Zivile Verfassung und konstitutionelle Monarchie
An der ökonomisch fundierten politischen Machtstellung der Bourgeoisie ändert das der Grande Nation von den Siegermächten aufgezwungene restaurative Regime wenig oder nichts. Durch seine bornierte Standes- und Klientelpolitik aber bringt das restaurative Regime die durchaus zur Kooperation mit ihm bereite Bourgeoisie gegen sich auf, und da sich auch bürgerlicher Mittelstand und lohnarbeitendes Volk im Vergleich zu ihrer vorherigen Situation benachteiligt und schlechter gestellt finden, ist das Ende des Regimes nach nur anderthalb Jahrzehnten besiegelt.
Der Zusammenbruch des napoleonischen Imperiums besiegelt historisch und bedeutet zugleich systematisch das Scheitern des Versuchs der auf revolutionärem Weg an die politische Macht gelangten bürgerlichen Klasse, die Entfaltung des kapitalen Verwertungs- oder Akkumulationsprozesses in einer ökonomische Not, soziales Elend und politischen Konflikt vermeidenden oder jedenfalls minimierenden Weise ins Werk zu setzen. So gewiss die Entscheidung der bürgerlichen Republik für die militärische Option, mittels deren die Vermeidung beziehungsweise Minimierung der mit dem kapitalistischen Verwertungsprozess einhergehenden ökonomischen Nöte, sozialen Deklassierungen und politischen Konflikte bewerkstelligt werden soll, politisch in die Diktatur und ökonomisch in den Staatsbankrott führt und so gewiss sich letzterem nur durch die Überführung der Republik in eine parasitäre, auf die Unterwerfung und Ausbeutung der Nachbargesellschaften gegründete Militärdiktatur entrinnen lässt, so gewiss sind die Tage des der Revolution entsprungenen und sich im radikalen Bruch mit der Vergangenheit quasi neu erfindenden republikanisch-diktatorischen Gemeinwesens gezählt und bewahrheitet sich das Diktum, dass viele Hunde des Hasen Tod sind, mögen die Hunde auch noch so altersschwach sein und mag der Hase sich auch noch so sehr als ein von Kampfkraft und Jagdeifer erfülltes Raubtier aufführen.
Das Scheitern der revolutionsentsprungenen Republik, die sich selber zu Grabe trägt, indem sie um des durch den kapitalen Verwertungsprozess bedrohten sozialen Friedens willen ihre zu Anfang parlamentarisch-zivile Verfassungsmacht einer am Ende diktatorisch-imperialen Verfügungsgewalt ihrer Armee zum Opfer bringt, hat zwar die Konsequenz, dass die bürgerliche Klasse die kraft Revolution errungene politische Macht wieder verliert, ist aber keineswegs durchschlagend genug, um sie auch die für ihren revolutionären Griff nach der politischen Macht grundlegende ökonomische Schlüsselstellung wieder einbüßen zu lassen. Zu weit fortgeschritten ist bereits die Durchdringung und Umbildung der gesellschaftlichen Reproduktion durch den kapitalen Verwertungsprozess, zu fest verankert ist bereits die der Effektivität des letzteren, seiner Produktivität, seinem materialen Erfolg entsprechende funktionelle Dominanz der den Prozess betreibenden und verwaltenden Bourgeoisie und ihrer mittelständischen Klientel, zu subsistenziell oder konsumtiv angewiesen sind bereits alle gesellschaftlichen Gruppen und Formationen, Klassen und Instanzen, einschließlich jeder nur denkbaren staatlichen Herrschaft, auf eben jenen, kraft kapitalen Verwertungsprozesses erzielten materialen Erfolg, als dass sich von welcher Seite auch immer an der ökonomisch dominanten Position, die der bürgerlichen Klasse ihre Verfügung über den Prozess verleiht, noch irgend rütteln oder sie sich gar ernsthaft in Frage stellen ließe.
Tatsächlich ist die ökonomische Machtstellung, in der die bürgerliche Klasse sich behauptet und das im Zusammenbruch des napoleonischen Imperiums kulminierende Scheitern der revolutionsentsprungenen Republik übersteht, von der Art, dass, bliebe das Land nach der militärischen Niederlage sich selbst überlassen und könnte frei über seine künftige politische Verfassung entscheiden, die ökonomische Macht sich mit Sicherheit gleich wieder politischen Ausdruck verschaffen und der bürgerlichen Klasse zu einer ihrer parlamentarisch-repräsentativen Geltung in der zugrunde gegangenen Republik vergleichbaren entscheidenden Bedeutung und maßgebenden Rolle bei der Wahrnehmung der Staatsgeschäfte im Allgemeinen und des Staatshaushalts im Besonderen verhelfen müsste. Dass dies nicht geschieht und es vielmehr zu einer relativen politischen Entmachtung der kraft kapitalen Verwertungsprozesses ökonomisch Mächtigen, will heißen, zur sogenannten Restauration, einer ihr Sinnbild in der Wiedereinsetzung der Dynastie des Ancien Régime findenden Rückkehr zum System monarchischer Souveränität kommt, hat seinen Grund nicht sowohl in innenpolitischen Kräfteverhältnissen als vielmehr in jener außenpolitischen Interessenkonstellation, die den Wiener Kongress dominiert und seine Ergebnisse diktiert.
Was mit anderen Worten dem besiegten Frankreich seine Restaurationsphase, seine nach Maßgabe des Versuchs eines die Revolution ungeschehen machenden Regresses in statum quo ante reaktionäre Episode beschert, ist das die Seemacht England einerseits und die Kontinentalmächte Österreich, Preußen und Russland andererseits verbindende Interesse an einer Lähmung beziehungsweise Unschädlichmachung des zuerst in seiner republikanischen und dann in seiner imperialen Gestalt gefährlichen Gegners – wobei verbindend mitnichten bedeutet, dass es sich dabei um ein gemeinsames Interesse handelt: Während die maritim-insulare Industrie- und Handelsmacht eher darauf aus ist, einen lästigen Konkurrenten um die Führerschaft auf den europäischen und am Ende gar überseeischen Märkten, wenn nicht auszuschalten, so jedenfalls doch niederzuhalten, ist es den absolutistischen Territorialherrschaften auf dem Kontinent primär darum zu tun, die per Revolution geltend gemachten Ansprüche auf soziale Emanzipation und politische Mitwirkung, die das republikanische Gemeinwesen bis in seine imperiale Umgestaltung hinein faktisch verkörpert oder jedenfalls ideologisch hochhält, wenn nicht überhaupt aus der Welt, so jedenfalls doch wieder aus dem Blickfeld zu schaffen und sie damit daran zu hindern, den eigenen in traditioneller Untertänigkeit gehaltenen Populationen den Kopf zu verdrehen oder sie gar auf aufrührerisch dumme Gedanken kommen zu lassen. So verschieden die einerseits eher ökonomisch oder kommerziell und andererseits eher politisch oder sozial motivierten Interessen der Seemacht und der Territorialmächte aber auch sein mögen, in ihrer praktischen Stoßrichtung kommen sie überein und sorgen dafür, dass in der vormaligen Republik die Dynastie des Ancien Régime wieder eingesetzt und die in ihr personifizierte vorrevolutionäre Ordnung restauriert wird.
Das gesellschaftliche Gewicht, das der die Revolution tragenden bürgerlichen Klasse ihre mittlerweile wirtschaftlich unanfechtbare Dominanz verleiht, und die darin beschlossene prinzipielle Unwiderruflichkeit der durch die Revolution bewirkten politischen Machtverschiebung von der Aristokratie und ihrem ständischen Bundesgenossen, dem Klerus, zur Bourgeoisie und ihrer mittelständischen Klientel erweisen sich indes als unvereinbar mit einer auch nur annähernd perfekten Wiederholung des Ancien Régime. Sie machen vielmehr, dass es sich bei jener Restauration weniger um eine wirkliche Wiederherstellung des vorrevolutionären Staatsgebäudes als um die Verblendung der mittlerweile bestehenden gesellschaftlichen Machtverhältnisse durch eine historische Fassade, genauer gesagt, um den Versuch handelt, die neuen geldwirtschaftlich-kapitalistischen Strukturen und Klassenverhältnisse in die alte grundherr- schaftlich-aristokratische Hierarchie und Ständeordnung einzupassen beziehungsweise hineinzupressen.
Auch wenn diese wohl eher als Prokrustation zu bezeichnende Adaptation nicht ohne Gewaltsamkeiten und Verrenkungen abgeht, sie erweist sich als machbar und resultiert in einer Staatsform, die mit ihrem die diktatorische Macht des Monarchen weniger beschränkenden als moderierenden zensuswahlrechtlich fundierten Zweikammersystem und mit den begrenzten Kontrollbefugnissen, die das Parlament gegenüber der Regierung Seiner Majestät im Allgemeinen und gegenüber ihrer Haushaltsführung im Besonderen ausübt, eine gewisse Ähnlichkeit mit der der napoleonischen Militärdiktatur vorausgehenden und die Republik zu Grabe tragenden Diktatur des Direktoriums aufweist.
Das ist auch gar nicht verwunderlich, da ja hier wie dort die Bourgeoisie, die das produktive Privateigentum bewirtschaftende und verwaltende Gruppe im Verein mit der aus ihrem possessiven Eigentum das produktive speisenden Schicht, kurz, die Kapitalfraktion, die legislative Kompetenz besitzt und die politische Macht ausübt – nur dass hier anders als dort das von diesem Großbürgertum getragene Regime kein von ihr selber diktatorisch auf den Schild gehobenes Direktorium, sondern der ihr von außen legitimistisch oktroyierte Monarch ist und dass das Groß- und Finanzbürgertum selbst sich ergänzt und erweitert findet um aus der Emigration heimgekehrte beziehungsweise aus der Versenkung wiederaufgetauchte Kontingente aristokratischer und klerikaler Grundherren und Würdenträger des Hofes. Die Durchsetzung und Auffüllung ihrer Reihen mit Aristokraten und Personen von Stand, dynastischen Sippengenossen und höfischen Gefolgsleuten würde die aufgrund ihrer ökonomischen Schlüsselposition auch unter der restaurierten Monarchie ihre politische Machtstellung behauptende oder vielmehr dank ihrer Befreiung von der militärdiktatorischen Vormundschaft des napoleonischen Regimes neu erringende Bourgeoisie wohl tolerieren können, zumal sie – wie die im neunzehnten Jahrhundert eine geradezu hypertrophe Entwicklung nehmende Einrichtung des bereits vom Absolutismus als ein Speck, mit dem man bürgerliche Mäuse fängt, in Ergänzung zum Erbadel weidlich geförderten Verdienstadels belegt – nach ihrem politischen Avancement dem alten Adelsstand und seiner Gesittung und Lebensart beziehungsweise dem damit traditionell verknüpften Anspruch auf personale Exklusivität und soziale Distinktion durchaus aufgeschlossen gegenübersteht und deshalb im Zweifelsfall geneigt ist, die Neuzugänge aus der früheren Oberschicht als eine Bereicherung zu betrachten und sich von ihnen und ihrer Zugehörigkeit zur Bourgeoisie einen Gewinn an Status und Nimbus zu erhoffen.
Was indes den aristokratisch ausgeschmückten bourgeoisen Hausfrieden stört und das restaurierte Oberschichtgefüge rasch aus dem Lot bringt, ist die Borniertheit der wiedereingesetzten monarchischen Herrschaft, die im Bemühen, die vergangene absolutistische Herrlichkeit tatsächlich wieder zum Leben zu erwecken, sie nicht nur historisch revenieren, sondern empirisch wiederauferstehen zu lassen, die heimgekehrten Emigranten ökonomisch zu entschädigen und politisch zu begünstigen unternimmt, wobei sie diese ständisch-höfische Parteipolitik noch durch entsprechende Wiedergutmachungsleistungen gegenüber der Kirche und durch eine enge Kollaboration mit dem Klerus krönt. Damit aber verdirbt es sich die restaurierte Monarchie mit der mittlerweile eigentlichen, weil Industrie und Kommerz beherrschenden Machthaberin im Lande, eben der Bourgeoisie, die sich als revolutionäre Erbin der aristokratisch-klerikalen Oberschicht des Ancien Régime durch jene Wiedergutmachungs- und Restitutionsleistungen an die Emigranten beziehungsweise durch die monarchische Vetternwirtschaft und Bevorzugung des Adels und Klerus bei der Verteilung von Pfründen und der Besetzung von Ämtern ebenso ökonomisch-real geschädigt wie politisch-sozial diskriminiert und in ihrer ohnehin nicht von Anhänglichkeit, sondern von schierem Pragmatismus geprägten Regimetreue entsprechend rasch demotiviert findet.
Indem sich so aber die restaurierte Monarchie durch ihre spalterische, ihren aristokratischen und klerikalen Anhang gegen das industrie- und finanzbourgeoise Gros der Oberschicht ausspielende Politik dessen Wohlwollen oder jedenfalls Kooperationsbereitschaft verscherzt, beraubt sie sich der einzigen ernstzunehmenden Stütze und stabilisierenden Kraft, die sie in der bürgerlichen Gesellschaft hat. Sowohl der bürgerliche Mittelstand als auch das lohnarbeitende Volk nämlich sind in Ansehung des restaurativen Regimes weit von aller stützenden Funktion und stabilisierenden Mitarbeit entfernt und verharren vielmehr von Anbeginn an in entschiedener Opposition gegenüber der restaurierten Monarchie – der bürgerliche Mittelstand, weil das restaurierte Regime ihn von seiner Patronin, der vom Regime vergleichsweise hofierten und hochgehaltenen Bourgeoisie, gesellschaftspolitisch entfernt und separiert und damit um jenen sozialen Status und politischen Einfluss bringt, den er als Klientel der Bourgeoisie während der Republik und auch noch unter militärdiktatorischen Bedingungen besitzt, und das lohnarbeitende Volk, weil es unter dem restaurierten Regime der ökonomisch relativ rücksichtsvollen Behandlung und sozialen Fürsorge verlustig geht, die ihm sowohl die Republik als auch die Militärdiktatur in der Konsequenz und im Rahmen ihrer militaristischen Strategie hat angedeihen lassen, und sich erneut den ökonomischen Nöten und sozialen Härten ausgesetzt sieht, die der hinter der reaktionären Fassade in seiner ganzen Naturwüchsigkeit wieder aufgenommene kapitale Verwertungsprozess auf es herabbeschwört.
Auch mit der Bourgeoisie, die diesen in aller Naturwüchsigkeit wieder aufgenommenen kapitalen Prozess betreibt und organisiert, verdirbt es sich nun also die restaurierte Monarchie, weil sie zwar keineswegs den Prozess als solchen in Frage stellt und ablehnt (dafür ist auch sie steuer- und etatpolitisch viel zu sehr auf ihn angewiesen), wohl aber durch ihren antiquierten Standesdünkel und ihre sich daraus speisende bornierte Parteipolitik ihr, der bourgeoisen Betreiberin und Organisatorin des Prozesses, teils unliebsame ökonomische Lasten aufbürdet beziehungsweise Stolpersteine in den Weg legt und das Leben schwerer als nötig macht, teils die soziale Prämie für ihre Leistung, die Anerkennung als staatstragende Gruppe und Auszeichnung als verdienstvolle Stütze des Throns versagt beziehungsweise ihrem aristokratischen und klerikalen Anhang, den durch nichts weiter als durch ihre natürliche Herkunft oder ihre kirchliche Weihe ausgezeichneten Standesgenossen und Hofschranzen, vorbehält. So aber kommt es denn, dass die restaurierte Monarchie mit ihrer schmalen aristokratischen und klerikalen Gefolgschaft, die nicht einmal geschlossen hinter ihr steht, weil jeder Adlige oder Kirchenmann mit auch nur einer Spur von Verstand das selbstzerstörerisch Bornierte jener reaktionären Parteipolitik erkennen und ablehnen muss – dass die restaurierte Monarchie es sich also mit sämtlichen wesentlichen Gruppen der bürgerlichen Gesellschaft verdirbt und sich einer demgemäß geschlossenen bürgerlichen Front gegenübersieht.
Der zwangsläufige Ausgang der solchermaßen totalisierten Konfrontation lässt nicht lange auf sich warten: Ein gutes halbes Jahrzehnt, nachdem der Monarch seine reaktionär-ständische Politik auf den Weg gebracht hat, ist es auch schon zu Ende mit ihm und seinem Regime: Die geschlossene Front aus Bourgeoisie, Mittelstand und Volk zwingt ihn zur Abdankung und zieht einen Schlussstrich unter die der Grande Nation von den alliierten Siegermächten oktroyierte restaurative Herrschaft.
Gegen den Willen von Teilen der bürgerlichen Intelligenz und politisch wachen Gruppen der lohnarbeitenden Bevölkerung führt die vom restaurativen Regime befreite bürgerliche Gesellschaft die Monarchie als konstitutionelle wieder ein. Sie sucht damit eines staatlichen Legitimationsproblems Herr zu werden, das freilich nicht Folge der Ersetzung des absolutistischen Souveräns durch die demokratische Souveränin ist, da Naturrechts- und Gesellschaftsvertragslehren längst dafür gesorgt haben, dass ersterer als bloßer Usurpator der Souveränität, letztere hingegen als deren systematisch, wo nicht gar historisch wahre Daseinsform erscheint. Das Legitimationsproblem entsteht auch nicht dadurch, dass geographische, demographische und sonstige Gründe die bürgerliche Gesellschaft veranlassen, in Anknüpfung an die Tradition der Generalstände sich gegen eine plenarisch-direkte, plebiszitäre und für eine parlamentarisch-repräsentative, deputative Selbstverwaltung zu entscheiden. Es entspringt vielmehr der Unmöglichkeit, eine angemessene Repräsentation der als Souveränin firmierenden bürgerlichen Gesellschaft durch deren gewählte parlamentarische Vertretung zu gewährleisten.
Die von breiten Volksschichten und von Teilen des bürgerlichen Mittelstands, zumal von dessen Intelligenz, gehegte Hoffnung beziehungsweise Erwartung, dass nun die politische Errungenschaft der bürgerlichen Revolution erneut zur Geltung gebracht, sprich, die republikanische Staatsform wieder in Kraft gesetzt wird, findet sich indes enttäuscht. Unter Führung des von ihr dominierten Parlaments, dessen verfassungswidrig versuchte Auflösung durch den Monarchen den unmittelbaren Anlass für den allgemeinen Aufstand und Umsturz bildet, beeilt sich vielmehr die Bourgeoisie, unterstützt von einem Großteil ihrer mittelständischen Klientel, das monarchische System als solches zu reaffirmieren und durch die Wahl eines für seine Liberalität und Verfassungstreue renommierten Sprosses aus einer Seitenlinie des Königshauses einer moderaten, weil konstitutionell gebändigten und dem bürgerlichen Grundprinzip der Gewaltenteilung verpflichteten Form von Monarchie den Steigbügel zu halten und das exekutive Staatsgeschäft, die Regierungsgewalt, zu übertragen.
So anstößig und empörend den politisch aufgeweckten Teilen der Volks- masse und jenen Gruppen der bürgerlichen Intelligenz, die sich als Avantgarde und Fahnenträgerin der Republik sei's in ihrer konventionell- parlamentarischen, sei's in ihrer imperial-diktatorischen Gestalt verstehen, diese antirepublikanisch-royalistische Einstellung des Großteils der bürgerlichen Klasse aber auch erscheinen mag – verwunderlich oder gar unverständlich ist sie nicht. Sie erklärt sich schlicht und einfach daraus, dass sich mit dem Sturz des als historische Fassade restaurierten Ancien Régime im Prinzip die gleiche Situation wieder ergibt, in der schon die revolutionäre Beseitigung des echten Ancien Régime resultierte – eine Situation nämlich, in der die Bourgeoisie mit ihrer mittelständischen Klientel zu der ökonomischen Macht, die sie bereits hat, auch noch die politische hinzu erobert und insofern zum generalbevollmächtigten, frei handelnden gesellschaftlichen Subjekt avanciert, das im Gemeinwesen nach Gutdünken schalten und walten kann. ,,Nach Gutdünken" aber heißt in diesem Falle so viel wie ,,der kapitalen Verwertungslogik gemäß", da ja der Kapitalprozess, die Nutzbarmachung der gesellschaftlichen Reproduktion und ihrer Ressourcen für die Akkumulation von Wert, sprich, für nichts als die weitere Nutzbarmachung der gesellschaftlichen Reproduktion und ihrer Ressourcen für den zirkelschlüssig immer gleichen Zweck, die reale Substanz der bürgerlichen Klasse bildet, mit deren Hege und Pflege sie als soziales Subjekt und ihr ganzes materiales Wohlergehen stehen und fallen.
Macht nun die bürgerliche Klasse in diesem Sinne von ,,Gutdünken", das heißt, nach Maßgabe der ihr als die Substanz ihres Daseins eingeschriebenen Verwertungslogik, Gebrauch von ihrer durch den politischen Triumph, den sie über das restaurative Regime erringt, zur Generalvollmacht erweiterten ökonomischen Macht, so liegt auf der Hand, wohin ihr eben nur jenem bürgerlichen Existenzial kapitaler Verwertungslogik verpflichtetes ökonomisches Walten und politisches Schalten zwangsläufig führen muss. Der entfesselte, nach der Beseitigung des restaurativen Regimes durch keine politischen Beschränkungen mehr gehandikapte und also auf volle Touren kommende kapitale Verwertungsprozess muss durch die ökonomische Not und das soziale Elend, worein er die lohnarbeitenden Schichten der Gesellschaft stürzt, sich als ebenso systematisch krisenanfällig und politisch konfliktträchtig erweisen, wie er das bereits nach dem Sturz des originär absolutistischen Regimes tat beziehungsweise zu tun versprach.
Und diese Aussicht auf systematische Krisen und politische Konflikte, die der losgelassene kapitale Verwertungsprozess durch sein arbeitstechnisches Umwälzungstempo und seine arbeitspraktische Ausbeutungsdynamik zwangsläufig heraufbeschwört, muss hier und jetzt den bourgeoisen Kapitalagenten und ihrer mittelständischen Klientel, die ja nicht nur auf Wertakkumulation in genere dringen, sondern ebenso sehr auch in specie daran interessiert sind, dass letztere gleichermaßen ungestört verläuft und ohne Unterbrechung vor sich geht, nicht weniger unwillkommen und zuwider sein, als sie das dort und damals, will heißen, nach dem revolutionären Sturz der absolutistischen Herrschaft ist.
Tatsächlich ist dort und damals diese Aussicht auf die disruptiven ökonomischen Krisen und destruktiven sozialen Konflikte, die der entfesselte kapitale Verwertungsprozess nolens volens provoziert, der Grund für die oben als Entscheidung für die militärische Option apostrophierte und gesellschaftspolitisch nicht weniger als volkswirtschaftlich folgenreiche Weichenstellung, die fast unmittelbar nach ihrer politischen Machtübernahme die bürgerliche Klasse vornimmt. Letztere entscheidet sich für die militärische Option, weil diese verspricht, beides, die Fortschreibung und Entfaltung des kapitalen Verwertungsprozesses und die Vermeidung ökonomischer Krisen und sozialer Konflikte, miteinander zu vereinen. Und in gewisser Weise hält die militärische Option, für die sich die bürgerliche Klasse entscheidet, ja auch, was sie verspricht, wie die glorreiche, im Rückblick als regelrechter Triumphzug erscheinende Bahn beweist, die die Republik durchläuft und auf der sie die imperiale Herrschaft über den Kontinent erringt.
Dasselbe politische Rezept erneut anzuwenden und also den gleichen Weg einer militaristischen Problemlösung noch einmal einzuschlagen, verbietet sich indes für die von der Bürde des pseudoabsolutistisch-restaurativen Regimes befreite bürgerliche Klasse definitiv. Und zwar nicht nur deshalb, weil jenes Allheilmittel Nebenwirkungen gezeitigt hat, die den militaristischen Ausweg letztlich in eine militärische Sackgasse, den imperialen Triumphzug in ein finales Debakel verwandelt haben, sondern auch und ebenso sehr deshalb, weil nach den Erfahrungen, die sie mit der streitbaren Republik beziehungsweise ihrem diktatorisch-napoleonischen Alterego gemacht haben, die Nachbarn eine Wiederholung jener militaristischen Entwicklung gar nicht zulassen und, allen voran das in der unabsichtlichen Konsequenz des napoleonischen Imperialismus erstarkte und zur führenden europäischen Macht aufgestiegene britische Inselreich, einer solchen Wiedererstarkung Frankreichs auf militärischer Basis rasch einen Riegel vorschieben würden.
Was also können die Bourgeoisie und ihre mittelständische Klientel, nachdem sie sich mit Hilfe der unzufriedenen Volksmasse vom pseudo- absolutistisch-restaurativen Regime befreit haben und an die parlamentarische Macht zurückgekehrt sind, tun, um zu verhindern, dass die nun wieder mit allem Nachdruck betriebene und durch keine atavistischen Mucken und reaktionären Marotten von staatlicher Seite mehr gestörte Entfaltung des kapitalen Verwertungsprozesses aufgrund der ökonomischen Not, die sie hervorruft, und des sozialen Elends, das mit der ökonomischen Not einhergeht, im Nu eine breite Opposition auf den Plan ruft, die sich ebenso explizit wie pointiert, gegen sie, die in ihrer Hand die ökonomische Macht und die politische Herrschaft vereinende bürgerliche Klasse, richtet und die in dem Maß, wie sie damit die Gesellschaft in zwei große, einander unvermittelt gegenüberstehende Lager zu spalten tendiert, eine soziale Krisen- und politische Konfliktsituation schürt, die bestenfalls die Form eines das wirtschaftliche Leben und den gesellschaftlichen Zusammenhang zerrüttenden Klassenkampfes annimmt, schlimmstenfalls auf einen in offene Gewalt und allgemeine Zerstörung ausartenden Bürgerkrieg hinausläuft?
Was der bürgerlichen Klasse, um diese Entwicklung zu vermeiden, zu tun bleibt, ist eben das, was sie tut: eine Reaffirmation des monarchischen Regimes, aber in einer Form und Verfassung, in der es auf alle pseudoabsolutistische Selbstherrlichkeit und jegliche reaktionären Aspirationen Verzicht leistet und sich vorbehaltlos in den Rahmen und Entwicklungshorizont des kapitalen Verwertungsprozesses und seiner bourgeoisen Betreiber und Verwalter fügt und einpasst. Was der bürgerlichen Klasse mit anderen Worten zu tun bleibt und was sie auch tut, ist jene Überführung des absolutistischen Regimes in eine konstitutionelle Monarchie, die sie bereits nach der großen Revolution vierzig Jahre zuvor ins Auge gefasst hatte und von der sie damals aber ihre überdrehte Intelligenz abbrachte, die, der eigenen aufklärerischen Propaganda erliegend, in einer ebenso grandiosen wie pauschalen Ersatzhandlung die aus dem politisch-ökonomischen System der bürgerlichen Gesellschaft selbst notwendig resultierende Verletzung der von ihr, der Intelligenz, hochgehaltenen revolutionären Grundprinzipien dem monarchischen Regime als solchem zur Last legte, um daraufhin mit der ganzen Unversöhnlichkeit und Kompromisslosigkeit, die psychoökonomisches Kennzeichen von Ersatzhandlungen sind, die Monarchie abzuschaffen und eine republikanische Verfassung ohne Wenn und Aber ins Werk zu setzen.
Die damals bereits von ihr anvisierte und aber von der eigenen Intelligenz konterkarierte Umwandlung der absolutistischen Herrschaft in eine konstitutionelle Monarchie holt also die bürgerliche Klasse jetzt in einem zweiten Anlauf nach und löst damit das durch die Revolution gestellte staatliche Legitimationsproblem auf eine Art und Weise, die die bürgerliche Klasse von der unmittelbaren politischen Verantwortung entlastet und sie aus der direkten Schusslinie der durch ihre ökonomischen Aktivitäten nolens volens heraufbeschworenen sozialen Konfrontationen und politischen Oppositionen herausnimmt. Zu einem staatlichen Legitimationsproblem führt ja, wie gesehen, die Revolution dadurch, dass sie dank der ersatzhandlungsgespeisten Energie der bürgerlichen Intelligenz revolutionäre Konsequenz beweist und die alte, religiös sanktionierte und nach Maßgabe ihrer Gottgegebenheit, ihrer Stellung als gesellschaftsimmanenter Substitut einer gesellschaftstranszendent höheren Macht legitime Herrschaft im Sinne ihrer ersatzlosen Streichung abschafft.
Nicht dass diese Abschaffung der als Ancien Régime traditionell legitimen Herrschaft als solche schon das Problem darstellte! Wie die Natur- rechts- und Staatsverfassungslehren des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts und die ihnen von großen Teilen der bürgerlichen Gesellschaft gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts bereits gezollte Anerkennung beziehungsweise Zustimmung beweisen, ist die Zeit durchaus reif für jenen Paradigmenwechsel in Sachen politische Legitimation, den in seiner radikalsten beziehungsweise prinzipiellsten Form Jean-Jacques Rousseau mit seiner Lehre vom Gesellschaftsvertrag auf den Begriff bringt. Die Zeit ist reif dafür, dass an die Stelle des alten Souveräns, der königlichen Person und ihres sakralen Ratschlusses, der neue Souverän, das bürgerliche Volk und sein sozialer Wille tritt.
Oder eigentlich tritt der neue Souverän gar nicht an die Stelle des alten, nimmt das bürgerliche Volk nicht den Platz der königlichen Person ein, sondern es macht jenen Platz als politischen Topos kurzerhand überflüssig, streicht den personalen Souverän, wie oben gesagt, ersatzlos, weil nach dem Verständnis der Naturrechtslehren im Allgemeinen und des Rousseauschen Gesellschaftsvertrags im Besonderen dieser personale Souverän sich ja überhaupt nur einer aus welchen Gründen auch immer erfolgten Entäußerung beziehungsweise Heteronomisierung der ursprünglich oder von Haus aus dem sozialen Souverän, dem bürgerlichen Volk, eigenen Macht verdankt. Nur weil die Gesellschaft aus welchen Gründen historischen Zufalls, ökonomischen Zwangs, sozialer Spaltung oder politischer Intrige auch immer die Macht und freie Verfügung, die ihr als solcher ab ovo ihrer vertraglichen Bildung und verbindlichen Konstitution zusteht, aus der Hand gibt und an einen Einzelnen oder eine Gruppe delegiert oder abtritt, können dieser Einzelne oder diese Gruppe die ihnen verliehene Prokura beziehungsweise eingeräumte Vollmacht nutzen, um, wie es im Falle der absolutistischen Herrschaft geschieht, durch die Berufung auf andere Legitimationsquellen wie etwa die göttliche Gnade, die genealogische Kontinuität oder die ständische Ordnung die Spuren jener ursprünglichen Bevollmächtigung zu verwischen und als neuer, wirklicher Souverän den alten, wahren zu verdrängen und zu entmachten, sprich, ihn aus einem mit eigenem Willen begabten, autonomen sozialen Subjekt in ein heteronomes, dem Willen der herrschaftlichen Person oder Gruppe, die seinen Platz usurpiert hat, untertanes Corpus zu verwandeln.
So gesehen und diesen ursprünglichen Souverän, die konsensuell-bürger- liche Gesellschaft, als systematisches Verum, wo nicht gar als historisches Faktum vorausgesetzt, kann in der Tat im Blick auf die revolutionäre Verdrängung und Ersetzung oder vielmehr ersatzlose Streichung des eine absolutistische Herrschaft etablierenden alten, monarchischen Souveräns durch den die republikanische Gesellschaft konstituierenden neuen, demokratischen Souverän von einem Legitimationsproblem gar keine Rede sein, weil der revolutionsentsprungen-neue Souverän, die Republik, in Wahrheit ja der ursprüngliche, alte Souverän und der vermeintlich ursprüngliche, alte Souverän, das Ancien Régime, ein nur durch Usurpation der ursprünglich republikanischen Souveränität an die Macht gelangter homo novus oder Emporkömmling ist und weil es sich also bei jenem revolutionären Machtwechsel um nichts weiter als um eine, systematisch betrachtet, Rekonstruktion beziehungsweise, historisch gesehen, Restitution des Status quo ante oder ursprünglichen Zustands handelt.
Mit voller naturrechtlich sanktionierter und sozialkontraktiv kodifizierter Legitimität löst die demokratisch-republikanische Gesellschaft die absolutistisch-monarchische in der Rolle des Souveräns ab und tritt deren Erbe an, das heißt, übernimmt die Funktionen, die die absolutistische Herrschaft ausübte, und die Instrumente, die ihr dafür zur Verfügung standen, vor allem und zuvörderst den als Staat firmierenden Verwaltungsapparat, jenes System von zentralen bürokratischen Einrichtungen, die für die Sicherstellung und Aufrechterhaltung der ungestörten Ordnung, des reibungslosen Betriebs und der ununterbrochenen Kommunikation in der bürgerlichen Gesellschaft sorgen sollen, die also etwa die Aufgabe wahrnehmen, den Landfrieden zu wahren, die Sicherheit des Landes nach außen zu gewährleisten, die Beziehungen zu den Nachbargesellschaften zu pflegen beziehungsweise zu überwachen, die für das Verkehrswesen nötigen Infrastrukturen und Transportsysteme zu schaffen, das Wirtschaftsleben zu sichern, zu fördern und, soweit für seinen reibungslosen Ablauf nötig, zu reglementieren und zu kontrollieren, öffentliche, der Gesundheit, der Bildung, der Fürsorge oder dem Schutz vor Naturkatastrophen dienliche Einrichtungen zu unterhalten und, nicht zu vergessen, die für den Staatsapparat selbst und all seine vielfältigen Einrichtungen und Aufgaben nötigen Finanzmittel per Steuersystem, alias Fiskus, einzutreiben und per Haushaltsplan, alias Etat, zu verteilen, kurz, in ebenso verlässlicher wie dauerhafter, sprich, bürokratisch-institutioneller Form all das zu besorgen und zu erledigen, womit sich zu befassen und worum sich zu kümmern, der im Rahmen seines individuellen beziehungsweise familiären, sprich, privaten Lebens mit seiner Subsistenz beziehungsweise Bereicherung beschäftigte Bürger weder die Zeit findet noch die Kompetenz mitbringt.
All diese staatlichen Einrichtungen und öffentlichen Aufgaben, die bereits ihre Vorgängerin, die absolutistische Herrschaft, im Zuge der unter ihrer Ägide Raum gewinnenden und Gestalt annehmenden bürgerlichen Gesellschaft ins Leben gerufen und etabliert beziehungsweise elaboriert und ausgebaut hat, übernimmt die neue Souveränin, die republikanische Gesellschaft, und entwickelt sie in eigener Regie weiter. Dass sie die staatlichen Einrichtungen und Aufgaben von ihrer Vorgängerin übernimmt, bedeutet natürlich nicht, dass sie sie nicht nach Bedarf verändert und gegebenenfalls umgestaltet, da ja jener staatliche Apparat, den sie als Erbe von der Vorgängerin übernimmt, nach Maßgabe des usurpatorischen Charakters der letzteren und ihrer dementsprechenden Neigung, ihn für Zwecke der Erhaltung der eigenen Machtstellung, der persönlichen Bereicherung und der Unterdrückung aller dagegen sich regenden gesellschaftlichen Opposition zu missbrauchen, ebenso wohl reich an Belastungen und Reibungswiderständen ist, die es abzubauen und zu beseitigen gilt, soll sie, die neue Souveränin, den im Sinne ihrer als gesellschaftliche Selbstbestimmung wohlverstandenen bürgerlichen Selbstverwaltung rechten Gebrauch von ihm machen können.
Und ebenso gewiss legt freilich auch, dass sie jene von der Vorgängerin übernommenen staatlichen Einrichtungen und Aufgaben im Wesentlichen beibehalten und nach Kräften weiterentwickeln kann, Zeugnis davon ab, dass sie nichts weiter tut, als ein ihr zustehendes Erbe anzutreten, das die usurpatorische Vorgängerin, von der sie es übernimmt, ihr nicht nur nicht hat entfremden oder verderben können, sondern ganz im Gegenteil für sie hat schaffen und bereitstellen müssen. In der Tat ist dies der vielleicht schlagendste Beweis für die Legitimität der demokratisch-republikanischen Souveränin, dass die absolutistisch-monarchische Usurpatorin, die sie am Ende verdrängt und ersetzt beziehungsweise ersatzlos streicht, aller freizügig an den Tag gelegten Selbstsucht und allen rücksichtslos ausgelebten Eigennutzes zum Trotz mit den unter ihrer Herrschaft neu kreierten beziehungsweise umgestalteten und ausgebauten staatlichen Einrichtungen sich selber den Ast absägt beziehungsweise das Grab schaufelt und nämlich gleichermaßen insofern, als sie jene staatlichen Einrichtungen zum Nutz und Frommen des bürgerlichen Lebens und der bürgerlichen Ordnung kreiert beziehungsweise ausbaut, als auch dadurch, dass sie den Betrieb und die Verwaltung jener Einrichtungen in zunehmendem Maße bürgerlichem Personal überträgt, der die neue, demokratisch-republikanische Souveränin verkörpernden bürgerlichen Gesellschaft die Bahn bricht beziehungsweise den Boden bereitet.
Wie immer auch unwillkürlich oder gar wider Willen zeugt die absolutistische Herrschaft durch ihren Staatsapparat und dessen politische Entwicklung und bürokratische Entfaltung von der Legitimität des Souveränitätsanspruchs, den die bürgerliche Gesellschaft mittels Revolution zur Geltung bringt und durch dessen revolutionäre Verwirklichung sie ihre Vorgängerin, die absolutistische Herrschaft selbst, post festum als eine Statthalterin erweist, die sich höchstens und nur nach Maßgabe ihrer Rolle als Vorläuferin und Steigbügelhalterin vom Vorwurf der Usurpation und illegitimen Machtausübung zu dispensieren vermag. Und an dieser in der Übernahme und Weiterentwicklung des absolutistischen Staatsapparats nicht weniger als in seiner Revision und Umgestaltung einen zentralen Ausdruck findenden Legitimität der bürgerlichen Souveränin ändert erst einmal auch nicht das Geringste die Tatsache, dass sie ihre per Revolution errungene und als Selbstherrschaft ausgewiesene Macht von Anfang an nicht unmittelbar, sondern durch Mittelsleute, nicht basisdemokratisch-direkt, sondern parlamentarisch-repräsentativ, nicht in eigener massenhafter Person, sondern durch gewählte Vertreter, Delegierte ausübt.
Dafür, dass die bürgerliche Souveränin ihre Selbstverwaltung nicht per Plebiszit oder Volksversammlung, sondern mittels Parlament oder Abgeordnetenkammer betreibt, gibt es gleichermaßen historisch-empirisch und systematisch-praktisch gute Gründe. Historisch-empirisch konstituiert sie sich ja aus einer weit in feudale Zeiten zurückreichenden, wenn auch durch die absolutistische Herrschaft lange Zeit unterdrückten Vorform gesamtgesellschaftlicher Souveränität, den Generalständen, und sieht nach Korrektur des in dem alten Gremium eklatanten Ungleichgewichts in der ständisch sektionierten Machtverteilung und nach Einführung allgemeiner, öffentlicher Wahlen als für die Bildung des Gremiums verbindlicher Prozedur keinen Anlass, von der generalständischen Tradition abzuweichen oder gar aus ihr auszuscheren.
Sie sieht umso weniger Anlass hierfür, als angesichts des geographischen Umfangs, der demographischen Größe und der ökonomischen, ethnischen, kulturellen und soziostrukturellen Diversität des Landes sich, systematisch-praktisch gesehen, eine plebiszitär-direkte Selbstverwaltung von selbst verbietet, weil jede auf der Basis solcher geographisch-demographischen Weitläufigkeit und Vielfältigkeit der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebensbedingungen unternommene Meinungsbildung und Entscheidungsfindung gar nicht verfehlen könnte, Dissens jeglicher Art, permanenten Streit oder gar blankes Chaos heraufzubeschwören. Schon die in den Generalständen Gestalt gewordene Vorform bürgerlicher Souveränität verdankt sich dieser den empirischen Gegebenheiten des Landes und den historischen Verhältnissen seiner Bevölkerung unabweislich entspringenden Notwendigkeit, die Souveränität nicht per Plebiszit, sondern per Deputat wahrzunehmen, sprich, die politische Macht nicht plenarisch-direkt, sondern parlamentarisch-repräsentativ auszuüben, und, so gesehen, bleibt der aus der Revolution hervorgehenden demokratisch-republikanischen Gesellschaft gar nichts anderes übrig, als der Tradition der Generalstände im Prinzip zu folgen und sich für ein wenn auch im Sinne der Abschaffung ständischer Prärogative und Privilegien und der Einführung eines allgemeinen und gleichen Wahlverfahrens der egalitären Neuordnung des politischen Lebens angepasstes repräsentativ-parlamentarisches Selbstverwaltungssystem zu entscheiden.
Und die hierin implizierte Delegation der Souveränität von der unmittelbaren und eigentlichen Souveränin, der bürgerlichen Gesellschaft, auf ein nicht nur aus letzterer ausgewähltes, sondern ebenso sehr auch durch sie gewähltes Gremium von Stellvertretern, eine gesetzgebende Versammlung, täte, wie gesagt, dem Souveränitätsanspruch der eigentlichen Souveränin auch gar keinen Abbruch, wenn und solange gewährleistet bliebe, dass es sich bei den gewählten Vertretern um eine angemessene Repräsentation der Souveränin handelte, dass die ersteren also die ebenso unterschiedlichen wie mannigfaltigen Interessen und Intentionen der die Souveränin bildenden Individuen und Gruppen wiedergäben und zum Tragen kommen ließen, sprich, in einem auf weitestmögliche Übereinstimmung aller bei geringstmöglicher Überstimmung einzelner zielenden Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess miteinander abglichen, ins Benehmen setzten und in Einklang brächten.
Genau das freilich gelingt nicht, die Gewährleistung einer der bürgerlichen Gesellschaft, der Souveränin, angemessenen parlamentarischen Repräsentation erweist sich als schlechterdings unmöglich. Und dies nicht etwa deshalb, weil die empirische Verschiedenheit und Vielfalt der ökonomischen, sozialen und kulturellen Lebensbedingungen nachgewiesenermaßen zu groß wäre, um die durch letztere bestimmten Interessen und Intentionen unter einen politischen Hut zu bringen beziehungsweise sie so weit zu vermitteln und auszugleichen, dass sie eine gemeinsame Willensbildung und gemeinschaftliche Entscheidungsprozesse gestatteten! Zu einem solchen Nachweis, einer solchen Probe aufs empirische Exempel kommt es gar nicht erst, für diesen Versuch, die politische Vermittelbarkeit und Vereinbarkeit der ebenso zahlreichen wie mannigfachen Interessen und Intentionen auszuloten und gegebenenfalls zu demonstrieren, finden sich gar nicht Zeit und Gelegenheit.
Und zwar kommt es deshalb nicht zur Probe aufs Exempel der empirischen Vermittelbarkeit der unterschiedlichen Lebensbedingungen beziehungsweise Vereinbarkeit der durch sie bestimmten mannigfachen Interessen, weil je schon und von Anbeginn der sich demokratisch-republika- nisch konstituierenden bürgerlichen Gesellschaft ein allgegenwärtiges Ungleichgewicht, eine zentrale Diskrepanz mit nicht bloß empirischer Unvermeidlichkeit, sondern mehr noch systematischer Zwangsläufigkeit die gesellschaftlichen Verhältnisse im Sinne einer prinzipiellen Verzerrung beziehungsweise fundamentalen Schieflage prägt beziehungsweise gewichtet und weil hinter dieser prinzipiellen Verspannung oder fundamentalen Voreingenommenheit der bürgerlichen Verhältnisse alle übrigen, der geographischen, demographischen, ethnographischen, kulturellen oder sonstigen Empirie geschuldeten und der Darstellung und Behandlung bedürftigen Widrig- und Misslichkeiten als sekundäre und unerhebliche, weil durch ihre empirische Korrektur oder Lösung an jener systematischen Schieflage nicht das Geringste ändernde Probleme zurücktreten und quasi verschwinden.
Grund der Unmöglichkeit, eine angemessene parlamentarische Repräsentation der bürgerlichen Gesellschaft zu erreichen, ist deren fundamentale Schieflage, die aus der Existenz zweier ebenso sehr interagierender wie konkurrierender ökonomischer Zielsetzungen, dem Zugleich von Subsistenzbedürfnis und Akkumulationsanspruch, resultiert. Den Anschein von Interessenäquilibrium, den dieses Zugleich erweckt, zerstört die Tatsache, dass das Akkumulationsstreben gesellschaftlichen Gruppen dient, die, wiewohl nicht am Produktionsprozess beteiligt, an seinen Früchten teilhaben und die in dem Maße, wie sie der kommerziellen Akkumulation politischen Nachdruck und soziales Gewicht verleihen, eine strategische Vormachtstellung der Händler und Marktbetreiber im Verhältnis zu den unmittelbaren Produzenten und Zulieferern des Marktes begründen. Dabei ist diese strategische Vormachtstellung keineswegs per se vom Übel, weil sie nämlich eine vorausgehende, herrschaftlich-fronwirtschaftliche Verfügung über die Produzenten und ihre Arbeitskraft ablöst, ersetzt und moderiert.
Grund der zentralen Diskrepanz und daraus resultierenden fundamentalen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft ist ihre bereits ausführlich gewürdigte ökonomische Zwieschlächtigkeit, die Tatsache, dass ihre materielle Reproduktion beziehungsweise die dafür zu leistende gesellschaftliche Arbeit von zwei miteinander gleichermaßen interagierenden und konkurrierenden Zielsetzungen bestimmt wird: einerseits dem Anspruch derer, die die materielle Reproduktion leisten und die dafür nötige gesellschaftliche Arbeit verrichten, auf fortwährende Versorgung oder Subsistenz, auf Kompensation ihrer für den ökonomischen Prozess aufgewendeten persönlichen Arbeitskraft und bürgerlichen Lebenszeit, und andererseits dem Bestreben derer, die die materielle Reproduktion als Arbeitgeber organisieren, sie als Eigentümer der für die gesellschaftliche Arbeit nötigen sächlichen Mittel und als Lohnzahler, als Einlöser des von den Arbeitenden durch ihre Arbeit erworbenen Anspruchs auf Subsistenz, finanzieren – dem Bestreben dieser als Arbeitgeber firmierenden anderen also nach fortlaufender Verwertung oder Akkumulation, nach profitabler Vergütung dieser von ihnen als Sachwerte und Personalkosten in den Arbeitsprozess investierten Finanzmittel zum wenn nicht ausschließlichen, so jedenfalls doch wesentlichen Zweck ihrer neuerlichen und erneut profitablen, dem Akkumulationsprinzip genügenden Investition.
In Interaktion stehen, besser gesagt, ein unauflösliches System bilden diese beiden Zielsetzungen, weil unter den gegebenen, zum kapitalistischen Produktionssystem entfalteten Bedingungen der gesellschaftlichen Reproduktion weder die Arbeitenden ohne die ihnen von den Verwertern der Arbeit zur Verfügung gestellten Produktionsmittel und geleisteten Lohnzahlungen sich ihren Unterhalt beschaffen, ihre Versorgung, ihre Subsistenz sichern können, noch die Verwerter der Arbeit anders als eben dadurch, dass sie Arbeit verwerten, sprich, Arbeitende in Dienst nehmen und für ihre Rechnung Wert schöpfen lassen, imstande sind, Akkumulation, Wertvermehrung zu betreiben. So gewiss Akkumulation nichts anderes und nichts weiter ist als ein der ökonomisch-materialen Reproduktion der Gesellschaft aufgepfropftes und sie für seinen selbstreferentiellen Zweck, sein Streben nach als Wert kodifizierter politisch-sozialer Verfügungsgewalt über sie, ebenso evolutionär inspirierendes wie parasitär instrumentalisierendes Organisationsprinzip und so gewiss in der dessen finalem Triumph, seiner Ausweitung von der Distribution, dem Markt, auf die Produktion, die Arbeit, kurz, seiner Totalisierung zum kapitalistischen Verwertungsprinzip entspringenden bürgerlichen Gesellschaft eine ökonomisch-materiale Reproduktionstätigkeit außerhalb des Wirkungs- beziehungsweise Geltungsbereichs dieses totalisierten Organisationsprinzips, kurz, außerhalb des kapitalistischen Produktionssystems und unabhängig von ihm, wenn nicht bereits empirisch-faktisch, so jedenfalls doch systematisch-praktisch ausgeschlossen ist, so gewiss sind beide, Verwertung und Arbeit, kapitale Akkumulation und subsistenzielle Kompensation auf Gedeih und Verderb miteinander verschränkt, um nicht zu sagen, miteinander konkresziert.
Und in Konkurrenz, will heißen, in einem ebenso erbitterten wie unablässigen Wettstreit miteinander stehen diese interagierenden, zum System verschlungenen Zielsetzungen, weil die eine, wie nur im Verein mit der anderen und per medium ihrer, so aber auch nur im Gegensatz zu ihr und zu ihren Lasten gedeihen und ihre Realisierung finden kann. Akkumulieren können die Vertreter der Wertperspektive, die als Arbeitgeber firmierenden Verfüger über die Arbeitsmittel nur dann, wenn und in dem Maße, wie ihnen gelingt, den Subsistenzanspruch, den die Arbeitenden aus ihrer als Wertschöpfung geleisteten Arbeit ziehen, zu beschneiden und sich einen nach Möglichkeit großen Teil des von letzteren geschöpften Werts anzueignen. Und subsistieren können deshalb umgekehrt die in der Perspektive der Selbsterhaltung Befangenen, die von ihrer Hände beziehungsweise ihres Organismus Arbeit Lebenden nur dann, wenn und in dem Maße, wie sie es schaffen, dem Aneignungsstreben der Akkumulierer zum Trotz einen hinlänglich großen Teil des von ihnen geschöpften Werts für sich zu reklamieren und zu behalten, um damit ihre exemplarische und generische Subsistenz sichern, sprich, die eigenen Lebens- beziehungsweise Überlebensbedürfnisse und die ihrer Familie befriedigen zu können.
Beide Kontrahenten liegen also in der zum offenen Widerspruch zugespitzten Diskrepanz ihrer per medium der gesellschaftlichen Reproduktion beziehungsweise deren Ausführungsorgans, der gesellschaftlichen Arbeit, verfolgten Zielsetzungen im Streit um ein und dasselbe Objekt, das als Wert bestimmte Produkt der Arbeit, und müssen bei der Aufteilung des letzteren zu einer nolens volens zum Kompromiss geratenden Einigung gelangen, die im besten denkbaren Fall als Zustand definiert ist, in dem die Ziele beider, das subsistenzielle der Arbeitenden und das akkumulative der Verwerter, so weit wie möglich verwirklicht, will heißen, nur so weit beeinträchtigt und in ihrer Verwirklichung eingeschränkt werden wie nötig, um die Verwirklichung des jeweils anderen nicht zu gefährden oder gar zu vereiteln. Dieser beste denkbare Fall setzt freilich voraus, dass beide Parteien einander ebenbürtig beziehungsweise gleichberechtigt gegenüberstehen – und genau das ist nicht der Fall.
Auf den ersten Blick scheint das Äquilibrium zwischen den Kontrahenten, den für die Subsistenz Arbeitenden und den um der Akkumulation von Wert willen arbeiten Lassenden, perfekt: Da die letzteren über die Arbeitsmittel verfügen, sie als ihr Eigentum mit Beschlag belegen, sind die ersteren vom guten Willen und der Kooperationsbereitschaft ihrer Kontrahenten abhängig, sprich, darauf angewiesen, dass jene ihnen ihr Eigentum zum Gebrauch überlassen. Wollen die Arbeiter sich ihre Subsistenz erarbeiten, so müssen sie die Verwerter dazu bringen, sie für sich arbeiten zu lassen. Diesem Muss auf Seiten der Arbeiter korrespondiert aber zwangsläufig, sprich, systemgemäß eines auf Seiten der Verwerter: Wollen letztere ihre Zielsetzung erreichen und erfolgreich Akkumulation betreiben, so müssen sie ersteren ihr Eigentum überlassen, sie mit den Arbeitsmitteln, über die sie verfügen, arbeiten lassen. Der Arbeiter muss arbeiten, sprich, Gebrauch von den im Besitz der Verwerter befindlichen Arbeitsmitteln machen, weil er andernfalls nicht subsistieren kann und leibhaftig zugrunde geht. Der Verwerter muss arbeiten lassen, sprich, Arbeitskräfte für die Betätigung der in seinem Besitz befindlichen Arbeitsmittel finden, wenn anders er akkumulieren und sein diesem Zwecke dienendes Geschäft erfolgreich betreiben will. Kann der Arbeiter nicht arbeiten, so büßt er sein Leben, sein Dasein ein, kann der Verwerter nicht arbeiten lassen, so geht ihm seine Tätigkeit, sein Geschäft verloren. Dem existenziellen Muss auf Seiten des Arbeiters steht ein professionelles Muss auf Seiten des Verwerters gegenüber und hält ihm formell die Waage.
Die formelle, einen Schein von Äquilibrium erzeugende Parallele verdeckt beziehungsweise überspielt indes die reelle Differenz, dass im einen Falle, dem des Arbeiters, das Muss nur individuelle Bedeutung, im anderen Fall, dem des Verwerters, hingegen soziales Gewicht besitzt. Kann der Arbeiter nicht arbeiten und verliert er mangels Subsistenz seine Existenz, so betrifft das nur ihn und die Seinen. Kann der Verwerter nicht verwerten und falliert mangels Wertschöpfung in seinem Geschäft, so hat das Folgen nicht nur für ihn, sondern mehr noch für andere gesellschaftliche Gruppen. In jener Konfrontation des Arbeiters und seines Subsistenzanspruchs mit dem Verwerter und seiner Akkumulationsabsicht vertritt der erstere nur sich selbst und höchstens noch die wenigen, die von ihm abhängen, seine Angehörigen, wohingegen der letztere als Repräsentant kollektiver und mehr oder minder umfassender Interessen fungiert.
Der Grund hierfür liegt im ureigensten Prinzip der kommerziellen Funktion, deren Ausgeburt das kapitalistische Produktionssystem ja ist, nämlich in dem die Funktion ab ovo bestimmenden Streben nach Verwertung, nach Akkumulation, beschlossen. Verwertung oder Akkumulation impliziert, dass der Händler, der den Handwerkern ihre Erzeugnisse abnimmt, um sie zu verkaufen, beziehungsweise der den Absatz der Produkte der Produzenten organisierende Marktbetreiber beziehungsweise der kapitalistische Verwerter, der Arbeiter anstellt, damit sie für seinen Vertrieb produzieren – dass sie allesamt dies unter der Maßgabe tun, dass, wenn das von dem Produzenten Produzierte verkauft, abgesetzt oder vertrieben, sprich, ins Passepartout des kommerziellen Austauschs, in die Münze des Marktes, in allgemeines Äquivalent konvertiert, kurz, als Wert realisiert ist, sich in ihrer – des Händlers, Marktbetreibers oder Verwerters – Hand mehr Wert befindet, als sie dem Produzenten für seine zwecks Befriedigung seiner Bedürfnisse, zwecks Subsistenz angestrengte Produktionstätigkeit, seine Arbeitsleistung schulden, dass also, wenn sie dem Produzenten seine Produktionsleistung vergütet beziehungsweise ihn für sie entlohnt haben, ein Mehr an Wert, Mehrwert in ihrer Hand zurückbleibt, den sie in neuerliche und entsprechend vermehrte Produktionsleistungen investieren können.
Und alle Verwertung oder Akkumulation hat deshalb aber auch die zwangsläufige Konsequenz, dass die Händler, Marktbetreiber oder Kapitalverwerter für den Verkauf, den Absatz oder den Vertrieb der Produkte auf andere als den Produzenten beziehungsweise auf das allgemeine Äquivalent dieser anderen angewiesen sind, da sie ja dem Produzenten seine Produktionsleistung nur abzüglich des von ihnen zwecks Akkumulation einbehaltenen Mehrwerts vergüten oder lohnen und dieser also, wenn er als Konsument zu Markte geht und mit seiner Vergütung oder seinem Lohn das von ihm und seinesgleichen geschaffene Produkt kauft, sprich, es in seinem Wert einlöst oder realisiert, logischerweise außerstande ist, auch den den Mehrwert verkörpernden Teil des Produkts zu kaufen, als Wert zu realisieren, und das vielmehr anderen überlassen muss, die der Händler, Marktbetreiber oder Kapitalverwerter gezwungen ist, andernorts aufzutreiben, außerhalb des Produzentencorpus zu finden.
Alle kommerzielle beziehungsweise kapitale Akkumulation involviert also zwangsläufig gesellschaftliche Gruppen oder Schichten, die in dem Sinne außerhalb des Austausch-, Markt- oder Produktionssystems stehen, dass sie an ihm nicht aktiv mitwirken, zu ihm nichts durch Arbeit oder Tätigkeit beitragen, und die doch unabdingbar sind, um dem Akkumulationsanspruch der Händler, Marktbetreiber oder Kapitalverwerter zu genügen, indem sie mit allgemeinem Äquivalent, über das sie aus anderen Quellen als den markteigenen verfügen, mit Münze des Marktes, die nicht bereits Bestandteil des Marktes, Zirkulationsmittel ist, zwecks materialer Bedürfnisbefriedigung vom Markt profitieren, sprich, ausschließlich als Konsumenten am Markt partizipieren und damit für die vollständige Einlösung oder Realisierung des Werts des vom Produzenten oder Arbeiter geschaffenen mehrwertigen Produkts sorgen.
Diese nicht aktiv, nicht als Produzenten oder kommerzielle Agenten am Austausch oder Markt mitwirkenden, sondern nur passiv, nur als Konsumenten oder materielle Nutznießer an ihm partizipierenden Gruppen oder Schichten sind es, die dem Händler, Marktbetreiber oder Kapitalverwerter in seinem Verhältnis zum Handwerker, Produzenten oder Arbeiter eine strategisch überlegene Position sichern. Sie sind es, die seinem Verwertungsstreben und Akkumulationsgeschäft Impetus und Nachdruck verleihen, weil ihr konsumtives Interesse, ihr Verlangen, als Nutznießer am Markt zu partizipieren, zu jenem Verwertungsstreben, dem allein es ja seine Befriedigung und Erfüllung schuldet, hinzutritt, um es ebenso sehr als politisch-ökonomischer Grund zu untermauern wie als politisch-soziales Motiv zu bekräftigen. Ebenso sehr beflügelt wie getragen vom Interesse und Anspruch derer, die ihm ihr nicht durch Produktionsanstrengungen vermitteltes Wohlergehen, ihr unmittelbar konsumtives Gedeihen verdanken, gewinnt das kommerzielle beziehungsweise industrielle Verwertungsstreben eine kollektive Geltung oder soziale Verbindlichkeit, kurz, eine Dringlichkeit und Durchsetzungskraft, die es den unter seiner Ägide und in seinem Rahmen Produzierenden schwer macht, sich seinen Zumutungen zu widersetzen, geschweige denn, seiner Maßgabe sich zu entziehen.
Und die Dringlichkeit und Durchsetzungskraft, die jene konsumtiven Nutznießer dem Geschäft der Verwerter, der Akkumulation Betreibenden verleihen, ist umso größer, je regelmäßiger und zuverlässiger erstere von letzterem profitieren, sprich, in den Genuss der Bedürfnisbefriedigung und Versorgung gelangen, die es ihnen sichert, und je mehr sie selber Bestandteil oder Strukturelement der Gesellschaft sind, auf deren Boden beziehungsweise in deren Rahmen jene kommerziellen Aktivitäten statthaben und sich entfalten. In dem Maße mit anderen Worten, wie das kommerziell organisierte Produktionssystem mitsamt dem konsumtiven Nutzen, den es kraft Verwertungsanspruch oder Akkumulationsprinzip systemexternen Gruppen oder Schichten bringt, zu einer als wesentliche Funktion der gesamtgesellschaftlichen Reproduktion firmierenden ständigen Einrichtung wird und wie jene systemexternen Gruppen oder Schichten, ihrer ökonomischen Externalität zum Trotz, sich doch zugleich politisch als Mitglieder der betreffenden Gesellschaft, als integrierender Teil der Sozialformation etablieren beziehungsweise präsentieren, nimmt innerhalb des kommerziell vermittelten Produktionssystems die strategische Vormachtstellung, die die Organisatoren des Systems, die Verwerter, über die Beiträger des Systems, die Produzenten, erringen, zwangsläufig zu und macht es letzteren zunehmend schwerer, sich als den Austauschzusammenhang reell tragende und ergo ebenso politisch gleichberechtigte wie ökonomisch gleichwertige Partner seiner Betreiber zur Geltung zu bringen, statt umgekehrt als vom Austauschzusammenhang subsistenziell abhängende Zulieferer sich den ökonomischen Ansprüchen seiner Betreiber zu fügen und ihren politischen Vorgaben Folge zu leisten.
Nicht dass die strategische Vormachtstellung, die den Verwertern das mit ihrem kapitalen Verwertungsanspruch untrennbar verknüpfte materiale Versorgungsinteresse jener mit der Realisierung des Mehrwerts betrauten Konsumentengruppen beziehungsweise Konsumentenschichten gegenüber den Produzenten verschafft und die in dem Maße zunimmt, wie die Versorgung jener Gruppen und Schichten zur festen Einrichtung wird und die letzteren selbst als integrierender Bestandteil der Sozialformation firmieren – nicht dass diese strategisch überlegene Position per se vom Übel wäre und den Produzenten automatisch zum Nachteil ausschlüge! Das wäre höchstens und nur der Fall, wenn die Produzenten zuvor, das heißt, vor dem historischen Auftreten der kommerziellen Funktion, in einem für die Distribution ihrer arbeitsteilig-kooperativen Produkte Sorge tragenden freien, sprich, von ihnen selber und in eigener Regie betriebenen Tauschhandelsverkehr miteinander stünden und zusammenwirkten. Davon indes kann, wie wir wissen, gar keine Rede sein.
Dem Auftreten der vom Verwertungsstreben oder Akkumulationsprinzip bestimmten kommerziellen Funktion und des von ihr entfalteten Marktsystems historisch voraus gehen vielmehr durchweg territorialherr- schaftlich-fronwirtschaftliche Gesellschaften, in denen die Distribution des durch arbeitsteilig-kooperative Arbeit geschaffenen Produkts nicht durch kommunalen Austausch, sondern durch personale Aneignung, nicht durch die wertvermittelte Kompensation für Arbeitsleistungen, sondern durch die machtdefinierte Allokation der Arbeitsprodukte erfolgt, sprich, in der Weise vor sich geht, dass als Herrschaft etablierte Machthaber das gesellschaftliche Produkt als ihr Eigentum ansehen und mit Beschlag belegen, um es an diejenigen, über die sie die Herrschaft ausüben, die Produzenten eingeschlossen, nach – wie immer durch Satzung, Brauch oder Politik modifiziertem beziehungsweise eingeschränktem – Gutdünken auszuteilen.
Zwar, als willkürherrschaftliche Expropriation wird diese Aneignung des gesellschaftlichen Produkts durch die Machthaber nicht von den Beteiligten wahrgenommen, da die ersteren nach allgemeiner Überzeugung für das, was sie letzteren nehmen, diverse Gegenleistungen religiöser, ritueller, repräsentativer, politischer, juridischer, militärischer Natur erbringen, also etwa denen, über die sie die Herrschaft ausüben, die Haltbarkeit und Integrität ihres irdischen Daseins gewährleisten, ein kollektives Selbstbild vermitteln, ein geordnetes und rechtlich geregeltes Zusammenleben ermöglichen, Schutz und Sicherheit bieten. Ökonomisch vermittelt aber sind diese Gegenleistungen nicht und stehen in keiner objektiv nachvollziehbaren, weil maßstäblich vergleichbaren Relation zu den Arbeitsleistungen, die sie zu kompensieren beanspruchen, weshalb denn auch die durch ihre Gegenleistungen in ihrer politischen Machtstellung nicht weniger als in ihrem Anspruch auf das gesellschaftliche Arbeitsprodukt legitimierte Herrschaft im Normalfall diese ihre Machtstellung nutzt, sich das Gros des gesellschaftlichen Arbeitsprodukts anzueignen und seine Produzenten mit dem für ihre Subsistenz Erforderlichen abzuspeisen, sprich, ihnen von dem Reichtum, den sie schaffen und den als Reichtum die Tatsache manifestiert, dass er ausreicht, die Herrschaft nicht nur mitzuversorgen, sondern mehr noch im Überfluss leben zu lassen – ihnen also von diesem Reichtum nur eben so viel zu belassen, dass sie ihre individuelle und generische Existenz zu sichern und nämlich ebenso sehr ihre im Zuge der Arbeit verausgabten Kräfte zu regenerieren wie das für ihr artgerechtes Bestehen nötige familiäre Milieu zu erhalten vermögen.
Selbst dort, wo wirtschaftsgeographische Gegebenheiten, historische Konstellationen, soziale Traditionen oder politische Machtverhältnisse dafür sorgen, dass das subsistenzielle Auskommen, das die Herrschaft den Produzenten des gesellschaftlichen Reichtums aus dessen von ihr mit Beschlag belegtem Fundus zugesteht, das Minimum oder Lebensnotwendige mehr oder minder übertrifft und den letzteren ein gewisses Maß an Wohlstand ermöglicht, bleibt, wieviel die Herrschaft für sich reklamiert und wieviel sie den für sie fronenden Produzenten überlässt, doch stets ökonomisch unkorreliert, durch keinen im Produkt gelegenen Maßstab in ein quantitativ ausdrückbares, proportionales Verhältnis gebracht und eher also eine Frage der sozialen Konvention als der objektiven Relation, stellt sich mit anderen Worten das, was die Produzenten bekommen, in Bezug auf das, was die Herrschaft behält, als eine stipuliert fixe Größe statt als eine kalkulierbar variable Funktion dar, und ziehen insofern die Produzenten weder aus vermehrten Arbeitsanstrengungen, die ihnen die Herrschaft abfordert, noch aus Steigerungen der Produktivität, die ihre arbeitsteilig-kooperative Produktionsweise mit sich bringt, den mindesten subsistenziellen Nutzen.
Die herrschaftlich-fronwirtschaftliche Ausbeutung steht anders als der kommer- ziell-marktwirtschaftliche Austausch in keiner objektiven Relation zur Arbeitsleistung: Der Arbeitende findet sich nicht um einen mittels Markt kommerziell kalkulierten, sondern um einen kraft Herrschaft konventionell fixierten Teil seines Produkts gebracht. Da der kommerzielle Austausch für den Absatz des vom Marktbetreiber angeeigneten Mehrprodukts auf die Herrschaft und ihre Klientel, die traditionelle Oberschicht, angewiesen ist, realisiert er sich nicht als eine abstrakt-separate Parallelaktion, sondern als eine konkret-relative Alternativlösung zur herrschaftlichen Ausbeutung. Angesichts des doppelten mit dem kommerziellen Austausch verknüpften Vorteils der objektiv kalkulierten Beteiligung am Wert seines Produkts und der progressiven Ablösung herrschaftlich-direkter Ausbeutung durch den indirekten Appropriationsmechanismus des Marktes nimmt der Produzent die strategische Vormachtstellung, die der Marktbetreiber durch seine herrschaftsdienliche Funktion erringt, gern in Kauf.
Genau das aber ändert sich, wenn die Produzenten statt fronwirtschaftlich für die politische Herrschaft, vielmehr für die kommerzielle Funktion und das unter ihrer Ägide sich entfaltende marktwirtschaftliche System produzieren. An die Stelle der machtbedingten Extraktion oder politisch legitimierten Enteignung tritt die marktvermittelte Transaktion, der ökonomisch motivierte Austausch. Die Gegenleistung, die der Händler oder Marktbetreiber dafür erbringt, dass der Produzent ihm sein Produkt überlässt, ist nicht mehr politischer Natur, besteht nicht in religiösen, rituellen, sozialen oder gouvernementalen Diensten, wie sie die Herrschaft der Gesellschaft zu leisten beansprucht, sondern ist selber ökonomisch beschaffen und besteht in der als Wert bestimmten und in der Gestalt von allgemeinem Äquivalent, Geld, erscheinenden abstrakten Produktform, die als Passepartout des Austauschs oder Münze des Marktes dem Produzenten den Zugang zu dem von ihm und seinesgleichen geschaffenen und vom Händler oder Marktbetreiber übernommenen und feilgebotenen Güterensemble eröffnet.
Dass der Händler beziehungsweise Marktbetreiber dafür, dass er die arbeitsteilig erzeugten Güter in seiner Hand beziehungsweise qua Markt versammelt und den Produzenten einen durchs allgemeine Äquivalent vermittelten und ebenso bequemen wie simultanen Zugang zu der Gütersammlung ermöglicht – dass der Händler also für diese seine organisatorische Distributionsleistung den Produzenten ihre Produkte unter Wert abnimmt, sprich, im Zuge des Austauschs seines allgemeinen Äquivalents gegen das Produkt des Produzenten das Äquivalenzprinzip Lügen straft und sich einen Teil des Produktwerts aneignet, nimmt der Produzent angesichts der Vorteile, die ihm das marktwirtschaftliche Austauschverfahren, die kommerzielle Transaktion, verglichen mit der seigneurialen Extraktion und ihrem fronwirtschaftlichen Abfindungsmechanismus bietet, gern in Kauf. Schließlich ist nun die Kompensation, die im Unterschied zum herrschaftlichen Enteigner der kommerzielle Abnehmer dem Produzenten für sein Produkt leistet, kein von dessen sächlichem Wert unabhängiges konventionelles Fixum mehr, sondern ein proportionaler Teil eben dieses sächlichen Wertes selbst. Und schließlich ist, weil der Händler oder Marktbetreiber dem Produzenten ja nicht als sozialer Machthaber oder politische Herrschaft gegenübersteht, sondern als kommerzieller Geschäftspartner und ökonomischer Kompagnon begegnet, diese von ihm als Gegenleistung des Produzenten beanspruchte Wertproportion nicht mehr Sache gesellschaftlicher Konvention beziehungsweise herrschaftlicher Sanktion, sondern Ergebnis partnerschaftlicher Negotiation beziehungsweise marktwirtschaftlicher Kalkulation.
Darüber hinaus und vor allem aber birgt die per Austausch praktizierte proportionale Aufteilung des Produkts per modum seines Wertes diesen Vorteil für den Produzenten, dass er am Wertzuwachs seines Produkts, die er etwa durch Steigerung der Produktivität oder durch erhöhte Arbeitsanstrengung erzielt, sich nach Maßgabe eben jener Aufteilungsproportion beteiligt findet. Wenn mit anderen Worten der Produzent durch Mehrarbeit oder verbesserte Produktionsmethoden mehr erzeugt und seine Produktmenge vergrößert, so zahlt sich das in Gestalt des entsprechend vermehrten allgemeinen Äquivalents, das als seinen in Wertform erscheinenden Produktanteil der Händler oder Marktbetreiber ihm überlässt, für ihn aus. Anders als der fronwirtschaftlich Arbeitende, der sich vom politischen Herrn mit einer in keiner Relation zu seiner Arbeitsleistung stehenden und vielmehr konventionell fixierten oder herrschaftlich sanktionierten Subsistenz abgespeist findet, hat es der marktwirtschaftlich Produzierende, eben weil sein ökonomischer Vertragspartner ihm sein Produkt proportional vergütet, sprich, ihm einen mit dem Produkt objektiv korrelierten und nämlich in Gestalt allgemeinen Äquivalents als verhandelbar variable Funktion des Produktwerts firmierenden Anteil überlässt, selber in der Hand, durch intensivierte Arbeitsanstrengung oder effektivere Arbeitsmethoden seine subsistenziellen Umstände zu verbessern und sich ein annehmlicheres Leben zu schaffen.
Angesichts dieser Vorteile also nimmt der Produzent gern in Kauf, dass sich der Händler oder Marktbetreiber mittels des Austauschakts, in dessen Konsequenz er, der Produzent, dem Händler oder Marktbetreiber sein Produkt überlässt und von letzterem dafür mit als Passepartout des Produkts fungierendem allgemeinem Äquivalent entschädigt wird, einen Teil des Produktwerts aneignet und als Anteil des Marktes, als Mehrwert, ebenso sehr auf eigene Rechnung wie in eigener Regie kommerziell nutzt, sprich, durch Verkauf, durch Überführung in die Form von allgemeinem Äquivalent als Wert realisiert und damit für neue, als Wertaneignungsmechanismus wohlverstandene Austauschakte verfügbar werden lässt. Und ebenso mit in den Kauf nimmt er damit natürlich auch das oben vermerkte strategische Übergewicht, das im Laufe jener qua kommerzielle Funktion praktizierten Mehrwertaneignungsprozedur der Händler beziehungsweise Marktbetreiber über die Produzenten deshalb erringt, weil ja die Realisierung des in dem Teil des Produkts, den er sich mittels nichtäquivalenten Austauschs aneignet, steckenden Mehrwerts darauf hinausläuft, dass er andere, nicht zum Produzentencorpus gehörende, sprich, nur als Konsumenten am Austausch partizipierende Käufergruppen auftut und weil in dem Maße, wie ihm gelingt, diese Käufergruppen regelmäßig und in nennenswertem Umfang mit den als Trägern des Mehrwerts dienenden Gütern zu versorgen und sie auf diese Weise dauerhaft und quasi institutionell an sein Austauschsystem zu binden und von ihm abhängig werden zu lassen, er sich zum Sachwalter und Interessenvertreter dieser Gruppen mausert und deren Versorgungsansprüche, deren Anspruch auf konsumtive Teilhabe am kommerziellen Austauschsystem repräsentiert und zur Geltung bringt.
Und das strategische Übergewicht, das die um der Mehrwertrealisierung willen als reine Nutznießer in das kommerzielle System einbezogenen externen Konsumentengruppen ihrem internen Repräsentanten, dem Händler oder Marktbetreiber, verleihen, nehmen die Produzenten umso bereitwilliger mit in den Kauf, als es sich im systematischen Zweifelsfall, der der historische Normalfall ist, bei diesen ins Austauschsystem einbezogenen Konsumentengruppen ja um eben die territorialherrschaftlichen Machthaber, eben die politisch Herrschenden handelt, die ohne die Dazwischenkunft und Wirksamkeit der sie ins kommerzielle beziehungsweise marktwirtschaftliche Austauschsystem einbeziehenden Händler oder Marktbetreiber die Produzenten fronwirtschaftlich zu vereinnahmen, sprich, sie in eine ökonomisch unvermittelte, will heißen, ihnen von ihrer Arbeitsleistung nichts als ein konventionelles Fixum, eine subsistenzielle Abfindung belassende Dienstbarkeit und Botmäßigkeit zu pressen in der Lage und gewohnt sind.
Woher sonst auch sollten die Händler jene Konsumenten nehmen, wo sonst sie finden, wenn nicht aus beziehungsweise in den Reihen derer, die kraft ihres herrschaftlichen Status, kraft ihrer Zugehörigkeit zur Oberschicht der auf agrarwirtschaftlicher Grundlage dichotomisierten Gesellschaften, die bis zum Aufkommen der kommerziellen Funktion als verbindliche Sozialformation das zivilisationsgeschichtliche Feld beherrschen, über Reichtum im Allgemeinen und über das von der kommerziellen Funktion als allgemeines Äquivalent instrumentalisierte traditionelle Herrengut Edelmetall im Besonderen verfügen und die sich durch eben diese ihre herrschaftliche, das heißt, nicht dem marktwirtschaftlichen Austausch, sondern ihrem eigenen marktunabhängigen Status und Wohlstand geschuldete Verfügung über allgemeines Äquivalent für die nach Maßgabe des Akkumulationsprinzips, das die kommerzielle Funktion antreibt, unabdingbare Rolle der Mehrwertrealisierer, der Käufer oder Konsumenten des Produkts qualifizieren, das den von den Händlern oder Marktbetreibern beim Austausch mit den Produzenten angeeigneten Teil des produzierten Werts verkörpert.
So wenig die kommerzielle Funktion ihren Anfang und ihre Entwicklung unabhängig von dem territorialherrschaftlich-agrarwirtschaftlichen Zusammenhang nimmt, der ihr historisch vorausgeht, und so sehr sie vielmehr von jenem vorausgesetzten Zusammenhang nur in dem Maße sich zu emanzipieren beziehungsweise relativ unabhängig von ihm ihr Austauschsystem zu etablieren vermag, wie sie ihn als ihr systematisches Komplement akzeptiert, ihn als ihr Aktionsfeld, ihren Wirkungskreis, ihren Entfaltungsraum gelten lässt, so wenig findet sie im Zweifelsfall, der der Normalfall ist, jene als Mehrwertrealisierer firmierenden reinen Konsumenten, die ihr unter dem Imperativ des Akkumulationsprinzips stehendes Austauschsystem braucht, um zu funktionieren, nicht irgendwo und unbestimmt außerhalb dieses ihres Entfaltungsraums, sondern innerhalb seiner, will heißen, in Gestalt und Person der traditionellen Oberschichten, die ansonsten die Befriedigung ihrer konsumtiven Bedürfnisse ihrer herrschaftlichen Stellung und einer durch sie sanktionierten fronwirtschaftlichen Ausbeutung des gesellschaftlichen Produzentencorpus verdanken.
So gesehen und im historischen Kontext genommen, stellt also der im Austausch gründende marktwirtschaftliche Akkumulationsprozess der kommerziellen Funktion keine abstrakt-separate Parallelaktion, sondern vielmehr eine konkret-relative Alternativlösung zur auf Ausbeutung basierenden fronwirtschaftlichen Extraktionsprozedur der territorialen Herrschaft dar, beschränkt er sich mit anderen Worten mitnichten darauf beziehungsweise bescheidet sich keineswegs damit, letzterer an die Seite zu treten und sie zu ergänzen, sondern tendiert zwangsläufig dazu beziehungsweise ist zielstrebig darauf aus, sich an die Stelle der letzteren zu setzen und sie als paradigmatisches Aneignungs- und Bereicherungsverfahren zu substituieren. So gewiss es ein- und dieselben Konsumentengruppen sind, die die Händler beziehungsweise Marktbetreiber als Mehrwertrealisierer rekrutieren und die sich ansonsten beziehungsweise andernfalls das, was ihnen mittels kommerzieller Funktion an Bedürfnisbefriedigungsmitteln zufließt, via territorialherrschaftlich-fronwirtschaftlich direkte Enteignung des gesellschaftlichen Produzentencorpus verschaffen, so gewiss ist der kaufmännisch-kommerzielle Appropriationsprozess kein dem herrschaftlich-territorialen Expropriationsmechanismus unverfänglich parallelgeschalteter und mit ihm ebenso ad infinitum wie ad libitum kohabitierender Vorgang, sondern macht vielmehr letzterem im dynamischen Prinzip Konkurrenz und sucht ihn als solchen in dem Sinne zu verdrängen, dass er die zwischen gesellschaftlichem Produzentencorpus und Herrschaft seit alters statthabende Enteignung seinem neuartigen Vermittlungsanspruch, sprich, seinen austauschförmigen und auf die Akkumulation von allgemeinem Äquivalent alias Herrengut in Händlershand zielenden Konditionen unterwirft.
Je mehr die kommerzielle Funktion sich auf Basis des Akkumulationsprinzips zum marktwirtschaftlichen System entfaltet, je mehr sie handwerkliche Produzentengruppen an sich zieht, um sie in ihr zirkulatives Distributionssystem zu integrieren, sie quasi marktunmittelbar werden und als gleichermaßen Beiträger und Nutznießer am System teilnehmen zu lassen, umso stärker schiebt sie sich als ebenso sehr politischer Puffer wie ökonomischer Mittler zwischen jene Produzentengruppen und die territoriale Herrschaft, entzieht erstere dem persönlichen Zugriff und der direkten Kontrolle der letzteren und reduziert die Botmäßigkeit oder Dienstbarkeit, in der sich erstere traditionell gegenüber letzterer verhalten finden, auf eine indirekte oder sächliche Abhängigkeit und Obligation, für die sie, die kommerzielle Funktion, insofern Sorge trägt und einsteht, als das sie treibende Akkumulationsprinzip sie an die traditionelle Herrschaft als für ihr Funktionieren unabdingbaren Faktor verweist und bindet und sie deshalb nolens volens deren Interesse gegenüber jenen von ihr ins Marktsystem integrierten Produzentengruppen vertritt und geltend macht, sprich, den Anspruch der traditionellen Herrschaft auf Versorgung, auf konsumtive Teilhabe an den Früchten gesellschaftlicher Arbeit in der veränderten Form oder vielmehr unter dem Deckmantel eines als rein ökonomisches Kompensationsgeschäft sich gerierenden Austauschs von Äquivalenten zum Tragen bringt.
Wie sollten wohl die von der kommerziellen Funktion für ihr Marktsystem vereinnahmten Produzenten an dieser neuen Abhängigkeit, in die es sie versetzt, und dieser novellierten Verpflichtung, die es ihnen aufbürdet, angesichts der oben dargelegten Vorteile einer ökonomisch fundierten proportionalen Entschädigung für ihre Arbeitsleistung und einer darin implizierten Beteiligung an Ertragssteigerungen aufgrund verstärkter Arbeitsanstrengung beziehungsweise erhöhter Produktivität, die mit dem neuen, kommerziellen Verhältnis verknüpft sind, den mindesten Anstoß nehmen? Wie sollten sie das neue Verhältnis überhaupt als ihrem Fürsichsein widerstreitende, ihrer Freiheit Eintrag tuende Fremdbestimmung und Belastung erfahren können, da es ja, wie gesagt, eine sie in weit höherem Maße knechtende und beengende Beziehung ablöst und ersetzt und sich ihnen insofern als regelrechter Akt der Emanzipation und Selbstbestimmung darbietet?
So gewiss die neue, marktwirtschaftlich vermittelte Abhängigkeit und Dienstleistungsfunktion, in die das Akkumulationsstreben der Händler beziehungsweise Marktbetreiber mit dem aus ihm konsequierenden Bedarf an für die Realisierung des Mehrwerts Sorge tragenden, marktexternen Konsumenten die Produzenten gegenüber der traditionellen territorialen Herrschaft und deren als Oberschicht firmierenden Klientel versetzt, weil unter den historisch gegebenen Umständen die traditionelle Herrschaft und ihre Klientel die einzigen sind, die für besagte Rolle in Frage kommen und sich durch das in ihren Händen befindliche Herrengut Edelmetall qualifiziert zeigen – so gewiss also diese neue, marktwirtschaftlich vermittelte Abhängigkeit bloß die alte, unvermittelt fronwirtschaftliche Hörigkeit substituiert, die bis dahin – paradox ausgedrückt – das Feld beherrscht, sprich, für die Produktionsverhältnisse in den zivilisationsgeschichtlich anfänglichen, territorialherrschaftlich-agrarwirtschaftlich verfassten Gesellschaften normative Verbindlichkeit beansprucht, so gewiss ist das Moment von strategischer Überlegenheit, das den Händlern beziehungsweise Marktbetreibern diese ihre dem Akkumulationsprinzip geschuldete spezielle Beziehung zur traditionellen Herrschaft und rücksichtlich letzterer wahrgenommene Interessenvertretung verleiht, nichts, was den Produzenten im mindesten zum Ärgernis gereichen müsste, sondern im Gegenteil etwas, das sie rückhaltlos akzeptieren beziehungsweise voll und ganz gutheißen können, weil solch strategische Überlegenheit der kommerziellen Funktion die unter ihrer Ägide arbeitenden Produzenten ja nicht nur vor der ansonsten erdrückenden Übermacht der traditionellen Herrschaft bewahrt und ihnen zu einem hier und jetzt gedeihlicheren Dasein verhilft, sondern ihnen mehr noch eine Zukunftsperspektive eröffnet und ein kontinuierlich besseres Leben in Aussicht stellt.
In der Tat ist dies die doppelte, der Dynamik des Akkumulationsprinzips, das jene strategische Überlegenheit begründet, geschuldete Konsequenz der kommerziellen Aktivität, dass die Ersetzung des fronwirtschaftlichen durch ein marktwirtschaftliches Arbeitsverhältnis nicht nur empirisch und ad hoc die davon betroffenen Produzenten besserstellt und nämlich in dem Maße, wie sie sie zur proportional bemessenen Mitversorgung anderer gesellschaftlicher Gruppen durch die Schöpfung von Mehrwert verpflichtet, von der weit schwerer zu tragenden Last einer konventionell sanktionierten Ausbeutung durch eine im Prinzip ihrer persönlichen Verfügungsgewalt über die gesellschaftliche Arbeit das gesamte Sozialprodukt als ihr Eigen reklamierende herrschaftliche Oberschicht befreit, sondern dass darüber hinaus perspektivisch oder in spe jener Ersetzungsvorgang eine als Wachstums- oder Expansionsimpuls wirksame entwicklungsprozessuale Komponente einschließt, dass also die kommerzielle Aktivität quasi automatisch dafür Sorge trägt, dass das marktwirtschaftlich-stadtbürgerliche System, das sie mittels des ihr zuarbeitenden handwerklichen Produzentencorpus hervortreibt, gegenüber dem kraft ackerbaulicher Knechtschaft funktionierenden fronwirtschaft- lich-territorialherrschaftlichen Zusammenhang immer mehr an personalem Boden und sozialem Gewicht gewinnt, weil es die territoriale Herrschaft und deren Klientel immer umfangreicher und vielfältiger zu versorgen imstande ist und sich letzteren in dem Maße, wie es zu einer tragenden Säule ihrer demonstrativen Bedürfnisbefriedigung, ihres Konsums, avanciert, zunehmend unentbehrlich macht.
Eben das Akkumulationsprinzip, das den am Marktsystem teilnehmenden Produzenten abverlangt, für andere gesellschaftliche Gruppen und im Zweifelsfall, der der historische Normalfall ist, für die territoriale Herrschaft, von deren fronwirtschaftlich unmittelbarem Zugriff das Marktsystem sie befreit, mitzuproduzieren, führt ja dazu, dass letzteres sowohl in personaler als auch in realer Hinsicht immer weiter wächst und expandiert und sich demzufolge in der territorialherrschaftlichen Reproduktion immer stärker zur Geltung bringen, sich als Lieferant von Gütern und Leistungen für den Lebensstandard und das Wohlbefinden der als Mehrwertrealisiererin rekrutierten territorialen Herrschaft immer unentbehrlicher machen kann, kurz, die Disposition beweist, die herrschaftliche Oberschicht des zu ihm alternativen fronwirtschaftlichen Ausbeutungszusammenhanges als Nutznießerin seiner immer umfangreicheren und vielfältigeren Segnungen ökonomisch immer abhängiger von sich werden, sie in eine immer entschiedenere Partisanin beziehungsweise Patronin seines Bestehens und Wirkens sich verwandeln zu lassen, was wiederum bedeutet, dass die als integrierendes Moment oder vielmehr als fundierendes Element des Marktsystems firmierenden Produzenten immer zuverlässiger und sicherer die im Vergleich mit der fronwirtschaftlichen Existenz offenkundigen Vorteile genießen können, die es ihnen bietet, und mit immer größerer Aussicht auf Erfolg und Kontinuität ihr Leben führen und ihren Wohlstand mehren können.
Wie sollten angesichts dieser ebenso sehr perspektivischen wie empirischen und ebenso sehr generisch-kollektiven wie exemplarisch-individu- ellen Aktiva, die im Unterschied zur fronwirtschaftlich-territorialherr- schaftlichen Ordnung das marktwirtschaftlich-stadtbürgerliche System für sie bereit hält, die Produzenten wohl verfehlen können, die das System hervorbringende kommerzielle Funktion mitsamt dem sie treibenden Prinzip der Akkumulation von Wert als ihre natürliche Verbündete beziehungsweise gesellschaftliche Partnerin hochzuhalten und nach Kräften zu unterstützen und um der – aufs Ganze gesehen – so vorteilhaften Allianz und Partnerschaft willen auch und sogar bereitwillig das Passivum der strategischen Vorrangstellung in Kauf zu nehmen, die der Verbündeten und Partnerin ihr dem Akkumulationsstreben geschuldetes besonderes Verhältnis zur territorialen Herrschaft und sozialen Oberschicht verschafft und die ihr erlaubt, sich ihnen, den Produzenten, gegenüber als ebenso richtungweisende Initiatorin wie maßgebende Intendantin des Systems zu gerieren und zur Geltung zu bringen.
Dabei wissen die Produzenten natürlich, dass ihre Allianz und Partnerschaft mit der kommerziellen Funktion ein reines Zweck- und Interessenbündnis ist und dass die Händler und Marktbetreiber weit entfernt davon sind, aus Menschenfreundlichkeit mit ihnen zu kontrahieren, sprich, sie aus Altruismus der fronwirtschaftlichen Knechtschaft, der die territorialherrschaftliche Gewaltübung sie unterwirft, zu entziehen und in den Dienst ihres kraft Akkumulationsprinzip sich entfaltenden marktwirtschaftlichen Systems zu stellen, die Produzenten also mit all den beschriebenen Vorteilen, die ihnen daraus erwachsen, aus der persönlichen Verfügung, die die territoriale Herrschaft traditionell über sie beansprucht, auszulösen und eine weit weniger beschwerliche und mit dem eigenen Bestreben nach Autonomie und Wohlergehen weit besser vereinbare sächliche Verpflichtung gegenüber der traditionellen Herrschaft übernehmen zu lassen, für deren Einlösung und Erfüllung niemand anders als sie, die kommerzielle Funktion, einsteht und Sorge trägt. Die Produzenten wissen, dass nicht Rücksicht auf ihr Los und Befinden die kommerzielle Funktion dazu bringt, sich als Puffer und Vermittlungsinstanz zwischen sie und die Herrschaft zu schieben, sondern dass das ausschließliche Gesetz ihres Handelns das Akkumulationsprinzip ist, will heißen, die Absicht, immer mehr Produzenten und Produktions- beziehungsweise Produktivkraft zu mobilisieren, um mittels des wachsenden Mehrprodukts die als Realisierer des Mehrwerts, der in letzterem steckt, rekrutierten herrschaftlichen Konsumenten immer umfänglicher zu versorgen und in jenem vitios spiraligen Zirkel, in dem die Akkumulation resultiert, den realisierten Mehrwert wiederum für die Mobilisierung weiterer Produzenten und Produktions- beziehungsweise Produktivkraft einzusetzen.
Die Produzenten wissen, dass die kommerzielle Funktion mitnichten um ihretwillen beziehungsweise ihnen zuliebe handelt, wie sie handelt, aber weil objektiv oder im Ergebnis dieses Handeln in doppelter Hinsicht bekömmliche Folgen für sie hat, weil sie ihnen nämlich nicht nur empirisch oder exemplarisch-individuell zu vergleichsweise vorteilhaften Lebensbedingungen verhilft, sondern mehr noch kraft der wachsenden ökonomischen Abhängigkeit, in die sie die territoriale Herrschaft versetzt, letztere aus einer ihrem emanzipiert marktbezogenen Dasein potenziell bedrohlichen Gewalt in eine diesem Dasein aktuell freundliche Macht transformiert und ihnen damit perspektivisch oder generisch-kollektiv ermöglicht, sich unter stillschweigender herrschaftlicher Duldung, wo nicht gar unter erklärtem herrschaftlichem Schutz in ihren vorteilhaften Lebensverhältnissen auf Dauer einzurichten und als eine marktzentriert eigene, mehr oder minder unabhängige Gesellschaftsformation zu konstituieren – weil dies so ist, versteht es sich von selbst, dass im übertragenen nicht weniger als im buchstäblichen Sinne die Produzenten am Markt, ungeachtet des kalten Kalküls, mit dem er sie instrumentalisiert und ihre Arbeit verwertet, hängen und sich mit der Vorrangstellung, die seinen Betreibern ihre die territoriale Herrschaft betreffende Interessenvertretung und Sachwaltung verleiht, ebenso leicht abfinden, wie sie die Führungsrolle, die jene aufgrund solcher Vorrangstellung beanspruchen, bereitwillig akzeptieren.
Die progressive Ablösung fronwirtschaftlicher Ausbeutung durch marktwirtschaftliche Aneignung, herrschaftlicher Expropriation durch kommerzielle Akkumulation, führt zu einem politischen Systemwechsel: An die Stelle der als Patronin der kommerziellen Funktion agierenden föderalistisch-feudalen Herrschaft tritt das als Faktotum der kommerziellen Funktion firmierende absolutistisch-zentrale Staatswesen. Die durch die Dienstfertigkeit der politischen Instanz in ihrer Akkumulationstätigkeit entfesselte ökonomische Macht vollzieht einen Positions- und Bündniswechsel, der sie selber zum Politikum und das von ihr akkumulierte Handelskapital zur Grundlage einer neuen Form der gesellschaftlichen Reproduktion werden lässt. Sie überschreitet eine Schwelle, die sich ihr bei ihrem ersten, antiken Durchgang noch als unüberwindliche Schranke erwies.
Jedenfalls ist das so lange der Fall, wie die ökonomische Abhängigkeit, in die der dem Akkumulationsprinzip geschuldete Wachstums- und Expansionsimpuls der kommerziellen Funktion die als Mehrwertrealisiererin rekrutierte territoriale Herrschaft und Oberschicht hineintreibt, nicht solche Dimensionen annimmt, dass sie in einer Art von qualitativem Sprung zum Politikum wird, und wie mit anderen Worten das von der kommerziellen Funktion in Verfolgung ihres Akkumulationsprinzips entfaltete Marktsystem nicht solch eine für die gesellschaftliche Reproduktion grundlegende beziehungsweise maßgebende Bedeutung erlangt, dass es der territorialen Herrschaft nicht mehr nur konsumtiv, in specie ihres ökonomischen Wohlergehens, sondern mehr noch konstitutiv, in genere ihres politischen Fortbestands, unentbehrlich wird, dass also die kommerzielle Funktion sich nicht mehr darauf beschränken muss, einer von ihr unabhängigen, weil fronwirtschaftlich-autarken und auf dieser Basis souveränen territorialen Herrschaft die Mittel zur Verfügung zu stellen, um ihre souveräne Existenz ebenso konsumtiv annehmlich wie demonstrativ herrschaftlich auszugestalten, sondern dass sie vielmehr imstande ist, die territoriale Herrschaft ihrer traditionellen fronwirtschaftlichen Autarkie zu entreißen und durch die Mittel, die sie ihr zur Verfügung stellt, in ihrem Souveränitätsanspruch, ihrer Herrschaftlichkeit neu und überhaupt erst zu begründen, ihre Souveränität mit dem Markt zu vermitteln, sprich, sie zu einer abhängigen Kreatur des Marktes werden zu lassen.
Wenn und sobald dieser ominöse Punkt einer Ertüchtigung der kommerziellen Funktion zur Steigbügelhalterin einer neu und nämlich nicht mehr in der Hauptsache auf fronwirtschaftlicher Grundlage, sondern im Wesentlichen mit marktwirtschaftlichen Mitteln etablierten territorialen Herrschaft, sprich, ihrer Ermächtigung zum ökonomischen Konstitutiv des politischen Status erreicht wird, kehrt das die Funktion treibende Akkumulationsprinzip seine wahre, von aller Menschenfreundlichkeit und Emanzipationsabsicht himmelweit entfernte und von der obsessiven Rationalität seiner monomanen Zweckbestimmung durch und durch geprägte Physiognomie hervor. Will heißen, die kommerzielle Funktion nutzt die konstitutive Bedeutung, die sie für die territoriale Herrschaft gewonnen hat, und die effektive Macht, die sie dadurch über sie erringt, um von ihr politische Förderung und bürokratische Unterstützung, kurz, staatliche Mitwirkung beim sie, die kommerzielle Funktion, einzig und allein interessierenden Geschäft der Akkumulation von Wert kraft Erwirtschaftung von Mehrwert einzufordern. Dafür, dass die Herrschaft jetzt von der kommerziellen Funktion die Mittel erhält, sich als souveräne Macht, als gesetzgeberisch, ordnungspolitisch und richterlich entscheidende Gewalthaberin durchzusetzen und zu etablieren, ist sie verpflichtet, der kommerziellen Funktion bei dem, was diese allein interessiert, der Anhäufung von Handelskapital nämlich, dekretorisch, militärisch und juridisch zur Hand zu gehen und Hilfestellung zu leisten.
Die Herrschaft wird zum Faktotum, das, weil es seine neue, der Beschränktheit territorialen Reichtums entrissene und auf das Füllhorn des Marktes bauende Machtstellung im Wesentlichen den finanziellen Zuwendungen und fiskalischen Leistungen der kommerziellen Funktion verdankt, umgekehrt all seinen politischen Einfluss mobilisieren und all seine staatliche Verfügungsgewalt geltend machen muss, um seiner Brotgeberin oder, besser gesagt, Schatzmeisterin zu dem Ihren zu verhelfen, ihr also, positiv ausgedrückt, neue ökonomische Entfaltungsräume zu eröffnen und neue gewinnträchtige Investitionschancen zu bieten beziehungsweise, negativ gefasst, bei der Beseitigung aller ihrer Entfaltung begegnenden realen Widerstände und der Aufhebung aller ihrer Investitionstätigkeit hinderlichen sozialen Schranken behilflich zu sein.
Die kommerzielle Funktion vollzieht, wenn man so will, in dem Augenblick, in dem die ökonomische Abhängigkeit der territorialen Herrschaft von ihrem Handeln und Wirken aus einer habituell-konsumtiven Beziehung in ein existenziell-konstitutives Verhältnis übergeht, einen als bündnispolitische Neuorientierung erscheinenden Positionswechsel: Während sie bis dahin mit den von ihrem Marktsystem auf den Plan gerufenen kommunalen, vornehmlich handwerklichen Produzenten kontrahiert und in akkumulativer Absicht deren Mehrwert produzierende Arbeit nutzt, um die in den Genuss des mehrwertigen Produkts gelangende und als Nutznießerin des Mehrprodukts für eine permanente Steigerung der Mehrwertproduktion sorgende territoriale Herrschaft in immer größere ökonomische Abhängigkeit vom Marktsystem und den es tragenden stadtbürgerlich-handwerklichen Produktionsverhältnissen zu versetzen und ihr dadurch aber auch die Bereitschaft zu vindizieren, das Marktsystem mitsamt den es tragenden Produktionsverhältnissen in seinem von der territorialen Fronwirtschaft emanzipierten Bestand und seiner letzterer geradezu widerstreitenden Eigenart gelten, wo nicht ihm sogar Schutz und Förderung angedeihen zu lassen, steht sie, die kommerzielle Funktion, nachdem ihr gelungen ist, jene ökonomische Abhängigkeit der territorialen Herrschaft zum Politikum zu eskalieren, fortan in Allianz mit der letzteren und nutzt deren politische Macht und soziale Verfügung, um das, was bis dahin noch einem politischen Zweck, der Konditionierung und Domestizierung territorialherrschaftlicher Gewalt zu dienen schien, nämlich das allem Kommerz als Grundprinzip eingeschriebene Akkumulationsstreben, als den ökonomischen Selbstzweck, der es in Wahrheit ist, manifest werden zu lassen und partout nichts weiter mehr anzustreben, als diesem ihrem Akkumulationsstreben weitestgehend Genüge zu leisten und bestmöglich Rechnung zu tragen, sprich, die dem Marktsystem zugrunde liegenden Produktionsverhältnisse so auszubauen, zu organisieren und zuzurichten, dass sie eine optimale Erwirtschaftung von Mehrwert, sprich, eine maximale Inkraftsetzung des spiraligen Zirkels aus Akkumulation zwecks Entfaltung des Marktsystems und Entfaltung des Marktsystems zwecks Akkumulation gewährleisten.
Auch wenn formell oder subjektiv dieser der Verwandlung der territorialen Herrschaft ins politische Faktotum des Marktsystems, die Folge der auf die Spitze getriebenen ökonomischen Abhängigkeit der Herrschaft vom Marktsystem ist, entspringende Positionswechsel der kommerziellen Funktion beziehungsweise ihrer Betreiber nicht als feindselige Handlung gegen die dem Marktsystem zuarbeitenden Produzenten oder gar als Kriegserklärung an sie intendiert ist und also nicht bedeutet, dass die Händler und Marktbetreiber sich gezielt und bewusst gegen ihre bisherigen Geschäftspartner und Verbündeten wenden, um sie mit Hilfe ihres neuen Alliierten, der ins politische Faktotum des Marktsystems verwandelten territorialen Herrschaft, zu Paaren zu treiben, ihrem Gebot zu unterwerfen und zu dienstbaren Geistern oder, besser gesagt, Ausbeutungsobjekten zur Befriedigung des sie ausschließlich beherrschenden Strebens nach akkumulativer Verwertung zu degradieren, wirkt sich der Positionswechsel doch reell oder objektiv in genau diesem Sinne aus, da ja die Produzenten nicht bloß integrierender Bestandteil, sondern mehr noch konstitutiver Faktor der Produktionsverhältnisse und also von deren mit Hilfe des neuen Faktotums der kommerziellen Funktion, eben der territorialen Herrschaft, durchgesetzten akkumulationskonformen Entfaltung, Organisation und Zurichtung ebenso vollständig wie zwangsläufig mitbetroffen und in sie involviert sind.
Dank ihrer neuen Allianz mit der in komplette ökonomische Abhängigkeit von ihr versetzten politischen Macht sieht sich die kommerzielle Funktion erstmals in der Lage, ihrer wahren raison d'être, dem Akkumulationsprinzip, absolut zu huldigen und vorbehaltlos Folge zu leisten. Sie kann die scheinbare Rücksicht auf die Interessen und Belange der ihrem Marktsystem zuarbeitenden Produzenten, zu der ihr auf die Kooperation und den guten Willen der letzteren bauendes Bemühen um Tolerierung oder gar Förderung durch die noch weitgehend fronwirtschaftlich autarke, in ihrer Souveränität von der Teilhabe an den Gewinnen des Marktsystems noch so ziemlich unabhängige territoriale Herrschaft sie verhält – diese scheinbare, weil nur durch die politische Machtkonstellation ihr gebotene Rücksicht auf die Produzenten kann die kommerzielle Funktion endlich fallenlassen, kann die – sie in ihrem Akkumulationsstreben einschränkende, weil in dessen Kalkül die subsistenziellen und existenziellen Interessen der Produzenten einzubeziehen nötigende – Geschäftspartnerschaft mit letzteren endlich aufkündigen und kann sich unter dem Schutz und Schirm der als neue Partnerin und Teilhaberin rekrutierten territorialen Herrschaft der uneingeschränkten Verfolgung ihrer akkumulativen Bestrebungen zuwenden, sprich, die dem Markt zuarbeitende Produktionssphäre unter Ausblendung der ihr eigenen subsistenziellen Interessen und existenziellen Intentionen so zu expandieren, zu organisieren und zuzurichten unternehmen, dass diese ein (relativ, das heißt verteilungsproportional, nicht weniger als absolut, das heißt entwicklungsprozessual, gesehen) Maximum an Mehrwert abwirft – mit dem Ergebnis, dass sich aus der durch die Allianz mit der territorialen Herrschaft sanktionierten Sicht und paradigmatische Geltung gewinnenden Perspektive der kommerziellen Funktion die personalen wie auch die realen Komponenten der dem Markt zuarbeitenden Produktionssphäre, die produzierenden Subjekte wie auch die objektiven Produktionsbedingungen, also die Produktionsverhältnisse als ganze, auf aller in Rechnung zu stellenden Eigenart bare, allen Eigenwerts entkleidete Faktoren des nichts als die Erwirtschaftung von Mehrwert, die Akkumulation von Wert bezweckenden, kurz, sich als kapitaler Selbstzweck manifestierenden kommerziellen Kalküls reduziert zeigen.
Beim ersten Durchmarsch der kommerziellen Funktion, ihrem in der mittelmeerischen Antike statthabenden Aufstieg zu einer eigenständigen und kraft ihres marktwirtschaftlichen Systems eine neue, von der fronwirtschaftlich-territorialherrschaftlichen Gesellschaftsordnung gründlich verschiedene Sozialformation ins Leben rufenden handelsstädtischen Macht bleibt jener qualitative Umschlag in der politischen Machtverteilung, jener kritische Punkt, an dem die ökonomische Abhängigkeit der territorialen Herrschaft von der kommerziellen Funktion eine für erstere konstitutive Bedeutung gewinnt, will heißen, zum Politikum wird, unerreichbar. Schuld daran sind, wie an früherer Stelle1 erläutert, zum einen die ebenso systematisch extrane wie geographisch periphere Stellung, die das von der kommerziellen Funktion entfaltete handelsstädtische Marktsystem im Verhältnis zum fronwirtschaftlich-territorialherrschaftlichen Gesellschaftskomplex einnimmt, und zum anderen die Tatsache, dass hier die territoriale Herrschaft keineswegs bloß als Konsumentin und Mehrwertrealisiererin am Markt teilhat, sondern dem Marktsystem vielmehr als vollgültige Handelspartnerin, sprich, als gleichermaßen Beiträgerin und Abnehmerin von Handelsgütern, zur Verfügung steht.
Hat ersterer Umstand zur Folge, dass das handelsstädtische Marktsystem zu seiner Fundierung und Behauptung einer eigenen territorialen Komponente bedarf und sich die Handelsstadt deshalb als ein amphibolisches, aus bäuerlich-hoplitischer beziehungsweise gutsherrlich-aristokratischer und handwerklich-banausischer beziehungsweise markt- abhängig-plebejischer Komponente zusammengesetztes Gebilde konstituiert, so führt letztere Tatsache zur Entwicklung von Handelsbeziehungen, die zwar, aufs Ganze gesehen, der Handelsstadt zugute kommen und ihr großen Reichtum bescheren, die aber gleichzeitig zu Lasten ihrer bäuerlich-territorialen Komponente gehen und deren Existenz unterminieren und die durch die sozialen Krisen und politischen Konflikte, die sie also heraufbeschwören, das Gemeinwesen am Ende darauf verfallen lassen, seine kommerziell-transaktive Ausrichtung und marktsystematische Verfassung preiszugeben und sich auf nichtkommerziell-extraktive Formen der Ressourcenbeschaffung zu verlegen, sprich, in der Verwandlung der zivilen Handelsstadt in eine hegemoniale beziehungsweise imperiale Militärmacht sein Heil zu suchen.
Zwar gelingt es der kommerziellen Funktion auch auf diesem Wege, die territorialen Herrschaften, mit denen sie kontrahiert, mehr oder minder von sich abhängig zu machen und ihrem Einfluss zu unterwerfen, aber da sie sich hierzu bis zur Unkenntlichkeit hat entstellen und, wie sich selbst aus einem realen zivilgesellschaftlichen Assoziationsprinzip in eine hegemoniale beziehungsweise imperiale gewaltherrschaftliche Organisationsmacht hat transformieren, so ihr System austauschförmig-indirekter Teilhabe und Aneignung durch einen Mechanismus erpresserisch-direkter Ausbeutung und Expropriation hat ersetzen müssen, ist die Abhängigkeit, in die sie die territoriale Herrschaft versetzt, von der zum Politikum eskalierten ökonomischen Abhängigkeit, von der oben die Rede ist, himmelweit entfernt, und hat die militärisch-bürokratische Kontrolle, der sie die territoriale Herrschaft unterwirft, mit dem politisch-ökonomischen Einfluss, den sie im Zuge ihrer zweiten Karriere zu Beginn der Neuzeit über die territoriale Herrschaft erringt, wenig oder nichts zu schaffen.
Was diese zweite, aus dem Konkurs des Römischen Imperiums resultierende Karriere der kommerziellen Funktion von ihrem ersten, antiken Durchgang unterscheidet, ist dies beides, dass letztere nicht mehr in Externität zur territorialen Herrschaft und an deren Peripherie, sondern inmitten des territorialherrschaftlichen Organismus, quasi in dessen Poren, und unter dem erklärten politischen Schutz und Schirm der territorialen Herrschaft beziehungsweise mit deren dezidierter strategischen Unterstützung und Förderung ihr Marktsystem entfaltet und dass im Rahmen dieses von ihr entfalteten Marktsystems die territoriale Herrschaft eine arbeitsteilig beschränkte, sprich, unzweideutig definierte Funktion übernimmt und nämlich einzig und allein die Rolle der Konsumentin, der Abnehmerin des den Marktbetreibern von den Produzenten überlassenen Mehrprodukts und Realisiererin des darin verkörperten Mehrwerts spielt und dass so die Schieflagen im Handelsverkehr und die dadurch bewirkten sozialen Verwerfungen in der Handelsstadt, die aus der Doppelrolle der antiken territorialen Herrschaft, ihrer Teilnahme am Marktsystem in nicht weniger beiträgerischer als abnehmerischer Funktion, resultieren, vermieden werden.
Wie im vorangegangenen Band2 gezeigt, entsteht so, vermittelt durch das katalytische Ferment der neuen Religion und ihrer klerikalen Einrichtungen, ein quasi symbiotisches Verhältnis zwischen der mittels kommerzieller Funktion sich marktwirtschaftlich organisierenden und als städtische Kommune einrichtenden handwerklichen Produzentengemeinschaft und der kraft territorialer Tradition sich fronwirtschaftlich alimentierenden und als feudaler Stand etablierenden herrschaftlichen Konsumentenschicht, das der ersteren eine ebenso kontinuierliche wie progressive Entwicklung, einen ebenso ungestörten wie zielstrebigen Auf- und Ausbau ihres Produktionssystems gestattet und der diesen Auf- und Ausbau zwecks Akkumulation mittels Schöpfung und Realisierung von Mehrwert motivierenden, organisierenden und dirigierenden kommerziellen Funktion tatsächlich ermöglicht, an den oben beschriebenen ominösen Punkt zu gelangen, an dem die ökonomische Abhängigkeit der als Realisiererin des Mehrwerts rekrutierten territorialen Herrschaft und feudalen Oberschicht vom Marktsystem in einer Art von qualitativem Sprung die Bedeutung wechselt und zum Politikum wird, sprich, in eine Beziehung umschlägt, in der die kommerzielle Funktion sich als ökonomisches Konstitutiv der dadurch zum politischen Faktotum oder Erfüllungsgehilfen der ersteren mutierenden territorialen Herrschaft manifestiert und zur Geltung bringt.
Dabei betrifft, um Missverständnissen vorzubeugen, die Abruptheit und Unvermitteltheit des im buchstäblichen Sinne grundlegenden Wandels im Verhältnis der kommerziellen Funktion zur territorialen Herrschaft, die die Rede von einem qualitativen Sprung und vom Umschlagen suggeriert, nicht sowohl den Duktus als vielmehr den Modus des Veränderungsprozesses, nicht mit anderen Worten dessen historischen Verlauf, sondern seine systematische Verlaufsform. Tatsächlich stellt, historisch-sukzessiv betrachtet, jener durch die Entfaltung des Marktsystems herbeigeführte Wechsel in der Konstitution und demzufolge auch in der Funktion der territorialen Herrschaft ein ebenso mühsames wie langwieriges Unterfangen dar: Bis er, in den scheinbar bloß dynastisch begründeten großen, zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen des vierzehnten Jahrhunderts seinen Anfang nehmend, vollzogen ist und mit dem Dreißigjährigen Krieg seinen Abschluss findet, vergehen immerhin gut drei Jahrhunderte. Systematisch-effektiv gesehen aber ist der Wechsel von Anfang an Faktum, ist mit anderen Worten dies, dass die ökonomische Abhängigkeit ihre neue, politische Qualität herauskehrt, eine Sache des kairos, der zum entscheidenden Augenblick erfüllten Zeit, und der lange historische Vollzug nichts weiter als die Anstrengung, diese zu Anfang gefallene Entscheidung gegen alle den alten Macht- und Herrschaftsstrukturen geschuldeten Widerstände empirisch durchzusetzen und zu implementieren.
Ausdruck dessen ist eben die scheinbar bloß immanente Motivation und Intention des den Wechsel in der Konstitution der territorialen Herrschaft ausführenden Prozesses, der Umstand mit anderen Worten, dass die territoriale Herrschaft ganz aus eigenen, scheinbar rein dynastischen Stücken, sprich, aus scheinbar bloß politischem Antrieb die ihr durch die kommerzielle Ökonomie vindizierte neue Konstitution in die politische Tat umsetzt und institutionelle Wirklichkeit werden lässt und dass die kommerzielle Funktion selbst und ihre Betreiber sich hierbei ganz im Hintergrund halten und mit der Rolle des jeder direkten Einwirkung sich enthaltenden, jeder aktiven Mitwirkung entratenden passiven Teilnehmers, um nicht zu sagen neutralen Beobachters, bescheiden können, den höchstens die Tatsache, dass er der sich eigenhändig umbrechenden beziehungsweise selbstherrlich umgestaltenden territorialen Herrschaft als devoter Geldgeber und dienstfertiger Ressourcenbeschaffer zur Verfügung steht, in seiner tatsächlichen Funktion als stiller Teilhaber der aus der Umgestaltung hervorgehenden neuen Gewalthaberin sichtbar werden lässt.
Eben dies, dass die territoriale Herrschaft den Wechsel vom föderali- stisch-feudalen zu einem absolutistisch-zentralen Staatswesen, durch den sie sich, all ihrer zur Schau getragenen politischen Absolutheit zum Tort, ökonomisch unwiderruflich relativiert und auf einen Erfüllungsgehilfen der kommerziellen Funktion und ihres Marktsystems reduziert, dem Anschein nach ebenso eigenmächtig wie spontan vollzieht, dass sie mit anderen Worten ihre als regelrechte Charakterkonversion erscheinende politische Neukonstituierung aus ganz und gar eigenem Ratschluss beziehungsweise selbstischer Triebkraft vornimmt, legt Zeugnis davon ab, dass dem langwierigen historisch-reellen Konversionsprozess und Konstitutionsverfahren eine ökonomisch entschiedene systematisch-strukturelle Prädisposition, um nicht zu sagen Prädestination, zugrunde liegt. So lang der immerhin drei Jahrhunderte währende historische Konversionsweg auch ist, die Beharrlichkeit, mit der – ganz gegen ihre gewohnte, durch ein dynastisches Auf und Ab beziehungsweise bündnispolitisches Hin und Her charakterisierte und gesellschaftliche Geschichte zum herrschaftlichen Familienroman verflüchtigende Ziellosigkeit und zyklische Leerlaufbewegung – die territoriale Herrschaft ihn verfolgt und ebenso unaufhaltsam wie mühsam auf ihm voranschreitet, ist gleichermaßen Ausdruck und Folge dessen, dass im systematischen Prinzip, sprich, im historischen Ausgangspunkt jenes empirischen Konversionswegs der ihr Marktsystem betreibenden und entfaltenden kommerziellen Funktion das gelungen ist, was ihr aus den oben genannten Gründen in der Antike noch versagt blieb – dass sie es mit anderen Worten geschafft hat, die ökonomische Abhängigkeit der territorialen Herrschaft vom Marktsystem derart zu intensivieren und zu totalisieren, dass letztere gar nicht mehr anders kann, als sich gegen alle eigenen Beharrungskräfte und Widerstände neu zu konstituieren und sich mit allen politischen Mitteln der maßgebenden ökonomischen Zielsetzung der ersteren, ihrem schrankenlosen Akkumulationsstreben, zu verschreiben, sprich, sich aus deren ständisch-feudaler Nutznießerin und Schutzherrin in ihr absolutistisch-zentrales Faktotum und Hilfsorgan zu verwandeln.
Der Wechsel vom feudalistischen Patron zum absolutistischen Faktotum ermöglicht nun also der kommerziellen Funktion eine nie dagewesene Ausweitung und Beschleunigung ihres Akkumulationsprozesses. Von der absolutistisch gewendeten, sprich, ökonomisch fokussierten, auf ihr Wohlergehen und den Erfolg ihres Marktsystems fixierten territorialen Herrschaft in jeglicher, egal ob sozial-, finanz-, militär-, kolonial- oder patentpolitischer Hinsicht rückhaltlos unterstützt und nach Kräften gefördert, kann die kommerzielle Funktion erstmals jene absolute Konzentration auf ihren innersten Beweggrund, das Akkumulationsprinzip, aufbringen, die, wie sie sie ihren bisherigen Geschäftspartnern, den dem Marktsystem zuarbeitenden Produzenten, entfremdet und sie das Bündnis mit ihnen zugunsten des Pakts mit ihrer neuen Alliierten, der absolutistischen Macht, aufkündigen lässt, so dazu führt, dass sie alles, die personalen Produzenten nicht weniger als die realen Produktionsbedingungen, unterschiedslos im Sinne einzig und allein noch ihrer Brauchbarkeit fürs Akkumulationsgeschäft instrumentalisiert, sprich, dem monoman einen Zweck ihrer Verwertung, ihrer Eignung für die Aneignung von Mehrwert um der Aneignung von weiterem und mehr Mehrwert willen, unterwirft.
Und das Ergebnis dieser machtfundierten, durch die absolutistische Herrschaft, die zentralistische Staatsgewalt, nicht mehr nur habituell und des herrschaftlichen Wohlergehens wegen tolerierten beziehungsweise protegierten, sondern konstitutionell, sprich, um der Behauptung der Herrschaft selbst willen unterstützten und geförderten Konzentration der kommerziellen Funktion aufs Akkumulieren ist nun aber jene als Kapitalisierung der Produktionssphäre begreifliche Situation, in der die kommerzielle Funktion beziehungsweise ihre Betreiber beginnen, die Wertmasse, die sie dank absolutistisch-herrschaftlicher Unterstützung beziehungsweise zentralistisch-staatlicher Förderung in ebenso sehr erweitertem Maßstab wie beschleunigtem Tempo anhäufen und die ihnen, in die sichselbstgleiche Form von allgemeinem Äquivalent überführt, für immer neue Akkumulationsprozesse zur Verfügung steht, nicht mehr nur und nicht mehr sowohl in die fertigen Produkte der dem Marktsystem zuarbeitenden Produzenten zu stecken, die sich mit ihren traditionellen Produktionsmethoden ohnehin mehr und mehr außerstande zeigen, eine der in Form von allgemeinem Äquivalent angehäuften Wertmasse entsprechende, kommerziell verwertbare Gütermenge beizuschaffen, sondern vielmehr in von den Produzenten für ihre Arbeit benötigte sächliche Produktionsbedingungen und Produktionsmittel zu investieren, um auf diese Weise dann Einfluss auf den Produktionsprozess zu nehmen und letzteren den Bedürfnissen und Anforderungen des entfesselten Marktsystems anzupassen, sprich, ihn im Sinne der mittlerweile nicht mehr nur marktökonomisch-institutionell maßgebenden, sondern mehr noch machtpolitisch-konstitutionell grundlegenden Triebkraft des Systems, des totalisierten, weil zur Basis nicht mehr bloß der wirtschaftlichen Versorgung, sondern darüber hinaus der herrschaftlichen Verfassung der Gesellschaft avancierten Akkumulationsprinzips, zu revidieren und umzugestalten.
Durch die Trennung der Produktionsmittel von den Produzenten wird die strategische Überlegenheit der Marktbetreiber im Verhältnis zu den Produzenten zu einer erdrückenden Übermacht. Den um ihr objektives Dasein, ihre Arbeitsbedingungen gebrachten und auf eine rein subjektive Existenz reduzierten Produzenten, die sich eben deshalb objektivieren, mit den Arbeitsbedingungen synthetisieren lassen müssen, schlägt diese Objektivierung unmittelbar zur Verdinglichung aus. Aus produzierenden Subjekten werden Produktionsfaktoren. Die Faktorisierung der Produzenten setzt nur praktisch ins Werk, was durch die Erhebung der kommerziellen Funktion zum herrschaftskonstituierenden Element theoretisch bereits in die Wege geleitet ist: Das kommerzielle Kalkül gewinnt die Verbindlichkeit eines sozialen Kontrakts, der seine Kodifizierung im Lohnarbeitsvertrag findet. Wie die Trennung der Produktionsmittel von den Produzenten das Geheimmittel, das Arkanum der kapitalistischen Produktionsweise bildet, so das Lohnarbeitsverhältnis ihre Geheimtechnik, ihr Mysterium.
Weniger der bewussten Absicht und zielstrebigen Planung der die kommerzielle Funktion ausübenden handelnden Subjekte als dem blinden Trieb und der erfinderischen Not ihres das kommerzielle Telos ausmachenden und auf Verwertung um jeden Preis, auf Investition mit allen Mitteln drängenden kapitalen Objekts entsprungen, resultiert der durch das Faktotum der absolutistischen Herrschaft unterstützte und geförderte und dadurch ebenso sehr beschleunigte wie erweiterte Akkumulationsprozess, den wegen seiner entscheidenden Bedeutung beziehungsweise epochalen Folgen die spätere Wahrnehmung als ursprünglichen, als den Grund für etwas revolutionär Neues legend erkennt – resultiert also dieser ursprüngliche Akkumulationsprozess in jener zu Recht als das Arkanum aller kapitalistischen Produktionsweise geltenden Trennung der Produktionsbedingungen beziehungsweise Produktionsmittel von den Produzenten und Überführung der ersteren in den Besitz und die Verfügung der kommerziellen Funktion beziehungsweise ihrer das Marktsystem betreibenden Repräsentanten, einer Trennung und Überführung, die aus den Produzenten Arbeitskraftbesitzer alias Arbeitnehmer, sprich, Arbeiter macht, deren in Arbeit gründende Subsistenz davon abhängt, dass die Marktbetreiber die in ihrem Besitz befindlichen, ihrer Verfügung unterstehenden Produktionsmittel ihnen zum Arbeiten überlassen, während die Marktbetreiber zu Produktionsmittelbesitzern alias Arbeitgebern, sprich, zu Unternehmern avancieren, die, wenn sie, wie aus rein kommerziellen Zeiten gewohnt, am Ende mit einem mehrwertigen Produkt in Händen dastehen wollen, darauf angewiesen sind, die von den Produktionsmitteln getrennten Produzenten mit eben diesen in ihre, der Markbetreiber, Verfügung übergegangenen Produktionsmitteln zusammenzuführen und mit ihnen arbeiten zu lassen.
Es entsteht jene oben beschriebene und aus rein formeller Sicht wegen der gegenseitigen Abhängigkeit voneinander beziehungsweise wechselseitigen Angewiesenheit aufeinander, in der sich die Beteiligten befinden, als ein perfektes Äquilibrium erscheinende Situation oder Konstellation, die nun aber die im Vorangegangenen angestellte reale, sprich, sie als Gewordenes, als Resultat eines historischen Prozesses, der unter der imperativischen Direktive einer politisch-ökonomischen Zielsetzung abläuft, begreifende Analyse als einen Kulminationspunkt, eine zugespitzte Lage erkennbar werden lässt, die von aller Ausgewogenheit des Verhältnisses der Beteiligten, aller äquilibristischen Symmetrie himmelweit entfernt ist und die in der Tat die oben vermerkte und von Anbeginn ihres Marktsystems bestehende strategische Überlegenheit der kommerziellen Funktion in eine erdrückende Übermacht, den von den Repräsentanten der kommerziellen Funktion, den Marktbetreibern, seit jeher auf die Produzenten ausgeübten einvernehmlichen Einfluss in einen die Marktbetreiber aller Nötigung zur Einvernehmlichkeit überhebenden erpresserischen Zwang überführt.
Was nämlich die in der Evolution der Marktbetreiber zu Unternehmern und der Reduktion der Produzenten auf Arbeiter resultierende Trennung der Produktionsmittel von den Produzenten in Wahrheit bewirkt beziehungsweise wirklich bedeutet, ist eine, wie man will, Entprofessionalisierung oder Existenzialisierung der letzteren, ihre Vertreibung aus ihrer Profession, ihrer gewohnten gesellschaftlichen Realität, dem ihnen als ihr Eigentum zugehörigen Werkraum beziehungsweise Werkzeug, kurz, ihrem objektiven Bestand, und ihre mit Privation synonyme Beschränkung auf ein nach Maßgabe ihrer Exilierung isoliertes persönliches Dasein, die ihnen allein noch als ihr Eigen verbliebene Arbeitskraft, kurz, ihr rein subjektives Bestehen. Solange die Produzenten noch über ihre eigenen Arbeitbedingungen und Arbeitsmittel verfügen, stehen sie ihren Kontrahenten, den Marktbetreibern, auch noch als ihnen vergleichbare, mit einem realen Eigentum, einem objektiven Dasein, das ihnen unmittelbare gesellschaftliche Wirklichkeit oder Präsenz verleiht, versehene Akteure gegenüber. Wie das objektive, ihnen gesellschaftliche Präsenz, Aktualität verleihende Dasein der Marktbetreiber das ihnen eigene und von ihnen in Umlauf gesetzte generelle Äquivalent oder Geld ist, das den am Marktsystem Beteiligten den Zugang zu den auf dem Markt versammelten Produkten ermöglicht, so besteht dies objektive, ihnen unmittelbare Präsenz, Aktualität garantierende Dasein der Produzenten in den ihnen eigenen und von ihnen eingesetzten materiellen Mitteln zur Erzeugung und Herstellung eben dieser auf dem Markt versammelten und mittels generellem Äquivalent zugänglich gemachten Produkte.
Jene Produktionsmittel aber gehen den Produzenten ja jetzt verloren, indem sie in die Hand der Marktbetreiber überwechseln und von letzteren nämlich so gegen allgemeines Äquivalent eingetauscht, mit Geld gekauft werden wie bis dahin bloß erst die fertigen Produkte; und damit büßen die Produzenten nun also ihren objektiven Bestand, ihre reale Präsenz, kurz, ihr gesellschaftliches Dasein ein und finden sich auf ihr rein subjektives Bestehen, ihre residuale Existenz, kurz, ihr persönliches Sein reduziert. Sie sind keine konkreten, weil mit einer objektiven Wirklichkeit, mit Werkzeug ausgestatteten gesellschaftlichen Akteure mehr, sondern nur noch, ironisch gesagt, abstrakte Potentaten, analytischer formuliert, mit subjektiver Wirksamkeit, mit Arbeitskraft versehenes persönliches Potenzial. Wollen sie mehr als persönliches Potenzial, abstrakte Arbeitskraft, subjektive Existenz sein, wollen sie mit anderen Worten das sein, was sie bis dahin waren, gesellschaftlich Agierende, konkret Arbeitende, objektiv Wirkende, so müssen sie nolens volens jene ihnen verloren gegangene, in die Hände der Marktbetreiber übergangene Realität des Werkraums beziehungsweise Werkzeugs zurückgewinnen, sich in ihr wieder einfinden.
Weil ihre objektive Präsenz, ihre als Produktionsbedingungen beziehungsweise Arbeitsmittel firmierende unmittelbare Realität ihnen verloren gegangen und in die Hände der Marktbetreiber übergewechselt, in deren Eigentum überführt ist, geht es für die Produzenten – und eben das verleiht erst dem ihnen oben attestierten existenziellen Muss seine unwiderstehliche Dringlichkeit, seine stricto sensu existenzielle Bedeutung! – nicht sowohl darum, sich in ihrem gewohnten gesellschaftlichen Dasein, einer Wirklichkeit, die von Haus aus die ihre ist, zu bewähren und unter Beweis zu stellen, sondern vielmehr darum, dieses gesellschaftlichen Daseins überhaupt wieder habhaft zu werden, in dieser Wirklichkeit, in der sie ja nicht mehr zu Hause sind, erneut Fuß zu fassen.
Um wieder Aktualität zu gewinnen, nicht bloßes Potenzial zu bleiben, um aus der Abstraktheit ihrer subjektiven oder persönlichen Existenz in die Konkretheit eines objektiven oder gesellschaftlichen Daseins zurückzufinden, müssen die enteigneten, von ihren Produktionsbedingungen abgelösten und getrennten und dadurch aus Werkmeistern zu Arbeitskräften entmaterialisierten Produzenten dem ihnen entzogenen Eigentum hinterherlaufen und sich anschließen, um es erneut in Besitz und Gebrauch zu nehmen, sich mit ihm, wie gehabt, zu befassen und nützlich zu machen. Und das gelingt ihnen im Zweifelsfall auch, da ja, wie oben ausgeführt, dem existenziellen Muss, das sie, die auf Arbeiter reduzierten Produzenten, zwingt, um des Überlebens willen mit den ins Eigentum der Marktbetreiber übergegangenen Produktionsmitteln zu arbeiten, das professionelle Muss korrespondiert, das die durch ihr Eigentum an den Produktionsmitteln zu Unternehmern avancierten Marktbetreiber treibt, um des geschäftlichen Erfolgs willen die Produzenten mit den Produktionsmitteln arbeiten zu lassen. Nur, dass die Rückkehr aus der subjektiven Existenz in die objektive Präsenz, aus der abstrakten Wirksamkeit der Arbeitskraft in die konkrete Wirklichkeit des Arbeitsprozesses für die Produzenten eine grundlegende Veränderung ihrer Position in der Präsenz, eine kategorische Neubestimmung ihrer Funktion im Prozess mit sich bringt, dass, genauer gesagt, den mit den Produktionsmitteln wiedervereinigten Produzenten diese ihre Objektivierung unmittelbar zur Verdinglichung ausschlägt, ihre Konkretisierung umstandslos zur Faktorisierung gereicht.
Indem nämlich die durch Trennung von den Produktionsmitteln auf die subjektive Existenz, ihre abstrakte Arbeitskraft reduzierten Produzenten in die objektive Präsenz eben dieser Produktionsmittel, die im Werkzeug ihren Bestand habende konkrete Wirklichkeit des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses zurückkehren, deren Subjekt oder handelnde Person sie vorher waren, finden sie ja ein die Objektivität, in die sie zurückkehren, als die seine behauptendes neues Subjekt vor: die durch die Aneignung der Produktionsmittel zu Unternehmern avancierten Marktbetreiber beziehungsweise – um der Tatsache angemessen Rechnung zu tragen, dass letztere nur Repräsentanten oder Agenten des ihr Tun und Lassen imperativisch beherrschenden Akkumulationsprinzips sind – eben dies Akkumulationsprinzip selbst, das sich durch Aneignung der Produktionsmittel aus einem mittels kommerziellem Äquivalent betätigten zirkulativen Mechanismus, einem symbiotischen Parasiten, einem partizipativen Projekt zu einem als industrielles Kapital agierenden produktiven Automaten, einem despotischen Intendanten, einem initiativen Subjekt totalisiert hat.
Dies in den Produktionsmitteln präsente neue, kapitale Subjekt duldet keine Konkurrenz, lässt die mit ihrer personalen Wirksamkeit sich wieder der realen Wirklichkeit, von der sie getrennt wurden, beigesellenden Produzenten nicht mehr in ihrer früheren Bedeutung als über ihre Objekte verfügendes Subjekt, als mit ihrem Werkzeug nach eigenem Ermessen schaltende und waltende Werkmeister gelten und gewähren, sondern verdrängt sie ein für alle Mal aus ihrer Subjektrolle und lässt sie nurmehr als Teil der von ihm okkupierten und organisierten Objektivität zum Zuge kommen, stellt sie mit anderen Worten der letzteren gleich, verdinglicht und faktifiziert sie, so wahr die Objektivität und Faktizität, in die sie zurückkehren und in der sie sich einfinden, nicht ihre eigene, von ihnen habituell bestimmte und institutionell bewohnte, sondern vielmehr die von ihm, dem kapitalen Subjekt, okkupierte und organisierte, von seinem Wissen und Wollen intentional geprägte, von seinem Trieb und Telos real besessene ist. Die von ihren Arbeitsmitteln getrennten und neu mit ihnen assoziierten Produzenten kehren also in ihre zur Domäne des kapitalen Subjekts mutierte Produktionssphäre nicht als handelnde Person und genereller Akteur, sondern als lebendes Objekt und spezieller Faktor zurück.
Wenn man so will, setzen mit dieser Entsubjektivierung der Produzenten, dieser ihrer Verdinglichung zu Arbeitern, ihrer Verwandlung in einen Produktionsfaktor, einen bloßen Bestandteil der Objektivität des Produktionsprozesses, die durch ihr Eigentum an den Produktionsmitteln zu Unternehmern avancierten Marktbetreiber nur de facto oder aktuell ins Werk, was sie mit ihrer durch die konstitutive Abhängigkeit der Herrschaft vom Marktsystem, die zum Politikum gerät, ermöglichten Neuorientierung, will heißen, mit ihrer im Absolutismus resultierenden Transformation der Herrschaft ins politische Faktotum einer akkumulativ entfesselten Ökonomie bereits de jure oder virtuell in die Wege geleitet haben. Wie oben vermerkt, haben ja die Transformation der Herrschaft aus einem feudalistischen Patron ins absolutistische Faktotum und der zwischen letzterem und der kommerziellen Funktion im Sinne einer politisch-ökonomischen Interessengemeinschaft geschlossene Pakt vor allem dies zur Folge, dass sich die kommerzielle Funktion erstmals voll und ganz auf ihren innersten Beweggrund, das Akkumulationsprinzip, zu konzentrieren, sprich, die ganze gesellschaftliche Produktionssphäre, die Gesamtheit der Bedingungen, die nötig sind, um ihr Marktsystem mit den fürs Akkumulieren erforderlichen mehrwertigen Wertträgern, sprich, mit gewinnbringenden Waren zu versorgen, einzig und allein noch unter dem Gesichtspunkt ihrer Brauchbarkeit fürs Akkumulationsgeschäft in Betracht zu ziehen, mit anderen Worten, dem monoman einen Zweck ihrer Verwertung, ihrer Eignung für die Aneignung von Mehrwert um der Aneignung von weiterem und mehr Mehrwert willen zu subsumieren vermag.
Und die als pauschaler Subsumtionsvorgang wohlverstandene absolute Konzentration auf die Akkumulation betrifft nicht nur die sächlichen Produktionsbedingungen, die zur Produktion dienenden Immobilien, Materialien und Mittel, sondern nicht minder und vielmehr zuvörderst auch die die Produktion bewirkenden Produzenten selbst, die sich der ihnen bis dahin noch eigenen politisch-strategischen Rolle von das Marktsystem befördernden und die bürgerliche Freiheit, die es gewährt, stützenden Bundesgenossen oder Geschäftspartnern der kommerziellen Funktion beraubt und auf die rein ökonomisch-kalkulatorische Funktion von ihren Anteil fordernden Beiträgern oder Kosten machenden Lieferanten reduziert, mithin in der Bilanz als Posten auf der Sollseite oder Kostenfaktor, der dem Haben und Gewinn Eintrag tut und deshalb möglichst gering zu halten, nach Kräften preiswert zu gestalten ist, verbucht finden. Nur bleibt diese reduziert ökonomische beziehungsweise borniert kalkulatorische Beziehung der mit der absolutistischen Herrschaft, ihrem Faktotum, gemeinsame Sache machenden Marktbetreiber zu ihren bisherigen Bundesgenossen und Geschäftspartnern, den Produzenten, so lange eine Sache nur erst der bilanzierenden Betrachtung oder kalkulierenden Taxis, wie die letzteren noch über ihre eigenen Produktionsmittel verfügen und eine objektive Präsenz oder gesellschaftliche Wirklichkeit beweisen, die sie der sie als solche objektivierenden Betrachtung beziehungsweise sie als Subjekte faktorisierenden Taxis, mit der die Marktbetreiber ihnen nunmehr begegnen, entgegensetzen und auf deren Basis sie sich wenn schon nicht mehr als soziale Bundesgenossen, so immerhin doch als kommerzielle Geschäftspartner behaupten und zur Geltung bringen können.
Genau das aber ändert sich mit der den Akkumulationsprozess unter absolutistischer Regie krönenden Trennung der Produktionsmittel von den Produzenten und ihrer Überführung ins Eigentum und in die Verfügung der Marktbetreiber beziehungsweise des deren ökonomischem Handeln als ein vexierbildlich kategorischer Imperativ inkubierenden kapitalen Subjekts! Ihrer objektiven Präsenz, der Konkretion ihrer Arbeitsmittel beraubt, finden sich die Produzenten auf ihre abstrakte Arbeitskraft, ihre subjektive Existenz reduziert und als Arbeiter in einem Akt ebenso egalisierender wie determinierender Synthesis von den zu Unternehmern mutierten Marktbetreibern den in ihr Eigentum übergegangenen Arbeitsmitteln, den Immobilien, Materialien und Werkzeugen beziehungsweise Maschinen beigesellt und gleichgestellt. Wie die dadurch zu Unternehmern mutierenden Marktbetreiber beziehungsweise das kapitale Subjekt, als dessen Agenten, um nicht zu sagen, Agentien sie firmieren, das Eigentum an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln erworben haben, geradeso erwerben sie nun auch das Eigentum an der subjektiven Existenz der Produzenten, der abstrakten Arbeitskraft, auf die sich letztere mangels objektiver Präsenz reduziert finden, und fügen die Arbeitskraft zwecks Produktionsprozess den übrigen Produktionsmitteln als ihresgleichen hinzu, führen sie mit den übrigen Produktionsfaktoren als einen, ungeachtet seiner technisch oder prozesslogisch unvergleichlichen Eigenart, kalkulatorisch oder wertökonomisch gleichgearteten Faktor zusammen.
Sie kaufen nicht zwar den Produzenten (so wäre es ja Sklaverei und ein offener Rückfall in vorkommerzielle Verhältnisse, zu dem sich das kapitale Subjekt höchstens an der kolonialen Peripherie des Marktsystems, quasi außerhalb des Blickfelds, wenn auch nicht des Wirkungskreises der bürgerlichen Gesellschaft hinreißen lässt), wohl aber dessen abstrakte Existenz, seine objektive Funktion, seine gesellschaftliche Wirksamkeit, exakt so, wie sie auch die für die Wirklichkeit des Produktionsprozesses erforderlichen übrigen Produktionsbedingungen kaufen – und eben das gibt die Synthesis als metamorphotischen Akt zu erkennen und weist mit anderen Worten die Objektivierung der subjektiven Existenz als Verdinglichung, die Konkretisierung der abstrakten Arbeitskraft als Faktorisierung aus. Damit wird nun das, was vorher nur erst Inhalt der intentionalen Sichtweise und des prospektiven Vorhabens der durch ihren Pakt mit der absolutistischen Herrschaft entfesselten, sprich, ganz auf ihr akkumulatives Geschäft konzentrierten Marktbetreiber, kurz, Gegenstand ihrer persönlichen Haltung war, in der Tat zur Sache ihrer realen Verfahrensweise und ihres effektiven Vornehmens, kurz, ihres gesellschaftlichen Tuns.
Indem die Marktbetreiber kraft Investition ihres akkumulierten Handelskapitals in die Produktionssphäre, kraft kapitalistischer Aneignung der gesellschaftlichen Produktionsmittel zu Unternehmern mutieren, die die Produzenten auf eine des Arbeitsplatzes bedürftige Arbeitskraft, ein der Aktualität ermangelndes Potenzial, eine nach Wirklichkeit verlangende Wirksamkeit reduzieren, sie mit anderen Worten zu Arbeitern uno actu abstrahieren und verdinglichen, gewinnt die bilanzierende Betrachtung oder kalkulierende Taxis, die bereits vorher ihr Verhältnis zu den letzteren bestimmt, mehr noch die Durchschlags- und Determinationskraft einer disponierenden Behandlung und organisierenden Praxis. Der zum Unternehmer mutierte Marktbetreiber betrachtet den auf einen Arbeiter reduzierten Produzenten nicht mehr nur als seines Subjektcharakters beraubten Produktionsfaktor, sondern er behandelt ihn auch so; er sieht ihn nicht mehr nur als den sächlichen Produktionsbedingungen, wenn auch nicht seiner gesellschaftlichen Existenz nach, so doch in seiner wirtschaftlichen Relevanz, gleichgestellte persönliche Komponente, sondern er setzt ihn auch als solche. Was vorher nur erst systematische Implikation in einem durch den Absolutismus, den Aufstieg des Marktes zum Konstitutiv von Herrschaft, das Avancement der handelskapitalen Ökonomie zum Politikum entfesselten kommerziellen Kalkül war, gewinnt dank der Trennung der Produktionsmittel von den Produzenten und ihrer Aneignung durch die kommerzielle Funktion jetzt die empirische Explizitheit eines als reale Disposition funktionierenden sozialen Kontrakts.
Ausdruck dieser realen Disposition, Kodifizierung dieses sozialen Kontrakts ist das Lohnarbeitsverhältnis, der Kauf der den Produzenten als ihr alleiniges Eigentum verbliebenen Arbeitskraft durch die über alle anderen Momente des Arbeitsprozesses verfügenden und die Arbeitskraft actu ihres Kaufes mit den übrigen Momenten egalisierenden und gleichbehandelnden Marktbetreiber. Wie die soziale Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln und deren Aneignung durch die Marktbetreiber als das Arkanum, das Geheimmittel zur Einführung der kapitalistischen Produktionsweise gelten kann, so stellt die dadurch ermöglichte faktorelle Gleichsetzung der Produzenten mit den Produktionsmitteln, kodifiziert im Lohnarbeitsverhältnis, das Mysterium der kapitalistischen Produktionsweise, die Geheimtechnik dar, der sie ihre unaufhaltsame Entfaltung und rasante Ausbreitung schuldet.
Das Lohnarbeitsverhältnis nämlich verschafft den durch ihr Eigentum an den Produktionsmitteln zu Unternehmern mutierten Marktbetreibern gegenüber den auf Arbeiter reduzierten Produzenten einen entscheidenden taktischen Vorteil, der der durch die Interessengemeinschaft mit der absolutistischen Herrschaft zur erdrückenden Übermacht geratenden strategischen Überlegenheit der zuvor als Marktbetreiber und jetzt als Unternehmer firmierenden Vertreter der kommerziellen Funktion überhaupt erst ihr revolutionäres Momentum, ihre nach Maßgabe des kategorischen Imperativs, unter dem sie steht, des absoluten Gebots, die gesellschaftliche Reproduktion, die materiale Versorgung in den Dienst wirtschaftlicher Akkumulation, kapitaler Verwertung zu stellen, alles über den Haufen werfende und neu ordnende Schwung- und Wirkkraft verleiht.
Statt, wie traditionell üblich und wie aus rein kommerziellen Zeiten, aus Zeiten des Austauschs mit eigenständigen Produzenten gewohnt, die Aufteilung des Produktwerts in effectu des Arbeitsprodukts, das der Arbeiter hervorbringt, also a posteriori durchzuführen, erzwingt der Verwerter kraft des Lohnarbeitsvertrages eine Art Vorverlegung der Aufteilung und nimmt diese nämlich in actu der vom Arbeiter verkörperten Arbeitskraft, also a priori vor. Kraft Lohnarbeitsvertrag setzt er, wie gezeigt, die Arbeitskraft des Arbeiters, die doch die jeglichem Produktwert zugrunde liegende Potenz ist, als ihrerseits bloß ein mit Wert versehenes Produkt, das der Arbeiter zu Markte trägt und das er, der Verwerter, kaufen kann, um mittels dieses Produkts einen wertschöpferischen Gebrauch von den in seinem Besitz befindlichen Arbeitsmitteln zu machen.
Der kraft Lohnarbeitsverhältnis durchgesetzte und mittels Entfaltung der Produktivkraft und Ausbeutung der Arbeitskraft funktionierende Kapitalisierungsprozess hat seine gesellschaftspolitische Basis im traditionellen Recht auf Privateigentum und Anspruch auf persönliche Vertragsfreiheit. Weil er diese Rechts- prinzipien in ihrer tradierten Form ebenso sehr materialiter ad absurdum führt, wie er formaliter auf ihnen aufbaut, fällt der absolutistischen Herrschaft die Aufgabe zu, sie in die Reflexion zu treiben, sprich, sie den neuen, sie eigentlich sprengenden sozialen Gegebenheiten anzupassen. Dies geschieht per medium einer als Kodifizierung erscheinenden Abstraktion und Generalisierung der Prinzipien. Die absolutistische Herrschaft erweist sich somit der sich kapitalisierenden kommerziellen Funktion als in zweifacher Hinsicht nützlich, weil sie nicht nur die politisch-institutionell nötigen Transformationen herbeiführt, sondern auch für die juristisch-konstitutionell erforderlichen Adaptionen sorgt.
In der Tat ist dies, dass der dadurch vom Händler zum Unternehmer mutierende Verwerter den dementsprechend vom selbständigen Handwerker auf den Arbeiter reduzierten Produzenten, statt ihm seine Arbeit zu vergüten, vielmehr für seine Arbeitskraft entlohnt, der entscheidende taktische Coup. Formell zwar oder dem qua Kaufakt abgeschlossenen Vertrag nach unterscheidet sich der dem Produzenten für seine Arbeitskraft gezahlte Lohn in keiner Weise von der ihm für sein Produkt geleisteten Vergütung. Reell aber ist, was der Unternehmer auf diese Weise erwirbt, ganz und gar kein normales Produkt, sondern die unter der Camouflage des Produktstatus versteckte Quelle aller Arbeitsprodukte, die Produktionskraft als solche. Sie entreißt per Lohnarbeitsverhältnis der Unternehmer den arbeitenden Subjekten und macht sie sich in Gestalt der letzteren unmittelbar verfügbar. Er macht die Arbeitskraft zu seiner Privatsache, gesellt sie kraft Lohnbeziehung als quasi Produktionsfaktor, als persönliches Arbeitsmittel den übrigen Produktionsbedingungen, den in seinem Besitz befindlichen sächlichen Arbeitsmitteln bei, stellt sie ihnen gleich, und lässt so die bis dahin von den Arbeitenden als eigenständigen Subjekten wahrgenommene gesellschaftliche Reproduktion zu einem von ihm allein und selbstherrlich betriebenen Unternehmen werden.
Wobei selbstherrlich nur bedeutet, dass er die gesellschaftliche Reproduktion dem Herrn, dem er selbst dient, dem kapitalen Verwertungs- oder Akkumulationsprinzip unterwirft, dass er mit anderen Worten den realen Arbeitsprozess, der die für die soziale Reproduktion erforderlichen Güter hervorbringt, so reorganisiert und vielmehr transformiert, dass dessen Telos, sein motivationaler Zweck, beileibe nicht mehr die personale und soziale Subsistenz der Arbeitenden, sondern einzig und allein noch die kapitale Verwertung, die von den Arbeitenden subjektiv um ihrer Subsistenz willen und objektiv bei Strafe des Verlusts ihrer Subsistenz zu leistende Akkumulation von als Mittel für weitere Wertschöpfungsprozesse, als ein Selbstzweck, der sich durch alle Arbeitsprozesse hindurch ad infinitum verfolgt, kurz, als Kapital firmierendem Wert ist.
Die Konsequenz dieser per Lohnarbeitsverhältnis exekutierten grundlegenden Reorganisation und radikalen Neuausrichtung der gesellschaftlichen Arbeit ist, wie an früherer Stelle ausgeführt,3eine ebenso anhaltende wie nachdrückliche Steigerung der Produktivität, die es der neuen kapitalistischen Produktionsweise auf Lohnarbeitsbasis gestattet, sich mittels Konkurrenz auf dem Markt binnen kürzester Frist gegen die überkommene, handwerklich-kleinbetriebliche Produktionsweise durchzusetzen und aus bescheidenen, marginalen Anfängen zu einer die gesamte Produktionssphäre revolutionierenden verbindlichen Modalität und zentralen Norm zu avancieren. Und dieses Avancement wiederum hat zur Folge, dass sich die handwerklichen Klein- und Einzelbetriebe vom Markt verdrängt und um ihre Existenz gebracht und die sie Betreibenden sich um ihrer Subsistenz willen gezwungen finden, ihrerseits in Lohnarbeit zu gehen, wobei sie wegen ihrer zunehmenden Masse um die Arbeitsplätze konkurrieren müssen und so den Unternehmern die Möglichkeit zur Lohndrückerei und Ausbeutung eröffnen, was wiederum durch die beschleunigte Investitions- und Expansionstätigkeit, die den Unternehmern ihre ausbeutungsbedingt hohen Profite ermöglichen, den über den Markt ausgetragenen Verdrängungswettbewerb eskaliert, das Heer von um ihre Subsistenz Gebrachten und deshalb Lohnarbeit Suchenden entsprechend vergrößert und also in einer Art Teufelskreis die Lohndrückerei und Ausbeutung weiter verschärft.
Entfaltung der Produktivkraft und Ausbeutung der Arbeitskraft sind also die beiden Mechanismen, mittels deren die durch den Einsatz ihres Handelskapitals als manufakturelles beziehungsweise industrielles Kapital, als Kapital sans phrase, aus Händlern zu Unternehmern mutierenden Verwerter die gesellschaftliche Produktionssphäre binnen zwei Jahrhunderten umwälzen und nämlich aus einem zuerst und vor allem der Subsistenz der Arbeitenden verpflichteten Zusammenhang in ein in der Hauptsache und wesentlich dem Interesse der Verwerter, dem kapitalen Akkumulationsstreben dienendes und das Subsistenzbedürfnis der Arbeitenden zu einem ebenso lästigen wie unentrinnbaren Anspruch, den es so unaufwendig oder kostengünstig wie möglich abzuspeisen gilt, degradierendes System verwandeln. Und ausgelöst und in Gang gehalten, kurz, wirksam werden die beiden Mechanismen durch die private Verfügung über die gesellschaftlichen Produktionsmittel, die dank ihres Pakts mit der absolutistischen Herrschaft und eines dadurch ermöglichten entfesselten Akkumulationsprozesses die zu Unternehmern, zu kapitalen Verwertern mutierten Marktbetreiber erringen, und durch den taktischen Vorteil der qua Lohnarbeitsvertrag stipulierten Reduktion der Arbeitenden auf ihre als Produktionsfaktor dingfest gemachte Arbeitskraft, den jene private Verfügung über die gesellschaftlichen Produktionsmittel den kapitalen Verwertern verschafft.
Angesichts der weitreichenden Implikationen und in der Tat revolutionären Folgen, die diese beiden neuen Modalitäten einer kapitalen Verfügung über die gesellschaftlichen Produktionsmittel und einer kontraktiven Reduktion der gesellschaftlichen Produzenten auf den Produktionsfaktor Arbeitskraft für die gesamte gesellschaftliche Reproduktion haben, drängt sich hier die Frage auf, warum und wie beide sich so vergleichsweise unangefochten durchsetzen und als normative Verhältnisse zur Geltung bringen können. Auf den ersten Blick und oberflächlich betrachtet, scheint die Antwort klar: Sie stehen in der Tradition des weit in vorbürgerliche Zeiten zurückreichenden Rechts auf privates Eigentum und persönliche Vertragsfreiheit, fügen sich ein in beziehungsweise subsumieren sich unter jene althergebrachten und bereits von der feudalen Herrschaft als Konstitutiva gesellschaftlicher Ordnung und Assoziation, sprich, als Grundrechte anerkannten und sanktionierten Prinzipien. Genauer besehen und in die Reflexion getrieben, gilt freilich auch und ebenso wohl das Gegenteil: Die beiden neuen Modalitäten einer kapitalistisch genutzten privaten Verfügung über gesellschaftliche Produktionsmittel und einer qua Lohnverhältnis durchgesetzten vertraglichen Reduktion des persönlichen Produzenten auf eine dingfest gemachte Arbeitskraft sprengen die traditionellen Konstitutiva des gesellschaftlichen Zusammenlebens, weil sie die beschriebenen, alles verändernden Konsequenzen zeitigen, die mit dem Erfahrungshorizont jener Konstitutiva nicht mehr ein Einklang zu bringen, durch ihre Empirie nicht mehr gedeckt sind.
Die neuen Modalitäten der privaten Verfügung über gesellschaftliche Produktionsmittel und der vertraglichen Verdinglichung des personalen Produzenten zur realen Arbeitskraft sprengen die traditionellen Prinzipien des Rechts auf Privateigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit – es sei denn, es gelingt, uno actu der Entstehung der neuen Modalitäten die alten Prinzipien zu revidieren, sie retrospektiv oder, besser gesagt, retroaktiv den durch die ersteren geschaffenen neuen Tatsachen anzupassen. Wenn, um obige Formulierung aufzugreifen, die neuen Modalitäten die überkommenen Prinzipien ,,in die Reflexion treiben", dann darf solche Reflexion, soll zumindest der Anschein einer Kontinuität des Prozesses und die darauf fußende Bereitschaft der Betroffenen, ihn umstandslos zu akzeptieren, gewahrt bleiben, sich nicht im bloß negativen Resultat einer Widerlegung und Außerkraftsetzung jener Prinzipien erschöpfen, sondern muss vielmehr zu dem positiven Ergebnis ihrer Ablösung von der bisherigen Empirie und Anpassung an die neuen Gegebenheiten führen.
Genau diese Aufgabe übernimmt und erfüllt die staatliche Garantin jener Prinzipien, die politische Herrschaft. Und zwar erfüllt sie diese Aufgabe implicite ihrer eigenen Ablösung von der traditionellen Herrschaftsübung und Anpassung an die Erfordernisse des Marktes und der in seiner Entfaltung zu sich kommenden, sich als Kapital sans phrase realisierenden handelskapitalen Macht. Wie bereits mehrfach ausgeführt, fällt der Herrschaft die Funktion zu, der ökonomischen Macht bei ihrer kapitalen Entfaltung politisch den Weg zu ebnen beziehungsweise Hilfestellung zu leisten, sprich, ihr durch die Beseitigung ständischer Privilegien und städtischer Freiheiten, durch die Vereinheitlichung der Sozialstruktur, die Homogenisierung der kulturellen Lebensverhältnisse und Uniformierung der zivilen Überlebensbedingungen neue Betätigungsfelder und Verwertungschancen zu eröffnen, deren Wahrnehmung ihr jenen im Rückblick als ursprüngliche Akkumulation erkennbaren Durchmarsch ermöglicht, in dessen Konsequenz sie ihrem angestammten Geltungsbereich, der Zirkulationssphäre, dem Markt, die bis dahin noch als relativ selbständige Formation operierende handwerkliche Produktionssphäre unterwirft, assimiliert und eingliedert und damit zur maßgebenden Organisations- und verbindlichen Exekutionsform der gesellschaftlichen Reproduktion avanciert.
Um aber der ihr zufallenden Funktion genügen, sich als Wegbereiterin der ökonomischen Macht bewähren, ihr die nötige politische Hilfestellung leisten zu können, muss die Herrschaft sich verabsolutieren, will heißen, sie muss sich aus ihrer feudalen, in der Reziprozität von Verpflichtungen und der Delegation von Kompetenzen bestehenden Abhängigkeit befreien, sich aus ihrer Einbettung in das althergebrachte Kraftfeld aus dynastisch-hierarchischen Verhältnissen und korporativ-föderalen Beziehungen lösen und sich auf Kosten ihrer standesgenossenschaftlich-territorialen Konkurrenten und ihrer zunftgesellschaftlich-kommunalen Kontrahenten zur Herrin eines ebenso bürokratisch administrierten wie zentralistisch organisierten Gemeinwesens aufschwingen. Als der erklärte Wille und das verkörperte Gesetz des Staates erringt die regale Herrschaft dabei eine aus territorialherrschaftlich-feudalen Zeiten unbekannte Machtfülle, die freilich ebenso latent relativ wie manifest absolut ist.
Als manifest absolut bewährt sie sich in specie der alten Mächte, der Standesgenossen und der zünftigen Korporationen, die sie ihrem souveränen Willen und Gesetz unterwirft und teils niederringt und zerschlägt, teils umfunktioniert und ihrem neuen zentralistisch-bürokratischen System als ihre Souveränität bezeugendes beziehungsweise schmückendes Beiwerk, quasi als Trophäe integriert. Als latent relativ aber erweist sie sich sub specie der neuen ökonomischen Macht, der sich kapitalisierenden kommerziellen Funktion, der sie tatsächlich ja ihren politischen Aufstieg und Triumph, ihre Etablierung als absolute Souveränin verdankt und der sie als der Garantin gleichermaßen ihres erfolgreichen Werdens und ihres gedeihlichen Seins verpflichtet bleibt und gehalten ist, die für ihre, der kommerziellen Funktion, Entfaltung zum manufakturell-industriellen Verwertungssystem erforderlichen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Avancen zu machen beziehungsweise Dienste zu leisten.
In der Tat ist dies die Paradoxie des Absolutismus, dass die Herrschaft ihre politisch maßgebende Absolutheit, ihre Unabhängigkeit von den alten, feudalen Mächten, einer ökonomisch grundlegenden Relativität, ihrer Abhängigkeit nämlich von der neuen, kapitalen Macht verdankt – einer Abhängigkeit oder Instrumentalität, die, wie sie die Herrschaft selbst als Marinonette beziehungsweise nützlichen Idioten, so ihren Despotismus, ihre Selbstherrlichkeit als ebenso eitle wie ferngesteuerte Anmaßung entlarvt, weshalb denn auch mit Fug und Recht nicht von absoluter, sondern von absolutistischer, sich den Anschein der Absolutheit gebender oder, besser gesagt, Absolutheit simulierender Herrschaft zu sprechen ist. Aber so paradox und angesichts der mit Hilfe des Absolutismus im Entstehen begriffenen bürgerlichen Gesellschaft, die ja gerade einen Paradigmenwechsel von persönlicher Dominanz und subjektiver Gewalt zu sächlicher Pertinenz und objektivem Zwang vollzieht, regelrecht atavistisch jene Herrschaftsform auch anmuten mag, sie erfüllt ihren ihr von der ökonomischen Macht zugewiesenen politischen Zweck, indem sie in Staat und Gesellschaft für die im Blick auf die möglichst ungehinderte Entfaltung des kapitalistischen Verwertungssystems nötigen institutionellen Veränderungen sorgt.
Und eben nicht nur für die politisch-institutionell nötigen Veränderungen, die Auflösung der alten Sozialordnung und ihrer Korporationsformen, sondern auch und zugleich für die nicht minder nötigen juridisch-konstitutionellen Anpassungen, die Neufassung nämlich der traditionellen Rechtsnormen und ihres Geltungsbereichs trägt die absolutistische Herrschaft Sorge. Sie verleiht, spezifischer gesagt, den obigen althergebrachten Prinzipien des Rechts auf privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit eine Fasson, die ihnen ermöglicht, jene für den Bestand und die Entfaltung des neuen Produktionssystems entscheidenden Modalitäten einer kapitalen Verfügung über gesellschaftliche Produktionsmittel und einer kontraktiven Reduktion der gesellschaftlichen Produzenten auf den Produktionsfaktor Arbeitskraft zu subsumieren und abzudecken, ohne sich dadurch ins Missverhältnis oder gar in Widerspruch zu ihren gewordenen Inhalten und gegebenen Bestimmungen zu setzen und also der Inkonsistenz oder gar Dekomposition zu verfallen.
Und die Herrschaft vollbringt dies auf die im Wesentlichen gleiche Weise, wie sie sich selbst ins Werk setzt – durch eine als gleichermaßen Abstraktion und Generalisierung wirksame Absolutsetzung. Die Prinzipien werden abstrahiert, das heißt, von aller ihnen herkömmlicherweise oder gewohnheitsrechtlich anhaftenden Empirie, von aller historischen Spezifik und allen ihnen dadurch aufgebürdeten Verbindlichkeiten und Beschränkungen ihrer Geltung befreit. Und sie finden sich kraft dieser ihrer Abstraktion generalisiert, das heißt, in eine ideale Sichselbstgleichheit, eine transzendentale Kontinuität mit sich gebracht, die sie zum Inbegriff aller ihr fortan unterkommenden einschlägigen Empirie erhebt – nur dass Einschlägigkeit jetzt bedeutet, dass die Empirie alle ihr bis dahin unter Umständen eigene Eindringlichkeit oder Modifikationskraft eingebüßt hat und dem Prinzip, das sie unter sich befasst, das sich als ihr Begriff etabliert, nichts mehr von sich mitzuteilen, keine Erfahrung mehr zu vindizieren, keinerlei bestimmenden Einfluss auf es mehr zu nehmen vermag.
Kraft seiner als ein Zugleich von Abstraktion und Generalisierung, kraft mit anderen Worten jener für den bürokratischen Zentralismus der Neuzeit so grundlegenden Prozedur der Kodifizierung, sprich, der Formulierung von historisch-faktisch Gegebenem als systematisch-logisch Gesetztes hört das überlieferte Prinzip auf, ein Organismus zu sein, ein Corpus, an dem die mit ihm assoziierten empirischen Modi haften oder dem sie sich gar einverleiben können, und wird zu einer Schublade, einem Hohlmaß, in das sie nolens volens fallen und das sie, ohne mit ihnen die geringste Verbindung einzugehen, umfasst oder einbegreift. So sehr das Prinzip dem Modus seinen Stempel aufdrückt, es identifiziert, so wenig ist umgekehrt letzterer noch imstande, sich ersterem einzuschreiben, Spuren in ihm zu hinterlassen. Statt im Prinzip noch irgend Ausdruck zu finden, es zu charakterisieren, fügt sich der Modus in den Rahmen seiner Kategorisierung durch das Prinzip und vermag es einzig und allein noch zu exemplifizieren.
So nützlich die absolutistische Herrschaft der bürgerlichen Klasse erst einmal ist, so beschwerlich wird sie am Ende durch ihr kriegslüstern-geltungssüchtiges Abenteurertum und ihren höfisch-verschwenderischen Lebensstil. Um die absolutistische Herrschaft zu entmachten, braucht die bürgerliche Klasse den politischen Schulterschluss mit der eigentlich im ökonomisch entgegengesetzten Lager stehenden breiten Volksmasse. Ihn stellt sie durch ihre sich als Aufklärer profilierenden Intellektuellen her, die die Kritik an den Verhältnissen durch Verlagerung vom Politisch-Ökonomischen aufs Politisch-Historische, auf die absolutistische Herrschaft fokussieren und die bürgerliche Gesellschaft selbst zu einem durch Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ausgezeichneten Corpus idealisieren. Die Ersetzung des monarchischen Repräsentativsubjekts, des absolutistischen Souveräns, durch das bürgerliche Kollektivsubjekt, den demokratischen Souverän, erscheint dank der aufklärerischen Interpretationstätigkeit als eine restitutio in integrum der natürlichen Ordnung, wo nicht gar eines historischen Urzustandes. Von der Fiktion des durch die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien bestimmten idealen Kollektivsubjekts, als das sich die bürgerliche Gesellschaft setzt, hängt ungeachtet ihres krassen Widerspruchs zur gesellschaftlichen Realität sowohl die Berechtigung der bürgerlichen Gesellschaft zu herrschen als auch ihre Fähigkeit zu handeln ab.
So also parallelisiert und komplettiert die absolutistische Herrschaft ihre politisch-institutionelle Neuordnung des gesellschaftlichen Zusammenlebens durch eine juridisch-konstitutionelle Neufassung von für das gesellschaftliche Zusammenleben maßgebenden Prinzipien und sorgt auf diese Weise dafür, dass die vom Handelskapital, das sich der Produktionssphäre bemächtigt und dadurch zum Kapital sans phrase wird, neu eingeführten Modalitäten der privaten Verfügung über gesellschaftliche Produktionsmittel und der kontraktiven Reduktion von arbeitenden Personen auf Produktionsfaktoren den tradierten Prinzipien des Rechts auf Privateigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit de jure oder systematisch gemäß erscheinen und unter sie subsumierbar bleiben, während sie doch de facto oder empirisch der Tradition ins Gesicht schlagen und durch die politisch-ökonomischen Implikationen, die sie zum Tragen bringen, und die arbeitsorganisatorisch-ausbeutungspraktischen Konsequenzen, die sie zeitigen, die Intention jener Prinzipien ad absurdum führen und ihren Sinn ins Gegenteil verkehren.
Wie unter dem Deckmantel ungebrochener staatlicher Kontinuität und dementsprechend fortdauernder herrschaftlicher Legitimität die absolutistische Herrschaft die aus territorialherrschaftlich-feudalen Zeiten überkommenen institutionellen Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens dergestalt reformiert, dass sie organisatorische Entwicklungen zulassen oder gar rechtfertigen, von denen sie doch zugleich außer Kraft gesetzt und in ihrer ursprünglichen Gestalt vollständig verdrängt werden, so revidiert diese Herrschaft auch die qua Rechtsnormen konstitutionellen Prinzipien des Zusammenlebens und verleiht ihnen eine Fasson, in der sie mit Modalitäten ihrer Anwendung beziehungsweise Auslegung vereinbar werden, die ihnen vollinhaltlich ins Gesicht schlagen und sie zum hohlsten Formalismus degradieren.
Was Wunder, dass die bürgerlichen Betreiber der neuen, die gesellschaftliche Reproduktion revolutionierenden kapitalistischen Produktionsweise und ihre wachsende mittelständische Klientel sich mit der absolutistischen Herrschaft ebenso bereitwillig abfinden wie eilfertig arrangieren und nicht nur keinen Anstoß an der oben vermerkten Paradoxie nehmen, dass dieser als deus ex machina erscheinende politische Absolutismus Frucht einer fortschreitenden ökonomischen Relativierung ist und deshalb eher den Eindruck eines reaktionären Atavismus als den einer historisch konsequenten Erscheinung macht, sondern auch und mehr noch in Kauf nehmen, dass die Herrschaft ihnen ebenso fiskalisch-real zur Last fällt wie ständisch-sozial auf der Nase herumtanzt und sie also im doppelten Sinne teuer zu stehen kommt. Weil die absolutistische Herrschaft der bürgerlichen Klasse in der doppelten Hinsicht einer politisch-institutionellen Neuordnung und einer juridisch-konstitutionellen Neufassung der überkommenen gesellschaftlichen Verhältnisse wertvolle und in der Tat unentbehrliche, weil die Voraussetzungen für das A und O des kapitalistischen Produktionsverhältnisses, die Vereinnahmung der traditionellen Produktionsweisen durch das kommerzielle System und ihre Anpassung an dessen Zielsetzung, schaffende Dienste leistet, ist sie persona grata und wird bei all ihrem ideologischen Widersinn und ihrer praktischen Beschwerlichkeit von der bürgerlichen Klasse hochgehalten und hofiert.
Das ändert sich freilich in dem Maße, wie die Bourgeoisie und ihre mittelständische Klientel kraft kapitalen Wirkens und dank regaler Hilfestellung an Boden und Einfluss gewinnen und gleichermaßen im Wirtschaftssystem und im Staatsapparat zur ebenso richtungweisenden wie maßgebenden Macht avancieren. Nicht dass bereits der Verlust an Nützlichkeit beziehungsweise Unentbehrlichkeit, den die absolutistische Herrschaft durch dieses politisch-ökonomische Avancement der bürgerlichen Klasse erleidet, die bloße Tatsache also, dass in einer sich in wachsendem Maße frei unternehmenden und selbst verwaltenden bürgerlichen Gesellschaft die ständisch fundierte Herrschaft als soziale Macht und politischer Faktor im Grunde überflüssig wird und zum nichts als Ressourcen verschlingenden Wasserkopf verkommt, für die bürgerliche Klasse Anlass genug wäre, der Herrschaft die Gefolgschaft aufzukündigen und ihre Legitimität, ihre Stellung als selbstherrlicher Souverän, zu bestreiten. Allzu gewöhnt an die als politische Unkosten oder quasi Werbungskosten zu verbuchenden Aufwendungen für die Herrschaft, allzu vertraut mit jenem dem kommerziellen System und seinen neuen manufakturellen beziehungsweise industriellen Funktionsweisen aufgehuckten ständisch-höfischen Mittel zur Abwehr alter feudaler Mächte und Zerschlagung traditioneller sozialer Strukturen ist die bürgerliche Klasse, als dass sie nur deshalb, weil keine alten Mächte mehr abzuwehren und keine traditionellen Strukturen mehr zu zerschlagen sind, auf eine Elimination des Mittels sänne und nicht im Gegenteil disponiert wäre, es weiter zu tolerieren und zu alimentieren, vorausgesetzt, es stört nicht den ökonomischen Betrieb und wahrt die politischen Schranken, die eben seine Abhängigkeit vom ökonomischen Betrieb seinem Absolutismus auferlegt
Was vielmehr die Loyalität der bürgerlichen Klasse gegenüber der absolutistischen Herrschaft erschüttert und am Ende zerstört, ist der aus ständischem Übermut und höfischer Verschwendungssucht kombinierte Eigensinn, den diese an den Tag legt, ist dies, dass der Wasserkopf sich in rücksichtslosester Egozentrik übt und durch militärische Abenteuer und finanzpolitische Eskapaden zu einer aktiven Bedrohung eben des neuen, als bürgerliche Gesellschaft ökonomisch fundierten sozialen Corpus auswächst, dem er doch durch flankierende politische Maßnahmen und juridische Absicherungen bloß bei- und vorstehen soll und mit dessen Wachstum und Gedeihen, dieweil er ja auf ihm sitzt oder thront, seine Selbstbehauptung steht und fällt.
Indem die absolutistische Herrschaft, teils um ihre selbstherrlich kriegerischen Unternehmungen und ihre dafür erforderlichen Rüstungsausgaben finanzieren, teils um ihrem eigensüchtig höfischen Lebensstil und ihrem dazugehörigen demonstrativen Konsum frönen zu können, aktiv in das Wirtschaftssystem eingreift und durch die an früherer Stelle4 beschriebene inflationsträchtige Steuer- und Finanzpolitik ihrem Etat aufzuhelfen versucht, verschuldet sie jene fortschreitende und in der einen oder anderen Form alle gesellschaftlichen Klassen und Gruppen in Mitleidenschaft ziehende Zerrüttung der ökonomischen Lage und der sozialen Verhältnisse, die die Betroffenen, mithin alle gesellschaftlichen Klassen und Gruppen, sie selbst und die höfisch organisierten Teile ihrer ständischen Klientel ausgenommen, zunehmend gegen sie aufbringen muss und angesichts deren die mittlerweile ebenso sehr politisch-bürokratisch verantwortliche wie ökonomisch-technokratisch maßgebende bürgerliche Klasse sich mit dem Gedanken befreundet, dem Spuk des egozentrisch-eigensinnigen Schaltens und Waltens der absolutistischen Herrschaft ein Ende zu setzen.
Um freilich dem Gedanken die Tat folgen und der Herrschaft ihren als asoziales Willkürregime gebrandmarkten absolutistischen Eigensinn austreiben, sprich, sie entmachten zu können, muss sich die bürgerliche Klasse der Mitwirkung der unteren Volksschichten, des lohn- und landarbeitenden Gros der Bevölkerung zu versichern suchen. Diese Schichten leiden zwar mehr noch als die bürgerliche Klasse unter den machtpolitischen Abenteuern und den finanzpolitischen Eskapaden der Herrschaft und sind deshalb nicht minder als jene unzufrieden mit dem Regime oder gar zum Aufruhr gegen es bereit. Mit der bürgerlichen Klasse gemeinsame Sache zu machen, kommt ihnen aber nicht ohne Weiteres in den Sinn, da sie, die als Lohnarbeiter beziehungsweise Tagelöhner vom Kapital in seiner primären, manufakturell-industriellen und in seiner sekundären, agrikulturell-pachtsystematischen Form Ausgebeuteten, und die vom Kapital in beiderlei Form profitierende erstere ja in gegensätzlichen Lagern stehen und, insofern diese beiden Lager Ausdruck einer das gesellschaftliche Ganze mittlerweile ebenso sehr prägenden wie kontraindizierenden und ebenso sehr zerreißenden wie zusammenhaltenden politisch-ökonomischen Grundstruktur, mit anderen Worten, Ergebnis des strukturellen Hauptwiderspruchs der sich unter absolutistischer Herrschaft formierenden bürgerlichen Gesellschaft sind, auch ganz und gar nicht disponiert erscheinen, gemeinsame Sache zu machen, sprich, sich zu einer koordinierten, gegen die nachgerade als inakzeptable Belastung und eklatantes Ärgernis erfahrene absolutistische Herrschaft zusammenzufinden.
Damit es dennoch zu einem Schulterschluss kommt, braucht es die an besagter Stelle geschilderte Indoktrination des öffentlichen Bewusstseins, seine Überführung aus einer Reihe von empirischen, an reale Funktions- und soziale Situationserfahrungen gebundenen Wahrnehmungsweisen in eine systematische, durch politische Strategie und soziale Ideologie bestimmte herrschende Meinung – braucht es mit anderen Worten jenen als Aufklärung in die Geschichte eingegangenen Bewusstseinsformierungsprozess, den die bürgerliche Klasse schon Jahrzehnte oder, wenn man die naturrechtlich fundierten Frühstadien des Prozesses hinzunimmt, mehr als ein Jahrhundert lang vor dem revolutionären Showdown betreibt beziehungsweise durch ihre dadurch zu einer professionell eigenen gesellschaftlichen Gruppe avancierende Intelligenz betreiben lässt und der in zweierlei Hinsicht in einer tiefgreifenden Revision gleichermaßen der Sicht von der Herrschaft und der gesellschaftlichen Selbstwahrnehmung resultiert.
Zum einen sorgt die bürgerliche Intelligenz uno actu der von ihr betriebenen Kritik an der absolutistischen Herrschaft für eine Verlagerung der Kritik vom Politisch-Ökonomischen aufs Politisch-Historische, kraft deren die Herrschaft aus einer zwar, wenn man so will, transzendentalen, aber zugleich auch marginalen Bedingung, einer als politische conditio sine qua non figurierenden Schutzpatronin der gesellschaftlichen Verhältnisse, zu deren zentraler Begründung, ihrer als historische prima causa firmierenden realen Ursache mutiert. Die kapitalistisch-klassengesellschaftliche, durch das kommerzielle Akkumulationsprinzip bestimmte ökonomische Situation der bürgerlichen Gesellschaft ausblendend und statt dessen die als historische Bedingung für deren Avancement firmierende absolutistisch-ständestaatliche, die gouvernementale Machtausübung bestimmende, politische Tradition der königlichen Herrschaft ins Rampenlicht rückend, schafft es die unter dem Banner der Aufklärung zu Felde ziehende bürgerliche Intelligenz, der königlichen Herrschaft und ihrem ständischen Anhang alle mit der kapitalistisch-klassengesellschaftlichen Organisation Einzug in die Gesellschaft haltenden ökonomischen Zwangsmechanismen und sozialen Konfliktpotenziale in die Schuhe zu schieben und sie, die Herrschaft, die mit ihrem kriegslüstern-geltungssüchtigen Abenteurertum und mit ihrem höfisch-verschwenderischen Lebensstil doch höchstens und nur das wie immer spektakuläre Tüpfelchen aufs i der Nöte und des Elends bildet, die die manufakturell-industrielle Ausbeutung der städtischen Lohnarbeit und des agrarischen Tagelohns für breite Volksschichten heraufbeschwört, zur durch den Despotismus, den Aristokratismus und den Egoismus, worin ihre absolutistisch-ständestaatliche Tradition sie verhält, für die ganze Not und alles Elend alleinverantwortlichen Instanz, kurz, zur Wurzel sämtlichen in der bürgerlichen Gesellschaft anzutreffenden Übels zu erklären.
Und gleichzeitig und parallel dazu vermag zum anderen die bürgerliche Intelligenz die so durch die Auslagerung aller ökonomischen Zwangs- mechanismen und sozialen Konfliktpotenziale, ihre Verschiebung und Rückführung auf die absolutistisch-ständische Herrschaft, von der Verantwortung für sie entlastete und gereinigte bürgerliche Gesellschaft als eine Korporation zu konstruieren, die sich ihrer natürlichen Konstitution nach durch eine das ganze Corpus durchwaltende uneingeschränkte Zwanglosigkeit, Ebenbürtigkeit und Einmütigkeit auszeichnet, die mit anderen Worten eine alle Mitglieder umfassende und von ihnen allen geltend zu machende Autonomie, Personalität und Solidarität oder, um die revolutionären Slogans zu bemühen, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit beweist – die also, für sich genommen und von ihren realen Gebrechen abstrahiert, eine ideale Gesellschaftlichkeit verkörpert, an deren Wahrnehmung und Ausübung, Umsetzung und Praktizierung sie nur eben das absolutistisch-ständische Regime der königlichen Herrschaft und ihrer Klientel hindert, auf deren Unfreiheit, Ungleichheit und Asozialität schaffenden Despotismus, Aristokratismus und Egoismus der große intellektuelle Eskamotageakt, der da Aufklärung heißt, all jene realen Gebrechen der bürgerlichen Gesellschaft rückführbar erscheinen lässt.
Zwar ist der Wortführer dieses Kraftakts in Sachen Eskamotage, Jean-Jacques Rousseau, selber in seiner Reflexion konsequent und intellektuell ehrlich genug, um, wie auch immer unerklärt, der empirischen Unhaltbarkeit dieses durch eine große Verschiebungsleistung beziehungsweise Ersatzbildung zustande gekommenen Konstrukts von einer ihrer ökonomischen Sprengkraft ledigen und nichts als personale Freiheit, soziale Gleichheit und kommunale Eintracht implizierenden, kurz, als sichselbstgleich politische Gemeinschaft firmierenden bürgerlichen Gesellschaft inne zu sein und letztere deshalb auch statt als uneingelöste Gegenwart vielmehr als unwiederbringliche Vergangenheit vorzustellen, sprich, seine Gesellschaftskritik klammheimlich in eine Zivilisationskritik umschlagen und dadurch alle Aktualität und Sprengkraft verlieren zu lassen. Die Attraktivität aber, die von dem Konstrukt ausstrahlt, die mobilisierende Kraft, die es auf die gebeutelten Untertanen der absolutistischen Herrschaft ausübt, erweist sich als groß genug, um einen politisch-programmatisch tragenden Schulterschluss zwischen den ökonomisch-empirisch divergierenden, in gegensätzlichen Lagern stehenden gesellschaftlichen Gruppen herbeizuführen und damit den Boden für die Revolution zu bereiten, für jenen Umsturz im staatlichen Machtgefüge, kraft dessen in der Rolle gleichermaßen des Machthabers und Gesetzgebers, der exekutiven Gewalt und legislativen Autorität, der königliche Herr durch seine bürgerlichen Untertanen, die personale Herrschaft durch die kommunale Gesellschaft, das Repräsentativsubjekt durch das von ihm repräsentierte Kollektivsubjekt selbst ersetzt wird. Kraft Revolution tritt an die Stelle des alten, absolutistischen Souveräns, den die bürgerliche Aufklärung für alle gesellschaftlichen Gebrechen und Konflikte haftbar macht und damit als einen Statthalter, der den Kredit seiner Auftraggeber verspielt, die ihm von seinem Mandanten verliehene Legitimität verloren hat, kurz, als Usurpator entlarvt, der wahre, demokratische Souverän, den die aufklärerische Rückführung aller realen Gebrechen, an denen er krankt, und aller sozialen Konflikte, die ihn heimsuchen, auf den schädlichen Einfluss und das verheerende Wirken der königlichen Herrschaft demgegenüber in der idealen Gestalt eines von Unterdrückung, Diskriminierung und Ausbeutung freien Kollektivs erscheinen lässt, das sich als Kredit- und Auftraggeber, als Bevollmächtiger und Mandant eben jener sich durch ihr Wirken und ihren Einfluss als usurpatorisch erweisenden königlichen Herrschaft versteht und das deshalb, wenn es den Usurpator entmachtet und sich an dessen Stelle als Machthaber und Gesetzgeber etabliert, nichts weiter tut, als seine unveräußerlichen Rechte wieder geltend und das, was ihm nach Maßgabe einer unverbildeten, durch keine heteronomen Einflüsse und historischen Fehlentwicklungen entstellten natürlichen, sprich, bürgerlichen Gesellschaftsordnung zusteht, sich erneut zu eigen zu machen.
Nichts weiter vollbringt die Revolution als diesen Restitutionsakt, den die bürgerliche Aufklärung als das Legitimste von der Welt vorzustellen versteht, diese Verdrängung und Ersetzung des falschen Souveräns, des seinen Auftraggeber, das bürgerliche Kollektivsubjekt, unterdrückenden, diskriminierenden und dissoziierenden und sich damit als Usurpator dekuvrierenden königlichen Repräsentativsubjekts, durch den wahren Souverän, das auf seine Vergesellschaftungsprinzipien, die der Usurpator mit Füßen tritt, sprich, auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit pochende und darum dem königlichen Repräsentativsubjekt jeglichen Herrschaftsauftrag entziehende, seinen als schiere Anmaßung erkannten Souveränitätsanspruch für null und nichtig erklärende bürgerliche Kollektivsubjekt – nichts weiter also als diesen als einfache restitutio in integrum wohlverstandenen Austausch des falschen, usurpatorisch-heteronomen gegen den wahren, demokratisch-autonomen Souverän vollbringt die Revolution, und eben deshalb geht sie auch so rasch und reibungslos vonstatten. Binnen weniger Monate ist ein Jahrhunderte altes Regime beendet, die absolutistische Herrschaft vollständig entmachtet und der neue Souverän, das bürgerliche Kollektivsubjekt, in Gestalt eines seines Namens würdigen, weil von ihm und aus seinen Reihen gewählten Repräsentativsubjekts, das sowohl als Legislative die Verfassung gibt und Gesetze beschließt, als auch als Exekutive für deren Umsetzung und Einhaltung Sorge trägt, an der Macht.
So rasch der kraft Aufklärung als einfacher Restitutionsakt einleuchtende revolutionäre Substitutionsvorgang vonstatten geht, so rasch stellt sich freilich auch heraus, dass der neue Souverän ein anderer ist als der, den die Aufklärung zwecks Schulterschlusses der divergierenden gesellschaftlichen Gruppen beschworen hat. Es stellt sich heraus, dass die von der Aufklärung als Kollektivsubjekt beschworene und mit den einem Kollektivsubjekt gemäßen Vergesellschaftungsprinzipien ausgestattete bürgerliche Gesellschaft ein durch Verschiebung beziehungsweise Eskamotage zustande kommendes Konstrukt, mit anderen Worten eine Fiktion ist, die – eben weil sie bloße Fiktion ist – in dem Augenblick, in dem sie sich als wirklich erweisen soll, vielmehr der bereits bestehenden Realität weicht, die sie ja um den Preis ihrer Lebendigkeit nur simuliert, von der sie nichts weiter bietet als ein ebenso unrealistisches wie idealisiertes Konterfei, einen ebenso blutleeren wie schönfärberischen Abklatsch.
Es stellt sich heraus, dass nicht das aufklärerische Konstrukt einer ideal verfassten, die Freiheit des einzelnen, die Gleichheit aller und brüderliche Gemeinsamkeit gewährleistenden bürgerlichen Gesellschaft an die Macht gelangt ist, sprich, sich als naturgegebene Souveränin restituiert, sondern dass, was sich als neue Machthaberin etabliert, vielmehr die bürgerliche Gesellschaft als empirisch gewordene ist, sie in ihrer dem geschichtlichen Kontinuum entsprechenden realen Beschaffenheit – in jener Beschaffenheit also, die wir oben als fundamentale Zwieschlächtigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse charakterisiert haben, als einen strukturellen Widerstreit in der Gesellschaft, dessen ökonomischer Grund die Existenz zweier mit der gesellschaftlichen Reproduktion verknüpfter und miteinander ebenso sehr konkurrierender wie interagierender Zielsetzungen und deren politische Folge ein systematisches Ungleichgewicht in der Verteilung gesellschaftlicher Macht, eine permanente Verzerrung und Schieflage ist, was die Selbstbestimmung, den Einfluss und die Verantwortung der am kollektiven Willensbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess beteiligten Gruppen beziehungsweise diesen Gruppen zugehörigen Einzelnen betrifft.
Es stellt sich heraus, dass das tatsächliche Kollektivsubjekt, die wirkliche bürgerliche Gesellschaft, eine auf Basis der privateigentümlichen Trennung der sächlichen Produktionsmittel von den persönlichen Produzenten und einer lohnarbeitsvertraglichen Wiederzusammenführung beider, die letztere ersteren gleichsetzt, sie also zu Produktionsfaktoren verdinglicht, funktionierende Klassengesellschaft ist, in der der strategische Vorrang, den die Verfolger der einen, auf kapitale Akkumulation oder Verwertung gerichteten Zielsetzung seit jeher vor den Hegern der anderen, der materialen Subsistenz oder Versorgung geltenden Absicht haben, die Züge eines erdrückenden, alle sozialen Beziehungen determinierenden, alle institutionellen Strukturen disponierenden, alle politischen Entscheidungen informierenden Übergewichts angenommen hat, das das vom revolutionären Bewusstsein vorgestellte Kollektivsubjekt, jene kraft Revolution als Souveränin geltend gemachte vorbildliche bürgerliche Gesellschaft auf der ganzen Linie Lügen straft, weil es sich mit deren grundlegenden Vergesellschaftungsprinzipien, mit der individuellen Freiheit, der sozialen Gleichheit und der kommunalen Brüderlichkeit, die vorgeblich konstitutiv sind für dieses Kollektivsubjekt beziehungsweise für den Gemeinwillen, den es artikuliert, will heißen, den Staat, den es macht, als schlechterdings unvereinbar erweist.
Es stellt sich heraus, sagen wir, aber tatsächlich kann und tut es eben dies nicht! Es verhält sich so, aber so, wie es sich verhält, kann es sich partout nicht herausstellen! Es ist Tatsache, aber eben die kann nicht als solche zur Kenntnis genommen, geschweige denn, zur Geltung gebracht werden! Würde sie zur Geltung gebracht, so wäre dies ja gleichbedeutend mit der Anerkenntnis, dass jenes als Souveränin etablierte Kollektivsubjekt, das dem Übergang von der absolutistischen Monarchie zur parlamentarischen Demokratie eine solch revolutionäre Leichtigkeit und Plausibilität verleiht, gar nicht existiert und die ganze ihm geschuldete politische Emanzipation und Neukonstituierung demnach einer Illusion, einer trugbildnerischen Projektion entspringt. Dieses mit der Anerkennung ihrer faktischen Situation oder empirischen Verfassung als Trugbild entlarvte Kollektivsubjekt, das sich als Souveränin präsentiert, braucht indes die bürgerliche Gesellschaft, will sie sich gleichermaßen ihre Legitimation und ihre Autorität, ihre politische Daseinsberechtigung und ihre bürokratische Handlungsfähigkeit erhalten.
Schließlich ist es dies als Souveränin vorgestellte Kollektivsubjekt, das den naturrechtlich beziehungsweise geschichtsprinzipiell guten Grund für die Entlarvung des absolutistischen Souveräns als Usurpator und seine Absetzung und Ablösung bildet. Ohne es wäre die Absetzung des traditionellen Herrschers und seiner Klientel ja nur das Ergebnis eines als schierer Verdrängungsakt funktionierenden politischen Machtkampfs und wäre ihre Ablösung nichts weiter als eine aufs asozial-anarchische Recht des Stärkeren bauende politische Machtergreifung.
Und schließlich ist es dies als Souveränin vorgestellte Kollektivsubjekt, das der an die Macht gelangten bürgerlichen Gesellschaft nicht nur ihre die bisherige politische Machthaberin als usurpatorisch entlarvende Legitimation verschafft, sondern auch die zivilrechtliche beziehungsweise sozialkontraktive Basis für ihre staatliche Autorität, ihre politische Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit bietet. Ohne es wäre die bürgerliche Gesellschaft ja nur ein Agglomerat von in ihren jeweiligen Interessen und Absichten teils hinderlichen, teils zuwiderlaufenden Korporationen oder Klassen, das in seiner empirischen Unmittelbarkeit jedem Gemeinwillen ins Gesicht zu schlagen und jegliche kollektive Entscheidung zu durchkreuzen tendierte. Will die bürgerliche Gesellschaft mit einiger Zuverlässigkeit und Kontinuität einen einheitlichen Willen beweisen und sich zu gemeinsamen Entscheidungen zusammenfinden, so muss sie sich nolens volens jener trugbildnerischen Selbstprojektion bedienen, muss sie sich selbst als jenes illusionäre Kollektivsubjekt vorstellen beziehungsweise setzen, um sich beides, ihren disparaten Willen und ihre divergierenden Entscheidungen, durch es vermitteln und von ihm relativieren, koordinieren, kodifizieren zu lassen.
So gewiss also die an die Macht gelangte bürgerliche Gesellschaft Legitimation und Autorität, ihre Berechtigung zu herrschen und ihre Fähigkeit zu handeln, beweisen und behalten will, so gewiss muss sie so tun, als ob sie jenes illusionäre Kollektivsubjekt wäre, und muss ihre politischen Willenserklärungen und Handlungen ihm zuschreiben und als sein Werk, seinen Ratschluss oder hoheitlichen Akt zur Geltung bringen. Wie aber soll sie das können, da ja die als empirische Organisationsmechanismen wirksamen ökonomischen Konstitutiva der Lohnabhängigkeit, der Vermögensunterschiede und der Konkurrenz, von denen sie durchdrungen und geprägt ist, den von jenem illusionären Kollektivsubjekt als politische Imperative verkörperten und artikulierten systematischen Vergesellschaftungsprinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit derart prinzipiell widersprechen und deshalb, was immer sie beschließt und beginnt, dem, was dem Kollektivsubjekt, als das sie sich geriert, gemäß wäre, so eklatant zuwiderlaufen muss, dass an ihrer empirischen Unvereinbarkeit mit jenem als Pseudos wohlverstandenen systematischen Alius nicht der geringste Zweifel besteht und, sich den Forderungen des letzteren zu fügen und seiner Passform anzupassen, für sie gleichbedeutend wäre mit einer Preisgabe ihres ökonomisch prägenden Charakters und ihrer soziologisch distinkten Struktur, will heißen, mit einer den Tatbestand der Selbstaufgabe erfüllenden Konversion, um nicht zu sagen Metamorphose?
Die in den revolutionären Grundsätzen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Ausdruck findende projektiv-systematische Identität der bürgerlichen Gesellschaft wird mittels Enthistorisierung deren objektiv-empirischer Realität angepasst und aus substanziellen Vergesellschaftungsprinzipien auf funktionelle Verhaltensnormen reduziert. Der Anpassungsprozess trägt der Tatsache der Prädisposition und Limitierung der revolutionär-idealen Synthesis durch die evolutionär-reale Synthesis des Kapitalisierungsprozesses Rechnung. Unter den Bedingungen der fundamentalen ökonomischen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft erweist sich das repräsentativ-parlamentarische System als ein kommoder Selektionsmechanismus, um jene Anpassung der revolutionären Prinzipien an die zivile Empirie zustande zu bringen. Aus der Demokratie wird die Republik, aus der Herrschaft des Volkswillens die des öffentlichen Interesses.
Die bürgerliche Gesellschaft steht mithin vor dem Dilemma, um ihrer politischen Legitimation und Autorität willen an jenem trugbildnerischen Kollektivsubjekt, das sie als Souveränin vorstellt, festhalten zu müssen, dessen systematisch grundlegende Organisationsprinzipien sich aber nicht zu eigen machen und ihre empirisch herrschende Realität ihnen nicht entsprechen lassen zu können. Wie kann sie diesem Dilemma entrinnen, was kann sie in dieser Notlage tun? Die gibt die Geschichte selbst, gibt die faktische Wendung, die der Revolutionsprozess nimmt. Kann die bürgerliche Gesellschaft ihre empirische Realität nicht der systematischen Idealität jenes Kollektivsubjekts, auf das sie sich projiziert und in dem sie ihre Souveränität behauptet, anpassen, so muss sie das Umgekehrte tun – die vom idealen Kollektivsubjekt verkörperten Vergesellschaftungsprinzipien den Erfordernissen ihrer Realität, ihrer empirischen Beschaffenheit angleichen. Sie muss mit anderen Worten die im vorherigen Kapitel beschriebene Interpretations- beziehungsweise Umfunktionierungsleistung erbringen, die die mit ihrer empirischen Realität, sprich, ihrer ökonomischen Beschaffenheit, unvereinbaren revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien zu bloßen zivilen Sozialisierungsnormen entschärft und zurichtet.
Dreh- und Angelpunkt der Reinterpretation beziehungsweise Umfunktionierung ist dabei, wie gezeigt, die als Entökonomisierung erscheinende Einschränkung des Geltungsbereichs der Prinzipien, dies, dass das Recht auf privates Eigentum und der im Rahmen jenes Rechts erhobene Anspruch auf persönliche Vertragsfreiheit von ihrer Zuständigkeit ausgenommen, ihrem Zugriff entzogen bleiben. Die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gelten, aber sie gelten nicht uneingeschränkt: Ihre Geltung erstreckt sich nicht auf die historisch gewordenen und in der Unmittelbarkeit ihres faktischen Daseins naturwüchsig gegebenen bürgerlichen Eigentumsverhältnisse und die durch letztere bestimmten oder vielmehr diktierten persönlichen Vertragsbedingungen. Alles Übrige, die ganze Vielfalt der sonstigen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zwischen den Einzelnen anzutreffenden personalen Qualifikationen und sozialen Unterschiede biologischer Natur, historischen Ursprungs und ethnischer, familiärer, habitueller, konfessioneller oder kultureller Herkunft, fällt in den Zuständigkeitsbereich der revolutionären Prinzipien und unterliegt ihrer Prüfung, Kritik und Revision, will heißen, all diese Qualifikationen und Unterschiede werden hinsichtlich ihrer Relevanz für das zivile Zusammenleben und praktische Zusammenwirken der Mitglieder der Gesellschaft und ihrer Vereinbarkeit mit beidem kraft jener Prinzipien beurteilt und sei's gelten gelassen, sei's verworfen.
Die mit dem Begriff Einschränkung erzeugte Suggestion freilich, dass es sich hierbei bloß um eine topische Begrenzung des Geltungsbereichs der Prinzipien handele, führt in die Irre beziehungsweise täuscht über den zutiefst dynamischen Charakter der Ausnahmeregelung hinweg, verschleiert mit anderen Worten die Tatsache, dass auch und gerade in diesem Fall negatio est determinatio, sprich, die Limitation des Bereichs eine Modifikation der Bewandtnis, die Verneinung der Geltung eine Neubestimmung der Wirkung impliziert. Das generelle Recht auf Verfügung über privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit deckt und rechtfertigt ja, wie gezeigt, eine ganz spezielle Ausübung dieses Rechts – die Verwendung nämlich von privatem Eigentum zur Umorganisation der traditionellen gesellschaftlichen Produktionsweisen mit dem Ziel, Verfügung über persönliche Arbeitskraft zu erlangen, um die verfügbar gemachte persönliche Arbeitskraft dann zum Erwerb weiteren, zum Zwecke der Verfügbarmachung von noch mehr persönlicher Arbeitskraft eingesetzten privaten Eigentums zu nutzen. Das generelle Recht auf privates Eigentum hat mit anderen Worten seinen heimlichen Bestimmungsgrund im speziellen Recht auf die produktive Verwendung des als Possessiv erscheinenden Eigentums, seinen Einsatz als Verwertungsmittel, als Kapital, ebenso wie der pauschale Anspruch auf persönliche Vertragsfreiheit sein eigentliches Motiv im gezielten Anspruch auf den Abschluss von Lohnarbeitsverträgen, sprich, von Kontrakten findet, deren Gegenstand nicht eine zwischen den Vertragschließenden verhandelte Sache oder Objektivität, sondern die versächlichte, durch Abstraktion verdinglichte Subjektivität des einen der beiden Vertragspartner, nämlich seine Arbeitskraft, ist.
Die beiden durch den allgemeinen Rechtsanspruch ebenso sehr kaschierten wie gedeckten besonderen Modalitäten ökonomischen Verfahrens und sozialen Verhaltens aber bilden, wie seit der klassischen Ökonomie des neunzehnten Jahrhunderts bekannt, gleichermaßen die systematische Basis und das dynamische Zentrum, den strukturellen Bestimmungsgrund und die motivationale Triebkraft der bürgerlichen Gesellschaft, sind mit anderen Worten dasjenige, was letztere als einen von der vorangegangenen Gesellschaftsformation, aus der sie hervorgeht, grundlegend unterschiedenen Gesellschaftstypus ins Leben ruft und was sie zugleich dazu antreibt, die vorangegangene Gesellschaftsformation, ihre als materiale Erbschaft reale Voraussetzung, ihren unmittelbaren empirischen Inhalt dergestalt zu prozessieren und zu transformieren, sich derart einzuverleiben und anzuverwandeln, dass dieser als Bau- und Brennstoff für die auf der Grundlage und nach Maßgabe eben jener Modalitäten ökonomischen Verfahrens und sozialen Verhaltens angestrebte Reorganisation beziehungsweise Neueinrichtung des Sozialkörpers zu einem mittels der Entfesselung menschlicher Produktivkraft funktionierenden einzigen großen Wertschöpfungsinstrument verfügbar und verwendbar wird. Die Modalitäten des produktiv eingesetzten privaten Eigentums und der kontraktiv vereinnahmten Arbeitskraft sind, wenn man so will, das transzendentale Prinzip gesellschaftlicher Synthesis und das kategoriale Schema, das diese gesellschaftliche Synthesis ins Werk setzt.
Bleiben sie unter dem Deckmantel des allgemeinen Rechts auf Privateigentum und Anspruchs auf Vertragsfreiheit von den revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien, zu denen sich die bürgerliche Gesellschaft programmatisch bekennt, systematisch ausgenommen, so bleibt auch die auf ihrer Grundlage und nach ihrer Maßgabe vor sich gehende empirische Evolution der Gesellschaft, die mittels Vermögensunterschieden, Lohnabhängigkeit und Konkurrenz betriebene kapitalistische Synthesis des Sozialkörpers, von jenen Prinzipien unangetastet und ihrem kriteriellen Einfluss beziehungsweise ihrer dispositionellen Wirksamkeit entzogen. Indem die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien systematische Anwendung auf die Gesellschaft finden und deren ideale Synthesis bestimmen sollen, zeigt sich ihr Betätigungsfeld bereits durch die evolutionäre Synthesisarbeit der gegebenen und gelten gelassenen ökonomischen Verfahrens- und sozialen Verhaltensmodalitäten empirisch prädisponiert beziehungsweise real mit ihr okkupiert. Das bedeutet, die revolutionären Vergesellschaftungsbestimmungen müssen sich, wenn sie dennoch Anwendung auf die Gesellschaft finden sollen, auf dem Boden jener empirisch gegebenen Synthesisbedingungen entfalten und in den Rahmen ihrer realen Geltung fügen. Und Anwendung auf die Gesellschaft müssen die revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien finden, weil ja das sie verkörpernde Kollektivsubjekt, das als Souveränin figuriert, der bürgerlichen Gesellschaft als eine Selbstprojektion, die ihr gleichermaßen die politische Daseinsberechtigung und die bürokratische Handlungsfähigkeit sichert, unentbehrlich ist.
Das Ergebnis dieser Anwendung der proklamierten revolutionär-syste- matischen Vergesellschaftungsprinzipien auf dem Boden und im Rahmen jener etablierten evolutionär-empirischen Synthesismodalitäten aber lässt sich unschwer vorhersagen: Die Negation oder Einschränkung ihrer Geltung, die den revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien dadurch widerfährt, erweist sich ebenso wohl als eine Determination oder Ausrichtung ihrer Wirkung. Die Prinzipien mutieren aus politischen Grundregeln für die Organisation des gesellschaftlichen Zusammenhangs in Hilfsmittel des die Gesellschaft organisierenden ökonomischen Systems, aus primären Kategorien der sozialen, die Assoziation menschlicher Individuen regelnden Lebensweise in sekundäre Funktionen des kapitalen, auf die Akkumulation sächlicher Werte zielenden Arbeitsprozesses.
Nichts anderes als diese Unterwerfung und Anpassung der mit Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit beschworenen politischen Assoziationsbestimmungen unter und an die durch Vermögen, Lohnabhängigkeit und Konkurrenz vorgegebenen Synthesisbedingungen der bürgerlichen Gesellschaft meint die obige Rede von einer Überführung der revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien in zivile Sozialisierungsnormen. Ihrer ökonomisch-konstitutiven Relevanz und Zuständigkeit beraubt und auf rein politische Verfahrensregeln und Verhaltensformen reduziert, die nur auf dem Boden und im Rahmen des für unantastbar erklärten ökonomischen Prozesses zum Tragen kommen, verwandeln sich die idealiter konstitutiven Prinzipien in realiter normative Regularien, die den ökonomischen Prozess begleiten und ihm in Hinsicht auf Hemmnisse und Widerstände naturhistorischer, sozialpolitischer, kulturpraktischer und gewohnheitsrechtlicher Provenienz den Weg ebnen und Schützenhilfe leisten, indem sie für die seinem Funktionieren zuträgliche Unifizierung, Egalisierung und Homogenisierung der bürgerlichen Lebensbedingungen, Rechtsverhältnisse und Umgangsformen Sorge tragen.
Was immer an Differenzen, Divergenzen, Diskriminierungen und Idiosynkrasien der Einzelnen und der Gruppen dem ökonomischen Prozess, sprich, der Kapitalakkumulation auf Lohnarbeitsbasis zuwiderläuft beziehungsweise in die Quere kommt, sind sie, die regulativ-zivilen Sozialisierungsnormen, dazu da, zu beurteilen und sei's zu berichtigen, sei's zu beseitigen. Und dies aber nicht nach eigenem Ratschluss oder Ermessen, sondern als gute Hilfsorgane oder Sekundanten überlassen sie dem ökonomischen Prozess als handelndem Subjekt beziehungsweise maßgebendem Akteur die Entscheidung darüber, nicht nur ob und in welchem Maße, sondern mehr noch wann und in welcher Abfolge die störenden oder hinderlichen sozialen Differenzen, kulturellen Divergenzen, ethnischen oder ethischen Diskriminierungen und habituellen Idiosynkrasien durch sie aufs Korn genommen und gerichtet werden müssen.
So also finden sich durch ihre Entökonomisierung die substanziellen Vergesellschaftungsprinzipien wundersamerweise auf funktionelle Verhaltensnormen reduziert, aus praktischen Imperativen, die das gesellschaftliche Zusammenleben konstituieren und fundieren sollen, in rechtliche Regulative verwandelt, die dem durch den ökonomischen Prozess determinierten gesellschaftlichen Zusammenwirken zu sekundieren und Vorschub zu leisten dienen. Wer aber wirkt eigentlich dieses Wunder der Unterwerfung der projektiert systematischen Vergesellschaftung unter die praktiziert empirische Synthesis, der Anpassung der revolutionär-politischen Forderungen an die evolutionär-ökonomischen Anforderungen? Auf den ersten Blick könnte, dass es dazu kommt, in der Tat als eine Art Wunder erscheinen, da ja, wie gesehen, die bürgerliche Gesellschaft, die sich als jenes souveräne Kollektivsubjekt vorstellt, dessen systematisch-politische Bestimmungen an die empirisch-ökonomischen Bedingungen angepasst werden müssen, in ihrer Unmittelbarkeit eine Klassengesellschaft, sprich, ein Agglomerat von in ihren jeweiligen Interessen und Absichten einander teils hinderlichen, teils zuwiderlaufenden Korporationen ist, das denkbar ungeeignet erscheint, eine so einschneidende Maßnahme zu ergreifen und durchzusetzen, wie sie die Anpassung der im revolutionären Überschwang proklamierten systematisch-politischen Prinzipien an die ökonomische Empirie der bürgerlichen Gesellschaft, mit anderen Worten, die Umfunktionierung des projektiven Kollektivs in einen Erfüllungsgehilfen des produktiven Agglomerats, des angeblichen Machthabers oder Souveräns in einen tatsächlichen Mitläufer und Zuhälter darstellt.
Indes, hier wirkt sich die oben explizierte, der Zwieschlächtigkeit der ökonomischen Absicht, dem Zugleich von Subsistenzbedürfnis und Akkumulationsinteresse geschuldete fundamentale Schieflage oder permanente Verzerrung der bürgerlichen Gesellschaft, das strukturelle Ungleichgewicht in der gesellschaftlichen Machtverteilung, im Sinne jener Anpassung hilf- und segensreich aus. So sehr diese durch den Pakt des Marktes mit dem Thron und durch die Kapitalisierung der Produktionssphäre, die er ermöglicht, noch unendlich verschärfte Ungleichverteilung der gesellschaftlichen Macht und des politischen Einflusses einerseits geeignet ist, jede Veränderung der evolutionär gegebenen empirischen Synthesisbedingungen der bürgerlichen Gesellschaft zugunsten ihrer revolutionär vorgesetzten systematischen Vergesellschaftungsbestimmungen zu vereiteln und in der Tat kategorisch auszuschließen, so sehr taugt sie doch umgekehrt dazu, die beschriebene Anpassung der revolutionären Vergesellschaftungsbestimmungen an die evolutionären Synthesisbedingungen, ihre Verwandlung aus politisch intendierten Imperativen des Zusammenlebens in ökonomisch konditionierte Regulative des Zusammenwirkens zu befördern und am Ende zuwege zu bringen.
Als, wie man will, ausführendes Organ oder katalytisches Ferment bewährt sich dabei das repräsentativ-parlamentarische System. So wenig von Haus aus oder seinem abstrakten Begriff nach dies System den von der Revolution propagierten systematischen Vergesellschaftungsprinzipien zuwiderläuft und so sehr es vielmehr, wie oben expliziert, bloß eine den empirisch-geographischen Gegebenheiten und historisch-demographischen Verhältnissen des Landes geschuldete Notwendigkeit darstellt, unter den Bedingungen jenes von der bürgerlichen Gesellschaft ins kapitalistische Extrem getriebenen und für sie schlechterdings konstitutiven ökonomisch fundierten Ungleichgewichts in der politischen Machtverteilung erweist sich das repräsentative, den demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess durch ein Delegationsverfahren präparierende System als ein kommoder Selektionsmechanismus zur Schaffung der für die Anpassung nötigen korporativen Bedingungen.
Das der demokratischen Willensbildung und Entscheidungsfindung vorgeschaltete Wahlverfahren nämlich ist die Prozedur, in der sich eben jenes Ungleichgewicht zum Tragen bringen und als formativer oder vielmehr transformativer Faktor geltend machen kann. Es ermöglicht denen, die Verfügung über die kapitalistisch organisierte gesellschaftliche Reproduktion, sprich, wirtschaftliche Macht besitzen, ihren sozialen Einfluss auf all die anderen auszuspielen, die subsistenziell, allokativ, alimentär oder partizipativ, als Lohnarbeiter, Gehaltsempfänger, Honorarbezieher oder Anteilhaber abhängig von ihnen beziehungsweise angewiesen auf sie sind, und diese Gruppen in mehr oder minder großer Zahl zu einem mit ihrem sozialen Sein beziehungsweise personalen Sinn mehr oder minder inkonsistenten Wahlverhalten zu bewegen, sprich, sie Delegierte wählen zu lassen, deren Einstellung und Programm sei's ihrem ökonomischen Interesse beziehungsweise ihrer sozialen Stellung direkt ins Gesicht schlagen, sei's immerhin ihrem politischen Verstand beziehungsweise ihrem moralischen Bewusstsein widerstreiten.
Wie von Zauberhand transformiert sich im Kraftfeld jener ökonomisch bedingten Ungleichverteilung der Macht das fraktionell widersprüchliche Plenum mittels Wahlverfahren in ein intentional gleichgerichtetes Gremium, organisiert sich das chaotische Wahlvolk, die korporativ gespaltene Masse, zum archaischen Elektorat, zum kollegial verschworenen Verein. Mit anderen Worten, dank ökonomisch gewichteter und dadurch selektiv wirksamer Wahlprozedur verwandelt sich das alle gesellschaftlich relevanten Gruppen präsentierende Marsfeld in die das gesellschaftlich maßgebende Interesse repräsentierende Delegiertenkammer, das ebenso sehr politisch oder vergesellschaftungsprogrammatisch repulsive wie ökonomisch oder synthesispraktisch interaktive plebiszitär-plenarische Gegeneinander klassenspezifischer Erwartungen und Einstellungen in eine dem herrschenden ökonomischen Mechanismus stattgebende und sich in seinem Gewahrsam politisch artikulierende repräsentativ-parlamentarische Gleichrichtung des gesellschaftlichen Wollens und Entscheidens.
Konsequenz und Besiegelung dieser vom ökonomischen Bestimmungsgrund der bürgerlichen Gesellschaft, dem Imperativ des Akkumulationsprozesses, informierten beziehungsweise geleiteten Übersetzung der Komitie in den Senat, der Volksversammlung ins Abgeordnetenhaus, des plebiszitär-plenarischen Totums ins repräsentativ-parlamentarische Gremium ist die Spezifizierung der demokratischen Ordnung als republikanische Verfassung, der Herrschaft des Volkswillens als Herrschaft des öffentlichen Interesses.
Dass die revolutionäre Gesellschaft die von ihr eingeführte Demokratie nicht als solche deklariert, sondern vielmehr in die historische Tradition der nichtmonarchischen, sprich, nicht durch eine Person, sondern durch Gruppen von Personen, durch Kollektive, die für die Gesamtgesellschaft maßgebliche Interessen verkörpern beziehungsweise vertreten, ausgeübten politischen Macht stellt, dass sie, kurz, ihre Demokratie zur Republik erklärt, ist mehr als bloße historisierende Etikettiererei. Es ist stillschweigende Anerkennung der Tatsache, dass sich dank der fundamentalen ökonomischen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft unter dem Deckmantel eines demokratischen Delegations- und Repräsentationsverfahrens die republikanisch gewohnte und bewährte Herrschaft der vested interests ins staatlich-institutionelle Werk setzt, sprich, der Einfluss der gesellschaftlich maßgebenden Zielsetzungen und nach Maßgabe dieser Zielsetzungen herrschenden Strategien sich als eine Art politischer Magnetismus durchsetzt und zur Geltung bringt.
Das aus dem ökonomisch gewichteten demokratischen Wahlprozess hervorgehende republikanische Parlament, das den abstrakt emanzipatorischen Volkswillen des Revolutionsprozesses durch das konkret obligatorische öffentliche Interesse des Kapitalprozesses substituiert, ist nun aber als ein Gremium, dem diese seine Vereidigung auf den Dienst am öffentlichen Interesse oder republikanischen Prinzip zugleich jene Fähigkeit zur dezidierten Willensbildung und konsistenten Entscheidungsfindung vindiziert, die dem in Klassen gespaltenen Totum, der plebiszitär-plenarischen Souveränin, abgeht – ist also als dies durch seine Verpflichtung aufs republikanische Prinzip zur Willensbildung und Entscheidungsfindung befähigte Gremium perfekt geeignet, der Katze die Schelle umzuhängen, besser gesagt, dem Revolutionsdrachen die Klauen zu stutzen, weniger blumig gefasst und auf den Punkt gebracht, die oben beschriebene Transformation der rein politischen Vergesellschaftungsprinzipien, die der revolutionäre Elan auf die Tagesordnung setzt, in ökonomisch vermittelte zivile Sozialisierungsnormen, wie sie der Fortgang des Kapitalisierungsprozesses erfordert, vorzunehmen.
Was auf den ersten Blick schwierig, wo nicht gar unmöglich zu vollbringen scheint, weil es der als souveränes Kollektivsubjekt zwar sich vorstellenden, tatsächlich aber in separate Klassen dissoziierten bürgerlichen Gesellschaft unmittelbar an Einheitlichkeit des Willens und Entscheidungsfähigkeit mangelt, das erweist sich dank der der ökonomischen Schieflage der Gesellschaft geschuldeten und unter der Camouflage demokratischer Delegation und Repräsentation vor sich gehenden republikanischen Gleichrichtung des öffentlichen Willens und Formierung des staatlichen Entscheidens als durchaus machbar, um nicht zu sagen, als leichte Übung. So gewiss die kraft der ökonomischen Macht und des sozialen Einflusses der Betreiber der kapitalistisch organisierten gesellschaftlichen Reproduktion aus dem demokratischen Wahlprozess resultierende republikanische Willensbildung und Entscheidungsfindung zutiefst geprägt, bis ins Mark bestimmt sind durch die mit der kapitalistischen Produktionsweise sich ergebenden ökonomischen Erfordernisse und sozialen Anforderungen, so gewiss zeigt sich das ausführende Organ der solchermaßen gewichteten und gleichgerichteten Willensbildung und Entscheidungsfindung, die parlamentarische Repräsentanz, wie geschaffen dafür, auch und nicht zuletzt die oben beschriebene Anpassung der revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien an die evolutionäre Empirie zu vollziehen, sprich, jene Prinzipien durch ihre Entökonomisierung als Konstitutiva einer radikal neuen Vergesellschaftung dergestalt abzudanken beziehungsweise zu entkräften, dass sie nun vielmehr als Regulative der real bestehenden Synthesis, sprich als zivile, dem Kapitalisierungsprozess sekundierende und nach dessen Bedarf zur Hand gehende Sozialisierungsnormen, brauchbar und verfügbar werden.
Nicht die Hinterlassenschaft der Revolution, die systematischen Vergesellschaftungsprinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, sondern das Erbe des Absolutismus, die empirischen Synthesiskonditionen des Rechts auf Privateigentum und des Anspruchs auf persönliche Vertragsfreiheit, machen der parlamentarischen Repräsentanz der bürgerlichen Gesellschaft zu schaffen, weil sie durch eben die ökonomische Praxis, die sie zu decken und zu legitimieren dienen, zunehmend entkräftet und ad absurdum geführt werden. Der eklatante Verfassungsbruch einer Einführung des Zensuswahlrechts dekuvriert die Parteilichkeit der parlamentarischen Repräsentanz und entfremdet die Massen der lohnarbeitenden Bevölkerung dem republikanischen System, ohne den Bestand jener zivilen Verfassungsmaximen und die Kontinuität des sie ebenso sehr unterminierenden wie auf ihnen aufbauenden Kapitalisierungsprozesses zuverlässig garantieren zu können.
Und die dem Kapitalisierungsprozess mit seinen ökonomischen Erfordernissen und sozialen Anforderungen zu Willen seiende und in ihren gesetzgeberischen Entscheidungen Vorschub leistende republikanische Beauftragte des demokratischen Souveräns, die parlamentarische Repräsentanz, würde diese Aufgabe einer Umfunktionierung der von der bürgerlichen Intelligenz erdachten revolutionär-systematischen Vergesellschaftung in den Sekundanten der vom bürgerlichen Kapital betriebenen evolutionär-empirischen Synthesis wohl auch unverzüglich in Angriff nehmen und sich leicht von der Hand gehen lassen, käme ihr da nicht ein noch gravierenderes und der Lösung noch dringlicher bedürftiges Problem von nicht minder prinzipieller Natur oder konstitutioneller Bedeutung in die Quere. Tatsächlich findet eine durchgreifende Transformation der revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien in zivile Sozialisierungsnormen erst anderthalb Jahrzehnte nach Ausbruch der Revolution, unter den vorübergehend und um den Preis einer militaristisch krassen Abweichung vom Tugendpfad kapitalistischer Akkumulation stabilisierten Verhältnissen der napoleonischen Diktatur statt, in Gestalt nämlich jener umfassenden bürgerlichen Gesetzgebung, die sinnigerweise den Namen des Militärdiktators trägt. Und der Grund für diese Verzögerung der fälligen Anpassungs- und Korrekturleistung in Sachen revolutionäre Hinterlassenschaft ist darin zu suchen, dass der kraft ökonomischen Ungleichgewichts ausgelesenen parlamentarischen Repräsentanz gar nicht so sehr die revolutionäre Hinterlassenschaft, sondern primär das vom Absolutismus übernommene zivile Erbe das meiste Kopfzerbrechen bereitet und die größten Sorgen macht.
Nicht, mit anderen Worten, die von der Revolution proklamierten idealen politischen Prinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu entschärfen und der ökonomischen Realität der bürgerlichen Gesellschaft anzupassen, erscheint der sich konstituierenden parlamentarischen Repräsentanz der Republik als das große, vordringlich einer Lösung bedürftige Problem, sondern als das wichtigste und absolute Priorität beanspruchende Geschäft drängt sich ihr vielmehr auf, die für eben jene Realität der bürgerlichen Gesellschaft grundlegenden zivilen Konstitutiva des Rechts auf Privateigentum und des Anspruchs auf persönliche Vertragsfreiheit in Kraft und aufrecht zu erhalten.
Diese beiden, aus der vorrevolutionären Zeit überkommenen und als, wenn nicht naturrechtlich, so jedenfalls doch gesellschaftsvertraglich selbstverständliche Grundrechte übernommenen zivilen Prinzipien sind es ja, die durch ihre ebenso abstrakte wie generelle politische Geltung der ebenso konkreten wie speziellen ökonomischen Praxis der bürgerlichen Gesellschaft, dem Gebrauch des Privateigentums als Kapitals, als produktiven Faktors, und dem Einsatz der Arbeit als Lohnarbeit, als sächlichen Vertrags zwischen bürgerlichen Personen, deren eine hierbei sich selbst als Vertragsobjekt einbringt, eine Normalität signalisierende Deckung bieten, mit anderen Worten, den schönen Schein von Rechtmäßigkeit und Billigkeit verleihen.
Und diese beiden den revolutionären wie selbstverständlich als Grundlagen gesellschaftlicher Verfassung beigeordneten zivilen Prinzipien sind es aber auch, die in Gefahr stehen, durch eben das, was sie decken, durch jene spezielle ökonomische Praxis der bürgerlichen Gesellschaft, ausgehebelt und ad absurdum geführt zu werden. Wie gesehen, gereicht das Recht auf Eigentum, eben weil es das Recht auf eine produktive, sprich, kapitalistische Verwendung von Eigentum einschließt, denen, die nichts als ihre Arbeitskraft ihr Eigen nennen, zu einer bis an die Grenze des Existenzminimums und im Falle der Nichtverwendung der Arbeitskraft darüber hinaus, in den Verlust der Existenz selbst, getriebenen Enteignung. Und wie gesehen, führt das Recht auf Vertragsfreiheit, eben weil es das Recht einschließt, die eigene Person beziehungsweise deren Reproduktionskraft zum Vertragsgegenstand zu machen, für diejenigen, die nichts als diese ihre Reproduktionskraft in den Vertrag einbringen können, am Ende zu einer regelrechten Verkehrung des bürgerlichen Vertragsprinzips, nämlich zu sklavischer Abhängigkeit und erzwungenem Arbeitsdienst.
In dem Maße aber, wie die spezielle ökonomische Praxis kapitalistischer Akkumulation durch die Dynamik ihrer in Enteignung und Arbeitszwang bestehenden Auswirkungen, die sie für wachsende Teile der Bevölkerung mit sich bringt, die sie zu rechtfertigen und ihr Normalität zu verleihen, kurz, ihr Deckung zu geben bestimmten generellen politischen Prinzipien des Rechts auf Eigentum und auf Vertragsfreiheit in ihr genaues Gegenteil umschlagen und mithin die Deckung auffliegen lässt, entsteht und wächst bei denen, die Leidtragende beziehungsweise Opfer jener ökonomischen Praxis sind, naturgemäß die Bereitschaft, die für letztere grundlegenden Bedingungen, die produktive Verwendung privaten Eigentums und das Lohnarbeitsverhältnis, als durch die beiden allgemeinen Prinzipien des Rechts auf Privateigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit ungedeckte und tatsächlich mit ihnen unvereinbare, weil sie sprengende Konditionen wahrzunehmen und an den Pranger zu stellen.
Die Betroffenen zeigen sich einerseits zunehmend disponiert, dem das allgemeine Recht auf Privateigentum pervertierenden produktiven Eigentum die Rechtsgeltung abzusprechen und es mit der Forderung nach seiner Überführung in ein durch diejenigen, die in ihrer Subsistenz von ihm abhängen, intentional zu bestimmendes und funktionell zu kontrollierendes Gemeingut zu konfrontieren. Und andererseits beweisen sie eine wachsende Entschlossenheit, dem das persönliche Vertragsrecht ad absurdum führenden Lohnarbeitsverhältnis den Vertragscharakter zu bestreiten, ihm die Beschaffenheit eines von Freiwilligkeit denkbar weit entfernten Unterdrückungs- und Ausbeutungsmechanismus zu attestieren und seine Ersetzung durch kollektive Tarifvereinbarungen beziehungsweise objektive, will heißen, nicht mehr auf die Arbeitskraft, sondern aufs Arbeitsprodukt bezogene Vergütungsregeln zu verlangen.
Sollen die der kapitalistischen Praxis ihren Schein gleichermaßen von Normalität und Legitimität sichernden universalistischen Rechtsansprüche auf privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit erhalten und in Kraft bleiben, so gilt es also, sie gegen den zersetzenden Einfluss und entlarvenden Bewahrheitungsdrang zu behaupten und zu verteidigen, mit dem ausgerechnet die ihrer tarnenden Obhut anvertraute, im Schutze ihrer Fassade operierende kapitalistische Praxis selbst sie heimsucht. Und wer anders kann diese Behauptungs- und Verteidigungsaufgabe übernehmen als abermals jene parlamentarische Repräsentanz, die dank der erwähnten fundamentalen gesellschaftlichen Schieflage, dank der ökonomisch bedingten Ungleichverteilung sozialen Einflusses in der bürgerlichen Gesellschaft durch das als republikanische Selektion funktionierende demokratische Auslese- und Delegationsverfahren quasi automatisch als Interessenverband des Kapitals, als dessen Interessen wahrnehmende und durchsetzende Lobby auf den Plan gerufen wird und an die politische Macht gelangt?
Genau dieser dank der ökonomischen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft das Wahlverfahren durchwaltende Automatismus der republikanischen Selektion indes gerät durch die in Enteignung und Arbeitszwang resultierende Wirksamkeit des Kapitalprozesses zunehmend in Gefahr. Wie die fortschreitende Enteignung der Arbeitskraft und Zwangsverpflichtung zur Arbeit, die kraft Lohnverhältnis der Kapitalisierungsprozess auf privateigentümlicher Basis mit sich bringt, konstitutionell genommen, den Glauben der Betroffenen an das allgemeine Recht auf privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit untergraben, so zerstören sie auch und zugleich, sozial betrachtet, deren den Automatismus ihres Wahlverhaltens bedingende Bereitschaft, der durch die gesellschaftliche Schieflage genährten Neigung zu folgen und ihre Stimme den ökonomisch Mächtigen und ihrer mittelständischen Klientel zu geben, sich im Vertrauen darauf, dass ihre Subsistenz und letztlich Existenz von deren produktivem Tun und investitivem Treiben abhängt, ihrer politischen Führung zu überlassen.
Eben dies Vertrauen wird ja durch die fortschreitende Enteignung und Ausbeutung der Arbeitskraft, die der kapitalistische Prozess mit sich bringt, erschüttert und widerlegt – mit dem Resultat, dass die der fundamentalen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft geschuldete natürliche Neigung der arbeitenden Bevölkerung, sich der politischen Leitung der ökonomisch Mächtigen anzuvertrauen, durch die Erfahrung der üblen Nachteile und fatalen Beeinträchtigungen konterkariert wird, mit denen die von den ökonomisch Mächtigen gestellte politische Leitung, die republikanisch-parlamentarische Repräsentanz, das in sie gesetzte Vertrauen vergilt, indem sie jene der arbeitenden Bevölkerung aus dem Kapitalisierungsprozess erwachsenden Nachteile und Beeinträchtigungen sei's durch Laissez-faire ignoriert beziehungsweise toleriert, sei's gar durch ihre gesetzgeberische Aktivität reaffirmiert beziehungsweise forciert.
Und in dem Maße, wie das der Fall ist, büßt nun aber das den Souverän, die bürgerliche Gesellschaft, zu den Urnen rufende demokratische Wahl- und Delegationsverfahren den beschriebenen, im Sinne einer republikanischen Gewichtung wirksamen Selektionsautomatismus ein und droht zu einem seiner Unvoreingenommenheit entsprechend im Ergebnis unvorhersehbaren Procedere einer von den Erfahrungen und Nöten der Masse des Volks bestimmten plebiszitären Meinungsbildung und plenarischen Willenserklärung zu werden, zu einem Vorgang, der durchaus das Zeug dazu hat, eine parlamentarische Repräsentanz auf den Plan zu rufen, die nicht bloß das erschütterte beziehungsweise verlorene Vertrauen der lohnarbeitenden Bevölkerung in die allgemeine Geltung jener der ökonomischen Praxis, durch die sie ad absurdum geführt werden, als Deckung dienenden zivilen Grundrechte auf privates Eigentum und persönliche Vertragsfreiheit parlamentarisch zur Sprache bringt, sondern die mehr noch zur gesetzgeberischen Tat schreitet, um mit der Konsequenz der Überführung von Privateigentum in Gemeinbesitz und von persönlichen Verträgen in kollektive Tarifvereinbarungen beziehungsweise Vergütungsregeln jene ökonomische Praxis oder vielmehr deren qua Kapital und Lohnarbeitsvertrag tragende Säulen von der Geltung dieser zivilen Grundrechte auszunehmen.
Ein und derselbe kapitalistische Enteignungs- und Nötigungsprozess, der die beiden zivilen Grundrechte auf privates Eigentum und persönliche Vertragsfreiheit faktisch aushebelt und ad absurdum führt, bedroht zugleich also praktisch den als republikanisches Selektionsverfahren apostrophierten Wirkmechanismus, der für eine parlamentarische Repräsentanz Sorge trägt, die durch ihre fraktionelle Zugehörigkeit und funktionelle Zusammensetzung die Aufrechterhaltung und Verteidigung eben jener für die Rechtfertigung und Sanktionierung des Kapitalisierungsprozesses unentbehrlichen beiden Grundrechte gewährleistet.
Angesichts dieser, komplementär zu ihrer faktischen Entkräftung und Widerlegung den beiden Grundrechten drohenden praktischen Bestreitung und Außerkraftsetzung entschließt sich die herrschende parlamentarische Repräsentanz zu einem Verfassungsbruch, der einem heimlichen Staatsstreich gleichkommt, indem sie die allgemeine demokratische Wahl abschafft und durch eine Zensuswahl ersetzt, will heißen, durch ein Auslese- und Delegationsverfahren, das das aktive und passive Wahlrecht, das Recht, zu wählen und sich wählen zu lassen, an ökonomische Voraussetzungen knüpft, an ein bestimmtes Quantum an Besitz, eine bestimmte Höhe des Einkommens, ein bestimmtes Niveau des Steueraufkommens. Auf diese Weise soll dem durch den kapitalistischen Enteignungs- und Nötigungsprozess gestörten republikanisch-natürlichen Selektionsmechanismus künstlich beziehungsweise manipulatorisch nachgeholfen und sichergestellt werden, dass das Ergebnis des demokratischen Wahl- und Delegationsverfahrens, die mit der Gesetzgebung in genere und der Wahrung der Verfassung in specie betraute parlamentarische Repräsentanz, der ökonomisch bedingten politischen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft, die eben der ökonomische Prozess zum Kippen zu bringen und im Kollaps enden zu lassen droht, unverändert Rechnung trägt und entspricht.
Ob mit diesem qua Zensuswahlrecht eingeführten ,,Corriger la fortune"-Mechanismus viel gewonnen ist, bleibt freilich sehr die Frage. Um dem Prozess kapitalistischer Enteignung und Zwangsarbeit auf diese Weise die Deckung zu erhalten, muss sich die der fundamentalen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft entsprungene und demgemäß der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel zugeneigte beziehungsweise verpflichtete parlamentarische Repräsentanz ja ihrerseits aus der Deckung begeben. Indem sie ihre Kontinuität und künftige Wirksamkeit auf eine mit dem Prinzip allgemeiner, sprich, demokratischer Wahlen unvereinbare Präparation, sprich, Manipulation des Selektionsverfahrens gründet, dekuvriert sie sich, lässt die Maske demokratischer Integrität und Repräsentativität fallen und gibt sich als das, was sie dank der strukturellen Schieflage der Gesellschaft ohnehin ist, als politische Funktionärin des herrschenden ökonomischen Interesses, kurz, als Lobbyistin beziehungsweise Agentin des Kapitals offen zu erkennen.
Dass ihr gelingt, alle – die zivilen Konstitutiva des kapitalen Akkumulationsprozesses angesichts der verheerenden Empirie, die unter ihrem Deckmantel Raum greift, in Frage zu stellen und in die Revision zu schicken bereite – Kritik und Opposition aus ihrem Gremium zu verbannen und sich als homogene Körperschaft zu reaffirmieren, bezahlt sie damit, dass sie dies künstlich homogenisierte Gremium, sich selbst, um jede demokratische Glaubwürdigkeit, um jeglichen Anschein von politischer Integrität bringt und dass ihr gleichzeitig der Widerstand, den sie mittels Wahlprozedur aus ihren Reihen ausschließt, in Gestalt einer dank des ökonomischen Prozesses, den sie deckt, wachsenden außerparlamentarischen Opposition, einer immer größere Gruppen beziehungsweise breitere Schichten der arbeitenden Bevölkerung, deren Enteignung und Ausbeutung jene zivilen Grundrechte zu legitimieren dienen, erfassenden antirepublikanisch radikaldemokratischen beziehungsweise nach Maßgabe der ökonomischen Konkretisierung ihrer politischen Reformvorstellungen sozialistischen Bewegung entgegentritt.
Die von aller Kritik am Kapitalisierungsprozess und von allem Widerstand gegen ihn gesäuberte politische Repräsentanz bezahlt also die manipulativ erwirkte Aufrechterhaltung der staatlich-formellen Geltung jener den Prozess legitimierenden zivilen Grundprinzipien der Sakrosanktheit privaten Eigentums und der Unantastbarkeit persönlicher Vertragsfreiheit mit dem zunehmenden Verlust der gesellschaftlich-reellen Akzeptanz und Verbindlichkeit eben dieser Prinzipien, bezahlt mit anderen Worten die Erfüllung ihrer in der politischen Absicherung der ökonomischen Praxis bestehende Aufgabe damit, dass sie im Zuge dieser ökonomischen Praxis, für deren Erfolg sie ja politisch einsteht, sich immer offenkundiger als angebliche Repräsentantin der als Souveränin firmierenden bürgerlichen Gesellschaft verabschiedet und als tatsächliche Agentin der als Betreiberin des Kapitalisierungsprozesses fungierenden Bourgeoisie dekuvriert und damit jene das Gros der Bevölkerung bildenden Schichten und Gruppen der bürgerlichen Gesellschaft, die Leidtragende beziehungsweise Opfer der kapitalistischen Praxis sind, sich immer mehr entfremdet und mit dem Ergebnis einer Aushöhlung und Zerstörung des durch die Revolution postulierten demokratischen Konsenses immer stärker in eine zwar der staatlichen Repräsentanz, keineswegs aber der gesellschaftlichen Öffentlichkeit ermangelnde Oppositionsrolle drängt, mithin die Gesellschaft immer stärker spaltet, immer nachdrücklicher in die repräsentativ-parlamentarisch konstituierte Fraktion des die Arbeit ausbeutenden Kapitals und die plebiszitär-plenarisch motivierte Masse der durch das Kapital ausgebeuteten Arbeitenden dirimiert, bis am bitteren – wenn auch aufgrund der realen Machtverhältnisse, zu deren Bestand und Stabilität die absolutistisch überkommenen und von der Republik übernommenen staatlichen Institutionen wesentlich beitragen, vermutlich noch fernen – Ende jene um die politische Repräsentanz gebrachte und zur außerparlamentarischen Opposition dissoziierte Masse der arbeitenden Bevölkerung sich unter dem Druck der Armut und Verelendung, der sie sich ausgesetzt sieht, nicht mehr damit begnügt, dem repräsentativ-parlamentarisch verfassten, republikanischen Staat die Prokura zu entziehen und die Legitimität abzusprechen, sondern den zum offenen Bürgerkrieg geratenden Versuch unternimmt, seinem asozialen Treiben mit Gewalt Einhalt zu gebieten und ihn seines Amtes zu entsetzen, ihm die zu ebenso privativen wie repressiven Zwecken missbrauchte Macht zu entreißen.
Und nicht genug damit, dass die ökonomisch gewichtete parlamentarische Repräsentanz, die republikanische Delegierte des demokratischen Souveräns, kraft der ihr vom Kapital zugewiesenen Aufgabe einer Flankierung und Absicherung des Kapitalisierungsprozesses ebenso zielstrebig wie unfreiwillig auf das bittere Ende ihres Sturzes hinsteuert, es bleibt ihr nicht einmal der Trost, dass dieses bittere Ende noch in weiter Ferne liegt. Wie ihr die bereits kurz nach ihrer revolutionär forcierten Machtübernahme sich trotz Zensuswahlzensur mittels eines normalen Wahlgangs etablierende jakobinische Schreckensherrschaft zeigt, kann sich die Kapitalfraktion ihrer selbst in genere und ihres mittelständischen Anhangs in specie gar nicht unbedingt sicher sein, und weisen ihre per Zensuswahlrecht ausgelesenen Reihen keine hinlängliche soziale Geschlossenheit und intentionale Entschiedenheit auf, um die Möglichkeit auszuschließen, dass in ökonomischen Krisen- oder politischen Konfliktsituationen beziehungsweise in Augenblicken motivational exaltierter und emotional angeheizter Aufbruchsstimmung Teile der Kapitalfraktion ihr von der Fahne gehen und für Wahlergebnisse sorgen, die eine dem Kapitalisierungsunternehmen abträgliche, wo nicht gar verderbliche parlamentarische Repräsentanz auf den Plan rufen.
Auch wenn im Falle der jakobinischen Schreckensherrschaft die soziale Prägung der an die Macht gelangten radikaldemokratischen Abtrünnigen durch ihre mittelständische Herkunft und ihre reale Abhängigkeit von der kapitalen Hand, die sie und ihresgleichen füttert, stark genug ist, um ihnen den Sinn zu verwirren und sie in den beschriebenen selbstzerstörerischen Verschiebungswahn und Haltet-den-Dieb-Taumel zu katapultieren – angesichts einer ökonomischen Praxis, die gar nicht umhin kann, den sozialen Konflikt zwischen Kapitalfraktion und kraft Kapital ausgebeuteter arbeitender Bevölkerung gleichermaßen auszuweiten und zuzuspitzen, garantiert nichts, dass ein künftiger, allen zensuswahlrechtlichen Absicherungen des Wahlverfahrens zum Trotz allemal möglicher krisenerzeugter Wechselfall in der Zusammensetzung und Ausrichtung der parlamentarischen Repräsentanz nicht gravierendere Folgen für die Konstitution der republikanischen Gesellschaft zeitigt und tatsächlich zu einer Veränderung oder gar Außerkraftsetzung der als politische Rahmenbedingungen für jene ökonomische Praxis ebenso unabdingbaren wie durch sie ad absurdum geführten zivilen Grundprinzipien des Rechts auf privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit führt.
Die trüben Aussichten, die sich der parlamentarischen Repräsentanz der Republik auf der Grundlage des von ihr politisch vertretenen Kapitalisierungsprozesses eröffnen, waren der Grund für die militaristische Wendung, die kurz nach der ersten Revolution die Republik nahm. Dass die militaristische Option in eine wie auch immer glorreiche Sackgasse führte und die bürgerliche Gesellschaft damit quasi an ihren revolutionären Ausgangspunkt zurückkatapultierte, lässt jetzt die parlamentarische Repräsentanz dem Gedanken einer Retablierung der alten Herrschaft in Gestalt einer von ihren absolutistischen Schattenseiten befreiten konstitutionellen Monarchie nähertreten – einer Idee, zu der sie tatsächlich auch schon nach der ersten Revolution durch das britische Vorbild angeregt wurde, wobei es allerdings gleichzeitig die nicht zuletzt außenwirtschaftliche Konkurrenz mit dem insularen Nachbarn war, die das neue bürgerliche Gemeinwesen damals daran hinderte, dem Gedanken die Tat folgen zu lassen.
So leicht es also dank des ökonomisch gewichteten Selektions- beziehungsweise Delegationsmechanismus, den die Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft in Sachen Machtverteilung mit sich bringt, der Republik beziehungsweise ihrer parlamentarischen Repräsentanz einerseits fällt, die von der Revolution proklamierten idealischen Vergesellschaftungsprinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu redressieren und den Gegebenheiten der durch den Kapitalisierungsprozess empirisch determinierten Synthesis anzupassen, so schwer und sauer wird es ihr andererseits, die von der absolutistischen Herrschaft überkommenen und für jenen Kapitalisierungsprozess und seine Synthesis unabdingbaren beiden zivilen Grundelemente der Konstitution, das Recht auf privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit, zuverlässig in Kraft und dauerhaft in Geltung zu erhalten.
So gewiss aufgrund ihrer wirtschaftlichen Dynamik und gesellschaftlichen Sprengkraft eben die ökonomische Praxis, deren politischer Deckung und Legitimierung die beiden zivilen Grundprinzipien dienen sollen, diese ihre Deckung und Rechtfertigung doch zugleich auffliegen zu lassen und ad absurdum zu führen tendiert und so gewiss dieselbe ökonomische Praxis aufgrund ihrer Dynamik und Sprengkraft eben den politischen Selektions- und Delegationsmechanismus, den sie ursprünglich begründet, am Ende zu unterminieren und zu entkräften taugt, so gewiss ist klar, dass sich jene beiden zivilen Konstitutiva der vom Kapitalisierungsprozess beherrschten bürgerlichen Gesellschaft bei der wie immer auch zensuswahlrechtlich abgesicherten republikanisch-parlamentarischen Repräsentanz dieser Gesellschaft nicht in den allerbesten Händen befindet und dass auf lange Sicht oder gar unversehens die Wirksamkeit der kapitalistischen Praxis verspricht, sei's in einer Aufhebung jener sie zu decken bestimmten zivilen Grundprinzipien durch den demokratisch-friedlichen Sturz der sie in Geltung zu erhalten beauftragten republikanisch-parlamentarischen Repräsentanz, sei's in der anarchisch-gewaltsamen Beseitigung der republikanisch-parlamentari- schen Repräsentanz um der Annullierung jener zivilen Grundprinzipien willen zu resultieren.
Genau diese im einen wie auch im anderen Falle trüben Aussichten, die sich der mit der Gesetzgebung im Allgemeinen und der Wahrung der Verfassung im Besonderen betrauten republikanisch-parlamentarischen Repräsentanz aufgrund eben der ökonomischen Praxis, die sie politisch zu flankieren und zu fördern dient, eröffnen – genau diese trüben Aussichten sind letztlich der Grund für die geschilderte militaristische Wendung und Entwicklung, die die Republik bereits vor der jakobinischen Schreckensherrschaft nimmt und die sie, in diesem Punkte durch die letztere nur bestätigt, zielstrebig weiterverfolgt und zur alles beherrschenden Strategie des Staatswesens ausbaut – genau diese trüben Aussichten erklären mit anderen Worten, warum die Republik ihr Heil in Rüstungsanstrengungen und Mobilmachungen sucht, für die sie zwar den Anlass und das Motiv frei Haus von den Nachbarstaaten geliefert bekommt, deren Ausmaß und Intensität, Konsequenz und Kontinuität aber unübersehbar davon zeugen, dass sie eine innenpolitisch überdeterminierte beziehungsweise instrumentalisierte Veranstaltung sind. Mittels dieser Rüstungsanstrengungen und Mobilmachungen, jener, um die obige Formulierung aufzugreifen, Entscheidung für die militärische Option nämlich sucht die Republik beziehungsweise ihre im Sinne des Kapitalisierungsprozesses gewichtete parlamentarische Repräsentanz, dem letzteren seinen Progress und seine Entfaltung zu sichern und zugleich die ökonomischen Nöte und sozialen Verwerfungen zu vermeiden oder jedenfalls zu minimieren, die er unausweichlich zeitigen muss, wenn er sich in den zivilen Bereichen der bürgerlichen Gesellschaft quasi naturwüchsig vollzieht und ungesteuert breit macht.
Das Ergebnis dieses per Militarisierung der Gesellschaft unternommenen politischen Versuchs, durch staatliche Steuerung der ökonomischen Praxis Krisenprävention und Konfliktvermeidung zu betreiben, fällt freilich bei all seiner zwischenzeitlichen Großartigkeit, seiner der Annalen würdigen Geschichtsmächtigkeit, letztlich deprimierend aus. Ihre die subsistenziellen Beeinträchtigungen und sozialen Schädigungen, die Verarmung und Verelendung, womit der Kapitalisierungsprozess die arbeitende Bevölkerung heimsucht, sei's zu vermeiden, sei's wenigstens zu kompensieren bestimmten Rüstungsanstrengungen und Mobilmachungen überfordern die Republik finanziell, treiben sie in den Staatsbankrott und bringen sie auf diesem Wege dazu, ihr in die Rüstung und die Streitmacht investiertes und aus ökonomischer Sicht bloß verbrauchtes, schlicht konsumiertes Kapital dennoch als Investition sich bewähren, es mit anderen Worten dadurch produktiv werden und sich rentieren zu lassen, dass sie diese ihre hochgerüstete und vom Sturm und Drang des revolutionären Aufbruchs erfüllte Streitmacht zur Okkupation und requisitorischen beziehungsweise konfiskatorischen Ausplünderung der benachbarten Hoheitsgebiete, kurz, zur nichtkommerziellen Reichtumbeschaffung nutzt, bis schließlich der allzu umfassende Erfolg dieser Beutestrategie ihr Scheitern heraufbeschwört, weil die in eine okkupative Militärdiktatur, die sich als Imperium geriert, überführte Republik ihre neue Strategie auf so breiter Front vorträgt, dass sie sich schließlich personaliter ebenso wie realiter übernimmt und nach der paraphrasierten Devise, dass viele Hunde des Bären Tod sind, der Übermacht der Nachbarn, die sich zusammenrotten, um sich den Unterdrücker und Ausbeuter vom Hals zu schaffen, erliegt.
Indem die siegreichen Nachbarn dem Land eine wenn auch durch Elemente einer konstitutionellen Beschränkung der königlichen Macht abgeschwächte Version der alten absolutistischen Herrschaft aufzwingen, zeigt sich der Versuch der revolutionsentsprungenen Republik, durch Militarisierung den Gefahren zu entrinnen beziehungsweise vorzubeugen, die der unter bourgeoiser Ägide entfesselte Kapitalisierungsprozess für die ihn politisch zu flankieren und zu befördern bestimmte parlamentarische Repräsentanz im Allgemeinen und die ihn zu decken und zu legitimieren dienenden zivilen Verfassungsprinzipien des Rechts auf privates Eigentum und des Anspruchs auf persönliche Vertragsfreiheit im Besonderen heraufbeschwört, auf der ganzen Linie gescheitert. Wenn man so will, findet sich die bürgerliche Gesellschaft politisch auf ihre vorrevolutionäre Ausgangslage zurückgeworfen und muss, will sie die damit aufgerissene Kluft zu ihrem mittlerweile erreichten ökonomischen Zustand schließen und wieder zu einer letzterem angemessen politischen Verfassung gelangen, nolens volens noch einmal Revolution machen, die freilich nach Maßgabe der abgeschwächten Form von absolutistischer Herrschaft, die es zu beseitigen gilt, bescheidener ausfallen und kursorischer vonstatten gehen kann als die erste.
Dass diese zweite Revolution ohne große Mühe, schon vergleichsweise bald nach der von den Nachbarn durchgesetzten Restauration der absolutistischen Herrschaft und quasi im kurzen Prozess gelingt, das garantiert eben der trotz restaurierter Herrschaft weiter voranschreitende und die ökonomische Macht der Bourgeoisie nur immer größer, ihre Schlüsselstellung in der gesellschaftlichen Reproduktion nur immer unanfechtbarer werden lassende Kapitalisierungsprozess! In einer stark vereinfachten und verkürzten Neuauflage der ersten Revolution zwingt mit Unterstützung der Volksmassen die gerade erst neu gewählte und vom König gleich wieder aufgelöste, weil aller staatlichen Kontrolle und Bevormundung zum Trotz die Interessen der Bourgeoisie und ihres mittelständischen Anhangs repräsentierende Abgeordnetenkammer die durch ihre reaktionären Erlasse und ihre Begünstigung der aristokratischen und klerikalen Gegner beziehungsweise Saboteure der bürgerlichen Ökonomie hoffnungslos diskreditierte restaurierte Herrschaft zur Abdankung und schafft damit die Voraussetzung zur Rückgewinnung der entscheidenden Errungenschaft der ersten Revolution, sprich, zur Wiederherstellung republikanischer Verhältnisse.
Freilich handelt sich die dank der ökonomischen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft quasi naturgemäß als politisch verlängerter Arm der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel die Macht übernehmende parlamentarische Repräsentanz damit auch wieder die oben geschilderten und langfristig oder auch auf kürzere Sicht sie und ihre politische Rolle beziehungsweise gar die ökonomische Stellung der gesellschaftlichen Gruppen, die sie vertritt und deren Interessen sie dient, bedrohenden Probleme ein: Sie übernimmt erneut die volle Verantwortung für die Wahrung beziehungsweise Durchsetzung jener teils der revolutionären Intention entsprungenen allgemeinen sozialen Prinzipien, teils aus der absolutistischen Tradition überkommenen zivilen Grundsätze, die das konstitutionelle Gerüst der in der Konsequenz der Abdankung des restaurierten falschen Souveräns wieder als der wahre Souverän restituierten bürgerlichen Gesellschaft, sprich, die sowohl die politischen Umgangsformen der letzteren strukturierende wie ihre ökonomische Verfahrensweise kodifizierende Verfassung bilden.
Was die revolutionsentsprungenen allgemeinen Vergesellschaftungsprinzipien angeht, so muss der mit Hilfestellung der Massen die bürgerliche Gesellschaft als Souverän restituierenden parlamentarischen Repräsentanz die Verantwortung für sie kein Kopfzerbrechen bereiten: Für die Überführung der revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien in zivile Sozialisierungsnormen, wie sie der ökonomische Prozess gleichermaßen erheischt und durch die ihm geschuldete Ungleichverteilung der politischen Macht ermöglicht, hat bereits im Wesentlichen die die Republik zum imperialistischen Ausbeuter umfunktionierende Napoleonische Militärdiktatur gesorgt. Was hingegen die überkommenen zivilen Konstitutiva des Rechts auf privates Eigentum und auf individuelle Vertragsfreiheit betrifft, so ist die Besorgnis umso größer: Hier lässt der allem restaurativ-reaktionären Intermezzo zum Trotz unbeirrt fortschreitende Kapitalisierungsprozess den geschilderten Mechanismus einer Unterminierung und Widerlegung jener Konstitutiva durch eben die ökonomische Praxis, die sie zu decken und zu legitimieren dienen, zunehmend virulenter und für die Kontinuität und Effektivität des Prozesses bedrohlicher werden.
Jene von der absolutistischen Herrschaft, die ihnen ihre abstrakte Geltung und universale Verbindlichkeit vindiziert hat, übernommenen zivilen Grundsätze, für deren Aufrechterhaltung und Akzeptanz der Wechsel in der Souveränität, die Ersetzung des usurpatorisch falschen, monarchischen Souveräns durch das demokratisch-wahre, souveräne Kollektiv ihr, der gewählten Repräsentantin des Kollektivs, die Verantwortung aufgebürdet hat, erscheinen der parlamentarischen Repräsentanz als eine Last, die im Dienste ihrer gesellschaftlichen Auftraggeberin, der Bourgeoisie, zu tragen, um nicht zu sagen, zu ertragen, ihr die gesellschaftliche Praxis ihrer Auftraggeberin immer saurer und beschwerlicher werden lässt, erscheinen ihr als ein ihr vom einstigen politischen Gegner hinterlassenes Danaergeschenk, das sie, da es ihrer Hand absehbar zu entgleiten und sich, einmal entschlüsselt und aufgebrochen, als die Büchse der Pandora zu erweisen droht, nur zu gerne wieder los wäre und dem Geber zurückgäbe.
In der Tat beginnt die parlamentarische Repräsentanz der als Souveränin restituierten bürgerlichen Gesellschaft angesichts der trüben Aussichten, die der höchst dynamische Widerspruch zwischen politischer Form und ökonomischem Inhalt, zwischen die Praxis legitimierendem Prinzip und das Prinzip ad absurdum führender Praxis für sie und ihre politische Zukunft bereit hält, mit nostalgischer Wehmut an die Zeiten zurückzudenken, da der absolutistische Monarch jene beiden, durch Abstraktion und Universalisierung den Bedürfnissen des produktiven Eigentums, des manufakturellen beziehungsweise industriellen Kapitals, angepassten zivilen Grundsätze mit Macht zur Geltung brachte und selbstherrlich aufrecht erhielt. In diesem Punkte verklärt sich ihr angesichts besagter trüber Zukunftsaussichten die absolutistische Vergangenheit zu einem versöhnlichen Prospekt und geradezu verlockenden Anblick.
Gewiss, in Hinsicht auf ihre Schattenseiten, ihre höfische Verschwendungssucht und ihr kriegerisches Abenteurertum, ihre aristokratische Klientelpolitik und nicht zuletzt ihre finanzpolitische Misswirtschaft erwies sich die absolutistische Herrschaft als allzu belastend und unerträglich genug, um den Wechsel in der Souveränität, sprich, ihre revolutionäre Absetzung und Substitution durch die sich als die wahre Souveränin etablierende bürgerliche Gesellschaft zur unabweislichen Notwendigkeit werden zu lassen. Wäre es freilich möglich gewesen, jene konstitutive politische Rolle der absolutistischen Herrschaft, ihre Funktion als gleichermaßen Kodifiziererin und Garantin der für die ökonomische Praxis der bürgerlichen Gesellschaft, den Kapitalisierungsprozess, unabdingbaren zivilen Grundsätze von diesen Schattenseiten, die die absolutistische Herrschaft quasi als erpresserischen Preis für ihre Kodifizierungs- und Garantieleistung hervorkehrte, zu trennen und den Monarchen auf eben jene politische Rolle einer Garantiemacht in Sachen Konstitution zu beschränken und zu vereidigen, die den Kapitalisierungsprozess tragende Bourgeoisie mitsamt ihrer mittelständischen Klientel hätte sich nichts Besseres wünschen können, weil ihr damit die revolutionär komplette Machtübernahme erspart geblieben wäre, die, ganz abgesehen von den Wirren und Irrwegen der Revolutionszeit selbst und deren imperialer Apotheose und Liquidation, ihr beziehungsweise ihrer politischen Repräsentanz am Ende nichts weiter beschert als eine politische Zuständigkeit und Verantwortung, die überzeugend wahrzunehmen und erfolgreich zu schultern die eigene ökonomische Praxis ihr auf lange oder gar kurze Sicht verwehrt, ihr früher oder später unmöglich macht.
Was Wunder, dass sie, die bourgeoise-mittelständische Kapitalfraktion, sich jetzt, da sie nach dem restaurativ-reaktionären Intermezzo an die Macht zurückkehrt und die von ihr gestellte politische Repräsentanz der restituierten Souveränin abermals und, entsprechend dem mittlerweile avancierten Kapitalisierungsprozess, in verschärfter Form mit jener letztlich nicht zu tragenden Zuständigkeit und Verantwortung konfrontiert beziehungsweise belastet – was Wunder, dass sie da also mit Wehmut zurückblickt auf die unwiederbringlich verlorene Option eines seiner Schattenseiten entkleideten und in ein reines Instrument zur Wahrung der zivilen Verfassung und Aufrechterhaltung einer letzterer gemäßen politisch-ökonomischen Ordnung transformierten monarchischen Regimes.
Indes, recht besehen und mit durch den Willen zur Sicherung der kapitalistischen Praxis geschärften Augen die Sache betrachtet, ist jetzt nicht nostalgische Wehmut, sondern energischer Wagemut am Platze. Jene Option als unwiederbringlich verloren zu bezeichnen, ist durchaus irreführend. So ließe sie sich ja nur charakterisieren, wenn sie damals, vor der Revolution, vorhanden und real gewesen wäre. Das aber verhinderten die damals vorhandenen und höchst realen Schattenseiten der absolutistischen Herrschaft, ihre hybride Selbstherrlichkeit, ständische Voreingenommenheit, finanzpolitische Unverantwortlichkeit. Eben dies lässt die vergangene Option nun ja auch zu Recht im Irrealis erscheinen, als ein durch die realen Schattenseiten der absolutistischen Herrschaft von aller Wirklichkeit unerreichbar getrenntes Gedankending. Um mehr als bloßes Gedankending, mehr als Möglichkeit im Stande ihrer unvermittelten Widerlegung durch die vorhandene Wirklichkeit sein zu können, bedurfte jene Option ja erst einmal der Aufhebung und Beseitigung eben dieser, sie im Irrealis verhaltenden, ins Wolkenkuckucksheim verweisenden Schattenseiten.
Und genau dafür hat die Revolution gesorgt! Sie hat mit den Schattenseiten des absolutistischen Regimes aufgeräumt und damit überhaupt erst den Grund für die Realisierbarkeit jener Option, will heißen, den Grund dafür gelegt, dass die Möglichkeit eines monarchischen Regimes ohne absolutistische Schattenseiten aufhört, bloßes, durch die Gegebenheiten ausgeschlossenes Gedankending zu sein, und zu einer mit den Gegebenheiten vereinbaren und durch entsprechendes Handeln, durch die Tat zu bewirkenden Wirklichkeit, dass also aus dem irrealen Gedankending eine optionale Tatsache wird.
Das Einzige, was es, um diese Option eines monarchischen Regimes ohne absolutistische Schattenseiten Tatsache werden zu lassen, braucht, ist die Bereitschaft des revolutionären Gemeinwesens, den Sturz der absolutistischen Herrschaft nicht zur reinen Negativität geraten zu lassen, sondern ihn als bestimmte Negation ins Werk zu setzen, metaphorisch ausgedrückt, nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten, sondern es vielmehr in trockene Tücher zu bringen, weniger metaphorisch gefasst, nach Beseitigung der widrigen Eigenschaften das Ding selbst festzuhalten, sprich, die ihrer Schattenseiten entkleidete absolutistische Herrschaft als das abstrakt monarchische Prinzip, auf das sie sich hiernach reduziert zeigt, nicht einfach fallen, sondern im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft sich wieder setzen und konkretisieren zu lassen, sie mit anderen Worten nach Maßgabe der ihr von der Kapitalfraktion und deren parlamentarischer Repräsentanz zugedachten konstitutionellen Aufgabe neu zu bestimmen und zu positionieren.
Allerdings setzt dies auf der Seite des seiner Eigenschaften entkleideten Dings, sprich, des von seinen Schattenseiten getrennten Monarchen die Bereitschaft voraus, diese Trennung geschehen und gelten zu lassen, was angesichts der Konkreszenz der absolutistischen Herrschaft, der Art und Weise, wie der absolutistische Herrscher mit seiner politischen Selbstherrlichkeit, seiner ständischen Überhebung und seiner ökonomischen Willkür im Laufe von knapp drei Jahrhunderten Machtübung verwachsen ist, keine Selbstverständlichkeit darstellt und im Gegenteil eher nicht zu erwarten steht. Dass die Trennung aber dennoch möglich und deshalb von der Kapitalfraktion des revolutionären Gemeinwesens beziehungsweise ihrer parlamentarischen Repräsentanz, die mit jener Option einer pro domo der bürgerlichen Gesellschaft funktionalisierten Monarchie liebäugeln, in der Tat nicht Wehmut, sondern Wagemut gefordert ist, beweist das Beispiel der insularen Nachbarin, die eben diese Reduktion und Neubestimmung der absolutistischen Herrschaft erfolgreich durchgesetzt hat und mit dem Ergebnis einer konstitutionellen Monarchie hat Wirklichkeit werden lassen.
So sehr die britische Monarchie, systematisch-staatspolitisch betrachtet, der Kapitalfraktion des revolutionären Gemeinwesens und ihrer mittelständischen Klientel bei deren gleich zu Anfang des Revolutionsprozesses unternommenem Versuch, jene Option einer gesellschaftlichen Reduktion und bürgerlichen Neubestimmung der absolutistischen Herrschaft wahrzunehmen, als Vorbild und Ermutigung dient, so sehr erweist sie sich freilich empirisch-machtpolitisch als entscheidendes Hindernis und für den Misserfolg des frühen Versuchs maßgeblich verantwortlicher Faktor. Sie nämlich ist es, die aus Gründen ihres handels-, kolonial- und militärpolitischen, kurz, machtstrategischen Konkurrenzverhältnisses zur führenden Nation auf dem europäischen Kontinent und im Interesse der Aufrechterhaltung eines kontinentalen Gleichgewichts der Kräfte, das einem Lähmungszustand nahe und von daher ihrer ungehinderten Entfaltung auf dem Weltmarkt zupass kommt, dem revolutionären Aufbruch des benachbarten Gemeinwesens zutiefst ablehnend begegnet und damit aber die gestürzte absolutistische Herrschaft zum Widerstand ermutigt und dazu anstachelt, sich der Kooperation mit dem neuen bürgerlichen Regime sei's aktiv, durch Sabotage der von ihm der Monarchie zugedachten neuen verfassungsmäßigen Rolle, sei's passiv, durch einen auf den verfassungsfeindlichen Kampf gegen das bürgerliche Regime von draußen zielenden Fluchtversuch zu verweigern.
Und sie, die britische Monarchie, die, systematisch-staatspolitisch betrachtet, der von der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel von Anfang an bevorzugten Umfunktionierung der absolutistischen Herrschaft in eine konstitutionelle Monarchie eigentlich als Vorbild dienen müsste, trägt also, empirisch-machtpolitisch gesehen, indirekt die Schuld daran, dass jene Trennung der absolutistischen Herrschaft von ihren Schattenseiten und ihre Vereidigung auf die Rolle einer der neuen Souveränin, der bürgerlichen Gesellschaft, die Stange haltenden, sprich, die Verfassung sichernden Monarchie nicht gelingt und dass vielmehr die Kräfte im Land, die für eine Republik votieren oder gar einer egalitären Demokratie das Wort reden, die Oberhand gewinnen und tatsächlich das Kind mit dem Bade ausschütten, sprich, die absolutistische Herrschaft leibhaftig abschaffen, sie mitsamt ihren Eigenschaften als Ding liquidieren und durch ein nach der radikaldemokratischen Selbstzerfleischung der jakobinischen Schreckensherrschaft sich konsolidierendes und dank der fundamentalen ökonomischen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft zugunsten der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel funktionierendes repräsentativ-parlamentarisches Staatssystem ersetzen.
Dieses System aber führt, weil es der als Interessenvertretung der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel wirksamen parlamentarischen Repräsentanz die Verantwortung für eine gesellschaftliche Verfassung aufbürdet, die zugleich die ökonomische Praxis der Kapitalfraktion alles daransetzt, zu unterminieren und ad absurdum zu führen, und weil, wie gezeigt, die parlamentarische Repräsentanz den daraus zwangsläufig resultierenden ökonomischen Krisen und politischen Konflikten durch die Militarisierung der Republik zu begegnen beziehungsweise vorzubeugen sucht, in die Sackgasse des napoleonischen Kaiserreichs, das sich nur kraft einer permanenten Mobilmachung und eines fortlaufenden Kriegszustandes zu behaupten und zu reaffirmieren und nur auf Kosten der Nachbarstaaten, mittels ihrer Okkupation und requisitorischen beziehungsweise konfiskatorischen Ausplünderung, zu unterhalten und zu alimentieren vermag und dem am Ende die reale Überforderung und personale Überbeanspruchung, auf die die ständige Mobilmachung und der unaufhörliche Kriegszustand zwangsläufig hinauslaufen, den Garaus macht.
Das restaurative monarchische Regime, das die Sieger dem besiegten Land aufzwingen, kommt pro forma der konstitutionellen, in einem Zweikammersystem sich manifestierenden Elemente, die es in Anerkennung der tatsächlichen gesellschaftlichen Machtverhältnisse aufweist, dem Bedürfnis der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel nach einem ihre parlamentarische Repräsentanz von der undankbaren und in der Tat auf Dauer untragbaren Aufgabe einer Aufrechterhaltung der konstitutionellen Prinzipien des uneingeschränkten Rechts auf privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit entlastenden Verfassungshüter durchaus nahe und ist insofern geeignet, die Zustimmung und Unterstützung jener kraft der parlamentarischen Repräsentanz, die sie stellen beziehungsweise dominieren, staatstragenden Gruppen zu finden. Indes, abgesehen davon, dass es keine von der bürgerlichen Gesellschaft selbst gesetzte, sondern ihr vielmehr von den Siegermächten aufgesetzte Institution ist, erweist sich dieses restaurative Regime in Verkennung der mittlerweile tatsächlich herrschenden gesellschaftlichen Machtverhältnisse und im Vertrauen auf seine Unterstützung durch die Nachbarn als hybrid genug, um absolutistische Allüren hervorzukehren und sich zugunsten der reaktionären Ansprüche seiner unmittelbaren aristokratischen und klerikalen Anhängerschaft über die Interessen der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel hinwegzusetzen und mit der Konstitution, zu deren Wahrung es sich formell verpflichtet hat, reell Schindluder zu treiben.
Damit indes erschöpft es die Langmut der ihr anfangs durchaus abwartend, wo nicht gar entgegenkommend begegnenden Kapitalfraktion beziehungsweise der parlamentarischen Repräsentanz, die von letzterer dominiert wird, und zwingt sie zu jener neuerlichen revolutionären Erhebung, bei der ihr wie bei der vier Jahrzehnte zurückliegenden ersten Revolution die durch eine kapitalistische Ökonomie, deren Auswirkungen sich ohne Weiteres der monarchistischen Politik zur Last legen lassen, in Harnisch gebrachte Volksmasse sekundiert und die dank der mittlerweile herrschenden tatsächlichen Machtverhältnisse weit problemloser und wirksamer über die Bühne geht und einen weit rascheren Erfolg zeitigt als beim ersten Mal.
Die absolutistische Herrschaft hat ihre alte Widerstandskraft und Borniertheit mittlerweile verloren und ist bereit für die ihr von der Bourgeoisie und ihrer mittelständischen Klientel zugedachte Rolle der Verfassungshüterin. Die Übertragung der Verantwortung für die Verfassung vollzieht sich in Form einer regelrechten Abtretung der Zuständigkeit, die ihren Ausdruck in der Erblichkeit der Monarchie findet. Die Souveränin, als deren unmittelbarer Sachwalter der Monarch figuriert, ist die bürgerliche Gesellschaft nicht in ihrer empirisch realisierten Gestalt, sondern in ihrer systematisch projektierten Form. Neben seiner konstitutiv-affirmativen Rolle als Verfassungshüter erfüllt der Monarch die reaktiv-repressive Funktion eines Verfassungsschützers und die regulativ-korrektive Aufgabe eines Verfassungsrichters.
Der Eindruck freilich, dass sie so wieder an den Anfang zurückgekehrt ist, dass sie am gleichen Punkte steht wie damals, trügt! Neu an der Situation nämlich ist, dass der zum zweiten Male gestürzten Monarchie und ihrem Anhang die frühere Widerstandskraft und Bornierung auf ihre aus Sicht der bürgerlichen Gesellschaft als Schattenseiten apostrophierten absolutistischen Eigenmächtigkeiten und Eskapaden nachgerade ausgetrieben sind und dass deshalb die Kapitalfraktion und ihre mittelständische Klientel endlich die Chance erhalten und freie Hand haben, ihr zum Zwecke der Entlastung ihrer parlamentarischen Repräsentanz von der Aufgabe, eine Verfassung zu hüten, die sich just von ihr am Schlechtesten hüten lässt, von Anfang an verfolgtes Projekt einer Rekrutierung der alten, als absolutistische Macht gestürzten Herrschaft für eben jene Rolle einer Hüterin der Verfassung in die Tat umzusetzen.
Und weit entfernt davon, eine Wiederherstellung der Republik nach früherem Muster auch nur in Betracht zu ziehen, nutzen jetzt die Kapitalfraktion und ihre mittelständische Klientel diese sich ihnen bietende Chance und etablieren in der Person eines quasi handverlesenen, sprich, freihändig von ihnen bestellten Mitglieds der königlichen Familie das von seinen traditionellen Eigenschaften getrennte Ding, das von seinen Schattenseiten befreite monarchische Prinzip in der ihm von ihnen zugedachten neuen Funktion eines politischen Garanten der von ihrer eigenen politischen Repräsentanz, dem Parlament, auf Dauer oder im ökonomischen Krisenfall auch kurzfristig nicht zu garantierenden Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft.
Die alte, monarchische Herrschaft, die sich dem Ansinnen der Kapitalfraktion und ihres mittelständischen Anhangs, der als neue Souveränin firmierenden bürgerlichen Gesellschaft als konstitutioneller Faktor zu dienen, erst einmal widersetzte beziehungsweise verweigerte und die ihnen dann von den Siegermächten als ohne ihr Zutun restaurierte Einrichtung vorgesetzt wurde, sie nehmen sie jetzt als freihändig eigene Setzung in Dienst und Gebrauch und übertragen ihr die Wahrung und Verteidigung der das bürgerliche Gemeinwesen definierenden Verfassung. Sie, die einst den Anspruch auf absolutistische Souveränität erhob und die von der revolutionären Bewegung der bürgerlichen Gesellschaft als Usurpatorin entlarvt und durch die sich zur Souveränin deklarierende bürgerliche Gesellschaft selbst entmachtet und ersetzt wurde, sie findet sich jetzt durch die Erben der revolutionären Bewegung gewissermaßen rehabilitiert und beileibe zwar nicht in der einst von ihr arrogierten Rolle der absolutistischen Souveränin, immerhin aber in der Funktion einer ersten Dienerin und unmittelbaren Sachwalterin der neuen, bürgerlichen Souveränin wieder ins Spiel gebracht und ins Amt gehoben.
Wohlgemerkt, nicht als die alte Souveränin, sondern als Dienerin und Sachwalterin der neuen Souveränin kehrt die zum konstitutionellen Faktor, zur Verfassungshüterin mutierte frühere Herrschaft ins Amt zurück. Allerdings ist, wie die Attribution der Erstrangigkeit und Unmittelbarkeit bereits impliziert, ihre Dienerschaft und Sachwaltung von besonderer Art und Provenienz. Wieder ins Spiel und zurück ins Amt gebracht und mit der Aufgabe der Verfassungshüterin betraut wird der Monarch durch die gewählte Vertreterin der bürgerlichen Souveränin, die parlamentarische Repräsentanz. Weil es aber, wie oben erläutert, wesentlich darum geht, die in den Händen eben dieser parlamentarischen Repräsentanz, deren Auftraggeber durch ihre ökonomische Praxis die Verfassung ad absurdum führen, denkbar schlecht aufgehobenen Prinzipien der Verfassung dem Zugriff der bürgerlichen Gesellschaft und den Fährnissen ihrer durch jene ökonomische Praxis heraufbeschworenen sozialen Krisen und politischen Konflikte ein für alle Mal zu entrücken, vollzieht die parlamentarische Repräsentanz die relative Betrauung als vielmehr eine absolute Bevollmächtigung, überträgt sie der Monarchie die Verantwortung für die Verfassung im Sinne einer veritablen Abtretung der Verantwortung.
Uno actu ihrer Wiedereinsetzung als Hüterin der Verfassung enthebt die parlamentarische Repräsentanz die Monarchie der parlamentarischen Verfügungsgewalt und Kontrolle und setzt sie als eine unmittelbar der Souveränin zugeordnete, einzig der bürgerlichen Gesellschaft als solcher rechenschaftspflichtige und als ein der Konstitution der letzteren eingeborener Faktor mit ihr gleichursprüngliche Instanz. Gleichermaßen praktischer und symbolischer Ausdruck dieser ebenso unmittelbaren wie einzigartigen Teilhabe an der Souveränität, die als der parlamentarischen Verfügung und Kontrolle überhobene und mit der Wahrung der Konstitution des Gemeinwesens betraute Beschließerin und Sachwalterin der als die Souveränin firmierenden bürgerlichen Gesellschaft die von deren parlamentarischer Repräsentanz nach ihrer Absetzung wieder eingesetzte und als konstitutionell rehabilitierte Monarchie genießt, ist die beibehaltene Erblichkeit ihres Amtes, dies, dass sie, einmal gekürt, sich mit der Selbstverständlichkeit und Naturgegebenheit biologischer Fortpflanzung zu behaupten vermag.
So also gelingt es der von der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel dominierten parlamentarischen Repräsentanz, sich der auf Dauer, wo nicht gar auf kurze Frist untragbaren Aufgabe einer Bewahrung und Verteidigung der Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft im Allgemeinen und ihrer zivilen Grundlagen im Besonderen zu entledigen und diese Aufgabe dem in der Funktion eines als unmittelbarer Faktor der bürgerlichen Gesellschaft, sprich, als quasi persönlicher Assistent der Souveränin retablierten Monarchen zu übertragen. Dabei besteht der entscheidende Trick beziehungsweise Clou dieser Übertragung der Verantwortung und vielmehr Abtretung der Zuständigkeit darin, dass die dem Monarchen eingeräumte unmittelbare Sachwaltung oder persönliche Assistentur sich nicht auf die bürgerliche Gesellschaft in ihrer empirisch gegebenen Gestalt, sondern in ihrer systematisch gesetzten Form bezieht, will heißen, nicht der Souveränin als sozialer Realität, sondern ihr als idealer Projektion gilt.
Als empirisch präsente, klassengesellschaftlich gegebene Realität ist die Souveränin ja einzig und allein entscheidungs- und handlungsfähig in Gestalt der von ihr gewählten, von ihr mit der Generalprokura des Gemeinwesens betrauten parlamentarischen Repräsentanz, und so gewiss diese die als Verfassungshüterin restituierte Monarchie als der parlamentarischen Verfügung entzogenen und überhobenen Faktor setzt, so gewiss entzieht und überhebt sie letztere damit auch der Entscheidung und dem Zugriff jener durch sie, die parlamentarische Repräsentanz, repräsentierten klassengesellschaftlich realen Souveränin. Ausschließlich dienstbar und unmittelbar verantwortlich ist die von der parlamentarischen Repräsentanz der bürgerlichen Gesellschaft refunktionalisierte, als ein konstitutioneller Faktor der neuen Souveränin rehabilitierte Monarchie eben nicht der Souveränin als klassengesellschaftlich empirischem Faktum, sondern ihr als bürgergemeinschaftlich systematischem Verum, nicht ihr in ihrer gegebenen Realität, sondern ihr als projektiver Setzung.
Eben dies, dass die Monarchie, einmal gesetzt beziehungsweise restituiert, als eine ihre empirische Herkunft revozierende, ihre Einsetzung durch die parlamentarische Repräsentanz der realen Souveränin verleugnende eingeborene Kreatur der idealen Souveränin, als, wenn man so will, die Emanation einer Projektion, der gute beziehungsweise böse Geist eines Gespenstes figuriert, verleiht ihr ihre im Sinne der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel wohlverstandene politische Nützlichkeit. So gewiss der Monarch selbst der Verfügung und Kontrolle der parlamentarischen Repräsentanz und der durch sie repräsentierten klassengesellschaftlich realen Souveränin entzogen und überhoben ist, so gewiss entzieht und überhebt er auch die auf Sozialisierungsnormen reduzierten revolutionären und die vom Absolutismus übernommenen zivilen Verfassungsprinzipien, mit deren Wahrung er betraut ist, aller demokratisch beziehungsweise republikanisch funktionierenden Verfügung und Kontrolle und verleiht ihnen die Unanfechtbarkeit beziehungsweise Unantastbarkeit einer der idealen Souveränin als ihr natürliches Wesen eigenen und von ihm, ihrem eingeborenen Faktor, hochgehaltenen Konstitution. Wie er diese Verfassung gegen die wechselnden Machtkonstellationen verteidigen kann und muss, in denen die parlamentarische Repräsentanz der realen Souveränin, der empirisch gegebenen Klassengesellschaft, erscheint, so kann und muss er sie im Namen der idealen Souveränin, der systematisch gesetzten Bürgergemeinschaft, gegebenenfalls auch gegen die reale Souveränin, die in ihrer klassengesellschaftlichen Realität von Zerfall und Auflösung beziehungsweise Spaltung und Streit bedrohte bürgerliche Gesellschaft, in Schutz nehmen und festhalten.
Die Übertragung oder vielmehr Abtretung der Verantwortung für die republikanische Verfassung im Allgemeinen und ihre zivilen Prinzipien im Besonderen an die als Hüterin der Verfassung restituierte Monarchie zahlt sich für die parlamentarische Repräsentanz gleich in mehrfacher Hinsicht aus. Erstens gewinnt dadurch das Eintreten für die Verfassung und das Festhalten an ihr unter den Bedingungen einer ökonomischen Praxis, der sie als Deckung dienen soll und die doch alles daran setzt, sie als bloße Camouflage zu dekuvrieren, definitiv an Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit. Schließlich ist die parlamentarische Repräsentanz, die ja die Interessen derjenigen gesellschaftlichen Gruppen vertritt, deren ökonomische Praxis die Verfassung zu decken dient, denkbar ungeeignet, sich in dem Maße, wie jene ökonomische Praxis diese ihre Deckung als bloßes Alibi dekuvriert und ad absurdum führt, als Hüterin und Beschützerin der letzteren aufzuspielen. Wenn sie gegen den durch das Tun der eigenen gesellschaftlichen Auftraggeber erbrachten Nachweis der Unwahrheit und Revisionsbedürftigkeit zentraler Verfassungsprinzipien auf deren Unveränderlichkeit und Sakrosanktheit pocht, macht sie sich, unschwer erkennbar, der Scheinheiligkeit beziehungsweise des offenen Lobbyismus schuldig.
Nicht so der Monarch! Kraft der ihm eingeräumten Unabhängigkeit von der parlamentarischen Repräsentanz und der durch sie repräsentierten realen Souveränin, der bürgerlichen Gesellschaft, und seiner ebenso exklusiven wie unmittelbaren Verbundenheit mit der als Gemeinschaft aller Bürger projizierten idealen Souveränin schafft er durch seine Existenz einen Abstand zwischen Kodex und Praxis, Wort und Tat, einen Hiatus zwischen Sein und Sollen, zwischen ökonomischer Realität und politischem Ideal, der es erlaubt oder gar dazu antreibt, die Widerlegung des Sollens durch das Sein, die Entlarvung des politischen Ideals durch die ökonomische Praxis, statt als Offenbarungseid des Sollens und als klaren Beweis dafür wahrzunehmen, dass das Ideal nichts weiter darstellt als eine Deckadresse oder ideologische Rechtfertigung der mit ihm Schindluder treibenden Realität, vielmehr bloß als Armutszeugnis des Seins, als Zeugnis seiner Unvollkommenheit, sprich, als ein Indiz dafür gelten zu lassen, dass die ökonomische Realität wegen der moralischen Schwäche, der Selbstsucht oder der kriminellen Energie derjenigen, die sie gestalten, zu Auswüchsen oder Missbräuchen neigt, die zwar im Widerspruch zum politischen Ideal stehen und es in Frage stellen, die aber eben insofern, als es sich bei ihnen um bloße, der empirischen Realität geschuldete Auswüchse oder Missbräuche handelt und nicht etwa um von ihm, dem politischen Ideal, gerechtfertigte systematische Implikationen und konsequente Anwendungen, es als solches nicht zu kompromittieren und Lügen zu strafen vermögen.
Die parlamentarische Repräsentanz der bürgerlichen Gesellschaft, die ja als Repräsentantin der realen Souveränin für die ökonomische Realität einsteht, die das zu ihrer Rechtfertigung bestimmte politische Ideal de facto ihrer Dynamik Lügen straft, könnte durch ihr aller empirischen Evidenz trotzendes, durch nichts zu beirrendes Festhalten am politischen Ideal gar nicht verfehlen, sich als an eben jener ökonomischen Realität um jeden Preis interessierte Partei zu dekuvrieren und mithin das von ihr eisern festgehaltene politische Ideal als die Lüge erkennbar werden zu lassen, die allein dem Zweck dient, die von ihm, dem politischen Ideal, gedeckte und aber in Wahrheit es ad absurdum führende ökonomische Realität unverändert zu legitimieren und zu kontinuieren.
Der Monarch hingegen, der pro forma seiner unmittelbar gesetzten Beziehung zur idealen Souveränin und seines von ihr ihm verliehenen beziehungsweise garantierten Amtes als Verfassungshüter mit der realen Souveränin und ihrer ökonomischen Realität nichts zu schaffen hat, kann die Lüge, das die ökonomische Realität zu decken bestimmte politische Ideal, die Enteignung und Ausbeutung legitimierenden Grundrechte auf Privateigentum und persönliche Vertragsfreiheit, kurz, die zivile Verfassung, als die lautere, durch nichts von dem, was sie ermöglicht und deckt, zu kompromittierende Wahrheit und Wirklichkeit behaupten und kann die per ökonomische Realität gegen das politische Ideal erhobene Feststellungsklage beziehungsweise das per erstere gegen letzteres angestrengte Insolvenzverfahren sei's als eine durch die ökonomische Realität selbst unmöglich zu belegende Unterstellung kurzerhand abweisen, sei's als eine Anzeige zur Kenntnis nehmen, die höchstens und nur auf die ökonomische Realität selbst zurückfällt und nämlich die für sie Verantwortlichen mit dem Vorwurf eines missbräuchlichen beziehungsweise widernatürlichen Umspringens mit dem politischen Ideal, sprich, eines aus Unmoral, Selbstsucht oder krimineller Energie begangenen Verstoßes, Vergehens oder Verbrechens gegen das Ideal belastet.
In dem Maße, wie der als Hüter der Verfassung etablierte Monarch letztere kraft seiner Intimbeziehung zum projektiven Selbstbild der bürgerlichen Gesellschaft über allen Verdacht, deren ökonomischer Praxis als Alibi beziehungsweise Rationalisierung zu dienen, erhebt und als ein politisches Ideal gutsagt, das nicht etwa den finsteren Absichten der klassengesellschaftlich realen, sondern dem reinen Herzen der bürgergemeinschaftlich idealen Souveränin entspringt, verliert die ökonomische Realität oder gesellschaftliche Praxis ihre Kapazität, die politische Konstitution oder gemeinschaftliche Ordnung zu kompromittieren und zu widerlegen, und taugt höchstens noch dazu, sie herauszufordern und zu inkommodieren.
Die konstitutiv-affirmative Rolle, die der Monarch dank seiner Intimbeziehung zur bürgergemeinschaftlich idealen Souveränin demnach spielt, wird zweitens komplettiert durch die reaktiv-repressive Funktion, zu der er sich in der unmittelbaren Konsequenz seines Rollenspiels gehalten findet. Eben weil er als Vertrauter oder Gespons, um nicht zu sagen Gspusi, der idealen Souveränin die Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft gutsagt und über allen Verdacht, der realen Souveränin als Deckadresse oder Alibi für ihre ökonomische Praxis zu dienen, erhebt, muss er auf jeden Versuch, auf diesem funktionellen Zusammenhang, dieser Kollaboration zwischen ökonomischer Praxis und Konstitution zu bestehen und der letzteren einen Strick daraus zu drehen, sie wegen der Deckung, die sie der ökonomischen Praxis als Kollaborateurin gewährt, zur Verantwortung zu ziehen, nicht nur allergisch reagieren, sondern muss sich solchem Versuch mit Macht – mit der militärischen und polizeilichen Macht, die ihm hierfür die bürgerliche Repräsentanz in weiser Voraussicht einräumt und zur Verfügung stellt – widersetzen.
Tatsächlich sind es in erster Linie solche Versuche, die Verfassung für die ökonomische Praxis haftbar zu machen, ihr den Persilschein, den der Monarch ihr kraft Amtes ausstellt, zu entreißen, und höchstens und nur in zweiter Linie die Verstöße gegen die Verfassung, die die ökonomische Praxis begeht und die den Anstoß geben, sie der Verfassung selbst beziehungsweise ihrer Alibifunktion zur Last zu legen – tatsächlich also sind es primär jene gesellschaftskritischen Versuche und nicht diese wirtschaftspraktischen Verstöße, worauf der Monarch mit gesammelter militärischer beziehungsweise polizeilicher Macht und den ihr entspringenden repressiven Maßnahmen reagiert. Und das zu Recht oder jedenfalls mit Grund! Schließlich fordern jene ökonomischen Praktiken, die sub specie der vom Monarchen gutgesagten Verfassung als bloße Auswüchse oder Missbräuche erscheinen, die verfassungsmäßige Ordnung nur heraus beziehungsweise widersprechen ihr, wohingegen eine Kritik, die in jenen ökonomischen Praktiken vielmehr die äußerste Konsequenz einer durch die Verfassung ermöglichten, wo nicht gar begünstigten Normalität und mithin aber die Bankrotterklärung der Verfassung selbst erkennt, die verfassungsmäßige Ordnung in toto an den Pranger stellt und ihr als solcher den Prozess macht.
Wenn und sofern die ökonomische Praxis als das Tun anderer gesellschaftlicher Gruppen nicht in die Verantwortung des als Verfassungshüter etablierten Monarchen fällt, lässt sie sich auch nicht der von ihm gutgesagten politischen Ordnung als solcher anlasten und kann gegebenenfalls als spezielles Vergehen gegen letztere erscheinen, unter keinen Umständen aber als sie generell kompromittierende Konsequenz aus ihr gelten. Eben deshalb freilich muss jeder Versuch, die durch den Monarchen der Verantwortung für die Machenschaften der klassengesellschaftlich realen Souveränin entrückte und zum sakrosankten Bestand der bürgergemeinschaftlich idealen Souveränin erhobene politische Ordnung dieser ihrer Entrückung und Erhabenheit zu entreißen und als durchaus mit ihr befassten Akteur beziehungsweise in sie verstrickten Faktor dingfest zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen, dem Monarchen und der ihn um ihrer konstitutionellen Entlastung und Absicherung willen etablierenden parlamentarischen Repräsentanz als ineins Hochverrat und Majestätsbeleidigung, als diametraler Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung und Kriegserklärung an den die verfassungsmäßige Ordnung gutsagenden Monarchen, kurz, als Kapitalverbrechen in jedem nur denkbaren Sinne gelten und dementsprechend vom Monarchen mit aller ihm zum Schutz der Ordnung verfügbaren Macht verfolgt und geahndet werden.
Aber auch wenn, so gesehen, mit gutem oder jedenfalls einsichtigem Grund politische Kritik an der verfassungsmäßigen Ordnung und der Versuch, sie außer Kraft zu setzen beziehungsweise zu verändern, ungleich schwerer wiegen als ökonomische Verstöße gegen sie und die Tendenz, sie zu missbrauchen, und nach einer entsprechend entschiedenen Reaktion und nachdrücklichen Repression des mit der Wahrung der Ordnung Betrauten, des Monarchen, verlangen, völlig gleichgültig können und dürfen ihn die ökonomischen Verstöße gegen die politische Ordnung doch nicht lassen. Eben weil er so entschieden gegen jeden Versuch vorgehen und vom Leder ziehen muss, die letzteren als bloße Verstöße zu dementieren und sie vielmehr als Vorweis und Ausdruck der durch die politische Ordnung gedeckten ökonomischen Normalität zu identifizieren, muss er dort, wo sie gar zu eklatant die politische Ordnung ad absurdum führen und also ihre eigene Deckung auffliegen lassen, korrigierend beziehungsweise mäßigend eingreifen und das Symptom für die wildwüchsig kapitale Krankheit, die unter der Oberfläche des konstitutionell geordneten Lebens tobt, behandeln und nach Möglichkeit aus der Welt schaffen.
Zusätzlich zu der an ihn abgetretenen konstitutiv-affirmativen Rolle als Verfassungshüter und der ihm überlassenen reaktiv-repressiven Funktion eines Verteidigers der verfassungsmäßigen Ordnung übernimmt der Monarch demnach drittens die regulativ-korrektive Aufgabe, in Fällen, in denen zu Auswüchsen und Missbräuchen erklärte Erscheinungen der durch die politische Ordnung gedeckten ökonomischen Praxis die Ordnung gar zu offensichtlich systematisch kompromittieren und praktisch unterminieren, eben diese Erscheinungen durch staatliche Einflussnahme zu regulieren oder notfalls sogar mit gesetzlichen Mitteln zu unterbinden. Diese regulativ-korrektive Aufgabe, die der Monarch übernimmt, bleibt übrigens nicht auf den negativen Aspekt beschränkt, die zivilen Verfassungsnormen vor ihrer Kompromittierung und Diskreditierung durch die ökonomische Praxis zu bewahren, sondern schließt auch das oben erwähnte positive Anliegen ein, den auf Sozialisierungsnormen reduzierten revolutionären Verfassungsprinzipien nach Maßgabe der Anforderungen der als Kapitalisierungsprozess fortschreitenden ökonomischen Praxis zum Durchbruch zu verhelfen und Geltung zu verschaffen.
Zur dreifachen Nützlichkeit, die die Monarchie als Hüterin der bürgerlichen Verfassung beweist, kommt noch ihre rekonziliativ-integrative Leistung hinzu. Solange die parlamentarische Repräsentanz die Etathoheit behält und die Monarchie an der Leine ihrer finanziellen Bedürfnisse führen kann, fällt die Einbuße an politisch-bürokratischer Macht und militärisch-polizeilicher Gewalt, die ihr die Retablierung der Monarchie beschert, nicht allzu sehr ins Gewicht. Im Unterschied zur absolutistischen Herrschaft ist die konstitutionelle Monarchie keine der bürgerlichen Gesellschaft historisch vorausgesetzte und von ihr politisch integrierte Institution mehr, sondern bloß noch eine von ihr systematisch gesetzte und strategisch exponierte Instanz. Der konstitutionelle Monarch ist kein Zivilisationsheros, kein transzendentaler Verfassungsgeber mehr, sondern bloß noch ein als Verfassungs- und Ordnungshüter angestellter Nachtwächter. Bis auf wenige Intellektuellengruppen, die zudem noch in ihren republikanischen beziehungsweise frühsozialistischen Überzeugungen durch ökonomische Blindheit beziehungsweise Regressivität gehandikapt sind, entscheidet sich deshalb die bürgerliche Klasse geschlossen gegen die Republik und für die Monarchie.
Durch alle drei genannten Obliegenheiten, seine Rolle als konstitutiv-affirmativer Verfassungshüter, seine Funktion als reaktiv-repressiver Verfassungsschützer und seine Aufgabe als regulativ-korrektiver Verfassungsrichter, beweist der als Intimus der bürgergemeinschaftlich idealen Souveränin von der parlamentarischen Repräsentanz der klassengesellschaftlich realen Souveränin ebenso sehr frei- wie eingesetzte Monarch der parlamentarischen Repräsentanz und ihren gesellschaftlichen Auftraggebern, der Kapitalfraktion und deren mittelständischer Klientel, seine Nützlichkeit, um nicht zu sagen Unentbehrlichkeit. Sie, die parlamentarische Repräsentanz der klassengesellschaftlich realen Souveränin, die als politische Sekundantin beziehungsweise Lobbyistin der qua Kapitalisierungsprozess perennierenden ökonomischen Praxis erstens zu kompromittiert, zweitens zu dissoziiert und drittens zu korrumpiert ist, um die von letzterer ebenso unaufhaltsam als Deckadresse entlarvte wie unentwegt als Rechtfertigungsgrund benötigte Verfassung glaubhaft vertreten, wirksam verteidigen und mit Augenmaß implementieren zu können, findet im als Intimus der idealen Souveränin firmierenden Monarchen die nicht minder ideale Instanz, um ihr jene von ihr selbst nicht zu bewältigenden Obliegenheiten abzunehmen und an ihrer Statt zu erfüllen.
Damit aber nicht genug, kommt als nicht zu verachtender Bonus schließlich noch die rekonziliativ-integrative Leistung hinzu, die die als konstitutionelle Monarchie retablierte alte Herrschaft eben deshalb, weil es sich bei ihr um die in ein tragendes Element der neuen, parlamentarisch-demokratischen Ordnung umfunktionierte alte, absolutistisch-ständische Herrschaft handelt, vollbringt. So gewiss hierbei die letztere selbst der Ächtung und Ausgrenzung, der sie kraft Revolution verfallen ist, entrissen und als konstitutionelle Monarchie dem neuen, parlamentarischen System redintegriert wird, so gewiss bietet sich damit auch all den aristokratischen, klerikalen und vorbürgerlichem Traditionalismus verhafteten vornehmlich agrarischen Gruppen und Kommunen, all den loyalistischen Teilen der Bevölkerung also, die dem Ancien Régime real zu nahe standen beziehungsweise sich emotional zu eng verbunden fühlten, um sich von ihm distanzieren und lösen zu können oder auch zu wollen, und die deshalb dem gleichen Schicksal gesellschaftlicher Ächtung und Ausgrenzung verfielen – so gewiss bietet sich ihnen allen die Chance, dem Beispiel ihrer Herrschaft zu folgen, es dem Objekt ihrer zwangsläufigen beziehungsweise freiwilligen Loyalität nachzutun und mit dem neuen parlamentarisch-demokratischen System ihren Frieden zu machen.
Die durch die Revolution aufgerissene politische Kluft zwischen ökonomisch fundierter Klassengesellschaft und den gesellschaftlichen Gruppen, die aufgrund ihrer dem Absolutismus allzu verhafteten korporativen Formation oder ständischen Tradition aus letzterer herausfallen und als Überbleibsel oder Restbestände des absolutistischen Herrschaftssystems im neuen, klassengesellschaftlichen Kontext eine ebenso strukturell entwurzelte wie funktionell erratische Figur machen – diese Kluft gewinnt durch die Redintegration der alten Herrschaft in die neue Gesellschaft Zeit und Gelegenheit, nicht zwar zu heilen und sich zu schließen, wohl aber in dem Maße sich zu erledigen und zu verschwinden, wie jene kommunalen Korporationen und ständischen Gruppen es ihrem einstigen Oberhaupt nachtun und mittels Anpassung oder Umfunktionierung in der bürgerlichen Klassengesellschaft Fuß fassen und aufgehen.
Gleichermaßen als Verfassungshüterin und als integrativer Faktor leistet also die konstitutionelle Monarchie der die bürgerliche Gesellschaft dominierenden Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel wertvolle Dienste, die ohne Weiteres erklären, warum die jenen Gruppen zugetane und verpflichtete parlamentarische Repräsentanz in dem Augenblick, in dem sie nach dem Sturz des dem Land in Reaktion auf seine militärdiktatorisch-imperialen Exzesse von den Nachbarn oktroyierten Regimes restaurativen Gepräges in Sachen Staatsform erneut die Wahl hat, sich gegen das – aller republikanischen Gewichtung unbeschadet – uneingeschränkt repräsentativ-parlamentarische Regierungssystem und für eine Teilung der von der Souveränin, der bürgerlichen Gesellschaft, verliehenen Macht zwischen Parlament und Monarch, periodisch gewählter Legislative und hereditär gesetztem Konstitutiv, entscheidet.
Als Intimus der bürgergemeinschaftlich idealen Souveränin, der, gemäß der an ihn abgetretenen Rolle als Hüter und Verteidiger der Verfassung, in allen letztere betreffenden staatlichen Angelegenheiten (und welche Staatsangelegenheiten tangierten wohl nicht in der einen oder anderen Hinsicht die Verfassung?) ein Mitsprache- beziehungsweise Einspruchsrecht beanspruchen, sprich, bei praktisch allen gesetzgeberischen Initiativen und verwaltungstechnischen Direktiven sei's als Motivator, sei's als Zensor tätig werden kann, dessen Teilhabe an der exekutiven Gewalt darin Ausdruck findet, dass ihm bei der Regierungsbildung und der Besetzung von Regierungsämtern durch das Parlament sei's ein Vorschlags-, sei's ein Ernennungsrecht eingeräumt wird, und der um der Erfüllung seiner doppelten Aufgabe als repressiver Verfassungsschützer und korrektiver Verfassungsrichter willen die wie immer auch ministeriell kontrollierte Verfügung über ein hohes Maß an militärischer und polizeilicher Gewalt erhält – als der so mit Kompetenzen ausgestattete Intimus der bürgergemeinschaftlich idealen Souveränin stellt der Monarch in der Tat einen politischen Machtfaktor dar, der die demokratische Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der parlamentarischen Repräsentanz ernsthaft beschneidet und von daher die Frage nahelegt, ob der Gewinn an ökonomischer Verantwortungslosigkeit und politischer Sicherheit, den der parlamentarischen Repräsentanz ihr monarchischer Mitstreiter alias Konkurrent einbringt, angesichts des Verlusts an politisch-bürokratischer Kontrolle und militärisch-polizeilicher Verfügung, den er ihr beschert, wirklich lohnt.
Angesichts der späteren, die herrschaftlich-konstitutionelle Monarchie in eine führerschaftlich-präsidiale Demokratie treibenden Entwicklung erscheint die Frage durchaus berechtigt. Aber erstens lassen der kraft gesellschaftlicher Schieflage als Vertreterin und Lobbyistin der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel firmierenden parlamentarischen Repräsentanz dieses der Restauration entspringenden und neu sich verfassenden Staatswesens die durch den Kapitalisierungsprozess früher oder später (und eher früher als später) heraufbeschworenen und die Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft, sprich, ihre Verfassung erschütternden ökonomischen Verwerfungen und Krisen und daraus resultierenden sozialen Konfrontationen und politischen Konflikte letztlich gar keine andere Wahl, als sich unter den Schutz und Schirm der in eine tragende Säule der parlamentarischen Republik umfunktionierten absolutistischen Herrschaft zu flüchten, und von daher gesehen erledigt sich die Frage als akademische, durch ihren Mangel an historischem Augenmaß und empirischem Durchblick definierte Besserwisserei quasi von selbst.
Und zweitens ist unter den damaligen Bedingungen der Verlust an Macht und Verfügung, den die parlamentarische Repräsentanz durch die Retablierung der absolutistischen Herrschaft als konstitutioneller Monarchie erleidet, in dieser Phase der Entwicklung noch gar nicht sonderlich gravierend. Nach wie vor nämlich behauptet sich die parlamentarische Repräsentanz als die bei aller interessierten Gewichtung und lobbyistischen Voreingenommenheit, die ihr die Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft vindiziert, ebenso unbestrittene wie uneingeschränkte Repräsentantin eben dieser als klassengesellschaftlich reale Souveränin existierenden bürgerlichen Gesellschaft. Und was sie sich in dieser ihrer Eigenschaft ebenso unangefochten wie kompromisslos vorbehält, ist die Erhebung und Verwaltung der qua Steuern und Abgaben von letzterer geleisteten finanziellen Beiträge zum Aufbau, zur Organisation und zum Unterhalt des Staates, will heißen, die Verfügung und Kontrolle darüber, ob, wie und in welchem Umfange die Einrichtungen und Körperschaften des Staatsapparats mit Mitteln aus dem Steueraufkommen dotiert beziehungsweise alimentiert werden. So gewiss aber zu diesen staatlichen Einrichtungen und Körperschaften auch der Monarch und sein königliches Amt zählen, so gewiss verleiht ihre Etathoheit der parlamentarischen Repräsentanz eine finanzpolitische Macht über ihn und seinen Apparat, die alle sonstige politische Macht, die er qua Amt beanspruchen kann, wenn nicht überhaupt in den Schatten stellt, so jedenfalls doch entschieden relativiert und beschränkt.
Mag die parlamentarische Repräsentanz der als konstitutionelle Monarchie verfassten Republik noch so viel politisch-bürokratische und militä- risch-polizeiliche Macht an den um ihrer Entlastung und Sicherheit willen etablierten Monarchen abgeben, solange sie sich die Etathoheit vorbehält und es nicht dahin kommt, dass große Posten des Haushalts zu ebenso unabdingbaren wie unantastbaren Grundpfeilern einer im Namen des Volkes monarchisch sanktionierten beziehungsweise dann präsidial implementierten imperialen beziehungsweise sozialen Strategie des zur Nation eingeschworenen Gemeinwesens werden und sich damit der Verfügung und Kontrolle der parlamentarischen Repräsentanz praktisch entzogen finden – solange dies nicht geschieht, führt letztere den Monarchen an der Kandare seiner ökonomischen Abhängigkeit von ihr und kann gewiss sein, dass er nicht vergisst, wie sehr ihre Interessen auch seine wohlverstanden eigenen sind und wie sehr er, der ihr Brot beziehungsweise das ihrer Auftraggeber isst, guten Grund hat, auch das Lied seiner Brotgeber zu singen und mit ihnen im Takt und Gleichklang zu bleiben.
Nicht dass die ökonomische Abhängigkeit der monarchischen Herrschaft von der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel, kurz, von der bürgerlichen Klasse ein gänzlich neuer Umstand wäre und als solcher die spezifische Differenz bildete, die sie in ihrem konstitutionellen Charakter von ihrer früheren absolutistischen Existenz trennt! Auch als absolutistische ist, wie gezeigt, die monarchische Herrschaft bereits wesentlich bedingt durch und angewiesen auf den neuzeitlichen, als Integration der gesellschaftlichen Produktionssphäre ins Marktsystem beschreibbaren Kapitalisierungsprozess und auf die Steuern und Abgaben, den dieser Prozess für sie abwirft. Tatsächlich ist es ja die der ursprünglichen Akkumulation, dem Aufstieg des Marktes zum konkurrenzlosen Distributionssystem, entspringende integrative Transformation von kommerziellem Reichtum, Handelskapital, in manufakturelles beziehungsweise industrielles Kapital, Kapital sans phrase, was der durch die ursprüngliche Akkumulation aufgerüttelten und auf Trab gebrachten monarchischen Herrschaft letztlich die Mittel dazu liefert, sich ihrer feudalen Fesseln zu entledigen, die mit ihr kohabitierenden beziehungsweise konkurrierenden Standesgenossen niederzuringen und auszuschalten beziehungsweise zu unterwerfen und zu domestizieren und sich als absolutistisches Regime zu etablieren. Eben dies, dass sie ihren Aufstieg und ihre Macht wesentlich auf den sich kapitalisierenden Markt gründet, macht sie ja zu dessen natürlichem Alliierten und Helfershelfer.
So gesehen, ist also auch bereits die absolutistische Herrschaft nicht anders als ihre konstitutionelle Nachfolgerin ein – genetisch genommen – Geschöpf und – funktionell gesehen – Faktotum der zur Kapitalfraktion sich mausernden Marktbetreiber und ihrer in Korrespondenz zur Entfaltung des kapitalistischen Marktes wachsenden mittelständischen Klientel. Der Unterschied ist freilich der, dass die der feudalen Tradition entspringende und sie ebenso gewiss, wie sie sich von ihr emanzipiert, zugrunde richtende absolutistische Herrschaft aus dieser Tradition zum einen noch in beträchtlichem Umfang ein in Liegenschaften und Ressourcen bestehendes Eigentum mitbringt, das ihr ein gewisses Maß an ökonomischer Selbständigkeit sichert, und sich zum anderen und vor allem souveräne Rechte und Regalien herausnimmt, die ihr ein gerütteltes Maß an politischer Selbstherrlichkeit verleihen. Mag auch, systematisch gesehen, die absolutistische Herrschaft eine Kreatur und eine abhängige Funktion der sich auf Basis des kapitalistischen Marktes entfaltenden bürgerlichen Gesellschaft sein, empirisch bleibt sie ein Alliierter und Teilhaber eigener Provenienz, ein vergleichsweise selbständiger politischer Machtfaktor.
Und das ist nicht etwa bloß historisch begründet, sondern auch und durchaus systematisch gerechtfertigt, da ja als der feudalen Ordnung entstammende und ihr im Doppelsinne des Wortes entspringende Instanz die absolutistische Herrschaft zwischen alter, feudaler Ordnung und neuer, bürgerlicher Gesellschaft eine quasi transzendentale Position einnimmt und die für die Entfaltung der letzteren grundlegende Aufgabe erfüllt, die solcher Entfaltung im Wege stehenden beziehungsweise zuwiderlaufenden Mächte und Korporationen, Satzungen und Traditionen der alten, feudalen Ordnung sei's zugunsten der neuen, bürgerlichen Vergesellschaftung zu demontieren und auszuschalten, sei's gemäß deren Erfordernissen zu transformieren und anzupassen.
Für wie grundlegend diese Aufgabe den Beteiligten gilt, beweist die bereits mehrfach vermerkte Paradoxie, dass die monarchische Herrschaft sich als absolutistische etabliert und behauptet, will heißen, als eine Macht, die, ihrer faktischen Relativität, ihrer ökonomischen Abhängigkeit vom sich kapitalistisch entfaltenden Marktsystem und der es tragenden bürgerlichen Klasse ungeachtet, von letzterer im Vertrauen auf diese ihre faktische Abhängigkeit sich selbst überlassen und als absolut, als den allgemeinen Willen und das gesamtgesellschaftliche Interesse persönlich verkörpernde und entsprechend selbstherrlich wahrnehmende Instanz politisch akklamiert beziehungsweise ideologisch hofiert wird.
Damit zollt die bürgerliche Klasse der Tatsache Tribut, dass die monarchische Herrschaft eine historische Voraussetzung bildet, die sich zwar in ihrer absolutistischen Gestalt aus ihrem angestammten Milieu, der feudalen Ordnung, absentiert und in ein Geschöpf des aus der feudalen Ordnung als Projekt hervorgegangenen kapitalistischen Marktsystems transformiert hat, ohne das sie nicht lebensfähig wäre und keinen Bestand hätte, die aber so lange, wie das kapitalistische Marktsystem das, woraus es hervorgegangen ist, die feudale Ordnung, nicht ökonomisch vereinnahmt, durchdrungen und in sich aufgehoben hat, kraft ihrer aus der feudalen Ordnung mitgebrachten traditionellen Gewalt und konventionellen Legitimität einen unabdingbaren politischen Aktivposten darstellt, der der bürgerlichen Gesellschaft den für eben jenen Durchdringungs- und Aufhebungsprozess nötigen Handlungsspielraum und konditionellen Rahmen verschafft und sie davor schützt, der Widerstandskraft beziehungsweise dem Beharrungsvermögen der als Fronde sich sammelnden alten korporativen und ständischen Mächte zu erliegen und sich mit der gespenstisch überdauernden feudalen Ordnung dauerhaft arrangieren zu müssen, sich auf die Rolle eines dem lebenden Leichnam sein Moment von barocker Lebendigkeit vindizierenden Unterhalters und Animateurs vereidigt zu sehen.
Von einer in ihrer absolutistischen Überhöhung Ausdruck findenden transzendentalen Bedeutung und kriteriell entscheidenden Funktion dieser Art ist die im Resultat der Julirevolution als konstitutionelle retablierte Monarchie denkbar weit entfernt. Sowohl die transzendentale Bedeutung als auch die kriteriell entscheidende Funktion hat sie eingebüßt: Sie ist keine der bürgerlichen Gesellschaft ebenso sehr historisch vorausgesetzte wie von ihr politisch integrierte Institution mehr, sondern bloß noch eine von der bürgerlichen Gesellschaft systematisch gesetzte und strategisch exponierte Instanz. Und sie hat nicht mehr die Aufgabe, alte Mächte und äußere Widerstände, die der bürgerlichen Gesellschaft zu schaffen machen, zu brechen beziehungsweise zu neutralisieren, sondern dient bloß noch dazu, neue Konflikte und innere Widersprüche, von denen die bürgerliche Gesellschaft als solche heimgesucht wird, zu bewältigen beziehungsweise zu unterdrücken. Aus dem von der bürgerlichen Gesellschaft als Verfassungsgeber, Ordnungsstifter in die Pflicht genommenen Potentaten ist ein von ihr als Verfassungsschützer, Ordnungshüter in Dienst gestellter Regent, aus der als Zivilisationsheros der bürgerlichen Gesellschaft zu Hilfe eilenden Durchlaucht von Gottes Gnaden eine ihr als Vogelscheuche zu Gebote stehende Hoheit aus bürgerlichem Geiste geworden.
Ausdruck der Transformation der monarchischen Herrschaft aus einem als verkörpertes Gesetz, Sonnenkönig, Lichtbringer firmierenden absolutistischen Regime in eine als Arm des Gesetzes, Bürgerkönig, Nachtwächter figurierende konstitutionelle Einrichtung ist die vollständige ökonomische Abhängigkeit, in der die bürgerliche Klasse beziehungsweise die von ihr dominierte parlamentarische Repräsentanz kraft Etathoheit, kraft ihrer legislativen Macht in Sachen Staatsfinanzen, den Monarchen verhält und die ihn aus dem einstigen honorierten Alliierten und dotierten Teilhaber in einen bezahlten Agenten, einen alimentierten Angestellten verwandelt. Und wie seine völlige ökonomische Abhängigkeit zum Ausdruck bringt, dass der Monarch beileibe kein von der bürgerlichen Klasse auf den Schild gehobener fremdbürtiger Verfassungsgeber, kein Zivilisationsheros mehr, sondern nur noch ein von ihr in Dienst genommener Verfassungsschützer, ein weisungsgebundener Nachtwächter ist, so stellt sie zugleich die Garantie dafür dar, dass es bei dieser durch das Lassallesche Bild vom Nachtwächterstaat treffend, wenn auch bereits aus Sicht des nachfolgenden starken Staats, charakterisierten konstitutionellen Bestimmtheit beziehungsweise funktionellen Beschränktheit der Monarchie und des von ihr gekrönten Staatsapparats auch weiterhin bleibt.
Solange der Monarch in dieser ökonomischen Abhängigkeit von der parlamentarischen Repräsentanz der bürgerlichen Gesellschaft verharrt, kann sich die letztere die politische Macht mit ihm teilen, kann sie die beschriebenen, ihrer Entlastung und Sicherung dienlichen Kompetenzen eines konstitutiv-affirmativen Verfassungshüters, reaktiv-repressiven Verfassungsschützers und regulativ-korrektiven Verfassungsrichters an ihn abtreten, ohne befürchten zu müssen, dass er jene Kompetenzen nutzt, um restaurativen Gelüsten nachzugeben und ihr die Macht streitig zu machen. Solange das Enrichissez-vous, mit dem er sie beziehungsweise ihre Auftraggeber auf ihre via regia, den Weg des Kapitalisierungsprozesses entlässt, für ihn eine existenzielle, seinen persönlichen Wohlstand, sein eigenes Gedeihen betreffende Bedeutung behält, kann sie, die ihre politische Loyalität gegenüber der grunderneuerten alten Herrschaft wieder entdeckende bürgerliche Klasse, versichert sein, dass er ihrem ökonomischen Treiben nicht in die Quere kommen und vielmehr sowohl in notfalls korrektiver als auch in allzeit repressiver Funktion getreulich gewogen sein und die Stange halten wird.
Was Wunder, dass die parlamentarische Repräsentanz, stellvertretend für die dominanten Gruppen der bürgerlichen Gesellschaft, die sie in ihrer weit überwiegenden Majorität vertritt, am Scheideweg zwischen Republik und konstitutioneller Monarchie, an den die zweite Revolution sie stellt, sich ohne große Deliberation, geschweige denn Diskussion, und weitgehend geschlossen für die letztere entscheidet und einen liberalen Spross der restaurierten Dynastie ins königliche Amt einsetzt. Weitgehend geschlossen, allerdings keineswegs ganz! In den Reihen der mittelständischen Klientel der Kapitalfraktion finden sich durchaus noch beziehungsweise wieder jene Gruppen bürgerlicher, vornehmlich freiberuflicher Intellektueller, Ärzte, Anwälte, Journalisten, Schriftsteller, Künstler, die den revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien, die ihre Vorgänger unter dem Ancien Régime ausgebrütet und propagiert haben, nach wie vor anhängen und unter Berufung auf diese Prinzipien für die Abschaffung der Monarchie und die Wiederherstellung einer demokratischen Ordnung eintreten.
Der größte Teil dieser – aufs Ganze der bürgerliche Klasse gesehen – ohnehin kleinen Gruppe tut das freilich, wie gehabt, unter Ausblendung der ökonomischen Machtverhältnisse und der durch sie bewirkten grundlegenden politischen Schieflage der Gesellschaft und würde deshalb, wenn er denn Erfolg hätte und sich mit seiner Option zur Geltung brächte, nichts weiter ins Werk setzen als eine Kopie der ersten Republik, die von demokratischer Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nicht weniger weit entfernt wäre als das Original. Und diese nach Maßgabe der ökonomischen Verblendung beziehungsweise Korrumpiertheit ihrer Betreiber die demokratische Ordnung zwangsläufig, um nicht zu sagen, naturwüchsig im Sinne der Kapitalinteressen gewichtende und ausrichtende republikanische Kopie überträfe an Schrägheit und Abenteuerlichkeit sogar noch das Original, weil sie darüber hinaus geprägt beziehungsweise getrieben wäre von der nostalgischen Verklärung und geradezu kultischen Verehrung, die im Bemühen, sich der Konfrontation mit ihrer nachgerade offenbaren ökonomischen Verblendung zu entziehen, viele Angehörige der Gruppe der als Rettungstat oder Erlösungsakt betrachteten napoleonischen Aufhebung der ersten Republik zuteil werden lassen und erweisen und aufgrund deren sich bei ihnen die Begeisterung für eine demokratisch-parlamentarische Verfassung mit der Lust auf eine cäsarisch-diktatorische Verkörperung der Verfassung, kurz, das republikanische Freiheitspathos mit imperialem Größenwahn amphibolisch paart und unheilvoll auflädt.
Eine kleine Schar dieser Intellektuellen stellt sich zwar dem Problem der durch die Klassenzugehörigkeit bedingten ökonomischen Verblendung und hält, die Gebrechen der bürgerlichen Gesellschaft auf ihre Produktions- und Distributionsweise zurückführend, nach zuträglicheren Formen der gesellschaftlichen Reproduktion und Organisation Ausschau. Aber abgesehen davon, dass diese Gruppe verschwindend klein und in der Tat eine quantité négligeable ist, stehen selbst ihre Mitglieder – etwa ein Fourier, die Saint-Simonisten oder auch noch ein Proudhon – qua Klassenzugehörigkeit so fest auf dem Boden der herrschenden kapitalistischen Wirklichkeit, dass sie, außerstande, eine Anfechtung, Umwälzung und Neuordnung dieses Fundaments als solchen ins Auge zu fassen und sich vorzustellen, Zuflucht zu ebenso regressiven wie sektiererischen Vergesellschaftungsmodellen nehmen und ihr Heil nur in der Projektion von jenseits der kapitalistisch verfassten bürgerlichen Gesellschaft subsistenzielle Autarkie und soziale Autonomie verheißenden, sippen- oder stammesförmig assoziierten handwerklich-kleingewerblichen oder bäuerlich-agrargenossenschaftlichen Gemeinschaften suchen können. Dass die durch den Kapitalisierungsprozess zur proletarischen Klasse sortierte und homogenisierte Masse des lohnarbeitenden Volks sich relativ widerstandslos der Einführung der konstitutionellen Monarchie fügt, erklärt sich aus der dritten, dem Monarchen übertragenen Aufgabe einer regulativ-korrektiven Einflussnahme, von der sie sich eine Konsolidierung des wildwüchsigen Kapitalisierungsprozesses erhofft. Demgegenüber erwartet sie sich angesichts der ökonomisch bedingten fundamentalen Schieflage der bürgerlichen Gesellschaft von einer Erneuerung der Republik wenig oder nichts. Die demnach in Sachen konstitutionelle Monarchie zu beobachtende Koinzidenz der Hoffnung der proletarischen mit dem Interesse der bürgerlichen Klasse hat aber noch einen tieferen Grund – die Faszination der proletarischen Klasse durch den sie ausbeutenden Kapitalisierungsprozess und den in solcher Faszination versteckten Anspruch auf Teilhabe an den materialen Früchten und realen Segnungen, die der Prozess mittels ihrer Ausbeutung hervortreibt. Mit der ebenso sektiererischen wie regressiven Alternative zum Kapitalisierungsprozess, die frühsozialistische Projekte und Programme zu bieten haben, kann und will sie sich nicht zufrieden geben.
Schwerer aber noch als die Desorientierung, Gespaltenheit und Marginalität der republikanisch gesinnten Gruppen des bürgerlichen Mittelstands wiegt, was die weitgehende Unangefochtenheit und Automatik der Entscheidung gegen die Republik und für eine konstitutionell-monarchische Verfassung angeht, das Fehlen einer vom Volk, von breiteren Schichten der lohnarbeitenden Bevölkerung getragenen Widerstandsbewegung. In diesem Punkte unterscheidet sich die Situation der das restaurative Regime beseitigenden zweiten wesentlich von der der mit dem absolutistischen Regime aufräumenden ersten Revolution. Dort treffen, wie gezeigt, die als Sachwalter und Sprachrohr ihrer Klasse firmierenden bürgerlichen Intellektuellen auf eine Volksmasse, die enragiert und agitiert genug ist, um sich auf dem schmalen Grat einer Despotismus, Aristokratismus und Egoismus als die gesellschaftlichen Grundübel identifizierenden Aufklärung zum Schulterschluss mit der bürgerlichen Klasse bewegen zu lassen und deren Machtergreifungsanspruch als bewaffneter Arm der Revolution den nötigen Nachdruck zu verleihen. Hier hingegen finden die für die Wiederherstellung der Republik plädierenden mittelständischen Intellektuellengruppen nicht nur bei der eigenen Klasse, die sich zum weit überwiegenden Teil für die konstitutionelle Monarchie entscheidet, keinen Rückhalt und keine Unterstützung mehr, sondern mehr noch verweigert ihnen das Volk mehrheitlich die Gefolgschaft beziehungsweise die Mitwirkung.
Tatsächlich erscheint diese relative Indolenz und Willfährigkeit, mit der die breite Volksmasse die Politik der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel passieren lässt, dies, dass sie, statt auf einer Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse zu insistieren, ohne großen Widerstand die Substitution der dem Gemeinwesen von anderen aufgesetzten, restaurativen Monarchie durch eine von ihm selber gesetzte konstitutionelle Monarchie, sprich, die Rehabilitation des Ancien Régime in bürgerlich novellierter Form akzeptiert – tatsächlich erscheint dies als das eigentlich Erstaunliche und Erklärungsbedürftige an der das restaurative Interludium beendenden zweiten Revolution. Schließlich gibt es aus Sicht des Volkes nicht weniger Grund als beim ersten Mal, um der auf einen Wechsel des politischen Systems zielenden Beseitigung der bestehenden Herrschaft willen auf die Barrikaden zu gehen.
Zwar, die ökonomische Not und das soziale Elend mögen jetzt, beim zweiten Mal, nicht ganz so akut und katastrophal sein wie beim ersten Mal unter den durch die jahrzehntelange Misswirtschaft der absolutistischen Herrschaft erzeugten und in Hungersnöten und sozialer Verwilderung resultierenden Bedingungen. Dafür aber ist dank fortgeschrittenem Kapitalisierungsprozess die Masse derer stark angewachsen, die in kommerzieller beziehungsweise industrieller Lohnabhängigkeit stehen, die mit anderen Worten der intensiven und extensiven Ausbeutung durch das kapitalistische Produktions- und Distributionssystem unterworfen sind und sich durch diese ihre Abhängigkeit vom Kapitalisierungsprozess und von dem Schlingerkurs, dem krampfhaften Auf und Ab, in dem er voranschreitet, den gewaltsamen Schüben, die er macht, und den nicht minder gewaltsamen Rückschlägen, die er erleidet, bald als ökonomische Klasse definiert, bald zum Lumpenproletariat deklassiert finden.
Warum sollte diese wachsende und sich im Zuge ihres Wachstums zunehmend als eine ökonomische Klasse, die der Kapitalisierungsprozess ebenso sehr ausbeutet, wie sie ihn trägt, bewusst werdende gesellschaftliche Gruppe auf die Barrikaden gehen und der Revolution den nötigen Nachdruck verleihen, nur um dann einer bürgerlich revidierten Neuauflage des gehabten monarchischen Herrschaftssystems zuzustimmen, sprich, sich dem ausgeklügelten politischen Selbstentmachtungsdiktat der Kapitalfraktion und ihrer mittelständischen Klientel zu fügen, statt auf demokratischen Institutionen und Prozeduren zu insistieren, die ihr ein ernsthaftes parlamentarisches Mitspracherecht verschaffen und ihr am Ende ermöglichen, auf politischem Wege eine wie auch immer schrittweise Veränderung und allmähliche Neugestaltung der ökonomischen Produktionsweisen und Distributionsmechanismen und der durch sie fundierten gesellschaftlichen Machtstrukturen durchzusetzen? Warum sollte diese Klasse so, wie sie es tut, nach ihrer aktiven Mitwirkung beim Sturz des restaurativen Regimes sich zum weit überwiegenden Teil mit einer der bürgerlichen Klasse und ihren Bedürfnissen angepassten und nämlich von der kontraproduktiven Einmischung und atavistischen Standespolitik, die das Original praktizierte, befreiten Kopie des gehabten Regimes kurzerhand abfinden, mit einer Kopie, die höchstens und nur dazu taugt, den wildwüchsig fortlaufenden Kapitalisierungsprozess auf jeden Fall zu legitimieren, gegebenenfalls zu verteidigen und notfalls in Schranken zu weisen, ihn als einen all seiner Sprengkraft zum Trotz für das Gemeinwesen dennoch verbindlichen modus operandi der gesellschaftlichen Reproduktion durchweg zu affirmieren, jederzeit zu protegieren und nach Bedarf zu konsolidieren?
Die Antwort auf die Frage liegt in dem mit der konstitutionellen Monarchie verknüpften letztgenannten Attribut, ihrer von der Masse des Volkes als Versprechen wahrgenommenen Aufgabe der Konsolidierung. Oder vielmehr ist die Erklärung für die Bereitwilligkeit oder jedenfalls Willfährigkeit, mit der die durch den Kapitalisierungsprozess zu einer Klasse ökonomischer Determination, zum Proletariat, katalysierte Volksmasse auf einen politischen Systemwechsel verzichtet und sich mit der ihr von der bürgerlichen Klasse verordneten verbürgerlichten Form restaurativer Herrschaft, der konstitutionellen Monarchie, zufrieden gibt, in dem Gefühl der Ohnmacht zu suchen, das die den Kapitalisierungsprozess betreibende beziehungsweise flankierende bürgerliche Klasse ihr unabweislich einflösst, und in der Hoffnungslosigkeit, mit der die Aussicht auf demokratische, durch noch so allgemeine, freie Wahlen bestimmte Verhältnisse sie insgeheim erfüllt. Die proletarisierte Volksmasse weiß, dass unter den in der bürgerlichen Gesellschaft gegebenen, oben als fundamentale Schieflage, als strukturelles Ungleichgewicht in der ökonomischen Machtverteilung explizierten Bedingungen demokratische Wahlen zwangsläufig, um nicht zu sagen naturwüchsig, als ein republikanischer Ausleseprozess funktionieren, der eine parlamentarische Repräsentanz an die Macht bringt, die sich als Vertreterin und Lobbyistin der bürgerlichen Klasse in genere und der Kapitalfraktion in specie weiß und versteht und ihre politische Hauptaufgabe darin sieht, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für einen möglichst unbehinderten, wo nicht gar nach Kräften entfesselten Kapitalisierungsprozess zu schaffen.
Angesichts dieser in Sachen Demokratie republikanisch trüben Aussichten kann die durch den Kapitalisierungsprozess proletarisierte Volksmasse der als konstitutionelle etablierten Monarchie, obwohl oder gerade weil diese die republikanische Option vereitelt, durchaus etwas abgewinnen und nämlich mit ihr die Hoffnung verbinden, dass sie als über den ökonomischen Parteien der Gesellschaft stehende politische Kontrollinstanz und Garantin der Grundordnung, eben als Verfassungshüterin, einen im Begriff der Konsolidierung implizierten wohltätigen Einfluss auf die politisch-ökonomische Entwicklung nimmt und, auch wenn sie als Wahrerin und Schützerin der Verfassung die durch sie gedeckte ökonomische Praxis im Prinzip zu affirmieren und zu verteidigen da ist, doch zugleich im Interesse daran, dass jene Praxis die sie deckende Verfassung nicht am Ende auffliegen lässt, dafür zu sorgen verspricht, dass sie nicht vollständig aus dem Ruder läuft und ein gewisses Maß an korrektiver Kontrolle und den schlimmsten Auswüchsen wehrender Eindämmung erfährt.
So gewiss die durch den Kapitalisierungsprozess proletarisierte, sprich, zum Objekt ökonomischer Ausbeutung beziehungsweise Opfer sozialer Ausfällung deklassierte Volksmasse nicht das Geringste von der den Kapitalisierungsprozess betreibenden bürgerlichen Klasse und ihrer parlamentarischen Repräsentanz erhoffen kann und von dieser dank ihrer ökonomischen Übermacht jede demokratische Politik mit Sicherheit zum republikanisch eigenen Vorteil nutzenden Seite nur das Schlimmste zu gewärtigen hat, so gewiss kann ihr die von eben jener bürgerlichen Klasse als konstitutionelle Monarchie, als Verfassungshüterin retablierte alte Herrschaft als ein Hoffnungsträger erscheinen, sprich, als Garant eines Kapitalisierungsprozesses, der, dem Egoismus und Zynismus seiner Betreiber zum Trotz, wenn nicht im Einklang, so doch in etwa kompatibel bleibt mit den Subsistenzbedürfnissen derer, die ihn tragen, mit ihrem Anspruch auf ein lebbares Leben, eine menschliche Existenz.
So also kann es geschehen, dass in puncto Retablierung der Monarchie die von Haus aus so gegenläufigen Interessen der beiden Hauptklassen der bürgerlichen Gesellschaft, der Klasse des Kapitals und der der Lohnarbeit, koinzidieren und in die gleiche Richtung zielen oder jedenfalls weisen. Ermöglicht wird dies durch die oben explizierte Dreifältigkeit der Aufgabe, die der konstitutionelle, will heißen, nicht mehr als absolutistische Voraussetzung, sondern als bürgerliche Setzung rehabilitierte Monarch von der bürgerlichen Gesellschaft übertragen bekommt, dadurch also, dass er die Funktion sowohl eines konstitutiv-affirmativen Verfassungshüters als auch eines reaktiv-repressiven Verfassungsschützers und schließlich eines regulativ-korrektiven Verfassungsrichters zu erfüllen, dass er, mit anderen Worten, die herrschende Produktionsweise der bürgerlichen Gesellschaft, den modus operandi ihres wirtschaftlichen Bestehens, den Kapitalisierungsprozess, gleichermaßen zu affirmieren, zu protegieren und zu konsolidieren dient.
Auch wenn im Blick auf diese drei Funktionen die beiden Klassen unterschiedliche und in der Tat diskrepante Schwerpunkte setzen, auch wenn es der Klasse des Kapitals partout nur um die konstitutionelle Bestätigung und repressive Verteidigung des Kapitalisierungsprozesses geht, die sie sich vom Monarchen erwartet, wohingegen es der Klasse der Arbeit ausschließlich um die korrektive Konsolidierung der ökonomischen Verhältnisse zu tun ist, die sie sich von ihm erhofft – dadurch, dass alle drei von den Klassen so unterschiedlich oder vielmehr gegenläufig besetzten und akzentuierten Leistungen in einer Person verkörpert, zur Sache ein und desselben Subjekts gemacht sind, entsteht nolens volens der Eindruck einer die monarchische Institution betreffenden Gleichrichtung, wo nicht gar Einmütigkeit des Interesses beider Klassen.
Reale Grundlage dieser intentionalen Koinzidenz des Klasseninteresses, dieser Übereinstimmung in der Haltung gegenüber der als bürgerliche Setzung wieder eingeführten Monarchie ist die beiden Klassen gemeinsame Überzeugung von der Zwangsläufigkeit und Unabwendbarkeit des als Kapitalisierungsprozess firmierenden ökonomischen Operationsmodus der bürgerlichen Gesellschaft sowie die Erfahrung beziehungsweise Erwartung der ökonomischen Krisen und sozialen Konflikte, die der Kapitalisierungsprozess in seinem als unaufhaltsam angesehenen Fortgang hervortreibt und auslöst. Diese gemeinsame Überzeugung und Erfahrung beziehungsweise Erwartung sind es, die beiden Klassen die Monarchie, wenn auch aus gänzlich divergierenden Gründen und nämlich als Garantin einerseits der Fortsetzung und Kontinuität des Prozesses und andererseits seiner Konsolidierung und Kontrolle, wenn nicht lieb und teuer, so zumindest doch annehmbar und nützlich erscheinen lassen.
Freilich kann die phänomenale Übereinstimmung der Klasseninteressen schwerlich über deren motivationale Differenz hinwegtäuschen. Wenn die Kapitalfraktion mit ihrem mittelständischen Anhang, kurz, die bürgerliche Klasse, den Kapitalisierungsprozess für zwangsläufig und unabwendbar erklärt, dann aus dem guten Grund ihres aktiven Eintretens für ihn, deshalb also, weil sie ihn will und für notwendig hält, um ihre ökonomischen Interessen und ihre sozialen Ansprüche zu wahren. Wenn hingegen die durch den Kapitalisierungsprozess zur proletarischen Klasse gleichermaßen sortierte und homogenisierte Masse der lohnarbeitenden Bevölkerung ersteren für unabwendbar hält, dann aufgrund ihres hilflosen Ausgeliefertseins an ihn, deshalb also, weil sie ihn nicht will und als ihrem wirtschaftlichen Wohlstand und gesellschaftlichen Wohlergehen abträglich erfährt, aber sich außerstande sieht, ihm zu widerstehen und ihn zu verhindern.
Warum aber ist sie eigentlich außerstande, sich dem auf ihre Kosten beziehungsweise zu ihren Lasten ablaufenden Kapitalisierungsprozess zu widersetzen, woher rührt die Ohnmacht und Willfährigkeit, die sie gegenüber den verfassungspolitischen Vorgaben und staatssystematischen Entscheidungen der von der bürgerlichen Klasse dominierten parlamentarischen Repräsentanz beweist, wie kommt es zu ihrer Bereitschaft, sich im Rahmen jener Vorgaben und Entscheidungen zu bewegen und die Hoffnung auf Linderung ihres ökonomischen Loses beziehungsweise Sicherung ihrer sozialen Existenz nur und ausgerechnet an die von der bürgerlichen Klasse in diametral entgegengesetzter Absicht retablierte monarchische Institution zu knüpfen?
Hat ihr denn die bürgerliche Revolution mit ihrem Anspruch auf demokratische Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse auf der Grundlage allgemeiner Wahlen nicht ein probates Mittel an die Hand gegeben, sich ihrem Ausgeliefertsein zu entziehen, aus ihrer Hilflosigkeit zu befreien und sich als handelndes Subjekt geltend zu machen, sprich, ihren den Kapitalisierungsprozess betreffenden Unwillen, ihr seiner Fortsetzung entgegenstehendes eigenes Interesse zum Tragen zu bringen? Hätte sie es anlässlich des im Sturz des restaurativen Regimes resultierenden neuerlichen revolutionären Umbruchs nicht in der Hand, auf ernstlich demokratischen Prozeduren zu insistieren und den monarchistischen Coup der von der bürgerlichen Klasse dominierten parlamentarischen Repräsentanz zu vereiteln und kraft freier, allgemeiner Wahlen für eine Übernahme der politischen Macht durch eine demokratisch legitimierte, will heißen, den mehrheitlichen Willen des Souveräns, den Volkswillen, angemessen zur Sprache bringende und in die Tat umsetzende parlamentarische Repräsentanz zu sorgen?
Diese Möglichkeit einer demokratischen Machtübernahme durch die mittels Kapitalisierungsprozess zur proletarischen Klasse sortierte und homogenisierte Masse der lohnarbeitenden Bevölkerung wurde zwar oben unter Hinweis auf das Gefühl der Ohnmacht, das ihr, der proletarischen Klasse, die bürgerliche Klasse einflößt, und auf das Bewusstsein der Hoffnungslosigkeit, mit dem deshalb die Aussicht auf einen Machtwechsel durch demokratische Wahlen sie erfüllt, abgewiesen – eine Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit, die als Resultat der fundamentalen ökonomischen Schieflage der Gesellschaft, der Ungleichverteilung politischer Macht und sozialen Einflusses aufgrund der unterschiedlichen Verfügung über die gesellschaftlichen Ressourcen, die materialen und instrumentellen Mittel der gesellschaftlichen Reproduktion gelten müsse. Aber auch wenn, systematisch-generell gesehen, im Prinzip der Sache beziehungsweise, historisch-temporal betrachtet, für die Anfänge der Entwicklung diese Beurteilung der objektiven Situation und subjektiven Stimmung der durch den Kapitalisierungsprozess als Lohnarbeiterschaft rekrutierten Volksmasse und die darauf fußende Erklärung des den demokratischen Willen auf republikanische Willfährigkeit reduzierenden Verhaltens der letzteren zutreffen mögen, empirisch-aktuell genommen beziehungsweise dialektisch-prozessual gefasst, kann eine solche Beurteilung und Erklärung unmöglich der Weisheit letzter Schluss sein.
Schließlich ist der Kapitalisierungsprozess zu dem Zeitpunkt, an dem wir stehen, bereits relativ fortgeschritten und hat die lohnarbeitende Volksmasse, wenn nicht in voller Ausbildung, so doch im groben Umriss zu jener proletarischen Klasse sortiert und homogenisiert, der die Erfahrung ihrer ökonomischen Ausbeutung die Überzeugung von einem die bürgerliche Gesellschaft spaltenden Konflikt der Klassen vermittelt und der die Tatsache ihrer der ökonomischen Instrumentalisierung und Ausbeutung entspringenden sozialen Nivellierung und Gleichrichtung ein Solidaritätsbewusstsein und Gefühl schicksalhafter Verbundenheit vindiziert. Warum sollte wohl diese durch den Kapitalisierungsprozess mehr und mehr zum einheitlichen Klassensubjekt sortierte und damit zur Solidargemeinschaft homogenisierte Volksmasse es versäumen, das ihr durch die bürgerliche Revolution gemachte Geschenk allgemeiner Wahlen im Vertrauen auf ihre zahlenmäßige Stärke, ihre gesellschaftliche Majorität, zur Durchsetzung ihrer ökonomischen Interessen und daraus folgenden politischen Absichten zu nutzen? Warum sollte sie dieses Geschenk ungenutzt wegwerfen und, statt auf der Wahrnehmung des dem Souverän, dem demos, eigenen natürlichen Rechts demokratischer Willensbildung und Entscheidungsfindung zu bestehen, sich in der ohnmächtigen Gewissheit und hoffnungslosen Erwartung einer durch allgemeine Wahlen am Ende doch nur zu bestätigenden politischen Übermacht und republikanischen Vorherrschaft der bürgerlichen Klasse deren Diktat lieber gleich fügen und nämlich das konstitutionell-monarchische Regierungssystem, das die ad hoc der Revolution bestehende, von der bürgerlichen Klasse dominierte parlamentarische Repräsentanz, die Abwicklung des restaurativen Regimes zu ihrer Sache machend, dekretiert, als, wie man will, gesellschaftlichen Entfaltungsrahmen oder staatliche Orientierungsstruktur weitgehend widerstandslos akzeptieren?
Tatsächlich erweckt, so gesehen, die dem Anschein nach vom Gefühl der eigenen Ohnmacht und Bewusstsein praktischer Hilflosigkeit bestimmte Haltung der proletarisierten Volksmasse den Eindruck einer akuten Form von Selbstlähmung, eines Verhaltens mit anderen Worten, dessen wesentlicher Zweck darin besteht, die zu ihm vorhandene Alternative zu vereiteln und nicht zum Zuge kommen zu lassen. Angesichts des durch die Revolution gegebenen Instrumentariums und der relativ fortgeschrittenen Proletarisierung, sprich, klassenmäßigen Sortierung und Homogenisierung der lohnarbeitenden Bevölkerung, was ist da deren Verzicht darauf, ersteres einzufordern und zu gebrauchen, anderes als Selbstverleugnung oder Selbstlähmung, eine durch das Gefühl der Ohnmacht und das Bewusstsein der Hoffnungslosigkeit im Blick auf die demokratische Alternative zum restaurativ-absolutistischen Regime für ihre eigene Erfüllung Sorge tragende Antizipation dessen, was der Klassengegner vorschreibt? Was ist das Gefühl der Ohnmacht unter diesen Bedingungen anderes als mangelnder Mut zur Macht? Was ist das Bewusstsein der Hoffnungslosigkeit anderes als Defätismus?
Woher aber dieser Defätismus? Woher diese Mutlosigkeit, diese Angst vor der eigenen Courage? Die Frage drängt sich umso mehr auf, als es ja keineswegs die Gesamtheit der lohnarbeitenden Bevölkerung ist, die solche Mutlosigkeit, solchen Defätismus an den Tag legt. Es gibt durchaus politische Gruppen in der lohnarbeitenden Bevölkerung, die für die Ersetzung des restaurativ-absolutistischen Regimes durch ein radikal-demokratisches System zu kämpfen und auf die Barrikaden zu gehen bereit sind, weil sie sich von demokratischen Verhältnissen die Möglichkeit versprechen, der ökonomischen Ausbeutung und politischen Unterdrückung, die der bürgerliche Kapitalisierungsprozess für sie bereithält, ein Ende zu setzen und neue gesellschaftliche Reproduktionsweisen und entsprechende Organisationsformen einzuführen, die einen Ausstieg aus dem zu ihrer, der proletarischen Volksmasse, Lasten gehenden Ausbeutungs- und Unterdrückungssystem verheißen.
Dabei ist die Rede von nichtkapitalistisch neuen Reproduktionsweisen und ihnen gemäßen anderen Organisationsformen keineswegs abstraktes Beschwören beziehungsweise leeres Geschwätz, sondern findet ihre Konkretisierung und Artikulation in den Projekten und Programmen der oben erwähnten und als Frühsozialisten in die Geschichte eingegangenen bürgerlichen Intellektuellen, die das gesellschaftliche Heil in vorkapitalistisch kommunalen Verbänden und genossenschaftlichen Gemeinschaften suchen, deren ökonomische Grundlage ein der bäuerlich reinen Subsistenzwirtschaft beziehungsweise dem handwerklich einfachen Tauschhandel geweihtes Klein- beziehungsweise Gemeineigentum sein soll.
Warum also verschließt sich das weit überwiegende Gros der lohnarbeitenden Bevölkerung durch seinen Defätismus dieser Möglichkeit, auf dem Wege demokratischer Willensbildung und Entscheidungsfindung jenen Ausstieg aus dem zu ihren Lasten gehenden Kapitalisierungsprozess durchzusetzen, und fügt sich vielmehr ohne großes Widerstreben der von der parlamentarischen Repräsentanz des Klassengegners beschlossenen und deren republikanische Macht durch ein Moment von monarchischer Herrschaft krönenden politischen Ordnung? Die Antwort ist ebenso ernüchternd wie simpel. Die weit überwiegende Mehrheit der lohnarbeitenden Bevölkerung will den Ausstieg aus dem Kapitalisierungsprozess gar nicht. Hinter dem scheinbaren Defätismus der ökonomisch Ausgebeuteten und sozial Unterdrückten verbirgt sich ein vielleicht nicht einmal ihnen selbst bewusster resoluter Anspruch, der Anspruch auf Teilhabe an den materialen Früchten und realen Segnungen, die die vom Kapitalisierungsprozess hervorgetriebene industrielle Produktion und kommerzielle Distribution bereithalten.
Der Kapitalisierungsprozess hat ja zwei janusköpfig einander korrespondierende Gesichter. Während er einerseits menschliche Arbeitskraft verschlingt und zerstört, entfesselt und entfaltet er andererseits sächliche Produktivkräfte. Während er auf der einen Seite, der Seite der lohnarbeitenden Bevölkerung, Ausbeutung und Unterdrückung zur Folge hat, führt er auf der anderen Seite, der Seite der Betreiber des Prozesses und ihrer bürgerlichen Klientel, zu wirtschaftlichem Wohlstand und gesellschaftlichem Status. Während er hier wirtschaftliche Not und gesellschaftliches Elend bewirkt, erzeugt er dort Reichtum und Überfluss. Beides spielt sich in ein und demselben Raum, im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft ab, ist für jedermann sichtbar, steht als gedoppelte Wirklichkeit allen vor Augen. Die von der materialen Wirklichkeit der bürgerlichen Gesellschaft, ihren Früchten und Segnungen, Profitierenden mögen weniger bereit sein, das Pendant, die von Not und Elend zeugende soziale Wirklichkeit, zur Kenntnis zu nehmen, und ziehen es im Zweifelsfall vor, die Augen davor zu verschließen. Die von der sozialen Wirklichkeit, der Not und dem Elend, Betroffenen hingegen finden sich mit dem Pendant ihrer Situation, der von Reichtum und Überfluss kündenden materialen Wirklichkeit, unübersehbar konfrontiert und können gar nicht umhin, darin eine erstrebenswerte Option zu sehen, können gar nicht anders, als fasziniert davon und voll Begehren danach zu sein. Gewiss, sie wollen von ganzem Herzen ihre dem Kapitalisierungsprozess geschuldete wirtschaftliche Not und ihr damit einhergehendes gesellschaftliches Elend los sein, aber kaum weniger inbrünstig möchten sie an den Früchten und Segnungen des sie ausbeutenden und unterdrückenden Kapitalisierungsprozesses teilhaben, möchten zu dessen Begünstigten und Nutznießern gehören.
Eben wegen dieser zwei Seelen in ihrer Brust, dieser ihrer ebenso positiven wie negativen Bestimmtheit, ihrer motivationalen Ambivalenz aus Refutation dessen, was die Kapitalisierung in sozialer Hinsicht aus ihnen macht, und Faszination durch das, was sie an materialer Fülle aus ihnen schöpft, können sich die lohnarbeitenden Massen in der weit überwiegenden Mehrzahl mit den Projekten und Programmen der dem ökonomischen Prozess politisch opponierenden frühsozialistischen Gruppen nicht recht anfreunden, können gar mit ihnen nichts Rechtes anfangen. Was jene Gruppen ihnen bieten beziehungsweise ansinnen, ist ein Rückzug aus dem Kapitalisierungsprozess beziehungsweise eine Abspaltung von ihm, ein in Bezug auf ihn ebenso sektiererisches wie regressives Verhalten, handwerkliches Treiben und bäuerliches Erzeugen anstelle von industriellem Betrieb und agrikultureller Produktion, kommunales Eigentum und genossenschaftliche Arbeit anstelle von urbanem Überfluss und öffentlichem Leben. Sie dagegen wollen im Grunde ihres von der Erfahrung oder jedenfalls vom Anblick der schönen neuen Welt, die sie um den Preis persönlicher Not und eigenen Elends hervorbringen, geblendeten Herzens nicht Rückzug ins Gehabte, sondern Fortschritt zum Vorenthaltenen, nicht Abspaltung vom sie ausbeutenden kapitalistischen Reproduktionssystem, sondern Aufnahme in das Paradies auf Erden, das es mittels ihrer Ausbeutung ins Werk setzt.
Das Ungenügen ihrer wesentlich negativen, auf Regression und Absonderung setzenden Projekte, das Unattraktive ihrer Programme, die gegen den kapitalistisch realisierten Konsum und die liberalistisch entfaltete Zivilgesellschaft auf eine ursprungsmythisch verklärte Subsistenzwirtschaft und eine stammesförmig imaginierte Solidargemeinschaft aus sind, spüren wohl auch die Frühsozialisten selbst. Nur so lässt sich erklären, warum ein Fourier seine Utopie vom einfachen Leben in der agrargemeinschaftlichen Kommune mit Phantasien von einer durch die neue Lebensordnung entfesselten Naturmacht und umgestalteten Erde untermalt oder warum die Saint-Simonisten ihre Vorstellung von einem der subsistenzwirtschaftlichen Genügsamkeit handwerklicher Werktätigkeit revindizierten Gemeinwesen mit Elementen einer religiösen Überhöhung der Werktätigkeit und rituellen Reaffirmation des Alltags ausstaffieren. Wie sich die dem bäuerlich-regressiven Stammesleben, das ein Fourier in Vorschlag bringt, entspringende revolutionierte Erde als Reaktion auf und Hommage an die durch solch regressives Stammesleben abgebrochene und unterbundene Wandlungsmacht des Kapitalisierungsprozesses, als eine Art von magischer Simulation dessen, was letzterer verspricht, verstehen lässt, so muss man wohl die von den Saint-Simonisten ersonnene religiöse Vergoldung und rituelle Verbrämung des Werkeltags als eine Art von kultischer Kompensation für die Genüsse und Sensationen betrachten, die die ausgeschlagene kapitalprozessuale Perspektive für diejenigen, die von ihr zu profitieren vermögen, bereithält.
Das Gros der zur proletarischen Klasse sortierten und homogenisierten lohnarbeitenden Bevölkerung aber will sich nicht mit magischen Simulationen und kultischen Kompensationen abspeisen lassen, will sich nicht damit abfinden, Befreiung von ökonomischer Not und sozialem Elend nur um den Preis des Verzichts auf zivilen Wohlstand und konsumtiven Überfluss finden zu können. Es will die Hoffnung nicht aufgeben, dass der Speer, der ihm die Wunde schlägt, sie auch wieder zu heilen vermag, dass der Kapitalisierungsprozess, der ihm Not und Elend bringt, ihm zu guter Letzt doch zu Glück und Gedeihen verhelfen kann. Es zieht deshalb in ganz und gar menschlicher Hybris dem, was ihm Erlösung von der Hoffnung verspricht, das, was ihm die Hoffnung erhält, will heißen, dem Spatz in der Hand die Taube auf dem Dache vor, auch wenn erst einmal noch die Taube das kaum verhohlene Gepräge und Gebaren eines Sperbers manifestiert.
Dieser vom Gros der lohnarbeitenden Bevölkerung als Taube gewahrte beziehungsweise interpretierte Sperber ist der konstitutionelle Monarch, den die parlamentarische Repräsentanz der bürgerlichen Klasse einer wie auch immer republikanisch gewichteten demokratischen Selbstherrschaft aus dem oben explizierten verfassungspolitischen Kalkül vorzieht und der lohnarbeitenden Bevölkerung, der proletarischen Klasse, vorsetzt und den diese in ihrer Mehrzahl relativ fügsam, um nicht zu sagen bereitwillig akzeptiert, weil er ihr als Symbol der Vereinbarkeit des sie ausbeutenden und in Not und Elend stürzenden Kapitalisierungsprozesses mit der Erwartung eines aus der kapitalistischen Ausbeutung ihr zu guter Letzt erwachsenden konsumtiven Glücks und zivilen Gedeihens erscheint, für sie also zum Hoffnungsträger, zum Garanten beziehungsweise Indikator einer Perspektive wird, die ihr erlaubt, sich ihre systematische Faszination durch das, was sie empirisch kaputt macht, zu bewahren, die Befreiung aus ihrem durch den Kapitalisierungsprozess gegenwärtig verschuldeten sozialen Unheil mit der künftigen Teilhabe an dem jenem Prozess entspringenden materialen Heil zusammenzudenken oder jedenfalls zu assoziieren.
Dass zu seinen primären Aufgaben, den Kapitalisierungsprozess allzeit politisch zu legitimieren und auf jeden Fall militärisch zu verteidigen, auch die sekundäre Obliegenheit zählt, ihn gegebenenfalls durch korrektives Eingreifen beziehungsweise schiedsrichterliche Intervention zu regulieren und zu konsolidieren – eben das lässt den konstitutionellen Monarchen für die sich dem Rückzug in eine bei aller frühsozialistischen Anschaulichkeit imaginäre Vergangenheit verweigernde und auf eine bei aller hochkapitalistischen Bedrohlichkeit spektakuläre Zukunft setzende lohnarbeitende Volksmasse zum Hoffnungsträger werden, zum Fanal eines möglichen Ausgleichs zwischen dem ihr vom Kapitalisierungsprozess zugedachten traurigen Schicksal und ihren eigenen, durch letzteren geweckten, ganz anderen Erwartungen und Aspirationen.
Zwar ist angesichts der Ansprüche, die zum Zeitpunkt seiner Retablierung die bürgerliche Klasse mit dem Monarchen verbindet, angesichts des Gewichts also, das sie den ihm zugewiesenen mehreren Funktionen jeweils beimisst, dieses Fanal, das er für die Volksmasse darstellt, noch kaum mehr als ein Strohhalm, an den sie sich klammert. Aber wie der historische Fortgang zeigt, eignet ihrer Einschätzung seiner Stellung und Bedeutung durchaus eine prognostische, um nicht zu sagen prophetische Qualität: In den empirisch gewandelten beziehungsweise systematisch aktualisierten Gestalten sei's des großen Staatsmannes, sei's des nationalen Führers avanciert er in der Folge zum maßgebenden Repräsentanten des Gemeinwesens, dem die Quadratur des Kreises, das unlösbare Rätsel einer permanent sozialverträglich gestalteten, sprich, die ökonomisch Ausgebeuteten durch kontinuierliche Teilhabe an den Früchten ihrer Ausbeutung mit ihr versöhnenden Kapitalakkumulation aufgegeben ist.
Fußnoten
- ... Stelle 1
- Siehe Reichtum und Religion, 3. Buch: Die Herrschaft des Wesens, 2. Band: Die Polis, Ça ira Verlag, Freiburg 1998, sowie Herrschaft, Wert, Markt – Zur Genese des kommerziellen Systems, Unrast Verlag, Münster 2006.
- ... Band 2
- Siehe Reichtum und Religion, 4. Buch: Die Macht des Kapitals, 1. Band: Der Weg zur Macht, PapyRossa Verlag, Köln 2010, Kapitel 1-3.
- ... ausgeführt, 3
- Siehe Der Weg zur Macht, Kapitel 4.
- ... Stelle 4
- Siehe Der Weg zur Macht, Kapitel 6.