Wer, dem Informationsmonopol von Presse, Rundfunk und Fernsehen
auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, tagaus, tagein das hirnlose
Geschwätz allgemeinmenschlicher Moderatoren, den haltlosen
Eiertanz politisierender Kommentatoren, das pointierte Gedrechsel
brokatener Feuilletonisten, das Reklamegehudel bezahlter
Berufstouristen, die wissenschaftsjournalistische Wichtigtuerei
verkrachter Akademiker, die Nebelwerferei gekaufter
Wirtschaftsredakteure, die Betulichkeit ADAC-strammer
Freizeitanimateure, kurz, die konstruktiv-kritischen
Beiträge von Lobbyisten jeder nur denkbaren
Abhängigkeit und Couleur über sich ergehen lassen muss,
der wird, wenn er über jenes Quäntchen Paranoia
verfügt, das den Intellektuellen macht, sich nur schwer dem
Eindruck entziehen können, zugleich Zeuge und Opfer einer in
den Medien gestaltgewordenen einzigen großen
Verschwörung geistiger Mediokrität, sozialen
Opportunismus' und politischer Korruption zu sein. Diesem
Eindruck entgegenzutreten, ist das Hauptinteresse des folgenden
Traktats. Nicht, dass nicht die Medien vielleicht wirklich ein
natürlicher Anziehungspunkt für geistig anspruchslose,
gesellschaftlich unvoreingenommene und politisch vielseitige
Personengruppen, mithin als ein Sammelbecken für jenen Typus
fungieren, für den Karl Kraus den Begriff Journaille parat
hält. Aber wenn das der Fall ist, dann nicht deshalb, weil
eine auf organisiertes Vorgehen erpichte opportunistisch-korrupte
Mediokrität sie, die Medien, zum Sammelplatz und Tatort
ihrer Verschwörung erkoren hätte, sondern umgekehrt,
weil die objektive Struktur der Medien Mediokrität als
conditio sine qua non der medialen Arbeit erzwingt, keine
Tätigkeit auf ihrem Boden zulässt, die nicht dem
Kriterium opportunistischer Offenheit und korrupter
Verfügbarkeit genügt. Mag, wer in die Medien Einlass
finden und an ihrem epochalen Werk mitwirken möchte, wes
Geistes Kind auch immer sein, – für das, was er im Rahmen
der Medien schließlich hervorbringt, ist diese subjektive
Kapazität und Disposition, die er mitbringt, am Ende ebenso
unerheblich wie für die homogen-seriellen Artikel in den
Gazetten die subjektive Intention und das persönliche
Engagement ihrer Schreiber. Bringen die Aspiranten auf eine
Mitarbeit in den Medien die dafür erforderliche geistige
Bescheidenheit, soziale Beweglichkeit und politische Bildsamkeit
bereits mit, so sind es im Sinne der Aufwandsersparnis die Medien
zufrieden. Wenn nicht, ist es auch egal, weil der strukturelle
Druck und objektive Zwang, der von den Medien ausgeht, stark
genug ist, um auch die eigenwilligsten Adepten Mores zu lehren
und die genannten Tugenden nämlich ihnen quasi
naturkräftig beizubiegen. Eben deshalb empfiehlt es sich
aber auch, bei der Betrachtung des medialen Verbunds sich von
vornherein jeden Gedankens an die im Verbund tätigen
Personen, jeder Rücksicht auf die mitwirkende
Subjektivität zu entschlagen und sich rein auf die
strukturellen Bedingungen, den objektiven Mechanismus, die nach
Funktion und Zweckbestimmung zu begreifende Apparatur der Medien
zu konzentrieren. Dass wir uns mit dieser
subjektfeindlich-strukturbeflissenen Vorgehensweise gleich
über ein für das Selbstverständnis und die
Arbeitsweise der Medien wesentliches Strukturprinzip hinwegsetzen
müssen, über das Prinzip nämlich, auf
reduktionistischen Objektivismus ein für allemal Verzicht zu
leisten und Subjektivität als letzten Bezugspunkt aller an
Objektivität geübten Reflexion und Kritik gelten zu
lassen, darf uns dabei nicht schrecken. Schließlich ist
Abweichung von dieser durch die Medien selbst dekretierten
Erkenntnisnorm die einzige Möglichkeit, sie selber zum
Gegenstand der Erkenntnis zu machen und in ihrer vollen Leibes-
und Lebensgröße in den Blick zu bekommen: als jenes
gesellschaftsübergreifend strukturelle Ganze und objektive
Phänomen, das sie – falls überhaupt etwas in der
Moderne darauf Anspruch erheben kann – als die
Nachfolgeorganisation der alleinseligmachenden Kirche in ihrer
Blütezeit ausweist und das aus der Absicht und dem Beginnen
einzelner herleiten, aus Subjektivität erklären, statt
aus objektiven Interessen verstehen, aus strukturellen
Verhältnissen begreifen zu wollen, in der Tat gerade so
abgeschmackt und lächerlich ist wie der Versuch, die
ecclesia triumphans auf Priestertrug und apostolisches Blendwerk
zurückzuführen.