielle Wertschöpfung oder eine kommerzielle Abschöpfung von Wert betriebe beziehungsweise durch Investition des Geldes sich die Teilhabe an der einen oder anderen Form der Wertaneignung erkaufte, verbraucht er es bloß für sich selbst, für sein eigenes Dasein und Wohlergehen beziehungsweise die Existenz des militärischen Corpus, das ihm sein Dasein und Wohlergehen sichern soll, dafür mit anderen Worten, dass er sich gegen seine äußeren Gegner, die Feinde seines republikanischen Regierungssystems, zu behaupten und sie in Schach zu halten beziehungsweise über sie den Sieg davonzutragen und sie niederzuringen vermag.
Wie sollte wohl dieser als reiner Konsument agierende Kreditnehmer Staat, der in eigener Person oder Korporation das ihm von seinen Bürgern geliehene Geld zusammen mit dem größten Teil seines regulären Etats konsumiert, beides für sich beziehungsweise seinen bewaffneten Arm, für die Stärkung seiner Wehrkraft verbraucht, jemals in der Lage sein, der mit allem Kredit verknüpften Kondition einer zinstragenden Rückzahlung an den Kreditgeber nachzukommen? Wie sollte er, der auf Pump wesentliche Teile des kapitalen Produktionsapparats für seinen militärischen Zweck arbeiten lässt und der das auf Pump tun muss, weil der in Steuern und Abgaben bestehende Gewinn, den er aus dem kapitalen Produktionsapparat zieht, sein Anteil am Ertrag der kapitalen Wertschöpfung, so gewiss er ihn für den militärischen Zweck verbraucht, sich selber das Wasser abgräbt und also logischerweise mehr und mehr außerstande zeigt, letzteren zu erfüllen – wie sollte dieser Staat wohl die Zinsen für das geliehene Geld aufbringen, geschweige denn die aufgenommene Schuld selbst tilgen können?
Er kann es nicht, kann es genauso wenig wie seine Vorgängerin, das vorrevolutionäre Ancien Régime, die sich, wie gesehen, gleichfalls aufs Schuldenmachen verlegende absolutistische Herrschaft – und kann es sogar noch weniger als sie, weil bei ihr das Schuldenmachen sich bloß als kontingente Konsequenz und letzter Ausweg einer etatistischen, eigentlich auf die Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft und mithin die Förderung der zivilen Wirtschaft gerichteten, aber durch den repräsentativ-verschwenderischen Lebensstil, den sie, die Herrschaft pflegt, in die Unseriosität getriebenen Finanzpolitik ergibt, während beim republikanischen Staat das Schuldenmachen die notwendige Implikation beziehungsweise logische Folge seiner militaristischen Wendung und seiner dem entsprechenden wirtschaftspolitischen Entscheidung ist, große Teile des kapitalistischen Produktionsapparats für die staatlich finanzierte Ausrüstung und Versorgung einer en masse mobilisierten und durch ebenso viel Schlagkraft wie Kampfbereitschaft ausgezeichneten Armee, sprich, für Zwecke eines reinen, mit keinerlei Wertschöpfungsperspektive verknüpften staatlichen Konsums, in Anspruch zu nehmen.
Der republikanische Staat verhält sich also genauso wie jeder gewöhnliche Privatmann, der über seine Verhältnisse lebt, der mehr verbraucht, als er hat beziehungsweise einnimmt, und der das nur kann, weil und solange ihm andere, seine Mitmenschen, Bankinstitute oder sonstige Einrichtungen, den nötigen Kredit einräumen, ihm Geld zu den marktüblichen Konditionen oder auch zu Wucherzinsen leihen. Und wie jeden gewöhnlichen Konsumenten erwartet auch ihn am Ende dieses unschwer als Sackgasse erkennbaren Weges die Zahlungsunfähigkeit, der Bankrott. Ihn kann er nur dadurch hinauszögern, dass er immer neue Kredite aufnimmt, um wenigstens die Zinsen für die alten bezahlen zu können, oder dass er Umschuldungen erwirkt, denen seine Gläubiger aus Angst, ihre ganze Forderung einzubüßen, und in der Hoffnung darauf, dass ihr Schuldner durch ein Wunder doch noch die Zahlungsfähigkeit zurückerlangt, zustimmen.
Vermeiden aber kann der republikanische Staat den Bankrott, dem er auf diesem Weg eines Lebens auf Pump todsicher entgegeneilt, nicht, und tatsächlich muss er bereits sieben Jahre nach seiner ersten Entscheidung für die militärische Option den Offenbarungseid leisten, sich von sich aus, von Staats wegen, für zahlungsunfähig erklären. Damit aber ist wirtschaftspolitisch eklatant gescheitert, was erst einmal als sozialpolitisch kommode Lösung für die Probleme erscheint, die der fortlaufende und von den Fesseln absolutistischer Willkür und Eigensucht befreite kapitale Verwertungsprozess der Republik einzubrocken droht, Probleme, die noch dadurch wesentlich an Brisanz und Konfliktträchtigkeit gewinnen, dass sie dem von der Republik ideologisch hochgehaltenen revolutionären Vergesellschaftungsprogramm offenkundig zuwiderlaufen und damit dem unschwer als ihr Urheber erkennbaren kapitalen Verwertungsprozess das Zeugnis seiner Unvereinbarkeit mit jenem Vergesellschaftungsprogramm, sprich, seiner im diametralen Widerspruch zu seinem ökonomischen Siegeszug politischen Unhaltbarkeit ausstellen.
Durch die ablehnende Haltung beziehungsweise die feindseligen Maßnahmen der um ihre politische Stabilität beziehungsweise ihre ökonomische Vormachtstellung fürchtenden Nachbarn der Republik angestachelt und förmlich gedrängt, setzt die bürgerliche Klasse drei Jahre nach Ausbruch der Revolution in der Nationalversammlung die Kriegserklärung an zwei der Gegner durch und entscheidet sich damit im Prinzip für die militärische Option, weil sie sich davon gleich in mehrfacher Hinsicht eine Lösung oder Linderung ihrer zunehmenden internen Schwierigkeiten und Nöte verspricht und nämlich mittels Schaffung und Unterhaltung einer von vorurteilsloser Akzeptanz, Chancengleichheit und Gemeinschaftsgeist geprägten Volksarmee hofft, erstens der revolutionären Forderung nach einer neuen Form der Vergesellschaftung wenigstens partiell beziehungsweise substitutiv Genüge zu tun, zweitens den durch den fortschreitenden kapitalen Verwertungsprozess allzu massiv Ausgebeuteten oder gar um Lohn und Brot Gebrachten ein institutionelles Auffangbecken zu bieten, drittens dem kapitalen Akkumulationsprozess sein so oder so beschaffenes Betätigungsfeld, seinen wenn nicht in zivil finanzierter Gütererzeugung, so eben in staatlich alimentierter Rüstungsproduktion bestehenden Entfaltungsraum zu sichern und viertens gar noch durch diesen staatlich alimentierten Entfaltungsraum den vom kapitalen Akkumulationsprozess auf die gesellschaftliche Arbeitskraft ausgeübten Ausbeutungsdruck zu verringern.
Nicht, dass die Hoffnung auf eine gleich in vierfacher Hinsicht spürbare Entlastung des Gemeinwesens von sozialem Druck und auf eine Entschärfung der dem sozialen Druck entspringenden und durch die programmatischen Forderungen des revolutionären Bewusstseins noch sprengkräftiger gemachten politischen Konfliktsituation völlig fehlginge und nicht in einem gewissen Grade Erfüllung fände, wie ja auch durch die ersten zehn Jahre des nachrevolutionären Gemeinwesens bezeugt, die, abgesehen von der zwischenzeitlichen terreur, dem all seiner beträchtlichen Kollateralschäden zum Trotz im Wesentlichen als Selbstzerfleischungsorgie anzusehenden Amoklauf der Intelligenzia, durchaus als Jahre eines gedeihlichen Zusammenlebens und von Aufbruchsstimmung getragenen effektiven Gemeinschaftssinns gelten können.
Aber erkauft ist, wie gesagt, die der Entscheidung für die militärische Option geschuldete und jene Hoffnung auf interne Entspannung halbwegs in Erfüllung gehen lassende politisch-ökonomische Entwicklung, die das nachrevolutionäre Staatswesen nimmt, durch ein Leben auf Pump, eine auf den Kredit der Bürger, sprich, ihre Erwartung, sich am Ende durch das öffentliche Handeln persönlich bereichert zu finden, gegründete staatliche Existenz – und solch ein Leben auf Pump kann nur so lange währen und gut gehen, wie es dem Kreditnehmer gelingt, sich zumindest den Anschein der Kreditwürdigkeit zu erhalten, sprich, die fatale Tatsache, dass er das Geliehene nur konsumiert und nicht produktiv verwendet, nicht wertschöpferisch vermehrt, durch die Aufnahme immer neuer Kredite zu kaschieren vermag.
In dem Augenblick, da dies nicht länger möglich ist, weil die verfügbaren neuen Kredite die Schulden- und Zinslast der alten nicht mehr aufzufangen vermögen, wird die Sackgasse, in die sich der staatliche Kreditnehmer hineinmanövriert hat, offenbar und muss er seinen eben deshalb als Offenbarungseid firmierenden Bankrott anmelden. Zehn Jahre nach Ausbruch der Revolution ist es soweit, und der Staat muss den Weg, den er drei Jahre nach Ausbruch der Revolution mit seiner Entscheidung für die militärische Option eingeschlagen hat, nolens volens als Sackgasse realisieren und sich für zahlungsunfähig erklären.
Der mittels Entscheidung für die militärische Option unternommene Versuch einer sozialpolitischen Bewältigung der der bürgerlichen Republik durch ihren ökonomischen Reproduktionsmechanismus, den kapitalen Verwertungsprozess, bescherten Probleme scheitert an der Klippe seiner finanzpolitischen Umsetzung. So gewiss der republikanische Staat sich zur Lösung seiner ökonomiebedingt sozialpolitischen Probleme als Großkonsument in Sachen Kriegsrüstung etabliert und so gewiss er seine konsumtive Rolle durch das der Logik kommerzieller Wertakkumulation ebenso sehr verhaftete wie entsprungene Mittel der Kreditaufnahme finanziert, so gewiss steht er am bitteren Ende ebenso zahlungsunfähig wie hochgerüstet, ebenso mittellos wie wehrhaft, will heißen, ebenso faktisch ohnmächtig wie praktisch schlagkräftig da. Sein Bemühen, inneren Frieden durch äußere Kriegsbereitschaft zu erwirken, ist also auf der ganzen Linie der dafür erforderlichen finanzpolitischen Vorgehensweise fehlgeschlagen.
Dem Staatsbankrott entrinnen lässt sich nur, wenn das Konsumgut Armee als eine Art von Produktionsmittel realisiert, sprich, die Streitmacht aus einem Verteidigungs- und Selbstbehauptungsinstrument in einen Okkupations- und Extraktionsapparat überführt wird. Dessen besonderer Vorzug besteht darin, dass er nicht nur mittels Konfiskationen und Reparationen einen wesentlichen Beitrag zur heimischen Volkswirtschaft zu leisten, sondern auch per Requisitionen und Kontributionen für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen vermag. Diese Umfunktionierung der Armee verändert freilich die konstitutionellen Grundlagen der Republik, weil in ihrer Konsequenz der Staat zum bevollmächtigten Sachwalter zweier der drei maßgebenden gesellschaftlichen Gruppen, nämlich der Gruppe der dank Geld Konsumierenden und der mittels Geld Subsistierenden, will heißen des bürgerlichen Mittelstands und des lohnarbeitenden Volks, avanciert und nurmehr mit der dritten Gruppe der kraft Kapital Produzierenden, also der Bourgeoisie, zu kontrahieren braucht, womit die repräsentativ-parlamentarische Ordnung der Republik de facto obsolet ist.
Oder vielmehr wäre es das, wäre der auf die militärische Option setzende Staat tatsächlich nichts weiter als ein stinknormaler und nur eben ins Gigantische vergrößerter, weil nicht als natürliche Person, sondern als körperschaftliche Institution firmierender Konsument, nichts weiter mithin als ein seiner eigenen Befriedigung und Versorgung beziehungsweise der Befriedigung und Versorgung seiner diversen Organe lebender Haupt- und Staatsverbraucher, und bärge nicht, recht besehen, seine Form des Konsums ein ironisch so zu nennendes Produktionspotenzial, böte nicht mit anderen Worten das zur Heilung beziehungsweise Linderung sozialer Nöte und interner Gebrechen angewandte Rezept einer per Aufbau einer Armee und Kriegsrüstung verfolgten staatlichen Selbstversorgung und Eigenstärkung durchaus die Möglichkeit und Disposition zu einer staatlich organisierten und das Staatswesen als eine Art von Wirtschaftsunternehmen, einen Wertschöpfer sui generis erweisenden subsistenziellen Vorsorge, wo nicht gar effektiven Reichtumsbeschaffung.
Nicht zwar im habituell ökonomischen Sinne, das heißt, auf kommerziell-industrielle Weise, wohl aber auf originell anderem, eben militärischem Wege, sprich, via Expropriation der gegnerischen Gemeinwesen, mittels ihnen aufgebürdeter Reparationen und Kontributionen, lassen sich nämlich die Finanzmittel, die der Staat für Armee und Rüstung verbraucht, durchaus gewinnbringend einsetzen, lassen sie sich mit anderen Worten als eine Art von Investition geltend machen und dazu nutzen, all das, was wegen der vorzugsweise militärischen Verwendung des Etats im eigenen Land nicht oder nur eingeschränkt erzeugt werden kann und woran die eigene Gesellschaft deshalb tendenziell, wo nicht gar aktuell Mangel leidet, anderweitig, will heißen beim Kriegsgegner zwangsweise zu beschaffen beziehungsweise gewaltsam einzutreiben. Unmittelbar oder anfangs nur dazu bestimmt, dem Staat eine defensive Vorrichtung, eine Einrichtung zur Selbstbehauptung und Wahrung seiner sozialen Autonomie und territorialen Integrität zu verschaffen, lässt sich das militärische Instrument in dem Maße, wie es seinen defensiven Zweck erfüllt und die jene Autonomie und Integrität bedrohenden Feinde aufs Haupt zu schlagen und in ihre Schranken zu weisen vermag, aggressiv wenden und dazu nutzen, als territoriale Eroberungsmacht die Schranken, in die es die feindlichen Staaten gewiesen hat, seinerseits zu überschreiten, um als sozialer Unterdrückungsapparat deren Gesellschaften einem Regime exaktiver Enteignung und tributärer Ausplünderung zu unterwerfen.
In einem von Kommerz und Industrie denkbar weit entfernten, weil nicht auf Reziprozität und Austausch, sondern auf Repression und Raub abgestellten Sinne erweist sich so das Konsumobjekt Armee, das sich der Staat unter viel finanziellem Aufwand zugelegt hat, als ein Produktionsmittel, mit dem sich, wenn schon keine Wertschöpfung auf habituelle, in menschlicher Arbeit und Hervorbringung gründende Art, so doch Gütererwerb auf originelle, in zwischenstaatlicher Gewalt und Nötigung bestehende Weise betreiben und so auf Kosten anderer Gesellschaften die subsistenzielle Versorgung beziehungsweise konsumtive Befriedigung der eigenen Gesellschaft kaum weniger effektiv und zumal erheblich weniger gesellschaftsintern brisant und konfliktträchtig, als dies mittels des kapitalistischen Produktionsapparat möglich ist, sicherstellen lässt.
Natürlich ist diese Umfunktionierung des Konsumguts Armee in ein Produktionsmittel besonderer Art wegen der mit ihr verknüpften personalen und realen Kosten, sprich, wegen der zusätzlichen militärischen Kontingente und des umfänglichen bürokratischen Apparats, ohne die eine dauerhafte Okkupation fremder Territorien und Zwangsbesteuerung ihrer Bevölkerungen nicht durchführbar sind, nur um den Preis beträchtlicher weiterer finanzieller und materieller Aufwendungen zu haben, und insofern könnte es scheinen, als müsse sich die mit solcher Umfunktionierung verfolgte Absicht einer Kompensation der durch das Konsumgut Armee der Gesellschaft, die es sich leistet, entstehenden finanziellen Unkosten und ökonomischen Belastungen letztlich als eine Fehlkalkulation, eine Milchmädchenrechnung erweisen. Es könnte scheinen, als müsse der Gewinn, der sich durch die Verwandlung der Armee in eine als Produktionsmittel besonderer Art funktionierende Okkupations- und Extraktionsmacht erzielen lässt, durch die hohen Investitionen aufgezehrt und somit zunichte gemacht werden, die eben jene Verwandlung zwangsläufig voraussetzt und erfordert.
Indes ist es das im Sinne einer Außerordentlichkeit, die ans Wunderbare grenzt, oder, vielleicht besser gesagt, im Sinne einer Findigkeit, die an einen Geniestreich gemahnt, wohlverstandene Besondere dieses in ein Produktionsmittel umfunktionierten Konsumguts, dass es nicht bloß die Ressourcen anderer Gesellschaften als Quelle zur subsistenziellen beziehungsweise konsumtiven Versorgung der eigenen Gesellschaft anzuzapfen und nutzbar zu machen taugt, sondern dass es aus der gleichen Quelle auch sich selber zu speisen und zu erhalten imstande ist. Während es mittels Reparationen und Konfiskationen erzwingt, dass die besiegten und besetzten feindlichen Staaten zu einem Gutteil für den Unterhalt und das Wohlergehen des siegreichen Gemeinwesens sorgen müssen, nimmt das dergestalt in einen Produktionsapparat umfunktionierte militärische Instrument die feindlichen Staaten gleichzeitig mittels Requisitionen und Kontributionen in die Pflicht seiner eigenen Subsistenz und Versorgung und erweist sich so als ein Muster an Aufwandsersparnis, ein Produktionsmittel, das, zumindest im Prinzip, geeignet ist, maximale Erträge mit minimalen Produktionskosten zu vereinbaren.
Von Erfolg gekrönt sein kann die sekundäre Umfunktionierung des primär auf die Selbstbehauptung, die Wahrung staatlicher Souveränität und Integrität gerichteten militärischen Instruments in eine produktive Apparatur, eine zur Versorgung beziehungsweise Bereicherung ihrer selbst und der Gesellschaft, der sie dient, taugliche Okkupations- und Extraktionsmacht, freilich nur unter der Voraussetzung, dass es, das militärische Instrument, schlag- und durchsetzungskräftig genug ist, um die feindlichen Staaten niederzuringen und die militärische Okkupation ihrer Territorien und bürokratische Kontrolle ihrer Bevölkerungen ins Werk zu setzen.
Bei der neuen, bürgerlichen Republik ist dies durchaus der Fall. Ihre von revolutionärem Elan, von der geschichtsmächtigen Aufbruchsstimmung, die das über das Ancien Régime triumphierende Gemeinwesen beflügelt, getragenen Heere erweisen sich durch die erwähnten innovativen Organisations- und Aktionsformen, die sie praktizieren, und durch den Korpsgeist, den weitgehende Chancengleichheit und eine von hierarchischen Machtverhältnissen relativ unbeeinflusste Möglichkeit, sich auszuzeichnen und in der Befehlskette aufzusteigen, erzeugen, den feindlichen Streitkräften an Kampfkraft und strategischem Ingenium beziehungsweise taktischem Geschick weit überlegen und sorgen dafür, dass die feindlichen Nachbarn, all ihren Bündnissen und gemeinsamen Kampagnen zum Trotz, der Republik nicht nur nichts anzuhaben, geschweige denn, ihr beizukommen vermögen, sondern dass im Gegenteil sie ihnen empfindliche Niederlagen zuzufügen und beträchtliche Gebiete jenseits der Landesgrenzen einzunehmen und zu besetzen imstande ist.
Und wie die Aggressions- und Schlagkraft dieser revolutionären Armee als die zureichende Bedingung für ihren Funktionswechsel, ihre Verwandlung aus einem Konsumgut in ein Produktionsmittel, einer Selbstbehauptungswaffe in ein Bereicherungswerkzeug gelten kann, so lässt sich nun ihre Expansions- und Okkupationsmacht als die wirkende Ursache für eben jenen Funktionswandel, jene neue Aufgabenstellung verstehen. Ihre militärischen Geländegewinne, ihre territorialen Eroberungen sind es, die in dem Maße, wie sie halb notgedrungen, halb brauchgemäß von ihr zur requisitorischen und kontributären Selbstversorgung genutzt werden, anfänglich übrigens mit Zustimmung und Einverständnis der die Requisitionen erduldenden und die Kontributionen leistenden Bevölkerungen der eroberten Gebiete, die die Okkupation als Befreiung vom Joch absolutistischer Herrschaft begrüßen – ihre territorialen Eroberungen und Besetzungen also sind es, die die jene erfolgreiche Armee ins Feld führende Republik auf Gedanken bringen und sie angesichts der zunehmenden finanzpolitischen Probleme, mit denen ihre militärpolitische Konfliktbewältigungsmethode sie konfrontiert, unaufhaltsam in die Richtung teils einer systematischen Fortsetzung und Ausdehnung der Okkupationsstrategie, teils der geschilderten Verwandlung der Streitmacht aus einem Exekutionsorgan in einen Extraktionsapparat und der Nutzung der besetzten Gebiete zur Konsolidierung des Staatshaushalts und Verbesserung der Versorgungslage im eigenen Lande drängen.
Die Umfunktionierung der dank fortschrittlicher Organisations- und Aktionsformen siegreichen Armee aus einem auf die Bewahrung der Unabhängigkeit und Integrität des eigenen Staatswesens gerichteten defensiven Instrument in eine für die Okkupation fremder Territorien und Zwangsbesteuerung ihrer Bevölkerungen geeignete offensive Apparatur und die damit Hand in Hand gehende Verwandlung des republikanischen Gemeinwesens aus einem im Wesentlichen durch eigene industrielle Anstrengungen und kommerzielle Aktivitäten sich erhaltenden ökonomischen Corpus in ein wesentlich auf Kosten benachbarter Gesellschaften existierenden parasitären Organismus ist nun allerdings undenkbar ohne eine grundlegende Veränderung der politischen Struktur und staatlichen Ordnung der Republik. Oder genauer gesagt, erfordert sie nur die Vollendung eines Prozesses politischer Veränderung und staatlicher Umgestaltung, der in Wahrheit bereits mit der Entscheidung der Republik für die militärische Option, also kaum drei Jahre nach Ausbruch der Revolution, seinen Anfang nimmt.
Tatsächlich nämlich ist schon jene anfängliche ökonomische Akzentverlagerung, jene Umorientierung der wirtschaftlichen Aktivitäten vom Zivilen aufs Militärische, sprich, von der Versorgung der Gesellschaft auf die Stärkung des Staats, die primär aus internen Rücksichten, um der Wahrung des durch den kapitalen Verwertungsprozess bedrohten sozialen Friedens und politischen Einklangs willen, die Republik vollzieht – tatsächlich ist schon jener Perspektivenwechsel grundsätzlich unvereinbar mit der repräsentativ-parlamentarischen Verfassung, die das der Revolution entspringende bürgerliche Gemeinwesen sich gibt. Diese neue politische Verfassung baut auf dem mittlerweile tragenden ökonomischen Fundament der bürgerlichen Gesellschaft auf, dem gleichermaßen die Produktion und die Distribution der gesellschaftlichen Ressourcen organisierenden kapitalistischen Marktsystem. Ihr zentraler Sinn und Zweck ist es, in Gestalt der gesetzgebenden Versammlung, des repräsentativen Parlaments, die Instanz und Einrichtung zu etablieren, in der die Rahmenbedingungen der industriellen Produktion und die Verteilungsschlüssel der kommerziellen Distribution des gesellschaftlichen Reichtums ausgehandelt und kodifiziert werden können.
Repräsentativ ist die parlamentarische Einrichtung, weil in ihr die drei wesentlichen, vom Marktsystem ins Leben gerufenen gesellschaftlichen Gruppierungen, die kraft Kapital Profitierenden, die dank Geld Konsumierenden und die mittels Arbeit Subsistierenden, vertreten und an den Verhandlungen und Festsetzungen beteiligt sind. Auf Grund der im Zensuswahlrecht Ausdruck findenden extremen Schieflage in der politisch-ökonomischen Machtverteilung bleiben freilich die mittels Arbeit Subsistierenden von der parlamentarischen Repräsentanz praktisch ausgeschlossen, was dazu führt, dass die beiden anderen gesellschaftlichen Gruppierungen, die kraft Kapital Profitierenden und die dank Geld Konsumierenden, sich ebenso unkontrolliert wie ungeniert in der gesetzgebenden Versammlung in Szene setzen und auf Kosten der Ausgeschlossenen die Rahmenbedingungen der Produktion und die Verteilungsschlüssel der Distribution aushandeln und festlegen können.
Das aber hat jene rasche Zunahme und Verschärfung der in der gesellschaftlichen Reproduktion auf Kapitalbasis, im kommerziell-industriellen Akkumulationsprozess, ohnehin vorprogrammierten sozialen Nöte und politischen Konflikte zur Folge, deren aktuelle Bedrohlichkeit oder auch nur potenzielle Absehbarkeit die bürgerliche Klasse in genere und die Repräsentanten des Kapitals, die Bourgeoisie, in specie schon bald nach ihrer Machtergreifung zur Entscheidung für die der Republik durch ihre Feinde nahegelegte militärische Option motiviert, sprich, sie dazu zu bewegt, die Bewältigung der sozialen Probleme und Entschärfung der politischen Konflikte durch den Aufbau einer Armee und die Verlagerung des Schwerpunkts des kapitalen Verwertungsprozesses auf die Rüstungsproduktion anzustreben.
Diese Schwerpunktverlagerung der sozialen und ökonomischen Aktivitäten vom Zivilen aufs Militärische ist freilich dazu angetan, in dem Maße, wie sie den Staat als bürokratischen Apparat zum maßgebenden Akteur, zum dominierenden politischen Entscheidungsträger avancieren lässt, das eben erst etablierte repräsentativ-parlamentarische Willensbildungs- und Gesetzgebungssystem gleich wieder auszuhebeln. Abgesehen von der ihm aus seiner archaischen Vergangenheit überkommenen polizeilichen Aufgabe, der Aufgabe, für die öffentliche Ordnung zu sorgen und den Landfrieden zu wahren, beschränkt sich nämlich, seiner ihm durch die republikanische Konstitution zugewiesenen Bestimmung nach, die Funktion des Staatsapparats auf das rein politische Amt und formale Geschäft, den parlamentarischen Willen in die Tat umzusetzen, sprich, die von den Repräsentanten der gesellschaftlichen Gruppen, die im Parlament kontrahieren, ausgehandelten Entscheidungen und beschlossenen Gesetze im Gemeinwesen zur Geltung zu bringen.
Durch die Schwerpunktverlagerung vom Zivilen aufs Militärische freilich wächst nun dem Staatsapparat eine über seine politisch-formale Funktion weit hinausgehende ökonomische Bedeutung und materiale Rolle zu. Er wird, wie bereits erläutert, zu einem Hauptkonsumenten, der mittels seines Etats beträchtliche Teile des Produktionsapparats für seine militärischen Zwecke und Bedürfnisse in Anspruch nimmt und damit massiv ins marktsystematische Distributionsgefüge eingreift, sprich, den zivilen Konsumenten, der als Kapitalklientel firmierenden bürgerlichen Klasse, als machtvoller Konkurrent an die Seite tritt.
Und nicht aber nur als Konkurrent, sondern ebenso sehr und zunehmend als allem Anschein nach in ihrem Sinne und zu ihrem Vorteil handelnder und sich insofern als ihr Sachwalter gerierender Agent tritt der Staatsapparat dabei auf! Weil der Etat bei weitem nicht ausreicht, um Armee und Rüstung zu finanzieren, nimmt, wie oben dargelegt, der Staat seine Zuflucht zur Kreditaufnahme, das heißt, er leiht sich das nötige Geld bei den Bürgern, denen er als Gegenleistung die künftige Rückzahlung einer nach Maßgabe der üblichen Kreditbedingungen vermehrten Geldsumme in Aussicht stellt, die er, mit anderen Worten, für ihren gegenwärtigen Konsumverzicht, dafür also, dass sie jetzt dem militärischen Wohlergehen des Staats den Vorrang vor ihrer eigenen zivilen Wohlfahrt einräumen, mit einem in Zukunft verbesserten Konsum und erhöhten Wohlstand zu entschädigen verspricht.
Durch diese per staatliche Kreditaufnahme bewirkte und in einem zivilen Konsumverzicht der Bürger, der dem erhöhten militärischen Konsum des Staats korrespondiert, resultierende Veränderung und Verschiebung in der Distribution der gesellschaftlichen Ressourcen gerät nun aber die bürgerliche Klasse in eine nicht weniger politische als ökonomische Abhängigkeit vom Staatsapparat. So gewiss sie in der – wie immer eitlen – Hoffnung, es schließlich gemehrt zurückzuerhalten, ihr Geld unter Verzicht auf seine gewohnte, zivile Nutzung dem Staat für seine militärische Strategie und Kriegsrüstung zur Verfügung stellt, so gewiss avanciert dieser zu ihrem Sachwalter und Treuhänder, mit dessen sachwalterischem Geschick und treuhänderischem Erfolg ihr Glück und Wohlergehen steht und fällt.
In scheinbar paradoxer, tatsächlich aber der Macht des Geldes als markt- systematischen Passepartouts für den Zugang zu den gesellschaftlichen Ressourcen gemäßer Gegensinnigkeit finden die Bürger als Gläubiger des Staates sich durch ihn, ihren Schuldner, entmündigt, weil sie mit ihrem ihm kreditierten Geld ihr Wohl und Wehe in seine Hände gelegt und, aller formaliter ausgeübten parlamentarischen Willensbildung und Entscheidungsbefugnis ungeachtet, realiter seinen kriegsstrategischen Willen zum ihre sämtlichen ökonomischen Interessen und Absichten dirigierenden obersten Gesetz beziehungsweise seine militärischen Entscheidungen zum ihr ganzes politisches Tun und Lassen regulierenden imperativen Ratschluss erhoben haben.
Die faktische Delegation ihrer parlamentarischen Willensbildung und Entscheidungsbefugnis an den die militärische Option wahrnehmenden und in die Tat umsetzenden Staatsapparat, die der für die militärische Option votierenden bürgerlichen Klasse das Finanzierungsmodell der Kriegsanleihen zwangsläufig abverlangt, wird noch dadurch befördert und verstärkt, dass die Entscheidung für die militärische Option ja wesentlich innenpolitisch motiviert ist und nämlich pro cura der von der parlamentarischen Willensbildung und Entscheidungsfindung per Zensuswahlrecht ausgeschlossenen lohnarbeitenden Volksmasse getroffen wird und dass, so gesehen, der die militärische Option wahrnehmende und in die Tat umsetzende Staat als Sachwalter und Treuhänder der Volksmasse nicht weniger als der bürgerlichen Klasse agiert.
Schließlich sind es ja, wie gezeigt, die mit der militärischen Option einhergehenden mehreren sozialpolitischen Entlastungen beziehungsweise Entschärfungen aktueller oder drohender politisch-ökonomischer Konflikte, was die bürgerliche Klasse letztlich dazu bewegt, sich für diese Option zu entscheiden, und insofern bedeutet die in dieser Entscheidung beziehungsweise in ihren finanziellen Konsequenzen implizierte Abtretung des bürgerlich-parlamentarischen Verfügungsanspruchs über oder jedenfalls Einflusses auf die Distribution der gesellschaftlichen Ressourcen an den mit der Wahrnehmung und Umsetzung der militärischen Option betrauten Staat, dass der letztere auch und zugleich zum maßgebenden Vormund und übermächtigen Patron der als Adressatin und Nutznießerin jener sozialpolitischen Entlastungen und politisch-ökonomischen Entschärfungsmaßnahmen firmierenden lohnarbeitenden Volksmasse avanciert.
De facto reduziert sich damit die politische Machtkonstellation in der Republik auf das Verhältnis der oben als ,,kraft Kapital Profitierende" apostrophierten einen im Parlament repräsentierten Gruppe, sprich, der den Produktionsapparat und das Marktsystem betreibenden industriellen und kommerziellen Agenten des Kapitals, zu dem durch die Entscheidung für die militärische Option zum gesellschaftlichen Hauptkonsumenten avancierten Staatsapparat. So gewiss der letztere im Resultat jener Entscheidung und ihrer finanzpolitischen Konsequenzen die beiden anderen wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen, die oben als ,,dank Geld Konsumierende" und ,,mittels Arbeit Subsistierende" charakterisiert wurden, sachwalterisch-treuhänderisch vertritt, sprich, ihren ökonomischen Willen und ihre politischen Entscheidungen zu seiner Sache zu machen und mit substitutiver Selbstmächtigkeit zu artikulieren beziehungsweise zu treffen vermag, so gewiss er mit anderen Worten die weitgehende Verfügung über die Distribution der gesellschaftlichen Ressourcen erlangt, so gewiss bleibt als einzige gesellschaftliche Gruppe, mit der er sich auseinandersetzen, mit der er kontrahieren und sich arrangieren muss, die für die Produktion der gesellschaftlichen Ressourcen zuständige Gruppe der direkten und indirekten Kapitalagenten, jener aus Industriellen, Organisatoren des Markts und Investoren bestehende Teil der bürgerlichen Klasse also, der als Bourgeoisie bezeichnet und später dann durch eine nach bürgerlichem Status strebende und ihren sozialpartnerischen Frieden mit dem Kapital zu machen entschlossene Sozialdemokratie durch die Hinzufügung des pleonastischen Attributs ,,groß" in seiner Gruppenspezifik und funktionellen Stellung nomenklatorisch vernebelt wird.
Seine der Prokura, die er für bürgerlichen Mittelstand und lohnarbeitendes Volk ausübt, gedankte Machtfülle gestattet es dem Staatsapparat, als ebenso unmittelbarer wie generalbevollmächtigter Verhandlungspartner und Kontrahent der einzigen seiner Vormundschaft noch entzogenen Gruppe, nämlich der die Kapitalagentur bildenden Bourgeoisie, aufzutreten. Damit aber ist das Parlament, in dem der – allerdings durch das Zensuswahlrecht früh schon entstellten – konstitutionellen Anlage der Republik zufolge die Ansprüche der diversen Gruppen auf die gesellschaftlichen Ressourcen und die sich daraus ergebenden Rahmenbedingungen der industriellen Produktion und Verteilungsmodalitäten der kommerziellen Distribution durch die Repräsentanten der betreffenden Gruppen ausgehandelt und stipuliert werden sollen, de facto dieser seiner Funktion beraubt und als das zentrale Kompromissbildungs- und Beschlussfassungsorgan, als das es gedacht war, außer Kraft gesetzt.
Und es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit und Gelegenheit, wann an diesem de facto entmachteten und funktionslos gewordenen Parlament seine Funktionslosigkeit auch de jure heimgesucht, sprich, das Exempel einer neuen, es als politisches Organ ausschließenden, weil die unmittelbare Kollaboration, um nicht zu sagen, Konspiration zwischen Staatsapparat und Agenten des Kapitals zur Richtschnur politischer Orientierung und Grundlage staatlichen Handelns erhebenden Konstitution statuiert wird.
Obwohl die klasseninterne Opposition, die bürgerliche Intelligenz, die Entscheidung für die militärische Option ablehnt, ist sie es, die mit dem Wohlfahrtsausschuss für die Einführung einer jener Entscheidung gemäßen politischen Neuordnung, sprich, für die Ersetzung der repräsentativ-parlamentarischen Konstitution durch ein exekutiv-diktatorisches Regime sorgt. Allerdings tut sie das nur, um ihren der Aufrechterhaltung der revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien geweihten Kampf gegen die inneren Feinde der Republik führen zu können. Sie tut also das im Sinne der sozialökonomisch motivierten Entscheidung für die militärische Option machtpolitisch Richtige, aber sie tut es aus den falschen Gründen.
Paradoxerweise bleibt die Einführung der neuen Staatsverfassung, die nach Maßgabe der mit ihr de jure vollzogenen Abschaffung des allgemeinen Willensbildungsorgans, der parlamentarischen Legislative, und deren Ersetzung durch eine generalbevollmächtigte bürokratische Exekutive als Diktatur erscheint, den Gegnern der militärischen Option vorbehalten, will heißen, jener von der bürgerlichen Intelligenz getragenen klassenintern-mittelständischen Opposition, die, erfüllt von den von ihr selber im Kampf gegen die absolutistische Herrschaft konzipierten und propagierten Ideen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, in ebenso bewusstlos-abstrakter wie pauschal-prinzipieller Gegnerschaft zu der nach Maßgabe des kapitalen Verwertungsanspruchs, an dem auch die neue, republikanische Gesellschaft festhält, jene Ideen Lügen strafenden politisch-ökonomischen Entwicklung der Republik verharrt und die dementsprechend auch mit dem qua Entscheidung für die militärische Option unternommenen Versuch, diese politisch-ökonomische Entwicklung so zu steuern beziehungsweise zu gestalten, dass sie, auch wenn sie jene Ideen Lügen straft, doch wenigstens keine allzu großen sozialen Nöte und politischen Konflikte heraufbeschwört, wenig oder nichts anfangen kann.
Als diese interne bürgerliche Opposition, wenige Monate nachdem die Nationalversammlung sich gegen ihren Widerstand für die militärische Option entschieden hat, in der Nationalversammlung die Mehrheit erringt und an die Macht gelangt, zeigt sie sich – auf den ersten Blick überraschend – nicht nur bereit, die von der Gegenpartei durchgesetzte Entscheidung für Krieg und Rüstung zu respektieren und gelten zu lassen, sondern macht sich, wiederum nur wenige Monate später, mehr noch daran, sie mittels Levée en masse, mittels allgemeiner Mobilmachung, tatkräftig umzusetzen und auf breiter Front wirksam werden zu lassen.
Die Kehrtwendung impliziert freilich keinen Gesinnungswandel, bedeutet nicht, dass die an die parlamentarische Macht gekommene bürgerliche Intelligenz ihrer Ablehnung einer Militarisierung der Republik abschwört, sondern ist zum einen und zuvörderst der außenpolitischen Notsituation geschuldet, der Tatsache mit anderen Worten, dass die feindlichen Nachbarn sich mittlerweile zusammengetan und Kriegsvorbereitungen getroffen haben und sich entschlossen zeigen, dem republikanischen Spuk auf dem Territorium der vormals führenden absolutistischen Herrschaft Europas mit Gewalt ein Ende zu setzen. Vor allem aber und wichtiger noch hat die Kehrtwendung ihren Grund in dem oben geschilderten und wegen Klassenzugehörigkeit und ökonomischem Interesse ebenso desorientierten und in die Irre geführten wie kraft politischer Profession und Prinzipientreue dezidierten und unbeirrten Bemühen der an die parlamentarische Macht gekommenen bürgerlichen Intelligenz, den inneren Feinden der Revolution und ihres neuen Vergesellschaftungsmodells beizukommen und das Handwerk zu legen.
Da ihre – zwangsläufig Paranoia schürende – Desorientiertheit und Blindheit die an die Macht gekommene bürgerliche Intelligenz die Revolutionsfeinde überall lauern und am Werke sehen lässt, in den eigenen Reihen nicht weniger als in den verschiedensten sozialen Gruppierungen und partikularen Korporationen, erscheint es ihr für eine erfolgreiche Verfolgung, Bloßstellung und Liquidierung der ebenso ubiquitären wie mannigfaltigen Feinde der Revolution erforderlich, nichts Geringeres als den über den besonderen Gruppierungen und separaten Korporationen stehenden allgemeinen Willen und integralen Ratschluss ins Treffen zu führen und initiativ werden zu lassen, die Instanz mit anderen Worten, in der der Souverän, die Gesellschaft als ganze, in dem Maße zu sich kommt und bei sich ist, wie es ihr gelingt, die divergenten Gruppeninteressen aufzuheben und die Partikularität der Korporationen in die Totalität des Gemeinwesens zu integrieren.
Dieser allgemeine Wille, diese sichselbstgleiche Instanz ist, der Konstitution der Republik zufolge, die Nationalversammlung, die allgemeine, gewählte Repräsentanz der Gesellschaft. Insofern sie unter den gegebenen Umständen eine Gesellschaft repräsentiert, die allenthalben von den Feinden der Republik durchsetzt und unterwandert ist, und also deren auf den Sturz der Republik zielenden Gruppenegoismus und konspiratorischen Partikularismus im eigenen Corpus nolens volens reproduziert, ist freilich nach Überzeugung der an die parlamentarische Macht gelangten bürgerlichen Intelligenz diese ihre eigene Machtbasis, die Nationalversammlung, denkbar ungeeignet, jene Aufgabe einer Säuberung der Republik von ihren Feinden und Rettung ihrer revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien vor dem Egoismus und Partikularismus, der sie zu Fall zu bringen und zu zerstören droht, durchzuführen.
So gewiss die Feinde der Republik den Gruppeninteressen und korporativen Egoismen die Bösartigkeit und Destruktivität einer auf den Sturz der Republik gerichteten Konspiration beziehungsweise gar auf die Wiederherstellung des Ancien Régime sich kaprizierenden Reaktion verleihen, so gewiss geht es nicht sowohl um die Aufhebung und die Integration jener Interessen und Egoismen, sondern mehr noch und primär um deren Ausschaltung und Eliminierung. Und so gewiss das Parlament aber als von der Gesellschaft gewähltes Gremium diese in der letzteren grassierenden malignen Interessen und destruktiven Egoismen mehr oder minder repräsentiert und in seinen Reihen zur Geltung bringt, so gewiss disqualifiziert es sich im Blick auf jene Aufgabe einer Säuberung der Republik und Rettung ihrer revolutionären Verfassung.
Weit entfernt davon, die Nationalversammlung, die Bevollmächtigte des Souveräns, mit der Bekämpfung und Exzision der den Souverän, die bürgerliche Gesellschaft, plagenden Geschwüre betrauen zu können, muss die an die Macht gekommene und die Regierung bildende bürgerliche Intelligenz sie, weil sie ja an den gleichen Gebrechen krankt wie der Souverän selbst, ihres Amtes entbinden und kalt stellen, um in eigener Regie und aus eigener Machtvollkommenheit die Reinigung und Heilung des Gesellschaftskörpers durchzuführen. Sie allein, die an die Macht gekommene und mit ihren parlamentarischen Repräsentanten die Regierung bildende bürgerliche Intelligenz, weist – ihrer Selbsteinschätzung nach – genug innere Geschlossenheit, Integrität und Immunität auf, um die Krankheit bekämpfen zu können, ohne ihrerseits der Gefahr der Ansteckung zu erliegen und eben das nur in den eigenen Reihen zu reproduzieren, was sie doch eigentlich gesamtgesellschaftlich eliminieren will.
Freilich stellt die Suspendierung der Nationalversammlung und Außerkraftsetzung ihrer legislativen Gewalt eine klare Verletzung der Konstitution dar, die sich die Republik gegeben und durch die sie sich als solche etabliert hat, einen Verfassungsbruch, der einen der Grundpfeiler der Republik, die Gewaltenteilung, betrifft und an diesem nicht etwa bloß rüttelt, sondern ihn kurzerhand zum Einsturz bringt. Kernpunkt der als Bollwerk gegen jede Form absolutistischer Herrschaft eingeführten Gewaltenteilung ist die oben erwähnte politische Arbeitsteilung zwischen Legislative und Exekutive, gesetzgebender Versammlung und Staatsapparat, Parlament und Regierung, die dem aus seinen generalständischen Vorformen neu geschaffenen, weil aus einem bloßen Beirat des herrschaftlichen Souveräns ins oberste Beschlussorgan der souveränen Gesellschaft verwandelten Parlament die Aufgabe zuweist, den für das Leben und Zusammenleben der bürgerlichen Gesellschaft maßgebenden allgemeinen Willen zu artikulieren und zu kodifizieren, wohingegen sie die als Überbleibsel der absolutistischen Herrschaft erscheinende Regierung, die, um ihren nachgeordneten Status, ihre Zweitrangigkeit noch eigens zu unterstreichen, das Parlament aus seinen Reihen delegiert und beruft, mit dem Auftrag abspeist, mittels des von ihr geleiteten und betätigten, kurz, ihr als Körper dienenden Staatsapparats den vom Parlament artikulierten und kodifizierten allgemeinen Willen im Leben der bürgerlichen Gesellschaft wirksam werden und für das zivile Zusammenleben Geltung erlangen zu lassen.
Es liegt auf der Hand, dass die von der parlamentarischen Fraktion der bürgerlichen Intelligenz gestellte Regierung diesen Kernpunkt oder Grundartikel der Verfassung der Republik mit Füßen tritt, wenn sie die Nationalversammlung suspendiert und ihrer legislativen Kompetenz entkleidet, um letztere quasi sich zuzueignen und zum integrierenden Moment ihres exekutiven Wirkens zu verflüchtigen, wenn sie mit anderen Worten die vom Parlament repräsentativ wahrgenommene gesellschaftliche Willensbildung und Entscheidungsfindung, statt sie als Voraussetzung und Grundlage des ihr übertragenen staatlichen Handelns gelten zu lassen, vielmehr auf eine stillschweigende Implikation beziehungsweise einen bloßen Ausfluss der administrativen Maßnahmen des von ihr geleiteten und betätigten Staatsapparats reduziert.
Diesen gravierenden Verfassungsbruch aber hält die an die Regierung gekommene bürgerliche Intelligenz für zwingend geboten, um der ebenso heimlichen wie zahlreichen inneren Feinde der Republik Herr werden zu können, die sie am verschwörerisch-restaurativen Werke sieht. Die Frage ist nur, wie sie ihn rechtfertigen und für ihn die Zustimmung der Gesellschaft im Allgemeinen und ihrer parlamentarischen Repräsentanten im Besonderen erlangen kann, zumal bei letzteren die Zustimmung ja auf einen Akt schierer Selbstentmachtung hinausläuft.
Und genau hier kommen ihr nun aber die außenpolitischen Verhältnisse, kommen ihr die feindlichen Nachbarstaaten, die sich verbündet haben und gegen das republikanische Skandalon in ihrer Mitte zu Felde ziehen, wie gerufen und motivieren sie dazu, die eigentlich gegen ihren Willen getroffene Entscheidung für die militärische Option nicht nur zu akzeptieren und gelten zu lassen, sondern sich mehr noch zu eigen zu machen und ihre Umsetzung in Form der oben erwähnten Levée en masse und der dazugehörigen forcierten Rüstungsanstrengungen tatkräftig voranzutreiben. Welch bessere Rechfertigung für den zur effektiven Bekämpfung der unbestimmt inneren Feinde der Republik erforderlichen Verfassungsbruch, die Überführung mit anderen Worten der repräsentativ-parlamentarischen Ordnung in ein prokurativ-diktatorisches Regime könnte es geben als jenen äußeren Feind, die von draußen der bürgerlichen Gesellschaft als ganzer drohende Gefahr, die groß und unmittelbar genug ist, um zu ihrer Abwehr eine Konzentration des allgemeinen Willens und Bündelung der mannigfaltigen Kräfte nötig zu machen, die eher auf kurzentschlossen exzeptionelle Weise, nämlich durch die Ausübung diktatorischer Macht und exekutiver Gewalt zu erzielen als auf umständlich konstitutionellem Wege, sprich, mittels der Prozeduren parlamentarischer Deliberation und legislativer Resolution erreichbar scheinen?
So also nutzt, ganz im Einklang mit der von der bourgeoisen Fraktion, den Repräsentanten des Kapitals, wenige Monate zuvor parlamentarisch durchgesetzten Entscheidung für die militärische Option, die an die Macht gekommene bürgerliche Intelligenz die äußere Not- und Kriegssituation zu einer Notstandsverordnung, der zufolge die Nationalversammlung sich selbst entmachtet und ihre legislative Kompetenz und Kontrolle einem als Wohlfahrtsausschuss neu etablierten Exekutivorgan überträgt, das in dem Maße, wie es die legislative Funktion in sich aufhebt und zum integrierenden Moment seines eben dadurch generalbevollmächtigten Regierens, seines aller parlamentarischen Kontrolle überhobenen staatlichen Handelns macht, als diktatorisches Regime, als mit der uneingeschränkten Prokura, die ihr die Repräsentanten der maßgebenden gesellschaftlichen Gruppen selbstverleugnend übertragen haben, über ihren Apparat verfügende Staatsgewalt agiert.
Mit diesem ihrem Staatsstreich, ihrem Umsturz der politischen Ordnung aber vollzieht nun die an die Regierung gekommene bürgerliche Intelligenz de jure das, was ihre eigene Klasse, der bürgerliche Mittelstand, durch seine Entscheidung für die militärische Option zuvor de facto ins Werk gesetzt hat: Sie besiegelt eine Neuordnung in der politischen Machtverteilung, die der zur absoluten Staatsgewalt entfesselten Exekutive erlaubt, im Namen und pro cura der wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen, aber ohne Beschränkung beziehungsweise Störung durch deren parlamentarische Repräsentanten, die als Kontrollmacht kaltgestellte legislative Staatsgewalt, Kriegsrüstung zu betreiben und zu diesem Zweck mit den Funktionären des kapitalen Produktions- und Distributionsapparats, der als Bourgeoisie firmierenden industriellen und kommerziellen Führungsschicht der Gesellschaft, frei zu kollaborieren und direkt zu kontrahieren.
Freilich besiegelt sie – und das ist das Paradoxe an ihrem Vorgehen – eine Neuordnung, deren faktische Bedeutung und praktische Bewandtnis sie gar nicht recht wahrnimmt beziehungsweise für die sie sich gar nicht sonderlich interessiert. Sie betreibt und befördert das Geschäft derer, die den sozialen Nöten und politischen Konflikten der auf den kapitalen Verwertungsprozess gegründeten Republik durch Kriegsvorbereitung und Rüstungsproduktion bei- beziehungsweise zuvorzukommen suchen und die in dieser Absicht nolens volens einer diktatorischen Bevollmächtigung der Exekutive und des von ihr gelenkten und betätigten Staatsapparats entgegenstreben – aber sie tut es aus anderen als den für die Kriegs- und Rüstungsstrategie maßgebenden Gründen, hat mit ihrer das Geschäft der Kriegs- und Rüstungsfraktion betreibenden Einführung eines der Wohlfahrt der Republik sich weihenden diktatorischen Regimes anderes im Sinn als die Bewältigung und Entschärfung der durch den kapitalen Verwertungsprozess bedingten sozialen Nöte und politischen Konflikte auf dem Boden und sub conditione eben jenes als Modus operandi der gesellschaftlichen Reproduktion beibehaltenen und bekräftigten kapitalen Verwertungsprozesses.
Was die an die Macht gekommene bürgerliche Intelligenz mit ihrer Diktatur vielmehr bezweckt, ist, den mutmaßlichen Verursachern jener sozialen Nöte auf die Schliche zu kommen und das Handwerk zu legen. Weil sie in den Nöten und Konflikten eine ebenso empirische Bedrohung wie systematische Widerlegung der von ihr hochgehaltenen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien erkennt, will sie sie durch Beseitigung ihrer Ursachen aus der Welt schaffen. Ihr Problem und Manko indes ist, dass sie wegen ihrer Klassenzugehörigkeit im Allgemeinen und ihrer subsistenziellen Abhängigkeit vom kapitalen Verwertungsprozess im Besonderen den letzteren als die objektive oder wesentliche Ursache der Nöte und Konflikte nicht zur Kenntnis nehmen darf, weshalb sie sich beeilt, diese eine Ursache durch viele subjektive oder willentliche Verursacher zu substituieren, die sie als teils offenbare, teils geheime Feinde der Republik überall am konspirativen Werk einer Zerstörung der revolutionären Errungenschaften gewahrt und um deren Verfolgung und Eliminierung willen sie meint, den gesamten Gesellschaftskörper, den jene als operativen Schutzschild nutzen, unter Generalverdacht stellen und einer ebenso inquisitorischen wie diktatorischen Säuberungsaktion unterziehen zu müssen.
Dieser zentrale Zweck einer Wahrung revolutionärer Integrität und republikanischer Prinzipientreue, mit dem die bürgerliche Intelligenz die von ihr eingeführte Diktatur betraut, verträgt sich nun allerdings denkbar schlecht mit der Aufgabe, die eine aufgrund der Entscheidung für die militärische Option und nach deren Maßgabe errichtete Diktatur zu erfüllen hat. Und zwar zielt sie gleich in doppelter Hinsicht an dem in der Konsequenz der Entscheidung für die militärische Option gelegenen Geschäft und Auftrag vorbei!
Erstens und in genere nämlich fixiert sie das diktatorische Regime auf den inneren Feind, sprich, auf innenpolitische Auseinandersetzungen und parteipolitische Machtkämpfe, und lenkt damit seine Aufmerksamkeit beziehungsweise zieht seine Energie ab von dem durch die Entscheidung für die militärische Option doch eigentlich zur Haupt- und Staatsaktion erhobenen Kampf gegen den äußeren Gegner und der für diesen Kampf erforderlichen Mobilmachung und Rüstung beziehungsweise den für die erfolgreiche Austragung des Kampfes zu unternehmenden strategischen Anstrengungen und zu erbringenden logistischen Leistungen.
Und zweitens und in specie nimmt sie ja die bürgerliche Gesellschaft unter Generalverdacht, unterstellt mit anderen Worten allen möglichen Gruppierungen und Korporationen, also auch den Funktionären des kapitalen Produktions- und Distributionsapparats, böswillige Absichten und konspirative Machenschaften und erschwert beziehungsweise durchkreuzt damit aber die Verständigung und Zusammenarbeit mit letzteren, will heißen, torpediert jene Interessengemeinschaft und kontraktive Verbindung zwischen generalbevollmächtigter Staatsmacht und um der Aufrechterhaltung des Verwertungsprozesses willen kompromissbereitem Kapital, sprich, zwischen parlamentarisch unkontrollierter Politik und militärisch umfunktionierter Wirtschaft, auf die ja doch die Entscheidung für die militärische Option abzielt und hinausläuft.
Indem so aber das diktatorische Regime der bürgerlichen Intelligenz zwar die im Sinne der Entscheidung für die militärische Option richtige Richtung einschlägt, dies aber aus den im gleichen Sinne falschen Gründen tut, indem es zwar, um sich als diktatorisches Regime etablieren zu können, den Kampf gegen die äußeren Feinde der Republik zur Haupt- und Staatssache erhebt, dann aber seine dadurch errungene diktatorische Vollmacht teilweise oder gar vornehmlich dazu nutzt, sein Steckenpferd zu reiten und Jagd auf die inneren Feinde der Revolution zu machen, und indem es dabei sowohl die Kriegsrüstung und das Kriegführen vernachlässigt als auch die für beides als Produzenten und Lieferanten unabdingbaren Funktionäre des kapitalen Produktions- und Distributionsapparats vergrätzt, kann es gar nichts anders, als an der militärischen Front Fehl- und Rückschläge zu erleiden, die es das Vertrauen und die Gefolgschaft der kraft diktatorischer Prokura von ihm vertretenen gesellschaftlichen Gruppen kosten und ihm zum politischen Verhängnis werden.
Oder besser gesagt, beschleunigen und besiegeln jene militärischen Fehl- und Rückschläge nur das Verhängnis, das dieses von der bürgerlichen Intelligenz errichtete diktatorische Regime aus ganz und gar innerem Antrieb und eigenen Stücken über sich heraufbeschwört, weil, wie gezeigt, seine Jagd auf die inneren Feinde der Republik als eine den Grundwiderspruch zwischen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien und kapitalistischer Vergesellschaftungspraxis ausblendende ,,Haltet-den-Dieb"-Veranstaltung geradewegs in die terreur führt, in einen Verfolgungswahn, der sich in letzter Konsequenz gegen die eigene Partei und Anhängerschaft kehrt und in schierer Selbstzerstörung kulminiert.
Die nur erst der diktatorischen Form nach mittels Wohlfahrtsausschuss initiierte und der Entscheidung für die militärische Option gemäße neue Verfassung der Republik wird ihrem bürokratischen Gehalt nach durch die Herrschaft des Direktoriums in die Tat umgesetzt. Das Direktorium schließt Produktionsapparat und Staatsapparat, Bourgeoisie und Exekutive, im Sinne einer unmittelbaren kriegs- und rüstungspolitischen Kollaboration zusammen. So sehr sich diese Kollaboration real- und machtpolitisch bewährt, so sehr führt sie doch ins finanz- und fiskalpolitische Desaster und zwingt zur besagten Umfunktionierung der Armee aus einem zur Selbstbehauptung des Gemeinwesens tauglichen Gebrauchsgegenstand in ein zur Selbsterhaltung des Staatswesens geeignetes Produktionsmittel.
Aber auch wenn der von der bürgerlichen Intelligenz eingeführte Wohl- fahrtsausschuss aus Gründen gleichermaßen der Ambivalenz seiner der Rettung der Republik vor dem inneren Feind geltenden eigentlichen Intention und der dieser Intention geschuldeten Inkonsequenz seiner auf die Rettung der Republik vor dem äußeren Feind gerichteten wirklichen Funktion binnen Jahresfrist scheitert und zugrunde geht – er hat die Bahn für eine der militärischen Option gemäße Diktatur gebrochen. Nach einer ebenfalls kaum mehr als einjährigen Anstandsfrist, die die Rückkehr zur repräsentativ-parlamentarischen Demokratie des Konvents simuliert, erweist sich, dass die bürgerliche Intelligenz mit ihrer Ausschuss-Diktatur nichts weiter vollbracht hat, als für die Verfechter und Betreiber der zum wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Allheilmittel erhobenen militärischen Option, für die bourgeoisen Funktionäre des kapitalen Produktions- und Distributionsprozesses und ihre mittelständische Klientel also, die Kohlen aus dem Feuer der republikanischen Öffentlichkeit zu holen: Die Konventsverfassung wird abgelöst durch die Direktoriumsordnung, bei der an die Stelle des Konvents ein zensuswahlrechtlich abgesichertes Zweikammersystem tritt, dessen einzige nennenswerte Funktion darin besteht, eine als Direktorium firmierende und so gut wie diktatorisch herrschende fünfköpfige Exekutive zu wählen und klassenherrschaftlich zu fundieren.
Nomen est Omen: Die Ersetzung des Ausschusses der von ihrem abstrakten revolutionären Elan ebenso fortgerissenen wie in Orientierungslosigkeit gestürzten bürgerlichen Intelligenz durch das Direktorium einer von ihrer mittelständischen Klientel unterstützten Bourgeoisie, die den revolutionären Elan in die geordneten Bahnen eines kapitalen Verwertungsprozesses lenkt, der so wenig soziale Nöte und innenpolitische Konflikte wie möglich schafft beziehungsweise provoziert – diese Ersetzung von Ausschuss durch Direktorium ist Programm, Ausdruck und Vollzug einer Richtungsänderung beziehungsweise Kurskorrektur, der zufolge an die Stelle der zwar der militärischen Option geschuldeten, aber mit anderem, der Herstellung revolutionsgemäß-republikanischer Verhältnisse, präokkupierten Innen- und Reformpolitik eine sich der militärischen Option mit ganzer ökonomischer Kraft und voller politischer Konzentration verschreibende Außen- und Kriegspolitik tritt und also der diktatorisch verfasste Staat sich aus so etwas wie einem Erziehungsinstitut in eine Art Expansionsunternehmen, aus einer wesentlich auf sich selbst, die eigene Gesellschaft fixierten und mangels zureichender Selbsterkenntnis einem selbstzerstörerischen Terrorismus verfallenden Besserungsanstalt in eine ausschließlich auf die Konkurrenz, die anderen Staaten, fixierte und dank organisatorischer und strategischer Überlegenheit an allen Fronten Erfolge feiernde und Eroberungen machende Kampfmaschine verwandelt.
Im Direktorium der republikanisch-bürgerlichen Klasse wird also die Kollaboration, um nicht zu sagen, Konspiration zwischen dem sich als Prokurist von Volk und Mittelstand gerierenden Staatsapparat und den das gesellschaftliche Produktions- und Marktsystem leitenden und betreibenden Funktionären des Kapitals, die letzte Konsequenz der Entscheidung für eine auf Basis von Kriegsanleihen umgesetzte militärische Option ist und die im Ausschuss der revolutionär-bürgerlichen Intelligenz nur erst der diktatorischen Form oder abstrakten Möglichkeit nach zustande kommt, ihrem bürokratischen Gehalt nach in die Tat umgesetzt, sprich, konkrete Wirklichkeit.
Real- und machtpolitisch bewährt sich diese der Entscheidung für die militärische Option vollinhaltlich entsprechende neue, in der Diktatur des Direktoriums Gestalt gewordene und in der unmittelbaren Kollaboration von Staatsapparat und Kapitalagenten gründende Regierungsform auf ganzer Linie: Dank ihrer schlagkräftigen Armee, die mit ihren revolutionär neuen Organisations- und Operationsformen und der daraus resultierenden strategischen Flexibilität und Unberechenbarkeit den traditionellen Verbänden der Nachbarstaaten weit überlegen ist, erzielt die direktoriale Republik Geländegewinne an allen territorialen Fronten und schafft sich jenseits ihrer Grenzen ein Glacis, das sie durch die Förderung republikanischer Bestrebungen und die Gründung republikanischer Gemeinwesen den absolutistischen Nachbarn zu entreißen und zu einer Art Satellitensystem auszubauen vermag.
Fiskal- und finanzpolitisch freilich verhebt sie sich dabei und manövriert sich, indem sie ihre militärischen Anstrengungen mittels Kriegsanleihen bei den eigenen Bürgern finanziert, sprich, auf den Borg des den Bürgern gegebenen ökonomisch uneinlösbaren Versprechens eines aus dem Kriegführen zu ziehenden späteren Gewinns unternimmt, unaufhaltsam in die Sackgasse zunehmender Staatsverschuldung, die denn auch binnen weniger Jahre im Bankrott des Staatswesens resultiert. Und mit diesem finanziellen Zusammenbruch erreicht die direktorialdiktatorisch verfasste Republik den oben bereits markierten Punkt, an dem sie entweder den in der militärischen Option bestehenden vermeintlichen Ausweg aus den vom kapitalen Verwertungsprozess aktuell und potenziell heraufbeschworenen sozialen Nöten und politischen Konflikten als die Sackgasse, die er ist, zur Kenntnis nehmen und ihre auf die Wahrnehmung jener Option gerichtete Rüstungs- und Kriegspolitik für gescheitert erklären muss oder aber gezwungen ist, ihre Zuflucht zur erwähnten Ultima ratio einer Umfunktionierung der Armee aus einem nichts als Kosten verursachenden Konsumgut in eine Rentabilität beweisende Art von Produktionsmittel, anders gesagt, aus einem bloß der existenziellen Behauptung und dem institutionellen Bestand des Staatswesens dienenden Instrument in eine mehr noch der subsistenziellen Erhaltung und dem materiellen Wohlstand des Gemeinwesens förderliche Apparatur zu nehmen.
Die direktorialdiktatorische Republik muss sich also der Erkenntnis öffnen, dass das Versprechen eines aus der Kriegsmaschine zu ziehenden und deren Gestehungskosten zu kompensieren beziehungsweise mehrwertig zu vergüten geeigneten Gewinns zwar ökonomisch zweifellos uneinlösbar ist, militärisch aber durchaus nicht des Realismus entbehrt und in dem Maße seine Einlösung finden kann, wie das betreffende Staatswesen sich dazu versteht, diese seine Kriegsmaschine aus einem auf die Verteidigung der sozialen Autonomie und territorialen Integrität des eigenen Landes gerichteten Refutations- und Exekutionsinstrument, einer hauptsächlich defensiven Einrichtung, in ein wesentlich offensives Unternehmen, einen auf die territoriale Inbesitznahme der gegnerischen Staaten und die materiale Ausbeutung ihrer Bevölkerungen zielenden Okkupations- und Extraktionsapparat umzufunktionieren.
Der Ausweg aus dem Staatsbankrott, aus der der Republik drohenden Zahlungs- und nachfolgenden Handlungsunfähigkeit, den die Umfunktionierung der Streitmacht aus einem den Gegner besiegenden und zurückschlagenden Selbstbehauptungsinstrument in einen die gegnerischen Territorien besetzenden und dort Beute machenden Selbsterhaltungs- und Mittelbeschaffungsapparat eröffnet, erfordert freilich jene nochmalige Veränderung der politischen Grundordnung der Republik, die der Staatsstreich des achtzehnten Brumaire vollzieht und die, indem sie die republikanische Direktorialdiktatur in die napoleonische Militärdiktatur überführt, der durch die Revolution installierten republikanischen Verfassung als einem die bürgerliche Gesellschaft oder jedenfalls Teile von ihr, zivile Gruppen, an der staatlichen Herrschaft beteiligenden politischen System endgültig den Garaus macht.
Der Grund für diese nochmalige Umrüstung des Staatsgefüges, seine Verwandlung aus einer von der bourgeoisen Klasse gestützte in eine vom Armeecorpus getragene Diktatur, liegt in der strukturellen Machtverschiebung und Revision der funktionellen Zuständigkeiten, die mit jener Transformation der Streitmacht aus einem der existenziellen Selbstbehauptung dienlichen Verteidigungsinstrument in einen zur materiellen Selbsterhaltung brauchbaren Beschaffungsapparat, wenn man so will, aus einem staatlichen Konsumartikel in ein gesellschaftliches Produktionsmittel, Hand in Hand geht. Wie gesehen, nutzt die junge Republik unter Führung der Bourgeoisie und ihrer mittelständischen Klientel die äußere Bedrohung, die Anfeindung durch die Nachbarstaaten, zu einer den aktuellen beziehungsweise potenziellen sozialen Nöten und politischen Konflikten, die der kapitale Verwertungsprozess heraufbeschwört, zu wehren beziehungsweise vorzubeugen bestimmten Entlastungs- und Ausgleichspolitik mittels militärischer Mobilisierung und Rüstung, sprich, mittels Ausrichtung der Volkswirtschaft, des kapitalistisch verfassten gesellschaftlichen Produktionsapparats und Distributionssystems, auf die Schaffung einer massenhaften Armee und auf deren Ausrüstung und Versorgung.
Die Republik entscheidet sich, wie oben formuliert, für die militärische Option und damit, politisch gesehen, in letzter Instanz für die Aufhebung ihrer auf Gewaltenteilung gegründeten repräsentativ-parlamentarischen Verfassung durch ein diktatorisches Regime, da die Entscheidung für die militärische Option die Exekutive, die Regierung und ihren bürokratischen Apparat, zum Groß- und Hauptkonsumenten avancieren lässt, der kraft seines massierten Konsums den Einsatz der gesellschaftlichen Ressourcen und die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums maßgebend beeinflusst und dadurch für wesentliche Gruppen der Gesellschaft, nämlich für das lohnarbeitende Volk und den bürgerlichen Mittelstand, die Rolle eines allverfügenden Sachwalters und generalbevollmächtigten Prokuristen übernimmt – sei's direkt dadurch, dass er durch seine Rüstungsausgaben den einen Teil des Volkes in Lohn und Arbeit setzt, während er für den anderen Teil in der Armee ein Auffangbecken und Versorgungsinstitut schafft, sei's indirekt dadurch, dass er für die Finanzierung seines den laufenden Etat weit überfordernden militärischen Konsums Kriegsanleihen auflegt, die ihn zum Schuldner des die Anleihen kaufenden bürgerlichen Mittelstands machen, der in dem Maße, wie er so sein Wohl und Wehe, seinen künftigen Wohlstand, an den Erfolg der staatlichen Kriegspolitik knüpft, sich dem diese Politik betreibenden Regime ausliefert und seine Entscheidungsfreiheit an ihn delegiert.
Die einzige wichtige gesellschaftliche Gruppe, die dabei ihre Unabhängigkeit vom Großkonsumenten Staat wahrt und mit ihm auf Augenhöhe bleibt, sind die Repräsentanten und Funktionäre des industriellen Produktionsapparats und kommerziellen Distributionssystems, ist, kurz, die Bourgeoisie, deren Interesse am Fortgang des kapitalen Verwertungsprozesses er ja teilt und zu seinem eigenen Anliegen macht. Insofern es auch und gerade bei der Entscheidung für die militärische Option um den Fortgang des kapitalen Verwertungsprozesses geht, firmiert die Bourgeoisie in der Tat als der Draht- und Strippenzieher, als dessen – technisch gesehen – Marionette beziehungsweise – praktisch genommen – Faktotum der diktatorisch gewendete Staat fungiert. Insofern es freilich bei der Entscheidung ebenso sehr darum zu tun ist, den Fortgang des kapitalen Verwertungsprozesses mit den Subsistenzbedürfnissen des lohnarbeitenden Volkes und dem Anspruch des bürgerlichen Mittelstands auf Wohlstand zu vereinbaren, und insofern der diktatorisch gewendete Staat diese Bedürfnisse des gemeinen Volkes und diesen Anspruch des Mittelstands als bevollmächtigter Prokurist und Sachwalter zur Geltung bringt, stellt die als diktatorisches Regime funktionierende staatliche Exekutive zugleich eine relativ selbständige Macht und nicht weniger der eigenen Prokura verpflichtete als dem Willen der Bourgeoisie botmäßige Einrichtung dar.
Das Resultat der dergestalt auf ein Zweierverhältnis reduzierten und aber durch die Ambivalenz, in die sich die eine der beiden Kräfte verstrickt findet, auch komplizierten gesellschaftlichen Kräftekonstellation ist die durch den Wohlfahrtsausschuss der bürgerlichen Intelligenz zielstrebig, wenn auch aus falschen Gründen, vorbereitete Direktorialdiktatur, eine Kollaboration, um nicht zu sagen Konspiration, zwischen den Funktionären des Produktionsapparats und Marktsystems einerseits und denen des Staatsapparats andererseits, sprich, zwischen Bourgeoisie und Exekutive – eine Kollaboration, die auf die Quadratur des Kreises abzielt und nämlich beansprucht, den in den Grundwiderspruch von kapitaler Akkumulation und subsistenzieller Lohnarbeit gebannten Interessen aller wichtigen gesellschaftlichen Gruppierungen wenn nicht gerecht zu werden, so jedenfalls doch Rechnung zu tragen.
Dabei erweist sich, dass es sich bei solchem Bemühen um die Quadratur des Kreises, also um etwas Vergebliches handelt, in diesem Fall zuvörderst und entscheidend an dem finanzpolitischen Dilemma, in das seine militaristische Strategie das direktorialdiktatorische Regime verstrickt, daran mit anderen Worten, dass die Strategie auf den tönernen Füßen einer ebenso unabwendbar wie unaufhaltsam wachsenden Staatsverschuldung steht. Der Preis dafür, dass der diktatorische Staat mittels der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen seiner Militärpolitik relative Ruhe und Eintracht im Innern sicherzustellen und das Gemeinwesen einigermaßen von den aus der kapitalistischen Produktionsweise normalerweise resultierenden sozialen Nöten und politischen Konflikten freizuhalten vermag, besteht darin, dass er nicht nur seinen Etat, sondern mehr noch mittels Kriegsanleihen das Vermögen seiner Bürger in eine staatliche Einrichtung steckt, die bei aller sonstigen Effektivität, all ihrer militärischen Schlag- und strategischen Durchsetzungskraft doch jedenfalls keine industriellen beziehungsweise kommerziellen Gewinne abwirft, sprich, keine ökonomische Kompensation, geschweige denn eine lukrative, für den zu ihrer Etablierung und Erhaltung nötigen finanziellen Aufwand liefert und die deshalb letztlich in den Staatsbankrott und die in letzterem beschlossene Enteignung und Verarmung sowohl des für seine Subsistenz von direkten oder indirekten staatlichen Zuwendungen abhängigen Volkes als auch des mit seinem Vermögen staatstragenden und aber auf Rentabilität seiner Investitionen in das Staatswesen bauenden bürgerlichen Mittelstands führt.
Dass dieser Prospekt des durch den sozialpolitisch motivierten Militarismus der Direktorialdiktatur nur zu rasch heraufbeschworenen finanzpolitischen Desasters, dieser Prospekt des unabwendbaren Staatsbankrotts und der damit einhergehenden unaufhaltsamen Enteignung und Verarmung der Bürger der Republik dann in den sozialen Unruhen und politischen Konflikten resultiert, von denen die letzten beiden Jahre des Direktorialregimes gezeichnet sind, und also letztlich eben das wieder hervortreibt, was die militaristische Politik doch gerade verhüten beziehungsweise unterbinden soll – das stellt den dilemmatischen Charakter des mit der Entscheidung für die militärische Option von der Republik eingeschlagenen Weges klar und deutlich unter Beweis und scheint den letzteren ebenso notwendig als Sackgasse zu erweisen wie die mit ihm verfolgte Politik zum Scheitern zu verurteilen.
Um dem Dilemma zu entrinnen und sich aus der Sackgasse, in die sie ihre Rüstungs- und Kriegspolitik hineintreibt, zu befreien, bleibt hiernach der direktorialdiktatorisch verfassten Republik einzig und allein noch die besagte Umfunktionierung der wie für ihren militärpolitischen Erfolg, so für ihren finanzpolitischen Ruin verantwortlichen Armee aus einem zur Selbstbehauptung tauglichen Gebrauchsgegenstand in ein zur Selbsterhaltung geeignetes Produktionsmittel, sprich, aus einem zur Verteidigung des eigenen Landes und zur Niederschlagung des Gegners brauchbaren Instrument in ein zur Besetzung anderer Länder und zur Extraktion der Ressourcen des Gegners verwendbaren Apparat – und zu dieser ultima ratio nimmt die Republik denn auch folgerichtig ihre Zuflucht: Sie nutzt ihre siegreiche Streitmacht, um die in deren Aufstellung, Ausrüstung und Versorgung gesteckten und deshalb an anderer Stelle, nämlich, im zivilen Bereich fehlenden Finanzmittel und Ressourcen anderweitig, sprich, bei denen, gegen die sie die Streitmacht ins Feld führt, zu beschaffen, nutzt letztere also, um sich bei den gegnerischen Gesellschaften, den feindlichen Nachbarn festzusetzen und sich dort gleichermaßen durch Requisitionen und Kontributionen schadlos zu halten wie mittels Konfiskationen und Reparationen bezahlt zu machen, also zu Lasten und auf Kosten der okkupierten Nachbargesellschaften sowohl den eigenen Unterhalt zu gewährleisten als auch für eine Kompensation oder sogar rentable Remuneration der für sie, die militärische Einrichtung, erbrachten und eben deshalb dem Zivilleben und seinen subsistenziellen beziehungsweise konsumtiven Bedürfnissen abgehenden geldlichen und sächlichen Aufwendungen zu sorgen.
Durch die Verwandlung der Streitmacht aus einem Verteidigungsinstrument in einen Versorgungsapparat der Republik, die ihre Besiegelung in der per Staatsstreich vollzogenen Überführung der Direktorial- in eine Militärdiktatur findet, sieht sich auch die dritte wesentliche gesellschaftliche Gruppe, die Bourgeoisie, in eine der der anderen beiden Gruppen vergleichbare Abhängigkeit vom Staat gebracht, der damit zum exekutiven Treuhänder und Sachwalter der Gesamtgesellschaft avanciert und der Republik das Ende bereitet. Allerdings geschieht das um den Preis einer Machtverschiebung im Staatscorpus selbst, in dem der militärische Arm in Gestalt der Generalität das Kommando, sprich, die Rolle übernimmt, die zuvor das Direktorium spielte. Da dies die Herstellung eines bis dahin unbekannten Konsenses der die Macht ausübenden Instanzen bedeutet, wirkt sich die Veränderung des diktatorischen Regimes im Sinne einer erhöhten Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit des Staatswesens aus.
Mit der Überführung und Umfunktionierung der Streitmacht aus einem Instrument zur Behauptung der politischen Autonomie und territorialen Integrität in einen quasiökonomischen Ressourcenbeschaffungsapparat freilich verändert sich noch einmal entscheidend die Kräftekonstellation in der Republik und findet sich, wie zuvor schon das lohnarbeitende Volk und der bürgerliche Mittelstand, so nun auch die dritte wesentliche Gruppe der bürgerlichen Gesellschaft, die das Kapital vertretende und verwaltende Bourgeoisie, unter die Kuratel des kraft dieser seiner Vormundschaft diktatorisch verfassten Staates gestellt, ihm als generalbevollmächtigtem Prokuristen und Sachwalter unterstellt, und findet sich damit der Staat selbst zum ebenso konkurrenzlosen politischen Machthaber wie durch seinen militärischen Apparat allsorgenden ökonomischen Intendanten avanciert.
Solange die Bourgeoisie auf der Basis des von ihr beherrschten und betriebenen kapitalen Produktionsapparats und kommerziellen Distributionssystems noch sei's direkt, durch ihre den Etat speisenden fiskalischen Leistungen, sei's indirekt, durch den Wohlstand, den sie dem bürgerlichen Mittelstand beschert und den der wiederum dem Staat als Kriegsanleihe zur Verfügung stellt, die Finanzmittel für die staatliche Umsetzung der militärischen Option, sprich, für den Aufbau, die Ausrüstung und den operationellen Einsatz einer großen Streitmacht gewährleistet und beschafft, firmiert und agiert sie noch als ein eigenständiger politischer Faktor, und hat eben deshalb die Diktatur des republikanischen Staats noch die Gestalt einer Direktorialdiktatur, erscheint sie als Kollaboration oder, wenn man so will, Konspiration zwischen Staatsapparat und Direktorium, genauer gesagt, zwischen der mittels ihrer militaristischen Politik die Interessen des lohnarbeitenden Volks und des bürgerlichen Mittelstands wahrnehmenden, für beide Gruppen die Prokura ausübenden Bürokratie und der Interessenvertretung der Betreiber des kapitalen Produktionsapparats und Marktsystems, die als eine Art Aufsichtsrat der von ihr als Wirtschaftsunternehmen behandelten Republik fungiert.
Das diktatorisch verfasste Wirtschaftsunternehmen Republik, der von einem bourgeoisen Direktorium geleitete beziehungsweise beaufsichtigte militaristische Staatsbetrieb investiert freilich das Vermögen des Staates und das seiner Bürger in eine staatliche Einrichtung, die republikanische Streitmacht, die, so sehr ihre Schaffung und Erhaltung in sozialer und politischer Hinsicht von Nutzen sein mag, jedenfalls ökonomisch gesehen reines Konsumgut, kein Produktionsmittel ist, mithin alle Rentabilität vermissen lässt, nur Kosten macht, keine Gewinne erwirtschaftet und deshalb die Republik und ihre Bürger dem sicheren Bankrott in die Arme treibt. Der einzige Weg, die Republik und ihre Bürger vor dem Ruin zu retten, besteht, wie bereits ausgeführt, darin, das Konsumgut in ein Quasiproduktionsmittel umzufunktionieren, die Streitmacht aus einem der politischen Autonomie und territorialen Integrität des eigenen Staates dienlichen Abwehr- oder Refutationsinstrument in einen zur Besetzung fremder Territorien und Ausplünderung ihrer Bevölkerungen tauglichen Invasions- und Extraktionsapparat zu verwandeln und damit denn die in diese staatliche Einrichtung Streitmacht gesteckten Finanzmittel tatsächlich als Investitionen zu erweisen, statt sie als reine Unkosten verbuchen zu müssen.
Und indem mit dem Staatstreich vom achtzehnten Brumaire des Jahres 1799 die Republik diesen Weg einschlägt beziehungsweise – weil ihn die Direktorialdiktatur mit ihrer Politik der Gebietsokkupationen und Schaffung von Satellitenstaaten ja bereits beschritten hat – besiegelt und zur via regia ihrer künftigen Selbstbehauptung erhebt, verliert nun die Gruppe der Betreiber und Verwalter des kapitalen Marktsystems und seines Produktionsapparats, die Bourgeoisie, die im Rahmen der Direktorialdiktatur kraft Direktorium bisher von ihr beanspruchte Stellung als Teilhaberin beziehungsweise Geschäftspartnerin des militaristischen Staates ebenso gewiss, wie sie sich in ihrer Funktion als Geldgeberin und Ressourcenbeschafferin für die Rüstungspolitik und Kriegsstrategie der Republik durch das in einen Okkupations- und Extraktionsapparat umfunktionierte Heer verdrängt und abgelöst zeigt.
Den rüstungs- und kriegslastigen Etat, den bislang sie, die bourgeoisen Betreiber und Verwalter des kapitalen Marktsystems und seines Produktionsapparats, mit ihren fiskalisch-direkten und kreditorisch-indirekten Beiträgen finanzierten, ihn alimentiert nun in zunehmendem Maße das durch die Rüstungsausgaben und Kriegsvorbereitungen geschaffene militärische Instrument selbst mit seiner Kriegsbeute, seinen den Kriegsgegnern auferlegten Kontributionen und Reparationen, womit jene bourgeoise Gruppe sich zwangsläufig um ihre politische Macht gebracht, weil in ihrer diese Macht begründenden ökonomischen Funktion entbehrlich und überflüssig gemacht findet.
Oder vielmehr findet sie sich durch die vom Garanten staatlicher Selbst- behauptung zum Faktotum gesellschaftlicher Selbsterhaltung avancierte Armee nicht einfach ersetzt und abgelöst, sprich, entbehrlich und überflüssig geworden, sondern in ihrem ökonomischen Tun und Treiben einem neuen und nach Maßgabe seiner militärischen Konditionierung beschränkteren und untergeordneteren Geschäft zugeeignet und dienstbar gemacht. Schließlich müssen ja die den gegnerischen Staaten abgepressten Kontributionen und Reparationen, um ihre volkswirtschaftlich segensreiche Wirkung tun zu können, in den Wirtschaftskreislauf der Republik eingespeist, will heißen, sie müssen mittels staatlichen oder privaten Konsums dem von der Bourgeoisie betriebenen Produktionsapparat und organisierten Marktsystem zugewandt werden. Und selbst wo es sich bei der Kriegsbeute um Sachwerte und Subsistenzmittel handelt, bedarf es des gegebenen Marktsystems, um die Güter in der Republik zu distribuieren und der Zivilbevölkerung für ihre Subsistenz beziehungsweise ihren Konsum zugänglich zu machen.
Die Bourgeoisie wird also auch unter der neuen, die direktoriale Verfassung mittels Staatsstreich beseitigenden Diktatur durchaus noch gebraucht, nur verwandelt sie sich aus einer Teilhaberin und Geschäftspartnerin der den Staatsapparat lenkenden und kontrollierenden Exekutive in eine von letzterer ebenso abhängige wie ihr bloß zuarbeitende Erfüllungsgehilfin und Dienstleisterin. So gewiss sie die Mittel für die gesellschaftliche Reproduktion, das für die Produktion und Distribution von Subsistenzmitteln und Konsumgütern erforderliche finanzielle und sächliche Kapital nicht mehr in eigener Regie, kraft und ab ovo des von ihr betriebenen Produktionsapparats und Marktsystems zu erwirtschaften und bereitzustellen vermag, sondern sich von der in eine Okkupations- und Extraktionsmacht umfunktionierten Streitmacht beschaffen und zur Verfügung stellen lassen muss, so gewiss findet sich die Bourgeoisie gegenüber der die Streitmacht führenden und befehligenden Exekutive in ein Verhältnis der Subordination und Abhängigkeit versetzt und mutiert aus einer Partnerin beziehungsweise Beaufsichtigerin der Staatsmacht in deren bloße Assistentin und Handreicherin.
Die als Bourgeoisie apostrophierten Repräsentanten und Funktionäre des Kapitals, die Besitzer und Betreiber des Produktionsapparats und Marktsystems finden sich mithin in eine der Lage des bürgerlichen Mittelstands und der lohnarbeitenden beziehungsweise soldempfangenden Volksmasse durchaus vergleichbare Abhängigkeit vom Staat und Botmäßigkeit ihm gegenüber versetzt, sehen wie jene den letzteren zu ihrem Sachwalter und Treuhänder avanciert, dessen Wille nolens volens der ihre ist und der ebenso sehr an ihrer Stelle und statt ihrer wie für sie und in ihrem Interesse entscheidet und agiert. Weil es die Staatsmacht, die den Staatsapparat betätigende Exekutive, ist, die kraft ihrer zum politisch-ökonomischen Faktotum erhobenen Streitmacht in zunehmendem Maße den Produktionsapparat mit Kapital beziehungsweise das Marktsystem mit Gütern versorgt und so die zivile Reproduktion der republikanischen Gesellschaft aufrechterhält, hört die Rüstungs- und Kriegspolitik der Republik auf, für die Gruppe der kapitalen Produzenten und der kommerziellen Distributoren, die Bourgeoisie, bloß ein Mittel zum wirtschaftlichen Gedeihen und zum finanziellen Gewinn zu sein und wird vielmehr zu einer Bedingung des unternehmerischen Überlebens und des institutionellen Bestands. Das heißt, diese militaristische Politik kehrt nun auch für die Bourgeoisie eben die existenzielle Bedeutung hervor, die sie für die aus ihr per Lohnarbeit und Armeedienst die Subsistenz ziehende Volksmasse und für den an sie seinen künftigen materialen Wohlstand und sozialen Status knüpfenden bürgerlichen Mittelstand ja bereits hat.
Alle drei wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen sind nun also kraft der entscheidenden Bedeutung, die die staatlich geführte und befehligte Streitmacht nicht nur für den Erhalt, sondern mehr noch für den Unterhalt der Republik erlangt, dem Staatswesen in abstracto, dem exekutiven Staatsapparat in dem Sinne integriert und untertan, dass, was immer der Staat will und tut, in ihrem Interesse geschieht und ihrem Wohle dient, er also ebenso sehr in ihrem Sinne wie an ihrer Stelle entscheidet, ebenso sehr für sie wie statt ihrer die Geschäfte führt. Eben dies Verhältnis einer auf die Gesamtgesellschaft sich erstreckenden Sachwaltung und Treuhandschaft, die der Staat kraft der Verwandlung seines militärischen Arms aus einem bloßen Abwehrmittel in eine Versorgungseinrichtung, aus einem bloß wehrenden Instrument in einen mehr noch nährenden Apparat nunmehr ausübt, besiegelt der Staatsstreich des achtzehnten Brumaire.
So gewiss die vom exekutiven Staatsapparat geführte und befehligte Streitmacht aus einem Verteidiger und Bewahrer der Republik zu deren Versorger und Ernährer mutiert, so gewiss muss die Direktorialdiktatur, in der die Bourgeoisie, wenn auch vielleicht nicht das Sagen hat, so jedenfalls doch die Aufsicht führt, in eine Militärdiktatur übergehen, in der der exekutive Staatapparat sich in dem Maße als generalbevollmächtigter Prokurist etabliert, wie das materiale Wohl und Wehe, der ökonomische Gedeih und Verderb nicht nur der Masse des Volkes und des bürgerlichen Mittelstands, sondern auch und nicht minder der Bourgeoisie, zur Gänze von seiner in einem permanenten Kriegs- und Belagerungszustand resultierenden militaristischen Strategie abhängt und nämlich damit steht und fällt, dass die von ihm geführte und befehligte Armee erfolgreich ihre gedoppelte Aufgabe erfüllt und nicht nur die staatliche Souveränität aufrecht erhält, sondern ebenso sehr auch die gesellschaftliche Prosperität sichert oder, weniger pathetisch gefasst, nicht nur die nationale Behauptung der Republik, sondern auch ihre materiale Versorgung gewährleistet.
Dabei zeigt sich freilich die Rede von Generalbevollmächtigung, wie man will, ironisch-buchstäblicher oder symptomatisch-anzüglicher, als sich mit dem eher aufs Handels- und Geschäftsleben verweisenden Begriff des Prokuristen ohne weiteres verträgt – wenn sie nämlich als Anspielung auf die maßgebende Rolle verstanden wird, die in der Konsequenz der der Armee übertragenen Okkupations- und Extraktionsaufgabe und in actu des die Übertragung besiegelnden Staatsstreichs das militärische Kommando, die Generalität, im Staate übernimmt. Tatsächlich bleibt die Befrachtung der mit der institutionellen Erhaltung des republikanischen Staats betrauten Streitmacht mit der zusätzlichen Aufgabe einer materialen Versorgung der republikanischen Gesellschaft nicht ohne gravierende Rückwirkung auf das Kräfteverhältnis im exekutiven Staatsapparat selbst, genauer gesagt, auf die Machtverteilung zwischen Staatsmacht und Streitmacht, bürokratischem Apparat und militärischem Instrument, zivilem Corpus und bewaffnetem Arm. Tatsächlich führt sie zu einer machtpolitischen Gewichtsverschiebung, aufgrund deren die Streitmacht sich von der Staatsmacht emanzipiert und letztere umgekehrt ihrem Diktat unterwirft, sprich, der bewaffnete Arm über den Körper, der ihn gebraucht, die Oberhand und reaktive Verfügung gewinnt, weniger bildbrüchig und zitativer ausgedrückt, der Zauberlehrung im Besen, den er kommandiert, seinen Meister findet oder, kurz und salopp gesagt, der Schwanz mit dem Hund zu wedeln beginnt.
Und dieser staatsinterne Machtwechsel hat auch durchaus seine Logik, denn schließlich verdrängt und substituiert oder, besser gesagt, entmachtet und domestiziert die Streitmacht mit der Zusatzaufgabe, die sie übernimmt, ja niemand Geringeren als die Bourgeoisie, die Gruppe der Betreiber und Verwalter des kapitalen Marktsystems und seines Produktionsapparats, und okkupiert eben die ökonomische Schlüsselstellung, die bis dahin letztere innehatte. Was Wunder, dass sie da auch deren politischen Einfluss beansprucht und als Morgengabe beziehungsweise Angebinde ihrer neu errungenen ökonomischen Macht auszuüben entschlossen ist? Und was Wunder, dass sie diesen mit ihrer neuen ökonomischen Macht korollarisch verknüpften politischen Einfluss auf die im Prinzip gleiche Weise auszuüben unternimmt, wie das zuvor die Bourgeoisie tat – durch Repräsentanten, durch von der Gruppe beziehungsweise dem Corpus Beauftragte, Delegierte?
Nur, dass bei der Streitmacht anders als bei der Bourgeoisie die Beauftragten nicht gewählte, sondern berufene Personen sind, deren Mandat gemäß der anderen, militärischen Organisationsstruktur der Streitmacht auch keine relative, auf den Konsens und die Komplizenschaft der Standesgenossen bauende, zeitlich beschränkte Autorisierung, sondern eine absolute, im Gehorsam und in der Disziplin der Untergebenen gründende, zeitlich unbeschränkte Ermächtigung darstellt. An die Stelle des von der bourgeoisen Klasse als Aufsichtsrat für den Staat gewählten und abgeordneten Direktoriums tritt mit anderen Worten die vom militärischen Corpus als Oberkommando nicht mehr nur des militärischen Arms, sondern ebenso sehr auch des bürokratischen Apparats des Staates akklamierte und getragene Junta.
Der per Staatsstreich vollzogene Machtwechsel vom Direktoriat, dem von der Bourgeoisie gewählten und den Staat kontrollierenden zivilen Aufsichtsrat, zur Generalität, zur von der Streitmacht akklamierten und das Kommando über den Staat führenden militärischen Junta, bedeutet nun freilich das Aus für die Republik als solche beziehungsweise als konstitutionelle Staatsform. Wie der Name schon besagt, steht und fällt die Republik als Staatsform mit der Beteiligung und Mitwirkung der Öffentlichkeit, sprich, der als Publikum firmierenden zivilen Gesellschaft oder Bürgerschaft, an den Angelegenheiten und Entscheidungen des ihr Gemeinwesen repräsentierenden, organisierenden und aufrecht erhaltenden Staats. Von der Direktorialdiktatur wird diese Regierungsform zwar arg strapaziert und weitgehend außer Kraft gesetzt, insofern ja dort der exekutive Staatsapparat, wie gezeigt, wesentliche Teile des Publikums, nämlich den bürgerlichen Mittelstand und die lohnarbeitende Volksmasse, entmündigt und in dem Maße, wie er sich zu ihrem bevollmächtigten Sachwalter und Treuhänder aufschwingt, als Willensbildner und Entscheidungsträger substituiert.
In der direktorialen Mitwirkung der Bourgeoisie an den Geschäften des von den anderen gesellschaftlichen Gruppen ermächtigten exekutiven Staatsapparats bleibt indes noch, wie immer pervertiert und zur partikularen Interessenpolitik entstellt, ein Stück Republik erhalten: Das Direktorium ist der wie immer verklumpte Fuß, den die bürgerliche Öffentlichkeit in der Tür des ansonsten nach außen dicht gemachten Staatsgebäudes behält und kraft dessen die draußen, in der zivilen Gesellschaft, herrschenden Spannungen und drohenden Konflikte noch ins Innere dringen und einen gewissen Einfluss auf den diktatorisch verselbständigten Entscheidungsprozess des das Publikum ebenso sehr verdrängenden wie vertretenden, des ebenso sehr statt der Öffentlichkeit wie für sie agierenden Staates ausüben können.
Mit diesem wie immer pervertierten Rest von republikanischer Teilhabe am diktatorischen Staatswesen aber ist es nach dem Staatsstreich des achtzehnten Brumaire vorbei, weil dieser, wie gesagt, die Tatsache besiegelt, dass die ökonomische Funktion, der die Bourgeoisie ihre politische Macht verdankte, nunmehr im Wesentlichen an die Streitmacht übergegangen ist und die Bourgeoisie sich, so gewiss sie im Rahmen der von der Streitmacht erfüllten Ressourcenbeschaffungsaufgabe und erbrachten gesamtgesellschaftlichen Versorgungsleistung bloß noch die Aufgabe einer dem Militär assistierenden Dienstleisterin beziehungsweise ihm untergeordneten Erfüllungsgehilfin wahrnimmt, das Schicksal der beiden anderen gesellschaftlichen Gruppen teilt und sich wie diese durch den exekutiven Staatsapparat entmündigt und in die Lage eines Klienten im originalen Sinne, sprich, eines nicht minder Hörigen als Schutzbefohlenen, nicht minder dem Tun und Lassen des Patrons Ausgelieferten als auf seine Fürsorge und Zuwendung Angewiesenen versetzt findet.
Indem sich der exekutive Staatsapparat kraft der ökonomischen Funktion, die der von ihm geführten und befehligten Armee zufällt, zu einem ebenso automobilen wie in sich geschlossenen bürokratisch-militärischen Komplex totalisiert und verselbständigt, etabliert er sich als generalbevollmächtigter Prokurist wie bereits der Volksmasse und des bürgerlichen Mittelstands, so nun auch der das kapitale Marktsystem und seinen Produktionsapparat betreibenden Bourgeoisie, verleibt letztere als ein bloßes Funktionselement und Hilfsaggregat seiner ebenso staats- wie selbsterhaltenden Kriegsmaschinerie ein und beseitigt damit den letzten Rest der durch die Revolution erwirkten republikanischen Verfassung – um den Preis freilich einer komplexinternen Machtverschiebung, die die Armee beziehungsweise ihre Führung, die Generalität, in eben die dominante Position bringt, die zuvor die Bourgeoisie beziehungsweise deren Repräsentanz, das Direktoriat, innehatte und die die Diktatur zwangsläufig zur Militärdiktatur spezifiziert.
Dabei bedeutet, dass die den exekutiven Staatsapparat als ebenso selbst- genügsamen wie selbstreferenziellen Komplex etablierende Militärdiktatur, die der Staatsstreich des achtzehnten Brumaire besiegelt, der Republik ein Ende bereitet, zwar eine Veränderung der konstitutionellen Form des der bürgerlichen Revolution entsprungenen Gemeinwesens, mitnichten aber eine Verschlechterung ihres existenziellen Befindens. Im Gegenteil erweist sich die Einführung des militärdiktatorischen Regimes als eine veritable Sanierung des Gemeinwesens, die nicht nur Abhilfe für die Missstände, nämlich die Fraktionskämpfe und Korruptionserscheinungen schafft, die in der Endphase der Direktorialdiktatur wegen der im Vorfeld der Umfunktionierung der Armee zur Okkupations- und Extraktionsmacht sich verschärfenden ökonomischen Lage um sich greifen, sondern die mehr noch sowohl für Landfrieden und bürgerliche Ordnung im Innern als auch für die nötige Geschlossenheit und Zielstrebigkeit im Kampf mit den militärischen Gegnern sorgt.
Diese Kapazität, Eintracht im Innern zu schaffen und für die militärische Auseinandersetzung mit den Nachbarn alle Kräfte zu mobilisieren, die im Unterschied zur Direktorialdiktatur oder jedenfalls weit stärker als sie die Militärdiktatur beweist, ist gar nicht weiter verwunderlich. Sie ergibt sich ganz logisch aus der veränderten gesellschaftlichen Interessenkonstellation beziehungsweise der diese andere Interessenkonstellation zum Tragen bringenden militärpolitischen Machtverteilung.
Solange das die Bourgeoisie repräsentierende Direktorium noch als quasi Aufsichtsrat des als Treuhänder des Volkes und des Mittelstands firmierenden exekutiven Staatsapparats fungiert und mit diesem partnerschaftlich kollaboriert beziehungsweise konspiriert, eint beide zwar die Entscheidung für die militärische Option, ziehen mit anderen Worten beide zwar am gleichen Strang einer militaristischen Entwicklung, von der sie sich einen kapitalistischen Verwertungsprozess unter weitestgehender Vermeidung ökonomischer Verwerfungen, sozialer Spannungen und politischer Konflikte erhoffen. Zugleich aber werden beide hierbei doch durch ein unterschiedliches Interesse motiviert beziehungsweise durch eine divergierende Priorität bestimmt: Dem die Bourgeoisie repräsentierenden Direktorium geht es hauptsächlich um den optimalen Erfolg, sprich, die größtmögliche Profitabilitität des kapitalen Verwertungsprozesses, dem exekutiven Staatsapparat hingegen in erster Linie darum, diese Erwartung der Bourgeoisie mit dem Anspruch der lohnarbeitenden Volksmasse auf ein auskömmliches Leben, eine zureichende Subsistenz zu vereinbaren.
Die beiden einander ebenso klärlich wie systematisch widerstreitenden Zielsetzungen dennoch miteinander in Einklang zu bringen, ist die militaristische Strategie gedacht. Sie erweist sich indes als Quadratur des Kreises, sprich, als letztlich zum Scheitern bestimmtes Unterfangen, weil sie sich nur auf Pump, nämlich durch auf ökonomischem Wege nicht zu tilgende Kriegsanleihen bei den eigenen Bürgern in die Tat umsetzen lässt und mithin zu einer wachsenden Staatsverschuldung führt und letztlich im Bankrott des Staates, seinem fiskalischen Offenbarungseid, resultiert.
Indem nun aber, um dem ökonomisch unausweichlichen Bankrott dennoch zu entrinnen, der Staat seine militärische Strategie in dem Sinne revidiert und modifiziert, dass er seine Streitmacht aus einem Abwehr- und Behauptungsinstrument in eine als Versorgungsapparatur gleichermaßen in eigener Sache und in Diensten des Staatswesens operierende Okkupationsmacht überführt, tritt, wie gesagt, die Armee an die Stelle der Bourgeoisie, die bis dahin sei's direkt, durch ihre fiskalischen Beiträge, sei's indirekt durch den von ihr erwirtschafteten und die Kriegsanleihen speisenden Wohlstand des bürgerlichen Mittelstands, die Aufgabe und Funktion einer Mittel- und Ressourcenbeschaffung für den aufgetriebenen, im Zuge der militaristischen Strategie den exekutiven Staatsapparat als Großkonsumenten und ebenso schwergewichtigen wie zentralen Wirtschaftsfaktor etablierenden Haushalt wahrnahm. Wofür bislang direkt und indirekt die Betreiber und Verwalter des kapitalen Produktionsapparats und Marktsystems sorgen mussten, bis die zu erbringende Leistung beziehungsweise der Mangel an Kompensation für die erbrachten Leistungen ihre Kräfte beziehungsweise ihre Kreditbereitschaft überforderte, das beschaffen jetzt in immer stärkerem Maß die Generäle und Kommandeure des Militärapparats durch ihre bei den feindlichen Nachbarn geübte Requisitions- und Kontributions- beziehungsweise Reparations- und Konfiskationspraxis.
Seinen politisch-praktischen Ausdruck findet dieser ökonomisch-syste- matische Rollenwechsel in der Ersetzung der bislang als Geschäftspartner und Komplize des exekutiven Staatsapparats firmierenden Repräsentanten der Bourgeoisie durch die Kommandanten der Armee, in der Verwandlung mit anderen Worten des bürokratisch-kapitalistischen Komplotts in einen bürokratisch-militärischen Komplex, kurz, in der per Staatsstreich vollzogenen Transformation der Direktorial- in die Militärdiktatur.
Und mit diesem neuen Geschäftspartner und Komplizen Armee verbindet den exekutiven Staatsapparat aber nun ein bis dahin unbekannter Einklang des Interesses und Konsens in der Prioritätensetzung, mit ihm entfallen all die Spannungen und Reibungen, die die der Sachwaltung und Treuhänderschaft des letzteren für die breite Volksmasse prinzipiell widerstreitende Konzentration des bisherigen Partners Bourgeoisie auf den kapitalen Verwertungsprozess und seinen Akkumulationsimperativ hervorzutreiben beziehungsweise zu erzeugen tendiert. Der in eine Okkupations- und Extraktionsmacht umfunktionierten Armee geht es nicht um kapitale Verwertung und Akkumulation – sie ist als verlängerter Arm und willfähriges Werkzeug des exekutiven Staatsapparats ausschließlich darauf aus, ihre Aufgabe einer konfiskatorisch-requisitorischen Geldmittel- und Ressourcenbeschaffung zu erfüllen, um mit diesen den feindlichen Nachbarn und gegnerischen Gesellschaften abgepressten Mitteln und Ressourcen teils sich selbst zu alimentieren und zu versorgen, teils die Reproduktionsbedürfnisse des eigenen Staatswesens zu befriedigen, sprich, dessen durch die Militarisierung überforderten Etat so zu dotieren und aufzufüllen, dass dieser den von der Staatsmacht eingegangenen finanziellen und subsistenziellen Verpflichtungen nachkommen und den gesellschaftlichen Gruppen die Investitionsmittel, die Konsumkraft und die Versorgungsgüter bieten kann, die sie ihnen in der Konsequenz ihres für Armee und Rüstung getriebenen Aufwands schuldet.
Als ebenso selbstlose wie treue Dienerin führt die Streitmacht nichts anderes im Schild, als den mit ihrer Umfunktionierung in einen Beschaffungs- und Versorgungsapparat verknüpften Erwartungen zu entsprechen und ist insofern ein verlässliches und von Eigenwillen und Selbstsucht freies Faktotum des exekutiven Staatsapparats, der nunmehr eine aller republikanischen Rücksichten, aller Pflichten zur Absprache und Verständigung mit dem zivilen Corpus der bürgerlichen Gesellschaft entbundene diktatorische Macht ausübt. Eines bürokratischen Apparats, der diese aller republikanischen Rücksichten und zivilen Verständigungsweisen entbundene, sprich, unbeschränkt diktatorische Macht deshalb auszuüben vermag, weil er sich kraft seines militärischen Faktotums und dessen auch und gerade ökonomisch entscheidender Funktion, seiner ausschlaggebenden Bedeutung für die Reproduktion der Gesamtgesellschaft nicht weniger als für den eigenen Unterhalt, als generalbevollmächtigter Prokurist aller wesentlichen, das zivile Corpus bildender gesellschaftlicher Gruppen, will heißen, als entscheidungsmächtiger Sachwalter und Treuhänder nicht mehr nur der lohnarbeitenden und soldempfangenden Volksmasse und des durch seine Gläubigerrolle dem Staat auf Gedeih und Verderb verbundenen bürgerlichen Mittelstands, sondern auch und mehr noch der Betreiber und Verwalter des kapitalen Produktionsapparats und Marktsystems, kurz, der Bourgeoisie geltend machen und aufführen kann, für deren Versorgung mit – den Fortgang und das Gedeihen ihrer Produktionsprozesse und ihrer Marktgeschäfte gewährleistenden – Investitionsmitteln und Sachgütern die Streitmacht ja jetzt die gleiche Unabdingbarkeit und fundamentale Bedeutung beweist wie bereits für die Subsistenz der Volksmasse und den mittelständischen Wohlstand.
Unter den Bedingungen der durch den Staatsstreich vom achtzehnten Brumaire etablierten Militärdiktatur herrscht also eine vollständige Interessengemeinschaft und intentionale Übereinstimmung – nicht nur zwischen dem exekutiven Staatsapparat und den wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen, zu deren generalbevollmächtigtem Vertreter er sich aufwirft, sondern auch und mehr noch zwischen ihm und seinem ökonomisch, sprich, als Ressourcenbeschaffer und Staatsfinanzierer an die Stelle der Bourgeoisie getretenen und deshalb nunmehr auch politisch anstelle der Bourgeoisie als sein Geschäftspartner und Kontrahent firmierenden militärischen Arm, der mit ihm zum bürokratisch-militärischen Komplex fusionierten Armee.
Dass sich in diesem bürokratisch-militärischen Komplex der bürokratische Körper in Anerkennung der ökonomisch nicht minder als militärisch entscheidenden Funktion, die dem die überforderte Kapitalmacht ersetzenden militärischen Arm zufällt, dessen Führung unterstellt, dass sich mit anderen Worten die zivile Verwaltung dem Armeekommando als oberster Regierungsinstanz unterwirft oder, um es noch einmal salopp auszudrücken, der Hund die anatomische Monstrosität akzeptiert, von seinem eigenen Schwanz zum Anhängsel degradiert zu werden, führt dabei nicht etwa zu einer Destabilisierung oder Desorientierung des komplex-diktatorischen Staatsapparats, sondern erhöht im Gegenteil nur seine Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit.
Eben weil zwischen Staat und Militär, ziviler Verwaltung und Streitmacht eine solch vollkommene und durch keine verwertungsprozessuale Eigensucht beeinträchtigte Interessengemeinschaft und intentionale Übereinstimmung herrscht, kommt es beiden nur zugute und verstärkt ihre Effektivität und Schlagkraft, dass dank der Substitution des als Aufsichtsrat fungierenden Direktoriums durch die als Oberkommando operierende Generalität in der Rolle einer obersten Leitung des durch die Substitution zum bürokratisch-militärischen Komplex mutierten exekutiven Staatsapparats militärische Kommandostrukturen an die Stelle der bürokratischen Vollzugsmechanismen treten und verwaltungstechnische Kompetenz und Verfügungsmacht durch soldatische Disziplin und Befehlsgewalt auf Vordermann beziehungsweise Trab gebracht werden.
Der entscheidungsprozessuale Straffungseffekt und Zuwachs an funktioneller Zielstrebigkeit, den die Durchdringung des zivilen Staatscorpus mit dem Korpsgeist und der Tatkraft seiner militärischen Führungsspitze mit sich bringt, erfährt noch dadurch eine wesentliche Verstärkung, dass die die Macht im Staat übernehmende und als militärisches Oberkommando den direktorialen Aufsichtsrat ersetzende Generalität kein aus dem Offizierskorps rekrutiertes und auf den Konsens seiner Mitglieder angewiesenes mehrköpfiges Gremium, mit anderen Worten, keine Junta bildet, sondern von Anfang an als ein Mann auftritt, als eine ebenso tatkräftige wie willensstarke Person, die sich bei den vorangegangenen Kriegszügen als erfolgreicher Feldherr bewährt und sich durch ihr militärisches Genie, ihren strategischen Durchblick und ihr politisches Geschick die an Devotion grenzende Anhänglichkeit der Generalskollegen erworben hat.
Dieser eine, mit ebensoviel Wirklichkeitssinn wie Machtinstinkt, mit ebenso viel Resolution wie Kalkül, mit ebensoviel taktischer Mobilität wie strategischer Weitsicht gesegnete General, Napoleon Bonaparte, übernimmt, getragen von der ihm eher als Anhang denn als Kollegium verbundenen Generalität, mit dem Staatsstreich vom achtzehnten Brumaire die Macht im Staat und entfaltet den bürokratisch-militärischen Komplex zu einer Maschinerie, die die ihr gestellte Aufgabe einer mit der Unterwerfung der Kriegsgegner einhergehenden Ausbeutung ihrer Territorien, sprich, einer Reproduktion des der Revolution entsprungenen Staatswesens per medium und auf Kosten der Reaktion, der gegen die Revolution sich verwahrenden und mobil machenden benachbarten Gesellschaften, ebenso effektiv erfüllt wie unwiderstehlich durchführt.
Weil es dem revolutionsentsprungenen Imperium nicht gelingt, die politische Eigenstaatlichkeit, ökonomische Eigenständigkeit und kulturelle Eigenart der unterworfenen Gesellschaften und deren daraus sich speisenden Widerstand zu brechen, erweist es sich als von kurzer Dauer. Hierin unterscheidet sich sein Regime von früheren Militärdiktaturen im Allgemeinen und der des Römischen Reichs im Besonderen. Sein Versuch, den politisch-strukturellen Mangel seiner Herrschaft durch eine geographisch-universelle Flurbereinigung aus der Welt zu schaffen, hat den Charakter einer Ersatzhandlung und schlägt ihm zum Verderben aus.
An der mit dem vollen Einverständnis und der tatkräftigen Unterstützung aller wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen militärdiktatorisch entfalteten Okkupations- und Extraktionsmaschinerie liegt es nicht, wenn die mittels ihrer über das kontinentale Europa ausgeübte Herrschaft letztlich nur anderthalb Jahrzehnte währt! Verantwortlich für die vergleichsweise kurze Dauer des napoleonischen Regimes ist nicht die innere Konstitution und eigene Befindlichkeit des Herrschaftssubjekts, die an Funktionalität und Effektivität nichts zu wünschen übrig lässt, sondern vielmehr die Disposition der gegnerischen Mächte, die Beschaffenheit der Objekte, über die das Herrschaftssubjekt Herr wird und mit deren Unterwerfung und Ausbeutung seine Herrschaft steht und fällt.
So sehr die organisatorische und strategische Überlegenheit seiner vom Geiste revolutionärer Neuerung geprägten Militärmacht es dem napoleonischen Regime erlaubt, feindliche Streitkräfte zu zerschlagen, gegnerische Territorien zu besetzen und dort eine systematische Requisitions- und Konfiskationspraxis zu betreiben, so sehr es hierbei von Triumph zu Triumph eilt und jeden gegen die Fremdherrschaft und ihre Ausbeutungspraxis sich regenden Widerstand immer wieder erfolgreich bricht – dem Tatbestand der ökonomischen Kontinuität, politischen Souveränität und kulturellen Identität der Gesellschaften der okkupierten Territorien, der dem immer neu aufflammenden Widerstand zugrunde liegt und Nahrung gibt, zu Leibe zu rücken und den Garaus zu machen, gelingt dem Regime nicht. Seine Herrschaft bleibt, aller militärischen Penetranz und bürokratischen Effizienz ungeachtet, den betreffenden Gesellschaften vergleichsweise äußerlich, greift beziehungsweise dringt nicht ein in ihre volkswirtschaftliche Eigenständigkeit, ihre herrschaftliche Selbstverwaltung, ihren geschichtlichen Charakter.
Trotz oder vielleicht gerade wegen des tiefgreifenden lebensartlich-kulturellen Eindrucks, den in den vorangegangenen anderthalb Jahrhunderten die führende absolutistische Macht Frankreich bei den Nachbarn gemacht und hinterlassen hat, bleiben diese jetzt, abgesehen von einigen Grenzregionen, immun gegen die der Revolution geschuldeten politischen Veränderungen und zivilisatorischen Neuerungen und beschränken die militärdiktatorische Macht, zu der sich die Republik aus innenpolitischen Gründen nicht weniger als unter außenpolitischem Druck gemausert hat, strikt auf die selbstgewählte Rolle des Aggressors und Besatzers, den zwar seine militärisch-strategische und organisatorisch-bürokratische Überlegenheit befähigt, sich an den Unterworfenen und immer neu zur Kapitulation Gezwungenen mittels Requisitionen und Kontributionen beziehungsweise Konfiskationen und Reparationen, kurz, mittels Erpressung und Raub schadlos zu halten oder auch zu sanieren, dem es aber in keiner Weise gelingt, bei den Nachbarn Fuß zu fassen und sie politisch zu domestizieren beziehungsweise ökonomisch zu kolonisieren oder sie wenigstens in nennenswertem Umfang zur Fraternisierung oder Kollaboration zu bewegen.
Zwar bemüht sich das napoleonische Regime, durch die Gründung neuer Staaten auf Territorien, die es den Hoheitsgebieten der Nachbarn entzieht, beziehungsweise durch die Vergabe eroberter Herrschaftsgebiete an Gefolgsleute und Regimetreue in die Phalanx der Nachbarstaaten einzubrechen und sie durch die Schaffung eines Satellitensystems zu durchwirken beziehungsweise zu unterminieren, aber diese regimetreuen beziehungsweise regimehörigen Herrschaften bleiben – nicht zuletzt deshalb, weil sie Frucht einer dynastisch-familiären, auf die Sicherung der Haus- und Erbmacht des mittlerweile zum Kaiser gekürten Diktators und bar jeder die staatlichen Neugründungen selbst betreffenden politischen beziehungsweise gesellschaftsreformerischen Absichten sind – ihren Hoheitsgebieten ebenso fremd wie aufgesetzt und stehen und fallen mit dem Wohl und Wehe dessen, der sie in Szene setzt, soweit sie nicht nur als Spielball und Manövriermasse seiner politischen Macht- und diplomatischen Ränkespiele erscheinen und sich von ihm nach Bedarf und Belieben ein- und abgesetzt finden.
An der Phalanx der Nachbarstaaten, die das militärdiktatorische Regime zwar regelmäßig aufs Haupt schlägt und zur Kasse bittet, die aber doch ihre politische Eigenstaatlichkeit und ökonomische Eigenständigkeit behaupten und aus dieser ihrer relativen politisch-ökonomischen Integrität bei jeder sich – egal, ob passend oder unpassend – bietenden Gelegenheit wieder die Kraft zum erneute kriegerische Auseinandersetzungen provozierenden Widerstand schöpfen, ändert sich durch die Gründung jener eher als Operettenstaaten von Gnaden des Regimes denn als ernsthafte Bundesgenossen des letzteren im Kampf um die Vormacht in Europa anzusehenden Satelliten nicht das Geringste.
Hier liegt der eigentliche oder jedenfalls ein wesentlicher Unterschied des napoleonischen Regimes zu früheren militärisch-bürokratischen Ausbeutungsapparaten im Allgemeinen und dem die Apparatur cäsarisch begründenden und zu imperialer Größe entfaltenden Römischen Reich im Besonderen. Den Rückbezug auf und die Anlehnung an die römische Geschichte lässt sich bereits die von revolutionärem Elan erfüllte Republik angelegen sein. Freilich bleibt die Referenz hier noch eher nominell und entbehrt weitgehend der reellen Vergleichbarkeit. Sie verdankt sich der Tatsache, dass – abgesehen von den schwerlich als demokratisch zu bezeichnenden patrizischen Stadtrepubliken des späten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit und der des politischen Repräsentationsprinzips ermangelnden und mit ihrer direkten Demokratie von der Rousseauschen Zivilisationskritik ans Firmament einer unwiederbringlichen Vorgeschichte versetzten helvetischen Republik, die beide sich eben wegen ihres Mangels an Demokratie beziehungsweise Repräsentativität als Vorformen disqualifizieren – das revolutionäre Gemeinwesen mit seiner bürgerlich-republikanischen Verfassung in der eigenen historischen Tradition ohne Präzedenzfall ist und deshalb sein Bedürfnis, die naturrechtlich-systematische Neuordnung, die es initiiert, durch ein geschichtlich-empirisches Paradigma zusätzlich zu legitimieren, dadurch befriedigt, dass es dieses empirische Vorbild in einem anderen Äon, der vom Europa des christlichen Zeitalters seit jeher als zivilisationsheroischer Ursprung und kulturgeschichtlicher Erblasser hochgehaltenen Antike reklamiert.
So oberflächlich und bloß reklamatorisch-nominell der von der Republik bemühte Vergleich mit der antiken res publica aber auch ist, in dem Maße, wie die Republik sich, der finanzpolitischen Not, in die ihre Entscheidung für die militärische Option sie stürzt, gehorchend, durch Umfunktionierung ihrer Streitmacht aus einem Verteidigungsinstrument in einen Beschaffungsapparat in die napoleonische Militärdiktatur transformiert, gewinnt die Parallele zur römischen Geschichte an Konkretion und Plausibilität. Was beide politischen Regime im Prinzip verbindet und dem neuzeitlichen Militärdiktator eine Art Recht verleiht, seine Karriere der cäsarischen nachzubilden und sich zuerst als Konsul und dann gar als Imperator aufzuführen, ist eben die in der Umrüstung der Streitmacht aus einem Verteidigungs- und Unterwerfungsinstrument in einen Okkupations- und Extraktionsapparat beschlossene Transformation der heimischen Volkswirtschaft aus einem System, das in der mittels industrieller Produktion und kommerziellem Austausch bewerkstelligten Nutzung beziehungsweise Ausbeutung der Arbeitskraft der eigenen Gesellschaft gründet, in eine Maschinerie, die sich auf die mit militärischer Gewalt und bürokratischem Zwang durchgesetzte Ausplünderung beziehungsweise Enteignung der benachbarten Staaten verlegt, sich also im Wesentlichen auf Kosten der in den Nachbargesellschaften mittels industrieller Produktion und kommerziellen Austauschs genutzten beziehungsweise ausgebeuteten Arbeitskraft, sprich, auf parasitäre Weise, in Gang, wo nicht am Leben erhält.
Mit dieser prinzipiellen, aufs factum brutum eines Schmarotzertums, das mittels militärischer Gewalt und bürokratischen Zwangs funktioniert, zielenden Vergleichbarkeit freilich endet die Parallele auch schon. Anders als die imperatorische Diktatur der beginnenden Moderne ist die der ausgehenden Antike keine kurzfristige, der ebenso jähen wie dramatischen Not eines Gemeinwesens, das seine Volkswirtschaft in die Sackgasse einer Lösung sozialer Probleme durch Militarisierung treibt, geschuldete Veranstaltung, sondern ein langfristiges Unternehmen, das bloß einen Kurs beibehält und mit den Zeitläuften angepassten Methoden fortsetzt, den schon die vorangegangene aristokratisch verfasste Republik Jahrhunderte lang verfolgt und zur via regia des Bestehens und Gedeihens des Gemeinwesens erhoben hat.
Und diese Tatsache weist auch schon auf den zweiten, entscheidenden Unterschied zwischen der cäsarischen und der napoleonischen Militärdiktatur hin, nämlich darauf, dass in ersterem Fall die militärisch forcierte und bürokratisch implementierte Ausbeutung der Arbeitskraft fremder Gesellschaften unter wesentlich anderen und ihrem Erfolg beziehungsweise ihrer Aufrechterhaltung günstigeren Bedingungen und Umständen stattfindet.
Wie schon die römische Republik, so zieht auch und in dank seiner neuen Konzentration der Macht und Methodik der Herrschaftsübung verstärktem Maße das römische Imperium Vorteil und Nutzen aus dem für seinen Entfaltungsraum, die mittelmeerische Sphäre, seit Jahrhunderten bereits charakteristischen Zivilisationsgefälle, der gesellschaftstypisch und wirtschaftssystematisch, kurz, politisch-ökonomisch einschneidenden Differenz zwischen aristokratisch fundierten städtischen Marktgesellschaften einerseits und kultisch sanktionierten agrarischen Territorialherrschaften sowie genealogisch liierten kollektivistischen Stammesgemeinschaften andererseits. Dank ihrer der kommerziellen Selbstversorgung und zivilen Selbstverwaltung, die sie ausbilden, entspringenden neuen Formen ökonomischer Organisation, politischer Konstitution, technischer Invention und kultureller Profession kehren die städtischen Marktgesellschaften gegenüber den agrarischen Territorialherrschaften und den kollektivistischen Stammesgemeinschaften eine Überlegenheit hervor, die erstmals das der griechischen Polis geschuldete Alexanderreich, das durch die Hellenisierung des östlichen Mittelmeerraums der römischen Herrschaft den Boden bereitet, zum Tragen bringt und die als anschließend durch die römische Herrschaft geltend gemachte sich mitnichten darin erschöpft, die eroberten Gebiete militärisch zu unterwerfen und bürokratisch zu kontrollieren, sondern sich mehr noch und entscheidender im Sinne einer ökonomischen Integration, politischen Kolonisation und kulturellen Assimilation jener Territorien und ihrer heimischen Bevölkerungen auswirkt.
Kraft der Hand in Hand mit seiner militärisch-bürokratischen Schlag- und Durchsetzungskraft von ihm entfalteten politisch-ökonomischen Transformationsmacht und technisch-zivilisatorischen Attraktion schafft es der römische Stadtstaat, die anderen Staaten beziehungsweise Gesellschaften, die er militärisch überwindet und bürokratisch unterdrückt, zugleich ökonomisch zu unterwandern, politisch umzuformen und sich kulturell zu assimilieren. Mit den Pfunden seines ökonomischen Organisationstalents, seines realpolitischen Zynismus, seines technischen Einfallsreichtums und seiner kulturellen Anpassungsfähigkeit wuchernd, höhlt er jene in ihrem territorialherrschaftlichen beziehungsweise stammesgemeinschaftlichen Traditionalismus vergleichsweise rückständigen Gesellschaften quasi von innen heraus, entzieht ihnen ihre ökonomische Eigenständigkeit, bringt sie um ihre politische Loyalität, raubt ihnen ihr zivilisatorisches Selbstbewusstsein, verschlägt ihnen ihre religiösen Gewissheiten und ihr sittliches Bewusstsein und verwandelt ihre Lebensräume in Kolonien beziehungsweise Satrapien, die mehr und mehr einem von römischer Lebensart und römischem Geist durchzogenen Globalismus und Synkretismus verfallen, bis sie alle soziale Identität beziehungsweise tribale Eigenart verlieren und zu Bürgern des Römischen Imperiums mutieren, sprich, zu Elementen eines Vielvölkerstaats werden, dessen zugleich haltgebende Struktur und maßgebende Institution eben jene militärische Unterdrückungs- und bürokratische Ausbeutungsmaschinerie bildet, die in blindem Automatismus ihr Personal aus seinem amorphen Völkergemisch rekrutiert, sprich, sich qua Herrschaftsmechanismus fortlaufend aus dem eigenen Unterdrückungs- und Ausbeutungssystem reproduziert und eben deshalb eine nicht enden wollende Kontinuität beweist, ad infinitum das imperiale Feld behauptet.
Ad infinitum ist dabei freilich cum grano salis zu nehmen. Auch wenn die imperiale Herrschaft römischer Provenienz durch ihr paradoxes Hervorgehen beziehungsweise drachenartiges Zusichkommen aus eben der Knechtschaft und Entfremdung, in die sie die Völker stürzt, eine außerordentliche Haltbarkeit und Dauer beweist, gegen das Schicksal alles Irdischen, die Vergängnis, ist sie dennoch nicht gefeit. Was sie zu guter Letzt zugrunde richtet, ist, wie an anderer Stelle gezeigt, die innere Widersprüchlichkeit beziehungsweise intentionale Verwirrung und Desorientierung, in die sie als zugleich Mittel und Zweck einer politischen Ökonomie, die wesentlich zu Lasten der mittels Arbeit normalen Zweckmäßigkeit menschlichen Lebens geht, sich verstrickt.
Als ein Mittel, das einem Zweck dient, der nichts weiter ist als das parasitäre Schattenbild der lebendigen Zwecke, die die von ihr Unterdrückten und Ausgebeuteten verfolgen, kann die imperiale Herrschaft gar nicht umhin, jenes Schemen, dem sie dient, den populus romanus, allmählich zu verdrängen und durch sich als sich selbst vermittelnden Zweck, als imperium, zu ersetzen. Aber die Substitution des Schattenbilds von Zweck durch das sich selbst als Zweck etablierende Mittel, das dem Schattenbild diente, schafft partout keine lebendige Zweckmäßigkeit: Was sie schafft, ist ein sich selbst bezweckendes Mittel, eine Ziel- und Sinnlosigkeit, ein Unding, das sich im Bemühen um sich als nicht bloß sich selbst bezweckendes Mittel, sondern als sich selbst vermittelnder wirklicher Zweck förmlich verzehrt und buchstäblich zerreißt.
Es zerreißt und zerstört sich so gewiss, wie es sich mit sich selbst entzweit und sich als wirklicher Zweck gegen sich als dienendes Mittel durchzusetzen und zu behaupten sucht, wie es also das Imperium, sich selbst, permanent in auf die Zweckrolle Anspruch erhebende provinzielle Herrschaften zersprengt, die sich gegenseitig zu unterwerfen und als Mittel zu verhaften und dingfest zu machen trachten. Dieser selbstzerstörerische Kampf des Mittels um die Anerkennung seines Zweckcharakters durch sich als zum Alterego abgespaltenes und in seiner Dienstbarkeit arretiertes Mittel bewirkt und besiegelt den Untergang der auf die Okkupation und Expropriation fremder Territorien und anderer Gesellschaften gegründeten römischen Militärdiktatur – einen Untergang, der allerdings wegen der so überaus erfolgreichen imperialen Integration und Assimilation der fremden Territorien und anderen Gesellschaften die Erscheinungs- und Verlaufsform eines ebenso agonalen wie totalen, ebenso langdauernden wie umfassenden Zugrundegehens annimmt.
Solch umfassende Agonie bleibt dem von der napoleonischen Militärdiktatur inszenierten Reich erspart – eben weil es gar nicht erst dahin gelangt, sich die Nachbarstaaten in einer dem Procedere der römischen Republik und des Imperiums, in das diese übergeht, vergleichbaren Weise politisch-ökonomisch zu integrieren beziehungsweise zivilisatorisch-kulturell zu assimilieren.
Anders als im spätantiken mittelmeerischen Raum sind im neuzeitlich-europäischen Kontext die sozialstrukturellen Unterschiede und das Zivilisationsgefälle zu gering, um die Basis beziehungsweise das Motiv für einen solchen globalistischen Integrations- und synkretistischen Assimilationsprozess zu bieten. Die dem postrevolutionären Frankreich wegen des von seiner Streitmacht entfalteten strategischen Ingeniums und neuartigen Organisationstalents militärisch-bürokratisch eindeutig unterlegenen Nachbarn sind ihm doch zugleich, was ihre ökonomische Reproduktionsweise, ihre soziale Struktur, ihre politische Verfassung, ihre technische Kompetenz, ihren kulturellen Entwicklungsstand angeht, nah genug beziehungsweise hinlänglich ebenbürtig, um sich in all diesen Hinsichten gegen den Aggressor zu behaupten und sich ein hinlängliches Maß an Eigenständigkeit und Eigenbestimmtheit, Integrität und Autonomie zu bewahren.
Die zum napoleonischen Imperium avancierte postrevolutionäre Militärdiktatur findet sich deshalb auf eine vergleichsweise äußerliche militärische Unterdrückung und bürokratische Kontrolle der Nachbarn beschränkt, durch die sie zwar letztere zur Kasse zu bitten, sie durch Requisitionen und Kontributionen beziehungsweise Konfiskationen und Reparationen in den Dienst der Erhaltung ihrer selbst und ihrer Streitmacht zu zwingen, nicht aber die militärisch Unterworfenen und bürokratisch Ausgebeuteten ökonomisch umzufunktionieren, politisch ihrem System zu integrieren und kulturell den Lebensformen ihrer Gesellschaft zu assimilieren vermag.
Die Ausbeutung der Nachbarstaaten bleibt eine Frucht vergleichsweise oberflächlicher Repression und äußerlichen Zwangs, die ökonomische Integrität, politische Identität und kulturelle Moral der Ausgebeuteten bleiben weitgehend ungebrochen, und deshalb findet das neuzeitlich-napoleonische Imperium weder die Zeit noch die Gelegenheit, jenen globalistisch-synkretistischen Zustand herbeizuführen, den das spätantik- cäsarische Imperium erreicht und in dem es seinem selbstgewirkten Schicksal, sprich, der selbstzerstörerischen Dynamik einer sich als zielloser Instrumentalismus manifestierenden teleologischen Kurzschlüssigkeit verfällt. Statt wie das alte Imperium in einem ebenso sehr von ihm durchdrungenen wie unterworfenen, ebenso sehr von ihm bestimmten wie beherrschten Provinzialsystem mit sich selbst in Streit zu geraten, sich selbst zum ärgsten Feind zu werden, bleibt das neue Imperium der fortdauernden Feindseligkeit und Ablehnung der von ihm bloß botmäßig und tributpflichtig gemachten Staaten und Territorien konfrontiert und hat alle Hände voll zu tun, des passiven Widerstands und der aktiven Gegenwehr Herr zu werden, die sei's im Alleingang, sei's in Form von Allianzen die Nachbarstaaten de profundis ihrer ungebrochenen beziehungsweise unveränderten Selbstbehauptungskraft immer neu mobilisieren und an den Tag legen.
Tatsächlich stellt sich die napoleonische Herrschaft als eine einzige Kette von Feldzügen und kriegerischen Auseinandersetzungen mit den von ihr beherrschten Territorien dar, die freilich nicht wie die des cäsarischen Imperiums auf Expansion und Integration zielen und bei der jede Bekämpfung feindlicher oder aufständischer Kräfte nicht automatisch mit dem Anspruch einhergeht, die Gebiete des Gegners dem imperialen Entfaltungs- und Gestaltungsraum einzuverleiben. Vielmehr dienen die napoleonischen Kriege einzig und allein der Reaffirmation des imperialen Status quo, sprich, dem Zweck, die Suprematie des französischen Imperiums über die zwar botmäßig und tributpflichtig gemachten, aber doch in relativer ökonomischer Eigenständigkeit, politischer Selbstbestimmung und kultureller Integrität verharrenden und aus dem Triebgrund dieser ihrer relativen Selbstmächtigkeit immer wieder das Imperium herausfordernden Nachbarn zu sichern beziehungsweise wiederherzustellen.
Müde dieser nicht enden wollenden Insurrektionen und Befreiungskämpfe, die es zermürben und einer schleichenden Abnutzung aussetzen, sucht das napoleonische Imperium den beschriebenen politisch-strukturellen Mangel seiner Suprematie, der den permanenten Kriegszustand verschuldet, dadurch zu beheben, dass es ihn zu einem geogra- phisch-universellen Problem erklärt und als solches zu lösen unternimmt. Das Imperium schreibt mit anderen Worten das Ausbleiben eines imperialen Landfriedens auf den von ihm beherrschten und kontrollierten Territorien der Tatsache zu, dass an der westlichen und der östlichen Peripherie seines Herrschaftsgebiets in Gestalt des britischen Inselreichs und der zaristischen Territorialmacht aktuelle beziehungsweise virtuelle Gegner perennieren, die nicht weniger durch ihre der Macht des Imperiums Grenzen setzende und seinen Anspruch auf schrankenlose Geltung dadurch Lügen strafende bloße Existenz als durch die mehr oder minder tatkräftige Unterstützung, die sie den Feinden im Innern des Imperiums bieten, deren Widerstand schüren und dem anhaltenden Unfrieden Vorschub leisten.
Als erstes bemüht sich das Imperium um eine Ausschaltung des aktuellen Gegners im Westen, des britischen Inselreichs, wobei freilich dessen politisch-ökonomische Macht und militärisch-strategische Stärke eine aktive Überwindung mittels Eroberung und Besetzung von vornherein ausschließt und das Imperium vielmehr darauf verfallen lässt, das Inselreich durch Ausgrenzung und Isolation, durch eine passive Abkapselungsstrategie also, vom Schauplatz zu verdrängen. Dieser als Kontinentalsperre in die Geschichte eingegangene und das britische Inselreich vom Verkehr und Handel mit dem europäischen Kontinent auszuschließen bestimmte Versuch, den westlichen Widersacher in die Knie zu zwingen und auszuschalten, schlägt auf der ganzen Linie fehl, teils weil es sich als unmöglich erweist, den Kontinent mit seiner ebenso vielgestaltigen wie langen Küste effektiv abzuschotten, teils weil die Unterbindung oder jedenfalls Störung des Handelsverkehrs zwischen dem Inselreich und den Kontinentalgebieten der Ökonomie der letzteren mindestens ebenso abträglich ist und ebenso viel Schaden zufügt wie der des ersteren, teils und nicht zuletzt deshalb, weil das Inselreich dank des kolonialistischen Sonderwegs, den es eingeschlagen hat, dank mit anderen Worten seiner überlegenen Flotte und seiner überseeischen Besitzungen und Beziehungen in die Offensive zu gehen und durch Blockade der kontinentalen Häfen einen seiner eigenen wirtschaftlichen Entwicklung naturgemäß förderlichen Ausschluss der kontinentalen Konkurrenten vom Welthandel durchzusetzen vermag.
Angesichts des offenkundigen Scheiterns dieses ersatzhandlungsverdächtigen Versuchs des Imperiums neuen Zuschnitts, durch eine geogra- phisch-universelle, nach außen gerichtete Flurbereinigung den in Wahrheit politisch-strukturellen, im Innern bestehenden Mangel seiner Herrschaft aus der Welt zu schaffen, ist es wohl eher für eine Verzweiflungstat denn für eine konsequente Verfolgung der mit der Kontinentalsperre eingeschlagenen Strategie zu nehmen, wenn Jahre später das Imperium gegen den nicht einmal aktuellen, sondern höchstens virtuellen Gegner an seiner östlichen Peripherie, das zaristische Russland, zu Felde zieht und mit der Absicht, es zu besetzen und der Sphäre seiner Herrschaft einzuverleiben, in dessen ebenso unwegsame wie weitläufige Gebiete einmarschiert. Wie Verzweiflungstaten zumeist erweist sich auch diese als fatale Entscheidung: In der russischen Kälte und den russischen Sümpfen erleidet die vom Nachschub abgeschnittene und beim Rückzug einer frühen Form des modernen Partisanenkampfes ausgesetzte imperiale Armee eine vernichtende Niederlage und erfährt die Militärmacht des Imperiums eine Schwächung, die, als gravierende Verwundung interpretiert, für alle seine Gegner, die inneren nicht weniger als die äußeren, zum Signal wird, sich zusammenzurotten und das weidwunde Wild zur Strecke zu bringen.
Dass selbst dieser letzte Akt des imperialen Dramas sich noch als ein großes, schlachtenreiches Ringen erweist, bezeugt noch einmal die Macht und Effektivität, die das in einen Apparat zur militärischen Unterwerfung und bürokratischen Ausbeutung der benachbarten Territorien und Staaten umgerüstete postrevolutionäre Gemeinwesen kraft der neuen organisatorischen und strategischen Fähigkeiten entfaltet, die die revolutionäre Umkrempelung der Gesellschaft und die daraus resultierende Verwandlung des Staats aus dem Souverän in eine Exekutive, sprich, aus dem demonstrativ-absolutistischen, personalen Haupt eines vom Adelsstand kontrollierten Untertanencorpus in das repräsentativ-demokratische, konstitutionelle Hirn eines von der bürgerlichen Klasse mobilisierten Volkskörpers zutage fördert – Fähigkeiten, die das militärdiktatorische Regime – um den Preis allerdings, wenn auch vielleicht nicht der repräsentativen Relation, so jedenfalls doch der demokratischen Konstitution des Staatswesens – dank seiner instrumentellen Rationalität und seiner klaren Kommandostruktur bestmöglich zur Geltung zu bringen vermag. Dass, aller agonalen Großartigkeit zum Trotz, dieser letzte Akt eben der letzte ist, belegt freilich auch, dass eine solch parasitäre Reproduktionsform, wie sie das postrevolutionäre Gemeinwesen ausbildet, eine Notlösung bleibt, die unmöglich von Dauer sein kann, weil der Schmarotzer entweder, wie im Falle des Römischen Reichs, einem allmählichen Wahnsinn verfällt und seine eigene Basis, die erfolgreich von ihm in den Dienst seiner Reproduktion gestellten fremden Gesellschaften, zugrunde richtet oder aber, wie im Fall des Napoleonischen Imperiums, selber rasch an der permanenten Resistenz zugrunde geht, die die von ihm zur Basis seiner Reproduktion gemachten fremden Gesellschaften beweisen und die er zwar eine Zeit lang zu brechen und zu unterdrücken, nicht aber dauerhaft zu überwinden und außer Kraft zu setzen vermag.