Die Fundamente des starken Staats – Zweiter Teil: Sozialismus
Das durch die imperialistische Wendung bewirkte rasche Wirtschaftswachstum führt zu wiederkehrenden Absatz- und Investitionskrisen, wozu der ökonomische Erfolg der neuen Mitspieler in Mitteleuropa und Nordamerika wesentlich beiträgt. Die zur Krisenbewältigung von Staats wegen eingeführten handelspolitischen Restriktionen erweisen sich als zweischneidiges Schwert, weil die Konkurrenten sie mit entsprechenden Gegenmaßnahmen beantworten. Als zweischneidig stellen sich auch die sozialpolitischen Repressionen heraus, mit deren Hilfe der Staat die industriellen Produktionskosten zu senken beziehungsweise zu deckeln und seiner jeweiligen Volkswirtschaft die durch den Handelskrieg bedrohte kommerzielle Konkurrenzfähigkeit zu erhalten sucht.
Tatsächlich ist zu Beginn des letzten Jahrzehnts des Jahrhunderts die ökonomische Macht des Deutschen Reichs schon so beträchtlich, die Leistungskraft seiner Volkswirtschaft bereits so gewachsen, dass das Land gute Aussichten hat, sich auf rein kommerziellem Wege, durch Handelstätigkeit und Marktmechanismus, internationales Gewicht, wo nicht gar eine Vormachtstellung zu verschaffen – was den oben zu Protokoll gegebenen Eindruck nur verstärken kann, dass die wirtschaftsimperialistische Wendung, die das Deutsche Reich just zu dieser Zeit vollzieht, seine verspätete, staatlich initiierte und organisierte Anstrengung, es den Nachbarn gleichzutun und sich, selbst um den Preis, es aus den Resten und dem Verschnitt der verteilten überseeischen Welt zusammenflicken zu müssen, ein mit Rohstoffen und Märkten lockendes Kolonialreich zuzulegen, eher vom irregeleiteten Nachahmungsdrang und irrationalen politischen Prestigedenken einer durch die leviathanische Rolle, die sie gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft behauptet, über die Stränge ihres verfassungskonformen Amtes schlagenden und der Großmannssucht verfallenden Monarchie zeugt, als dass diese Wendung und Anstrengung ökonomisch, durch Probleme der sich industriekapitalistisch entfaltenden bürgerlichen Gesellschaft, durch Erfordernisse ihrer kapitalprozessualen Entwicklung, zu rechtfertigen oder auch nur begründbar wäre.
Der Eindruck drängt sich umso mehr auf, als just in diesem Zeitraum die wirtschaftsimperialistische Strategie ihre Stellung als Haupt- und Staatsmittel zur Lösung der durch das industriekapitalistische Wachstum und seine klassengesellschaftlichen Implikationen heraufbeschworenen volkswirtschaftlichen Probleme einbüßt und einer anderen, sozialpolitisch orientierten Vorgehensweise bei der wirtschaftlichen Problemlösung beziehungsweise gesellschaftlichen Konfliktbewältigung, wenn auch nicht kurzerhand den Platz räumt, so doch in der Programmatik und Tagesordnung staatlichen Handelns zunehmend den Vorrang überlässt. Beweggrund und treibender Anlass für diesen strategischen Paradigmenwechsel ist, dass die wirtschaftsimperialistische Strategie sich dem Wirtschaftswachstum, das nicht zuletzt sie selbst anzutreiben und zu unterstützen dient, immer weniger gewachsen zeigt, dass sie, genauer gesagt, den industriekapitalistischen Produktionsprozess durch die preiswerten Ressourcen, die sie ihm zugänglich macht, und die profitablen Absatzmärkte, die sie ihm erschließt, einen Umfang und einen Impetus gewinnen lässt, die es wiederum ihr immer schwerer und am Ende gar unmöglich machen, der ihr zugewiesenen Aufgabe zu genügen und, nicht zwar was die Ressourcenbeschaffung, den Zugang zu billigen Produktionsmitteln und –materialien, angeht (da erscheint das Reservoir der kolonialen Welt, ihre als Naturreichtum reklamierte Ausbeute, noch als unerschöpflich), wohl aber was die Markterschließung, die Erzeugung von Nachfrage und Absatzchancen betrifft (da erweist sich die koloniale Welt eben wegen ihrer wirtschaftsimperialistischen Ausbeutung als in ihrem Bedarfsvolumen und in ihrer Aufnahmekapazität durchaus begrenzt), jenem Produktionsprozess die nötige Konsequenz und Stetigkeit zu sichern.
Der Mangel an Effektivität und Stetigkeit, den hinsichtlich Marktentlastung und Absatzförderung die imperialistische Strategie beweist, wird noch dadurch eklatanter, dass die Strategie mit zunehmender Tendenz auf objektive Widerstände stößt und sich mit selbsterzeugten Erschwernissen konfrontiert findet, teils weil die kolonialisierten Territorien und unterworfenen Populationen sich immer wieder gegen ihre Ausbeutung mehr oder minder organisiert erheben und in dem Maße, wie sie mit den militärischen Unterdrückungs- und bürokratischen Kontrolltechniken ihrer Kolonialherren vertraut werden, auch längerfristigere und erfolgreichere Gegenwehr zu leisten vermögen, teils weil die imperialistischen Staaten selbst im Zuge ihrer expansiven Strategie einander Konkurrenz machen und ins Gehege kommen und im Kampf um Herrschaftsgebiete, Protektorate und Einflusssphären nicht einmal davor zurückschrecken, sich militärisch auseinanderzusetzen oder gar Krieg gegeneinander zu führen. Die imperialistische Strategie ist also für die führenden Industriestaaten, die sie verfolgen, mit beträchtlichen und tendenziell steigenden Unkosten verbunden. Auch wenn einzelne Industriesparten wie etwa die Rüstungsindustrie und das Transportwesen selbst aus diesen Widrigkeiten und Gebrechen der Strategie ökonomischen Vorteil zu ziehen vermögen, beeinträchtigen letztere doch die staatliche Gesamtbilanz und stellen den Sinn und Nutzen der imperialistischen Heilmethode immer entschiedener in Frage.
Aber ganz abgesehen und unabhängig von den äußeren Widerständen und inneren Widersprüchen, die in den sie verfolgenden Industriegesellschaften die imperialistische Strategie zunehmend um ihren staatlichen und öffentlichen Kredit, um ihre Geltung als ökonomisch rentables Verfahren und ihr Ansehen als moralisch akzeptables Vorgehen bringen, ist es schlicht und einfach das durch sie wesentlich vorangetriebene und eine Zeitlang auch erfolgreich verstetigte industriekapitalistische Wachstum, das die Strategie, jedenfalls was den einen Teil ihrer Aufgabenstellung, nämlich ihre Markterschließungs- und Absatzförderungsfunktion betrifft, an ihre Leistungsgrenzen stoßen lässt und damit die betroffenen Volkswirtschaften in verschärfter Form mit eben dem Problem erneut konfrontiert, das die Strategie zu beheben bestimmt war.
Mitverantwortlich, wo nicht überhaupt ausschlaggebend dafür, dass die imperialistische Strategie an ihre Grenzen stößt, sprich, ihre Aufgabe, mit militärischer Gewalt und bürokratischem Zwang die koloniale Welt als Ventil und Abflussvorrichtung für industriegesellschaftliche Produktionsüberschüsse zugänglich und verfügbar zu machen, nicht mehr hinlänglich zu erfüllen vermag, ist dabei die Eskalation der industriellen Überschussproduktion in der Konsequenz der beschriebenen, höchst erfolgreichen kapitalprozessualen Aufholjagd des als Deutsches Reich zu einem geschlossenen Wirtschaftsraum vereinigten Mitteleuropa deutscher Zunge. Vom monarchischen Staat als demiurgischem Regisseur oder leviathanischem Intendanten subventioniert und instruiert, schafft es, wie gesagt, die deutsche Bourgeoisie in kürzester Frist, binnen zwei Jahrzehnten, sich auf den nationalen und internationalen Märkten, auf einem durch Freihandelsbedingungen entschränkten Weltmarkt, zu etablieren und mit teils konkurrenzfähig preiswerten, teils konkurrenzlos neuen Produkten das dort versammelte Warenangebot ebenso sprengkräftig wie sprunghaft zu erweitern und zu vermehren.
Und damit nicht genug, wandeln auch die anderen osteuropäischen Flächenstaaten, das Habsburger Reich und Russland, wenngleich mit vorerst weit geringerem beziehungsweise nur partiell oder regional ansehnlichem Erfolg, auf den Pfaden industriekapitalistischer Entwicklung, an welcher Entwicklung zu allem Überfluss auch bereits überseeische Gebiete mitwirken – zumal und vor allem die Vereinigten Staaten von Nordamerika, die, nachdem sie sich im Sezessionskrieg gegen die kolonialwirtschaftliche Abhängigkeit des Südens von den europäischen Industriestaaten und für die vom Norden betriebene eigenständige Industrialisierung entschieden haben, einen den Fortschritten des neuen Deutschen Reiches vergleichbaren stürmischen industriekapitalistischen Aufschwung nehmen.
Folge dieses ebenso jähen wie anhaltenden industriekapitalistischen Entwicklungsschubs, den in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts Europa durchmacht und dem die parallele Entwicklung in Nordamerika noch zusätzlichen Nachdruck verleiht, ist eine wiederholte und geradezu zyklisch wiederkehrende Überfüllung beziehungsweise Verstopfung der Märkte und ein daraus resultierender Preisverfall beziehungsweise darauf reagierender Investitionsstau, sind mit anderen Worten Absatzkrisen und Akkumulationseinbrüche, die dem ökonomischen Geschehen einen anhaltend krampfhaften, zwischen Wachstum und Stockung, Aufschwung und Depression hin und her schwankenden Charakter verleihen und den dessenungeachtet fortschreitenden Kapitalisierungsprozess eine markant sozialdarwinistische Qualität gewinnen lassen, sowohl was die im wohlverstanden ironischen Sinne der Marktvermitteltheit natürliche Auslese unter den industriellen Betrieben, ihren durch die Verstopfung des Marktes angeheizten nationalen und internationalen Verdrängungswettbewerb angeht, als auch was die im Zuge dieses Verdrängungswettbewerbs und der Konkurse, zu denen er führt, von Lohnkürzungen, Lohnausfall oder Arbeitslosigkeit bedrohte industrielle Arbeiterschaft betrifft.
Dieser zunehmend krampfartig-diskontinuierliche Verlauf, diese immer wieder von Krisen und Paroxysmen geschüttelte und, wenn schon nicht gänzlich durchkreuzte, so doch mit hohen ökonomischen und sozialen Kosten belastete Entwicklung, stellt die sich sei's als kreatürliches Faktotum der bürgerlichen Gesellschaft, sei's als ihr leviathanischer Demiurg aus einer repräsentativ konstitutionellen Monarchie in ein initiatives Lenkungsorgan ummodelnde, aus dem Nachtwächterstaat in den starken Staat transformierende politische Herrschaft, die ja angetreten ist und die Macht übernommen hat, um im aktiven Dienste der Bourgeoisie und ihres mittelständischen Anhangs, kurz, pro domo der bürgerlichen Klasse, dem industriekapitalistischen Prozess neuen Schwung zu verleihen und zugleich Stetigkeit zu sichern, vor offenkundige Probleme und unabweisliche Herausforderungen. Die von ihr in Anwendung gebrachte Panazee, die im Normalfall der westeuropäischen Industriemächte nach außen gerichtete, im Sonderfall des mitteleuropäischen Nachzüglers erst einmal nach innen gekehrte imperialistische Wendung, die eine Zeitlang dem industriellen Wachstum aufhilft und Impetus und Kontinuität vindiziert, fällt eben diesem ihrem Heilerfolg zum Opfer, erweist sich eben dadurch, dass sie eine Weile dem die industriekapitalistische Entwicklung bedrohenden Gebrechen absatzbedingter Stagnation wehrt, dass sie mit anderen Worten für ein dem Produktionswachstum gemäßes Distributionsniveau sorgt – erweist sich also durch eben diese ihre Eignung, den industriekapitalistischen Prozess voranzutreiben und seine Dynamik aufrechtzuerhalten, als letztlich ein Toxikum, das das den erfolgreichen kapitalistischen Verwertungsprozess chronisch heimsuchende, weil seiner eigenen Dynamik entspringende Gebrechen aufs Neue und in verstärkter Form heraufbeschwört.
Kraft der Absatzmärkte, die sie erschließt, von den billigen Ressourcen, die sie zugänglich macht, ganz zu schweigen, ermöglicht die vom starken Staat adoptierte imperialistische Strategie den Volkswirtschaften der arrivierten europäischen Industrienationen und der ihnen zunehmend Konkurrenz machenden neuen Industriestaaten in Europa und Nordamerika eine Dynamik der Wertschöpfung, eine Eskalation der industriellen Produktionsleistung, der die den betreffenden Volkswirtschaften zur Verfügung stehenden Wertrealisierungssysteme, ihre kommerziellen Distributionswege, immer weniger gerecht zu werden vermögen und die auch und gerade jene imperialistische Strategie mehr und mehr überfordert und zum Opfer ihres eigenen Erfolges werden lässt – jene imperialistische Strategie, mit der die durch sie als starker Staat sich profilierende konstitutionelle Herrschaft ja die Absicht verfolgt, der industriekapitalistischen Wertschöpfung und Produktionsleistung gleichermaßen Schubkraft und Stetigkeit zu verleihen, und die aber in der paradoxen Konsequenz ihrer erfolgreichen Anwendung diese die Schubkraft ins Leere schierer Energieverschwendung laufen lassende haltlose Dynamik provoziert und diese die Stetigkeit in der Sackgasse schlichter Stagnation enden lassende ziellose Eskalation entfesselt.
Die ökonomische Konsequenz der Distributions- oder Absatzprobleme, die sich mit imperialistischen Mitteln nicht mehr beheben lassen, ist, dass die Wertschöpfung mangels Wertrealisierungssaussicht ins Stocken gerät, die Produktionsleistung mitsamt Wachstumskomponente ihre Rentabilität und damit ihren Sinn verliert und Fabriken oder gar Industriezweige zum Stillstand gebracht und, wenn der Stillstand lange genug anhält, in den Konkurs, den gesammelten Protest des in das Unternehmen investierten und wegen Nichtverwertung reklamierten Kapitals, kurz, in den zum Offenbarungseid euphemisierten Ruin getrieben werden, während die damit Hand in Hand gehende soziale Folge bestenfalls Lohnkürzungen und zeitweiliger Lohnausfall, schlimmstenfalls Entlassungen und Arbeitslosigkeit bei den von der Notlage oder dem Ruin ihrer Unternehmen unmittelbar betroffenen Lohnarbeitenden sind, die, in ihrer Existenz bedroht beziehungsweise ihrer Existenzgrundlage beraubt, zu einer sprengkräftigen Belastung der bürgerlichen Gesellschaft werden und, sich gewerkschaftlich solidarisierend und politisch organisierend, deren Ordnung und Bestand in Frage stellen.
Was kann der Staat, der mit seiner imperialistischen Strategie die Verantwortung für die Effektivität und Kontinuität der industriekapitalistischen Entwicklung übernimmt oder sich jedenfalls als ein diese Entwicklung maßgeblich mitgestaltender Akteur profiliert – was kann dieser durch die strategische Wegweiserfunktion, die imperialistische Anführerrolle, zu der er sich aufschwingt, sich als zentraler Faktor oder vielmehr kapitaler Vektor bei der Durchführung des ökonomischen Programms der bürgerlichen Gesellschaft, als nicht mehr bloß Erhalter der Nachtruhe, sondern Entfalter der Tagesordnung der bürgerlichen Klasse etablierende Staat tun, um angesichts der mit eben jener imperialistischen Strategie heraufbeschworenen obstipativen Stockungen und depressiven Einbrüche in der kapitalprozessualen Entwicklung seiner Verantwortung beziehungsweise seinem Mitwirkungsanspruch gerecht zu werden? Er kann seine nationalstaatliche Souveränität, das politische Repräsentationsmonopol auf den durch seine staatlichen Grenzen markierten Wirtschaftsraum nutzen, um dessen industriekapitalistischen Prozess als nationale Unternehmung, als exklusives Vorhaben der jeweils eigenen, der absolutistischen Auflösung der christlich-feudalen Reichsordnung entsprungenen Volkswirtschaft, gegen die internationale Konkurrenz, gegen das freie Kräftespiel auf einem von sämtlichen Volkswirtschaften ebenso sehr umkämpften wie gebildeten Markt zu verwahren und abzuschotten.
Dass die der rasanten Dynamik der industriekapitalistischen Wertschöpfung, dem jähen Wachstum der industriellen Produktionsleistung geschuldete wiederkehrende Überfüllung des Marktes, von der unter den herrschenden Freihandelsbedingungen die industriekapitalistische Entwicklung geplagt ist und durch die sie sich in Anfälle anhaltender Depression gestürzt findet – dass solche Überfüllung des Marktes ebenso sehr eine internationale wie eine nationale Ursache hat, dass sie ebenso sehr Folge des Wettstreits mit den anderen Volkswirtschaften wie Ergebnis der Konkurrenz im eigenen Lande ist, lässt die einzelnen Nationalstaaten auf die Idee verfallen, ihre Gesetzeskraft und bürokratische Kontrolle zum Aufbau handelspolitischer Hürden zu nutzen, die industriellen Produkten der anderen Volkswirtschaften, ausländischen Waren, den Zugang ins Land erschweren und so den heimischen Markt von der ausländischen Konkurrenz, wenn nicht befreien, so jedenfalls doch entlasten. Nicht zwar bereits im Mutterland des Freihandels, im britischen Inselreich, dem sein riesiges Kolonialimperium fürs erste noch genug kommerzielles Ausweich- und Entlastungsterrain liefert, um es den Andrang der Industrieprodukte der anderen Volkswirtschaften nicht als das eigene Wachstum bedrohenden Angriff erfahren zu lassen, wohl aber auf dem europäischen Kontinent kommt es so zu einer Wiederaufnahme der in merkantilistischen und frühindustrialistischen Zeiten geübten Praxis von Schutzzöllen und Einfuhrbeschränkungen, deren Sinn es ist, der heimischen Industrie eine bevorteilte beziehungsweise privilegierte Stellung auf dem inländischen Markt zu verschaffen und ihr so die vor ausländischer Konkurrenz geschützte bestmögliche Ausschöpfung der Vermarktungs- und Absatzchancen im eigenen Land zu sichern.
Freilich hat diese import- und zollpolitisch restriktive staatliche Intervention den Nachteil oder Makel, dass sie zur Nachahmung anregt beziehungsweise bereits im Kontext gleichgearteter Maßnahmen der anderen Industriestaaten steht. Was der politische Repräsentant oder staatliche Souverän der einen Volkswirtschaft zum Schutze der Absatzchancen der heimischen Industrie unternimmt, wird von den Repräsentanten oder Souveränen der anderen Volkswirtschaften prompt imitiert, wo nicht gar antizipiert, kurz, egalisiert, mit dem Resultat, dass die jeweilige Industrie, was sie im Binnenhandel an Absatzchancen gewinnt, im Außenhandel einzubüßen tendiert und sich so das ganze, auf Abschottung und Restriktionen nach außen abgestellte Manöver als eine Art Nullsummenspiel herausstellt. Tatsächlich ist beim Stand der mittlerweile erreichten industriekapitalistischen Produktionsleistung der Güterexport in die anderen Industriestaaten für das Wachstum der eigenen Volkswirtschaft ein schlechthin unverzichtbares Element, und wenn die durch zoll- und kontingentierungspolitische staatliche Maßnahmen erzielte Verbesserung der Absatzchancen der heimischen Industrie auf dem inländischen Markt damit bezahlt werden muss, dass aufgrund entsprechender Maßnahmen der anderen Industriestaaten der Güterexport auf deren Märkte schrumpft oder gar zunichte gemacht wird, dann hat sich jene zoll- und kontingentierungspolitische Strategie bestenfalls als sinnlos, weil unnütz, schlimmstenfalls als kontraproduktiv, weil wachstumsschädlich erwiesen.
Ein Sinn und Nutzen lässt sich jenen nach außen gerichteten restriktiven handelspolitischen Maßnahmen höchstens und nur abgewinnen, wenn es gelingt, derart preiswerte Güter zu produzieren, dass diese ungeachtet der einfuhrpolitischen Schranken und zollbürokratischen Hürden, mit denen die anderen Industriestaaten sie konfrontieren, auf deren Märkten konkurrenzfähig bleiben und reüssieren können. Das wiederum setzt nach Möglichkeit niedrige Produktionskosten voraus, erfordert mit anderen Worten, dass für ihre Herstellung preiswerte Produktionsmittel und Arbeitsstoffe sowie billige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.
Was die sächlichen Produktionskosten, sprich, die Produktionsmittel in genere und die Rohstoffe in specie angeht, so firmieren sie ihrerseits bereits als Handelsgüter, werden auf dem Markt verkauft und gekauft, und bieten von daher den staatlichen Repräsentanten der einzelnen Volkswirtschaften wenig Einflussmöglichkeit, wenig Handhabe, im Interesse der Verwohlfeilerung der mit ihnen herzustellenden Güter durch staatliche Maßnahmen preissenkend auf sie einzuwirken. Zwar sind hier, was die Rohstoffe angeht, die Imperialismus nach außen praktizierenden, alten Industriestaaten, die großen Kolonialmächte, im Vorteil, weil sie in ihren Kolonien direkten oder jedenfalls staatlich kontrollierten Zugang zu beziehungsweise Zugriff auf Rohstoffquellen haben und sei's mittels verstärkter Ausbeutung, sei's durch plane Sklavenarbeit imstande sind, ihren Industrien Rohstoffe mehr oder minder weit unter Marktpreis zur Verfügung zu stellen, aber diesen Vorteil machen die neuen Konkurrenten der alten Industriestaaten, vornehmlich Deutschland, so ziemlich dadurch wett, dass sie, auf den Schultern der ersteren stehend, deren naturwüchsig-empirische Entwicklung in die wissenschaftlich-systematische Reflexion treiben und, was die Produktionsmittel und Produktionsmethoden angeht, einen in der Verbilligung alter und der preiswerten Erzeugung neuer Produkte resultierenden Produktivitätsschub erzielen.
Bleibt demnach die Arbeitskraft als Gegenstand staatlicher, auf die Senkung der industriellen Produktionskosten zielender Eingriffe und Maßnahmen! Hier bietet sich dem Staat in der Tat ein offensichtliches und dem Anschein nach die Mühe lohnendes Betätigungsfeld. Schließlich erreicht die der bürgerlichen Gesellschaft gleichermaßen die Last der politischen Verantwortung abnehmende und die Stange einer von ihrer Seite ungehinderten beziehungsweise ungestörten ökonomischen Ausbeutung haltende konstitutionelle Herrschaft in der Konsequenz ihrer imperialistischen Wendung, durch die sie sich als starker Staat etabliert, eine gewisse praktische Entspannung, wo nicht gar ideologische Aussöhnung in ihrem Verhältnis zur industriellen Arbeiterschaft, den proletarischen Lohnabhängigen des industriekapitalistischen Systems, indem nämlich die neuen Märkte, die er dem System erschließt, und die billigen Ressourcen, die er ihm zugänglich macht, diesem imperialistisch-starken Staat erlauben, ohne nennenswerte Beeinträchtigung des industriekapitalen Verwertungsanspruchs den auf der Arbeiterschaft lastenden ökonomischen Ausbeutungsdruck zu beschränken beziehungsweise zu verringern und teils durch arbeitsrechtliche Verfügungen wie etwa Arbeitszeitbegrenzungen und sozialfürsorgerische Vorkehrungen, teils durch bürgerrechtliche Bestimmungen wie etwa ein allgemeines Wahlrecht und die Einräumung gewerklich-betrieblicher und parteilich-öffentlicher Versammlungs- und Koalitionsfreiheiten teils aktiv eine Verbesserung der subsistenziellen und sozialen Lage herbeizuführen, teils passiv dafür Sorge zu tragen, dass die Lohnarbeiterschaft diese Verbesserung ihrer subsistenziellen und sozialen Lage auf dem direkten Weg von Arbeitskämpfen und via obliqua der Einflussnahme auf die staatliche Gesetzgebung selber vorantreiben kann.
So gesehen, erfährt sich neben der bürgerlichen Klasse und dem vorzugsweise von der Hinterlassenschaft der alten Herrschaft, vom Landadel, gestellten Staatspersonal auch die Arbeiterschaft als Nutznießerin der imperialistischen Wendung und befürwortet den durch letztere initiierten ökonomischen Aufschwung unter der Bedingung beziehungsweise in der Erwartung, dass er ihr über die bescheidene Erleichterung ihres Loses und Verbesserung ihrer Lage, die ihr durch ihn zuteil wird, hinaus in der absehbaren Folge eine substanzielle Hebung ihres Lebensstandards und eine wesentliche Stärkung ihrer gesellschaftlichen Stellung und ihres politischen Einflusses bringt.
Eben diese Bedingung beziehungsweise Erwartung freilich erweist sich als eine voreilige, ohne den Wirt jenes Aufschwungs gemachte Rechnung beziehungsweise als ein dessen verquerer Logik keine Rechnung tragendes Kalkül. Was der durch die imperialistische Wendung herbeigeführte Aufschwung bringt, ist das besagte sprunghafte Wirtschaftswachstum, das eine Überfüllung des Marktes zur Folge hat, deren auch die durch den Imperialismus erschlossenen neuen Märkte nicht mehr Herr zu werden und der sie nicht abzuhelfen vermögen, und das deshalb in Absatzkrisen resultiert, die die Industrie der nationalen Volkswirtschaften in Depressionen stürzen und zwecks Behebung der letzteren zu einem gleichermaßen im Außen- und im Binnenhandel ausgetragenen erbitterten Konkurrenzkampf nötigen, der Gift ist für die Effektivität und Kontinuität des industriekapitalistischen Wachstums im Allgemeinen und die mit dem Wachstum als einem Kapitalakkumulationsprozess verknüpften Renditeerwartungen der bürgerlichen Kapitalgeber im Besonderen. Diese für das stetige Wachstum der nationalen Volkswirtschaften schädlichen Folgen des durch die imperialistische Strategie ausgelösten sprunghaften internationalen Wirtschaftswachstums fühlt sich der politische Repräsentant der jeweiligen Volkswirtschaft berufen oder gedrängt, mit seinen gesetzgeberischen und bürokratischen Mitteln zu bekämpfen und nach Möglichkeit aus der Welt zu räumen.
Als hierfür probate Rezeptur fällt ihm, wie gesagt, die den merkantilistischen Zeiten entstammende Politik der Schutzzölle und Einfuhrbeschränkungen ein, durch die er der eigenen Volkswirtschaft wenigstens den von den anderen Volkswirtschaften ausgeübten Konkurrenzdruck vom Hals zu schaffen hofft. Weil aber diese nach außen restriktive Handelspolitik die politischen Repräsentanten der anderen Volkswirtschaften, die anderen Staaten, veranlasst, spiegelbildlich entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, und so die im Binnenhandel erfolgreiche Befreiung der eigenen Volkswirtschaft vom lästigen äußeren Konkurrenzdruck durch die Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit im Außenhandel praktisch zu widerlegen und zunichte zu machen droht, weil sie sich mit anderen Worten als ein zweischneidiges Schwert erweist, sieht sich der Staat des Weiteren berufen oder gedrängt, die gegen die eigene Volkswirtschaft gekehrte Schneide des Schwertes dadurch stumpf und unschädlich zu machen, dass er mit den ihm verfügbaren politischen Mitteln beziehungsweise bürokratischen Maßnahmen für eine Senkung der Produktionskosten der heimischen Industrie und eine dadurch ermöglichte Verwohlfeilerung der von der eigenen Volkswirtschaft erzeugten Güter sorgt, die die Konkurrenzfähigkeit im Außenhandel erhöht und damit die gegen die eigene restriktive Handelspolitik von den anderen Staaten ins Feld geführten handelspolitischen Restriktionen nach Möglichkeit unterläuft und um ihre Wirksamkeit bringt.
Und genau im Rahmen dieser staatlichen Bemühungen um Konkurrenzfähigkeit durch Produktionskostensenkungen bieten sich nun aber als lohnendes Objekt die Arbeitskosten, die für die industriellen Kräfte zu leistenden Aufwendungen an, die actu der der Arbeiterklasse vom starken Staat im Zuge seiner imperialistischen Ausrichtung gemachten arbeitsrechtlichen Zugeständnisse und vor allem prospectu der ihr eingeräumten bürgerrechtlichen Spielräume und Einflussmöglichkeiten stärker als zu Zeiten des liberalistischen Laissez-faire der konstitutionellen Monarchie zu Buche schlagen und die dem im Streben des Industriekapitals nach internationaler Konkurrenzfähigkeit auch unter Bedingungen zollpolitischer Handelsbeschränkungen begründeten Gebot möglichst niedriger Produktionskosten offenkundig zuwiderlaufen. Hier findet sich der starke Staat durch seinen – in der deutschen Spielart freilich weniger als vollgültige Rechtsperson denn als Mündel firmierenden – Auftraggeber, das Industriekapital, gedrängt, die diesem von Seiten der gesellschaftlichen Arbeitskraft bereits zu schaffen machenden und vor allem und mehr noch inskünftig drohenden finanziellen Belastungen und sozialen Verpflichtungen so weit wie möglich zurückzuschrauben beziehungsweise einzudämmen und zumindest aber perspektivisch ihrer kraft der bürgerrechtlichen Freiheiten, auf die die Arbeiterklasse beziehungsweise ihre gewerkschaftlichen und parteilichen Organisationen Anspruch erheben, sich am Ende dem kapitalen Verwertungskalkül überhaupt entziehenden und stattdessen einer sozialen Fürsorgestrategie verschreibenden Eigendynamik zu berauben.
Dabei hat an einer Eindämmung oder gar Reduktion der aufs Konto der Arbeitskraft und ihrer Entlohnung gehenden Produktionskosten beziehungsweise an einer Kontrolle und nach Möglichkeit Unterdrückung der betrieblichen und parteilichen Koalitionen der Arbeiterschaft, die als sozialistische Bewegung für eine bessere Entlohnung der Arbeit und mehr soziale Sicherheit kämpfen, der neue Mitspieler im Konzert der Industriestaaten, das Deutsche Reich, ein besonders akutes Interesse, weil es mangels Kolonialreich und etablierter überseeischer Märkte mehr noch als seine europäischen Konkurrenten vom Handel mit seinesgleichen, mit ihnen und den anderen Industriestaaten, abhängig und deshalb massiver als sie von der Zweischneidigkeit einer auf Schutzzölle und Einfuhrbeschränkungen setzenden Handelspolitik betroffen, mithin stärker als sie darauf angewiesen ist, den für die eigene Volkswirtschaft nachteiligen und die Vorteile zunichte zu machen tendierenden Folgen solch restriktiver Handelspolitik durch niedrige Produktionskosten im Allgemeinen und billige Löhne und eine nicht durch gewerkschaftlichen Widerstand und parteipolitische Reformbemühungen behinderte beziehungsweise eingeschränkte Ausbeutung der Arbeitskraft im Besonderen, entgegenzuwirken.
So gesehen, mutet es ebenso verständlich wie folgerichtig an, dass in dieser Hinsicht das Deutsche Reich mit, wie man will, gutem oder schlechtem Beispiel vorangeht und die in Reaktion auf die Absatzkrisen und Depressionen, die von Mitte der siebziger bis Mitte der neunziger Jahre das industriekapitalistische System Europas heimsuchen, überall vorhandenen Bemühungen um eine Unterdrückung der für bessere Löhne und mehr soziale Sicherheit kämpfenden und dadurch die industriellen Produktionskosten in die Höhe treibenden und die internationale Konkurrenzfähigkeit der Volkswirtschaft des jeweiligen Nationalstaats beeinträchtigenden sozialistischen Bewegung durch die politische Konsequenz und bürokratische Insistenz, mit der es hierbei verfährt, überbietet und gewissermaßen krönt.
Mit den Sozialistengesetzen, dem förmlichen Verbot aller die Verbesserung der industriellen Arbeitsbedingungen und die Vergrößerung des öffentlichen Einflusses und der staatlichen Mitwirkung des Industrieproletariats bezweckenden Vereinsbildungen und organisatorischen, publizistischen und propagandistischen Aktivitäten, beschreitet das Deutsche Reich am konsequentesten den Weg einer der kommerziellen Restriktion nach außen komplementären sozialen Repression nach innen, wobei freilich die Komplementarität eher den Eindruck der Supplementarität, genauer gesagt, eines Kompensations-, um nicht zu sagen, Reparationsverhältnisses macht, da ja die in arbeits- und bürgerrechtlichen Beschränkungen bestehende soziale Repression, wie gezeigt, keineswegs dem geradlinigen Zweck dient, die in zoll- und einfuhrpolitischen Maßnahmen bestehende und auf die Begünstigung der heimischen Produktion durch die Verteuerung ausländischer Waren zielende kommerzielle Restriktionspolitik zu ergänzen und zu verstärken, sondern vielmehr die verquere Absicht verfolgt, der Zweischneidigkeit jener kommerziellen Restriktionspolitik, den Absatzschwierigkeiten im Exportgeschäft, den entsprechende Schutzzölle und Einfuhrbeschränkungen der anderen Industriestaaten der heimischen Produktion bereiten, durch eine mit staatlichen Maßnahmen erzwungene Senkung oder jedenfalls Deckelung der industriellen Produktionskosten im Allgemeinen und der Aufwendungen für die gesellschaftliche Arbeitskraft im Besonderen entgegenzuwirken und womöglich abzuhelfen.
Die Zweischneidigkeit erweist sich indes als ein chronisches Gebrechen, als ein Fluch, dem auch die soziale Repression, die ihn doch von der kommerziellen Restriktion abwenden soll, selber verfällt. Wie die durch zoll- und einfuhrpolitische Maßnahmen ins Werk gesetzte Behinderung und Abwehr der ausländischen Konkurrenz auf dem Markt richtet bei genauerem Hinsehen auch die mit Mitteln sozialpolitischer Unterdrückung und Verfolgung betriebene Senkung beziehungsweise Deckelung der Arbeitskosten in der Produktion mehr Schaden an, als sie Nutzen bringt. Grund für die Zweischneidigkeit und in der Tat das Scheitern der restriktiven Schutzzollpolitik ist, dass diese zwar die Absatzchancen der heimischen Industrie auf dem Binnenmarkt verbessert, zugleich aber wegen der spiegelbildlichen Gegenmaßnahmen, die die anderen Volkswirtschaften beziehungsweise deren staatliche Repräsentanten ergreifen, die Absatzchancen der heimischen Industrie im Außenhandel verschlechtert und so den im eigenen Land errungenen Vorteil durch andernorts hinzunehmende Einbußen wett oder vielmehr zunichte macht.
Und der Grund dafür, dass auch die diesem Konstruktionsmangel der restriktiven Schutzzollpolitik abzuhelfen gedachte repressive Sozialpolitik, wie sie weniger beispielhaft als vorbildlich das Deutsche Reich implementiert, scheitern muss, ist ein der Zweischneidigkeit der ersteren ganz und gar analoges Dilemma: Zwar sorgt die staatliche Unterdrückung gewerkschaftlicher Arbeitskämpfe und politischer Kampagnen, die auf eine subsistenzielle und soziale Besserstellung der industriekapitalistischen Lohnarbeiterschaft zielen, mehr oder minder erfolgreich für eine Senkung des durch die Arbeitslöhne gebildeten Teils der Produktionskosten oder jedenfalls für die Aufrechterhaltung eines gegen Produktivitätszuwächse und Gewinnsteigerungen immunen niedrigen Lohnniveaus, aber was damit erreicht wird, ist eine Reduktion oder jedenfalls Stagnation der durch die Lohnsumme der Arbeiterschaft repräsentierten Kaufkraft und eine entsprechende Minderung beziehungsweise Beeinträchtigung der Absatzchancen im eigenen Land, die die durch die niedrigen Produktionskosten erreichte Verbesserung der Absatzchancen im Außenhandel ebenso effektiv konterkarieren und zunichte machen, wie das die zollpolitischen Gegenmaßnahmen des Auslands bei der durch Schutzzölle erstrebten Verbesserung der Absatzchancen im Binnenhandel tun.
Das Scheitern der sozialen Repression als staatlich eingesetzten Mittels zur Lösung der industriekapitalistischen Wertrealisierungsprobleme gewinnt die Signifikanz einer historischen Wasserscheide, die der geltenden quasiontologischen Differenz zwischen Subsistenz und Konsum ein Ende setzt. Bis dahin ist der zentrale Zweck der kapitalistischen Entwicklung ein Produktionssystem, das diejenigen, die für es arbeiten, so weit wie möglich um die Früchte ihrer Arbeit bringt, um sie Gruppen zukommen zu lassen, die nicht aktiv am System beteiligt, sondern ihm nur konsumtiv verbunden sind. Dies geschieht unter tätiger Mitwirkung der staatlichen Herrschaft, die wesentliche Nutznießerin des Systems ist. Konzentriert sich die staatliche Mitwirkung in den Anfängen darauf, die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen für das Wachstum des kapitalistischen Produktionssystems zu bieten, so ist sie in der Folge darauf gerichtet, die wirtschaftspolitischen Bedingungen dafür zu schaffen, dass das Produktionssystem eine seinem Wachstum entsprechende Nachfrage vorfindet.
So sehr die soziale Strategie einer Hebung der Exportchancen durch Senkung der Arbeitskosten mit ihrem fatalen Nebeneffekt einer Schädigung der inländischen Kaufkraft auf den ersten Blick bloß eine Variation zum Thema, sprich, eine Fortsetzung beziehungsweise Reproduktion des Fluches scheint, der auf der kommerziellen Strategie einer Verbesserung der inländischen Marktchancen durch Abschottung gegen die ausländische Konkurrenz mit ihrer unerwünschten Nebenwirkung einer Erschwerung des Absatzes im Ausland lastet, bei genauerem Hinsehen erweist sich diese soziale Strategie als eine strategische Wendemarke, um nicht zu sagen, historische Wasserscheide, weil ihr Scheitern gleichermaßen der politischen Ökonomie, der Wissenschaft, theoretisch und der ökonomischen Politeia, dem Staat, praktisch zu denken gibt und beide am Ende zu einer maßgeblichen Akzentverlagerung, wo nicht gar grundlegenden Neuorientierung der volkswirtschaftlichen Perspektive führt. Kernpunkt dieser Akzentverlagerung beziehungsweise Neuorientierung ist die erstmalige Wahrnehmung und Anerkennung der faktorellen Rolle und in der Tat konstitutiven Bedeutung, die dem subsistenziellen Element in der kapitalprozessual organisierten gesellschaftlichen Reproduktion zukommt und die dazu angetan ist, die bis dahin gelten gelassene quasi ontologische Kluft zwischen Subsistenz und Konsum, zwischen der Versorgung der vom Kapital ausgebeuteten Produzenten und der Dotierung der vom Kapital als Nutznießer der Ausbeutung gesetzten Konsumenten, wenn auch nicht zu schließen, so doch jedenfalls zu überbrücken, sprich, aus einer existenziellen Verschiedenheit auf eine graduelle Unterscheidung zu reduzieren.
Bis dahin sind Kurs und Entwicklung der kapitalistisch organisierten und egal ob noch manufakturell oder schon industriell geprägten Volkswirtschaft ausschließlich bestimmt durch das Bestreben des Kapitals, durch eine sei's produktivkraftinduziert relative und vorübergehende, sei's arbeitskraftbedingt absolute und dauerhafte Steigerung der Produktionsleistung einen möglichst hohen Mehrwertanteil zu erzielen, sich, das investierte Kapital, möglichst hoch verzinsen, möglichst stark rentieren zu lassen, um die für eine möglichst rasante Akkumulation, für eine möglichst rasche intensiv-technische und extensiv-ausbeuterische Entfaltung des kapitalprozessualen Produktionssystems erforderlichen Mittel zu beschaffen. Voraussetzung für diese Grundorientierung und wesentliche Zielsetzung der kapitalistisch organisierten Volkswirtschaft ist, wie an früherer Stelle bereits mehrfach ausgeführt,* die systematische Überführung der arbeitenden Subjekte in Lohnarbeitskräfte, die mittels Produktionskostenkalkül effektuierte Verwandlung der personalen Produzenten in kapitale Produktionsfaktoren.
In dem Maße, wie es mit Hilfe des absolutistischen Staats und dessen progressiver legalistisch-bürokratischer Überführung des Sozialgefüges aus einer auf personale Gruppenzugehörigkeit bauenden, korporativ verbürgten Ständeordnung in eine auf reales Privateigentum setzende, fiskalisch ermittelte Klassenstruktur dem kapitalistisch organisierten gesellschaftlichen Produktionssystem gelingt, handwerklich tätige Meister und Gesellen, kleine Erzeugergemeinschaften, die ihre mit eigenen Produktionsmitteln erzeugten Produkte selber vermarkten, in manufakturell beziehungsweise industriell beschäftigte Vorarbeiter und Arbeiter, in nichts als ihre Arbeitskraft zu Markte tragende atomisierte Lohnabhängige zu transformieren, die die Vermarktung ihrer Produkte ganz und gar den Eigentümern der Produktionsmittel, den Kapitaleignern, überlassen, von denen sie als ein dem konstanten komplementäres variables Kapital, ein dem sächlichen entsprechender persönlicher Produktionsfaktor kontraktiv eingesetzt und kalkulatorisch dingfest gemacht werden – in dem Maße also, wie dem kapitalistisch organisierten Produktionssystem diese Verdinglichung der produzierenden Subjekte zu Produktionsfaktoren gelingt, kann es sich jener Strategie einer auf die Schöpfung eines Maximums an Mehrwert, auf die Maximierung des Kapitalertrags durch Minimierung der Arbeitskosten abgestellten betrieblichen Kalkulation ungehindert verschreiben beziehungsweise ungestört widmen.
Es braucht auf die menschlichen Arbeitskräfte im Prinzip keine andere Rücksicht mehr zu nehmen als auf die dinglichen Arbeitsmittel, kann sie ein und demselben Kalkül unterwerfen: Es muss darauf achten beziehungsweise zulassen, dass erstere wie letztere hinlänglich versorgt, gewartet und erneuert werden, um ihre kontinuierliche Funktions- und Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, wobei, wie bei letzteren, so auch bei ersteren die Gewährleistungspflicht nicht spezifischen, sondern generischen Charakters ist und sich nämlich nicht auf das Exemplar, die individuelle Arbeitskraft, sondern auf die Gattung, das Arbeitskräftekollektiv bezieht und das System sich also bei ausreichendem biologischem Nachschub beziehungsweise demographischem Angebot im Einzelfall, im Falle des als Arbeitskraft vereinnahmten Individuums, von jeglicher Gewährleistungspflicht ebenso wohl entbunden zeigt. Als humane Personen beziehungsweise soziale Lebewesen, will heißen, als finale Adressaten und definitive Nutznießer der gesellschaftlichen Reproduktionsarbeit braucht das die Reproduktion kapitalistisch organisierende Produktionssystem diejenigen, die die Arbeit verrichten, dank dieser ihrer Reduktion auf Lohnarbeitskräfte, auf dem System mit Haut und Haar integrierte Funktionselemente beziehungsweise assimilierte faktorelle Komponenten, jedenfalls nicht mehr in Betracht zu ziehen, brauchen sie es nicht mehr zu interessieren.
Sowenig das System um seines Funktionierens, seiner betrieblichen Leistung willen umhin kann, diese ihm als Funktionselemente oder faktorelle Komponenten integrierten Menschenmengen mitzuversorgen und bei Kräften zu halten, durch subsistenzielle Zuwendungen, Lohnzahlungen, für die wenn schon nicht spezifisch-biographische, so doch aber generisch-biologische Aufrechterhaltung ihrer Arbeitskraft zu sorgen, sowenig nimmt es diese Menschenmengen deshalb aber als Adressaten seines Wirkens, als Nutznießer seiner Leistungen wahr, sowenig konzediert es ihnen aufgrund dieser nach Maßgabe des Produktionskostenkalküls, das vom Streben nach Mehrwert beherrscht wird, so weit wie irgend möglich minimisierten subsistenziellen Zuwendungen einen Status, der über die Rolle von für das Wirken des Systems notwendigen Faktoren, von für seine Leistungen grundlegenden Elementen hinausginge.
Das kapitalistische Produktionssystem muss die Adressaten seines Wirkens und Nutznießer seiner Leistungen andernorts, außerhalb des von ihm organisierten Funktionszusammenhanges, suchen und finden. So gewiss das System sich ganz und gar der Kapitalakkumulation, will heißen, der Produktion von Mehrwert in Gütergestalt verschreibt, der, um wiederum als Kapital einsetzbar zu sein, durch seine konsumtive Realisierung, seinen Vertrieb und Verkauf, seine Überführung in allgemeines Äquivalent, aus seiner Gütergestalt erlöst werden muss, und so gewiss es dem System im Zuge seines monomanen Strebens nach Mehrwert gelingt, diejenigen, die letzteren in seiner Gütergestalt produzieren, die arbeitenden Subjekte, auf Arbeitskräfte, auf den realen Arbeitsmitteln als personale Faktoren systematisch gleichgestellte funktionelle Komponenten des Produktionsprozesses zu reduzieren, die per definitionem dieser ihrer faktorellen Vereinnahmung als konsumtive Adressaten und definitive Nutznießer nicht mehr in Betracht kommen, so gewiss ist die logische Konsequenz dieser Konstellation, dass jene für die Überführung des produzierten Mehrwerts in allgemeines Äquivalent, seine Realisierung als für den kapitalen Einsatz verfügbares Geld, benötigten konsumtiven Adressaten oder nutznießenden Endverbraucher andernorts rekrutiert werden, von außerhalb des marktwirtschaftlich organisierten Produktionssystems herkommen müssen.
Und diese Rekrutierung von Personengruppen beziehungsweise gesellschaftlichen Schichten, die, weil sie dem Produktionssystem nicht als lohnabhängige Faktoren, als ausschließlich von ihm gesetzte und unterhaltene Komponenten integriert sind, weil sie mit anderen Worten über allgemeines Äquivalent aus marktexternen Quellen verfügen, für die Konsumentenrolle taugen, sprich, als geldliche Realisierer des im Produktionssystem geschaffenen sächlichen Mehrwerts in Frage kommen – diese Rekrutierung also erweist sich nun aber im Fortgang als eine das als kapitalistischer Verwertungszusammenhang organisierte marktwirtschaftliche Produktionssystem heimsuchende ständige Aufgabe, als eine ihm immer neu aufstoßende und immer mehr zu schaffen machende Herausforderung. Es erweist sich als ein aus dem System selbst resultierendes, ihm prinzipiell eigenes Problem, das mitnichten dauerhaft durch die als Auslöser, als quasi Initialzündung der manufaktur- beziehungsweise industriekapitalistischen Entwicklung firmierende Edelmetallschwemme gelöst ist, die ihr vom handelskapitalen Verwertungsdrang getriebenes Ausgreifen in überseeische Regionen im Allgemeinen und in die kolumbianisch Neue Welt im Besonderen den sich in Westeuropa formierenden absolutistischen Staaten beschert und die als in die Hände der europäischen Oberschicht gespülte Kaufkraft dem in eben jener Formationsphase amassierten und in eine breite Palette von Wertschöpfungs- beziehungsweise Wertbeschaffungsunternehmen, von kommerziellen Projekten, investierten Handelskapital den Absatz der mittels seiner geschaffenen beziehungsweise beschafften Güter, seine Realisierung als mehrwertiges Kapital, seine Selbstverwertung, seine Akkumulation sichert.
Vielmehr sorgt im genauen Gegenteil jene koloniale Geldschwemme dafür, dass die Lösung des kommerziellen Absatzproblems, die Wertrealisierungsgewähr und Akkumulationssicherheit, die sie bringt, nur ephemer, nur von kurzer Dauer ist und dass das Problem eben durch diese seine vorübergehende kolonialschatzvermittelte Lösung bald schon in verschärfter Form wiederkehrt, in kürzester Zeit erneut und in erweitertem Maßstabe akut wird. Als Initialzündung für die manufaktur- und industriekapitalistische Entwicklung firmiert, wie im vorigen Band gezeigt,* die koloniale Edelmetallschwemme ja deshalb, weil sie durch die Kaufkraft, die sie der weltlichen und geistlichen Oberschicht verleiht, eine von Marx als ursprüngliche Akkumulation apostrophierte rasante Anhäufung von Handelskapital bewirkt, die letzteres dazu bringt, mangels eines seinem Investitionsbedürfnis genügenden Angebots an Waren, einer seinem Verwertungsdrang entsprechenden Wertmasse in Gütergestalt sich, statt in produzierte Waren, in fertige Güter, vielmehr bereits in die materialen Voraussetzungen beziehungsweise sächlichen Bedingungen der Produktion, in die für die Gütererzeugung nötigen Rohstoffe und Werkzeuge zu investieren und durch diese investitive Übernahme der objektiven Produktionsbedingungen, diese kapitale Aneignung der sächlichen Komponenten des Produktionsprozesses nun aber deren systematische Abtrennung von den persönlichen Produzenten, den sie handhabenden und betätigenden menschlichen Subjekten ins Werk zu setzen, die es ihm wiederum ermöglicht, letztere aus eigenständigen Handwerkern auf entlohnte Arbeitskräfte, aus mit eigenen Produktionsmitteln für den Markt arbeitenden Produzenten auf mit Produktionsmitteln, die ihnen das Kapital zur Verfügung stellt, gleichgeschaltete, für Lohn tätige, personale Produktionsfaktoren zu reduzieren und sie damit dem gleichen kapitalen Kostenkalkül, der gleichen vom Streben nach maximalem Mehrwert, optimaler Verwertung diktierten instrumentellen Rationalität zu unterwerfen wie jene.
Folge dieser totalen Kapitalisierung der traditionellen Gütererzeugung, dieser durchgreifenden Umrüstung der handwerklichen Produktionssphäre nach Maßgabe des handelskapitalen Marktes und seiner wertakkumulativen Zielsetzung, dieser rückhaltlosen Anpassung der materialen Produktionsmittel und der ihnen als personalen Produktionsfaktoren egalisierten Produzenten an das oberste Prinzip kommerziellen Handelns, die optimale Selbstverwertung des Kapitals durch maximale Mehrwertschöpfung – Folge dieser Kapitalisierung der Produktionssphäre ist eine aus der Kombination von quantitativer Ausbeutung der Arbeitskraft und qualitativer Steigerung der Produktivität, energetischer Verschwendung der arbeitenden Subjekte und technischer Entwicklung der Produktionsmittel resultierende rasante Vermehrung und Vervielfältigung des kommerziellen Güterangebots, der qua Markt vertriebenen Warensammlung, ist mit anderen Worten eine ihrer Realisierung und Erlösung, ihrer Überführung in als Kapital einsetzbares allgemeines Äquivalent harrende wachsende Wertmasse in Gütergestalt, durch die das konsumtive Fassungsvermögen, die gesellschaftliche Kaufkraft jenes aus der Kolonialsphäre nach Westeuropa gespülten und unter die Oberschicht distribuierten Schatzes, dessen Introduktion sie ihre Entstehung verdankt, ebenso progressiv wie definitiv überfordert wird und deren Bewältigung aber, deren konsumtive Einlösung und wertmäßige Realisierung, sich den betroffenen Gemeinwesen beziehungsweise den diese verkörpernden und verwaltenden absolutistischen Herrschaften als ein zwingendes Erfordernis, als ein existenzieller Imperativ aufdrängt, weil in der Tat jene Wertmasse in Gütergestalt, wenn sie nicht erlöst, nicht in die reine Wertform transformiert wird, den gesellschaftlichen Organismus in genere und den absolutistischen Staatskörper in specie mit Obstipation beziehungsweise Darmverschluss bedroht und das Wirtschaftsleben der betroffenen Gesellschaft und deren an ihm hängende materiale Reproduktion in die Krise stürzt und am Ende gar zum Erliegen bringt.
Die politische Repräsentanz des kapitalistisch organisierten Gemeinwesens, die als absolutistische Herrschaft etablierte Staatsmacht, ist also gefordert, für das in der kapitalistischen Organisation aufgrund der personalen Ausbeutungsrate und realen Produktivität, die sie ermöglicht, als ständige Aufgabe angelegte Vermarktungs- und Absatzproblem, das Problem einer hinlänglichen Erlösung und Realisierung der dank des kapitalistischen Produktionssystems rasant wachsenden Wertmasse in Gütergestalt Abhilfe zu schaffen. Nicht dass solch politische Hilfestellung bei der Bewältigung ökonomischer Probleme für die staatliche Herrschaft etwas gänzlich Neues wäre! Schließlich spielt letztere dadurch, dass sie dem akkumulierten und mangels Investitionsmöglichkeiten um seine weitere Verwertung verlegenen Handelskapital neue Entfaltungsräume und Betätigungsfelder eröffnet, beim Übergang vom mittelalterlich-korporativen zum neuzeitlich-expansiven marktwirtschaftlichen System eine entscheidende Rolle, die in der Tat so entscheidend ist, dass sie sich rückwirkend beziehungsweise reziprok als für die Herrschaft selbst konstitutiv erweist und nämlich deren Wechsel vom auf politische Allianzen bauenden feudal-imperialen Föderalkorpus zum in ökonomischen Zentren gründenden absolutistisch-nationalen Zentralstaat nach sich zieht.
Nur dass es bei jenem in prototypischer Wechselwirkung ebenso sehr als Grund wie als Folge des Übergangs von der feudalen Herrschaft zum absolutistischen Regiment begreiflichen staatlichen Eingriff darum geht, dem ins Korsett traditioneller Privilegien und Gerechtsamen eingeschnürten Handelskapital neue Verwertungsmöglichkeiten und Entfaltungsraum zu erschließen, ihm ungehinderten Zugriff auf und freie Verfügung über das gesellschaftliche Produktionspotenzial und die für dessen Aktualisierung nötigen sächlichen Ressourcen zu verschaffen, wohingegen jetzt und fortan das staatliche Eingreifen wesentlich darauf gerichtet ist, dem dank der neuen Verwertungsmöglichkeiten und Entfaltungsräume, die ihm die staatliche Herrschaft erschlossen hat, zu jener rasanten Akkumulation, die Marx wegen ihrer systemverändernden Wirkung als ursprüngliche apostrophiert, dynamisierten und durch die Appropriation und Umrüstung der traditionellen Produktionssphäre, die jene ihm ermöglicht, sich manufakturalisierenden beziehungsweise industrialisierenden, sprich, als Kapital sans phrase konstituierenden Handelskapital bei der wertrealisierenden Distribution, der kommerziellen Erlösung der seiner neuen Ausbeutungsstrategie und Produktionsleistung entspringenden Wertmasse in Gütergestalt zur Hand zu gehen, mit anderen Worten, dem angesichts der wachsenden und sich ebenso sehr qualitativ diversifizierenden wie quantitativ augmentierenden Warenfülle, die es hervorbringt, um deren Rücküberführung in allgemeines Äquivalent, ihre Rückverwandlung in die Münze des Marktes, ihre Reduktion auf die reine Wertform verlegenen Kapital mit der Auffindung beziehungsweise Schaffung neuer Absatzmärkte, neuer Abnehmergruppen, neuer Konsumentenschichten Hilfestellung zu leisten.
Dort also geht es beim staatlichen Eingriff darum, die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen für ein wachsendes Güterangebot zu liefern, sprich, den Markt in die Lage zu versetzen, seinen Bezugsquellen, der Produktionssphäre, Dynamik und Volumen zu verleihen, während sich, nachdem das gelungen ist und die vom Markt dynamisierte und angekurbelte Produktion ihn zunehmend mit Gütern überschwemmt, das staatliche Eingreifen darauf konzentriert, die wirtschaftspolitischen Bedingungen für eine dem Güterangebot gemäße Nachfrage zu schaffen, für Abflusskanäle alias Absatzmöglichkeiten zu sorgen, die der auf dem Markt sich sammelnden Gütermasse die Waage zu halten vermögen.
Dort ist, weil sie ja nur erst dazu dient, die äußeren Voraussetzungen für eine zu schaffende neue Form der gesellschaftlichen Reproduktion, ein vom Markt gesetztes, kapitalprozessuales Produktionssystem zu etablieren, die Unterstützung der staatlichen Herrschaft noch eher generalistisch-politisch und besteht in strukturell-sozialstrategischen Maßnahmen, die sich darin erschöpfen, dem zu schaffenden System den Boden zu bereiten, sprich, ständische, institutionelle und habituelle Hemmnisse und Widerstände aus dem Weg zu räumen, während hier, weil die staatliche Herrschaft ja nun auf dem Fundament des kapitalprozessualen Produktionssystems aufbaut und von letzterem maßgeblich finanziert beziehungsweise alimentiert wird, ihre Hilfestellung bereits durch dessen konkrete Probleme und systematische Ansprüche informiert beziehungsweise instruiert, sprich, spezifisch-ökonomischer Natur und darauf abgestellt ist, durch funktionell-wirtschaftspolitische Initiativen und Interventionen jene in der Konsequenz seiner Entfaltung vom System geschaffenen Probleme beziehungsweise erhobenen Ansprüche zu lösen beziehungsweise zu erfüllen.
Und als zentrales, seiner ebenso exzessiven Ausbeutungsrate wie exorbitanten Produktivität, seiner ebenso rücksichtslosen Verschwendung menschlicher Arbeitskraft wie ingeniösen Verwendung sächlicher Produktivkraft geschuldetes Problem des manufaktur- und industriekapitalistisch entfalteten Produktionssystems erweist sich nun einmal der Absatz der von ihm erzeugten Güter und erbrachten Leistungen, die kommerzielle Realisierung der kraft Ausbeutung und Produktivkraftsteigerung geschaffenen Wertmasse in Warengestalt, deren für ihre Rekapitalisierung nötige Überführung in allgemeines Äquivalent, die Münze des Marktes, weshalb sich denn die staatliche Herrschaft, nicht nur in ihrer absolutistischen Gestalt, sondern auch in ihren späteren republikanischen, demokratischen und diktatorischen Ausprägungen, mit dem von ihr als ständige Aufgabe wahrgenommenen Anspruch des Kapitals konfrontiert findet, sich bei Strafe nicht nur des Verlusts ihres eigenen ökonomischen Fundaments, sondern mehr noch einer massiven Störung, wo nicht gar des Zusammenbruchs der gesamten gesellschaftlichen Reproduktion zu engagieren und durch spezifische wirtschaftspolitische Maßnahmen und konkrete infrastrukturelle Leistungen die Lösung jenes kommerziellen Realisierungsproblems tatkräftig zu unterstützen und effektiv zu betreiben.
Großbritannien kann dank seines maritim-merkantilen Sonderwegs auf eine von Staats wegen betriebene Markterschließung für das kapitalistische Produktionssystem weitgehend verzichten, während die führende Kontinentalmacht Frankreich durch die merkantilistisch-etatistischen Fördermaßnahmen seiner absolutistischen Herrschaft in eine Entwertungs- und Verschuldungsorgie hineingetrieben wird, die eine Revolution heraufbeschwört, in deren Konsequenz das Land einem militaristisch-republikanischen Dirigismus verfällt, der in dem auf Kosten der Nachbarn existierenden und die Figur eines Epigonen des Römisches Reiches machenden Napoleonischen Imperium gipfelt.
Im Falle des britischen Inselreichs, das eine Kombination aus geographischen und historischen Faktoren – seine insulare Lage, seine aus der Auseinandersetzung mit europäischen Konkurrenten hervorgegangene maritime Macht und eine zwecks Ausschaltung des ausländischen Zwischenhandels und Stärkung der eigenen Handelsflotte betriebene isolationistische Handelspolitik – auf wachsende Distanz zum kontinentalen Europa gehen und den konsequent verfolgten Sonderweg teils einer Erschließung überseeischer Märkte, teils einer Gründung von Kolonien und Errichtung von Stützpunkten in Übersee einschlagen lässt, eröffnen sich dem im Entstehen begriffenen manufaktur- beziehungsweise industriekapitalistischen Produktionssystem dadurch so weitreichende und in der Tat weltweite Chancen nicht nur zum erfolgreichen Absatz seiner fertigen Produkte, sondern darüber hinaus und mehr noch zur preiswerten Versorgung mit den für deren Fertigung nötigen Rohstoffen und Ressourcen, dass hier die staatliche Herrschaft die Lösung des durch Ausbeutungsrate und Produktivkraft heraufbeschworenen Wertrealisierungsproblems im Großen und Ganzen den merkantilen Einrichtungen und kommerziellen Mechanismen selbst überlassen und seine Unterstützung auf wenige, nicht sowohl wirtschafts- und infrastrukturpolitische, sondern sozial- und machtpolitische Maßnahmen beschränken kann.
Letztere bestehen im Wesentlichen darin, dass die Staatsmacht zum einen dem maritimen Handel militärischen Geleitschutz auf See gewährt und seine Interessen in den überseeischen Gebieten staatsrechtlich vertritt und wahrt und dass sie – für die Entfaltungsperspektive des Systems wichtiger noch! – durch eine gar nicht primär markt-, sondern staatspolitisch motivierte Strategie der Homogenisierung der Gesellschaftsstruktur, Uniformierung der Untertanenschaft und Normierung des kulturellen Lebens und durch die im Zuge solcher Strategie betriebene Aussiedlung sozialer Abweichler, weltanschaulicher Dissidenten und wirtschaftlich Erfolgloser in die überseeischen Gebiete diesen eine für Handelsbeziehungen zum beiderseitigen Nutzen taugliche, weil sich in einer perfekten Symbiose gleichermaßen als Lieferantin von für die manufakturelle beziehungsweise industrielle Produktion im Mutterland nötigen Rohstoffen und Ressourcen und als Abnehmerin der fertigen Produkte aus dem Mutterland bewährende Bevölkerung vindiziert.
So erfolgreich sich der maritim-merkantile Sonderweg aber auch zeigt und so sehr er dem britischen Inselreich eine mehr als zwei Jahrhunderte währende paradigmatische Bedeutung und Vorreiterrolle in Sachen kapitalprozessuale Entwicklung beschert, er bleibt ein Sonderweg, auf dem die ins Gefüge ihrer territorialen Nachbarschaften, ihrer wirtschaftsgeographischen Beziehungen und Abhängigkeiten und ihrer machtpolitischen Aspirationen und Konfrontationen gebannten kontinentaleuropäischen absolutistischen Staaten im Allgemeinen und die unter ihnen führende Macht Frankreich im Besonderen dem Inselreich nicht zu folgen vermögen.
Mangels des als gigantisches merkantiles Outlet funktionierenden überseeischen Entfaltungsraums, der sich dort dem im Entstehen begriffenen kapitalistischen Produktionssystem eröffnet und angesichts dessen die Hilfestellung der staatlichen Herrschaft sich auf militärische Schutzvorkehrungen und demographische Serviceleistungen beschränken kann – mangels eines solchen maritimen Entfaltungsraums ist hier das Produktionssystem auf massivere staatliche Unterstützungsprogramme zur Lösung der durch seine Ausbeutungsrate und Produktivitätsentwicklung heraufbeschworenen Wertrealisierungsprobleme angewiesen und findet sich die staatliche Herrschaft durch die kapitale Macht genötigt beziehungsweise angetrieben, in den Ausbau der Infrastruktur des Landes zwecks Verbesserung der Handelswege und des Transportwesens zu investieren, exportträchtige Industrien zu fördern beziehungsweise zu subventionieren und eine auf die Abschottung des Binnenmarktes gegen ausländische Konkurrenz gerichtete Handelspolitik zu betreiben, kurz, jene unter dem Namen Merkantilismus bekannten technischen und bürokratischen Aktivitäten zu entfalten, die dem Ziel dienen, die Marktchancen des heimischen Produktionssystems im Vergleich mit denen der Produktionssysteme der europäischen Nachbarn und Konkurrenten zu verbessern und so dem Kapitalprozess im eigenen Land mit Hilfe und auf Kosten eben jener Nachbarn und Konkurrenten gleichermaßen seine Dynamik zu erhalten und seine Kontinuität zu sichern.
Der Erfolg dieser kontinental-merkantilistischen Unterstützungsaktionen bleibt allerdings, verglichen mit der Erfolgsgeschichte des maritim-merkantilen, von staatlicher Seite nur flankierten, nicht dirigierten Procedere des Inselreichs, bescheiden. Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass alle betroffenen Staaten das von der führenden Macht Frankreich angewandte Rezept zur Förderung der Marktchancen des heimischen Produktionssystems übernehmen und ähnliche merkantilistische Maßnahmen ergreifen, was dazu führt, dass sich ihre Volkswirtschaften mit vergleichbaren staatlichen Förderprogrammen und Abschottungsstrategien gegenüberstehen und so, was sie dank dieser technischen Programme und bürokratischen Strategien auf der einen Seite an Marktchancen erringen, auf der anderen Seite kraft der ihnen von Seiten der Konkurrenten begegnenden entsprechenden Programme und Strategien einbüßen. Angesichts dieses bescheidenen und in der Tat unzureichenden Erfolgs der merkantilistischen Politik sehen sich die staatlichen Herrschaften Kontinentaleuropas, allen voran das absolutistische Regime Frankreichs, zunehmend motiviert, die für die Lösung des Wertrealisierungsproblems, das die fortschreitende Wertschöpfung des kapitalistischen Produktionssystems heraufbeschwört, erforderliche Steigerung beziehungsweise Ausweitung des gesellschaftlichen Konsums durch eine an früherer Stelle in ökonomischer Zuspitzung des Begriffs als Etatismus bezeichnete Strategie zu erreichen.
Sie besteht darin, nach dem Vorbild des wachsenden Verwaltungsapparats, den das kapitalistische Produktions- und Vermarktungssystem selbst ins Leben ruft, eine staatliche Apparatur, eine öffentliche Bürokratie zu schaffen und zu finanzieren, die gut genug alimentiert ist, um ihrerseits eine Schicht von freiberuflichen Versorgern und Dienstleistern nicht nur in Brot zu setzen, sondern mehr noch in den Genuss eines relativen Wohlstands kommen zu lassen, mit der gemeinsam sie eine als bürgerlicher Mittelstand firmierende Klasse bildet, die mit ihrer direkt oder indirekt aus dem staatlichen Etat fließenden Konsumkraft den traditionellen Konsumentengruppen des Adels und der Geistlichkeit zur Seite springt und tatsächlich einen wesentlichen und wachsenden Beitrag zur Bewältigung jenes Wertrealisierungsproblems leistet.
Auch wenn dieser Auf- und Ausbau eines zusammen mit seinem freiberuflichen Tross als bürgerlicher Mittelstand einen gewichtigen demographischen Faktor bildenden Staatsapparats angesichts der dem neuen Zentralstaat zuwachsenden beziehungsweise zufallenden neuen öffentlichen Aufgaben und organisatorischen Pflichten beziehungsweise bürokratischen Zuständigkeiten keineswegs des politischen Sinns entbehrt und im Prinzip sogar eine über seine kapitalstrategische Funktion hinausreichende kommunalpraktische Zweckmäßigkeit, um nicht zu sagen Notwendigkeit besitzt, sind doch, wie der Vergleich mit dem in dieser Hinsicht weit zurückhaltenderen britischen Inselreich lehren kann, der Nachdruck, mit dem ihn Frankreich und seine kontinentaleuropäischen Nachbarn betreiben, und das Ausmaß, in dem sie ihn durchführen, klare Zeichen dafür, dass er hier maßgeblich ökonomisch motiviert, um nicht zu sagen diktiert, ist und nämlich Kompensation für das Versäumnis oder Unvermögen des Merkantilismus zu schaffen dient, durch die Verbesserung der Vermarktungschancen und die Rekrutierung neuer Konsumentenschichten dem kapitalistischen Produktionssystem staatlicherseits bei der Lösung seines ausbeutungs- und produktivitätsbedingten Wertrealisierungsproblems beizustehen.
Freilich, eine wirkliche und nachhaltige Lösung der das kapitalistische Produktionssystem wegen der Ausbeutung der Arbeitskraft und Steigerung der Produktivkraft, die es ermöglicht, fortlaufend heimsuchenden Absatzprobleme bringt diese direkt beziehungsweise indirekt von Staats wegen betriebene Rekrutierung neuer Konsumentenschichten nicht. Schließlich kommt die Kaufkraft, die die staatliche Herrschaft diesen Schichten verleiht, aus dem öffentlichen Etat, und der wiederum speist sich im Wesentlichen aus den Steuern und Abgaben, die das Produktionssystem dem Staat entrichtet. Die staatlich betriebene Schaffung neuer, als bürgerlicher Mittelstand zu Buche der Sozialstruktur schlagender Konsumentenschichten ist demnach, wie auch bereits die Entstehung eines dem Produktionssystem eigenen Verwaltungsapparats, Resultat einer bloßen Umschichtung oder, wenn man so will, Umwidmung von Kapital, das aus Investitionskraft in Kaufkraft transformiert, sprich, als Wertschöpfungsinstrument außer Kraft gesetzt und als Wertrealisierungsmittel in Dienst genommen wird.
Effekt solcher Umschichtung kann immer nur eine Verlangsamung des produktionssystematischen Verwertungstempos, kurz, des Akkumulationsprozesses sein, nicht aber dessen Stillstellung oder Stornierung. Würde die staatliche Herrschaft durch eine entsprechende Besteuerung des Produktionssystems den gesamten vom System erzeugten und zur Investition in neue Wertschöpfungsprozesse, sprich, zur Akkumulation bestimmten Mehrwert abschöpfen und einem Konsum zuwenden, der, so gewiss er demnach mit bereits durch das System erwirtschaftetem allgemeinem Äquivalent finanziert würde, für die weitere Erwirtschaftung von allgemeinem Äquivalent aus systemexternen Quellen nicht mehr zur Verfügung stünde, sie raubte dem Kapital sein treibendes Motiv, den Sinn seines tätigen Lebens und unendlichen Strebens und würde also dem vom Kapital geschaffenen Produktionssystem, indem sie ihm den Wachstumsimpuls nähme, auch und zugleich seinen Existenzgrund verschlagen.
Die staatliche Herrschaft kann mithin die Umschichtung von Investitionskraft in Kaufkraft nur unter der Bedingung praktizieren, dass sie den dem Produktionssystem eingefleischten Verwertungsdrang oder Akkumulationszwang nicht abwürgt, und kann folglich auf diesem Wege das durch den Verwertungsdrang oder Akkumulationszwang heraufbeschworene Absatzproblem, das Problem, geschöpften Wert, produzierte Güter, in realisierten Wert, allgemeines Äquivalent, zu überführen, immer nur entschärfen und lindern, niemals aber bewältigen und lösen. Um das Problem nicht nur zu lindern, sondern zu lösen, braucht es noch nicht ins Produktionssystem integriertes allgemeines Äquivalent, Geld aus marktexternen Quellen, Geld wie jenes, das das britische System mittels seiner erfolgreichen merkantilen Strategie generell in Übersee und speziell in den mit Hilfe demographischer Säuberungsmaßnahmen des Zentralstaats zu regelrechten Outlets für manufakturelle beziehungsweise industrielle Produktionsüberschüsse hergerichteten überseeischen Koloniegründungen findet.
Im Bemühen, hinsichtlich Wirtschaftskraft und darauf fußender politisch-militärischer Macht gegenüber der erfolgreichen insularen Konkurrentin nicht immer weiter ins Hintertreffen zu geraten, verfällt die führende kontinentaleuropäische Herrschaft Frankreich darauf, dies für die tatsächliche Lösung des produktionssystematischen Absatzproblems und für die Dynamik und Kontinuität der ökonomischen Entwicklung, die damit steht und fällt, erforderliche allgemeine Äquivalent aus systemexternen Quellen, das, auf kolonialistischem Weg zu erwerben, die staatliche Herrschaft in Großbritannien dem System selbst überlassen kann, stattdessen in eigener Regie, mithin auf die wenn auch nicht unbedingt bewährte, so jedenfalls doch gewohnte etatistische Weise zu beschaffen und nämlich dem nicht durch Steuern und Abgaben eingetriebenen, sondern aus anderen Quellen, aus Schürfprivilegien, Kontributionen, Tributen, kolonialem Raub angehäuften Staatsschatz, dem königlichen Thesaurus, zu entnehmen und dem Etat zuzuführen, um es als zusätzliche Kaufkraft in die Zirkulation des kapitalistischen Produktionssystems einzuspeisen und zur Lösung der Absatzprobleme des letzteren beitragen zu lassen.
So einfallsreich und im Prinzip praktikabel diese über die bloße Umschichtung von Investitionsvermögen in Konsumkraft und die Verlangsamung und Verstetigung des kapitalen Verwertungsprozesses, die dadurch bewirkt wird, hinausgehende finanzpolitisch-etatistische Lösungsstrategie für das die kapitalistischen Produktionssysteme heimsuchende und unter kontinentaleuropäischen Bedingungen nicht auf dem merkantilen Weg kolonialer Expansion und Projektion zu lösende Wertrealisierungsproblem aber auch ist, sie bleibt, um nicht aus einem Rettungsanker zu einem Fallstrick, aus einem Heilmittel zu einem Gift zu mutieren, an zwei Konditionen gebunden, einer doppelten Restriktion unterworfen. Zum einen dürfen, wie an früherer Stelle* erläutert, die Einspeisungen aus dem Thesaurus nicht den Zuwachs der in Gütergestalt beziehungsweise in Arbeitsleistungsform zirkulierenden Wertmasse des Produktionssystems übersteigen, weil sonst die im System zirkulierende Menge an allgemeinem Äquivalent jener realen und funktionalen Wertmasse nicht mehr die Waage hält, was eine Entwertung des allgemeinen Äquivalents, eine Inflation, zur Folge hat, die wiederum in einer Verschlechterung der ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen der Bevölkerung im Allgemeinen und der über wenig allgemeines Äquivalent verfügenden lohnarbeitenden und kleinbürgerlichen Schichten im Besonderen resultiert.
Schon diese Kondition erweist sich unter den gegebenen historischen Umständen absolutistischer Regime, die die Steigbügelhalterdienste, die sie dem kapitalistischen System leisten, als Freibrief zur hemmungslosen Befriedigung höfischer Repräsentationssucht und militärischer Abenteuerlust nutzen, als praktisch unerfüllbar. Die Versuchung, solcher Repräsentationssucht und Abenteuerlust ohne Rücksicht auf die einschränkende Bedingung eines zwischen Geldmenge und Güter- beziehungsweise Arbeitsleistungsmasse zu wahrenden Wertgleichgewichts zu frönen, sprich, bei der Verwendung des Staatsschatzes für Zwecke der Konsumbelebung alias Wertrealisierung über die Stränge ökonomischer Vernunft zu schlagen, erweist sich als unwiderstehlich. Damit aber gerät denn nur zu rasch auch die zweite, den nützlichen oder jedenfalls unschädlichen Einsatz jenes finanzpolitischen Instruments einer Einspeisung von Kaufkraft aus thesaurischen Quellen einschränkende Bedingung in Gefahr, die Kondition nämlich, dass es nur und ausschließlich der Thesaurus, der anderen Quellen als dem marktwirtschaftlichen Produktionssystem entstammende Staatsschatz ist, aus dem geschöpft werden darf. Von ihrer Verschwendungssucht und ihrem Abenteurertum getrieben, beginnt die staatliche Herrschaft, den durch seine haltlose Verwendung für konsumtive Zwecke überstrapazierten und nur zu bald erschöpften Thesaurus mittels Schuldenaufnahme, genauer gesagt, mittels Anleihen beim kapitalistischen Produktionssystem aufzufüllen.
Mit ihrer Schuldenmacherei und dem Konsum, den sie auf diese Weise finanziert, prolongiert und verstärkt sie indes nicht nur die inflationäre Entwicklung samt der aus ihr resultierenden ökonomischen Not und sozialen Misere, die sie ja mit ihrem ohne Augenmaß geübten Einsatz thesaurischer Mittel für konsumtive Zwecke ohnehin bereits vorantreibt, sie greift mehr noch jene Umschichtungsstrategie wieder auf, jene Überführung von Investitionsvermögen in Konsumkraft, die als Mittel zur Hebung der gesamtgesellschaftlichen Konsumkraft durchaus ihren Sinn haben und zu einer nützlichen Verlangsamung und Verstetigung des kapitalen Verwertungsprozesses führen kann, die aber, wenn sie, wie hier der Fall, zu nichts weiter dient als zur Finanzierung höfisch-herrschaftlicher Verschwendungssucht und Abenteuerlust, eben dem kapitalen Verwertungsprozess, der ja Grundlage auch und gerade ihres herrschaftlichen Wohllebens ist, Eintrag tun und Schaden zufügen muss.
Und die staatliche Herrschaft praktiziert, was das Schlimmste ist, die Umschichtung, ohne sie als solche sichtbar werden zu lassen, praktiziert sie mit anderen Worten unter dem täuschenden Anschein einer normalen, systemkonformen Verwertungsprozedur. Das allgemeine Äquivalent, das sie dem marktwirtschaftlichen Produktionssystem entnimmt, entzieht sie ihm ja nicht in ihrer Eigenschaft als politische Einrichtung, sondern unter der Maske eines quasiökonomischen Unternehmens, entzieht sie ihm mit anderen Worten nicht kraft gesetzlich verfügter Steuern und Abgaben, sondern mittels vertraglich stipulierter Anleihen und Darlehen. Sie suggeriert dem kapitalistischen Produktionssystem beziehungsweise den es betreibenden und finanzierenden gesellschaftlichen Gruppen, dass das von ihr geliehene Geld Zins abwirft, also Mehrwert erwirtschaftet, Kapital bleibt, während es doch in Wahrheit, der Wahrheit seiner rein konsumtiven Verwendung oder vielmehr Verschwendung, dem zinstragenden, weil Mehrwert schöpfenden Verwertungskreislauf unwiederbringlich verloren geht.
Um ihrer Schuldenmacherei jenen Anschein von kapitalkonformem Verhalten, jene Suggestion einer investitionspraktischen Normalität zu erhalten, muss sie entweder darauf bauen, dass künftiges Wirtschaftswachstum ihr ein so großes Steueraufkommen in die Staatskasse spült, dass sie die aufgenommenen Schulden als einen auf die Zukunft dieses Wirtschaftswachstums gezogenen Wechsel zu begleichen vermag, was freilich angesichts der Tatsache, dass sie durch ihre Schuldenmacherei und die darin implizierte Verwandlung von Investitionsvermögen in Konsumkraft das dafür erforderliche Wirtschaftswachstum ja definitiv beeinträchtigt und vereitelt, eine Illusion, eine eitle Hoffnung bleiben muss. Oder aber sie muss, um die Erwirtschaftung von Mehrwert simulieren, die Zinsen für das geliehene allgemeine Äquivalent zahlen zu können, neue Anleihen aufnehmen, womit sie sich in die an früherer Stelle als Schuldenfalle charakterisierte Sackgasse manövriert, an deren Ende der Offenbarungseid, das praktische Eingeständnis steht, dass sie in Wahrheit nur einen Vorgriff auf die Erträge des kapitalistischen Produktionssystems gemacht, es unter Vortäuschung falscher Tatsachen geschröpft hat und dass sie diese Wahrheit Wirklichkeit werden lassen, dass sie ihre Schulden mittels der Erhebung weiterer Steuern und neuer Abgaben decken muss, will sie nicht ihren finanziellen Bankrott erklären.
Als dieses Ende erreicht ist und die absolutistische Herrschaft Frankreichs die Generalstände in der Absicht einberuft, sie die zur Tilgung der Staatsschuld nötigen fiskalischen Maßnahmen beschließen zu lassen, ist dies angesichts der ökonomischen Not und des sozialen Elends, die die der finanzpolitischen Misswirtschaft geschuldete inflationäre Entwicklung heraufbeschworen hat, das Tüpfelchen aufs i etatistischen Fehlverhaltens und das Signal für die Revolution, die gewaltsame Beseitigung der absolutistischen Herrschaft.
So sehr die Revolution die etatistischen Versuche zur Lösung der seinem Wachstum geschuldeten Absatzprobleme des kapitalistischen Produktionssystems als untauglich oder gar in die Irre beziehungsweise Sackgasse führend brandmarkt und einen definitiven Schlussstrich unter sie zieht, so effektiv sie mit ihnen ins historische Gericht geht, so wenig verfügt sie doch über eine überzeugende systematische Alternative, so wenig zeigt sich, mit anderen Worten, die durch sie in Szene gesetzte Republik imstande, eine sachdienlichere und haltbarere Lösung für das Problem zu finden. Im Bemühen, den Anspruch des manufaktur- beziehungsweise industriekapitalistischen Systems auf eine für die progressive Wertschöpfung unabdingbare zuverlässige Wertrealisierung mit der Forderung der Trägerin der Revolution, der durch den Wertschöpfungsprozess ausgebeuteten lohnarbeitenden Volksmasse, nach ökonomischem Wohlergehen und sozialer Sicherheit zu vereinbaren, kurz, im Bemühen um die Quadratur des Kreises, treibt die Republik den Etatismus vielmehr auf die Spitze eines umfassenden staatlichen Dirigismus, einer direktorialen Steuerung des kapitalen Verwertungsprozesses, indem sie die Rolle eines Großkonsumenten und Hauptabnehmers der vom Produktionssystem hervorgebrachten Wertverkörperungen übernimmt.
Dabei weisen ihr teils die akute Bedrohung durch ihre äußeren Feinde, die absolutistischen Nachbarn, teils der Umstand, dass herkömmlicherweise die Wahrnehmung des Gewaltmonopols, sprich, militärische Rüstung und der Unterhalt eines stehenden Heeres, eine zentrale Komponente staatlichen Konsums bilden, teils die Möglichkeit, mittels des militärischen Konsums Sozialpolitik zu betreiben und andernfalls von Armut und Deklassierung bedrohte Kontingente der Volksmasse in Brot und, wenn man so will, Arbeit zu setzen und so dem Staat zu verpflichten, den kommoden Weg zur konkreten Ausgestaltung ihrer Großkonsumentenrolle. Diese mehreren Anreize veranlassen sie nämlich zu dem oben* als militaristische Wendung und Ausrichtung beschriebenen politischen Kurs, der sie – nicht anders als der von Prunksucht und Abenteurertum getragene Konsum ihrer absolutistischen Vorgängerin, des Ancien Régime – in die als Schuldenfalle charakterisierte Sackgasse führt, an deren Ende der Staatsbankrott wartet, ein Ende, dem sie dadurch zu entrinnen sucht, dass sie den Konsumartikel Streitmacht, den sie sich aus Gründen staatssystematischer Selbstbehauptung, staatspolitischer Gewohnheit und sozialstrategischer Opportunität zugelegt hat, als eine Art Produktionsmittel, als quasi Wertschöpfungsinstrument nutzt und mit dem Ergebnis des napoleonischen Imperiums einsetzt, um sich in eine Militärdiktatur zu transformieren, die das kontinentale Europa okkupiert und kontrolliert, um es für sich arbeiten zu lassen, sprich, ihm durch Requisitionen, Konfiskationen und Kontributionen die für den Unterhalt der eigenen Streit- und Okkupationsmacht und für die Versorgung der eigenen Bevölkerung nötigen Investitionsmittel und Ressourcen zu entziehen.
So also resultiert der mangels merkantil-kolonialistischer Alternative von der absolutistischen Führungsmacht Frankreich eingeschlagene merkantilistisch-etatistische Weg zur Lösung des vom kapitalistischen Produktionssystem mittels Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und Entfaltung sächlicher Produktivität heraufbeschworenen Wertrealisierungsproblems in einer von Staats wegen veranstalteten Entwertungs- und Verschuldungsorgie, die, weil sich ihr nur durch einen klassenübergreifenden Schulterschluss, der die vom Produktionssystem Ausgebeuteten einschließt, kurz, durch eine Revolution ein Ende setzen lässt, einen auf die simultane Wahrnehmung widersprüchlicher Klasseninteressen gerichteten militaristisch-republikanischen Dirigismus zur Folge hat, der das Wertrealisierungsproblem dadurch löst, dass er es unterläuft und gar nicht erst entstehen lässt, indem er nämlich das kapitalistische Produktionssystem auf die Herstellung und Ausstattung des Konsumartikels Streitmacht konzentriert, der zur Realisierung seines Wertes bloß erfordert, dass man ihn, statt ihn zu Markte zu tragen, vielmehr ins Feld führt und nämlich als einen okkupativen und extraktiven Faktor einsetzt, um die Nachbargesellschaften zu schröpfen und bei ihnen die wegen der Konzentration des Produktionssystems auf ihn im Bereich der zivilen Wirtschaft fehlenden Investitionsmittel beziehungsweise Versorgungsgüter einzutreiben.
So kontraproduktiv und in der Tat pervers dieser als regelrechter Notausgang sich konsequenzzieherisch ergebende Ausweg aus dem als Wertrealisierungsproblem kurzgefassten Dilemma eines mit etatistischen Mitteln, mit Mitteln staatlicher Wirtschaftsförderung, Finanzpolitik und Konsumtätigkeit, nicht zu gewährleistenden kontinuierlich-dynamischen Wachstums des kapitalistischen Produktionssystems aber auch sein mag, dank der politischen Liberalität, des technischen Einfallsreichtums und des strategischen Ingeniums, die der Elan der Revolution entfesselt und die nach der Devise, dass der Krieg der Vater aller Dinge sei, die Republik gemäß der militaristischen Wendung, die sie nimmt, weiterhin kultiviert und fördert, erweist sich jener perverse Ausweg als ebenso haltbar wie effektiv, und es bedarf der vereinten Kräfte und wiederholter gesammelter militärischer Anstrengungen, um das nicht nur seinem politischen Selbststilisierungsgestus, sondern auch seiner ökonomischen Selbsterhaltungsform nach als ein moderner Epigone des römischen Imperiums figurierende napoleonische Kaiserreich niederzuringen.
Immerhin gelingt das schließlich, und die kontinentale Führungsmacht Frankreich kehrt auf den zivilgesellschaftlichen Tugendpfad einer durch industrielle Ausbeutung des heimischen Arbeitskräfteheers statt durch parasitäre Ausplünderung der Nachbarstaaten und durch technische Entfaltung des kapitalistischen Produktionsapparats statt durch den strategischen Einsatz einer kapitalen Militärmaschine betriebenen Wertschöpfung zurück, auf dem sie, politisch-militärisch zwar niedergeschlagen, aber dank des als Vater aller Dinge firmierenden Kriegsgottes, dem sie bis dahin gehuldigt hat, ökonomisch-technisch durchaus auf der Höhe, voranschreitet, um, zuerst noch mit dem Hemmschuh der ihr von den Siegermächten oktroyierten Restauration und bald aber schon mit dem beflügelten Schritt des dem Kapital von Seiten des Bürgerkönigtums bewiesenen Laissez-faire, an das wegweisende kapitalistische Staatswesen, das britische Inselreich, Anschluss zu gewinnen, wenn auch nicht, was angesichts des großen Vorsprungs, den in Sachen kolonialistisch-merkantiler Gründungs- und Expansionstätigkeit letzteres hat, ein Ding der Unmöglichkeit ist, zu ihm aufzuschließen.
Während die Kontinentalmacht Frankreich auf den Tugendpfad einer marktvermittelt kapitalprozessualen Entwicklung zurückkehrt und sich von ihrer in bürokratischem Dirigismus und militärischer Diktatur endenden alten Form von Etatismus erholt, hebt das britische Inselreich unter dem Druck seiner dynamischen industriekapitalistischen Produktion eine neue Form von Etatismus, den Imperialismus, aus der Taufe, kraft dessen die Staatsmacht sich als initiative Pionierin und effektive Organisatorin in Bezug auf die Lösung der Warenabsatz- und Ressourcenbeschaffungsprobleme des Industriekapitals etabliert. Die imperialistische Lösungsstrategie Großbritanniens für die industriekapitalistischen Wachstumsprobleme, die Frankreich baldmöglichst übernimmt, stößt freilich dank des rasanten Wirtschaftswachstums und der neuen mittel- und osteuropäischen Konkurrenz rasch an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, was zu den nach Maßgabe ihrer Zweischneidigkeit ineffektiven Notmaßnahmen der beschriebenen handelspolitischen Restriktionen und sozialpolitischen Repressionen führt.
Freilich kehrt die führende Kontinentalmacht nach ihrem etatistischen Um- beziehungsweise Irrweg auf den Tugendpfad einer wesentlich kommerziellen, durch das kapitaleigene Distributionssystem, den Markt, vermittelten kapitalprozessualen Entwicklung, den ihr die kraft ihrer insularen Lage maßgebende Industriemacht als kolonialistische Meeresstraße weist, zu einem Zeitpunkt zurück, da eben jene maßgebende Industriemacht feststellen muss, dass auch das nach Übersee ausgreifende merkantile System mit seinen als Eigengründungen maßgeschneiderten kolonialen Märkten und Outlets, das das manufakturelle beziehungsweise industrielle Kapital zwar mit staatlichem Freibrief und politischem Begleitschutz, aber doch wesentlich auf eigene Rechnung und in eigener Regie ins Werk gesetzt und das sich so lange als Grundlage für einen ebenso kontinuierlichen wie dynamischen Verlauf des Kapitalisierungsprozesses bewährt hat – dass also auch dieses auf wesentlich merkantiler Grundlage entfaltete kolonialistische System nicht mehr ausreicht, um der durch den Ausbeutungsgrad und die Produktivität, zu denen es der manufakturellen beziehungsweise industriellen Produktion die Möglichkeit bietet, heraufbeschworenen Absatzprobleme Herr zu werden, sprich, das Problem, die unter seiner Ägide produzierte Wertmasse in Gütergestalt zu Geld zu machen, sie als Wert sans phrase zu realisieren, weiterhin in eigener Regie zu lösen.
In etwa zu dem Zeitpunkt, da die auf dem europäischen Kontinent führende Industriemacht Frankreich, politisch repräsentiert und verfassungsmäßig garantiert durch ein zur konstitutionellen Monarchie, zum Bürgerkönigtum, aufgehobenes absolutistisches Regime, rückhaltlos auf den Tugendpfad einer marktvermittelten statt militaristisch fundierten kapitalprozessualen Entwicklung zurückkehrt, stellt die staatliche Herrschaft der weltweit führenden Industriemacht, das die britische Insel politisch repräsentierende und konstitutionell garantierende Toryregime, fest, dass, um der kommerziellen Absatz- und daraus resultierenden industriellen Wachstumsprobleme, die der streng marktvermittelte und dank der Panazee eines merkantilen Kolonialismus über die Maßen erfolgreiche Kapitalisierungsprozess dem Land beschert, Herr zu werden und um den damit einhergehenden ökonomischen Nöten und sozialen Konflikten zu wehren, mehr vonnöten ist als die im Blick auf die industriellen und kommerziellen Unternehmungen des Kapitals geübte Praxis einer staatlichen Erteilung von Freibriefen und Gewährung von Begleitschutz und dass vielmehr die Staatsmacht im Interesse der eigenen Machterhaltung nicht weniger als zum klassenübergreifenden Wohle der bürgerlichen Gesellschaft gefordert ist, die militärische und bürokratische Initiative zu ergreifen und durch die Okkupation und Annexion neuer Territorien, die Errichtung und Behauptung von Einflussgebieten und Protektoraten, die gewaltsame Erschließung ferner Märkte und fremder Ressourcen und die Nötigung anderer Länder zum Abschluss sittenwidriger Verträge und zur Einräumung ausbeuterischer Konzessionen dem Kapitalprozess auf die Sprünge zu helfen und den Weg zu weisen, kurz, die Politik aus einem Assistenten der Ökonomie und ihr zuarbeitenden Anwalt zu einem ihr vorarbeitenden Strategen, ihrem Intendanten, mutieren zu lassen.
Während mithin die Kontinentalmacht Frankreich sich von den Verirrungen ihres in Dirigismus und militärischer Diktatur endenden alten Etatismus erholt, hebt das britische Inselreich eine neue und moderne Form des Etatismus, den Imperialismus, aus der Taufe. Und auf diesem Weg eines imperialistisch novellierten, die Staatsmacht als ebenso bürokratisch effektive Organisatorin wie militärisch initiative Pionierin zur Lösung der Warenabsatz- und Ressourcenbeschaffungsprobleme des heimischen Industriekapitals etablierenden Etatismus folgt die Kontinentalmacht dem Inselreich nach und leistet ihm Gesellschaft beziehungsweise tritt in Wettstreit mit ihm, nachdem die halbherzige Duldung des restaurierten Regimes und das rückhaltlose Laissez-faire des Bürgerkönigtums sie beim marktvermittelten Kapitalisierungsprozess wieder hat Tritt fassen lassen und sie sich im Eiltempo, binnen gut dreier Jahrzehnte, die mit letzterem verknüpften ökonomischen Probleme und sozialen Konflikte auf den Hals geladen hat und sich nämlich gleichzeitig mit dem Problem konfrontiert sieht, die der Ausbeutungsrate und dem Produktivitätsniveau geschuldete industriell produzierte Wertmasse in Gütergestalt als solche, als für die Wiederverwendung verfügbares Kapital, zu realisieren, und herausgefordert findet, die durch ihre Ausbeutung und ihren Ausschluss von den Segnungen des Produktivitätszuwachses ökonomisch in Not und Elend gestürzte und politisch in Harnisch gebrachte proletarische Klasse ruhig zu stellen oder jedenfalls in Schach zu halten.
Angesichts dieser Probleme und Konflikte kann die Kontinentalmacht gar nicht anders, als dem leuchtenden Beispiel des insularen Nachbarn zu folgen, und lässt, um die imperialistische Wendung mit dem nötigen Nachdruck vollziehen zu können, in einem den ersten Revolutionsprozess ebenso kolportagemäßig wie abbreviiert wiederholenden zweiten revolutionären Aufbruch das allzu sehr in tagespolitische Kleinkrämerei und fraktionelle Grabenkämpfe verstrickte Bürgerkönigtum über die Klinge eines neuen Kaisertums springen, das nun aber nicht mehr wie das alte mit der Selbstherrlichkeit eines mittels seiner Streitmacht operierenden Zwingherrn und Tributnehmers Europas auftritt, sondern bloß die Prokura eines in Diensten der Kapitalmacht funktionierenden weltweiten Zwangsvollstreckers und Gefügigmachers wahrnimmt.
Keine Frage, dass sich die von den beiden großen industriekapitalistischen Mächten Europas vollzogene imperialistische Wendung bewährt und bezahlt macht. Dadurch, dass sie dem heimischen Industriekapital die außereuropäische Welt als ebenso gigantischen Absatzmarkt wie riesige Rohstoffquelle von Staats wegen nicht nur politisch-völkerrechtlich freigibt, sondern gleich auch militärisch-bürokratisch zugänglich macht, löst beziehungsweise entschärft sie tatsächlich die dem Begünstigten aus seinem rasanten Wachstum, seiner ausbeutungs- und produktivitätsbedingt maßlosen Akkumulation erwachsenden und die ganze bürgerliche Gesellschaft in Mitleidenschaft ziehenden Probleme und sorgt in einem Aufwasch dafür, dass erstens der kapitale Verwertungsprozess ungestört und ungebremst weitergehen kann, dass zweitens der Ausbeutungsdruck auf die Lohnarbeit nicht weiter steigen muss und im Gegenteil Spielraum für wie immer bescheidene staatlich verfügte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung und der sozialen Verhältnisse entsteht und dass drittens auch die durch das industriekapitalistische Wachstum benachteiligte beziehungsweise abgehängte traditionelle Oberschicht durch eine neue Perspektive entschädigt wird und eine ihr gleichermaßen politische Rehabilitation und ökonomische Kompensation verschaffende, weil sie in ihrer staatstragenden Funktion reaffirmierende gesellschaftliche Nützlichkeit zurückgewinnt.
Freilich sind diese segensreichen Wirkungen der imperialistischen Wendung, die zuerst das britische Inselreich und in seinem Gefolge dann die Kontinentalmacht Frankreich vollziehen, nicht von Dauer und währen letztlich nur wenige Jahrzehnte. Was ihnen nachdrücklich entgegenwirkt und sie in so kurzer Frist, wenn schon nicht aufhebt, so jedenfalls abnutzt und bis zum Verlust ihrer Heilkraft schwächt, ist der Umstand, dass die imperialistische Wendung andernorts Schule macht und nämlich in den östlichen Flächenstaaten des Kontinents im Allgemeinen und im von Preußen dominierten mitteleuropäischen Raum im Besonderen durch die dortigen absolutistischen Herrschaften für eine oben als Imperialismus nach innen apostrophierte politisch-ökonomische Aufholjagd instrumentalisiert wird, für ein Programm der ebenso forcierten wie kurzentschlossenen kapitalprozessualen Umgestaltung und Entwicklung ihrer rückständigen Gesellschaften, dessen Durchführung im Gegensatz zur gehabten Geschichte nicht das empirische Geschäft der bürgerlichen Gesellschaft beziehungsweise der diese organisierenden kapitalistischen Klasse, sondern die systematische Aufgabe der staatlichen Herrschaft beziehungsweise des sie implementierenden bürokratischen Apparats ist und bei dem in Verkehrung des gewohnten Procedere das Pferd gewissermaßen vom Schwanz her aufgezäumt wird und nämlich die politische Herrschaft der bürgerlichen Gesellschaft jenes politische Sein, jene konstitutionellen Rechte und zivilen Freiheiten, die letztere andernorts in der Konsequenz ihres ökonomischen Lebens, ihrer kommerziellen Leistungen und industriellen Errungenschaften, eigenmächtig fordert und durchsetzt, selbstherrlich schenkt, um nicht zu sagen oktroyiert, um dann als Gegenleistung für das Geschenk die Rolle eines seine neue empirische Existenz als konstitutionelle Monarchie quasi transzendental überhöhenden und in den Schatten stellenden Kontrolleurs und Lenkers des ökonomischen Lebens, sprich, des kapitalprozessualen Wirkens in Anspruch zu nehmen, mit dem das ihr geschenkte politische Sein zu erfüllen die bürgerliche Gesellschaft demnach nicht weniger staatlich gehalten als bürgerlich disponiert ist.
So paradox, um nicht zu sagen pervers, diese Eigenmetamorphose der absolutistischen Herrschaft in einen Faktor beziehungsweise Motor kapitalprozessualer Beschleunigung, in eine Bestimmungsmacht und Antriebskraft zurückgebliebener, in der Erfüllung ihres historischen Auftrags, der Überführung realer Arbeit aus einem selbstreproduktiven Akt ins Drehmoment kapitaler Verwertung, säumiger bürgerlicher Gesellschaften politisch auch anmuten mag, ökonomisch gesehen erweist sie sich als durchaus erfolgreich und im vollen Sinne des von dem technokratischen Bürokratismus, der hier zum Zuge kommt, geprägten Wortes zielführend. Indem es unter Anleitung nicht weniger als Ansporn durch die ihren Absolutismus, ihre hoheitliche Selbstherrlichkeit, zum Paternalismus, zum vaterländischen Verantwortungsbewusstsein sublimierende Staatsmacht zumal im zum Deutschen Reich unifizierten mitteleuropäischen Raum dem industriellen Kapital gelingt, aus der Not seiner empirischen Verspätung und Rückständigkeit die Tugend systematischer Innovationsstrategien und Investitionsprogramme, sprich, einer mit Mitteln wissenschaftlicher Forschung und rationaler Planung betriebenen Entwicklung neuer Fertigungstechniken und Einführung neuer Produktionssparten macht, avanciert die von diesem unter staatlicher Lenkung ebenso innovativen wie investitionsfreudigen Industriekapital organisierte Volkswirtschaft binnen nicht einmal eines Jahrzehnts, also quasi über Nacht, zu einem ernsthaften Konkurrenten der führenden beiden Industriemächte, der letztere teils dadurch, dass er ihnen seinen Binnenmarkt streitig macht, auf dem sie sich bis dahin relativ ungestört haben ausbreiten können, teils dadurch, dass er ihnen auf ihrem eigenen Terrain, auf ihren heimischen Märkten, mit neuen Produkten und preiswerten Angeboten auf die Pelle rückt, unter Druck setzt und zu verdrängen droht.
Durch seinen rasanten Aufbau einer wettbewerbsfähigen oder sogar in Sachen Produktpalette und Preisgestaltung überlegenen Industrieproduktion fällt der kapitalprozessuale Emporkömmling den arrivierten Industriemächten gewissermaßen in den Rücken und nimmt ihnen auf den innereuropäischen Märkten wieder weg, was sie sich durch ihre imperialistische Wendung im außereuropäischen Raum an Marktchancen und Entlastungsperspektiven erobern. Er sorgt mit anderen Worten dafür, dass auch die imperialistische Lösung der durch die Ausbeutungsrate und Produktivitätsentwicklung des industriekapitalistischen Prozesses heraufbeschworenen und die Dynamik und Kontinuität der Kapitalakkumulation permanent bedrohenden Wertrealisierungsprobleme nur zu rasch an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stößt und dass in durch den Hinzutritt des Emporkömmlings erweiterter Dimension und gesteigerter Form jene durch die Überfüllung der Märkte und Stockungen im Absatz bedingten zyklischen Krisen wiederkehren, die unter Bedingungen einer friedlichen ökonomischen Entwicklung, eines ungestörten kapitalprozessualen Fortschritts deren ständige Begleiter sind und die höchstens vorübergehend aus- oder unterbleiben, wenn sie sich durch soziale Umwälzungen oder kriegerische Auseinandersetzungen überlagert beziehungsweise ersetzt finden.
Konsequenz dieser auch durch die imperialistische Strategie nicht aufzufangenden und sie vielmehr in ihrer Problemlösungskapazität erschöpfenden industriellen Überproduktion und der ihr geschuldeten, zyklisch wiederkehrenden Absatzkrisen und Umsatzeinbrüche sind die oben genannten staatlichen Eingriffe ins Wirtschaftleben, die darauf abzielen, sei's durch wirtschaftspolitische Abschottungsmaßnahmen die Marktposition der heimischen Industrieprodukte im Blick auf die Einfuhren der Nachbarn zu stärken, sei's durch flankierende gesetzliche Verfügungen und bürokratische Maßnahmen für niedrige Produktionskosten im Allgemeinen und die Senkung beziehungsweise Deckelung der einen zentralen Kostenfaktor bildenden Aufwendungen für die industrielle Arbeitskraft im Besonderen zu sorgen und so die Wettbewerbsfähigkeit der auf die Märkte der Nachbarn exportierten heimischen Industrieprodukte zu erhöhen.
Dass das kaum ein Jahrzehnt zuvor erst gegründete Deutsche Reich, der industriekapitalistische Emporkömmling par excellence, mit der Einführung von Schutzzöllen und einer gegen die sozialistische Bewegung und ihre Forderungen nach ökonomischer Besserstellung und politischer Gleichberechtigung gerichteten Gesetzgebung jene restriktive beziehungsweise repressive Konsequenz als erster zieht, kann nicht verwundern. Schließlich ist es wegen der ihm fehlenden imperialistischen Dimension und seiner weitgehenden Beschränkung auf die innereuropäischen Märkte das erste und bevorzugte Opfer der durch seinen Eintritt in den Kreis der Industriemächte rasch wieder heraufbeschworenen Wertrealisierungsprobleme und bekommt die daraus resultierenden kommerziellen Krisen und Stockungen am unmittelbarsten und schmerzhaftesten zu spüren, während die als Industriemächte etablierten westlichen Nachbarn Großbritannien und Frankreich dank ihrer imperialistischen Vorwerke oder, wenn man so will, Fluträume die der Überfüllung der innereuropäischen Märkte geschuldeten Absatzprobleme noch eher zu kompensieren beziehungsweise länger zu ignorieren vermögen.
Freilich, wie das Deutsche Reich als erstes nationales Gemeinwesen unter den Absatzproblemen alias Wertrealisierungskrisen zu leiden hat, die Folge der durch seinen Eintritt in den Klub der Industriemächte noch forcierten ausbeutungs- und produktivitätsbedingten kapitalprozessualen Dynamik sind, so wird es denn auch am raschesten der Zweischneidigkeit, um nicht zu sagen Unwirksamkeit, der von staatlicher Seite dagegen ergriffenen Maßnahmen inne. Und das trifft nicht nur auf die mittels Schutzzöllen praktizierte Abschottung, die restriktive Handelspolitik zu, die in dem Maße, wie die Nachbarn sie übernehmen, auf ein Nullsummenspiel hinausläuft, sondern es gilt auch und vor allem für die repressive Sozialpolitik, die mittels antisozialistischer Gesetzgebung verfolgte Strategie einer Senkung oder jedenfalls Deckelung der Arbeitskosten, die sich, zumal vor dem Hintergrund der gleichzeitigen handelspolitischen Abschottungsmaßnahmen und in Wechselwirkung mit ihnen als eindeutig kontraproduktiv erweist, weil sie auf eben dem heimischen Markt, dem die Abschottung gegen die ausländische Konkurrenz eine durch deren retaliatorische Abschottungsmaßnahmen noch verstärkte Bedeutung verleiht, für eine Depression oder zumindest Stagnation der gesellschaftlichen Kaufkraft sorgt.
Sei's direkt durch gesetzliche Beschränkungen der Lohntarife, sei's indirekt dadurch, dass die Lohnarbeitenden durch politische Agitations- und gewerkschaftliche Organisationsverbote vom Kampf für absolute beziehungsweise relative Lohnerhöhungen abgehalten werden, findet sich die Industriearbeiterschaft in ihrer individuell gesehen zwar bescheidenen, um nicht zu sagen vernachlässigenswerten, kollektiv betrachtet aber erheblichen, um nicht zu sagen für die Volkswirtschaft grundlegenden Kaufkraft durch jene repressive Sozialpolitik beeinträchtigt und, wenn nicht geradezu reduziert und geschwächt, so jedenfalls doch daran gehindert, der aufgrund der Ausbeutungsrate und Produktivität ihrer Arbeit wachsenden Gütermenge konsumtiv gerecht zu werden, sprich, sich mittels ihrer Löhne an der Realisierung des Werts dieser Gütermenge in einer seinem Wachstum gemäßen Proportion zu beteiligen – womit sich denn also jene auf die Verbesserung der Ausfuhrchancen berechnete repressive Sozialpolitik durch den Schaden, den sie auf dem Binnenmarkt anrichtet, den eine Politik der Einfuhrbeschränkungen zur festen Burg der heimischen Industrie zu machen sucht, gründlich ad absurdum führt.
Im kapitalistischen Produktionssystem, das von Haus aus auf die Einschleusung von allgemeinem Äquivalent aus systemexternen Quellen programmiert ist, beschränkt sich die Adressatenstellung und Nutznießerrolle, die auch die für das System Arbeitenden nolens volens in Anspruch nehmen, auf den Empfang von Überlebensrationen, den Genuss eines Existenzminimums. Die Distributionsstrategie des Systems, die den Löwenanteil des Produzierten denen zuwendet, die über allgemeines Äquivalent aus systemexternen Quellen verfügen, stellt freilich das System infolge seiner Leistungskraft vor wachsende Wertrealisierungsprobleme, angesichts deren dem Staat die Funktion des primären Problemlösers zufällt. Merkantilismus, Etatismus, Kolonialismus, Liberalismus und schließlich der Imperialismus lassen sich als eine Abfolge von Versuchen zur Lösung des Problems verstehen, die doch nicht verhindern können, dass Ende des neunzehnten Jahrhunderts jene bis dahin vom System verfolgte Distributionsstrategie an ihr durch die Produktivkraft des Systems gesteckte unüberschreitbare Schranken stößt.
Und tatsächlich ist hier nun der Punkt, an dem zum ersten Mal seit Beginn des Kapitalisierungsprozesses, seit Beginn mit anderen Worten der die gesellschaftliche Produktionssphäre heimsuchenden Umgestaltung durch und Eingliederung in das marktwirtschaftliche System, die Produzenten, die sich in der Konsequenz dieser Umgestaltung und Eingliederung aus Werktätigen in Arbeitskräfte, aus ihre Werkzeuge handhabenden arbeitenden Subjekten in den sächlichen Arbeitsmitteln, die sie betätigen, egalisierte persönliche Produktionsfaktoren überführt finden, in der anderen Eigenschaft, die ihnen als humanen Personen beziehungsweise sozialen Lebewesen nolens volens ebenfalls zukommt und die aber bis dahin in der maßgebenden gesellschaftlichen Wahrnehmung keine Berücksichtigung findet, für die von der öffentlichen Meinung ihrem sozialen Dasein zugewiesene Funktion keine Rolle spielt, in ihrer Eigenschaft nämlich von finalen Adressaten und definitiven Nutznießern ihrer gesellschaftlichen Reproduktionsarbeit, unverhoffte Präsenz und unabweisliche Relevanz gewinnen.
De facto oder latent firmieren die dem marktwirtschaftlichen System zuarbeitenden Produzenten natürlich seit jeher und auch nach seiner manufaktur- beziehungsweise industriekapitalistischen Revolutionierung und Neubegründung als Adressaten und Nutznießer des Systems. Schließlich bedürfen sie, um ihre Arbeit für es verrichten zu können, der subsistenziellen Versorgung und regenerativen Alimentierung, und wer soll diesen Versorgungs- und Alimentierungsbedarf decken, wenn nicht es, das System, mit dem ihm von ihnen, den Produzenten, gelieferten Gütern und erbrachten Leistungen? So wahr aber das kapitalistisch revolutionierte und neubegründete marktwirtschaftliche System seinen einzigen Sinn und ausschließlichen Nutzen in der mittels der Arbeit der Produzenten effektuierten Erwirtschaftung eines möglichst großen Mehrprodukts beziehungsweise Erzielung eines möglichst hohen Mehrwerts setzt und so wahr Grundlage dieser ausschließlichen Strategie die Reduktion der Produzenten auf Funktionselemente oder faktorelle Komponenten des Produktionsprozesses ist, so wahr zeigt sich reell oder manifest ihre Adressatenstellung oder Nutznießerrolle quasi zum Verschwinden gebracht und zu einer stillschweigenden Implikation verflüchtigt.
Oder besser gesagt, zeigt sich durch die Reduktion der arbeitenden Subjekte auf Produktionsfaktoren diese ihre Adressatenstellung und Nutznießerrolle aus einem positiven, einem für das Funktionieren des Marktes konstitutiven Element zu einer negativen, für den Erfolg der Marktstrategie limitativen Kondition entwertet. Sie ist zwar im Kalkül des Marktbetreibers nolens volens enthalten, aber kommt nur als Kostenfaktor in Betracht, wird nur als die Kalkulation belastender Posten in Rechnung gestellt und ist frei von jeder Bedeutung eines für das Marktgeschehen maßgebenden Objektivs, ist jeden Anspruchs einer für die kommerzielle Strategie sinngebenden Zielsetzung bar. Die Adressatenstellung und Nutznießerrolle der Produzenten zeigt sich aus einem zur Einlösung des in den Produkten verkörperten Werts wesentlich dazugehörenden und für sie grundlegenden konsumpraktischen Prospekt in eine sie wesentlich nur störende und ihren Erfolg schmälernde produktionstechnische Rücksicht mutiert, weshalb denn auch das ganze Sinnen und Trachten der Marktbetreiber darauf gerichtet ist, ihr, der Adressatenstellung, einen möglichst geringen Stellenwert zuzugestehen, sie, die Nutznießerrolle, möglichst klein zu halten, was dadurch in die Tat umgesetzt wird, dass die kapitalistischen Marktbetreiber unter relativer Ausnutzung der durch ihre Umrüstung der Produktionssphäre steigenden Produktivität und vor allem unter absoluter Ausbeutung der durch einen Arbeitsmarkt, den sie durch die Verdrängung des traditionellen Handwerker- und Gewerbekorps vom Güter- und Dienstleistungsmarkt mit Nachschub versorgen, unter Druck gesetzten Arbeitskraft die Produzenten zu Knebelverträgen zwingen und mit Lohntarifen abspeisen, die, tendenziell zumindest, ihre Adressatenstellung auf den Empfang von Überlebensrationen, ihre Nutznießerrolle auf den Genuss eines Existenzminimums beschränken.
Diese vom manufaktur- beziehungsweise industriekapitalistischen Produktionssystem zielstrebig betriebene Reduktion der subsistenziellen Adressatenstellung oder konsumtiven Nutznießerrolle der Produzenten auf den Formalismus beziehungsweise Minimalismus ihrer zwar beileibe nicht im Einzelfall, wohl aber auf alle Fälle sicherzustellenden produktionsfaktorellen Funktionsfähigkeit, sprich, einer zu gewährleistenden Erhaltung beziehungsweise Regeneration ihrer kollektiven, wenn auch beileibe nicht individuellen Arbeitskraft, steht und fällt natürlich damit, dass das ebenso umfängliche wie vielfältige Mehrprodukt, das der steigenden Produktivität der Arbeitsmittel und Arbeitsmethoden und der ins Extrem getriebenen Ausbeutung der Arbeitskraft entspringt, bei anderen gesellschaftlichen Gruppen als beim Produzentenkorps Abnehmer findet und von ihnen als der Mehrwert, den es verkörpert, realisiert wird, genauer gesagt und die Sache auf den entscheidenden Punkt gebracht, dass die wiederkehrenden und wachsenden Absatzprobleme, die Konsequenz steigender Produktivität und forcierter Ausbeutung sind, gelöst oder jeweils hinlänglich bewältigt werden, um die kommerzielle Wertrealisierung im ungefähren Ein- und Gleichklang mit der industriellen Wertschöpfung zu halten und so gleichermaßen für die anhaltende Dynamik und ungestörte Kontinuität des Kapitalprozesses zu sorgen.
Und tatsächlich lässt sich, wie ja auch unserer bisherigen Darstellung zu entnehmen, die ganze Geschichte der Entstehung und Entfaltung des die gesellschaftliche Reproduktion revolutionierenden und die Gesellschaft selbst in einen seiner vitiös zirkulären Zwecksetzung dienstbaren Organismus umkrempelnden, sie quasi in seinen Zauberlehrling verwandelnden manufaktur- beziehungsweise industriekapitalistischen Systems als eine Abfolge von Bemühungen um die Lösung dieses durch die Durchsetzungskraft und Wirkmächtigkeit des letzteren permanent hervorgerufenen und immer weiter verschärften Wertrealisierungsproblems betrachten, wobei dem Staat, der gegen ihre eigene, dem Kapitalprozess hinderliche traditionelle Ordnung aufgebotenen und in den politischen Repräsentanten und bürokratisch-militärischen Garanten der bürgerlichen Gesellschaft, der Kreatur des Kapitals, umgewendeten feudalen Herrschaft, die Rolle des primären beziehungsweise finalen Problemlösers zufällt und also sie, die staatliche Herrschaft, die sich aus dem territorial-eigenständigen obersten Organ eines politisch-korporativen Aggregats aus professionell segregierten Ständen in das ministeriell-zuständige zentrale Institut eines ökonomisch-integrativen Systems aus sozial sortierten Klassen gewandelt hat, die Aufgabe übernimmt, für die konsumkräftige Nachfrage zu sorgen, die der kapitalprozessuale Ausstoß, die verwertungsprinzipielle Produktionsleistung dieser als wesentlich ökonomisches Unternehmen angelegten bürgerlichen Klassengesellschaft bei Strafe eines ihr, der wirtschaftlichen Unternehmung alias bürgerlichen Gesellschaft, drohenden Insolvenz und Liquidation erheischt.
Schließlich ist, wie schon in ihrer ersten, absolutistischen Gestalt, so auch und mehr noch in ihren folgenden konstitutionell-monarchischen, parlamentarisch-republikanischen und sogar militärisch-diktatorischen Erscheinungsformen die staatliche Herrschaft im strukturellen Prinzip und ihrer funktionellen Essenz nach eine institutionelle Setzung der bürgerlichen Gesellschaft, wird von ihr nicht weniger personell bestückt als finanziell ausgehalten und steht und fällt also in ihrer materiellen Existenz nicht weniger als in ihrer institutionellen Daseinsberechtigung mit dem in einem störungsfrei-kontinuierlichen manufakturellen beziehungsweise industriellen Arbeitsverwertungsverfahren alias Kapitalisierungsprozess bestehenden Wachstum und Gedeihen eben jener Gesellschaft. Wie sollte da wohl die staatliche Herrschaft Anstand nehmen, nach Maßgabe der durch die industriekapitalistische Entwicklung jeweils heraufbeschworenen Absatzkrisen und merkantilen Stockungen und mit allen ihr zur Verfügung stehenden politischen, strategischen, bürokratischen und notfalls auch militärischen Mitteln sich für die Erschließung von die Stockungen zu überwinden geeigneten neuen Märkten beziehungsweise die Schaffung von die Krisen zu bewältigen tauglicher weiterer Kaufkraft zu engagieren?
Ob in der noch eher bewusstlosen, weil mehr vom absolutistisch eigenen Machtstreben als von der Sorge um das bürgerliche Marktsystem diktierten Frühform einer Stärkung der Kaufkraft der traditionellen Oberschicht mittels des kolonialen Schatzes, ob auf die merkantil-kolonialistische Weise einer durch demographische Einwirkung und maritime Ausrichtung das Marktgeschehen passiv sekundierenden Strategie, ob auf die merkantilistisch-etatistische Manier einer kraft infrastruktureller und sozialpolitischer Maßnahmen die Marktentwicklung aktiv dirigierenden Politik, stets ist es die staatliche Herrschaft, die sei's als eine Art Mädchen für alles oder dienstfertiger Adjutant, sei's als so etwas wie ein Deus ex machina oder ingeniöser Intendant dem Kapital beispringen und aus der selbstverschuldeten, weil durch seine Produktivitätsdynamik und seine Ausbeutungseffektivität immer wieder heraufbeschworenen Absatznot und kommerziellen Bedrängnis heraushelfen muss.
Dabei erweist sich, wie gezeigt, die vornehmlich vom britischen Inselreich verfolgte merkantil-kolonialistische Strategie im Vergleich mit der von der Kontinentalmacht Frankreich paradigmatisch betriebenen merkantilistisch-etatistischen Politik als weitaus effektiver und zuverlässiger und letzterer eindeutig überlegen und sichert Großbritannien eine ökonomische Vorreiterrolle und politische Vormachtstellung, kraft deren es ein Jahrhundert lang als gleichermaßen Werkstatt der Welt zu firmieren und als Zünglein an der Waage des europäischen Kräftespiels zu figurieren vermag und denen genug Attraktivität und Überzeugungskraft eignet, um Frankreich nach den revolutionären Irr- und imperialen Abwegen, auf die seine merkantilistisch-etatistische Politik mit ihren süßen Versuchungen und fatalen Fallstricken das Land geführt haben, sich zu dieser vom insularen Konkurrenten verfolgten und offenkundig überlegenen staatlichen Strategie aus merkantil-liberalem Laissez-faire und maritim-kolonialem Opportunismus bekehren und bekennen zu lassen.
Freilich, zu dem Zeitpunkt, als Frankreich auf den Tugendpfad einer von staatlicher Seite nur sekundierten, nicht dirigierten industriekapitalistischen Entwicklung, auf die via regia einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik, nämlich auf die vom Markt selbst prospektierte und vom Staat nur durch indirekte Hilfestellungen und Fördermaßnahmen affirmierte ,,Seidenstraße" merkantiler Weltläufigkeit und kolonialer Expansion zurückkehrt, hat ihr führender Vertreter Großbritannien diese merkantil-kolonialistische Strategie aufgrund des stürmischen industriekapitalistischen Fortschritts, den sie dem Land ermöglicht, bereits an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und Problemlösungskapazität getrieben, und sieht sich deshalb dort die zur Problemlöserin vom Dienst berufene staatliche Herrschaft bewogen beziehungsweise genötigt, jene imperialistische Wendung zu vollziehen, kraft deren sie die Rolle eines bloßen Helfershelfers und Sekundanten des Kapitals, eines als Eskorte fungierenden Wegbegleiters ablegt und in die Stellung eines Vorkämpfers und Strategen des Kapitals, eines als Rammbock operierenden Bahnbrechers aufrückt.
Statt die industriekapitalistische Entwicklung bloß durch wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen zu unterstützen beziehungsweise abzusichern, entschließt sich, wie dargelegt, die staatliche Herrschaft angesichts der absatzbedingten Probleme und Krisen, in die seine Ausbeutungsrate und seine Produktivität das Industriekapital stürzen und die durch die sozialen Nöte und politischen Konflikte, in denen sie resultieren, nicht zuletzt sie, die staatliche Herrschaft selber, in die Bredouille und nämlich um ihre öffentliche Anerkennung, ihren Kredit als überparteiliche Verfassungshüterin und neutrale Schiedsrichterin bringen – entschließt sich also die staatliche Herrschaft zu einem Strategiewechsel, kraft dessen sie es übernimmt, der stockenden beziehungsweise lahmenden industriekapitalistischen Entwicklung mit den ihr zur Verfügung stehenden militärischen Instrumenten und bürokratischen Apparaten aktiv beizuspringen und aufzuhelfen und die bis dahin vom Kapital selber mit empirischer Beharrlichkeit verfolgte überseeisch-punktuelle Auffindung neuer Abatzchancen und Verwertungsmöglichkeiten in eine mit systematischer Zielstrebigkeit von Staats wegen betriebene weltumspannend-territoriale Öffnung neuer Märkte und Erschließung wohlfeiler Ressourcen zu überführen.
So sehr sich, was die Lösung der ausbeutungs- und produktivitätsbedingten kapitalprozessualen Probleme und die Entschärfung der damit einhergehenden sozialpolitischen Konflikte betrifft, diese vom britischen Inselreich initiierte und von der europäischen Kontinentalmacht Frankreich imitierte imperialistische Wendung erst einmal bewährt, ihr Erfolg erweist sich als kurzlebig, sprich, die Wirksamkeit ihres Problemlösungs- und Konfliktbewältigungspotenzials bleibt auf wenige Jahrzehnte beschränkt, weil, wie ausgeführt, andere, ökonomisch rückständige und politisch reaktionäre Staaten in Mittel- und Osteuropa in genere und der preußische Staat in specie sich an jener imperialistischen Strategie der führenden Industriemächte Westeuropas ein Beispiel nehmen und sie nutzen, um mittels einer oben als Imperialismus nach innen apostrophierten politischen Modernisierung ihrer absolutistischen Regime den Rahmen für eine ökonomische Aufholjagd zu schaffen beziehungsweise den Grund für einen industriekapitalistischen Fortschritt zu legen, der sie dank einer systematisch-szientifisch verkürzten Wiederholung der von den westlichen Konkurrenten empirisch-inventorisch durchlaufenen Entwicklung Anschluss an den von letzteren erreichten Stand gewinnen und zu ernsthaften Konkurrenten auf den von ihnen bis dahin beherrschten Märkten werden lässt.
Ihnen quasi in den Rücken fallend, machen die östlichen Emporkömmlinge in Sachen Industrialisierung und vor allem das durch Preußen zum Deutschen Reich unifizierte Mitteleuropa ihren als Industriemächten etablierten westlichen Nachbarn nicht nur in dem von ihnen bislang als Absatzgebiet beherrschten mittel- und osteuropäischen Raum, sondern auch und ebenso sehr auf ihren eigenen Territorien, ihren heimischen Märkten, Konkurrenz, konterkarieren damit die kommerzielle Entlastung, die ihnen ihre imperialistische Strategie bringt, oder machen sie gar zunichte, lassen sie im eigenen Haus und im unmittelbaren Umkreis einbüßen, was sie draußen in der Ferne, in der weiten Welt, gewinnen, und führen so binnen anderthalb Jahrzehnten jene der Ausbeutungsrate und der technischen Produktivität der Industrie geschuldete Überfüllung der Märkte, jene ökonomische Krisen und politische Konflikte heraufbeschwörenden, weil die Kontinuität des Kapitalprozesses bedrohenden kommerziellen Absatzprobleme wieder herbei, deren Lösung das Kapital sich von der imperialistischen Wendung versprach oder jedenfalls erhoffte.
Und damit aber ist nun tatsächlich das Ende der Fahnenstange der kapitalistischen Aufbauphase und Entfaltungsperiode erreicht und zeigt sich nämlich die Akkumulationsstrategie, die das in manufakturelles beziehungsweise industrielles Investitionsvermögen, in Kapital sans phrase, überführte Handelskapital bis dahin verfolgt oder vielmehr durch sein politisches Vollzugsorgan verfolgten lässt und die ihm eine beispiellose, die korporative Ständeordnung auf funktioneller Grundlage in eine zivile Klassengesellschaft nach finanzieller Maßgabe umkrempelnde Karriere ermöglicht, an die Grenzen ihrer sowohl geographischen, auf die Erschließung neuer Märkte gerichteten, als auch demographischen, auf die Rekrutierung neuer Käufergeschichten abgestellten, als auch konsumpraktischen, auf die Intensivierung und Diversifizierung der Nachfrage dieser Märkte und Käuferschichten zielenden, Kapazität und Wirksamkeit gelangt.
In der Sackgasse ihres Erfolges findet sich diese Strategie einer Wertschöpfung wieder, die, weil sie die Wertschöpfer, die Produzenten der Werterscheinungen, per Lohnarbeit auf den sächlichen Produktionsmitteln egalisierte Produktionsfaktoren reduziert, um sie als solche mit einem subsistenziellen Minimum abzuspeisen und vom Konsum ihrer Produkte weitestmöglich auszuschließen, die mangels Kaufkraft der Produzenten fehlenden Konsumenten der Werterscheinungen, die für die Realisierung des Mehrwerts der letzteren, seine Rückverwandlung in als Kapital investierbares allgemeines Äquivalent, zuständigen Käuferschichten anderweitig, außerhalb des von den Produzenten selbst okkupierten Distributionszusammenhanges, jenseits des vom arbeitsteiligen Produzentenkollektiv gebildeten Marktsystems, suchen und finden muss und die, solange ihr dies gelingt, solange sie es also schafft, allgemeines Äquivalent aus marktexternen Quellen beizubringen und als neues Kapital dem Produktionsprozess zuzuführen, diesen empirisch-faktisch für die gesellschaftliche Reproduktion, die Versorgung der Gesamtgesellschaft mit Gütern und Dienstleistungen, angestrengten Produktionsprozess systematisch-praktisch vielmehr in den Dienst ihrer selbst zu stellen und nämlich im kapitalen Zirkelschluss für gleichermaßen die Erweiterung und Steigerung ihres eigenen Potenzials, die aggregative Vergrößerung beziehungsweise akkumulative Erhöhung ihrer wertschöpferischen Kapazität und Wirkkraft zu nutzen vermag.
Was durch jene Strategie einer Einbeziehung und Begünstigung marktexterner, der Produktionssphäre und ihrem Distributionszusammenhang äußerlicher Konsumentenschichten zu Lasten und auf Kosten der auf Produktionsfaktoren oder Arbeitskräfte reduzierten Produzenten oder Arbeiter ermöglicht wird, die extensive und intensive Entfaltung der Produktionssphäre zu einem Wertschöpfungssystem, das im unauflöslichen Quidproquo um seiner selbst willen existiert und nämlich Wert einzig und allein schöpft, um seine wertschöpferischen Eigenschaften zu verbessern und Leistungen zu erhöhen, beziehungsweise letztere einzig und allein verbessert und erhöht, um mehr für den gleichen Selbstzweck verfügbaren Wert zu schöpfen – eben dieser ihr Effekt und Erfolg treibt die Strategie in die Sackgasse, weil sein Kern und Wesensgehalt in einem mittels Ausbeutung der Arbeitskraft und Erhöhung der Produktivkraft fortschreitenden extensiven und intensiven Wachstum der Produktion besteht und demgemäß seine Ausdrucksweise und Erscheinungsform eine immer umfänglichere und vielfältigere Gütermasse und Dienstleistungspalette, eine zunehmend ,,ungeheure Warensammlung" ist, die es der Strategie immer schwerer und am Ende, eben in den letzten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts, geradezu unmöglich macht, ihren Zweck zu erfüllen und die für das vermehrte Produkt und die vielfältigeren Leistungen nötigen marktexternen Abnehmerschichten in hinlänglicher Zahl beziehungsweise mit ausreichender Kaufkraft zu rekrutieren.
Wie soll angesichts der mit demographischer Systematik ausgereizten Schaffung neuer Konsumentengruppen sei's durch die Verschiffung und überseeische Ansiedlung von Teilen der eigenen Bevölkerung, sei's durch den personellen Auf- und Ausbau wirtschaftlicher und staatlicher Verwaltungsapparate nebst ihnen zuarbeitender Dienstleistungsbranchen, angesichts der mit imperialistischer Gewalt und Zwangsausübung bis an die Grenzen der Erde getriebenen und fremden Gesellschaften ins Haus fallenden Markterschließung und Sondierung von Absatzmöglichkeiten und billigen Ressourcen und schließlich angesichts eines Güter- und Leistungsangebots, das durch seine Menge und Vielfalt die etablierten und neu rekrutierten Konsumentengruppen, die aristokratischen, bourgeoisen und mittelständischen Schichten im eigenen Land, in Europa und in der kolonialen Welt zunehmend überversorgt und damit, wenn auch keineswegs deren Kaufkraft, so doch aber ihr Bedürfnissystem überfordert und dazu führt, dass die industriekapitalistische Produktion jene im Begriff des Fin de siècle implizierte Tendenz zur Erzeugung von Luxusgütern und zur Befriedigung dekadenter, Partialtrieben und fetischistischer Fixierung entspringender Gelüste entwickelt, die eher redendes Symptom der generellen Absatzkrise als ein echter Beitrag zu ihrer Lösung ist – wie also soll angesichts dieser verfahrenen, auf die Spitze geographischer, demographischer und konsumpraktischer Ausweglosigkeit getriebenen Situation, die durch den Hinzutritt neuer, der Anwendung der imperialistischen Strategie auf die rückständigen Regionen des europäischen Kontinents selbst geschuldeter industrieller Produktionskapazitäten und Dienstleistungspotenziale vollends zur Sackgasse wird, die staatliche Herrschaft, die mit der Lösung der Wertrealisierungsprobleme kapitalistischer Wertschöpfung, mit der Bewältigung der Absatzkrisen, die das industrielle Kapital dank Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und Mobilisierung sächlicher Produktivität permanent heraufbeschwört, betraut ist, ihrem Auftrag noch gerecht werden, wie soll sie einen Ausweg aus der Ausweglosigkeit, eine aus dem Sack ins Freie führende Gasse finden?
Wie, wenn nicht durch eine Revision und Korrektur der besagten, für den kapitalistischen Akkumulationsprozess bis dahin grundlegenden Strategie einer mittels Markt durchgesetzten Minimalisierung der subsistenziellen Ansprüche der für den Markt arbeitenden Produzenten, ihres weitestmöglichen Ausschlusses vom Genuss ihrer Produkte, und einer entsprechenden Übertragung des ihnen entzogenen Genussanspruchs auf nicht ins manufakturelle beziehungsweise industrielle Produktionssystem integrierte Käufergruppen, auf Konsumentenschichten, die allgemeines Äquivalent aus marktexternen Quellen beisteuern können, das wegen seiner Fremdbürtigkeit das im Produktionssystem zirkulierende Kapital zu vergrößern und durch Investition ins Produktionssystem den in dessen Gestalt betriebenen Verwertungsprozess sei's quantitativ mittels vermehrter Arbeitskraft, sei's qualitativ mittels verbesserter Arbeitstechnik immer weiter an Umfang und Intensität gewinnen zu lassen vermag?
Angesichts der Wertrealisierungssackgasse, in die sich das ökonomische System industriekapitalistischer Produktion durch seine auf systemexterne Konsumentengruppen gerichtete Distributionsstrategie hineinmanövriert hat, liegt es für das politische Faktotum des Systems, den Staat, nahe, die vom System bis dahin ausgebeutete und nach Möglichkeit kurzgehaltene Lohnarbeiterschaft, die sich gleichermaßen durch ihre demographische Masse und ihre konsumpraktische Fassungskraft anbietet, für die Lösung des Problems zu rekrutieren. Allerdings tut sich der von der kapitalen Sachlogik seines Brot- und Arbeitgebers, des Industriekapitals, durchdrungene Staat schwer damit, dieser Forderung des gesunden Menschenverstands Folge zu leisten und die dafür erforderliche kompensatorische Umverteilungspolitik, sprich, Überführung von kapitaleigenem Investitionsvermögen in der Lohnarbeiterschaft zur Verfügung gestellte Konsumkraft, in die Tat umzusetzen.
Genau jene Strategie einer simultanen Reduktion der systemeigenen Produzenten auf minimal versorgte Arbeitskräfte oder Produktionsfaktoren und einer Veräußerung des dadurch maximierten Mehrprodukts an Konsumenten, die es als Mehrwert einzulösen, sprich, seinen Wert in Form von allgemeinem Äquivalent aus systemfremden Quellen zu realisieren vermögen, ist es ja, was der Demontage traditioneller gesellschaftlicher Reproduktionsmechanismen und ihrer Ersetzung durch das manufaktur- beziehungsweise industriekapitalistische Produktionssystem einen solch durchschlagenden Erfolg garantiert und was eben dadurch aber die Strategie selbst zu einem immer mühsameren Geschäft beziehungsweise aussichtsloseren Unterfangen werden lässt und das System schließlich dahin bringt, wo es sich gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts befindet, in eine Situation, in der die für sein Funktionieren erforderlichen systemfremden Käufergruppen, jene für die Realisierung des Mehrprodukts als Mehrwert nötigen, nicht im Produktionsprozess involvierten Konsumenten, sich nicht ums Verrecken mehr mobilisieren und nämlich weder zu einer wesentlichen Steigerung ihres Konsums bewegen noch sonst wo, im eigenen Land oder in der weiten Welt, in nennenswerter Zahl neu rekrutieren lassen und in der infolge dessen das dem industriekapitalistischen Produktionsprozess als Outlet dienende Marktsystem in einen Konkurrenzkampf, einen als ,,Rette sich, wer kann" intendierten und als ,,Krieg aller gegen alle" exekutierten Kampf um die vorhandenen und für die Wertrealisierung ebenso unzureichenden wie unabdingbaren Käufergruppen verstrickt zu werden droht, der für die Sieger, die den Sieg nur mittels Preisdumping erringen können, nicht weniger als für die Verlierer, die auf ihrem Mehrprodukt sitzen bleiben, zu Lasten ihres Akkumulationsanspruchs, ihres kapitalen Verwertungsstrebens geht und, indem er sie so ihres maßgebenden Handlungsmotivs beraubt, die kapitalistische Ökonomie als ganze und mithin auch die durch sie organisierte gesellschaftliche Reproduktion überhaupt in die Krise stürzen oder gar zum Kollaps treiben muss.
Ist angesichts dieser unabsehbar folgenreichen Selbstvereitelung der Strategie, ihrer durch ihren eigenen Erfolg herbeigeführten Aushebelung und Entkräftung, nicht in der Tat das Gebot der Stunde, sie zu revidieren und zu korrigieren und in dieser Absicht zuerst und vor allem jene für die Sackgasse, in die sie sich höchstselbst hineinmanövriert hat, offenbar verantwortliche Bornierung des sie verfolgenden Kapitals auf nicht ins kapitalistische Produktionssystem integrierte, nicht produktiv für das System tätige Konsumentengruppen als für die Realisierung des Werts des Mehrprodukts, das dem Produktionssystem entspringt, vorzugsweise, wo nicht gar ausschließlich zuständige Adressaten abzulegen und angesichts des nachgerade offenkundigen Mangels an solchen Konsumentengruppen, ihrer im globalen Maßstab Ereignis gewordenen Überforderung beziehungsweise Unverfügbarkeit, mit offenem Blick und klarem Auge nach wirklich neuen und in hinlänglicher, der Produktionskapazität und Leistungskraft, die das System mittlerweile erreicht hat, gemäßer Zahl und Aufnahmefähigkeit vorhandenen Käuferschichten Ausschau zu halten? Und braucht es da überhaupt viel Ausschau, um fündig zu werden? Finden sich, recht besehen, jene neuen Käuferschichten nicht direkt vor der Tür oder unmittelbar auf der Schwelle des kapitalistischen Produktionssystems, beziehungsweise treiben sie als quasi lebende Leiche im Keller nicht vielmehr inmitten des Systems, in seinen eigenen vier Wänden, ihr produktives Unwesen?
Schließlich ist Kehrseite oder Komplement der strategischen Bornierung des Kapitals auf in sein System einzubeziehende und mit dem Genuss seiner Früchte zu beglückende Konsumenten von außerhalb der weitestmögliche Ausschluss der innerhalb des Systems befindlichen, zu ihm gehörenden Produzenten vom Genuss der Früchte, damit diese, der Strategie gemäß, jenen Konsumenten von außerhalb zukommen können und für sie verfügbar sind. Wenn nun letztere mangels Masse oder Zahlenstärke beziehungsweise Bedarf oder Fassungskraft die ihnen zugedachte Funktion nicht mehr zu erfüllen vermögen und mithin die Strategie sich in dieser Hinsicht als nicht länger praktikabel erweist, was liegt da näher, als sie auch rücksichtlich ihrer Kehrseite, ihres im weitestmöglichen Ausschluss der Produzenten bestehenden Komplements, fallen zu lassen und ad acta zu legen und durch Hin- oder vielmehr Rückwendung auf die bislang Ausgeschlossenen, durch Einbeziehung der Produzenten in den Genuss der ebenso massenhaften wie mannigfachen Früchte des Systems, ihre Beteiligung an der Konsumentenrolle, das durch die ,,ungeheure Warensammlung", die das System hervorbringt und auswirft, heraufbeschworene Absatzproblem, das jene strategisch ausgesuchten und in Stellung gebrachten Konsumentengruppen von außerhalb nicht mehr zu bewältigen vermögen, einer ebenso bündigen wie raschen Lösung zuzuführen?
Der weitestmögliche Ausschluss des im Zuge der Entfaltung des industriekapitalistischen Produktionssystems wachsenden Produzentenheeres vom Genuss dessen, was das System hervorbringt, seine Degradierung und Nivellierung zu einem auf das für seine produktionsfaktorelle Reproduktion nötige Subsistenzminimum beschränkten Proletariat, hat ja dafür gesorgt, dass jetzt, da im Blick auf die bisherigen Begünstigten und Nutznießer der Früchte des Systems Not am Mann beziehungsweise an der Frau herrscht, Ersatzpersonal für die mit den bisherigen Nutznießerkontingenten nicht mehr ausreichend zu besetzende Konsumentenrolle vorhanden ist und, was gleichermaßen seine demographische Anzahl und sein konsumpraktisches Fassungsvermögen betrifft, jenes bis dahin durch das System kurzgehaltene und in der Tat subsistenzieller Not und sozialer Verelendung ausgesetzte Proletariat bereitsteht, das durch die gewohnte Distributionsstrategie nicht mehr zu bewältigende Absatzproblem im Nu zu lösen, und dass es dafür nichts weiter braucht, als eine Um- und Neuverteilung der ,,ungeheuren Warensammlung", die jene durch das System mittels Lohnarbeit und Arbeitsmarkt systematisch Ausgebeuteten und um die Früchte ihrer Arbeit Gebrachten nunmehr am Konsum teilhaben lässt, sie als Konsumenten ins Kalkül zieht und nutzbar macht.
Das freilich ist leichter gesagt, als getan! Dem Kapital und seinen Betreibern jedenfalls ist eine solche taktische Kehrtwendung, eine solche Abkehr von der seit Anbeginn seiner Karriere verfolgten Wertrealisierungsstrategie, weder zuzutrauen noch abzuverlangen. Wie der Tatsache, dass diese Strategie wesentlich und entscheidend auf Wertrealisierung, auf die Realisierung des in der ,,ungeheuren Warensammlung" verkörperten Werts, seine Überführung in Geld, in als Kapital einsetzbares allgemeines Äquivalent zielt, klar und deutlich zu entnehmen, geht es für das Kapital und seine Betreiber ja nicht um den Absatz der produzierten Güter als solcher, die Veräußerung der Waren um jeden Preis, sind sie nicht einfach darauf aus, die vom Produktionssystem ausgeworfenen Wertverkörperungen unter allen Umständen los zu werden und an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen, sondern sie wollen für die Veräußerung der Waren bezahlt werden, verlangen dafür den Gegenwert in Geldform, als Kapital investierbares allgemeines Äquivalent.
Wie aber sollen die Produzenten diesen Gegenwert in Geldform aufbringen, woher sollen sie das für die Aneignung der Wertverkörperungen, ihre kommerzielle Auslösung, nötige allgemeine Äquivalent nehmen, da ja doch die vom kapitalistischen Produktionssystem von Anfang an verfolgte Strategie gerade darauf abgestellt ist, ihnen, den Produzenten, im Austausch gegen als Arbeitslohn ihnen überlassenes allgemeines Äquivalent via Ausbeutungsrate und Produktivitätssteigerung ein möglichst hohes, für Konsumentengruppen von außerhalb verfügbares Mehrprodukt, ein nach Möglichkeit großes, an andere als seine Produzenten veräußerbares Warenkontingent abzupressen und letztere mithin zielstrebig daran zu hindern, sie systematisch außerstande zu setzen, den Wert dieses Mehrprodukts zu realisieren? So sehr sie quantitativ und qualitativ, nach Zahl und Bedarf, für die Wertrealisierungsrolle die ideale Besetzung darstellen, so sehr fehlt den Produzenten des kapitalistischen Produktionssystems dank der vom Kapital verfolgten Akkumulationsstrategie reell und funktionell, nach Geldvermögen und Kaufkraft, die Eignung hierzu.
Um den lohnarbeitenden Produzenten die, ihren Bedarf an der Konsumentenrolle funktionelle Wirklichkeit gewinnen lassende Eignung für sie zu vindizieren, müsste das Kapital in Gestalt seiner Betreiber von sich aus jene von ihm verfolgte Akkumulationsstrategie revidieren oder jedenfalls Abstriche an ihr machen und einen Teil des mittels des Mehrprodukts, das es durch produktivkräftige Ausbeutung aus den Produzenten herausschlägt, erzielten Mehrwerts, statt ihn in neue, Mehrwert schöpfende Produktionsprozesse zu investieren, in Form von Lohnerhöhungen oder lohnunabhängigen Prämienzahlungen den Produzenten zuwenden, um diese in die Lage zu versetzen, über das Subsistenzminimum hinaus, auf das ihr Arbeitslohn sie beschränkt, konsumtiv tätig zu werden und sich an der Realisierung des Werts des von ihnen geschaffenen Mehrprodukts effektiv zu beteiligen.
So sehr dem gesunden Menschenverstand, der in der gesellschaftlichen Bedürfnisbefriedigung, in der Versorgung der Mitglieder der Gesellschaft mit materialen Gütern und realen Leistungen, die positive Grundlage und zureichende Bedingung des kapitalen Verwertungsprozesses erkennt und anerkennt, dieser Ausweg aus dem durch letzteren heraufbeschworenen umfassenden Wertrealisierungsproblem als eine, weil sie den Zusammenbruch des die gesellschaftliche Reproduktion organisierenden und gewährleistenden kapitalistischen Reproduktionssystems zu verhüten verspricht, sinnvolle Option erscheinen mag, so wenig stellt doch für die kapitale Sachlogik, die den Verwertungsprozess als Selbstzweck, als zirkelschlüssigen Selbstläufer setzt und die in der gesellschaftlichen Reproduktionsaufgabe, an die er sich gebunden zeigt, nichts als eine lästige, weil beschränkende Konditionierung, eine als Negation wirksame Determination gewahrt, diese Problemlösung einen akzeptablen Weg dar, da sie ja dem als prima causa treibenden Prinzip des als Selbstzweck konstituierten kapitalen Verwertungsprozesses, nämlich der ausschließlichen Verwendung und umstandslosen Investition des durch Arbeit geschöpften Werts für und in weitere beziehungsweise neue wertschöpfende Arbeit stracks zuwiderläuft, diametral widerspricht und ihn quasi zunichte macht.
Mag auch beim einzelnen Kapitalisten, bei diesem oder jenem Unternehmer der gesunde Menschenverstand die Oberhand gewinnen beziehungsweise behalten und ihn vermögen, die Rücksicht auf die Bewahrung der gesellschaftlichen Reproduktion vor dem Systemkollaps gegenüber dem rückhaltlosen Akkumulationsanspruch zur Geltung zu bringen und einer die Lohnarbeitenden engagierenden Verwandlung von Investitionsvermögen in Kaufkraft, einer Umverteilung von Kapital auf die Produzenten zum Zwecke ihrer Beteiligung an der Wertrealisierung des von ihnen geschaffenen Mehrprodukts zuzustimmen, aufs Ganze der Profession, des im Gesamt seiner Unternehmer und Betreiber verkörperten Kapitals selbst gesehen, lässt sich solch gesunder Menschenverstand, solche Rücksicht auf die vom kapitalistischen Produktionssystem beherrschte gesellschaftliche Reproduktion weder erwarten noch verlangen, und setzt sich vielmehr die kapitale Sachlogik, das Prinzip einer aller empirischen Zweckbindung an die gesellschaftliche Reproduktion zum Trotz dem Produktionsprozess mit systematischer Rücksichtslosigkeit abgeforderten und mittels Ausbeutungsrate und Produktivitätsentwicklung durchgesetzten maximalen Mehrwertschöpfung, unabweislich durch.
Der Mechanismus, kraft dessen sich die für die Profession maßgebende kapitale Sachlogik gegen den im einzelnen Unternehmer oder Funktionär eventuell wirksamen gesunden Menschenverstand, aufs Ganze gesehen, unfehlbar durchsetzt, ist dabei die Konkurrenz auf dem Markt, der alle gegen alle engagierende Wettstreit um die Realisierung des von den lohnabhängigen Produzenten des jeweiligen industriellen Unternehmens oder Dienstleistungsbetriebs geschöpften Werts – ein Wettstreit, der, zumal je mehr die Wertrealisierung auf einem überfüllten und entsprechend umkämpften Markt zum Problem wird, eine Erhöhung der Arbeitskosten beziehungsweise Minderung des für Investitionen zur Steigerung der Produktivkraft verfügbaren Kapitals, worauf ja die soeben als verständige Problemlösung ins Spiel gebrachte Umverteilung mittels höherer Löhne und lohnunabhängiger Prämienzahlungen nolens volens hinausliefe, kategorisch ausschließt und für das Kollektiv der kapitalistischen Konkurrenten als offenbaren Anschlag auf ihre Konkurrenzfähigkeit, mithin als sicheren Weg ins individuelle Verderben zum Anathema macht.
Die das Gemeinwesen ökonomisch organisierende Macht also, das Kapital selbst in Person seiner Akteure und Funktionäre, kommt für diese, ihrer mit allem Menschenverstand unvereinbaren Sachlogik diametral zuwiderlaufende Lösung des Absatzproblems mittels grundlegender Revision oder jedenfalls nachdrücklicher Kompromittierung der bis dahin verfolgten Akkumulationsstrategie schlechterdings nicht in Betracht. Wer sonst soll aber demnach dafür in Frage kommen, wenn nicht die staatliche Herrschaft, die das Gemeinwesen politisch repräsentierende Instanz, die sich von Anbeginn der das Gemeinwesen aus einem ständischen Gruppenverband in eine bürgerliche Gesellschaft transformierenden kapitalistischen Entwicklung als Problemlöserin vom Dienst etabliert und in Anspruch genommen findet und ebenso reell aus Eigennutz, im Interesse ihrer an den Erfolg des Kapitalprozesses geknüpften Selbsterhaltung, wie formell aus Verantwortlichkeit, aus Sorge um das ihr anvertraute Gemeinwohl, bereitsteht, die sozialen und politischen Probleme, die das Kapital durch die Dynamik seiner Entfaltung, seinen revolutionären Progress heraufbeschwört, zu bewältigen?
Zumal mit dem durch die kapitalprozessuale Dynamik permanent provozierten kommerziellen oder marktstrategischen Problem eines der Produktionskapazität entsprechenden Absatzes, dem in der Distributionsstrategie des Kapitals, seinem Mehrwertrealisierungsverfahren, logischerweise beschlossenen Problem, die für die Güter und Leistungen des Produktionssystems erforderlichen Abnehmer zu finden, ist ja die staatliche Herrschaft, wie bereits ihre frühen, bewusstlos monetaristischen, den Kolonialschatz konsumstrategisch in den Markt einspeisenden Aktivitäten und dann ihre sei's merkantil-kolonialistischen, sei's merkantilistisch-etatistischen, sei's schließlich okkupativ-imperialistischen Maßnahmen und Bemühungen belegen, seit jeher maßgeblich befasst, und was liegt da näher, als dass sie auch jetzt wieder, da eben dieses Problem in der massiv verschärften Form einer durch die gewohnten geographischen, demographischen oder konsumpraktischen Vorgehensweisen nicht mehr zu meisternden Krisensituation wiederkehrt, die Initiative ergreift und ihrem sich eher als eigenwilliger Zauberbesen denn als willfähriger Schaffner gerierenden Wirtschafter, dem Kapital, zu Hilfe eilt.
Freilich ist auch dies leichter gesagt als getan! Bis dahin hat die staatliche Herrschaft ihre Hilfeleistungen ja im Rahmen und unter strikter Respektierung eben jener dem Kapital wesentlichen und für seine Karriere, für den Erfolg des Kapitalisierungsprozesses, entscheidenden Distributionsstrategie erbracht. Stets ist sie mit anderen Worten zur Bewältigung der der Ausbeutungsrate und Produktivität des kapitalistischen Produktionssystems geschuldeten wiederkehrenden Absatzkrisen alias Wertrealisierungsprobleme der dem Akkumulationsanspruch des Kapitals gemäßen grundstrategischen Vorgabe gefolgt und hat für die Rekrutierung neuer, nicht bereits dem kapitalistischen Produktionssystem integrierter und bei ihm in Lohn stehender Käuferschichten beziehungsweise für die Erschließung oder Öffnung fremder, nicht bereits von ihm erfasster und als Outlet genutzter Absatzmärkte Sorge getragen, sei's dass sie das Kapital mit demographischen Maßnahmen und militärischem Flankenschutz bei der kolonialistischen Expansion unterstützt, sei's dass sie ihm mit merkantilistischen und etatistischen Mitteln neue Konsumenten im In- und Ausland zugeführt, sei's dass sie ihm mit imperialistischer Macht und kriegerischer Gewalt ganze Erdteile zu Füßen gelegt und Stück für Stück zum Fraß vorgeworfen hat.
Jetzt hingegen, da all diese im Einklang mit jener kapitalen Distributionsstrategie stehenden Mittel ausgereizt scheinen und zur Errettung des Systems vor seiner eigenen Dynamik und selbstzerstörerischen Effektivität nichts anderes übrig bleibt, als eine veritable taktische Kehrtwendung zu vollziehen und an der Distribution des vom Produktionssystem ausgeworfenen Mehrprodukts, an der Realisierung des durch das Mehrprodukt verkörperten Werts eben die zur proletarischen Klasse, zur Industriearbeiterschaft egalisierten und homogenisierten Lohnarbeitenden zu beteiligen, denen das Mehrprodukt abzupressen und zu entreißen, um die Realisierung seines Werts anderen, über Geld aus systemexternen Quellen verfügenden und durch ihre konsumtive Beteiligung dem System für seine weitere Entfaltung verfügbar machenden Gruppen zu überlassen, doch der einzige strategische Sinn und das ganze Bestreben des als zirkelschlüssiger Selbstzweck funktionierenden kapitalistischen Produktionssystems ist – jetzt also sieht sich die staatliche Herrschaft, wenn sie der Not der generalisierten Absatzkrise gehorcht und die sich daraus ergebende Notwendigkeit eines grundlegenden Wechsels oder jedenfalls einer gründlichen Revision der herrschenden Akkumulationsstrategie akzeptiert, genötigt, den so lange bewährten Einklang mit dem Kapital, wenn nicht zu zerstören, so doch einer veritablen Zerreißprobe zu unterwerfen und, gegen die kapitale Sachlogik den gesunden Menschenverstand herauskehrend, das Kapital zu Zugeständnissen zu zwingen beziehungsweise ihm Kompromissleistungen abzufordern, die ihm ganz und gar gegen den Strich gehen, die seinem innersten Wesen und eigensten Prinzip widerstreiten, jenem Prinzip und Wesen, das in der auf maximale Akkumulation und demzufolge den weitestmöglichen Ausschluss der Produzenten vom Genuss dessen, was sie produzieren, gerichteten und mittels Markt ins Werk gesetzten Distributionsstrategie, die bis dahin ja das Kapital mit rückhaltloser staatlicher Unterstützung verfolgt, seinen authentischen Ausdruck findet.
Die staatliche Herrschaft muss, wenn sie dem industriekapitalistischen System ernsthaft dabei helfen will, sich nicht in Verfolgung der ihm durch seine Sachlogik diktierten Distributionsstrategie eigenhändig zugrunde zu richten, die ihr bis dahin auf den Leib geschneiderte Rolle eines selbst noch in der Gestalt des imperialistisch starken Staates folgsamen politischen Ausführers beziehungsweise bürokratischen Handlangers des Kapitals ablegen und sich die ihr ebenso unvertraute wie neue Funktion eines das Kapital ökonomisch zurechtweisenden beziehungsweise fiskalisch steuernden Einmischers anmaßen. Was die staatliche Herrschaft tun muss, um durch Revision der Distributionsstrategie des Kapitals den einzig noch möglichen Ausweg aus der generalisierten Absatzkrise zu weisen und nämlich eben den industrieproletarischen Produzentenmassen, deren ausbeutungs- und produktivitätsbedingter Ausschluss vom Genuss der von ihnen produzierten Güter und erbrachten Leistungen ja zur Überfüllung der Märkte mit letzteren führt und die Krise heraufbeschwört, nun doch einen Zugang zum Konsum jener Überfülle, jenes pleromatischen Güterkontingents und Leistungsvolumens zu eröffnen und sie so für die Bewältigung der Absatzkrise zu rekrutieren und einsetzbar werden zu lassen – was die staatliche Herrschaft hierfür tun muss, ist, mehr allgemeines Äquivalent, mehr von der Münze des Marktes, in die Hände jener massenhaft Ausgebeuteten gelangen zu lassen, als das Lohnarbeitsverhältnis, ihre mittels Lohnvertrag dem Marktmechanismus unterworfene Teilhabe am Wert ihrer Produkte ihnen zuteilt.
Woher aber soll die staatliche Herrschaft, ohne zu stehlen, dieses den Produzenten zuzuwendende Mehr an allgemeinem Äquivalent, diese ihre zusätzliche Beteiligung an dem durch ihre Arbeit geschöpften Wert nehmen, wenn nicht vom Kapital, von eben dem durch seine menschlich-natürlichen Sachwalter und Funktionäre repräsentierten gesellschaftlich-rechtlichen Aktivum, das es ihnen mittels Lohnarbeitsvertrag, sprich, in Gestalt des von ihnen unentgeltlich geschaffenen Mehrprodukts entzogen und sich durch dessen Veräußerung an Konsumenten von außerhalb des Produktionssystems angeeignet, dem Wertcorpus, als das es figuriert, zugeschlagen und einverleibt hat? Wie, wenn nicht durch teilweise Rückgängigmachung des Expropriationsverfahrens, das mittels Lohnarbeit das Kapital den Produzenten gegenüber zuvor in Anwendung gebracht hat, kurz, durch kompensatorische Umverteilung, sollen letztere in den Besitz jenes zusätzlichen allgemeinen Äquivalents gelangen, das sie brauchen, um über ihre minimale subsistenzielle Teilhabe am Markt hinaus als Konsumenten an der Realisierung des dort in Gestalt von Gütern und Leistungsangeboten amassierten Werts mitzuwirken?
So wahr die vom Kapital mittels Arbeitslohn praktizierte Expropriation der Produzenten, dies, dass ihnen das Kapital den in Form von Gütern und Leistungen von ihnen geschöpften Mehrwert entzieht beziehungsweise vorenthält, in dem Maße, wie es nicht mehr gelingt, den Mehrwert andernorts, sprich, außerhalb der Produktionssphäre als solchen zu realisieren, also die Güter und Leistungen in allgemeines Äquivalent, die Münze des Marktes, zu überführen, die generalisierte Absatzkrise heraufbeschwört, so wahr bleibt, um der Krise Herr zu werden und die Produzenten als Mitwirkende an dem von den traditionellen Konsumenten nicht mehr zu bewältigenden konsumtiven Geschäft ins Spiel zu bringen, der staatlichen Herrschaft gar nichts anderes übrig, als den Produzenten einen Teil des ihnen mittels Arbeitslohn vorenthaltenen beziehungsweise entzogenen Mehrwerts ihrer Arbeit sei's auf dem Wege von Lohnerhöhungen zukommen zu lassen, sei's auf dem Umweg lohnergänzender staatlicher Zahlungen zurückzuerstatten.
Wie sonst aber soll das geschehen, wenn nicht in der Weise, dass die staatliche Herrschaft die expropriierende Macht, das Kapital, sei's mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen, sei's mit sozialpolitischen Mitteln zur Kasse bittet, dass sie mit anderen Worten entweder das Kapital durch die Festsetzung von Mindestlöhnen und die Regulierung von Arbeitsbedingungen zwingt, seine Ausbeutung der Produzenten zu mäßigen und ihnen einen größeren Anteil am Wert des von ihnen Produzierten zu überlassen, oder aber es selber übernimmt, den Lebensunterhalt und die gesellschaftliche Existenz der vom Kapital ausgebeuteten Lohnarbeitenden durch finanzielle Zuwendungen und soziale Leistungen zu verbessern, und die dafür nötigen Mittel auf fiskalischem Weg, sprich, durch eine verstärkte Besteuerung des Kapitals, eine höhere staatliche Beteiligung an den von letzterem erzielten Gewinnen, zu beschaffen.
Indes, so sehr theoretisch die stärkere Beteiligung der vom Kapital ausgebeuteten Produzenten an der Realisierung des Werts der aufgrund ihrer Ausbeutung hervorgebrachten ,,ungeheuren Warensammlung" und die dafür erforderliche direkte oder indirekte Umverteilung von allgemeinem Äquivalent, also die Überführung von kapitaleigenem Investitionsvermögen in den Produzenten zur Verfügung gestellte Konsumkraft, als der einzig mögliche Weg zur Bewältigung der der Ausbeutungsrate und Produktivkraft des Kapitals geschuldeten generalisierten Absatzkrise einleuchten mögen, in praxi tut sich die staatliche Herrschaft schwer mit dieser via regia der Krisenbewältigung und erlangt nur auf Umwegen oder, besser gesagt, durch die Hintertür die Resolution, sie zu beschreiten. Zu lange hat sie als der kapitalen Sachlogik ergebenes willfähriges Ausführungsorgan des Kapitals agiert, als dass sie nun, da von ihr verlangt wird, im wohlverstandenen Interesse des Kapitals und gegen dessen haltlose Prinzipienreiterei gesunden Menschenverstand walten zu lassen und ihrem Auftraggeber und Dienstherrn in die Parade zu fahren, um ihn daran zu hindern, ins offene Messer eben dieses seines blindwütigen Paradierens zu rennen, zu solch eigenmächtiger und nur dialektisch, nämlich als Taktik, die die Strategie außer Kraft setzt, um sie in Kraft zu erhalten, gerechtfertigter Kehrtwendung ohne Weiteres imstande wäre.
Tatsächlich ist die staatliche Herrschaft erst einmal weit entfernt davon, jene taktische Kehrtwendung zu vollziehen, und beeilt sich im Gegenteil, wie oben konstatiert, der gewohnten, von der kapitalistischen Sachlogik diktierten Strategie Folge zu leisten und im Rahmen eben jener für sakrosankt erachteten strategischen Vorgabe des Kapitals die generalisierte Absatzkrise zu meistern. Das heißt, die staatliche Herrschaft sucht der Krise dadurch Herr zu werden, dass sie ihrer jeweiligen Volkswirtschaft durch Schutzzölle und Einfuhrbeschränkungen die für die krisenträchtige Überfüllung des heimischen Güter- und Leistungsmarktes verantwortlich gemachte ausländische Konkurrenz vom Leibe zu halten und so einen privilegierten Zugang beziehungsweise konkurrenzlosen Zugriff auf ihr etabliertes Konsumentencorpus, die Kundschaft im eigenen Land, zu gewährleisten unternimmt.
Weil aber die Nachbarn und volkswirtschaftlichen Konkurrenten dem betreffenden Land diese seine wirtschaftspolitisch-restriktiven Maßnahmen umgehend mit gleicher Münze heimzahlen und entsprechende handelspolitische Restriktionen einführen, die dazu angetan sind, die binnenwirtschaftliche Begünstigung der heimischen Produkte durch die Erschwerung ihres außenwirtschaftlichen Vertriebs zunichte zu machen, findet sich die staatliche Herrschaft in quasi klappmechanischer Konsequenz zu sozialpolitisch-repressiven Eingriffen genötigt, die gegen den gewerkschaftlichen und parteilichen Kampf der zur proletarischen Klasse nivellierten und homogenisierten Lohnarbeiterschaft um höhere Löhne und soziale Verbesserungen gerichtet sind und dem Ziel dienen, durch Senkung oder jedenfalls Deckelung der auf die Arbeitskraft entfallenden industriellen Produktionskosten den heimischen Erzeugnissen einen Preisvorteil gegenüber den Produkten der ausländischen Konkurrenz zu sichern und dadurch den handelspolitischen Restriktionen, denen erstere auf den ausländischen Märkten begegnen, die Spitze abzubrechen oder gar ihre Wirksamkeit zu nehmen.
Mit dieser sozialpolitisch-repressiven Konsequenz, die ihre wirtschaftspolitisch-restriktiven Maßnahmen sie zu ziehen nötigen, erreicht nun freilich die in den Bahnen der traditionellen Distributionsstrategie des Industriekapitals, ihres Auftraggebers und Dienstherrn, wandelnde staatliche Herrschaft das exakte Gegenteil dessen, was oben als das Gebot der Stunde diagnostiziert wurde: Statt die Lohnarbeiterschaft durch Umverteilung von Konsumkraft in den traditionellen Kreis der bürgerlichen und aristokratischen Konsumenten einzubeziehen, sie in einem gewissen Maß in das Wertrealisierungsgeschäft einzuspannen, schafft sie durch ihre restriktiven Maßnahmen im genauen Gegenteil die politische Basis für eine verstärkte oder jedenfalls ungeminderte ökonomische Ausbeutung und Enteignung der Lohnarbeitenden, in der Hoffnung, ihrer Volkswirtschaft dank billiger Arbeitskraft die Produktion von Gütern und Leistungen zu ermöglichen, die preiswert genug sind, um im internationalen Konkurrenzkampf bestehen zu können und trotz der von den Konkurrenten aufgebauten handelspolitischen Hürden auf den ausländischen Märkten ihren Absatz zu finden und auf diese Weise den zur Bewältigung der ausbeutungs- und produktivitätsbedingten Absatzkrise des heimischen Industriekapitals erforderlichen Beitrag zu leisten.
Die Hoffnung indes erweist sich als eitel – nicht zwar, was die Prämisse angeht, wohl aber, was die Konklusion betrifft. So sehr es durch die mittels sozialpolitischer Restriktionsmaßnahmen verstärkte beziehungsweise unvermindert aufrechterhaltene Ausbeutung der Lohnarbeiterschaft gelingen mag, die Absatzchancen heimischer Produkte im internationalen Konkurrenzkampf zu verbessern, so sehr wird diese Verbesserung eben durch das, was sie ermöglicht, durch die verstärkte beziehungsweise kontinuierte Ausbeutung der Lohnarbeiterschaft nämlich, durchkreuzt und wieder zunichte gemacht: Was das Industriekapital durch billige Arbeitskraft und entsprechend niedrige Produktionskosten im Außenhandel an Absatzchancen gewinnt, das büßt es im eigenen Land durch die aus solcher Senkung beziehungsweise Deckelung der Arbeitskosten resultierende Schwächung beziehungsweise Stagnation der von der Masse der Lohnarbeitenden aufgebrachten Kaufkraft in einem so hohen Maße ein, dass die kommerzielle Entlastung, die es sich von den repressiven Eingriffen der staatlichen Herrschaft verspricht, nicht nur zunichte gemacht, sondern ins plane Gegenteil, in vermehrte Absatzprobleme verkehrt wird.
Weit entfernt davon, als erfolgreicher Beitrag zur Bewältigung der generalisierten Absatzkrise des industriekapitalistischen Produktionssystems gelten zu können, sind vielmehr die sozialpolitisch-repressiven Eingriffe, mit denen die staatliche Herrschaft die Mängel ihrer wirtschaftspolitisch-restriktiven Maßnahmen zu kompensieren beziehungsweise deren Zweischneidigkeit abzuhelfen sucht, sonnenklarer Beweis dafür, dass eine Lösung der Krise in Rahmen und nach Maßgabe der bis dahin verfolgten Distributionsstrategie schlechterdings nicht mehr möglich ist und als einziger Ausweg aus dem ausbeutungs- und produktivitätsbedingten Schlamassel, in das sich das Industriekapital hineinproduziert hat, jene der Strategie ebenso sehr empirisch ins Gesicht zu schlagen gezwungene, wie ihr systematisch den Kopf zu retten bestimmte taktische Kehrtwendung einer Einbeziehung der Lohnarbeitenden ins Wertrealisierungsgeschäft mittels lohntariflich direkter oder sozialfürsorglich indirekter Beschränkungen ihrer Ausbeutung bleibt.
Ursprünglich nur als politische Konzession, als sozialpolitische Kompensation für die der Lohnarbeiterschaft zugemuteten Repressionen gedacht, bewähren sich die staatlichen Umverteilungsmaßnahmen durch ihren ökonomischen Entlastungseffekt als Problemlösungsinstrument im Hinblick auf die produktivitätsbedingten Wertrealisierungsprobleme des industriekapitalistischen Systems. Der Staat beginnt die Lohnarbeiterschaft, statt bloß als Hypothek, vielmehr als Bank wahrzunehmen und kündigt dem Kapital die unbedingte strategische Gefolgschaft auf. Freilich tut er das nur im Sinne eines taktischen Manövers, dessen Sinn und Zweck es ist, die kapitale Strategie vor sich selbst zu retten. Den als taktisches Manöver wohlverstandenen Strategiewechsel vollzieht der Staat eher als schleichende Charakterkonversion denn als sprunghafte Sinnesänderung: Wegen des numerischen Übergewichts und der moralischen Überzeugungskraft der sozialistischen Bewegung braucht der Staat nur in seinen repressiven Anstrengungen nachzulassen, um einer Durchdringung der bürgerlichen Gesellschaft mit umverteilungsfreundlich-reformerischem Geist Bahn zu brechen.
Und diesen Weg schlägt nun also die staatliche Herrschaft notgedrungen ein – in Gestalt fürs erste einer gesetzlich kodifizierten Sozialversicherung, die der Industriearbeiterschaft sukzessive, binnen weniger Jahre, staatlich organisierten Schutz gegen die bis dahin verheerenden, weil die Betroffenen jeglicher Subsistenz beraubenden Folgen von Krankheit, Unfällen am Arbeitsplatz und altersbedingter Arbeitsunfähigkeit gewährt und die damit de facto die ökonomisch wirksame Funktion gleichermaßen einer Hebung des Niveaus und einer Sicherung der Kontinuität der Teilhabe der Arbeiterschaft am gesellschaftlichen Konsum und dem mittels seiner betriebenen Wertrealisierungsgeschäft erfüllt.
De facto, wie gesagt, nicht schon de jure! Wie sehr nämlich die staatliche Herrschaft sich der vom Kapital vorgegebenen Distributionsstrategie noch verhaftet und verpflichtet zeigt und wie schwer es ihr fällt, die taktische Kehrtwendung, die aus dem der Strategie geschuldeten Dilemma einer generalisierten Absatzkrise herausführen soll, bewusst und aus eigenem Antrieb zu vollziehen, lässt sich daran ablesen, dass nicht etwa der ökonomische Effekt, sondern anfänglich bloß politische Opportunität die staatliche Herrschaft zu ihrem sozialfürsorglichen Handeln motiviert. Damit, dass sie dem Industrieproletariat von Staats wegen jene materielle Zuwendungen, sprich, die Avancen einer finanziellen Absicherung oder jedenfalls Verbesserung ihres Arbeitslebens und ihres altsersbedingten Ruhestands macht, bezweckt die staatliche Herrschaft eigentlich nur, ihm eine gewisse Kompensation für die ihm im Übrigen von staatlicher Seite zuteil werdende sozialpolitisch-repressive Behandlung angedeihen zu lassen und so den durch eben diese repressive Behandlung, dieses klassenkämpferisch-autoritäre Vorgehen des Staates provozierten sozialen Unwillen und politischen Widerstand paternalistisch, durch einen Beweis staatlicher Anteilnahme und Fürsorge, zu beschwichtigen beziehungsweise zu entkräften.
Unmittelbar sind die von der staatlichen Herrschaft zugunsten der Arbeiterschaft ergriffenen und gesetzlich kodifizierten Fürsorgemaßnahmen bloß als sozialpolitische Konzession gedacht, die der politisch-ökonomischen Repression, die eben diese staatliche Herrschaft um der internationalen Konkurrenzfähigkeit ihres heimischen Industriekapitals willen praktiziert, mehr Akzeptanz, mehr Bereitschaft, sie zu tolerieren, sichern soll, womit sich, oberflächlich betrachtet, diese Maßnahmen ohne Weiteres in ein sozialpolitisches Procedere einzufügen scheinen, das, wenn auch ebenso sporadisch wie unsystematisch, die Industriestaaten sich schon das ganze Jahrhundert hindurch angelegen sein lassen. Tatsächlich bilden sozialpolitische Konzessionen an die proletarische Klasse, wie etwa die Gewährung gewerkschaftlicher Koalitionsrechte, die gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit für Kinder und Frauen und später auch für die männliche Arbeiterschaft, die Regulierung industrieller Arbeitsbedingungen zwecks Verhütung von Unfällen, Krankheiten und Seuchen oder die Schaffung einer kommunalen Armenfürsorge und Institutionalisierung eines Minimums an schulischer Erziehung und Ähnliches mehr, schon lange, wenn auch keinen festen Bestandteil der ständigen Tagesordnung, so doch ein wiederkehrendes Element des wechselnden Repertoires staatlichen Handelns.
Mit diesen ebenso sporadisch wie unsystematisch gemachten sozialpolitischen Konzessionen an die proletarische Klasse entspricht beziehungsweise genügt, wie weiter oben, anlässlich unserer Stellenbeschreibung des konstitutionell-monarchischen Amtes, ausgeführt, die staatliche Herrschaft nur der regulativ-korrektiven Aufgabe eines Verfassungsrichters, die sie neben der ihr von der bürgerlichen Gesellschaft übertragenen Rolle des konstitutiv-affirmativen Verfassungshüters und der Funktion des reaktiv-repressiven Verfassungsschützers wahrzunehmen hat und die im Wesentlichen darin besteht, Auswüchsen der ökonomischen Praxis, Übertreibungen der kapitalistischen Ausbeutung zu wehren, die allzu krass und gravierend und deshalb besonders geeignet sind, sozialen Unwillen zu erregen und politischen Widerstand zu schüren, sprich, die von solcher Praxis Betroffenen, von solcher Ausbeutung Heimgesuchten die politische Konfrontation suchen zu lassen oder gar auf die Barrikaden zu treiben.
Freilich gibt es, schaut man genauer hin, einen ebenso leicht erkennbaren wie schwer wiegenden Unterschied zwischen den bis dahin gemachten Konzessionen und den neuen, unter das Schlagwort Arbeiterversicherung zu subsumierenden Zugeständnissen – ein Unterschied, der in Kurzfassung darin besteht, dass es sich bei ersteren um eine Belohnung für erfolgreich geleistete Dienste, bei letzteren hingegen um eine Entschädigung für nutzlos oder gar kontraproduktiv angetanen Tort handelt. Die bis dahin von Staats wegen der proletarischen Klasse gewährten Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen und Erleichterungen ihrer sozialen Lage sind Gratifikationen für eine Ausbeutungspraxis, die sich dank der sei's merkantil-kolonialistisch, sei's imperial-militaristisch, sei's schließlich global-imperialistisch flankierenden beziehungsweise unterstützenden Aktivitäten des Staates bezahlt macht und dem Kapital die gewünschte Akkumulation sichert und die es deshalb der staatlichen Herrschaft, ohne dass sie ihrem Kompagnon, dem Kapital, zu nahe tritt und es gar mit ihm verdirbt, erlaubt, um der Vermeidung gewaltsamer sozialer Konfrontationen und offener politischer Konflikte willen kleinere Korrekturen an ihr und der durch sie heraufbeschworenen klassengesellschaftlichen Schieflage vorzunehmen und die durch letztere besonders Betroffenen und über die Maßen Beeinträchtigten um ein Weniges zu entlasten.
Die neuen per Sozialversicherung gemachten Konzessionen hingegen sind Kompensationsleistungen für eine verschärfte Ausbeutungspraxis, deren Verschärfung ihren Grund darin hat, dass jene flankierenden beziehungsweise unterstützenden Maßnahmen zur Gewährleistung der Rentabilität der vom Industriekapital entfalteten produktiven Aktivitäten nicht mehr verfangen und dass auch die wirtschaftspolitisch-restriktiven Maßnahmen, die in ihrer Verlegenheit die staatliche Herrschaft ergreift, um wenigstens dem Industriekapital der eigenen Volkswirtschaft aus der Not der durch seine produktiven Aktivitäten heraufbeschworenen generalisierten Absatzkrise zu helfen, sich als hoffnungslos zweischneidig erweisen und ebenso viel Schaden anrichten wie Nutzen bringen. Dabei stellt sich die verschärfte Ausbeutungspraxis, die jene Konzessionen zu kompensieren dienen, ihrerseits als unwirksam heraus, insofern bei den durch sie in Anschlag gebrachten sozialpolitisch-repressiven Maßnahmen, nicht anders als bei den wirtschaftspolitisch-restriktiven Maßnahmen, deren Mangel sie abhelfen soll, die unverhofften negativen Folgen dem erwünschten positiven Effekt die Waage halten, der Schaden den Nutzen aufwiegt, wo nicht gar übertrifft.
Anders als die früheren staatlichen Konzessionen an die proletarische Klasse erweisen sich demnach die neuen, der Industriearbeiterschaft per Sozialversicherung gemachten Zugeständnisse nicht als aus den Gewinnen, die der Ausbeutungspraxis entspringen, leicht zu bestreitende Gratifikation, sondern als bloße, ungeachtet des vergeblichen Versuchs, dem Industriekapital durch eine verschärfte Ausbeutung seine Gewinne zu sichern, zu zahlende Kompensation, kurz, nicht als Belohnung für ein erfolgreiches Beginnen, sondern als Entschädigung für ein verfehltes Unterfangen. Von daher gesehen, sind sie nichts weiter als sonnenklarer Beweis der Tatsache, dass unter den gegebenen Bedingungen der ausbeutungs- und produktivitätsbedingt generalisierten Absatzkrise alle im Rahmen der herkömmlichen Distributionsstrategie des Kapitals sich haltenden staatlichen Bemühungen um einen ungestörten Ablauf des Akkumulationsprozesses zum Scheitern verurteilt und nur geeignet sind, die Absatzkrise, die sie bewältigen sollen, zu prolongieren oder gar zu eskalieren, dass mithin alle für solch staatliche Bemühungen beziehungsweise für die Kompensation des sozialen und politischen Unheils, das sie anrichten, aufgewandten Etatmittel zum offenen Fenster einer mittlerweile unhaltbaren Strategie hinausgeworfenes Geld sind.
Oder vielmehr wären die per Sozialversicherung der Arbeiterschaft gemachten politisch motivierten Zugeständnisse nichts weiter als das, hätten sie nicht diesen, von der staatlichen Herrschaft unmittelbar gar nicht beabsichtigten, ökonomischen Effekt, die der Absatzkrise, statt ihr entgegenzuwirken, vielmehr in die Hände spielenden negativen Folgen der ergriffenen sozialpolitisch-restriktiven Maßnahmen, das ökonomische Unheil, das letztere anrichten, wiedergutzumachen oder jedenfalls abzumildern.
Was die in Gestalt einer antisozialistischen Gesetzgebung ergriffenen sozialpolitisch-restriktiven Maßnahmen, die auf eine Stärkung der Konkurrenzfähigkeit und entsprechend verbesserte Absatzchancen heimischer Industrieprodukte im Ausland zielen, in unseliger Reziprozität bewirken, ist eine Reduktion oder zumindest Stagnation des Lohnniveaus der von den Maßnahmen betroffenen Arbeiterschaft und mithin eine Schwächung ihrer Kaufkraft, sprich, Minderung ihres Beitrags zum Wertrealisierungsgeschäft, womit denn die Vorteile, die jene Maßnahmen der heimischen Produktion im Außenhandel verschaffen, durch die Nachteile, die im Binnenhandel aus ihnen resultieren, aufgehoben oder gar ins Gegenteil verkehrt werden.
Und was demgegenüber die sozialpolitischen Zugeständnisse und subsistenziellen Zuwendungen, die per Sozialversicherung die staatliche Herrschaft der Arbeiterschaft aus primär politischen Gründen, sprich, um sie dem ihr durch jene Maßnahmen angetanen ökonomischen Tort zum Trotz, zum Stillhalten zu bewegen, macht – was diese sozialpolitischen Zugeständnisse in unmittelbar gar nicht beabsichtigter ökonomischer Konsequenz bewirken, ist eine Stärkung beziehungsweise Verstetigung der proletarischen Kaufkraft und mithin eine Reparatur, wo nicht gar Heilung des durch jene Maßnahmen auf dem Binnenmarkt angerichteten Schadens, womit denn also auf der Hand liegt, dass unter den gegebenen Umständen der generalisierten Absatzkrise nicht die Beibehaltung der alten, auf weitestmögliche Kapitalakkumulation, auf maximale Verwertung gerichtete Distributionsstrategie, sondern die sie revidierende beziehungsweise modifizierende Taktik einer mit Augenmaß durchgesetzten Umverteilung, einer maßvollen Beteiligung der bis dahin maßlos ausgebeuteten Produzenten am konsumtiven Geschäft, und einer auf diese Weise erreichten Verwandlung von Kapital in Kaufkraft, von Investitionsvermögen in Konsumtionspotenzial, allein noch verspricht, eben jener generalisierten Absatzkrise wenn nicht Herr zu werden, so zumindest doch entgegenzuwirken, wo nicht gar Einhalt zu gebieten, und die Spitze ihrer imminenten, mit dem Zusammenbruch des ganzen Produktionssystems drohenden Virulenz abzubrechen.
Es ist diese Erfahrung des therapeutischen Effekts, des wenn nicht überhaupt gesundmachenden, so jedenfalls doch krankheitslindernden ökonomischen Einflusses, den die ursprünglich nur politisch motivierten Zugeständnisse an die Industriearbeiterschaft beziehungsweise Zuwendungen an sie auf die Probleme einer von ihrer eigenen Ausbeutungsrate und Produktivität überforderten und in die Sackgasse einer Wertschöpfung, mit der die Wertrealisierung partout nicht mehr Schritt zu halten vermag, getriebenen industriekapitalistischen Wirtschaft ausüben, was die staatliche Herrschaft schließlich dazu bringt, dem Kapital die unbedingte Gefolgschaft, die sie ihm in Sachen Distributionsstrategie bis dahin geleistet hat, aufzukündigen und jene taktische Kehrtwendung zu vollziehen, durch die zum ersten Mal seit Beginn des manufakturellen beziehungsweise industriellen Kapitalisierungsprozesses die in Kapitaldiensten Lohnarbeitenden nicht mehr nur als volkswirtschaftliche Hypothek, nämlich als die Mehrwertschöpfung belastender Produktions- und Kostenfaktor, sondern auch und im Gegenteil als volkswirtschaftliche Bank, nämlich als die Wertrealisierung befördernde Konsumenten- und Abnehmerschicht, ins Blickfeld rücken oder, besser gesagt, ins Kalkül gezogen werden.
Aufkündigung der unbedingten strategischen Gefolgschaft, die bis dahin die staatliche Herrschaft dem Kapital geleistet hat, ist diese taktische Kehrtwendung deshalb, weil sie, wie gesagt, eine Umverteilung, eine direkt oder indirekt, durch tarifliche Verbesserungen des Lohnniveaus oder fiskalische Zuwendungen an die Lohnempfänger, bewirkte Überführung von Produktionsvermögen in Konsumtionsmittel, von Kapital- in Kaufkraft erfordert und insofern dem auf maximale Akkumulation gerichteten kapitalen Interesse zuwiderläuft, einen diametralen Verstoß gegen die in der traditionellen Distributionsstrategie verkörperte kapitale Logik darstellt.
Weil sich diese kapitale Logik aber mittlerweile als außerstande erweist, der durch ihre strikte Anwendung heraufbeschworenen Absatz- alias Wertrealisierungsprobleme Herr zu werden, und weil sich demgegenüber der als Sozialversicherungsgesetzgebung firmierende korrektive Eingriff in jene vom Staat im Auftrag des Kapitals sogar noch forcierte Distributionsstrategie, den die staatliche Herrschaft ursprünglich nur aus politischen Gründen vornimmt, als ein Akt nicht bloß der sozialen, sondern auch und mehr noch der ökonomischen Vernunft herausstellt und nämlich im Blick auf die Bewältigung besagter Wertrealisierungsprobleme eine unverhoffte Wirksamkeit beweist, nimmt sich die staatliche Herrschaft nun also die Freiheit, dieser sich dank der ökonomischen Nebenwirkung, die sie zeitigt, als probate Methode zur Sicherung des wirtschaftlichen Gedeihens nicht weniger als zur Erhaltung des gesellschaftlichen Friedens aufdrängenden sozialen Vernunft auch weiterhin und in wachsendem Maße zu frönen und selbst gegen den Willen ihres kapitalen Auftraggebers und Patrons, besser gesagt, gegen dessen als kapitale Logik kodifizierten Instinkt, korrigierend in die herrschende Distributionsstrategie einzugreifen und mittels direkter, arbeitsvertraglich-tariflicher und indirekter, sozialpolitisch-staatlicher Verbesserungen der finanziellen Verhältnisse und subsistenziellen Lage der proletarischen Klasse für deren verstärkte Beteiligung am Wertrealisierungsgeschäft zu sorgen und sie als mit mehr als dem Subsistenzminimum abgespeiste Konsumentin ins Spiel zu bringen, um so eine Erhöhung der gesamtgesellschaftlichen Kaufkraft und eine entsprechende Entspannung auf dem mit der Realisierung der Werte, die das Kapital kraft der Lohnarbeit der proletarischen Klasse schöpft, befassten Markt erzielen.
Solche Freiheit sich zu nehmen und der kapitalen Logik im stillschweigenden Interesse, wo nicht gar im erklärten Namen sozialer Vernunft Trotz zu bieten, fällt der staatlichen Herrschaft, die ja in all ihren seit der Machtergreifung des Kapitals ausgebildeten Erscheinungsformen als absolutistische, republikanische, militaristische, konstitutionalistische oder imperialistische Einrichtung wenn schon keine vom Kapital gesetzte und frei erfundene Kreatur, so jedenfalls doch ein von ihm getragenes und ausgehaltenes Faktotum ist, denkbar schwer und geht ihr, der die kapitale Distributionsstrategie und die ihr zugrunde liegende Logik längst in Fleisch und Blut übergegangen ist, kaum weniger gegen den Strich als dem Kapital selbst. Wenn sie dennoch die dafür nötige Willenskraft und Entschlossenheit aufbringt, dann nur dank der Überzeugung oder vielmehr Gewissheit, dass sie mit eben jenem Trotz, den sie der kapitalen Distributionsstrategie bietet, letztere vor dem Verderben rettet und am Leben erhält, dass sie also damit, dass sie der jener Distributionsstrategie zugrunde liegenden Logik zuwider handelt beziehungsweise ins Handwerk pfuscht, dieser bloß erlaubt, sich weiterhin als solche zu behaupten, und sie davor bewahrt, den Offenbarungseid ablegen, sich als ihre vorgebliche Rationalität Lügen strafender schierer Irrsinn bekennen zu müssen.
Weit entfernt davon, die dem Kapital am Herzen liegende oder, besser gesagt, den Verstand seines Daseins bildende Distributionsstrategie grundsätzlich in Frage zu stellen und ihr als solcher den Prozess zu machen, stellt die als Umverteilungsprogramm wirksame Sozialpolitik der staatlichen Herrschaft ja nur ein taktisches Manöver dar, dessen Sinn und Zweck es ist, die Strategie vor sich selbst zu retten und zu verhindern, dass sie ihrer eigenen Kompromisslosigkeit und Prinzipienreiterei zum Opfer fällt und dass sie es nämlich in einer Situation, in der die von ihr entfesselte industrielle Wertschöpfung die durch sie gesteuerte kommerzielle Wertrealisierung an die Grenze ihres Leistungsvermögens führt und definitiv überfordert, an jener Flexibilität und Anpassungsfähigkeit fehlen lässt, die nötig ist, um sie, die Strategie, aus einem den Kapitalprozess initial treibenden unbedingten Wachstumsimpuls in eine das kapitalistische System dauerhaft speisende bedingte Lebensenergie zu überführen, sprich, das in ihr abstrakt bestehende und mit ihr um jeden Preis verfolgte ideale Prinzip des kapitalen Subjekts zu einer durch sie konkret verkörperten und von ihr nach Möglichkeit geltend gemachten reale Methode des kapitalistischen Systems fortzuentwickeln.
Zu dieser motivationalen Exkulpation der staatlichen Herrschaft, dass es sich bei ihrer Abweichung von dem ihr vom Kapital vorgezeichneten strategischen Tugendpfad in Wahrheit nur um eine dem letzteren Perspektive und Haltbarkeit vindizierende beziehungsweise erhaltende taktische Unterstützungsmaßnahme handelt, kommt aber noch der prozessual erleichternde Umstand hinzu, dass sich die staatliche Herrschaft zu jener der Strategie des Kapitals wenn auch beileibe nicht der Zielsetzung, so doch aber offensichtlich der Vorgehensweise nach diametral widerstreitenden Taktik gar nicht willentlich verstehen oder wissentlich bekennen muss, sondern dass es, um letztere ins Werk zu setzen, genügt, die proletarische Klasse von den über sie verhängten sozialpolitischen Restriktionen zu befreien, sie von dem auf sie ausgeübten juristischen, bürokratischen und militärischen Druck zu entlasten, um sodann die Dinge ihren durch das parlamentarische System auf Basis eines allgemeinen Wahlrechts vorgezeichneten und in diesem Sinne als selbstläuferische Entwicklung, als Folge schieren Sachzwangs erscheinenden Lauf nehmen zu lassen.
Weit entfernt davon also, dass die staatliche Herrschaft jene taktische Kehrtwendung in Sachen Distributionsstrategie, die sie durch ihre nur erst politisch motivierte Sozialgesetzgebung initiiert, als das ökonomisch wirksame Korrekturverfahren, als das sie sich erweist, in eigener Person und Regie kontinuieren und die institutionelle Bedeutung einer patenten volkswirtschaftlichen Sanierungsmethode gewinnen lassen müsste, weit entfernt davon mit anderen Worten, dass sie jene zur Lösung des chronischen Absatzproblems der industriekapitalistischen Produktion erforderte Einbeziehung der lohnarbeitenden Bevölkerung ins konsumtive Geschäft mittels Transformation von Kapital in Kaufkraft bewusst betreiben und höchstselbst verantworten müsste, kann sie das den meinungsbildnerischen und gesetzgeberischen Prozessen der bürgerlichen Gesellschaft selbst beziehungsweise den die letzteren lenkenden und regelnden politischen und parlamentarischen Mechanismen überlassen und braucht, um diese Prozesse ihren Gang nehmen beziehungsweise die sie steuernden Mechanismen ihr Werk verrichten zu lassen, nichts weiter zu tun, als sich zurückzunehmen und ihre Überwachungs- und Unterdrückungsbereitschaft zu zügeln, sprich, ihren Anspruch auf bürokratische Kontrolle der bürgerlichen Öffentlichkeit im Allgemeinen und auf politische Repression der gewerkschaftlichen und parteilichen Aktivitäten der proletarischen Klasse im Besonderen wenn nicht überhaupt aufzugeben, so doch aber maßgeblich zu reduzieren.
Sobald und in dem Maße, wie die staatliche Herrschaft das tut, wie sie ihre sozialpolitisch-repressiven Maßnahmen zurücknimmt und die proletarische Klasse nebst den mit ihr sympathisierenden sozialreformerisch-linksliberalen bürgerlichen Gruppen gewähren und sich organisatorisch, publizistisch und agitatorisch frei betätigen lässt, füllen sich ganz ohne ihr Zutun und quasi hinter ihrem Rücken, allein aufgrund des durch das numerische Übergewicht und die moralische Überzeugungskraft der in die Meinungsbildungsprozesse und Entscheidungsfindungsstrukturen der bürgerlichen Gesellschaft Eingang und Aufnahme Findenden, die Reihen zuerst der bürgerlichen Öffentlichkeit, sodann der parlamentarischen Gremien und schließlich sogar des staatlichen Apparats mit Vertretern und Sympathisanten, Betreibern und Befürwortern einer Fortsetzung und Ausweitung jener um des politischen Friedens willen von der staatlichen Herrschaft selbst initiierten und aber, wie sich zeigt, nicht weniger für die ökonomische Gesundheit der Volkswirtschaft nützlichen als für den politischen Frieden des Vaterlands nötigen sozialreformerischen Umverteilungsmaßnahmen.
Diese zuerst die bürgerliche Öffentlichkeit und dann die staatlichen Einrichtungen, die sich aus ihr rekrutieren, zunehmend durchdringenden und beeinflussenden Repräsentanten und Advokaten der mit der sozialpolitischen Initiative der Bismarckschen Arbeiterversicherung im objektiv rechten, ökonomischen Geiste, wenn auch noch aus den subjektiv falschen, weil nur erst politischen Beweggründen eingeleiteten sozialreformerischen Reorientierung bieten die Gewähr dafür, dass sich im öffentlichen Raum und im staatlichen Überbau der bürgerlichen Gesellschaft des ausgehenden Jahrhunderts den bis dahin das Gesamtspektrum des nationalen Bewusstseins beanspruchenden konservativen und liberalen Kräften ein wachsendes sozialistisches oder vielmehr – nach Maßgabe der Einlassung auf und Anpassung an das konstitutionell-parlamentarische System, zu der sich die sozialistische Bewegung dabei versteht – sozialdemokratisches Element beigesellt und sich neben ihnen beziehungsweise in ihrer Mitte zur Geltung bringt, mit dem Ergebnis, dass jene sozialreformerische Reorientierung, die der von der Distributionsstrategie des Kapitals zutiefst indoktrinierten und geprägten staatlichen Herrschaft so entschieden gegen den Strich gehen muss, als schleichende Charakterkonversion, statt als sprunghafte Sinnesänderung vor sich gehen kann, dass, genauer gesagt, dank des Wandlungsprozesses, den aufgrund der Zurücknahme sozialpolitisch-antisozialistischer Repression die bürgerliche Öffentlichkeit und in der demokratisch-parlamentarischen Konsequenz auch der staatliche Apparat durchlaufen, die in taktischer Abkehr von der kapitalistischen Distributionsstrategie ergriffenen und nach und nach die Züge einer systematischen Sozialreform annehmenden Umverteilungsmaßnahmen statt als Resultat schieren, von einer anders gesinnten staatlichen Herrschaft kalten Gemütes eingesetzten ökonomischen Kalküls, vielmehr als Frucht einer von der staatlichen Herrschaft im besten Einklang mit dem sozialen Gewissen, das sie sich mittlerweile zugelegt hat, stehenden politisch-ökonomischen Weitsicht zu firmieren vermögen.
Dass hierbei das neugegründete und ebenso überstürzt wie verspätet Anschluss an den Entwicklungsstand der etablierten europäischen Industriemächte gewinnende Deutsche Reich den Vorreiter macht, erklärt sich aus seiner oben angegebenen besonderen handelspolitischen Zwangslage: Weil es die imperialistische Wendung der letzteren zwar nicht überhaupt versäumt, wohl aber ihr eine andere Wendung geben und ihren politischen Impetus nämlich nutzen muss, um seine eigene Gründung ins Werk zu setzen, sprich, die mitteleuropäischen Territorien deutscher Sprache als einheitlichen Wirtschaftsraum zu erschließen und im Sinne eines Imperialismus nach innen mit direktorisch-bürokratischen Mitteln in ein dem industriekapitalistischen Zugriff offen stehendes Betriebsgelände zu transformieren, fehlen ihm, als nicht zuletzt dank seines Hinzutritts die industriellen Wertschöpfungsprozesse das kommerzielle Wertrealisierungssystem überfordern und zu einer krisenträchtigen Überfüllung der Märkte führen, die kolonialen Outlets und billigen Rohstoffquellen, die seinen stricto sensu imperialistischen Konkurrenten zur Verfügung stehen und ihnen ermöglichen, die grassierenden Absatzkrisen auf dem europäischen Markt für die eigene Volkswirtschaft zu überbrücken oder jedenfalls abzumildern.
Das Deutsche Reich bekommt deshalb die durch jene industriekapitalistischen Absatzkrisen hervorgerufenen Störungen und Einbrüche in der industriellen Produktion mitsamt ihren aus Konkursen und Arbeitslosigkeit resultierenden sozialen Folgen unmittelbarer und akuter zu spüren als die Konkurrenten und sieht sich rascher als jene getrieben, die oben geschilderten wirtschaftspolitisch-restriktiven und in der Folge sozialpolitisch-repressiven Maßnahmen zu ergreifen, die zwar, was die durch sie zu bewältigenden Absatzkrisen betrifft, weitgehend unwirksam bleiben, wo nicht gar kontraproduktiv ausfallen, dafür aber die staatliche Herrschaft zu jener als Bismarcksche Arbeiterversicherung überlieferten bahnbrechenden sozialpolitischen Kompensationsleistung nötigen, die sich, ungeachtet ihrer ursprünglich nur politischen Motivation, als ökonomisch effektiver und zur Bewältigung jener Absatzkrisen tauglicher erweisen als sie, die zuvor getroffenen restriktiven Vorkehrungen und ergriffenen repressiven Maßnahmen, zusammengenommen – weshalb denn auch die staatliche Herrschaft diese ihre sozialpolitische Kompensationsleistung als Schiboleth erkennt und zum Ausgangspunkt einer wenngleich eher von ihr geduldeten als betriebenen, eher im Modus einer passiven Charakterkonversion als im Duktus einer aktiven Sinnesänderung vollzogenen sozialreformerisch-gründlichen Reorientierung werden lässt, deren Kernpunkt die beschriebene taktische Abkehr von der bis dahin unbedingt herrschenden kapitalen Distributionsstrategie und eine gesetzlich erzwungene beziehungsweise staatlich geleistete Umverteilung, sprich, eine geplante Einbeziehung der bis dahin zwecks industrieller Wertschöpfung ausschließlich Ausgebeuteten ins Geschäft der Realisierung des von ihnen geschöpften Werts, kurz, ihre gezielte Beteiligung am Konsum bildet.
Das Deutsche Reich also geht wegen seiner mangels kolonialer Absatzmärkte und Rohstoffquellen besonders akuten und dringlichen Wertrealisierungsprobleme bei jener taktischen Kehrtwendung in Sachen Distributionsstrategie, jener sozialreformerisch-staatlichen Umverteilungspolitik, mit gutem Beispiel voran, was freilich nicht bedeutet, dass letzteres nicht tut, was gute Beispiele zu tun berufen sind, nämlich Schule macht, und dass nicht die industriekapitalistischen Konkurrenten, die anderen europäischen Industriemächte, dem Deutschen Reich bald schon auf seinem sozialreformerischen Weg folgen und durch einen von liberalen oder radikaldemokratischen Regierungen, die im Zuge der chronischen Krise an die Macht gelangen, der sozialistischen Bewegung offen oder stillschweigend eingeräumten größeren Einfluss auf politische Programme und Gesetzesinitiativen im Allgemeinen und mittels arbeits-, lohn- und steuerpolitischer Reformen im Besonderen ebenfalls jene als Umverteilung apostrophierte finanzielle und soziale Besserstellung der lohnarbeitenden Klasse betreiben, deren politisch erklärter Sinn der soziale Ausgleich und die Beilegung des Klassenkonflikts ist, als deren ökonomisch entscheidender Zweck aber die Bewältigung der ausbeutungs- und produktivitätsbedingt chronischen Absatzkrise gelten kann, die das industriekapitalistische Produktionssystem vor den Fall seines ganz und gar selbstgewirkten Scheiterns zu bringen droht.
Vor dieser Absatzkrise, der ja der fortschreitende Produktivitätszuwachs und die anhaltende Ausbeutungsrate des industriekapitalistischen Produktionsprozesses immer wieder Nahrung zuführt beziehungsweise immer neue Virulenz verleiht, können unter Bedingungen der traditionellen Distributionsstrategie auch die kolonialen Märkte, die ihr Imperialismus der heimischen Volkswirtschaft zugänglich macht, die etablierten Konkurrenten des kontinentalen Emporkömmlings auf Dauer nicht bewahren, und so bleibt auch ihnen gar nichts anderes übrig, als dessen Beispiel zu folgen und jene vom Geiste eines Sozialismus, der sich nach Maßgabe seiner Adaption gleichermaßen durch und an die Staatsräson sozialdemokratisiert, inspirierte oder jedenfalls instruierte taktische Kehrtwendung zu vollziehen, die der strukturell bedingten und nämlich der kapitalen Strategie der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums geschuldeten chronischen Absatzkrise durch eine staatlich initiierte und organisierte Modifikation des Verteilungsschemas beizukommen, sprich, durch die allmähliche Einbeziehung der proletarischen Klasse in den bürgerlichen Konsum, ihre mittels – wie immer bescheidener – Umverteilungsmaßnahmen ermöglichte Beteiligung am Genuss der aus ihrer Lohnarbeit geschöpften Früchte, den Stachel zu ziehen sucht.
Politisch und ökonomisch wirkt sich die aus der staatlichen Umverteilungspolitik resultierende Infiltrierung der bürgerlichen Öffentlichkeit und Gesetzgebung mit sozialdemokratischem Geist und sozialreformerischem Elan segensreich aus. Mehr allerdings als eine Verlangsamung und Verstetigung des industriekapitalistischen Akkumulationsprozesses vermag die sozialreformerische Umverteilungspolitik nicht zu erreichen. Ginge sie zu weit, sie hintertriebe die Realisierung des Mehrwerts als Mehrwerts und beraubte den industriekapitalistischen Prozess des maßgebenden kommerziellen Motivs, seines Akkumulationsanspruchs. Tatsächlich verschafft sie dem Kapital nur Zeit und Spielraum für die Schaffung neuer Marktlücken und die Erfindung verbesserter Absatzmethoden in einer Situation, in der die Öffnung neuer Märkte und die Erschließung vermehrter Absatzchancen nicht länger gangbare Optionen darstellen.
So geschieht es denn, dass in den industriekapitalistischen Staaten Europas das Jahrzehnt vor und das nach der Jahrhundertwende allenthalben von mehr oder minder markanten staatlich-sozialreformerischen Bemühungen um eine ebenso maßvolle wie mähliche Revision der überkommenen kapitalen Distributionsstrategie, will heißen, um eine Dispensation der zum Proletariat egalisierten und homogenisierten industriellen Lohnarbeiterschaft vom Los einer ausschließlich subsistierenden Menschenklasse und ihren wie auch immer beschränkten Einschluss in die Sphäre des konsumierenden Bürgertums, ihre wie auch immer bescheidene Teilhabe an den Segnungen des von ihrer Arbeit lebenden Produktionssystems, geprägt sind. Die ökonomische Entlastung, die sich die staatliche Herrschaft von dieser taktischen Revision der überkommenen Strategie verspricht, stellt sich ebenso postwendend ein wie der politische Erfolg, den sie sich von ihr erhofft.
Politisch kommt es zu einer Art Burgfrieden mit der proletarischen Klasse beziehungsweise mit den sie repräsentierenden Parteien und Gewerkschaften, der von ihr getragenen sozialistischen Bewegung. Die behält zwar den Revolutionsanspruch, die Option auf eine Abschaffung des in Privathand befindlichen produktiven Eigentums und der die gesellschaftliche Arbeit zu dessen faktorellem Moment verdinglichenden und ihm so in die Hände arbeitenden Lohnabhängigkeit, formell bei, verwandelt reell aber diese Option, indem sie von ihr fortlaufend den Gebrauch eines Drohpotenzials und Druckmittels zur Durchsetzung sozialreformerischer Forderungen im Sinne gesetzlicher Neuregelungen und tariflicher Verbesserungen macht, zunehmend aus einer systemnegierenden Bestimmung in ein systemreformierendes Vorhaben, aus einer auf die Liquidation der bürgerlichen Gesellschaft durch eine grundlegend neue Form kommunaler Vergesellschaftung zielenden Perspektive in einen auf die Adaption der bürgerlichen Gesellschaft an soziale Bedürfnisse und Belange, die sie bis dahin vernachlässigt beziehungsweise missachtet hat, gerichteten Prospekt.
Und ökonomisch wirkt sich die von der staatlichen Herrschaft quasi ohne eigenes Zutun, nämlich einfach dadurch, dass sie ihren bisherigen sozialpolitischen Repressionskurs aufgibt, die Selektions- und Direktionsmechanismen der repräsentativ-parlamentarischen Demokratie ungehindert zum Zuge kommen lässt und so den Weg für eine Infiltrierung der bürgerlichen Öffentlichkeit und Gesetzgebung mit sozialdemokratischem Geist und sozialreformerischem Elan öffnet – ökonomisch also wirkt sich diese von der staatlichen Herrschaft weniger betriebene, als bloß zugelassene taktische Revision der überkommenen Strategie im Sinne einer, wenn schon nicht Bewältigung, so jedenfalls doch Entschärfung der bis dahin grassierenden Absatzkrise, der dem industriekapitalistischen Produktionssystem immer neu aufstoßenden Wertrealisierungsprobleme aus.
Indem jene sozialreformerische Politik in einer kapitales Investitionsvermögen in soziale Konsumkraft überführenden Umverteilung resultiert, sprich, auf eine Erweiterung des Kreises der in den Genuss der Früchte des Systems gelangenden Konsumenten beziehungsweise auf eine Stärkung ihrer Kaufkraft hinausläuft, erzielt sie, was die produktivitäts- und ausbeutungsbedingten Absatzprobleme des Systems betrifft, einen in doppelter Hinsicht heilsamen Effekt: Sie ermöglicht den Abbau vom Produktionssystem angehäufter Warenberge, den Absatz bereits vom System produzierter und wegen der im Rahmen der traditionellen Distributionsstrategie unzulänglichen Nachfrage nicht als Werte zu realisierender Güter, und sorgt zugleich, weil sie ja Investitionsvermögen in Kaufkraft transformiert, für eine Abschwächung der Produktionsdynamik, eine Verlangsamung des produktivitäts- und ausbeutungsbedingt in einer immer umfangreicheren und vielfältigeren Warensammlung resultierenden industriekapitalistischen Produktionsprozesses.
Die von der staatlichen Herrschaft der europäischen Industriestaaten um die Jahrhundertwende nicht sowohl im Duktus eines offenen Sinneswandels als vielmehr im Modus einer schleichenden Charakterkonversion initiierte und praktizierte sozialreformerische Politik leistet also, ökonomisch betrachtet, einen maßgeblichen Beitrag zur Entschärfung der seit den so genannten Gründerjahren, dem industriellen Aufschwung des Deutschen Reichs, in Europa schwelenden Dauerkrise und hat eine Beruhigung und Verstetigung des industriekapitalistischen Prozesses, eine Sedierung und Konsolidierung der volkswirtschaftlichen Entwicklung Europas als ganzer zur Folge, die ihren sozialen Niederschlag beziehungsweise phänomenalen Ausdruck in einer Art von Goldenem Zeitalter en miniature, einer kurzen Phase der idyllischen und aber, wie sich zeigt, trügerischen Ruhe vor dem mörderischen Sturm des Weltkrieges ist.
Mehr freilich als eine krisenentschärfende, dem Auf und Ab von produktionskräftiger Konjunktur und distributionsbedingter Rezession entgegenwirkende Verlangsamung und Verstetigung des industriekapitalistischen Akkumulationsprozesses vermag jene kapitales Investitionsvermögen in soziale Konsumkraft überführende Umverteilungspolitik der sich von sozialdemokratischer Initiative inspirieren beziehungsweise von sozialreformerischem Geist infiltrieren lassenden staatlichen Herrschaft nicht zu bewirken! Schließlich handelt es sich bei ihr, wie gesagt, um ein taktisches Manöver, dessen ökonomisch unmissverständlicher Sinn es ist, die herrschende kapitale Distributionsstrategie mit ihrem in der Wertakkumulation bestehenden harten Kern und maßgebenden Prinzip nicht etwa zu verdrängen und zu ersetzen, sondern vielmehr zu retten und am Leben zu erhalten. Gerettet und am Leben erhalten werden muss diese dem kapitalen Grundanliegen, dem Akkumulationsprinzip, entsprechende Distributionsstrategie, weil das ihr zuarbeitende und den Gegenstand liefernde industriekapitalistische Produktionssystem eine exploitative Effektivität beziehungsweise produktivkräftige Dynamik entfaltet, die die Verteilungskapazität der Strategie zunehmend überfordern und diese vor den kritischen und letztlich katastrophalen Fall eines dem Wertschöpfungsbetrieb des Produktionssystems partout nicht mehr genügenden Vermarktungsverfahrens alias Wertrealisierungsgeschäfts bringen.
In dieser verzweifelten Situation, bei der, grob gesagt, produktionsbestimmtes Angebot und marktbedingte Nachfrage einander nicht entsprechen und sich vielmehr in einem krisenträchtigen Missverhältnis befinden, dient jenes von Staats wegen unternommene taktische Manöver einer Investitionsvermögen in Kaufkraft überführenden sozialreformerischen Umverteilung dazu, die marktbedingte Nachfrage zu stärken beziehungsweise zu steigern und damit das krisenträchtige Missverhältnis zu reduzieren und soweit als möglich auszutarieren. Indem jene sozialreformerische Umverteilungspolitik die Lohnarbeitenden des industriekapitalistischen Produktionssystems ökonomisch besser stellt, sprich, ihre Kaufkraft stärkt, rekrutiert sie die bis dahin nur in subsistenzieller Eigenschaft am Wertrealisierungsgeschäft Beteiligten in konsumtiver Funktion und sorgt so dafür, dass das produktionsbestimmte Angebot auf eine ihm quantitativ und qualitativ gemäßere marktbedingte Nachfrage trifft. Die sozialreformerische Umverteilungspolitik führt mit anderen Worten zu einer Erweiterung des Kreises der heimischen Konsumenten beziehungsweise Stärkung ihrer Konsumkraft, die dem lahmenden und durch keine noch so forsch imperialistischen oder protektionistischen Markterschließungsbemühungen mehr zu forcierenden Absatz in den volkswirtschaftlich eigenen vier Wänden auf die Sprünge hilft und damit aber dem industriekapitalistischen Produktionssystem der jeweiligen Volkswirtschaft, wenn schon keine vollständige Sanierung, so jedenfalls doch eine spürbare Entlastung bringt.
Freilich geht diese Entlastung des kapitalistischen Produktionssystems zu Lasten beziehungsweise auf Kosten der als das Grundmotiv des Systembetreibers, als der Lebensnerv des Subjekts Kapital, firmierenden Akkumulation. Dass per Umverteilung kapitales Investitionsvermögen in soziale Kaufkraft überführt wird, bedeutet ja nichts anderes, als dass allgemeines Äquivalent, das in neue industrielle Produktionsprozesse investiert, für neue Wertschöpfung genutzt werden könnte, vielmehr für den Kauf von bereits Produziertem verwendet, für die konsumtive Realisierung bereits geschöpften Werts verbraucht wird. Schließlich ist es das Kapital beziehungsweise sind es seine Agenten und Repräsentanten, die letztlich die Zeche der Umverteilung bezahlen und sei's direkt, mittels Lohnerhöhungen und reformierter Arbeitsbedingungen, sei's indirekt, über Steuererhöhungen und staatlich vermittelte Sozialleistungen, das für die Stärkung der Kaufkraft der Lohnarbeitenden, für deren Beteiligung am Wertrealisierungsgeschäft, erforderliche allgemeine Äquivalent aus Eigenem beisteuern müssen.
Bereits akkumulierten und in der Münze des Marktes, als allgemeines Äquivalent, realisierten Mehrwert, den sie normalerweise investieren, also für die Schöpfung neuer, als Werterscheinungen figurierender Produkte und die Erwirtschaftung von in ihnen verkörpertem weiterem Mehrwert einsetzen würden, werden sie, indem sie ihn aufbringen müssen, um lohntarifliche Vereinbarungen zu erfüllen oder fiskalischen Verpflichtungen nachzukommen, gezwungen, bloß als unverändert solchen zu reproduzieren und nämlich für nichts weiter als für die Einlösung, sprich, Realisierung schon geschöpften, in Produktgestalt vorliegenden Mehrwerts zu verwenden, der andernfalls mangels merkantiler Realisierungsmöglichkeiten in dieser seiner Produktgestalt stecken bliebe und in ihr verloren und vernichtet wäre.
Dass in der eingetretenen Situation die als Überführung von Investitionsvermögen in Kaufkraft wirksame Umverteilung, sprich, die Verwendung von akkumuliertem und dem Kapital zugeschlagenem Mehrwert für die Realisierung von produziertem und in der Produktgestalt feststeckendem Mehrwert, mit anderen Worten die Ersetzung fehlenden allgemeinen Äquivalents aus marktexternen, bei Konsumenten, die nicht zum Produktionsprozess beitragen, erschlossenen Quellen durch bereits im kapitalistischen Produktionssystem zirkulierendes und den Produzenten überlassenes allgemeines Äquivalent – dass diese Umverteilung das Produktionssystem immerhin davor bewahrt, hic et nunc dem seiner Ausbeutungsrate und Produktivität geschuldeten Missverhältnis zwischen durch die Produzenten geschöpftem Wert und durch die marktexternen Konsumenten realisiertem Wert zum Opfer zu fallen, verleiht dem solche Umverteilung betreibenden oder jedenfalls ermöglichenden staatlichen Handeln das ihm oben attestierte Moment von sozialer Vernunft und aller staatlichen Kapitalhörigkeit trotzender politischer Rechtfertigung.
Fände die Umverteilung nicht statt, die Mehrwertschöpfung käme unter den kraft Ausbeutungsrate und Produktivität mittlerweile gegebenen Bedingungen in kürzester Frist vor den Fall einer Unrealisierbarkeit des geschöpften Mehrwerts, die weitgehend genug wäre, um letzteren in der bloßen Potenzialität seiner materialen Erscheinung, seiner Produktgestalt, stecken bleiben und zugrunde gehen zu lassen und mithin aber das grundlegende Motiv der industriellen Produktion, eben die durch Arbeit erreichte Schöpfung von Mehrwert, kurz, die Akkumulation, zu vereiteln und zunichte werden zu lassen. Des grundlegenden Tatmotivs beraubt, würde das Kapital beziehungsweise würden seine Agenten und Repräsentanten die industrielle Produktion ruhen oder kurzerhand sein lassen und damit denn die nachgerade in die Form der letzteren gebannte, mit ihr deckungsgleiche gesellschaftliche Reproduktion überhaupt aufs Spiel setzen, wo nicht gar in den Ruin treiben.
Freilich ist nicht minder konstitutives Moment der Akkumulation, weil mit dem grundlegenden industriellen Motiv der Mehrwertschöpfung, das sie darstellt, als Revers, als die Kehrseite der Medaille, untrennbar verknüpft, das maßgebende kommerzielle Motiv, dass der geschöpfte Mehrwert als solcher, er in seiner Mehrwertigkeit, realisiert wird und nämlich als Profit, als Kapitalgewinn zu Buche schlägt. Und genau dieses maßgebende kommerzielle Motiv stellt nun aber die sozialreformerische Umverteilung in Frage beziehungsweise bringt sie in Gefahr! Was die Umverteilung zwar verhindert, ist, dass kein Mehrwert geschöpft wird und er nämlich mangels Realisierungsmöglichkeit in den Schöpfungen, die ihn verkörpern, stecken bleibt und zugrunde geht. Was sie dafür indes in Kauf nimmt, ist, dass der Mehrwert nicht als Mehrwert, sondern bloß als reproduktiver Teil des bereits vorhandenen Kapitals realisiert wird, dass mithin die Mehrwertrealisierung sich auf eine bloße Wertreproduktion reduziert.
Die Gefahr, dass mangels Realisierungsmöglichkeit kein Mehrwert geschöpft wird, bannt die Umverteilung durch die Gefahr, die Realisierung des Mehrwerts als Mehrwert zu hintertreiben und ihn bloß als das sichselbstgleiche Kapital, das ihn schuf, zu reaffirmieren. Der Scylla einer über die Stränge des Marktes schlagenden Mehrwertschöpfung, die den Mehrwert seine Realität verlieren und als Mittel zur Akkumulation, zur Mehrung vorhandenen Werts, zunichte werden lässt, wehrt die als Erweiterung des Marktes wirksame Umverteilung mittels der Charybdis einer Mehrwertrealisierung, die den Mehrwert seine Identität als Mehrwert einbüßen und sich in einer bloßen Reproduktion vorhandenen Werts erschöpfen lässt.
Dass mangelnde Realisierbarkeit des vom kapitalistischen Produktionssystem geschöpften Mehrwerts dem System sein genau darin, in der Schöpfung von Mehrwert, bestehendes industrielles Motiv verschlägt und folglich alle Räder stillstehen zu lassen, alle als Wertschöpfung organisierte und funktionierende gesellschaftliche Reproduktion in die Krise zu stürzen und gar zum Erliegen zu bringen droht, steht außer Frage. Aber so gewiss das industrielle Motiv der Schöpfung von Mehrwert sein unverzichtbares Revers, seine Kehrseite der Medaille, im kommerziellen Motiv der Realisierung des geschöpften Mehrwerts als Mehrwerts, als zum vorhandenen Kapital hinzutretenden und es augmentierenden Gewinns, es akkumulierenden neuen Kapitals hat, so gewiss ist ausgemacht, dass eine Realisierung des Mehrwerts, die diesen nur zum Schein als solchen realisiert und in Wahrheit nichts weiter leistet, als seine Einlösung durch bereits vorhandenes Kapital, seine allem Akkumulationsanspruch Hohn sprechende einfache Reproduktion als das Kapital, das ihn hervorbrachte – dass also eine solche scheinbare, weil nicht akkumulative, sondern nur reproduktive Realisierung des Mehrwerts das kapitalistische Produktionssystem nicht minder zuverlässig demotivieren und zum Erliegen bringen muss.
Und eben dies aber tut die sozialreformerische Umverteilung, wenn sie dadurch, dass sie das andernorts nicht abzusetzende, durch allgemeines Äquivalent aus marktexternen Quellen nicht einzulösende Produkt des Systems den mittels Überlassung von markteigenem allgemeinem Äquivalent zum Konsum befähigten Produzenten zuwendet – wenn sie also durch solche Überführung von Kapital in Kaufkraft das der Ausbeutungsrate und Produktivitätsentwicklung des Systems geschuldete Absatz- alias Wertrealisierungsproblem ebenso definitiv zu lösen wie vollständig zu bewältigen aspiriert.
Nicht, dass in der Ende des neunzehnten Jahrhunderts erreichten Situation eines industriekapitalistischen Produktionssystems, das nicht zuletzt dank des Hinzutritts neuer industriestaatlicher Konkurrenten und des durch sie verschärften Wettbewerbs auch und sogar die von den etablierten Industriestaaten eine Zeitlang erfolgreich praktizierte imperialistische Markterweiterungsstrategie an die Grenzen ihrer Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit stoßen lässt – nicht, dass in dieser Situation die vom führenden industriestaatlichen Emporkömmling, vom Deutschen Reich, notgedrungen adoptierte und von den Konkurrenten rasch übernommene sozialreformerische Umverteilungspolitik nicht ihren Sinn und Nutzen hätte und selbst auf eine Art von Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit Anspruch machen könnte! In der gegebenen Situation nimmt sie sprengkräftigen Druck aus dem als Verstopfung der Märkte erscheinenden Krisenszenarium heraus, indem sie für die Belebung des Absatzes und die Räumung überfüllter Lager sorgt, und verschafft so dem industriellen Produktionssystem beziehungsweise dessen kommerziellen Vertriebsorganisationen Zeit und Spielraum, sich nach neuen, der kapitalen Distributionsstrategie gemäßen, weil den Zugang zu allgemeinem Äquivalent aus systemexternen Quellen eröffnenden und so den Mehrwert als Mehrwert zu realisieren, weiteres Kapital zu akkumulieren geeigneten Marktchancen und Absatzmöglichkeiten umzutun.
Um die der kapitalen Distributionsstrategie gemäßen neuen Marktchancen und Absatzmöglichkeiten freilich führt keine Umverteilungspolitik herum, sie lassen sich durch keine sozialreformerische Einbeziehung der dem System zuarbeitenden Produzenten ins Konsumentengeschäft erübrigen oder gar ersetzen, sie braucht es früher oder später oder vielmehr baldmöglichst, wenn anders das industriekapitalistische Schiff nicht an der Charybdis einer Mehrwertrealisierung scheitern soll, die in Wahrheit bloße, des Akkumulationsmoments beraubte Kapitalreproduktion ist und die sich ebenso gewiss als fatale Klippe erweist wie die Scylla einer Mehrwertschöpfung, die sich nicht realisieren lässt und vor deren tödlicher Gefahr jene die Realisierung um den Preis ihrer Reduktion auf ein nicht mehr akkumulatives, sondern bloß noch reproduktives Procedere ins Werk setzende Umverteilungspolitik das Schiff bewahren soll.
In exakt diesem Sinne, dass sie nicht mehr leisten kann, als Zeit und Spielraum für das eigentliche Geschäft einer Erschließung neuer, als Mehrwertrealisierung tauglicher, weil allgemeines Äquivalent aus marktexternen Quellen ins System einschleusender Absatzmöglichkeiten zu schaffen, ist die sozialreformerische Umverteilungspolitik ein taktisches Manöver, dessen ökonomische raison d'être sich darin erschöpft, die kapitale Distributionsstrategie den ihr eingeborenen destruktiven Tendenzen zum Trotz am Leben zu halten, sie nicht sowohl vor den fatal obstipativen Konsequenzen des aus ihr resultierenden hypertrophen Wachstums des Produktionssystems zu retten (das steht nicht in ihrer Macht), als vielmehr ihr die Chance zu erhalten, diesen fatalen Konsequenzen durch Verlangsamung des hypertrophen Wachstums immer noch einmal ein Schnippchen zu schlagen, und ihr so Gelegenheit zu geben, sich an der von ihr zum Ordal erhobenen Quadratur des aus realem Wachstum und kapitaler Akkumulation bestehenden spiraligen Zirkels immer noch einmal zu versuchen.
Rein ökonomisch betrachtet, ist also, wie gesagt, die sozialreformerische Umverteilungspolitik ganz und gar ungeeignet, die ausbeutungs- und produktivitätsbedingt generalisierte Absatzkrise des industriekapitalistischen Produktionssystems zu bewältigen und gar zu lösen, taugt sie mit anderen Worten ganz und gar nicht als Therapeutikum, als Heilmittel, sondern leistet nichts weiter als eine Entschärfung und Eindämmung der Krise, bewährt sich bloß als ein Palliativ, ein Linderungsmittel, das den Kreislauf des volkswirtschaftlichen Organismus beruhigt und stabilisiert, das quasi fiebersenkend oder krampflösend auf ihn einwirkt und ihm so den Aufschub oder die Muße verschafft, seiner dessen ungeachtet anhaltenden Krankheit, dem aus der akkumulativen Wertschöpfung und der für sie konstitutiven Distributionsstrategie letztlich zwangsläufig resultierenden generalisierten Wertrealisierungsproblem, mit neuen Arzneien oder Kuren zu Leibe zu rücken und womöglich doch noch beizukommen, doch noch erfolgreich Paroli zu bieten.
Rein ökonomisch betrachtet, ist es diese nurmehr palliative, nurmehr den Kreislauf des Kapitalisierungsprozesses stabilisierende, nicht mehr ihn belebende oder gar antreibende Wirkung, was die sozialreformerische Umverteilungspolitik sozialdemokratischer Couleur, wie sie erstmals gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Erscheinung tritt und Raum greift, von früheren staatlichen Bemühungen um eine dem Kapital unter die Arme greifende Ausweitung des Marktes und Beseitigung von kommerziellen Absatzproblemen unterscheidet und was sie aus der Abfolge dieser Bemühungen, in die sie sich, zumal was deren merkantilistisch-etatistische Tradition und ihre schließlich zur via regia gekürte imperialistische Version betrifft, dem formalen Procedere nach ohne Weiteres stellen lässt, der realen Intention nach vielmehr entschieden heraushebt.
Was jene, wenn schon nicht in ihrer merkantil-kolonialistischen Ausprägung, so jedenfalls doch in ihrer merkantilistisch-etatistischen Versuchsanordnung und vollends in ihrer imperialistischen Patentlösungsform, von einem vergleichbaren staatlichen Engagement und Interventionismus geprägten früheren Bemühungen bewirken sollen, ist die Aufrechterhaltung und Bekräftigung der Dynamik des Kapitalisierungsprozesses mittels Steigerung beziehungsweise Beschleunigung der kommerziellen Wertrealisierung kraft einer ganz und gar im Rahmen der orthodoxen kapitalen Distributionsstrategie sich haltenden handelspolitischen oder machtstrategischen Erschließung neuer Absatzchancen und Öffnung fremder Märkte. Was hingegen der jetzige, auf den allzu vollen Erfolg jener früheren Bemühungen reagierende staatliche Interventionismus mit dem ihn zu rechtfertigen dienenden sozialreformerischen Engagement erstrebt, ist eine Entdynamisierung und Verstetigung des Kapitalisierungsprozesses mittels Verlangsamung und Abschwächung der industriellen Wertschöpfung aufgrund einer der orthodoxen Distributionsstrategie – wenn auch letztlich um ihrer selbst willen – in die Parade fahrenden arbeitsrechtlich-tariflichen und sozialpolitisch-steuerlichen Belastung des Kapitals und Beschränkung seiner akkumulativen Kapazität.
Der Dynamik des industriekapitalistischen Prozesses nachzuhelfen und dafür zu sorgen, dass sie nicht ins Stocken gerät oder gar erlahmt – das ist das in faktischer Implementierung der kapitalen Distributionsstrategie zum Zuge kommende, ebenso explizite wie eindeutige Motiv, das die etatistischen Eingriffe merkantilistischer beziehungsweise imperialistischer Natur von den Anfängen der bürgerlichen Gesellschaft bis hin zu den letzten beiden Dekaden des neunzehnten Jahrhunderts durchgängig beherrscht. Die Dynamik des industriekapitalistischen Prozesses unter Kontrolle zu halten und dafür zu sorgen, dass sie nicht aus dem Ruder läuft oder gar an sich selber scheitert – das hingegen ist das in taktischer Modifizierung der kapitalen Distributionsstrategie zur Geltung gebrachte, ebenso implizite wie zweideutige Kalkül, das die als Umverteilungspolitik etikettierten Maßnahmen sozialreformerischen Geistes, die von da an im Repertoire staatlichen Handelns einen zentralen Platz einnehmen, nicht minder durchgängig bestimmt.
Bei den bisherigen merkantilistischen beziehungsweise imperialistischen Unterstützungsmaßnahmen des Staats geht es darum, die der Ausbeutungsrate und Produktivitätsentwicklung des industriekapitalistischen Systems geschuldeten marktsystematischen Hindernisse und Widerstände, die dessen Karriere zur ebenso allgemein verbindlichen wie allgegenwärtigen Form der gesellschaftlichen Reproduktion im Wege stehen, im Einklang mit der herrschenden kapitalen Distributionsstrategie zu beseitigen oder zu überwinden. Bei den der kapitalen Distributionsstrategie zwar taktisch, mitnichten aber strategisch widerstreitenden sozialreformerischen Umverteilungsmanövern dagegen, zu denen der Staat sich nunmehr versteht und die er fortan als eine Option zur Lösung marktsystematischer Probleme ständig bereithält, ist Zweck der Übung, sicherzustellen, dass das industriekapitalistische Produktionssystem, das sein Karriereziel mittlerweile erreicht hat und das aber uno actu dieses seines Avancements zur schlechterdings verbindlichen Form gesellschaftlicher Reproduktion eben wegen seiner Ausbeutungsrate und Produktivitätsentwicklung den kommerziellen Verteilungszusammenhang, den Markt, mit seiner herrschenden Distributionsstrategie an quasi natürlich gegebene, weil teils geographisch oder demographisch bedingte, teils protektionistisch oder militaristisch verfügte Grenzen seines Leistungsvermögens stoßen, sprich, vor den Fall einer ihn als solchen in einen fatalen Hemmschuh oder vielmehr Fallstrick für den gesamten kapitalprozessualen Kreislauf verwandelnden Überforderung kommen lässt – dass also angesichts dessen das industriekapitalistische Produktionssystem in seiner Dynamik und Wachstumsgeschwindigkeit hinlänglich gebremst beziehungsweise zurückgenommen wird, um die Produktion an den überforderten Markt anzupassen, sie auf seine Aufnahmekapazität einzustellen und so eine als Äquilibrium zwischen Produktionsvolumen und Distributionsrahmen funktionierende anhaltende Systemstabilität herbeizuführen.
Oder vielmehr dient, da letzteres ja ein Ding der Unmöglichkeit ist, weil ohne Wachstum, ohne Akkumulationsdynamik, das Produktionssystem seine Motivation, seine raison d'être, verliert und im vollen Sinne des Wortes seinen Geist aufgibt, die mittels Umverteilungspolitik ins Werk gesetzte Entdynamisierung und Verlangsamung des industriekapitalistischen Produktionsprozesses dazu, dem überforderten Markt Zeit und Gelegenheit zu verschaffen, mit seiner Überforderung als mit einer zwischenzeitlichen Anfechtung, einer vorübergehenden Schwächeanwandlung fertig zu werden und, wenn schon nicht mehr durch die Öffnung neuer Märkte und die Erschließung vermehrter Absatzchancen, so stattdessen durch die Schaffung neuer Marktlücken und die Erfindung verbesserter Absatzmethoden dem Wachstumsimperativ des Produktionssystems, seinem unkontrollierbaren Akkumulationszwang, doch noch zu entsprechen und in ebenso strategisch effektiver Form wie auf taktisch moderierte Weise Genüge zu tun.
Auch wenn die staatliche Umverteilungspolitik, ökonomisch gesehen, nicht etwa eine strategische Kehrtwendung, sondern im Gegenteil ein der Beibehaltung der alten Strategie dienendes taktisches Manöver darstellt, erweist sie sich doch als politisch folgenreich, weil sie, indem sie die sozialistische Bewegung in den Revisionismus treibt, einer programmatischen Überbrückung, wo nicht gar Überwindung der klassengesellschaftlichen Spaltung Vorschub leistet und damit die Machart und Organisationsstruktur der bürgerlichen Gesellschaft als solcher verändert. Grundlage für die revisionistisch durchschlagende Wirkung der staatlichen Umverteilungspolitik auf die Einstellung der Lohnarbeiterschaft zur bürgerlichen Gesellschaft im Allgemeinen und zum starken Staat im Besonderen ist die der sozialistischen Bewegung von Anbeginn innewohnende Hoffnung, den kapitalistisch doppelsinnigen Wertschöpfungsapparat in eine sozialistisch eindeutige Gütererzeugungsmaschine umfunktionieren zu können.
So zutreffend, ökonomisch-funktionell genommen, diese Beschreibung der neuen, von sozialdemokratischem Geiste infiltrierten, um nicht zu sagen imprägnierten, sozialreformerischen Umverteilungspolitik des Staates in ihrem Unterschied zum alten staatlichen Interventionismus merkantilistischer oder imperialistischer Prägung aber auch sein mag, Anspruch auf eine wirklichkeitsgetreue Darstellung, eine adaequatio rei, der differenten gesellschaftlichen Situation, auf die sie sich bezieht, darf die Beschreibung erst erheben, wenn sie mehr noch den politisch-sozialen Folgen Rechnung trägt, die mit dieser sozialreformerischen Umverteilungspolitik verknüpft sind und die überhaupt nur die obige Rede von einer Ende des neunzehnten Jahrhunderts in actu der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaften vollzogenen Kehrtwendung, einer als historische Wasserscheide einschneidenden Zäsur im Kapitalisierungsprozess zu rechtfertigen vermag. Jene politisch-sozialen Folgen der staatlichen Umverteilungspolitik ins Auge gefasst, wird nämlich deutlich, dass letztere ja nicht nur die Funktionsweise des die bürgerliche Gesellschaft tragenden Kapitalprozesses, seine Gangart und Verlaufsform, betrifft, sondern Auswirkungen auch und mehr noch auf die substanzielle Beschaffenheit der vom Kapitalprozess getragenen bürgerlichen Gesellschaft selbst, ihre Machart und Organisationsstruktur, hat.
Als Kehrtwendung wurde oben die gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts von den Industriestaaten adoptierte sozialreformerische Umverteilungspolitik deshalb apostrophiert, weil sie mit einer von Anfang der kapitalistischen Entwicklung an verbindlichen und für die Dynamik nicht weniger als die Logik der Entwicklung konstitutiven Distributionsstrategie, nämlich dem weitestmöglichen Ausschluss der für das kapitalistische System arbeitenden Produzenten vom Konsum, vom Genuss der ebenso mannigfaltigen wie zahlreichen Früchte des Systems, und ihrer Reduktion auf durch das System mit nicht mehr als dem für ihre Subsistenz, dem für die Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit Nötigen, versorgte Arbeitskräfte, bricht und sie, die Produzenten, auch und zugleich in der Rolle und Funktion, von der sie bis dahin systematisch ausgeschlossen blieben, in der Eigenschaft von Konsumenten, von durch das System gesuchten und adressierten Empfängern seiner Segnungen, anzuerkennen und zur Geltung zu bringen scheint.
Maßgebend für die kapitale Distributionsstrategie ist das dem Kapital als sein eigenstes Wesen innervierte Prinzip der Akkumulation von Wert, das Prinzip, genauer gesagt, dass der als allgemeines Äquivalent, als Münze des Marktes in das Produktionssystem investierte Wert, eben das Kapital, sich vermehren, in mehr von seinesgleichen, in mehr produktiv investierbares, erneut als Kapital einsetzbares allgemeines Äquivalent verwandelt werden soll und dass aber, da der vermehrte Wert ja unmittelbar in Produktgestalt, in Gestalt materialer Güter erscheint, die Überführung dieser materialen Wertgestalten in die reine Wertform als solche, sprich, ihr als Realisierung ihres Werts wohlverstandener Verkauf, ihre Veräußerung im Austausch gegen allgemeines Äquivalent erheischt ist, was wiederum erfolgreich, nämlich auf prinzipiengemäße, dem Vermehrungsgebot entsprechende Weise nur geschehen kann, wenn sich dafür über das in die Produktion investierte, für die Erzeugung der Güter aufgewendete allgemeine Äquivalent hinaus weiteres, nicht schon im Produktionssystem involviertes allgemeines Äquivalent mobilisieren lässt, das eben deshalb, weil es, wie an früherer Stelle apostrophiert, als Münze des Marktes aus marktexternen Quellen in den Markt eintritt, der prinzipiell gestellten Aufgabe, das in den Gütern kraft ihrer Produktion verkörperte Mehr an Wert als solches zu realisieren, Genüge zu leisten vermag.
Nur in dem Maße, wie es gelingt, durch das als Kapital in die Produktion von sächlichen Gütern und persönlichen Leistungen gesteckte allgemeine Äquivalent ein diesen Äquivalentwert übersteigendes Wertquantum, Mehrwert, zu schöpfen und für die Realisierung dieses Mehrwerts allgemeines Äquivalent aufzutreiben, das logischerweise nicht aus dem Fundus des bereits im Produktionssystem steckenden allgemeinen Äquivalents kommen kann, sondern aus anderen, außerhalb des Kreislaufs des Produktionssystems, seines Marktzusammenhangs, natürlich vorhandenen, thesaurisch existierenden oder systematisch zirkulierenden Vorkommen stammen muss – nur in dem Maße, wie dies gelingt, wird dem Grundprinzip des Kapitalismus, seinem Gebot einer auf nichts als weitere Wertschöpfungsprozesse gerichteten Verwertung gesellschaftlicher Arbeit, seinem kategorischen Imperativ der auf nichts als die erweiterte Reproduktion des Kapitals selbst zielenden Akkumulation Genüge getan.
Und je besser jene Schöpfung und Realisierung von Mehrwert gelingt, je besser es das Kapital schafft, mittels der von ihm betriebenen materialen Produktion Quellen allgemeinen Äquivalents von außerhalb seines Produktionssystems anzuzapfen, sprich, kapitale Mittel für die Erweiterung beziehungsweise Steigerung seiner wiederum dem gleichen Zweck dienenden Schöpfung und Realisierung von Mehrwert zu rekrutieren, mit anderen Worten, je weniger Kapital, will heißen, Wert in Form von allgemeinem Äquivalent, in die Produktion investiert werden muss und je mehr Wert in Güter- und Dienstleistungsgestalt aus der Produktion extrahiert und durch den Verkauf der Güter an Konsumenten außerhalb des Produktionssystems, will heißen, durch die Rekrutierung allgemeinen Äquivalents aus systemexternen Quellen, in weiteres Kapital überführt werden kann, umso klarer und entschiedener bringt das Kapital sein als Verwertungsgebot oder Akkumulationsprinzip perennierendes Grundprinzip gleichermaßen systematisch zur Geltung und empirisch zum Tragen.
Dies Grundprinzip also scheint nun die sozialreformerische Umverteilungspolitik der an der konsequenten Beibehaltung der kapitalen Distributionsstrategie verzweifelnden Industriestaaten außer Kraft zu setzen, indem sie, um den mit jener Strategie schlechterdings nicht mehr zu bewältigenden Wertrealisierungsproblemen ihrer industriekapitalistischen Wertschöpfungssysteme zu begegnen, auf steuerlich-indirektem oder tariflich-direktem Wege Kapitalkraft als Kaufkraft in die Hände der Lohnarbeiterschaft zurückzuschleusen beginnt, um letzterer damit zu ermöglichen, in der bislang anderen Schichten und Gruppen vorbehaltenen Konsumentenrolle das für die Realisierung des Mehrwerts der von ihr produzierten Waren und Dienstleistungen nötige allgemeine Äquivalent, das die merkantilistisch und imperialistisch erschlossenen systemexternen Quellen nicht mehr herzugeben vermögen, aus diesem dem Kapital entzogenen und ihr zugewendeten Fundus beizutragen und zur Verfügung zu stellen.
Um der überhand nehmenden Absatzprobleme des kraft seiner Ausbeutungsrate und Produktivkraftentwicklung das Marktsystem überfordernden Produktionssystems Herr zu werden, scheint jene Umverteilungspolitik an die Stelle der systematischen Begünstigung systemfremder Konsumenten auf Kosten der systemeigenen Produzenten die kompensatorische Versorgung eben dieser systemeigenen Produzenten treten zu lassen, scheint sie die Akkumulation von immer mehr Wert mittels der Rekrutierung von Konsumenten, die über allgemeines Äquivalent aus systemexternen Quellen verfügen, durch die Remuneration der im System arbeitenden Produzenten mit allgemeinem Äquivalent aus dem Fundus des Kapitals selbst zwecks Distribution eines Übermaßes an Wert, das das System zu paralysieren droht, zu ersetzen – und eben deshalb war oben von einer distributionsstrategischen Kehrtwendung im Kapitalisierungsprozess, einer den Verlauf der Entwicklung des kapitalistischen Systems zäsurierenden Wasserscheide die Rede.
Die gegen Ende des Jahrhunderts initiierte staatliche Umverteilungspolitik scheint eine solche Kehrtwendung zu bedeuten, aber sie scheint es eben nur! Tatsächlich entspringt sie, wie gezeigt, durchaus keinem strategischen Umdenken, sondern stellt bloß ein taktisches Manöver dar, dessen einziger Sinn und Zweck die Aufrechterhaltung und Fortsetzung der kapitalen Strategie unter Bedingungen ist, unter denen das Kapital selbst kraft seiner ausbeutungs- und produktivitätsbedingten Dynamik sie, die Strategie, ad absurdum zu führen und scheitern zu lassen droht. Angesichts von Absatz- alias Wertrealisierungsproblemen, die den Produktions- alias Wertschöpfungsprozess ins Leere laufen zu lassen und zum Scheitern zu bringen drohen, dient jene sozialreformerische Umverteilungspolitik, ökonomisch betrachtet, nur dazu, die Dynamik des Prozesses zu reduzieren, Druck aus ihm herauszunehmen, ihn durch Verlangsamung zu verstetigen, um, wie gesagt, dem Kapital die Zeit und Gelegenheit zu einer Neuorientierung und Neuordnung seiner alten Strategie im Sinne eines Paradigmenwechsels in Sachen Vermarktung, sprich, einer Ersetzung der extensiven Erschließung von Märkten durch die intensive Fahndung nach Marktlücken und des Strebens nach quantitativ vermehrten Absatzchancen durch die Bemühung um qualitativ verbesserte Absatzmethoden, kurz, einer Substitution der Auffindung weiterer Konsumenten und ungedeckten Bedarfs durch die Entwicklung neuer Produkte und unentdeckter Bedürfnisse zu verschaffen.
Ökonomisch gesehen, ist es deshalb auch abwegig, im Blick auf diese staatliche Umverteilungspolitik von einer Kehrtwendung in Sachen Kapitalisierungsprozess, von einem dem kapitalistischen Procedere in die Parade fahrenden grundlegenden Umschwung zu reden, da es sich bei ihr ja offensichtlich bloß um ein die Distributionsstrategie des Kapitals in Kraft und Geltung zu erhalten bestimmtes Rettungsmanöver, ein letzterer in ihrer Notlage einen salvatorischen Aufschub sicherndes Vorhaben, also mitnichten um ein den Kapitalprozess in die Revision treibendes und zur Richtungsänderung nötigendes, sondern ihm im Gegenteil hilfreich beispringendes und in seiner Bedrängnis Entlastung bringendes Unternehmen handelt. Wenn im Zusammenhang mit der sozialreformerischen Umverteilungspolitik des starken Staates dennoch von einer Kehrtwendung, einer grundlegenden Revision gesprochen werden kann, dann nicht im Blick auf ihre ökonomischen Implikationen, sondern einzig und allein in Ansehung ihrer politischen Folgen!
Tatsächlich nämlich trifft die Umverteilungspolitik ins Herz des als sozialistische Bewegung organisierten politischen Widerstands gegen die bürgerliche Gesellschaft und deren ökonomische Konstitution und provoziert eine nachhaltige Aussöhnung der aufgrund dieser ökonomischen Konstitution Ausgebeuteten mit den rechtlichen Konditionen und betrieblichen Arrangements ihrer Ausbeutung, initiiert mit anderen Worten eine präzedenzlose, weil nicht bloß ideologisch fingierte, sondern mehr noch programmatisch projektierte Überbrückung, wo nicht gar Überwindung, der für die bürgerliche Gesellschaft grundlegenden klassengesellschaftlichen Spaltung. Basis oder vielmehr Nährboden dieses durchschlagend versöhnlichen Effekts, den die Umverteilungspolitik auf die zum Proletariat egalisierte und homogenisierte und sich als sozialistische Bewegung artikulierende lohnarbeitende Klasse ausübt, ist deren oben* erwähnte tiefe Ambivalenz, was ihre Haltung zur bürgerlichen Gesellschaft und zu dem sie konstituierenden kapitalistischen Reproduktionssystem betrifft.
Einerseits gewahrt sich die lohnarbeitende Klasse als Opfer des kapitalistischen Produktionssystems, sieht letzteres auf ihre Kosten beziehungsweise zu ihren Lasten wachsen und gedeihen und findet sich dadurch gedrängt, dem System als solchem die Gefolgschaft aufzukündigen beziehungsweise den Kampf anzusagen, sprich, dem es unterhaltenden und betreibenden bürgerlichen, klassengesellschaftlich organisierten Sozialverband die Mitwirkung aufzukündigen beziehungsweise seinen ausbeuterischen Produktionsapparat zu zerschlagen, ihm seine Produktionsmittel, seine Fabriken und Maschinen, zu zerstören.
Andererseits freilich ist die lohnarbeitende Klasse fasziniert von dem mittels ihrer Ausbeutung erschlossenen materialen Füllhorn, geblendet von dem Reichtum und Überfluss an Gütern und Leistungen, den ihre vom Kapital verwertete Lohnarbeit in die Welt setzt, und kann nicht einsehen, warum sie an diesen Früchten des von ihr erschlossenen Füllhorns, diesen materialen Segnungen des aus ihrer Arbeit sich speisenden kapitalistischen Produktionssystems nicht soll teilhaben können, nährt gar die ebenso unbezwingliche wie heimliche Hoffnung, am Ende des ihr durch ihre kapitale Ausbeutung vorgezeichneten Passionsweges, der ihr kraft Lohnarbeit bereiteten Leidenszeit doch noch in den Genuss jener Früchte und Segnungen zu gelangen und so unter Beweis zu stellen, dass es möglich ist, in einer Person als Urheber oder Produzent der kapitalen Wertmasse zu fungieren und als Empfänger oder Konsument ihrer materialen Verkörperungen zu firmieren.
Eben diese unbezwingliche Faszination und geheime Hoffnung sind ja der Grund, warum sich die lohnarbeitende Klasse in ihrer weit überwiegenden Mehrzahl taub und blind zeigt gegenüber den Projekten und Appellen der frühsozialistischen Warner und Wegweiser und sich ihnen, selbst wenn diese den von ihnen propagierten totalen Ausstieg aus dem kapitalistischen Produktionssystem und radikalen Einstieg in eine kommunalistische Subsistenzwirtschaft, um letztere attraktiver zu machen, mit Visionen und Bildern von einer dadurch entfesselten und den industriellen Reichtum und Überfluss vexierbildlich kolportierenden kosmischen Fülle und pleromatischen Natur aufpeppen, dennoch verweigert, um ihr Heil, statt in den Perspektiven jener mit dem Kapitalismus kommunalistisch aufzuräumen und kurzen Prozess zu machen beanspruchenden Propheten und Revisionisten, vielmehr im Prospekt einer sich als Reform- und Richtinstanz empfehlenden konstitutionellen Monarchie zu suchen, die den industriekapitalistischen Prozess ebenso sehr zu domestizieren und sozialverträglich zu gestalten wie zu dynamisieren und an Durchschlagskraft gewinnen zu lassen, ihn also ebenso sehr als soziale Versorgungseinrichtung zur Geltung wie als kapitale Akkumulationsveranstaltung in Schwung zu bringen verspricht.
In dem Maße, wie dieses in der konstitutionellen Monarchie implizierte Versprechen sich als Quadratur des Kreises dekuvriert und mit dem Fortschreiten des Kapitalisierungsprozesses die Ausbeutung der industriellen Lohnarbeit nicht etwa eine Dämpfung und Mäßigung erfährt, sondern im Gegenteil absolut eskaliert oder jedenfalls relativ zum produzierten und teils der bürgerlichen Klasse im eigenen Land, teils den heimischen Aristokratien und kolonialen Bourgeoisen in anderen Weltregionen zugute kommenden Reichtum zunimmt, solidarisieren und organisieren sich nun zwar wachsende Teile der Lohnarbeiterschaft im Kampf gegen ihre Ausbeutung und finden sich zu sozialistischen Bewegungen zusammen, die den Eigentums- und Machtverhältnissen in der bürgerlichen Gesellschaft den Kampf ansagen und mehr oder minder radikal zu Leibe zu rücken beanspruchen und deren Forderungen und Programme von einer demokratischen Umgestaltung der bürgerlichen Gesellschaft mit dem Ziel der Herstellung sozialer Gleichheit und einer gerechten Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen bis hin zu einer diktatorischen Aufhebung der bürgerlichen Gesellschaft zwecks Abschaffung des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln und Vergesellschaftung der Arbeit reichen.
Aber egal, ob die Forderungen und Programme reformerischen oder revolutionären Charakters sind, egal, ob sie auf eine politische Neutralisierung und einen ökonomischen Ausgleich der Klassenunterschiede, mithin auf die Novellierung des bürgerlichen Gesellschaftsvertrages, oder auf eine Eliminierung der Klassenstruktur und Egalisierung des Anspruchs auf die gesellschaftlichen Ressourcen, also auf die Liquidierung der politischen Grundlagen des bürgerlichen Gesellschaftsvertrages, zielen, was sie allesamt gemein haben, ist die dogmatische Überzeugung und unerschütterliche Erwartung, dass es müsse möglich sein, eine gegen die bürgerliche Klassengesellschaft gerichtete Veränderung der sozialen Lebensbedingungen und Neuordnung der politischen Machtverhältnisse zu erreichen, ohne dadurch das ökonomische Füllhorn dieser bürgerlichen Klassengesellschaft in Frage zu stellen oder gar in Gefahr zu bringen, ohne dabei, mit anderen Worten, den industriekapitalistischen Produktionsapparat, den jene betreibt und auf dem sie aufbaut, in seiner Funktionsfähigkeit beziehungsweise seinem Entwicklungsgang zu beeinträchtigen, ihn als die gesellschaftliche Reproduktion besorgende und sicherstellende zentrale Einrichtung außer Kraft und Geltung zu setzen.
Selbst der auf einen revolutionären Bruch mit der bürgerlichen Gesellschaft und deren Klassenstruktur, auf ihre Niederreißung und ihren von Grund ihres Proletariats auf vollständigen Neubau setzende marxistisch-kommunistische Teil der sozialistischen Bewegung hält an der Vereinbarkeit des von der bürgerlichen Klassengesellschaft geschaffenen industriellen Produktionsapparats mit der jene zu ersetzen bestimmten klassenlosen Solidargemeinschaft und an der grundlegenden Bedeutung, die ersterem für den Bestand und das Gedeihen der letzteren zukommt, als an einem unverzichtbaren Dogma fest und konzipiert, um diesen unverzichtbaren Glaubenssatz, wenn nicht theoretisch zu substantiieren, so jedenfalls doch dialektisch zu plausibilisieren, das ingeniöse Theorem, dass die bürgerliche Gesellschaft, einem als List der Vernunft wirksamen Ratschluss der menschlichen Gattung folgend, den als gigantische Ausbeutungsmaschinerie funktionierenden industriellen Produktionsapparat nur entwickelt, um ihm einen Grad an Selbsttätigkeit und ein Maß an Leistungskraft zu vindizieren, die es erlauben, ihn zu guter Letzt als einen zu Lasten und auf Kosten vieler unterhaltenen Servicedienst für wenige außer Kraft zu setzen und umstandslos als pro domo eben jener vielen und zu ihrem Wohle werktätige Versorgungseinrichtung wieder in Betrieb zu nehmen.
So also überwindet die für den radikalen Flügel der sozialistischen Bewegung maßgebende marxistische Theorie dialektisch die Paradoxie ihrer Bejahung des ökonomisch-faktischen Resultats eines gesellschaftlichen Prozesses, den sie politisch-praktisch von Grund auf verneint, und bringt ihre kompromisslose Analyse des die bürgerliche Klassengesellschaft tragenden kapitalistischen Ausbeutungssystems in Einklang mit der Hoffnung auf eine Umfunktionierung des Ausbeutungssystems in eine die bürgerliche Klassengesellschaft zur genossenschaftlichen Solidargemeinschaft mutieren lassende und nämlich Ausbeutung und Nutznießung als zwei Seiten einer Medaille erweisende, die Erzeuger des industriellen Reichtums in Personalunion mit seinen Empfängern versetzende Kooperative – einer Hoffnung, die von Anfang an konstitutiver Bestandteil der die proletarische Lohnarbeit im Blick auf das ausbeuterische Kapital bestimmenden Haltung und Perspektive ist, die quasi das positive Komplement zum Negativ ihres Widerstands gegen die Ausbeutung bildet und ohne die alle sozialistische Bewegung undenkbar scheint, weil sie dann ihres wegweisenden, in dem materiellen Überfluss, den das kapitalistische Produktionssystem kraft Lohnarbeit in die Welt setzt, bestehenden und der existenziellen Not, die der Überfluss der Lohnarbeit bereitet und die die Bewegung bewegt, komplementären Motivs entbehrte.
Freilich wird die der gesamten sozialistischen Bewegung gemeinsame Hoffnung auf eine mit der Erzeugerfunktion, die die Lohnarbeit erfüllt, aller systematischen Gegenanzeige zum Trotz, vereinbare Empfängerrolle derer, die die Lohnarbeit verrichten, die Hoffnung mit anderen Worten auf Partizipation der durch den industriekapitalistischen Prozess Ausgebeuteten an den Früchten dieser ihrer Ausbeutung arg strapaziert und auf eine denkbar harte Probe gestellt. Weit entfernt davon, dass die sozialistische Bewegung in ihrem sei's reformerischen, sei's revolutionären Kampf um eine politische Ermächtigung und ökonomische Entschädigung der industriellen Lohnarbeiterschaft nennenswert vorankäme oder gar einen entscheidenden Durchbruch erzielte, sieht sie sich vielmehr einem schier unüberwindlichen und ebenso sehr ideologisch, durch die mediale öffentliche Meinung, zum Tragen gebrachten wie militärisch, durch reale staatliche Unterdrückung, geltend gemachten Widerstand von Seiten der bürgerlichen Gesellschaft und ihres sei's konstitutionell-monarchischen, sei's institutionell-imperialistischen staatlichen Repräsentanten konfrontiert.
Nicht, dass ihre Bemühungen um politische Rehabilitation und ökonomische Kompensation ganz ohne Wirkung und völlig fruchtlos blieben! Wie gesehen, findet sich die bürgerliche Gesellschaft in Gestalt ihres staatlichen Repräsentanten sei's unmittelbar, infolge eben jenes Kampfes der sozialistischen Bewegung, sei's mittelbar, aufgrund von Bündnissen und Zweckgemeinschaften mit unteren Volksschichten, zu denen sie Interessenkonflikte in den eigenen Reihen zwingen, gegenüber der Volksmasse in genere und der Lohnarbeiterschaft in specie zu sukzessiven Akten sozialer Ermächtigung und politischer Berechtigung bewogen, die der Bewegung nicht nur eine gewisse Präsenz in der bürgerlichen Öffentlichkeit verschaffen, sondern ihr auch gleichermaßen im organisatorischen Bereich der Produktionssphäre und im politisch-parlamentarischen Raum zu einem begrenzten Maß an Stimmkraft, wo nicht gar einem bescheidenen Moment von Mitsprache verhelfen.
Weil aber diese soziale Ermächtigung und politische Berechtigung wenn nicht überhaupt kosmetischer oder drogistischer Natur, so jedenfalls allemal durch die Interessen der sie konzedierenden bürgerlichen Gruppen definiert und determiniert, will heißen, streng an die Beförderung der Ziele der letzteren gekoppelt sind, taugen sie nicht im Mindesten, die bestehenden politischen Herrschafts- und ökonomischen Machtverhältnisse zu verändern, und kommen als soziale Grundlage oder politische Plattform für die Verfolgung und Verwirklichung des reformerische und revolutionäre Gruppen verbindenden ökonomischen Hauptanliegens der sozialistischen Bewegung, nämlich der Integration der durch den Kapitalprozess Ausgebeuteten in den Kreis der Nutznießer des Kapitalprozesses, kurz, der Vereinigung von Produzentenfunktion und Konsumentenrolle in einer Person, schlechterdings nicht in Frage.
Zwar erreicht im Zuge beziehungsweise in der Konsequenz jener sozialen und politischen Konzessionen an sie die Lohnarbeiterschaft allmählich auch kleine Verbesserungen ihrer ökonomischen Lage, aber diese bescheidenen ökonomischen Errungenschaften sind rein politisch motiviert und entweder reaktiv dazu gedacht, ihren der Not und dem Elend entspringenden akuten Unmut oder imminenten Aufruhr zu beschwichtigen, oder prospektiv darauf berechnet, sie von weiteren Widerstandshandlungen und Meutereien abzubringen, und in dieser ihrer Fremdbestimmtheit und manipulativ-politischen Stoßrichtung denkbar ungeeignet, eine wirkliche Annäherung an das von der sozialistischen Bewegung als ganzer verfolgte Ziel der als Erhebung in einen mit dem Produzentendasein vereinbaren Konsumentenstatus wohlverstandenen ökonomischen Kompensation zu begründen – ganz abgesehen davon, dass solch ökonomische Lageverbesserungen von der bürgerlichen Klasse in persona ihres staatlichen Repräsentanten letztlich nur akzeptiert beziehungsweise implementiert werden, wenn sie im Verein mit oder vielmehr im Gefolge von kapitalprozessualen Aufschwüngen und Akkumulationsschüben stattfinden, und dass sie also, so sehr sie absolut, bezogen auf die Not und das Elend der Betroffenen selbst, als Fortschritte erscheinen mögen, doch aber relativ, gemessen an der gesellschaftlichen Reichtumsentwicklung, eher als Rückschläge gelten müssen, weil sie mit einer weiteren Verbreiterung der Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen bürgerlichem Wohlstand und arbeiterschaftlichem Auskommen einhergehen.
Und alle Versuche der sozialistischen Bewegung beziehungsweise ihres revolutionären Flügels, einen gewaltsamen Bruch mit der bürgerlichen Gesellschaft herbeizuführen und durch Vergesellschaftung des produktiven Eigentums und die Selbstorganisation und Selbstverwaltung der industriellen Arbeiterschaft den Grund für eine von proletarischer Egalität und altruistischer Solidarität bestimmte klassenlose Gesellschaft zu legen, wie sie zuerst in den dreißiger Jahren in England und Frankreich, dann zur Mitte des Jahrhunderts im Anschluss an den Aufstand des liberalen Bürgertums und quasi in dessen Windschatten und schließlich in Frankreich in Reaktion auf den verlorenen Krieg und den Konkurs des Kaiserreichs unternommen werden – all diese Versuche werden, ohne dass sie Gelegenheit erhalten, ihre strukturelle Machbarkeit auf die Probe und ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis zu stellen, von der bürgerlichen Klasse beziehungsweise deren staatlichem Repräsentanten, notfalls sogar mit zwischenstaatlicher, die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung als internationales Anliegen erweisender Unterstützung, nicht minder gewaltsam konterkariert.
Sie werden mit einer Gegengewalt beantwortet, die hinreicht, sie sei's im Keim zu ersticken, sei's blutig niederzuschlagen, und die keinen Zweifel daran lässt, dass unter Bedingungen der von der bürgerlichen Gesellschaft etablierten Herrschaftsverhältnisse, genauer gesagt, unter Bedingungen der militärischen und bürokratischen Einrichtungen, über die der bürgerliche Staat verfügt und in denen er wesentliche Teile eben der breiten Volksmasse, auf deren Mitwirkung die revolutionäre Bewegung für ihren Erfolg angewiesen wäre, ökonomisch sicherstellt und dadurch politisch an sich bindet – dass unter diesen Bedingungen die Macht des Kapitals und der ihm dienenden, es repräsentierenden und von ihm profitierenden gesellschaftlichen Gruppen unerschütterlich ist. Und zwar so unerschütterlich ist, dass es erst einer sei's durch äußere Konfrontationen, sei's durch interne Konflikte herbeigeführten nachhaltigen Unterminierung oder Zerrüttung jener von der bürgerlichen Gesellschaft zum Schutze ihrer ökonomischen Substanz, des Kapitals, etablierten herrschaftlichen Bastion und deren militärischer und bürokratischer Einrichtungen bedürfte, damit die revolutionäre Option der sozialistischen Bewegung eine Verwirklichungschance bekäme, sprich, das revolutionäre Programm der Vergesellschaftung des Eigentums und der Selbstverwaltung der Arbeit sich frei und ungehindert entfalten könnte.
Jedenfalls frei und ungehindert genug, um überhaupt erst die alles andere als entschiedene Frage zu klären, ob die Übernahme und Fortführung des kapitalistischen Produktionssystems durch die von ihm Ausgebeuteten und die darin implizierte Ersetzung des die Arbeit zur Quelle seiner eigenen akkumulativen Reproduktion faktorisierenden Kapitals durch eine nurmehr der selbstbestimmten Reproduktion dessen, was das Kapital als sächlichen Apparat, als quasi Leibeshülle hinterlässt, verpflichtete Arbeit, eine Arbeit, die nicht mehr der Vermehrung kapitalen Werts durch Wert verkörpernde Apparaturen dient, sondern die in der Erzeugung materialer Güter mittels nichts als Arbeit erfordernder Maschinen ihre Erfüllung findet – ob also diese Umwidmung des kapitalistisch doppelsinnigen Wertschöpfungsapparats in eine sozialistisch eindeutige Gütererzeugungsmaschine eine machbare Option, ein praktikables Konzept darstellt oder ob sie dem Wunschdenken derer entspringt, die Empfänger und Nutznießer eines Gutes sein wollen, das seine Entstehung und seinen Bestand doch gerade ihrer mit der Trennung und dem Ausschluss von ihm synonymen Reduktion auf die Rolle seiner im Wesentlichen bloßen Erzeuger und Geber verdankt.
Unbeschadet dessen, dass es sich bei der staatlichen Umverteilungspolitik bloß um ein taktisches Manöver zur Rettung des industriekapitalistischen Akkumulationsprozesses handelt, ist die als paulinische Konversion erscheinende Verhaltensänderung der Lohnarbeiterschaft gegenüber dem starken Staat kein Akt schierer Selbsttäuschung, weil sie nicht nur ideologisch-programmatische Relevanz besitzt, sondern praktisch-perspektivische Konsequenzen zeitigt. Da der Staat zur Durchsetzung seiner Sozialpolitik gegen die Borniertheit des Kapitals auf sozialen Sukkurs und politischen Konsens angewiesen ist, ermöglicht er der sich sozialdemokratisierenden Lohnarbeiterschaft, in Staat und Gesellschaft Fuß zu fassen und Einfluss zu gewinnen, was jener wiederum erlaubt, ihre Anpassung an und Eingliederung in das kapitalistische Staatswesen heuristisch zu legitimieren und nämlich mit der Hoffnung auf eine zu guter Letzt zu erreichende Transformation der bürgerlichen Gesellschaft in ein quasisozialistisches Gemeinwesen zu verknüpfen.
Genau dieser empirische Hintergrund, diese von der sozialistischen Bewegung ein halbes Jahrhundert lang gemachte Erfahrung teils der marginalen Unerheblichkeit beziehungsweise der manipulativen Fremdbestimmtheit der ihrem Anhang, der industriellen Lohnarbeiterschaft, konzedierten politischen Ermächtigungen und ökonomischen Entschädigungen, teils der Vergeblichkeit und Aussichtslosigkeit ihrer Versuche, das Heft in die Hand zu nehmen und der bürgerlichen Gesellschaft den revolutionären Prozess zu machen – genau dieser Erfahrungshintergrund aber ist es nun, was der gegen Ende des Jahrhunderts vom starken Staat initiierten sozialreformerischen Umverteilungspolitik ihre über den ökonomischen Sinn und Nutzen weit hinausgehende politische Bedeutung, will heißen, ihre revisionistisch durchschlagende Wirkung auf die Einstellung der industriellen Lohnarbeiterschaft gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft im Allgemeinen und auf ihr Verhältnis zu deren Staatswesen im Besonderen verleiht.
Oder vielmehr ist es dies, dass sich dem die industrielle Lohnarbeiterschaft betreffenden staatlichen Handeln, das bis dahin im eklatanten Negativ politischer Repression und Manipulation verharrt, in actu jener sozialreformerischen Neuorientierung überhaupt so etwas wie ein positiv ökonomischer Sinn und Nutzen zuschreiben beziehungsweise abgewinnen lässt, was vor dem Hintergrund ihrer jahrzehntelangen Verschaukelung und Frustration sie, die Lohnarbeiterschaft, nachhaltig beeindruckt und in der Tat zu einer Form von paulinischer Konversion bestimmt, sprich, sie dazu bringt, eben die staatliche Herrschaft der bürgerlichen Gesellschaft, in der sie bis dahin die Hauptgegnerin ihres als Teilhabe an den Früchten des kapitalistischen Füllhorns programmatisch kurzgefassten Vorhabens erkennen musste und deren Festung sei's reformerisch zu infiltrieren, sei's revolutionär zu sprengen, deshalb für sie einen entscheidenden Programmpunkt bildete, nun also im Gegenteil als große Hoffnungsträgerin und als wichtigste Verbündete im Kampf gegen die hinter der staatlichen Herrschaft verborgene und durch sie gedeckte gesellschaftliche Macht, das Kapital, und seine Distributionsstrategie wahrzunehmen.
Indem der mit allen Spielarten seiner kapitalkonformen Wirtschaftspolitik, mit seinen imperialistischen, protektionistischen und antisozialistischen Bemühungen um eine Marktbelebung beziehungsweise Marktentlastung, ans Ende der Fahnenstange gelangte und einer unentrinnbar krisenträchtigen internationalen Konkurrenzsituation konfrontierte Staat zuerst nur aus politischer Opportunität und dann zunehmend aber aus ökonomischer Vernunft das Kapital erstmals zur Kasse bittet und sei's direkt, via arbeitstarifliche Konzessionen, sei's indirekt, mittels sozialstaatlicher Eingriffe, Umverteilungsmaßnahmen zugunsten der industriellen Lohnarbeiterschaft ergreift, macht er Miene, eben das einzulösen und Wirklichkeit werden zu lassen, was letztere am innigsten und unverbrüchlichsten erstrebt und was aus eigener Kraft zu erreichen, ihr weder mit reformerischen Mitteln noch in einem revolutionären Kraftakt gelingen will – die Teilhabe an den Früchten des ihrer Arbeit zu dankenden kapitalistischen Füllhorns.
Eben die distributionsstrategische Kehrtwendung, die sie, die industrielle Lohnarbeiterschaft, beziehungsweise ihre politische Repräsentanz, die sozialistische Bewegung, sich außerstande zeigt, der bürgerlichen Gesellschaft reformerisch abzutrotzen oder auch unter Preisgabe der bürgerlichen Gesellschaft revolutionär durchzusetzen, sieht sie an ihrer Stelle eben den starken Staat vollziehen, den sie bislang nur als im Interesse des Kapitals und seiner bürgerlichen Klientel agierenden Unterdrücker und Zuchtmeister kennt und der ihr nun aber als in unvermittelter Simultaneität ihr eigenstes Interesse vertretender und ihre Sache zu der seinen machender Trostspender und Hoffnungsträger erscheint.
Wenn die Lohnarbeiterschaft, die ihre qua sozialistische Bewegung unternommenen und im Wesentlichen vergeblichen Bemühungen um eine sei's sich im konstitutionellen Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft haltende, sei's diesen Rahmen sprengende politische Selbstermächtigung und ökonomische Selbstentschädigung zutiefst frustriert und verunsichert haben, die nicht mehr nur aus manipulativ-politischer Opportunität, sondern aus durchaus initiativ-ökonomischer Rationalität betriebene Umverteilungspolitik des starken Staats auch nicht gleich zu einem Geschenk des Himmels, einer gnadenentsprungenen Zuwendung des sich als Wohltäter offenbarenden Zuchtmeisters verklärt, so ist sie doch geneigt, darin eine Frucht höherer Vernunft, einen einsichtentsprungenen Beweis staatlicher Verantwortung zu erkennen und jene Politik demzufolge wertzuschätzen und in der Weise, dass sie sie als veritablen Schritt in Richtung auf eine Einlösung des von der sozialistischen Bewegung selbst verfolgten Programms honoriert beziehungsweise akzeptiert, zu unterstützen.
Natürlich tut die industrielle Lohnarbeiterschaft der sozialreformerischen Umverteilungspolitik des starken Staats damit entschieden zu viel Ehre an und schenkt ihr ungerechtfertigtes Vertrauen, da es sich bei ihr, wie gesehen, ja keineswegs um eine echte strategische Kehrtwendung, eine Grundrevision der bisherigen Distributionsstrategie, sondern bloß um ein taktisches Ausweichmanöver, eine notgedrungene Modifikation der Strategie handelt, sie mit anderen Worten von Staats wegen keineswegs dazu da ist, der Lohnarbeiterschaft ihren sehnlichsten Wunsch zu erfüllen und der bislang auf die ausbeutungsträchtige Produzentenfunktion Vereidigten zur Teilhabe am konsumtiven Nutznießerstatus zu verhelfen, sondern einzig und allein dem Zweck dient, durch die Betrauung der Lohnarbeiterschaft mit konsumtiven Aufgaben dem Industriekapital in der Not seiner ausbeutungs- und produktivitätsbedingten Absatzprobleme beizustehen und ihm die für die Bewältigung seiner Probleme, für die Rehabilitation und Restitution seiner gewohnten distributionsstrategischen Verfahrensweise, nötige Entlastung zu bringen beziehungsweise Zeit zu verschaffen.
Von daher sitzt die durch die Misserfolge ihrer eigenen sozialen und politischen Kämpfe frustrierte und ermüdete Lohnarbeiterschaft, wenn sie beschließt, den ihr ökonomisch entgegenkommenden und Avancen machenden Staat als neuen Verbündeten und Sachwalter ihrer Interessen anzunehmen und sich mit ihm mehr oder minder im Einklang zu wähnen oder gar mit dem, was er tut, zu identifizieren, einer Illusion auf, begeht sie eine das objektive Kalkül, das der Staat mit seiner Umverteilungspolitik verbindet, und die rein instrumentelle Rolle, die er ihr dabei zuweist, geflissentlich ignorierende Selbsttäuschung. So gewiss die direkten und indirekten ökonomischen Zuwendungen, die der starke Staat der industriellen Lohnarbeiterschaft auf Kosten des Kapitals und zu Lasten seiner hemmungslosen Ausbeutungsrate macht, nur dazu dienen, das industriekapitalistische Ausbeutungssystem am Leben beziehungsweise funktionsfähig zu erhalten und vor der existenziellen Krise zu bewahren, in die es sich durch diese seine hemmungslose Ausbeutungspraxis und die ihr komplementäre beispiellose Produktivkraftentwicklung zu stürzen im Begriff steht, so gewiss zeugen jene staatlichen Zuwendungen eher von kapitalem Zynismus als von sozialem Verantwortungsbewusstsein und scheint die Lohnarbeiterschaft, wenn sie die simulierte und nämlich in Wahrheit bloß taktisch motivierte ökonomische Kehrtwendung des bürgerlichen Staats mit einer wirklichen politischen Kehrtwendung in ihrem Verhältnis zum bürgerlichen Staat beantwortet und sich mit ihm als einem ehrlichen Makler anfreundet, sich gar mit ihm als ihrem Sachwalter und Agenten identifiziert, nichts weiter als Opfer einer Verblendung, für die ihre eigenen sozialen Kampferfahrungen den Boden bereiten und zu der der starke Staat mit seinen hintersinnigen sozialreformerischen Maßnahmen die Handhabe bietet.
Ganz so einfach liegen die Dinge indes nicht! Jene durch die ökonomisch wirksamen sozialreformerischen Maßnahmen des starken Staats provozierte politische Kehrtwendung der Lohnarbeiterschaft, der zufolge letztere ersteren statt als Vollzugsorgan und Repressionsinstrument der bürgerlichen Klasse vielmehr als Prokuristen und Promulgator ihrer eigenen Anliegen und Interessen wahrzunehmen und wertzuschätzen, sich gar mit ihm als ihrem Aktivposten im Kampf der Klassen zu identifizieren beginnt, erschöpft sich nämlich keineswegs in einem bloß passiven oder konzessiven Gesinnungswandel, sondern erweist sich als eine durchaus aktive oder induktive Verhaltensänderung, hat mit anderen Worten nicht nur ideologisch-programmatische Relevanz, sondern mehr noch praktisch-perspektivische Konsequenzen. Tatsächlich lässt ja mit seiner Kehrtwendung in Sachen Distributionsstrategie, so sehr es sich dabei im ökonomischen Kern nur um ein taktisches Manöver zur Rettung eben dieser Strategie handelt, der starke Staat soziale Vernunft gegenüber einer kapitalen Logik walten, die in Gestalt ihrer Funktionäre und Profiteure von solcher zu ihrer Rettung geltend gemachten Vernunft gar nichts hören, geschweige denn wissen will und die in ihrer Geradlinigkeit alias Borniertheit alles daransetzt, die ihren gesammelten publizistisch-ideologischen Einfluss und ihre ganze parlamentarisch-politische Widerstandskraft aufbietet, um sich selber treu bleiben und ihr letztlich ebenso selbstzerstörerisches wie gesellschaftszerstörendes Werk uneingeschränkt fortsetzen zu können.
Angesichts dessen gewinnt aber der Gesinnungswandel, den der starke Staat durch seine sozialreformerischen Umverteilungsmaßnahmen bei der Lohnarbeiterschaft herbeiführt, das Moment von Anhänglichkeit, wo nicht gar Loyalität, zu dem er sie, unbeschadet des zynischen Kalküls, dem sein Handeln entspringt, zu bewegen vermag, eine über den damit erzielten psychologisch-emotionalen Effekt weit hinausgehende praktisch-reale Bedeutung für die Durchsetzung und Fortführung der Umverteilungspolitik selbst, sprich, für die Wirksamkeit und Geltung der sozialen Vernunft, die mittels Umverteilungspolitik die staatliche Herrschaft gegen die Logik der Kapitalmacht zum wohlverstandenen Besten nicht weniger als zur unverständigen Empörung der letzteren ins distributionsstrategische Feld führt.
In dem Maße, wie die Lohnarbeiterschaft unter dem Eindruck seiner ökonomischen Zuwendungen und sozialen Avancen ihre bis dahin gepflegte Reserve beziehungsweise Feindschaft gegenüber dem als bürgerliches Herrschafts- und Unterdrückungsinstrument erkannten starken Staat aufgibt und in ihm ihren einzigen, der ausbeuterischen Macht des Kapitals Schranken zu setzen fähigen und allem Anschein nach auch bereiten Freund und Helfer wahrzunehmen beginnt, bietet sie sich umgekehrt ihm, der sich ja mit seinen sozialreformerischen Eingriffen und Programmen ebenfalls der Macht des kraft seiner Logik gegen ökonomisches Augenmaß und soziale Vernunft weitestgehend immunen Kapitals konfrontiert sieht und deshalb, um sich mit seiner Politik gegen sie behaupten und gar durchsetzen zu können, dringend auf sozialen Sukkurs und politischen Konsens angewiesen ist, als soziale Unterstützerin und politische Bundesgenossin an.
Will der starke Staat sein auf die Bewältigung oder zumindest Kontrolle der permanenten Wertrealisierungskrise mittels Verlangsamung beziehungsweise Verstetigung des industriekapitalistischen Akkumulationsprozesses zielendes und hier als Umverteilungspolitik apostrophiertes ökonomisches Projekt auf Dauer und mit Erfolg betreiben, so bleibt ihm angesichts der Harthörigkeit und Widerborstigkeit seines als Industriekapital firmierenden Auftraggebers und Brotherrn gar nichts anderes übrig, als dies ökonomische Projekt mit dem politischen Prospekt einer Beteiligung seiner neuen proletarischen Anhänger und Unterstützer an der bürgerlich-parlamentarischen Zumessung von Macht und der staatlich-bürokratischen Ausübung von Herrschaft zu verknüpfen und zu diesem Zweck die Vor- und Fürsprecher der Lohnarbeiterschaft teils Zutritt zur Sphäre des bürgerlichen Publikums und seiner öffentlichen Meinung beziehungsweise seines parteilichen Diskurses gewinnen und dort zu Wort kommen und Propaganda treiben, teils Eingang in die legislativen Gremien und exekutiven Apparate finden und dort Sitz und Stimme beziehungsweise Amt und Würde erlangen zu lassen.
Und um aber dies beides zu erreichen und seine der ökonomischen Rehabilitation der Lohnarbeiterschaft dienliche Entschädigungspolitik durch ein der politischen Integration der Lohnarbeiterschaft in das Machtgefüge und die Herrschaftsapparate der bürgerlichen Gesellschaft förderliches Ermächtigungsprogramm zu unterstützen und abzusichern, braucht der starke Staat, recht besehen, gar kein aktives Engagement zu beweisen und keine explizite Parteinahme zu praktizieren. Es genügt, dass er die im Großen und Ganzen von ihm selbst aufgebauten Hürden und Widerstände aus dem Weg räumt, sprich, seine in Form von Organisations-, Assoziations-, Versammlungs- und Publikationsverboten, von Zensur, Bespitzelung und polizeilicher Verfolgung beziehungsweise gerichtlicher Ahndung gegen die sozialistische Bewegung ergriffenen Maßnahmen aufhebt, um der zu ihm und seiner sozialreformerischen Politik, wo nicht bereits konvertierten, so jedenfalls doch unwiderstehlich hingezogenen Lohnarbeiterschaft die Möglichkeit zu bieten, gleichermaßen in den parlamentarisch-demokratischen Auswahl- und Entscheidungsprozeduren ihr numerisch-demographisches Gewicht zum Tragen und gegenüber den mittelständisch-liberalen Teilen der bürgerlichen Klasse das humanitäre Recht und die philanthropische Billigkeit ihrer Argumente und Forderungen zur Geltung zu bringen.
Indem der starke Staat sich dazu versteht, diese nicht sowohl aktiv-parteiliche Stellung, als vielmehr bloß passiv-neutrale Haltung einzunehmen, tun eben jenes demographische Gewicht und jene ideologische Überzeugungskraft der Lohnarbeiterschaft und ihrer politisch-ökonomischen Sache ein Übriges und sorgen dafür, dass sich die bürgerliche Gesellschaft und ihr starker Staat nach und nach in der oben erläuterten Bedeutung sozialdemokratisieren, dass also Gesellschaft und Staat ebenso unaufhaltsam wie allmählich sowohl personell als auch konzeptionell von einem sozialreformerischen Impetus infiltriert, von einem auf den Vergleich und die Versöhnung der Klassen abonnierten Geiste durchdrungen werden, der, wenn auch nicht in dem von der sozialistischen Bewegung ursprünglich intendierten Sinne, so doch im Rahmen der vom starken Staat diesem Sinn vindizierten Modifikation oder, besser gesagt, Zurichtung, das Programm einer ökonomischen Entschädigung und politischen Ermächtigung der Lohnarbeiterschaft und einer dementsprechenden Umgestaltung der bürgerlichen Gesellschaft, ihrer Überführung in einen nicht mehr nur von der bürgerlichen Klasse und ihrem Anhang aus Staatsbediensteten getragenen, sondern auch von der proletarischen Klasse und ihren gewerkschaftlichen und parteilichen Organisationen gestützten Sozialverband nicht zwar gleich empirische Wirklichkeit werden, so immerhin doch perspektivische Gestalt annehmen lässt.
Angesichts dieser Entwicklung, die das der Umverteilungspolitik geschuldete emotionale Ereignis einer ideologisch-programmatischen Einnahme der Lohnarbeiterschaft für das Wirken des starken Staats durch die zur Durchsetzung der Umverteilungspolitik erforderliche reale Konsequenz einer politisch-praktischen Aufnahme der Lohnarbeiterschaft in das Leben des starken Staats komplementiert, erscheint nun aber jene revisionistische Wendung der in actu der sozialistischen Bewegung radikalreformerisch gesinnten oder gar revolutionär gestimmten Lohnarbeiterschaft, aufgrund deren an die Stelle ihrer bisherigen kategorischen Ablehnung und Verteufelung des bürgerlichen Staats eine heuristische Eingenommenheit, wo nicht gar Begeisterung für ihn tritt, in einem definitiv anderen und entschieden hintergründigeren Licht. Dabei haben wir das Hintergründige, um nicht zu sagen, Doppelbödige der von der Lohnarbeiterschaft vollzogenen revisionistischen Wendung eben dadurch bereits angesprochen und, wenn auch nicht schon auf den Begriff, so immerhin doch auf den Punkt gebracht, dass wir dem sozialdemokratischen Zutrauen, das die Lohnarbeiterschaft nunmehr zum Staat fasst, und der Hoffnung, die sie fortan in ihn setzt, Heurismus attestieren.
Wenn nämlich der Revisionismus der Lohnarbeiterschaft, ihre neue Sicht vom bürgerlichen Staat als möglichem Verbündetem und veritablem Hoffnungsträger, sich nicht in passiver Anerkennung, in der Bereitschaft, sich ihm zu hoffentlich treuen Händen zu übergeben und seiner höheren Einsicht und väterlichen Leitung zu unterwerfen, erschöpft, sondern wegen des dem Staat eigenen Bedürfnisses nach öffentlicher Unterstützung und politischer Verstärkung für seine Reformpolitik mehr noch und zugleich auf eine aktive Anteilnahme, sprich, darauf hinausläuft, dass der Staat ihr, der ihn und sein Tun anerkennenden Lohnarbeiterschaft, eine praktische Mitwirkung an diesem Tun konzediert, will heißen, dem von ihr artikulierten und propagierten sozialistischen Programm wachsenden legislativen beziehungsweise administrativen Einfluss auf seine umverteilungspolitischen Aktivitäten einräumt, dann greift es zu kurz beziehungsweise ist es ungerecht, solchen Revisionismus bloß deswegen, weil er das sozialistische Programm sozialdemokratisiert, es mit anderen Worten ins Prokrustesbett der sozialreformerischen Umverteilungspolitik des starken Staates spannt oder vielmehr zwängt, als illusionär und verblendet abzufertigen.
So sehr es zwar zutrifft, dass, wie oben erläutert, die sozialreformerische Umverteilungspolitik des starken Staates keineswegs eine distributionsstrategische Kehrtwendung zugunsten der zur proletarischen Klasse egalisierten und homogenisierten industriellen Lohnarbeiterschaft, sondern bloß ein in all seiner Paradoxie taktisch bestimmtes Manöver zur Rettung der zu Lasten der Lohnarbeiterschaft gehenden überkommenen Distributionsstrategie darstellt, und so sehr also gilt, dass der objektive Beweggrund für die Umverteilungspolitik nicht etwa ein Engagement des bürgerlichen Staates für die Bedürfnisse und Forderungen der vom Kapital Ausgebeuteten, sondern ein von politisch-ökonomischem Kalkül diktierter staatlicher Einsatz im Interesse und zum Wohle des in seinem Ausbeutungsdrang über die Stränge schlagenden beziehungsweise aus dem Ruder laufenden Kapitals selbst ist, so sehr bleibt eben wegen des paradoxen Charakters der Taktik diese als Rettungsaktion fürs Kapital intendierte staatliche Umverteilungspolitik doch zugleich ein der Lohnarbeiterschaft zugute kommendes und nämlich der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und Hebung ihrer Sozialverhältnisse dienliches Hilfsprogramm, das, seine konsequente Fortführung und stringente Entfaltung vorausgesetzt, durchaus geeignet scheint, das materielle Dasein und die soziale Existenz der proletarischen Klasse in Richtung auf die von der sozialistischen Bewegung für letztere angestrebte ökonomische Entschädigung und politische Ermächtigung so nachdrücklich zu revidieren und nachhaltig zu verändern, dass sich zu guter Letzt die bürgerliche Gesellschaft selbst um ihre typische Klassenstruktur und ihr gewohntes Machtgefüge gebracht und in eine de facto neue, ebenso sozial egalitäre und politisch liberale wie ökonomisch solidarische Körperschaft, ein nach Maßgabe der trinitarischen Leistung einer mit der Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft als bürgerlicher noch so eben vereinbaren Neutralisierung der sozialen Klassenunterschiede, Ausgleichung des politischen Machtgefälles und Kompensation der ökonomischen Ungleichverteilung, zu der es sich durchgerungen hat, quasisozialistisches Gemeinwesen transformiert zeigt.
Und dass jene Voraussetzung einer konsequenten Fortführung und stringenten Entfaltung des sozialreformerischen Beginnens des starken Staats nicht nur prinzipiell gegeben, sondern mehr noch funktionell erfüllbar ist, dafür sorgt ja nun die dem politischen Opportunismus der Suche nach Unterstützern und Verbündeten für die Reformbemühungen geschuldete staatliche Bereitschaft, der sich als logische Kandidatin für diese Unterstützer- und Helferrolle anbietenden Lohnarbeiterschaft, wenn schon nicht durch aktive Förderung, so zumindest doch durch passive Duldung zu ermöglichen, gleichermaßen ihre öffentlichkeitswirksam-ideologische Überzeugungskraft zur Geltung und ihr demokratieträchtig-numerisches Durchsetzungsvermögen zum Tragen zu bringen und, wie zunehmend Zugang zu den publizistischen Zirkeln, den parlamentarischen Gremien und den bürokratischen Einrichtungen der bürgerlichen Gesellschaft zu erlangen, so wachsenden Einfluss auf deren Meinungsbildungsmechanismen und Entscheidungsfindungsprozesse zu gewinnen.
So wahr sich der starke Staat, um seine von sozialer Vernunft alias ökonomischer Weitsicht diktierte Umverteilungspolitik gegen die Kurzsichtigkeit der kapitalen Logik und den bornierten Widerstand ihrer Verfechter durchzusetzen, veranlasst oder vielmehr gezwungen sieht, die Lohnarbeiterschaft als ideologisch-publizistische Unterstützerin und demokratisch-praktische Parteigängerin zu rekrutieren und ihr zu diesem Zweck den ihr bis dahin mittels legislativer Restriktionen und exekutiver Repression versperrten Weg in die bürgerliche Öffentlichkeit und den staatlichen Apparat freizugeben, so wahr kann jene beziehungsweise können ihre gewerkschaftlichen und politischen Organisationen hoffen, wo nicht gar erwarten, mittels eines langen Marsches durch die Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft und einer allmählichen Infiltrierung ihrer Machtbastionen und Durchdringung ihrer Programmatik und Politik mit sozialdemokratischem Geiste den ursprünglichen Anliegen und eigentlichen Zielen der sozialistischen Bewegung am Ende doch noch, wenn auch auf anderem Wege, als geplant, nämlich nicht durch die direkte Ausübung eigener reformerischer Macht beziehungsweise revolutionärer Gewalt, sondern via obliqua des sei's in einen heimlichen Parteigänger, sei's in einen offenen Sachwalter der proletarischen Klasse umfunktionierten starken Staats, zum Durchbruch und Erfolg zu verhelfen.
Im vollen und klaren Bewusstsein der taktischen Beschränktheit und des, strategisch gesehen, alles andere als im Einklang mit den Absichten der sozialistischen Bewegung stehenden praktischen Kalküls der vom starken Staat initiierten Umverteilungspolitik hofft demnach die Lohnarbeiterschaft, die ihr von letzterem im Blick auf die Umsetzung dieser seiner Politik abgeforderte soziale Unterstützung und politische Mitwirkung zum Erwerb eines ausreichend starken sozialen Einflusses und zur Anhäufung einer hinreichend großen politischen Macht nutzen zu können, um zu guter Letzt in der Lage zu sein, eben jene taktische Beschränktheit der staatlichen Reformpolitik zu sprengen und eben jenes sie definierende praktische Kalkül außer Kraft zu setzen und sie als wirksames Werkzeug und wirkliches Vehikel zur Herstellung ökonomischer Gerechtigkeit, sozialer Gleichheit und politischer Freiheit, sprich, zur Überführung und Umformung der bürgerlichen Klassengesellschaft in eine genossenschaftliche Solidargemeinschaft in Anspruch und in Gebrauch zu nehmen.
Weit entfernt davon, ihren Revisionismus, ihre Versöhnung mit dem bürgerlichen Staat und das Vertrauen, das sie in ihn als sozialreformerisch starken Staat setzt, als eine Art von Selbstaufgabe, als haltlose Kapitulation vor ihm beziehungsweise Konversion zu ihm zu betrachten, versteht die sich sozialdemokratisierende industrielle Lohnarbeiterschaft, was sie tut, vielmehr als die Frucht einer ebenso selbstmächtigen wie wohldurchdachten Vorgehensweise, und entspringt ihre revisionistische Haltung ihrerseits einem Kalkül, durch das sie ihren neuen Verbündeten, den starken Staat, nicht weniger für ihr soziales Sanierungsprogramm zu instrumentalisieren meint, wie umgekehrt er sie als Mittel zum Zweck seiner kapitalen Rettungsaktion zu gebrauchen sucht.
Der ihre politisch-ökonomische Einstellung und Perspektive sozialdemokratisch revidierenden, sprich, sich mit dem starken Staat liierenden industriellen Lohnarbeiterschaft gilt also dessen sozialreformerische Umverteilungspolitik als ein trojanisches Pferd, mittels dessen sie sich nicht nur Zutritt zur Feste der bürgerlichen Gesellschaft verschafft, sondern mehr noch eine strategische Position daselbst sichert, von der herab beziehungsweise aus der heraus sie hoffen und erwarten kann, sukzessive alle Verteidigungsstellungen der Kommune zu erobern, alle ihre festen Einrichtungen zu besetzen und hinlänglich die Kontrolle über das gesamte Gemeinwesen zu ergreifen, um das von der sozialistischen Bewegung verfolgte Ziel Wirklichkeit werden zu lassen, sprich, die von wegen des industriekapitalistischen Produktionssystems bürgerlich dominierte Klassengesellschaft in eine auf Basis des industriellen Produktionsapparats, der seiner herrschaftsdienlichen Macht- und klassenspezifischen Unterdrückungsfunktionen entkleidet ist, organisierte genossenschaftliche Solidargemeinschaft zu transformieren – nur dass, weil dieses Ziel auf direktem Weg, sprich, aus eigener Kraft und in eigener Regie zu erreichen, der Lohnarbeiterschaft nicht vergönnt ist und weil sie vielmehr, um ans Ziel zu gelangen, den Umweg über eine Infiltrierung und Umfunktionierung der vom Bürgertum an sich ja zum Schutze seiner kapitalen Interessen etablierten Staatsgewalt nehmen und unter der Camouflage beziehungsweise dem Pseudos der letzteren der bürgerlichen Gesellschaft den auf ihre gründliche Verwandlung gerichteten Prozess machen muss, das Resultat des Verwandlungsprozesses, eben die genossenschaftliche Solidargemeinschaft, am Ende in ihrer Physiognomie oder phänomenalen Gestalt unabwendbar von jener Camouflage, unter der sie entsteht, gezeichnet, nolens volens von jenem Pseudos, dem sie entspringt, geprägt bleibt und nämlich als staatlich konstituierte Volksgemeinschaft in Erscheinung tritt.
Dass sich die Lohnarbeiterschaft in ihrem Streben nach wirtschaftlichem Gedeihen und sozialem Heil auf die Perspektive der als kommerzielles Konkurrenzsystem organisierten, zu einheitlichen Hoheitsgebieten separierten Wirtschaftsräume einlässt, verändert von Grund auf nicht nur das Persönlichkeits- und Täterprofil der bürgerlichen Gesellschaft, der sie sich damit eingliedert, sondern auch den Charakter des gesellschaftlichen Ziels, das sie als sozialistische Bewegung verfolgt. Aus der genossenschaftlichen Solidargemeinschaft, die sie im Gegensatz zum internationalen Konkurrenzsystem hochhält, wird die staatsbürgerliche Volksgemeinschaft, der sie im Einklang mit den von der jeweiligen bürgerlichen Gesellschaft beschworenen nationalen Interessen huldigt.
Dass diese Modifikation des Resultats freilich weit entfernt davon ist, sich in einer bloß physiognomischen oder phänomenalen Abweichung zu erschöpfen, und vielmehr das Zeug dazu hat, sich als regelrechte Charakterkonversion oder Wesensveränderung zu erweisen, wird rasch klar und ist in der Zielkorrektur, die der Revisionismus der sozialistischen Bewegung mit seiner Einlassung auf und Anpassung an die vom starken Staat initiierte und projektierte Reformpolitik vollzieht, in der eben jener Einlassung und Anpassung geschuldeten Substitution nämlich der Perspektive einer unbestimmt sozialen, klassenlos-genossenschaftlichen Solidargemeinschaft durch den Prospekt einer bestimmt nationalen, klassennegierend-staatsbürgerlichen Volksgemeinschaft unabweislich impliziert. Weil der starke Staat ja Erbe und Verwalter der in der absolutistischen Auflösung des feudalen Herrschaftssystems vollzogenen politischen Konstitution und bürokratischen Organisation einzelner Wirtschaftszentren und der ihnen angegliederten Vor- oder Umfelder, kurz, separierter Wirtschaftsräume zu einheitlichen Hoheitsgebieten und geschlossenen Verwaltungsbereichen ist, bedeutet der als Sozialdemokratisierung apostrophierte Revisionismus der sozialistischen Bewegung, ihre der taktischen Kehrtwendung des starken Staats, seiner Umverteilungspolitik, geschuldete Einlassung auf seine Perspektive und Anpassung an seine Projektion, nichts Geringeres als ihre Einbindung in die jener Perspektive immanente Ausschließlichkeit, um nicht zu sagen, Idiotie, ihre Abfindung mit der jener Projektion eigenen Beschränktheit, um nicht zu sagen, Borniertheit.
Nach dem Wahrspruch, dass alle Determination Negation ist, hört das Gros der gewerkschaftlich und parteilich organisierten Lohnarbeiterschaft, indem es die sozialreformerische Offerte des starken Staats akzeptiert und ihn als gleichermaßen strukturellen Bezugsrahmen und funktionelles Vehikel für die Durchsetzung der von der sozialistischen Bewegung verfolgten Ziele gelten lässt beziehungsweise in Anspruch nimmt, auf, deren Zielsetzung in der Universalität eines auf die bürgerliche Gesellschaft als systematische Formation bezogenen überstaatlich-sozialen Entwurfs wahrzunehmen, und überführt sie vielmehr in die Partikularität eines auf diese oder jene staatsbürgerliche Vereinigung als empirisches Gebilde abgestellten innerstaatlich-nationalen Vorhabens.
Mag der sich im Großen und Ganzen ihrer gewerkschaftlichen und parteilichen Organisation sozialdemokratisierenden, zum starken Staat überlaufenden Lohnarbeiterschaft also auch der ihrem Revisionismus von den Gralshütern der sozialistischen Bewegung gemachte platte Vorwurf sei's der Verblendung und Selbsttäuschung, sei's gar der Bestechlichkeit und des Selbstverrats Unrecht tun, mag die Lohnarbeiterschaft immerhin darauf pochen können, dass nicht sowohl desorientierte Verblendung oder eskapistische Illusion als vielmehr heuristische Ausblendung und listige Verstellung ihr Verhalten bestimmen und sie nämlich dem staatlichen Rattenfänger in der Hoffnung folgt, seine bornierte Taktik durchkreuzen beziehungsweise durchbrechen und in eine ihren alten Zielen dienliche Strategie umfunktionieren und auslaufen lassen zu können – Tatsache bleibt, dass sie sich erst einmal und bis auf unabsehbar Weiteres in das Regimen des starken Staats fügt beziehungsweise in sein Korsett zwängt, sich seinen intentionalen Vorgaben und institutionellen Bedingungen unterwirft und damit aber mehr in Kauf nimmt, eine größere Hypothek aufnimmt, als sie letztlich zu verkraften und aus dem Weg ihrer vermeintlich unveränderten sozialistischen Perspektive zu räumen, sprich, zugunsten jener staatsbürgerlichen Volksgemeinschaft, die ihr als substanzneutrale Modifikation beziehungsweise artgleiche Variation der von der sozialistischen Bewegung erstrebten genossenschaftlichen Solidargemeinschaft gilt, abzulösen und aufzuheben vermag.
Was die im Auftrag ihrer Lohnarbeiterschaft sich in die revisionistische Perspektive staatlicher Umverteilungspolitik schickende Sozialdemokratie vor allem und mit unter den politisch-ökonomischen Umständen, unter denen ihr Revisionismus stattfindet, höchst gravierenden Folgen in Kauf nehmen und nämlich als Determinante ihres Strebens nach einer staatlich vermittelten Erfüllung ihres reformpolitischen Programms beziehungsweise Einlösung ihrer sozialistischen Ziele gelten lassen muss, ist der Wettbewerbsdruck, unter den die ausbeutungs- und produktivitätsbedingte Eskalation des industriekapitalistischen Prozesses mit der ,,ungeheuren Warensammlung", die er hervorbringt, die einzelnen Volkswirtschaften setzt, ist die internationale Konkurrenzsituation, in die diese sich hineingetrieben und in der sie sich zum Wettstreit um Märkte und Marktchancen gegeneinander in Stellung gebracht finden, sind mit anderen Worten jene zunehmenden Absatzprobleme und wiederkehrenden Wertrealisierungskrisen, die, weil sie auch und sogar die Heilkraft der imperialistischen Expansion überfordern, die bürokratischen Prokuristen der einzelnen Volkswirtschaften, die sich im Zuge der imperialistischen Strategie als starke Staaten etablierenden politischen Herrschaften, zu den beschriebenen handelspolitischen Restriktionen und sozialpolitischen Repressionen nötigen, deren einziger Sinn und Zweck die Behauptung und Durchsetzung der jeweiligen Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb, ihr anhaltendes Wachstum und unverändertes Gedeihen unter Weltmarktbedingungen ist, unter denen Wachstum und Gedeihen nurmehr auf Kosten beziehungsweise zu Lasten der konkurrierenden Volkswirtschaften möglich ist.
Diesem einzigen Sinn und Zweck staatlichen Handelns, der allbeherrschenden Staatsräson, bleibt auch und nicht zuletzt die sozialreformerische Umverteilungspolitik verhaftet, zu der in seiner strategischen Not, will heißen, angesichts der Wirkungslosigkeit oder gar Kontraproduktivität der praktizierten handelspolitischen Restriktionen und sozialpolitischen Repressionen, der starke Staat Zuflucht nimmt und durch die er, wenn schon nicht das akkumulative Wachstum und verwertungsprozessuale Gedeihen des industriekapitalistischen Systems seiner jeweiligen Volkswirtschaft aktiv sicherzustellen, so jedenfalls doch dem System sedativ die Entlastung und Entspannung zu verschaffen sucht, die es braucht, um neue, sein künftiges Wachstum und Gedeihen zu gewährleisten geeignete Produktsparten, Fertigungstechniken und Verwertungsmethoden zu entwickeln. Und indem nun die den starken Staat revisionistisch in ihre sozialistische Programmatik und Zielsetzung einbeziehende Lohnarbeiterschaft die staatliche Umverteilungspolitik nicht nur annimmt und gelten lässt, sondern mehr noch zur – wie sehr auch immer aufzuhebenden – Grundlage und zum – wie sehr auch immer zu transzendierenden – Bezugsrahmen dieser ihrer Zielsetzung macht, akzeptiert sie nolens volens zugleich jenes für die Umverteilungspolitik gleichermaßen grundlegende und maßgebende System der in ihrer staatlichen Verfasstheit miteinander marktwirtschaftlich konkurrierenden Volkswirtschaften und räumt ihm die Geltung und Verbindlichkeit eines, paradox gesagt, empirischen Transzendentals der Erfolgsaussichten ihres eigenen Programmes ein.
Das heißt aber, sie akzeptiert das für die sozialreformerischen Bemühungen des starken Staates ebenso sehr maßgebende wie grundlegende internationale Konkurrenzsystem, das System der miteinander im Wettstreit um den Weltmarkt liegenden nationalen Volkswirtschaften, nicht nur, sondern reaffirmiert es mehr noch und substantiiert es gar, da ja der wirtschaftliche Wohlstand und das gesellschaftliche Heil, welch beides sie mittels der staatlichen Reformpolitik und deren als gleichermaßen Umfunktionierung und Totalisierung intendierte Überführung aus einem taktisch beschränkten Manöver in einen strategisch langen Marsch erstrebt, durch eben dieses Mittel nationaler Reformpolitik in jenes System internationaler Konkurrenz unfehlbar als in ihren eigenen fundamentalen Kontext eingebunden beziehungsweise unentrinnbar als in den auch für sie verbindlichen transzendentalen Rahmen gebannt bleiben und nur überhaupt erreichbar beziehungsweise realisierbar scheinen, wenn sie, die in die Revision einer wie auch immer doppelsinnigen beziehungsweise zweideutigen Staatstreue gegangene Lohnarbeiterschaft, den generell auf die politische Selbstbehauptung der eigenen Nationalgemeinschaft im Kreise der anderen Nationen lautenden Anforderungen jenes internationalen Konkurrenzsystems Genüge leistet und speziell seinen auf den Erfolg des industriekapitalistischen Prozesses der eigenen Volkswirtschaft auf Kosten der industriekapitalistischen Entwicklung der anderen Volkswirtschaften zielenden Bedingungen Rechnung trägt.
So gewiss die in die sozialdemokratische Revision sich schickende Lohnarbeiterschaft beziehungsweise ihre sozialistische Bewegung die Umverteilungspolitik des starken Staats als das Drama oder Drehbuch für die von ihr betriebene Um- oder Neugestaltung der bürgerlichen Gesellschaft akzeptiert und affirmiert, so gewiss akzeptiert und affirmiert sie damit zugleich das als internationales Konkurrenzsystem funktionierende System der nationalstaatlich organisierten Wirtschaftsräume als die Plattform oder Bühne dieser ihrer Um- und Neugestaltungsbemühungen und knüpft so den von ihr erstrebten wirtschaftlichen Wohlstand und das von ihr ersehnte gesellschaftliche Heil unauflöslich an das Wachstum und Gedeihen des nationalstaatlich organisierten Wirtschaftsraums, in dem sie jeweils beheimatet ist, reduziert also den erstrebten Wohlstand und das ersehnte Heil aus einer universalen Perspektive auf einen partikularen Prospekt, identifiziert den wirtschaftlichen Wohlstand und das gesellschaftliche Heil als ein vielmehr volkswirtschaftliches Projekt und nationalgemeinschaftliches Anliegen, das sich unter den gegebenen Bedingungen des internationalen Konkurrenzsystems und des Wettstreits um einen tendenziell überfüllten Weltmarkt nur in Konfrontation mit den anderen Volkswirtschaften alias Nationalgemeinschaften verfolgen und in der Tat nur auf deren Kosten beziehungsweise zu deren Lasten realisieren lässt.
Dass dieses in ihrem Revisionismus, ihrem Einklang mit der Raison des starken Staates, nolens volens implizierte Einschwenken des Gros der Lohnarbeiterschaft und ihrer gewerkschaftlichen und politischen Organisationen auf die nationalstaatliche Linie, diese ihre Bereitschaft, um ihres wirtschaftlichen Wohlstands und ihres gesellschaftlichen Heils willen die Herausforderungen des Systems der staatsmächtig konkurrierenden Wirtschaftsräume zu ihrer Sache zu machen und sich gemeinsam mit den Repräsentanten und Agenten des Industriekapitals und seinem mittelständischen Anhang, kurz, Seite an Seite mit der bürgerlichen Klasse, ihnen zu stellen – dass diese revisionistische Bereitschaft zur Kollaboration tiefgreifende politische Folgen für die bürgerliche Gesellschaft als ganze haben muss und in der Tat eine wesentliche Veränderung gleichermaßen ihres Charakters und ihrer Verhaltensstruktur, wenn man so will, ihres Persönlichkeits- und Täterprofils, mit sich bringt, ist unschwer einsehbar.
Bis dahin ist, ihrer sich immer krasser manifestierenden Dichotomisierung in zwei Hauptklassen gemäß, die bürgerliche Gesellschaft intentional gespalten und dementsprechend in ihrer außenpolitischen Entschlusskraft beziehungsweise ihrem handelspolitischen Durchsetzungsvermögen, wenn nicht gehemmt, so jedenfalls doch beeinträchtigt.
Die bürgerliche Klasse als Betreiberin, Trägerin und Nutznießerin des industriekapitalistischen Prozesses fügt sich problem- und in der Tat bedingungslos in die der absolutistischen Formationsphase geschuldete nationalstaatliche Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft, ihre Separation in politisch unifizierte und bürokratisch homogenisierte Wirtschaftsräume, und akzeptiert nicht nur, sondern reaffirmiert durchaus die daraus resultierende politisch-ökonomische Konkurrenz des europäischen Staatensystems, die sich schon früh in staatlich initiierten und organisierten beziehungsweise sanktionierten und subventionierten Strategien sei's der defensiven Abschottung der eigenen Märkte, sei's des offensiven Vordringens auf die Märkte der anderen zur Geltung bringt und die auch vor dem Mittel kriegerischer Gewalt, sprich, militärischer Okkupation und politischer Annexion, nicht zurückschreckt – auch wenn unter absolutistischen Vorzeichen diese Kriege und Landnahmen noch mindestens ebenso häufig der Willkür hybrid-herrschaftlicher Souveränität und Machtausübung wie dem Kalkül industriekapitalistischen Expansionsdrangs und Akkumulationsstrebens entspringen.
Die lohnarbeitende Klasse hingegen steht, okkupiert mit ihren ausbeutungsbedingt zunehmend schwierigeren Lebensverhältnissen, ihrer zumindest relativ zum wachsenden Wohlstand der bürgerlichen Klasse zunehmend kargeren Subsistenz, den Anforderungen dieses internationalen Konkurrenzsystems, das maßgebend für ein ökonomisches Gedeihen ist, das sie selber außen vorlässt und an dem sie in keiner Weise teilhat, eher indifferent oder gar renitent gegenüber. Das bedeutet nicht, dass sie nicht indirekt auf es und seine Entwicklung Einfluss nimmt. In dem Maße, wie die lohnarbeitende Klasse in ihrer wachsenden ökonomischen Not und ihrem zunehmenden sozialen Elend zum offenen Widerstand getrieben wird und auf die Barrikaden zu gehen droht, konfrontiert sie die bürgerliche Klasse der jeweiligen Nation mit der Aufgabe und Notwendigkeit, nach klassengesellschaftsinternen Krisenbewältigungsmethoden und Mechanismen der politischen Konfliktlösung zu suchen, bringt sie dadurch von der durch das internationale Konkurrenzsystem abgesteckten via regia des industriekapitalistischen Entfaltungsprozesses ab und führt sie auf jene gesellschaftsstrategischen beziehungsweise staatspolitischen Ab- und Umwege, als deren schlagendste und plastischste Ausprägung die Militarisierung der aus der Revolution hervorgehenden französischen Republik und ihre Umrüstung in eine Hegemonialmacht gelten darf, die auf den requisitorisch beziehungsweise konfiskatorisch aufgenommenen oder vielmehr eingetriebenen Kredit ihrer mittels Okkupation oder Annexion tributpflichtig gemachten kontinentalen Nachbarn lebt und gedeiht.
In dem Maße aber, wie im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts unter dem Druck ihrer ökonomischen Not und ihres sozialen Elends beziehungsweise unter dem Eindruck des krassen Widerspruchs, in dem ihre Not und ihr Elend zu ihrer tatsächlichen ökonomischen Unentbehrlichkeit und ihrer augenscheinlichen sozialen Allgegenwart stehen, die zur proletarischen Klasse egalisierte und homogenisierte Lohnarbeiterschaft ihre ebenso sporadischen wie anarchischen Widerstandshandlungen und Sabotageaktionen mit der ebenso chronischen wie systematischen Verweigerungshaltung und Gegenbewegung ihrer gewerkschaftlichen und parteilichen Organisationen und den von ihnen propagierten sozialistischen Programmen und kommunistischen Projekten vertauscht, bleibt es nicht bei jener bloß indirekten, den modus operandi des industriekapitalistischen Entfaltungsprozesses, das internationale Konkurrenzsystem, bloß störenden und beeinträchtigenden, weil die bürgerliche Klasse auf wirtschaftspolitische Abwege führenden beziehungsweise zu sozialpolitischen Experimenten verleitenden Einflussnahme.
Vielmehr sind jene sozialistischen Programme, die sich die Lohnarbeiterschaft auf ihre Fahnen schreibt, und jene kommunistischen Projekte, die sie bei Gelegenheit in die Tat umzusetzen sucht, nicht nur eine offene Kampfansage an die bürgerliche Gesellschaft im Allgemeinen, sondern mehr noch und im Besonderen ein direkter Angriff auf die Form und Fasson nationalstaatlichen Wettstreits, in der die kraft der absolutistischen Liquidation des Feudalsystems in Populationen aufgespaltene und zu einzelnen Wirtschaftsräumen integrierte bürgerliche Gesellschaft beziehungsweise deren maßgebende bürgerliche Klasse den industriekapitalistischen Prozess gestaltet und vorantreibt.
Indem die sich zur sozialistischen Bewegung formierende proletarische Klasse die von ihr sei's in reformerischer Absicht, sei's mit revolutionärem Anspruch abgelehnte und bekämpfte bürgerliche Gesellschaft als rein soziales Konstrukt, als ganzheitlich allgemeines Klassengebilde wahrnimmt, statt sie als nationalen Organismus, als hoheitlich begrenztes Staatsgefüge anzuerkennen, beansprucht sie, die volkswirtschaftlich partikulare Einheit der bürgerlichen Gesellschaft durch eine artgenossenschaftlich universale Eintracht der menschlichen Gattung zu ersetzen, und bestreitet beziehungsweise – im Erfolgsfall – entzieht damit der bürgerlichen Klasse zugleich mit ihrer ökonomisch-systematischen Existenzgrundlage auch die dynamisch-empirische Art und Weise, in der sie auf dieser Grundlage existiert, bedroht sie mit anderen Worten nicht nur mit einer Enteignung und Vergemeinschaftung ihrer ökonomisch-systematischen Substanz, sondern darüber hinaus auch mit einer Aussetzung und Aufhebung des dieser Substanz eigenen dynamisch-empirischen Wirkmechanismus und Entfaltungsmodus.
Ihren politischen Ausdruck und ihre praktische Erfüllung findet die Ablehnung und Verwerfung nicht nur der im produktiven Privateigentum bestehenden realgesellschaftlich-ökonomischen Substanz der bürgerlichen Klasse, sondern auch und zugleich des nationalstaatlich-dynamischen Modus, in dem diese Substanz wirksam wird und sich entfaltet, im Bemühen der zur sozialistischen Bewegung organisierten Lohnarbeiterschaft um grenzüberschreitende, den nationalstaatlichen Rahmen sprengende beziehungsweise neutralisierende Solidarität und Einmütigkeit.
Diese Haltung, die dem gesellschaftlicher Empirie entspringenden Klassenbewusstsein den Vorzug vor dem durch staatliche Ideologie hochgehaltenen Nationalgefühl gibt und deshalb die internationale Solidarität der Arbeiterklasse über das nationale Interesse der Volkswirtschaft stellt, streut Sand ins Getriebe des internationalen Konkurrenzsystems der nationalstaatlich verfassten Volkswirtschaften. Indem die gewerkschaftlichen und parteilichen Organisationen der Lohnarbeiterschaft in den einzelnen Ländern Streiks und Arbeitskämpfe in den Nachbarländern mit Sympathiestreiks und solidarischen Aktionen beantworten, indem sie sozialpolitische und arbeitsrechtliche Forderungen der Schwesterorganisationen in den anderen Ländern übernehmen und für den eigenen Zusammenhang zum Programm erheben, indem sie sich gegenseitig politische Zuflucht bieten, finanzielle Hilfe leisten und publizistisch unter die Arme greifen, und indem sie auf Kongressen und im Rahmen regelmäßiger Kontakte ihre Strategien, Programme und Zielsetzungen diskutieren und koordinieren, fallen sie der bürgerlichen Gesellschaft ihres Landes in den Rücken, schwächen und torpedieren deren ökonomische Dynamik und kommerzielle Durchsetzungskraft und stellen nicht nur defensiv-indirekt, durch innenpolitische Opposition, sondern mehr noch offensiv-direkt, durch außenpolitische Assoziation, ihre Unbereitschaft unter Beweis, den in nationalstaatlicher Konkurrenz, im Wettstreit staatlich verfasster Volkswirtschaften, bestehenden modus procedendi der industriekapitalistischen Entwicklung zu akzeptieren und mitzutragen.
Die revisionistische Einlassung der industriellen Lohnarbeiterschaft auf und ihre Anpassung an die staatlich initiierte und organisierte Umverteilungspolitik aber bedeutet den Anfang vom Ende für diese ideologische Immunität beziehungsweise diesen praktischen Widerstand gegen den als internationales Konkurrenzsystem die industriekapitalistische Entwicklung ebenso sehr dirigierenden wie vorantreibenden nationalstaatlich motivierten Wettstreit der zu Volkswirtschaften verstaatlichten Wirtschaftsräume. Indem sie wie auch immer vorbehaltlich, unter dem Vorbehalt nämlich der schließlichen Umkrempelung des bürgerschaftlichen in einen genossenschaftlichen Staat, ihr wirtschaftliches Gedeihen und politisches Heil in der vom nationalstaatlich eigenen Gemeinwesen zwecks Stabilisierung und Verstetigung des Kapitalisierungsprozesses eröffneten sozialreformerischen Perspektive sucht, kann die in die sozialdemokratische Revision sich schickende Lohnarbeiterschaft gar nicht anders, als die konkurrenzsystematischen, dem internationalen Wettstreit um Märkte und Absatzchancen geschuldeten Bedingungen und Herausforderungen mit in Kauf zu nehmen, die untrennbar mit dieser nationalstaatlich determinierten sozialreformerischen Perspektive verknüpft sind.
Mag sie pro forma ihres sozialistischen Programms die nationalstaatliche Konkretisierung beziehungsweise Limitierung ihrer Reformbestrebungen noch so sehr als notgedrungenes Durchgangsmoment, als bloß transitorische Phase ansehen, de facto des internationalen Konkurrenzsystems, nach dessen Maßgabe die nationalstaatlich dirimierten und organisierten Volkswirtschaften miteinander wetteifern, steht und fällt nunmehr der Erfolg ihrer eigenen Programme und Projektionen damit, dass sie ihr generisches Klassenbewusstsein und ihre daraus resultierende Distanz zur nationalstaatlich organisierten bürgerlichen Gesellschaft, in der sie lebt, aufgibt und sich kraft spezifischen Nationalgefühls dieser nationalstaatlich besonderten bürgerlichen Gesellschaft definitiv zugehörig und verpflichtet erfährt, sie mitsamt ihren durch den modus procedendi der industriekapitalistischen Entwicklung, die internationale Konkurrenz, gestellten politisch-ökonomischen Bedingungen und Anforderungen zu ihrer Sache macht und sie als all ihre ökonomischen Erwartungen und politischen Hoffnungen in sich bergenden Nähr- und Mutterboden, kurz, als ihren Existenzgrund, ihre Heimat, weiß und anerkennt.
Die mit der Integration der Lohnarbeiterschaft einhergehende Aussetzung ihres Klassenbewusstseins durch das Nationalgefühl verwandelt die staatlich separierten bürgerlichen Gesellschaften Europas in von ebenso viel Tat- wie Entschlusskraft getriebene verschworene Interessengemeinschaften, die unter Bedingungen eines industriekapitalistischen Prozesses, der sich im modus operandi internationaler Konkurrenz vollzieht und dem permanente produktivitätsbedingte Absatzprobleme und Wertrealisierungskrisen zu schaffen machen, ein wachsendes ökonomisches Konfliktpotenzial darstellen. Mit seinen teils mutwilligen, teils unfreiwilligen Großmachtaspirationen spielt der Emporkömmling im Klub der europäischen Industrienationen, das Deutsche Reich, die Rolle eines katalytischen Ferments, das den aufgestauten Konkurrenzdruck und die angehäuften Verdrängungsspannungen aus ihrer ökonomischen Bindung politisch freisetzt und sich in den Stellungskriegen und Materialschlachten des Ersten Weltkriegs militärisch entladen oder vielmehr selbstzerstörerisch austoben lässt.
Dass die so mittels der Umverteilungspolitik des starken Staats, seiner ökonomischen Rettungsaktion, erreichte Integration der Lohnarbeiterschaft in die nationalstaatlich besonderte bürgerliche Gesellschaft, die kraft Identifikation der ersteren mit dem Projektionsrahmen und Erwartungshorizont der letzteren bewirkte Aufhebung oder jedenfalls Aussetzung des Klassenbewusstseins zugunsten des Nationalgefühls als eines kollektiv imputierten statt objektiv reflektierten Bewusstseins, auf stürmischer See in einem Boot zu sitzen oder, besser gesagt, im plattentektonischen Geschiebe auf einer Scholle beheimatet zu sein – dass solche sozialdemokratische Heimkehr des sozialistisch verlorenen Sohns für die gemäß ihrer nationalstaatlichen Besonderung sich jeweils als Vaterland aller Klassen behauptende bürgerliche Gesellschaft selbst und vor allem für ihren volkswirtschaftlichen Stand und ihren handelspolitischen Part im Konzert der Nationen schwerwiegende ideologische Implikationen und weitreichende politische Konsequenzen hat, ist leicht einsehbar. Aus dem Klotz am Bein der ökonomisch motivierten machtpolitischen Aspirationen des bürgerlichen Nationalstaats beziehungsweise aus der diese machtpolitischen Aspirationen konterkarierenden oder gar offen torpedierenden fünften Kolonne wird ein den Aspirationen Nachdruck und Schwungkraft verleihendes Trägheitsmoment, ein den eingeschlagenen machtpolitischen Kurs affirmierendes und promovierendes gefolgschaftliches Beharrungsvermögen.
Eine soziale Klasse, die, weil sie ihr wirtschaftliches Gedeihen und ihr gesellschaftliches Heil im Gegensatz zur bürgerlichen Gesellschaft nationaler Fasson und unabhängig von ihr erstrebt, von dieser unter Aufbietung beträchtlicher, für den Kampf um den Weltmarkt deshalb unverfügbarer personaler und institutioneller Kräfte im Zaum beziehungsweise bei der Stange gehalten werden muss, verwandelt sich in eine zivile Masse, die, weil sie ihr wirtschaftliches Gedeihen und ihr gesellschaftliches Heil im Rahmen dieser bürgerlichen Gesellschaft nationalen Zuschnitts und in Relation zu ihr erstrebt, sich im Gegenteil als deren internationalen Wettstreit nolens volens unterstützende Kraft und in der Tat zu ihrer Sache machende Verstärkung erweist. Aus einer Gegenspielerin der nationalstaatlich verfassten bürgerlichen Gesellschaft, die, weil sie deren Abschaffung und Auflösung zur Voraussetzung der von ihr intendierten klassenlosen Solidargemeinschaft macht, deren Geschlossenheit und Zielstrebigkeit, wenn nicht lähmt und torpediert, so jedenfalls doch hintertreibt und schwächt, wird eine Mitstreiterin, die, weil sie die von ihr nach wie vor intendierte Solidargemeinschaft vielmehr durch eine sozialistische Umgestaltung und Aufhebung ihrer als trojanisches Pferd oder, besser gesagt, als historischer Wirtskörper in Anspruch genommenen jeweiligen, nationalstaatlich verfassten, bürgerlichen Gesellschaft ins Werk zu setzen hofft, sich in letzterer voll und ganz engagiert und, um ihr an deren Wohl und Wehe geknüpftes Ziel zu erreichen, auch nicht davor zurückschreckt, um eben dieses Wohls und Wehes ihres historischen Wirtskörpers, seiner Behauptung im Konkurrenzkampf der industriekapitalistischen Volkswirtschaften, willen größtmögliche politische Selbstverleugnung zu treiben und schmerzlichste ökonomische Opfer zu bringen beziehungsweise soziale Unbilden zu ertragen.
Folge und Ausdruck dieser politisch-sozialen Kehrtwendung des Großteils der Lohnarbeiterschaft und ihrer Organisationen, die nicht weniger eine praktische Verhaltensänderung als einen ideologischen Gesinnungswandel impliziert, ist die Erweiterung und Totalisierung des Nationalkonzepts. Bis dahin ist die Nation ein in der Hauptsache funktionalistischer Begriff, der dazu dient, die realen klassengesellschaftlichen Brüche und Spaltungen der bürgerlichen Gesellschaft zu überspielen und letzterer zu ermöglichen, ihre vom Kapitalprozess diktierten und von der Bourgeoisie im Besonderen und der bürgerlichen Klasse im Allgemeinen implementierten Strategien und Entwicklungen als quasi natürliche, unabhängig von allem wirtschaftlichen Kalkül im gesellschaftlichen Sein begründete schicksalhafte Bestimmungen zu behaupten und der Bevölkerung zu oktroyieren.
Dabei variiert die Zielrichtung dieses funktionalistischen Nationalkonzepts je nach dem historischen Rahmen beziehungsweise empirischen Kontext, in dem es eingesetzt wird und Anwendung findet, und reicht etwa vom kolonialistischen Isolationismus des britischen Inselreichs über den egalitaristischen Bürgerkult der Grande Nation bis hin zum freiheitskämpferischen Deutschtum des in der vielstaaterischen Wirklichkeit Mitteleuropas romantisch-gespenstisch perennierenden Reichsgedankens. In allen Fällen aber ist der Nationalismus ein von den Funktionären und Repräsentanten des Kapitalprozesses, kurz, von der bürgerlichen Klasse getragenes und verbreitetes Credo, das der lohnarbeitenden Volksmasse zwar zu imponieren und sie gelegentlich auch anzusprechen oder gar mitzureißen vermag, ihr niemals aber aus dem Herzen beziehungsweise spontan in den Sinn kommt, weil es mit ihren ökonomischen Ansprüchen und sozialen Bedürfnissen unvermittelt bleibt, nichts mit ihnen zu schaffen hat, und sie eher über ihre tatsächliche wirtschaftliche Lage erhebt beziehungsweise sie über ihre wirkliche gesellschaftliche Stellung hinwegtäuscht, als dass es ihrer wirtschaftlichen Lage selbst zum Vorteil zu gereichen, ihrer gesellschaftlichen Stellung als solcher aufzuhelfen verspräche.
Das aber ändert sich nun in dem Maße, wie unter dem Eindruck und Einfluss der sozialreformerischen Umverteilungspolitik des starken Staats und der allmählichen Sozialdemokratisierung, die der starke Staat zwecks Implementierung seiner Umverteilungspolitik passieren lässt oder gar aktiv befördert und betreibt, die Lohnarbeiterschaft ihren Anspruch auf eine grundlegende Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage und gesellschaftlichen Stellung, kurz, ihre Erwartung ökonomischen Gedeihens und sozialen Heils an den nationalstaatlich verfassten Wirtschaftsraum knüpft, um nicht zu sagen kettet, in dem sie lebt, und sich, eben weil er für sie zum Hort gleichermaßen ihrer generisch-historischen Aussichten und ihrer spezifisch-biographischen Erwartungen avanciert, gut aufgehoben und zuhause fühlt.
In dem Maße, wie das geschieht, substanzialisiert sich das bis dahin funktionalistisch beschränkte Nationalkonzept und verwandelt sich aus einem Instrument, das bloß gebraucht wird, um zwecks Konzentration auf äußere ökonomische Zielsetzungen und dafür nötige politische Strategien die inneren Gegensätze beziehungsweise Konflikte in der bürgerlichen Klassengesellschaft so weit zu überbrücken beziehungsweise zu überspielen, dass diese wenigstens situativ und vorübergehend die erforderliche Handlungsfähigkeit behält und Durchsetzungskraft beweist, in ein Medium, das ihr das Selbstbild eines klassenlosen Staatsbürgertums vermittelt und ihr damit den täuschenden, sie selbst als ganze hinters Licht ihrer realen Verhältnisse und Zerwürfnisse führenden Anschein einer ebenso intentional geschlossenen wie emotional geeinten Volksgemeinschaft verleiht, womit es sie in die Lage versetzt, ihre vom Kapitalprozess ihr diktierten Zielsetzungen und Strategien ebenso druckvoll wie dauerhaft, ebenso permanent wie insistent zu verfolgen und in ihrer Verfolgung eine ungeahnte, bis dahin unbekannte, weil nicht mehr durch reale Klassengegensätze informierte, sondern aus der trugbildnerischen Projektion schicksalhafter Gemeinsamkeit sich speisende Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft zu beweisen.
Indem so dank der Einlassung eines Großteils der sozialistischen Bewegung auf und seiner Anpassung an die sozialreformerische Politik des starken Staats, die dieser als taktisches Manöver zur Rettung des Kapitalprozesses intendiert, jener hingegen als strategische Chance zur allmählichen Transformation der bürgerlichen Klassengesellschaft in eine genossenschaftliche Solidargemeinschaft interpretiert – indem also dank solcher Identifikation des Gros der Lohnarbeiterschaft mit der staatlichen Reformpolitik das Konzept von der Nation als gesellschaftlichem Organismus aus einer bürgerlichen Ansichtssache in eine klassenübergreifende Weltanschauung, der von der bürgerlichen Gesellschaft gehegte Nationalgedanke in ein von allen kultiviertes Nationalgefühl mutiert, kurz, der Nationalismus sich aus einem klassengebunden-funktionellen Darstellungsmittel in ein klassenlos-substanzielles Vorstellungsmedium verwandelt, kehren die von dieser Wandlung betroffenen einzelnen, in ihrer volkswirtschaftlichen Besonderung staatlich verfassten bürgerlichen Gesellschaften, was ihre ökonomischen Aspirationen und Projektionen, ihr Auftreten und Agieren in dem als modus procedendi des industriekapitalistischen Entfaltungsprozesses wirksamen internationalen Wettstreit um Märkte und Absatzchancen betrifft, zwangsläufig einen novellierten und von ebenso viel Zielstrebigkeit wie Gesammeltheit geprägten Charakter heraus und gewinnen, was ihre Initiative und Handlungsfähigkeit angeht, eine diesem Charakter entsprechende neue Resolution und Determination.
All ihrer fortdauernden sozialen Gespaltenheit und anhaltenden realen Klassenkonfliktträchtigkeit zum Trotz stellen die staatlich organisierten bürgerlichen Gesellschaften nun nach außen, in ihrem Umgang mit ihresgleichen, ihrem Verhältnis zu den Nachbarstaaten, ebenso zweckorientierte wie konzentrierte, von ebenso viel Tat- wie Entschlusskraft getriebene Interessengemeinschaften dar – getragen, wie sie sind, von dem zum Gefühl ebenso sehr entspezifizierten wie totalisierten Bewusstsein, ihre ökonomischen Ziele und sozialen Ansprüche, ungeachtet aller sie bestimmenden klassenspezifischen Gegensätzlichkeit oder gar Ausschließlichkeit, nur auf der gemeinsamen Basis beziehungsweise im gemeinschaftlichen Rahmen ihrer nationalstaatlichen Konstitution erreichen und realisieren zu können. So gewiss nicht nur die bürgerliche Klasse, sondern auch das Gros der Lohnarbeiterschaft die Hoffnung auf ökonomisches Gedeihen und soziales Heil an den Erfolg des industriekapitalistischen Entfaltungsprozesses knüpft und so gewiss dieser Prozess sich im Konkurrenzmodus staatlich etablierter und so zu separaten Volkswirtschaften organisierter Wirtschaftsräume vollzieht, so gewiss werden die auf ihre jeweilige Volkswirtschaft staatlich vereidigten einzelnen bürgerlichen Gesellschaften auch für ihre Lohnarbeiterschaft zu einer Interessengemeinschaft, die in einer förmlichen coincidentia oppositorum das Los aller involvierten Klassen bündelt und in dem Sinne den Tatbestand einer Schicksalsgemeinschaft erfüllt.
Nichts anderem als dieser coincidentia oppositorum der durch den modus procedendi des industriekapitalistischen Entfaltungsprozesses gepolten und nämlich in die vektorelle Bahn, die der internationale Wettstreit der jeweiligen Volkswirtschaft zuweist, gebannten gegensätzlichen Ziele beziehungsweise widersprüchlichen Intentionen verleiht das zum verbindlichen Selbstbild der bürgerlichen Gesellschaft totalisierte Konzept der Nation eine ebenso gespenstische Virulenz wie trügerische Existenz. Nationalismus wird zu einem von der gesellschaftlichen Erfahrung weitgehend unabhängigen Bewusstseinsschicksal, dem im Prinzip der kapitalprozessualen Projektion der Lohnarbeiter nicht weniger als der Kapitalist erliegt und gegen das höchstens noch die Idiosynkrasien und Deformationen der individuellen Biographie und des persönlichen Charakters Schutz und Immunität zu gewähren vermögen.
Als klassenspezifische Differenz bleibt in diesem Klassenschranken überwindenden oder, besser gesagt, ignorierenden Nationalgefühl, diesem volksgemeinschaftlichen Nationalismus, bestenfalls übrig und bemerklich, dass der Lohnarbeiterschaft der von ihr subskribierte ökonomische Erfolg der Nation im abstrakten Prinzip als Mittel zum Zweck der von ihr erstrebten sozialistischen Solidargemeinschaft gilt, wohingegen der Bourgeoisie dieser Erfolg in definitiver Konkretion als Selbstzweck, als die Nation unter dem Vorgeben, sie hochzuhalten, vielmehr zu seinem Mittel und Werkzeug degradierendes höchstes Gut vor Augen steht – eine Differenz, die ihren Ausdruck darin findet, dass die Lohnarbeiterschaft Nationalismus eher als Patriotismus, als Anspruch auf eine führende Rolle, einen tonangebenden Part des eigenen Landes im volkswirtschaftlichen Konzert der Nationen, wahrnimmt, die Bourgeoisie ihn hingegen eher als Chauvinismus, als Streben nach einem Platz an der vom Industriekapital verkörperten Sonne praktiziert, der im ökonomischen Überlebenskampf der Nationen dem Sieger als Prämie winkt.
Dabei erweist sich die chauvinistische Vorstellung vom Überlebenskampf aller Nationen gegenüber dem Bild von einer konzertanten Führungsrolle der eigenen Nation angesichts der sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auskristallisierenden historischen Situation eines dank der Ausbeutungsrate und Produktivität des industriekapitalistischen Wertschöpfungsprozesses fortlaufend überfüllten Weltmarkts und daraus permanent resultierender und alle beteiligten Volkswirtschaften in einen erbitterten Wettstreit um Märkte und Marktchancen verstrickender Absatzprobleme alias Wertrealisierungskrisen als eindeutig realistischer. So sehr nämlich die Integration der Lohnarbeiterschaft in die als nationales Anliegen wahrgenommene Entfaltungsperspektive ihrer jeweiligen Volkswirtschaft die betreffende bürgerliche Gesellschaft ökonomisch stärkt und konsolidiert und aus einem durch innere Widerstände und Konflikte abgelenkten und behinderten Sozialverband in eine auf den äußeren Erfolg programmierte, auf den Triumph über die ausländische Konkurrenz konzentrierte kapitale Korporation überführt, so sehr ist die politische Kehrseite der Medaille, dass eben diese Transformation der bürgerlichen Gesellschaften aus einem sozial gespaltenen Klassenverband in ein national geeintes Volkskorpus unter den herrschenden Bedingungen einer entfesselten, um nicht zu sagen, aus dem Ruder laufenden industriekapitalistischen Entwicklungsdynamik zu einer ernsthaften Destabilisierung des als modus procedendi industriekapitalistischer Akkumulation fungierenden internationalen Konkurrenzsystems führt, in dem nunmehr die einzelnen Volkswirtschaften ihre gesammelte Resolution zur Geltung und ihre Durchschlagskraft zum Tragen bringen.
In dem Maße, wie dank der Einbindung der Lohnarbeiterschaft in die ihr von Staats wegen eröffnete und ebenso prinzipiell irreführende wie reell richtungweisende Perspektive einer im nationalen Rahmen möglichen ökonomischen Sanierung und sozialen Rehabilitation die industriekapitalistischen Nationen aus ambivalenten Klassengesellschaften in resolute Volksgemeinschaften mutieren und als solche im Wettstreit um Märkte und Absatzchancen ihren vom Kapital gesteuerten Volkswirtschaften einen ganz anderen Rückhalt bieten und unvergleichlich mehr Impetus verleihen, gerät das internationale Konkurrenzsystem, das sie miteinander verknüpft, immer stärker unter Druck, verändert aufgrund der zunehmenden Spannungen, unter die der volksgemeinschaftlich substantiierte Wettstreit es setzt, gewissermaßen seinen Aggregatszustand und verwandelt sich aus einem topisch-mechanischen Geflecht, dessen Bestandteile einander nicht weniger in Schach halten und abstoßen wie angehen und bedrängen und so das System als solches kontinuieren und reaffirmieren, in ein dynamisch-chemisches Gemisch, dessen Elemente sich derart aufgeladen und reaktionsbereit präsentieren, dass, aufeinander scharf und einander in Wege, wie sie kraft systematischer Konkurrenz nun einmal sind, eine unmittelbare oder offene, sprich, nicht ökonomisch vermittelte oder durch den systematischen Kontext gedeckte Berührung oder Konfrontation genügt, um die Spannungen sich mit Gewalt entladen, sie, die Elemente, unkontrolliert miteinander reagieren und es, das internationale Konkurrenzsystem, der Zerreißprobe verfallen, kurz, explodieren zu lassen.
Solange der Konkurrenzdruck und die durch den Wettstreit erzeugten Reibungsspannungen ökonomisch definiert, will heißen, in ihren Ausdruckformen, ihrer Symptomatik, auf handelspolitische Auseinandersetzungen, wirtschaftspolitische Maßnahmen und sozialpolitische Eingriffe beschränkt bleiben, kann jener veränderte Aggregatszustand, in den die Einlassung der sozialistischen Bewegung auf und ihre Anpassung an die nationalstaatliche Perspektive die betreffenden staatlich verfassten bürgerlichen Gesellschaften versetzt und der sie aus streitenden Revierhaltern in tickende Zeitbomben verwandelt, noch keine Wirksamkeit erlangen und bleibt die neue Gefährlichkeit, die ihre Sozialdemokratisierung diesen Gesellschaften verleiht, noch gewissermaßen neutralisiert, verharrt in der Latenz eines unscharfen Sprengpotenzials. Damit das Sprengpotenzial Aktualität gewinnt, die Bombe scharf wird, braucht es ein als Zündmechanismus dienendes, ebenso unmittelbares wie äußeres Stimulans, quasi einen heterogenen Energiestoß, der die durch die Ökonomie aufgebauten Spannungen aus ihrer ökonomischen Korsettage alias Gebundenheit ausfällt und als entmischt politische Antriebskräfte verfügbar werden lässt.
Diesen Zündmechanismus aber liefert nun der industriekapitalistische Emporkömmling, das Deutsche Reich, mit seinem dem Modus seiner Begründung geschuldeten und die konstitutionelle Monarchie, als die es sich etabliert, als eine Art von leviathanischem Transzendentalismus überdauernden quasiabsolutistischen Regime, das, wie für den raschen, staatlich organisierten und kontrollierten industriekapitalistischen Aufholprozess Mitteleuropas, so denn auch für das als verräterisches Indiz und symptomatischer Beweis des Erfolgs der Aufholjagd zu wertende anschließende Bemühen verantwortlich zeichnet, die erfolgreiche industriekapitalistische Entwicklung durch eine staatsimperialistische Expansion zu vollenden und der errungenen globalen marktwirtschaftlichen Macht die territorialherrschaftliche Krone eines weltumspannenden Kolonialreichs aufzusetzen. Mit diesem nicht weniger anachronistischen als verspäteten Bemühen, es den industriestaatlichen Nachbarn und Konkurrenten im Westen gleichzutun und die von ihnen durchlaufene imperialistische Etappe nachzuholen, kommt das vom Minderwertigkeitskomplex des kaiserlichen Quasiabsolutismus befeuerte Deutsche Reich eben jenen westlichen Konkurrenten im Allgemeinen und dem britischen Inselreich im Besonderen ins Gehege.
Mit seiner auf eine imperialistische Expansion angelegten Kolonial-, Flotten- und Kanonenbootpolitik berührt und bedroht es die Stellung und die Interessen des von letzterem eingerichteten weltumspannenden Empire und induziert so dem auf der Basis des imperialistischen Status quo entstandenen und mittlerweile die internationalen Beziehungen bestimmenden ökonomisch-marktwirtschaftlichen Konkurrenzsystem ein Moment von politisch beziehungsweise militärisch territorialherrschaftlicher Dynamik, das in dem Maße, wie es sich als wirksam und folgenreich erweist, das Kräfteverhältnis und die Gewichtsverteilung in diesem ökonomischen Konkurrenzsystem quasi von außen, nämlich mit nichtökonomischen Mitteln, zu beeinflussen und zu verändern droht. Was Wunder, dass die westlichen Konkurrenten im Allgemeinen und Großbritannien im Besonderen auf diese vom Deutschen Reich ausgehende territorialherrschaftlich-politische Störung und gar Bedrohung des international herrschenden marktwirtschaftlichen Konkurrenzsystems und seines zunehmend unter Druck stehenden und spannungsgeladenen Gleichgewichts allergisch reagieren und sie als katalytisches Ferment gewahren, das geeignet ist, den vom System erzeugten und aufgestauten Konkurrenzdruck, die im System entstehenden und sich ansammelnden Spannungen ihrer ökonomischen Gefasstheit zu entkleiden, freizusetzen und für eine zwischenstaatlich direkte Konfrontation, sprich, ein militärisches Kräftemessen verfügbar werden zu lassen?
So störend und irritierend sich indes die nachgeholte imperialistische Wendung des Emporkömmlings, sein im Dienste wirtschaftspolitischer Interessen nachhinkender territorialherrschaftlicher Eingriff in ein marktwirtschaftliches System der europäischen Industriestaaten, das solch territorialherrschaftliche Unterstützungsmaßnahmen, solch imperialistisches Hilfsprogramm fürs Industriekapital eigentlich schon ausgereizt und ad acta gelegt hat, auf das System auswirken muss, in seiner unmittelbaren Form, seinen kolonial- und flottenpolitischen Aspirationen reicht der Eingriff beziehungsweise reicht das Konfliktpotenzial, das er freisetzt, nicht aus, um jenes unmittelbar staatspolitische Kräftemessen, jenen militärischen Showdown herbeizuführen.
Er genügt, um die Bombe, zu der das internationale Konkurrenzsystem der um Absatz auf einem überfüllten Weltmarkt, um Wertrealisierung in einer Wertschöpfungsflut wetteifernden industriellen Volkswirtschaften geworden ist, scharf zu machen, aber die Bombe auch zu zünden und zur Explosion zu bringen, vermag dieses imperialistische Nachholmanöver allein noch nicht! Dafür ist es, für sich genommen, entschieden zu anachronistisch und widersinnig, beschränkt, wie es in einer weitgehend bereits von anderen vereinnahmten und machtsphärisch aufgeteilten Welt zwangsläufig ist, auf einige übrig gebliebene strategisch ebenso unerhebliche wie ökonomisch uninteressante Winkel und Flecken der Erde und um ihrer Implementierung willen zu finanziellen Aufwendungen und militärisch-bürokratischen Anstrengungen genötigt, die in keinem Verhältnis zum ökonomischen beziehungsweise politischen Nutzen stehen und als letztlich tote Kosten zu Buche des durch seine ökonomischen Entwicklungsprogramme und Fördermaßnahmen ohnehin arg strapazierten Staatshaushalts schlagen.
Virulenz und Zündkraft gewinnt das Nachholmanöver erst durch die Verstrickung des Deutschen Reichs in die Konflikte der beiden ebenso industrieökonomisch zurückgebliebenen wie konstitutionspolitisch entwicklungsgehemmten großen Flächenstaaten im Osten Europas, die durch die oben erwähnten unüberwindlichen Probleme einerseits eines in feudalem Regionalismus resultierenden geographischen Gigantismus und andererseits einer tribalen Partikularismus heraufbeschwörenden ethnischen Zersplitterung dazu gebracht werden, ihr Heil in imperialen Ersatzleistungen zu suchen und sich statt auf kapitalprozessuale Fortschritte und eine sozialformative Neuordnung vielmehr auf territorialexpansive Arrondierungsbemühungen und auf gouvernementalaffirmative Bestandssicherungsmaßnahmen zu kaprizieren, und die dabei einander zunehmend in die Quere kommen und an vom jeweils anderen reklamierte Grenzen stoßen.
Indem nun das Deutsche Reich aufgrund seiner nicht weniger nachbarschaftlich-aktuellen, durch seine neuen ökonomischen Interessen und politischen Strategien bestimmten, als herrschaftlich-traditionellen, aus Zeiten des preußischen Flächenstaats herrührenden, Verbundenheit und Konkurrenz mit den beiden Anrainern sich eher zwangsläufig als eilfertig in deren Angelegenheiten involviert findet, eröffnet sich ihm dank seiner mittlerweile erreichten kapitalistischen Kraft und militärischen Stärke ein unabsehbar neues Betätigungsfeld und eine ungeheuer vielversprechende Entfaltungsperspektive – nämlich die Aussicht und Gelegenheit, in den beiden Flächenstaaten, die quasi den ebenso verwahrlosten wie ausladenden Hinterhof des europäischen industriekapitalistischen Gebäudekomplexes bilden, Fuß zu fassen, dort in der Funktion sei's eines hegemonialen Schutzherrn, sei's eines imperialen Zwingherrn aufzuräumen und Ordnung zu schaffen und kraft seiner so oder so zur Geltung gebrachten staatlichen Vormachtstellung wirtschaftlich zu reüssieren und nämlich teils die in diesem Hinterhof sich eröffnenden neuen Markt- und Distributionschancen für die Lösung der Absatzprobleme der eigenen Volkswirtschaft, sprich, für die kommerzielle Verstetigung oder gar Beschleunigung ihres industriellen Wachstums zu nutzen, teils dann für den solchermaßen sanierten oder gar dynamisierten industriellen Apparat der eigenen Volkswirtschaft zwecks weiteren Wachstums und fortgesetzter Dynamik die in besagtem Hinterhof schlummernden unermesslichen Investitions- und Produktionskapazitäten zu erschließen und auszubeuten.
Der dem Deutschen Reich aufgrund der Zwistigkeiten der beiden ebenso verstörten wie gebrechlichen Nachbarn im Osten sich eröffnende Prospekt eines Zugriffs auf weitere riesige kommerzielle Betätigungsfelder und einer Verfügung über neue nicht minder gewaltige industrielle Entwicklungsressourcen aber muss nun seine westlichen Nachbarn, seine industriekapitalistischen Konkurrenten, ohne Frage aufschrecken und definitiv in Harnisch bringen. Wahrgenommen und verwirklicht, verspricht dieser Prospekt, der produktionstechnisch und arbeitsorganisatorisch ohnehin überlegenen Volkswirtschaft des Emporkömmlings im Wettstreit mit den anderen Volkswirtschaften einen kriteriell entscheidenden Vorteil zu verschaffen und so dem Deutschen Reich, wenn auch vielleicht nicht ad hoc und auf kurze Sicht, so jedenfalls doch langfristig und zuletzt ein unvermeidliches ökonomisches Übergewicht und eine daraus folgende unabwendbare politische Vormachtstellung im Verbund der im Modus einer mittlerweile ebenso nationalen Gesammeltheit wie staatlichen Verfasstheit das Geschäft des industriekapitalistischen Entfaltungsprozesses betreibenden europäischen bürgerlichen Gesellschaften zu sichern.
Tatsächlich ist es nun jener Prospekt, der dem anachronistischen Bemühen des kaiserlichen Deutschland um eine den Flotten der Konkurrenten das Wasser reichen könnende Marine und um eine imperialistisch weltumspannende koloniale Präsenz, das, für sich genommen, die Konkurrenten zwar irritieren, nicht aber bereits aus der Reserve zu locken vermag, den Charakter eines akut provokativen Verhaltens, einer nicht mehr hinzunehmenden Herausforderung vindiziert. Wenn man so will, ist es der Atavismus territorial-imperialer Okkupation, zu dem sein eher bündnispolitisch-zwangsläufiges als machtstrategisch-planmäßiges Engagement in den verwilderten Weiten des europäischen Hinterhofs dem deutschen Emporkömmling die Handhabe bietet, was dem Anachronismus einer kolonial-imperialistischen Expansion, den sich der Emporkömmling herausnimmt und leistet, die Aktualität und Bedrohlichkeit verleiht, die ihm als solchem fehlt, und was die etablierten industriekapitalistischen Konkurrenten veranlasst, dies anachronistische Treiben des Deutschen Reichs als Beweis für dessen nicht länger hinzunehmendes, weil höchst akutes und virulentes Vormachtstreben zu realisieren und folglich zum casus belli zu erklären.
So gewiss seine in der vorgeblich bloßen Bündnistreue gegenüber dem Habsburgerreich implizierte imperial-okkupative Wendung nach Osten dem Deutschen Reich, wenn nicht auf kurze, so doch auf lange Sicht, kommerzielle Entfaltungsräume zu erschließen und industrielle Entwicklungspotenziale zu verschaffen verspricht, dank deren es gar nicht umhin kann, das internationale System industriekapitalistischer Konkurrenz aus dem Lot zu bringen und seiner Volkswirtschaft ein politisch durchschlagendes ökonomisches Übergewicht über die der anderen europäischen Industrienationen zu sichern, und so gewiss sie damit den bis dahin noch als quasiabsolutistische Marotte abzutuenden imperialistisch-expansiven Bemühungen des Deutschen Reichs zur Aktualität und Bedrohlichkeit eines das Spiel der ökonomischen Kräfte effektiv zu unterlaufen und es nämlich mit gezinkten Karten, sprich, mit regelwidrig politisch-militärischen Mitteln zu manipulieren geeigneten perfiden Vorhabens verhilft, so gewiss wird die sich dergestalt als Hinterlist outende Marotte zu einem katalytischen Ferment, einem störfaktorellen Beschleunigungselement, das den im kapitalprozessualen System der Volkswirtschaften aufgestauten Konkurrenzdruck, die von ihm erzeugten Reibungs- und Verdrängungsspannungen, aus ihm entmischt und freisetzt und als Antrieb für die offene politische Konfrontation beziehungsweise als Sprengstoff für den direkten militärischen Showdown verfügbar werden lässt.
Dass das Deutsche Reich, ungeachtet seiner eher bündnispolitisch-zwangsläufigen als machtstrategisch-planmäßigen Involvierung in den Atavismus jenes Treibens der östlichen Flächenstaaten, das sein eigenes, mit den westlichen Industrienationen getriebenes flotten- und kolonialpolitisches Machtspiel aus einem von Herrschafts wegen unternommenen anachronistischen Schachzug in einen von Staats wegen mit Zeitzünder ausgestatteten Sprengsatz verwandelt – dass also das Deutsche Reich ungeachtet der relativen Unfreiwilligkeit, mit der es den Sprengsatz scharf macht, sich, wie der ominöse Schlieffenplan beweist, dank des vom kriegerischen Geist seines quasiabsolutistisch-kaiserlichen Regimes inspirierten Vordenkertums seiner Militärführung auf den Showdown nicht nur bestens vorbereitet, sondern sogar entschlossen zeigt, die Initiative zu ihm zu ergreifen und durch förmliche Kriegserklärungen an die beiden unmittelbaren Nachbarn den Sprengsatz zu zünden, bestätigt und akzentuiert zwar noch einmal die störfaktorell-beschleunigungselementare alias katalytisch-fermentöse Bedeutung, die den quasiabsolutistisch-politischen Machtspielen des kaiserlichen Deutschland für die Mutation des industriekapitalistisch-ökonomischen Konkurrenzsystems der europäischen Volkswirtschaften zur rüstungskomplex-militärischen Konkursmasse zukommt. Es ändert aber nichts daran, dass es das industriekapitalistisch-ökonomische Konkurrenzsystem selbst ist, das durch den Reibungsdruck, mit dem seine Entwicklungsdynamik es auflädt und unter den sie es setzt, durch die Verdrängungsspannungen, die sein Kampf um Märkte und Investitionen erzeugt und in ihm aufstaut, jenem bündnispolitisch aktualisierten beschleunigungselementaren Störfaktor seine störfaktorelle Gewalt, jenem machtstrategisch virulent gemachten katalytischen Ferment seine fermentöse Wirksamkeit verleiht, kurz, die ökonomische Konkurrenz in den militärischen Konkurs stürzen lässt.
Und indem nun der aktualisierte Störfaktor den in der ökonomischen Konkurrenz aufgestauten Druck sich politisch entladen lässt, das scharf gemachte Ferment die im Wettstreit der Volkswirtschaften um immer vollere Märkte, engere Gewinnspannen und zweifelhaftere Absatzchancen erzeugten Spannungen aus ihrer handelssystematischen Einbindung militärisch freisetzt, sind es eben diese Volkswirtschaften, die gleichermaßen das Personal und das Material für die politische Konfrontation und den militärischen Showdown zur Verfügung stellen – das Personal in actu der durch die Masse der Lohnarbeitenden, die mit ihrer bürgerlichen Gesellschaft sozialdemokratisch-patriotisch identifiziert sind, aufgefüllten und substantiierten nationalen Streitkräfte und das Material in objectu einer Kriegstechnik, die eine zum Heereslieferanten umfunktionierte und auf vollen Touren laufende industriekapitalistische Produktionsmaschine den nationalen Streitkräften an die Hand gibt.
Ihre industriekapitalistisch leistungsstarken Volkswirtschaften sind es, die den unter staatlicher Regie zu Nationen verschworenen bürgerlichen Gesellschaften Europas die personellen Kräfte und die materiellen Mittel für die Generalmobilmachung liefern, zu der sie der sich politisch entladende ökonomische Konkurrenzdruck und die zum militärischen Konflikt freigesetzten kapitalistischen Verdrängungsspannungen treiben. Und ihre leistungsstarken Volkswirtschaften sind es aber auch, die dank eben der von ihnen bereit gestellten Massenheere und zur Verfügung gestellten gigantischen Rüstungen die allgemeine Mobilmachung in der Immobilität und selbstzerstörerischen Erstarrung der Stellungskriege und Materialschlachten enden lassen, die als Markenzeichen des Großen Krieges im kollektiven Gedächtnis haften und die nichts anderes sind als redender Ausdruck und passendes Sinnbild der Sackgasse, in die der ihnen qua internationales Konkurrenzsystem oktroyierte und von ihnen als via regia zu ökonomischem Gedeihen und sozialem Heil akzeptierte modus operandi industriekapitalistischer Entfaltung die staatlich formierten und nationalistisch substantiierten bürgerlichen Gesellschaften geführt hat.