III. Die formalen Techniken der medialen Information

Durch diese präventive Politisierung und präformierende Sozialisierung der Information, deren Urheber die um die Wertbeständigkeit ihrer Ware bangenden Produzenten selbst sind, werden die Medien ins Leben gerufen. Anders als die übrige große Industrie, aber durchaus stellvertretend für sie und in wohlverstandener Wahrnehmung der der letzteren eigenen Interessen, ist die Großindustrie des Informationswesens von der Stunde ihres Entstehens an damit befasst, ihre Ware mit sozialstrategischer Bedeutung zu befrachten und im Sinne einer politisch-ideologischen Funktionalität überzudeterminieren. Indem sie dem ebenso bedrohlich wie latent gesellschaftskritischen Potential und systemtranszendierenden Essential der Ware Information Rechnung trägt, treibt die Industrie des Informationswesens von Anfang an ihren Massenkonsumartikel unter dem Deckmantel eines auf den Konsumenten gemünzten Bedürfnisbefriedigungsversprechens in eine selbstbezügliche Reflexionsbewegung hinein und funktioniert ihn teils negativ in ein als Gegenversion verfügbares Mittel zur Abwehr der in ihm selber lauernden Gesellschaftskritik, teils positiv in ein per Revision wirksames Instrumentarium zur Neutralisierung der von ihm selber drohenden Systemtranszendenz um. Charakterologisches Ergebnis dieses mit der Ware Information von ihren Produzenten getriebenen doppelten Spiels ist die genannte, zwischen Verbreitung und Verhaltung, Publikation und Exhibition changierende unverwechselbare Fasson, in der die modernen Informationen erscheinen und die als ineins ihr unabdingbar institutioneller Rahmen und ihr unverbrüchlich existentieller Entfaltungsraum eben die Medien sind. Die allgemeine Benennung der den Informationen dabei widerfahrenden Umrüstung oder Mediatisierung ist indes eines – ein anderes ist die genauere Beschreibung der diese Mediatisierung ermöglichenden Bedingungen und Mechanismen. In der Tat ist die per medium der Medien den Informationen angetane Umfunktionierung in ein Mittel der sozialen Eigenblockade und politischen Selbstneutralisierung alles andere als bloß eine Sache des geeigneten Verfahrens. Wie einerseits zwar eine Frage der technischen Machbarkeit und formalen Mechanismen, so ist sie andererseits ebensowohl und primär ein Problem der realen Umstände und historischen Gelegenheit. Schließlich handelt es sich um einen Vorgang, der, all unserem dialektisierenden Gerede von Umfunktionierung zum Trotz, im Ergebnis einer förmlichen Charakterkonversion der Information und einem regelrechten Austausch ihrer gesellschaftlich-politischen Funktion gleichkommt. Ihrem historischen Wesen nach ist die Information ein Mittel gesellschaftlicher Kritik und politisch-ökonomischer Neuorientierung, und sie in ein Instrument reaffirmativer Selbstkritik und resignativer Eigenkontrolle umzuwandeln, kann deshalb kein bloß technisches Problem oder Problem einer einfach formalen Umrüstung sein. Weil es sich bei dieser Umwandlung vielmehr um eine Überführung von Kritik in ihr genaues Gegenteil handelt, müssen reale Umstände vorliegen, die dieser Überführung von Kritik in Affirmation den Anschein einer wirklichen Erfüllung der der Information von Haus aus eigenen Aufgabe verleihen, müssen historische Bedingungen herrschen, die diese komplette Kehrtwendung in der Orientierung mit der täuschenden Fasson einer Richtungsänderung um der Beibehaltung der ursprünglichen Richtung willen ausstatten.

Ehe aber auf diese für die mediale Umfunktionierung der Information konstitutiven realen Umstände und historischen Bedingungen näher eingegangen wird, sollen erst einmal die funktionalen Mechanismen und formalen Techniken in Augenschein genommen werden, mit deren Hilfe das durch solche Umstände und Bedingungen ermöglichte Umfunktionierungsgeschäft de facto betrieben und in praxi ausgeführt wird. Dieser Funktionsmechanismen und Verfahrenstechniken, die eine mittlerweile schon hundertjährige Umrüstungsroutine mit großer Perfektion ausgebildet und mit äußerster Deutlichkeit herausgearbeitet hat, sind in der Hauptsache drei. Wir wollen sie mit drei Begriffen, die zwar nicht eben durch sprachliche Leichtfüßigkeit und Eleganz hervorstechen, dafür aber den systematischen Zusammenhang und Prozesscharakter der Sache hervorheben, als Diskretisierung, Konkretisierung und Synkretisierung bezeichnen.

1. Diskretisierung

Der Terminus Diskretisierung zielt dabei auf den fundamentalen Zurichtungsakt, dem die Medien allesamt, von der "Frankfurter Rundschau" bis zur "Frankfurter Allgemeinen", vom "Vorwärts" bis zur "Deutschen Soldatenzeitung", von der "Welt der Arbeit" bis zum "Deutschen Börsenblatt", von "Bild", der schrecklichen Fratze des Gemeinwesens, bis zu ihrem Vexierbild für die gebildeten Stände, dem "Spiegel", vom Rundfunk-Bildungsprogramm bis zu Radio Luxemburg, vom Ersten Deutschen Fernsehen bis zu SAT 1, vom Kulturfeature bis zum Werbespot, vom Gespräch am runden Tisch bis zum Fernsehratespiel, kurz, wirklich und wahrhaftig unterschiedslos die Informationen, die in sie eingehen, unterwerfen. Wesentliche Leistung dieses Zurichtungsakts, als dessen Devise das "Bitte, ganz kurz!" des auf die Vermeidung jeder Form von Ausführlichkeit drängenden Reporters, Rechercheurs, Interviewers oder Moderators gelten muss, ist die Eingrenzung dessen, was als Information erscheinen soll, oder vielmehr seine Ausgrenzung aus dem natürlichen Milieu und unmittelbaren Reflexionszusammenhang, als dessen integrierender Bestandteil es sich versteht. Ausgrenzung aus dem natürlichen Milieu bedeutet dabei in der Hauptsache die Herauslösung der Information aus der historischen, systematischen, empirischen oder psychologischen Kontinuität, in der sie natürlicherweise auftritt, bedeutet jenes unverwechselbare Diskret-Werden des als Information Ausgewählten, wodurch aus einem Vorgang ein Ereignis, aus einer Historie eine Story, aus einem Sachverhalt eine Tatsache wird. Indem das, wovon die Information handelt, in Diskontinuität zu den übrigen Momenten des Prozesses beziehungsweise Kontexts, in dem es firmiert, gesetzt wird, verliert es seinen unmittelbaren Verweisungscharakter und seine natürliche Weitschweifigkeit und gewinnt jene äußere Abgeschlossenheit und innere Gedrängtheit, jene externe Gefasstheit und interne Dichte, die allein es befähigen, in dem künstlichen Arrangement aus kaleidoskopartigen Fertigteilen, mit deren Aufbau und Umbau die Medien unablässig befasst sind, seinen bestimmten und bestimmbaren Platz einzunehmen. Weil die Konstruktion, in die die Informationen durch die Medien aufgenommen, die Konfiguration, in die sie eingebaut werden, wesentlich durch die Prinzipien der medialen Darbietung und die Logik der medialen Verknüpfung bestimmt ist, kann Information nur das werden, was zuvor der gegebenen Präsentationsform und den gewordenen Verbindlichkeiten seines natürlichen Milieus radikal entrissen und fundamental entfremdet wird. Einzig in dieser milieuzerstörenden Diskretisierungsleistung hat die in der Zauberformel des "Bitte, kurz!" beschlossene initiierende Zurichtung der Information ihr Motiv, und nicht etwa, wie eine ihrer selbst nicht mächtige Medienzunft sich und andere glauben machen will, in Sparsamkeit oder einer auf die angebliche Psychoökonomie der Konsumenten gezielten Rücksichtnahme und Selbstbescheidung.

Mindestens ebenso wichtig aber wie die Ausgrenzung aus dem natürlichen Milieu, oder vielleicht sogar noch wichtiger als diese, ist der als Herauslösung aus dem unmittelbaren Reflexionszusammenhang apostrophierte andere Aspekt dieser diskretisierenden Zurichtung von Informationen. Solange die letzteren in eine als Kontext funktionierende Kontinuität eingebettet sind, bleiben sie an eine als der Begriff der Sache diese Kontinuität begleitende und kommentierende Reflexivität gebunden. Das heißt, sie bleiben bezogen auf ein durch den Kontext evoziertes und aktualisiertes Potential an kritischer Erfahrung und kraft Bestimmtheit bestimmender Urteilskraft, das gar nicht anders kann, als sie in seinen Reflexionszusammenhang hineinzuziehen und das Exempel seiner empirischen Kritikfähigkeit und seines Vermögens an determiniertem Urteil an ihnen zu statuieren. Nicht, dass solches Statuieren etwa bloßes Exekutieren wäre! Nicht, dass die als Exempel in Anspruch genommenen Informationen sich auf die Rolle reiner Illustrationen beschränkten! Nicht, dass sie die Kritik, die sich an ihnen übt, nicht ihrerseits in die Reflexion zu treiben, zu kritisieren, zu verändern taugten, dass sie das Urteil, das sich in ihnen bewährt, nicht von sich aus neu zu bedenken, zu bestimmen, zur Revision zu zwingen vermöchten! Tatsächlich ist es genau diese kriterielle Funktion im Zusammenhang der je schon geübten Kritik, diese präzedentielle Leistung im Rahmen bereits bestehender Urteile, was den Informationen ihren informativen Charakter, ihren effektiven Wert als Informationen verleiht! So wahr indes der Begriff aller Erfahrung, die Möglichkeit aller kontinuierlichen Kritik mit jener die Episode prädisponierenden Reflexivität, jener den Einzelfall präjudizierenden Urteilskraft steht und fällt, so wahr bleibt die letztere für den traditionellen Erfahrungsprozess und Kritikzusammenhang eine ebenso unentbehrliche perzeptionelle Grundlage wie unabdingbare kategoriale Voraussetzung.

Und genau jener empiriologischen Grundlage und kriteriologischen Voraussetzung gehen die Informationen durch ihre mediale Diskretisierung verlustig. Grundbedingung für die Auf- und Übernahme einer Information in den Medienzusammenhang ist deren als förmliche Initiation fungierende Ausgrenzung aus ihrem empirischen Zusammenhang und natürlichen Milieu, und diese Ausgrenzung ist nolens volens gleichbedeutend mit einer Abtrennung der Information von dem das natürliche Milieu als apperzeptionelle Synthesisfunktion begleitenden Erfahrungsprozess und als kategoriales Konstitutiv kommentierenden kritischen Fundus. Momentan befreit von jeder präfigurierenden Reflexion, en passant erlöst von jedem präjudiziellen Urteil, tritt die innerlich ebensosehr wie äußerlich diskret gemachte Information in den medialen Kontext ein, um in ihm ihren neuen, mit der alten natürlichen Stellung und unmittelbaren Relation unverwechselbaren Platz einzunehmen. Dabei bedeutet ihre momentane Befreiung von aller als apperzeptionelles Konstituens vorausgesetzten Reflexion, ihre vorübergehende Dispensierung von jeder als kategorialer Rahmen zugrunde liegenden Kritik selbstverständlich nicht, dass die Information in dem neuen Medium, in das sie sich aufgenommen findet, fortan ohne alle reflexive Bestimmung und bar jeder kritischen Bewandtnis bleibt. Wozu sollte auch eine Information ohne Reflexionsanspruch taugen, eine Information ohne kritische Absicht gut sein, wenn doch der entscheidende Zweck der medialen Vereinnahmung von Informationen gerade in der Bewältigung und Kontrolle dieses latenten reflexiven Moments und inhärenten kritischen Potentials besteht? Sobald also die für den Augenblick diskretisierte Information Aufnahme in das Medium gefunden hat, darf und muss sie, wie einerseits wieder in einen Kontext sich einfügen, so andererseits auch erneut eine reflexive Dimension und kritische Relevanz gewinnen. Der Unterschied ist nur, dass diese jetzt nicht mehr der Information apperzeptionell vorausgesetzt sind und kategorial zugrunde liegen, so dass die letztere gezwungen wäre, sich in ihrem dialektischen Rahmen und auf ihrem spezifischen Grund zu bewegen und zu entfalten, sondern dass sie im Gegenteil die Information selber zur existentiellen Voraussetzung und reellen Grundlage haben, so dass sie umgekehrt auf deren Strukturrahmen und auf deren empirischen Boden in ihrer eigenen Entwicklung angewiesen und in ihren Entfaltungsmöglichkeiten beschränkt bleiben. In der Tat hat sich damit die ganze Richtung und Gewichtung des informativen Vermittlungs- und Erfahrungsgangs umgedreht. Statt in eine vorausgesetzte reflexive Diskursivität eingebettet, statt integrierender Bestandteil einer zugrunde liegenden kritischen Kontinuität zu sein, werden die Informationen selber zur tragenden Voraussetzung einer Reflexionstätigkeit, die sich allererst an ihnen diskontinuierlich-paradigmatisch entspinnt, werden sie als solche zum Realfundament einer kritischen Funktion, die sich überhaupt nur durch sie episodisch-intuitiv entfaltet. Statt dass ein bestehender Reflexionsprozess und funktionierender Kritikzusammenhang an ihnen sich seine referentiellen Beispiele nähme, sind vielmehr sie nun die paradigmatischen Ereignisse, auf Grund deren der Reflexionsprozess überhaupt in Gang kommt und der Kritikzusammenhang sich jeweils neu konstituiert.

Dass diese Umkehrung des Prioritätsverhältnisses zwischen Gattung und Exemplar, Geschichte und Ereignis, Kategorie und Faktum die Präsentations- und Darstellungsform der Information nachdrücklich verändert, liegt auf der Hand und wird durch die gesamte Produktion der modernen Medien bezeugt. In dem Maß, wie die modernen Medien das Abhängigkeits- und Bedingungsverhältnis von allgemeiner Reflexion und besonderer Information umkehren, ist ihr Darstellungsprinzip nicht mehr das einer syntaktischen Systematik, sondern eines der anekdotischen Paradigmatik und erweist sich als ihre Präsentationsform nicht mehr die an Beispielen fortlaufende diskursive Interpretation, sondern die von Fall zu Fall wiederaufgenommene exegetische Induktion. Mag aber die von den modernen Medien vollzogene Ersetzung der traditionellen diskursiv-interpretatorischen Fallbeurteilung kraft vorhandenem historischem Begriff durch die neue intuitiv-exegetische Begriffsbildung mittels gegebener Fallgeschichte eine noch so große und nachdrückliche Alteration der Darstellungs- und Präsentationsform bedeuten, eine entsprechende inhaltliche Veränderung scheint sie deshalb nicht notwendig zu implizieren. Warum sollte sie? Schließlich sind es ja nicht nur dieselben Menschen, sondern erst einmal auch dieselben reflexiven Verstandeskräfte und kritischen Urteilsvermögen, die, was sie vorher mit Hilfe von Informationen, die als Beispielfälle fungieren, im Sinne einer grundlegenden Empirie immer weiter realisieren und zum Tragen bringen, jetzt umgekehrt auf der empirischen Grundlage von Informationen, die als Fallbeispiele firmieren, immer wieder elaborieren und zur Erscheinung kommen lassen. Und also handelt es sich erst einmal um ein und dieselben reflexiven Erkenntnisse und kritischen Einsichten, die, wie dort als ein anhand von Informationen interpretativ zu bewährendes Zeugnis der Erfahrung, so hier als ein auf Grund von Informationen exegetisch zu gewinnendes empirisches Erzeugnis Gestalt annehmen und Aktualität erlangen. Wo sollte da ein inhaltlicher Unterschied, eine Differenz in der reflexiven Bestimmung und kritischen Sache herkommen? Indes, wenn auch erst einmal keine inhaltliche Differenz, impliziert der Wechsel vom traditionellen Erfahrungszeugnis zum empirischen Erzeugnis medialen Zuschnitts doch eine Verschiebung in der Funktion, die einer Veränderung des Inhalts bedenklich nahekommt und die, näher besehen, der bloßen Umkehrung in der Priorität der am Verhältnis beteiligten Faktoren die Bedeutung einer völligen Umwertung des Verhältnisses selbst verleiht.

2. Konkretisierung

Diese funktionale Umwertung des ganzen Verhältnisses, in der die scheinbar bloß formale Umkehrung in der Priorität der beteiligten Faktoren resultiert, wird immer dann thematisch, wenn – wie mit äußerster Zuverlässigkeit und unendlicher Stereotypie geschieht – an die durch Diskretisierung zur Aufnahme in den medialen Kontext präparierte Information von Seiten des Mediums die dringende Aufforderung ergeht, "bitte konkret", "bitte möglichst konkret", "bitte ganz konkret" zu sein; und deshalb wollen wir sie als Konkretisierung bezeichnen. Mit der Forderung nach Konkretisierung, die formell nur die Freigabe der Information für die an ihr zu vollziehende medienimmanente Reflexions- und Kritiktätigkeit markiert, wird materiell zugleich der freigegebene Reflexions- und Kritikprozess einer zwiefach determinierenden Konditionierung unterworfen: nämlich nicht nur der bereits genannten allgemeinen Bestimmung, derzufolge er aufhört, eine dem informativen Beispielfall je schon apperzeptionell vorausgesetzte und kategorial zugrunde liegende diskursiv-dialektische Rahmenbestimmung zu sein, und sich vielmehr mit der Rolle einer vom informativen Fallbeispiel jeweils präzedentiell erzeugten und paradigmatisch vorgeführten intuitiv-exegetischen Leibesfrucht bescheidet, sondern auch und vor allem jener besonderen Kondition, die der Begriff der Konkretisierung als solcher ausspricht und derzufolge der Reflexions- und Kritikprozess gehalten ist, mit dem, woraus er erzeugt wird, in actu seiner Kreation wortwörtlich zu konkreszieren, zu verwachsen. Was der reflexiven Kritik der in den medialen Zusammenhang Aufnahme findenden diskretisierten Information nämlich zugemutet wird und was das der Aufnahme unmittelbar folgende Gebot der Konkretisierung als Forderung ausspricht, ist dies Doppelte, dass die an der Information zu gewinnende Erfahrung an dem, woran sie gewonnen wird, nicht bloß ihren tragenden Grund und paradigmatischen Boden haben, sondern auch und vor allem ihren prägenden Stoff und ihren definitorischen Inhalt finden soll. In dem Maß, wie die Information einerseits die Bestimmung hat, der Reflexion das Fundament zu bieten, soll sie zugleich dazu da sein, als Strukturmoment in die Reflexion selber einzugehen und als substantieller Bestandteil die Kritik als solche zu durchdringen. Je weiter die Reflexion auf dem Boden der Information sich entfaltet und je mehr die Kritik auf ihrem Grunde Gestalt gewinnt, um so weiter geht auch die Reflexion darin fort, sich mit der elementaren Substanz dieses Bodens, dem sie entsprießt, leibhaftig zu erfüllen, und um so mehr zeigt sich die Kritik dazu bereit, die spezifische Prägung und Färbung dieses Grundes anzunehmen, dem sie entstammt. Endpunkt der so gearteten Rückbindung der Reflexion an ihr eigenes Fundament und Infiltration der Kritik durch ihr eigenes Substrat ist nach Möglichkeit ein Zustand, in dem das eine mit dem anderen, das Faktum mit der Kategorie, das, woran die Erfahrung gemacht wird, mit der gemachten Erfahrung selbst untrennbar verbacken und unauflöslich verschmolzen, eben konkresziert, erscheint. Kein reflexiver Vorgang, der so nicht in einer Art von mystischer Regression mit dem sich vermählte, was ihn gebiert, kein kritischer Prozess, der nicht in einer Art von alchimistischer Reaktion mit dem sich verbände, was ihn freisetzt.

Dass solche als Konkretisierung ausgesprochene eigentümliche Konditionierung des an der Information sich entspinnenden Reflexions- und Kritikprozesses in einer bloß formalen Umkehrung der Priorität von Faktoren sich so wenig erschöpft, dass sie im Gegenteil auf eine völlige funktionale Umwertung dieser Faktoren selbst hinausläuft, hält nicht schwer zu gewahren. Dazu genügt ein kurzer Rückblick auf das Verhältnis, in dem die beteiligten beiden Faktoren von Kategorie und Faktum, Gattung und Exemplar, allgemeiner Reflexion und besonderer Information traditionellerweise zueinander stehen. Solange die kritische Reflexion noch als apperzeptionelles Organ und kategorialer Rahmen den Informationen, die sie erfasst und an denen sie sich betätigt, vorausgesetzt bleibt, zeichnet sich ihre Beziehung zu ihrem Stoff durch das paradoxe Verhalten einer ebenso manifesten Indifferenz und Rücksichtslosigkeit wie gerade hierin latenten Anteil- und Parteinahme aus. Indifferent und rücksichtslos ist sie, weil die Informationen, an denen sie geübt wird, ihr tatsächlich nur in dem Maß etwas gelten, wie sie an ihnen ihre reflexive Diskursivität zu entfalten und ihre kritische Kontinuität zu bewähren vermag, weil sie für sie also nur insoweit überhaupt von Interesse sind, wie sie an ihnen im oben explizierten Verstand ihr Exempel statuieren kann. Ganz im Sinne besagter reflexiver Indifferenz und kritischer Rücksichtslosigkeit besteht dabei das Exempel, das an den Informationen statuiert wird, vornehmlich in ihrer Reduktion auf einen Begriff, ihrer Rückführung auf einen Punkt, der in Anbetracht der Informationen selbst in der autokratischen Stellung eines ihnen gegenüber ebenso fremdbürtigen wie übermächtigen Bestimmungsgrunds, eines ihr Dasein ebenso stereotyp wie abstrakt entscheidenden Kriteriums firmiert und in bezug auf den deshalb umgekehrt sie die Bedeutung eines höchst unfreiwilligen Zeugnisses und rein symptomatischen Ausdrucks seines eigenwilligen Funktionierens annehmen. Der kritische Punkt und Begriff, auf den die Reflexion die Informationen reduziert, sind der im kapitalen Verwertungsprinzip bestehende grundlegende Widerspruch der gesellschaftlichen Reproduktion, der seinen innerökonomischen Ausdruck im Gegensatz von Kapital und Arbeit hat, und der aus der totalen Ausbeutungsstrategie, zu der das Verwertungsprinzip sich entfaltet, resultierende durchgängige Konflikt im gesellschaftlichen Zusammenleben, der seinen spezifisch politischen Ausdruck im Klassenkampf findet. Diesen essentiellen Komplex aus verwertungsbestimmt kapitalem Widerspruch und ausbeutungsbedingt sozialem Konflikt sieht die traditionell kritische Reflexion allen gesellschaftlichen Verhältnissen und kulturellen Erscheinungen symptomatisch – und das heißt, ebenso zentral und reell wie äußerlich und akzidentiell – eingebildet und ihn sucht sie deshalb aus allen ihr informativ begegnenden gesellschaftlichen Verhältnissen und kulturellen Erscheinungen analytisch – und das heißt, als deren ebenso definitive und hintergründige wie reduktive und zerstörerische Wahrheit – herauszulesen oder vielmehr herauszulösen. Dieser Widerspruch und Konflikt ist die einzige Erfahrung, die an den ihr als Informationen sich präsentierenden Verhältnissen und Erscheinungen die Reflexion zu machen bestrebt ist, – eine Erfahrung, die, der Natur der Sache oder vielmehr ihrer eigenen Logik gemäß, nicht zuletzt die Einsicht in die Irrelevanz und Austauschbarkeit dessen, woran sie gemacht wird, das heißt, in die Unwesentlichkeit und Beliebigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse und kulturellen Erscheinungen selber einschließt und die eben damit jene gegenüber der besonderen Natur und konkreten Bewandtnis der Informationen durchgängige Indifferenz und Rücksichtslosigkeit begründet, die oben als das Charakteristikum der traditionellen kritischen Reflexion angegeben wurde. So sehr die Erfahrung, die die Reflexion an den Informationen und mittels ihrer zu machen strebt, ein den besonderen Stoff der Informationen ignorierendes abstraktes Sein, ein ihren konkreten Inhalt negierendes heteronomes Wesen ist, so sehr ist die Beziehung, die die Reflexion selbst zu diesem besonderen Stoff und konkreten Inhalt unterhält, durch eine entsprechende transzendentallogische Gleichgültigkeit und empiriologische Negativität bestimmt.

Genau in diesem Punkt aber bedeutet die Konkretisierung, die die moderne, nicht mehr den Informationen je schon transzendental zugrunde liegende und kategorial vorausgesetzte, sondern ihnen vielmehr jeweils original entspringende und phänomenal geschuldete Reflexion zum Programm erhebt, einen einschneidenden Neuansatz und eine durchgreifende Neuorientierung. Mit jener generalistisch-abstraktiven Widerspruchserfahrung und essentialistisch-reduktiven Konfliktwahrnehmung, deren sie in ihrer traditionellen Gestalt den empirischen Stoff der Informationen überführt, will sie sich in ihrer modernen Form plötzlich partout nicht mehr zufriedengeben. Stattdessen setzt sie ihre Ehre darein, jene allgemeine Erfahrung, die sie an den Informationen macht, zugleich als mit dem empirischen Stoff der letzteren strikt vermittelt, als durch ihren phänomenalen Inhalt gründlich spezifiziert zu erweisen. Zwar ist es nach wie vor der alte ökonomische Widerspruch und vorherige politische Konflikt, den sie in den gesellschaftlichen Verhältnissen und kulturellen Erscheinungen mit reflexivem Spürsinn und in kritischer Absicht aufdecken will, aber er nun nicht mehr als eigenmächtiges Essential, sondern als bodenständiges Existential der Verhältnisse, er nicht mehr als generelles Kriterium, sondern als spezifische Eigenschaft der Erscheinungen. Quasi im Bemühen, der objektiven Indifferenz und restriktiven Negativität entgegenzuwirken, die die zu machende Erfahrung dem, woran sie sich machen lässt, beweist, wird jetzt alles darangesetzt, den abstrakten Widerspruch, auf den die Reflexion aus ist, mit den Verhältnissen, an denen er hervortritt, in relativen Einklang zu bringen, den heteronomen Konflikt, um den es ihr geht, mit den Erscheinungen, an denen er sich zeigt, in phänomenale Verbindung treten zu lassen. Nicht schon, wenn sie die Verhältnisse auf den Widerspruch in ihnen, die Erscheinungen auf den ihnen immanenten Konflikt reduziert hat, will sie sich zufriedengeben, sondern erst, wenn sie den Widerspruch und Konflikt solcherart spezifiziert und konkretisiert hat, dass die Verhältnisse, in denen er zum Ausdruck kommt, sich als die reflexiv seinen und die Erscheinungen, an denen er hervortritt, sich als seine repräsentativ eigenen erweisen.

Ob sich die Reflexion der Arbeitslosigkeit, der internationalen Finanzkrisen, der Ausbeutung der Dritten Welt, der Kollaboration mit reaktionären und totalitären Regimen, des weltweiten Waffenhandels annimmt, stets geht es ihr dabei nicht einfach um den ökonomischen Widerspruch einer an die Ausbeutung und Vernichtung von Arbeitskraft gebundenen Wertschöpfung in genere, sondern um ihn in specie eines strikt auf die jeweilige Situation bezüglichen Missverhältnisses und Versagens: um ihn in Gestalt von Strukturproblemen und Anpassungsversäumnissen, von fehlenden finanziellen Steuerungsinstrumenten und unsoliden Staatshaushalten, von Ungleichgewichten der Wirtschaftskraft und Ungleichzeitigkeiten der Wirtschaftsentwicklung, von verfehlten weltpolitischen Optionen und falsch plazierten Investitionen, von gefährlichen Übergewichten der Rüstungsindustrie über die "produktiven" Industrien, und so weiter, und so weiter. Ob sich die Kritik auf die ökonomische Not der Alten, die psychische Verwahrlosung der Kinder, die soziale Unterdrückung der Frauen, die rassische Diskriminierung von Minoritäten kapriziert, stets zielt sie dabei nicht einfach auf den zentralen sozialen Konflikt einer mit der Deklassierung und Verelendung von Menschen verkoppelten Reichtumsbildung, sondern auf ihn in der Marginalität einer genau auf die jeweiligen Erscheinungen gemünzten Fehlfunktion und Fehlentwicklung: auf ihn in Form der Gleichgültigkeit der im Erwerbsleben stehenden gegen die aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Altersgruppen, der Vernachlässigung orientierungsbedürftiger Jugendlicher durch verantwortungslose Erwachsene, der Benachteiligung des "schwächeren" durch das "stärkere" Geschlecht, der Feindseligkeit der zur Gruppe Gehörigen gegenüber Gruppenfremden. Dass die Arbeitslosigkeit sich ebensogut und vielmehr besser aus der ganz allgemeinen Tendenz des Kapitals zur profitmaximierenden Rationalisierung der Arbeit und relativen Überproduktion erklären, die Unterstützung reaktionärer Regime sich ebensogut und besser mit der ganz pauschalen Tendenz des Kapitals, dorthin zu fließen, wo die Ausbeutungsrate am höchsten ist, begründen lässt, dass die Verwahrlosung der Kinder ihre vollständige Ursache in der auf Reichtumsbildung um jeden Preis abgestellten und ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Bedürfnisse in die Länge und Breite einer tödlichen Unterhaltungsindustrie und Reklamewelt durchgesetzten Wertproduktion und Wertrealisierung hat, von deren Frondienst auch Eltern nicht ausgenommen sind; dass für die Unterdrückung der Frauen der voll und ganz zureichende Grund in dem Prinzip kapitaler Arbeitskräfteverwertung liegt, alle lohnarbeitsfähigen Gruppen egalitär zu rekrutieren und sie dann unter Ausnutzung jeder biologischen, sozialen, traditionell emotionalen oder sonstigen Schwäche beziehungsweise Benachteiligung gegeneinander auszuspielen, um nicht nur jede mögliche Solidarisierung im Keim zu ersticken, sondern mehr noch die eine Gruppe als Instrument der verstärkten Ausbeutung der anderen nutzbar zu machen; dass die Feindseligkeit gegen fremdbürtige Arbeiter ihre ganz und gar erschöpfende Erklärung in der als Identifikation mit dem Aggressor wohlbekannten Verschiebungsleistung findet, dank deren alle dem Kapital als dem Urheber ökonomischer Krisen geltende Existenzangst sich auf die als Krisensymptome figurierenden primären Opfer des Kapitals verschiebt – all das kann die Reflexion in ihrem neuen Entschluss, den Verhältnissen eben nicht nur jenen allgemeinen kapitalen Widerspruch, sondern vielmehr "ihren" verhältnismäßigen funktionalen Widerstreit, den Phänomenen eben nicht bloß jenen abstrakten sozialen Konflikt, sondern vielmehr "ihre" konkrete phänomenale Differenz nachzuweisen, durchaus nicht irre machen.

Was sie in ihrem Entschluss gleichermaßen bestimmt und bestärkt, ist ihre doppelte Überzeugung nicht nur von der theoretischen Angemessenheit, sondern auch vom praktischen Nutzen solcher Konkretisierungsbewegung. Für theoretisch angemessen hält sie solche Spezifizierung des allgemeinen Widerspruchs zum besonderen Widerstreit, solche Konkretisierung des abstrakten Konflikts zur konkreten Differenz, weil ihr erst dadurch gewährleistet scheint, dass dem subjektiv-individuellen Charakter der jeweiligen Verhältnisse Rechnung getragen und den persönlich-menschlichen Qualitäten der jeweiligen Erscheinungen Genüge getan wird. Die jeweiligen Verhältnisse immer bloß in den allgemeinen kapitalen Widerspruch hinein zu reflektieren, sie einfach nur dem Kriterium des einen abstrakten sozialen Konflikts zu subsumieren, gilt der neuen, medialen Reflexion nicht allein als langweilig und einfallslos, sondern auch als lieblos und zynisch insofern, als damit die ganze subjektive Lebendigkeit der Verhältnisse einem objektiven Zwangsmechanismus unterworfen, die ganze menschliche Vielfalt der Erscheinungen einer unmenschlichen Stereotypie ausgeliefert wird. Mit solch liebloser Auflösung von lebendiger Subjektivität in tötende Objektivität und solch unmenschlicher Rückführung vielfältiger Erscheinungen auf einen einfältigen Mechanismus will die neue, mediale Reflexion partout nichts mehr zu tun haben. Was sie von dem Widerspruch, dem sie das jeweilige Verhältnis zur Last legt, von dem Konflikt, auf dessen Konto sie die jeweilige Erscheinung schreibt, verlangt, ist, dass er eine dem Subjektcharakter des jeweiligen Verhältnisses entsprechende Individualität aufweist, in einer den menschlichen Zügen der jeweiligen Erscheinung gemäßen Personalität sich zu erkennen gibt. Nicht das Kapital in effectu sinkender Renditen und fehlender Profite, sondern es in effigie erfolgloser Konkurrenten und veralteter Industrien, nicht es in Form von Handelsbilanzen, Auslandsinvestitionen, Weltmarktinteressen, sondern es in Gestalt von Entwicklungshilfe, außenpolitischen Bündnissen, Militärstrategien, nicht die Eltern als gleichgültige industrielle Erzeuger und Verbraucher, sondern sie als verantwortungslose, familiäre Erzieher und Versorger, nicht die Männer als verdinglichte menschliche Arbeitskräfte, sondern sie als eigensüchtig sexistische Chauvinisten, nicht der Ausländerhass als Ausfluss verschobener ökonomischer Existenzangst, sondern er als Ausdruck aufklärungsbedürftig verbohrten Sozialverhaltens – dies also stellen im Kriterium der neuen Reflexion Erklärungsfiguren dar, die es erlauben, Fakten und Phänomenen wie der Massenarbeitslosigkeit, der Kollaboration mit totalitären Regimen und Ausbeutung der Dritten Welt, der Verwahrlosung der Kinder, Unterdrückung von Frauen oder Feindseligkeit gegen Minoritäten eine ihrem subjektiven Charakter und ihrer lebendigen Individualität gemäße nichtreduktionistische und von Objektivismus freie Behandlung angedeihen zu lassen. Weil es bei jener im Zeichen medialer Konkretisierung durchgeführten reflexiven Ursachenforschung und kritischen Bestandsaufnahme wesentlich darum geht, generische Komparabilität zwischen dem Phänomen selbst und dem, worauf die Reflexion es zurückführt, herzustellen, empirische Kongenialität zwischen dem Faktum als solchem und dem, was die Kritik für es verantwortlich macht, zu erzeugen, besteht das Verfahren in der Hauptsache darin, eine dem individuellen Charakter des Phänomens, dem persönliche Gepräge des Faktums entsprechende indvidualisierte Motivation und personalisierte Urheberschaft zu ermitteln. Eine die Phänomene vor aller Heteronomisierung bewahrende generische Komparabilität des Grunds, aus denen sie sich herleiten lassen, eine den Fakten allen fremden Zwang ersparende empirische Kongenialität der Faktoren, auf die sie zurückzuführen sind: das also ist es, was die mediale Reflexion im Interesse einer theoretisch angemessenen – und das heißt, nicht mit reduktionistischer Lieblosigkeit geschlagenen, nicht von objektivistischem Zynismus getragenen – Behandlung des Sachverhalts anstrebt.

Nicht allein aber theoretisch angemessen, sondern ebensowohl praktisch nützlich will der Reflexion, was sie tut, erscheinen. Schließlich ist Absicht ihrer den generellen Widerspruch und zentralen Konflikt in den Dingen als ein spezielles Missverhältnis und als marginale Fehlfunktion dingfest machenden Konkretisierungsbemühungen kein bloß theoretischer Gewinn, sondern ein durchaus praktischer Erfolg, nämlich dies, dem konkretisierten Mangel nach Maßgabe der Erkenntnis seiner Ursachen abzuhelfen. Lässt sich denn vom einfachen Insistieren auf dem abstrakten kapitalen Widerspruch in den Dingen solche praktische Abhilfe erwarten? Ist nicht die Beschränkung auf eine bloße Ostentation des heteronomen sozialen Konflikts in den Verhältnissen in praxi gleichbedeutend mit dem resignativen Verzicht auf jeden Versuch, an den Verhältnissen etwas zu ändern? Und ist nicht Bedingung für alle praktische Veränderung und faktische Korrektur eben jene Konkretisierung des allgemeinen Widerspruchs und Spezifizierung des wesentlichen Konflikts, die es erlaubt, für den jeweiligen Sachverhalt ein eigenes situatives Missverhältnis und Versagen, eine bestimmte subjektive Fehlfunktion und Fehlentwicklung haftbar zu machen? Indes ist die für diese Argumentation grundlegende Überzeugung, dass das reine Insistieren auf dem allgemeinen ökonomischen Widerspruch selbst, das schiere Ostentieren des wesentlichen sozialen Konflikts als solchen gleichbedeutend sei mit einem resignativen Verzicht auf praktische Veränderung überhaupt, weitaus weniger evident, als die mit solcher Argumentation operierende mediale Reflexion glauben machen möchte. Schließlich hat in ihrer traditionellen Gestalt die kritische Reflexion ja durchaus nichts anderes getan als in unablässiger reflexiver Diskursivität immer nur jenen einen allgemeinen Widerspruch kapitaler Verwertung in den Dingen herauszuarbeiten und zu analysieren, in unverdrossener kritischer Kontinuität stets wieder jenen identischen fundamentalen Konflikt sozialer Ausbeutung in den Verhältnissen offenzulegen und vorzuführen! Und schließlich hat sie dies in der Überzeugung getan, hiermit die theoretische Vorarbeit für eine die Dinge im Kern betreffende Veränderung zu vollbringen und die analytischen Vorbereitungen für eine die faktischen Verhältnisse von Grund auf umwälzende korrektive Praxis zu absolvieren. So gewiss die traditionelle Reflexion auf jenem allgemeinen ökonomischen Widerspruch und wesentlichen sozialen Konflikt als auf der entscheidenden Ursache allen phänomenalen Übels und dem maßgebenden Grundfaktor aller faktischen Krise beharrt, so gewiss beharrt sie zugleich auf der praktischen Möglichkeit, dem Übel durch die Beseitigung dieser entscheidenden Ursache abzuhelfen, die Krise durch die Bekämpfung ihres maßgebenden Grunds zu überwinden.

Wenn jetzt die Reflexion in ihrer neuerworbenen medialen Fasson eine dezidiert andere Bestandsaufnahme und spezifiziert differente Ursachenforschung als conditio sine qua non jeder praktischen Einflussnahme und empirischen Veränderung propagiert und die Wahrnehmung des Widerspruchs in seiner allgemeinsten Form für ebenso praktisch defätistisch wie theoretisch zynisch, die Realisierung des Konflikts in seiner wesentlichen Bestimmtheit für ebenso faktisch aussichtslos wie analytisch lieblos erklärt, so tut sie das offenbar kraft einer ebenso unerklärten wie vollkommenen Neueinschätzung der Lage, der zufolge jener allgemeine Widerspruch und wesentliche Konflikt alle Züge einer nach Maßgabe seiner analytischen Unterscheidbarkeit und theoretischen Isolierbarkeit in den Verhältnissen erwiesenen praktischen Angreifbarkeit und empirischen Aufhebbarkeit abgelegt und den Charakter stattdessen einer in den Dingen unabdingbar einbegriffenen objektiven Gegebenheit, eines mit den Verhältnissen untrennbar verknüpften natürlichen Existentials angenommen hat. Stellt man den Defätismusvorwurf, den die mediale Reflexion gegen ihre eigene traditionelle Praxis nunmehr erhebt, angemessen in Rechnung, so ist als die entscheidende epistemologische Voraussetzung oder vielmehr ontologische Basis ihrer neuen Ursachenforschung und Bestandsaufnahme unschwer die Gewissheit zu erkennen, dass die als Information in Frage stehenden Sachverhalte kein von dem allgemeinen Widerspruch, den sie inkorporieren, ablösbares besonderes Sein, keine von dem wesentlichen Konflikt, den sie kodifizieren, ausnehmbare genuine Beschaffenheit mehr aufweisen und dass deshalb das Bemühen, sie von diesem ihrem allgemeinen Widerspruch zu emanzipieren, ihnen Absolution von ihrem wesentlichen Konflikt zu erwirken, an larmoyanter Sinnlosigkeit und eklatanter Nutzlosigkeit dem Versuch gleichkommt, sie ihrer eingefleischtesten Identität zu berauben und sie zum Verzicht auf das zu bewegen, was ihnen geradeso wichtig ist als sie sich selbst.

War es der Reflexion in ihrer traditionellen Form noch darum zu tun, jenen allgemeinen ökonomischen Widerspruch und wesentlichen sozialen Konflikt als in den Dingen fremde Bestimmtheit zu negieren, so ist sie in ihrer neuen medialen Fassung vielmehr darauf aus, jenen Widerspruch und Konflikt als bei aller Fremdheit und Heteronomie den Dingen innewohnende Beschaffenheit und mit den Verhältnissen verwachsene Disposition zu akzeptieren. So gesehen kann es ihr bei ihrer veränderten Ursachenforschung, ihrer neuen Bestandsaufnahme aber auch gar nicht, wie oben behauptet, um eine Spezifizierung jenes allgemeinen Widerspruchs als solchen gehen, sondern höchstens um die Detaillierung dessen, was die jeweiligen Dinge an über jenen allgemeinen Widerspruch hinausgehender besonderer Widersprüchlichkeit, an zu jenem wesentlichen Konflikt hinzukommendem akzidentiellem Konfliktstoff sonst noch enthalten. Sowenig jener in all seiner Fremdbürtigkeit als eingefleischte Beschaffenheit der Dinge akzeptierte allgemeine Widerspruch, jener in all seiner Heteronomie als quasi natürliche Disposition der Verhältnisse gelten gelassene wesentliche Konflikt überhaupt noch als Kritikpunkt in Frage steht, sowenig kann die in den Sachverhalten nunmehr reflektierte besondere Art von Missverhältnissen und Defekten etwas sein, was sich als bloße Konkretisierung auf dem Boden jenes allgemeinen Widerspruchs und wesentlichen Konflikts bewegte. Vielmehr ist im genauen Gegenteil dies neuerdings Reflektierte durch seine Abweichung vom Normalfall jenes allgemeinen Widerspruchs in den Dingen charakterisiert, dies nunmehr Kritisierte durch seinen typologischen Verstoß gegen die Idealform jenes wesentlichen Konflikts in den Verhältnissen definiert. Dies ist ja die logische Implikation der neuen reflexiven Ursachenforschung und kritischen Bestandsaufnahme, die einer Anerkennung der normativen Realität jenes qua Verwertungsprinzip allgemeinen Widerspruchs, einer Absegnung der typischen Faktizität jenes qua Ausbeutungsstrategie wesentlichen Konflikts das Wort redet, dass das, was als Ursache und verantwortlicher Faktor für Fehlentwicklungen und Missverhältnisse dingfest gemacht wird, sich nicht etwa durch prinzipielle Übereinstimmung mit dem normalen ökonomischen Widerspruch, sondern im Gegenteil durch akzidentielle Abweichung von ihm, nicht etwa durch affiliative Zugehörigkeit zum typischen sozialen Konflikt, sondern vielmehr durch partikulare Abartigkeit im Vergleich mit ihm auszeichnet. Und dies ist dann auch die praktische Konsequenz der neuen reflexiven Schuldzuweisung, dass es einzig und allein um eine Freisetzung der reflektierten Dinge von ihrer dergestalt abweichenden Beschaffenheit und Wiedereinsetzung in statum pristinum der normalen ökonomischen Widersprüchlichkeit, um eine Trennung der kritisierten Verhältnisse von ihrer solcherart abartigen Disposition und Rückführung in statum integrum der typischen sozialen Konflikthaftigkeit geht. Weil die neue mediale Reflexion den allgemeinen ökonomischen Widerspruch in den Dingen je schon als deren natürliche Beschaffenheit anerkennt, den wesentlichen sozialen Konflikt in den Verhältnissen je schon als deren eingeborene Disposition gelten lässt, ist ihre theoretische Suche nach den besonderen Gründen für Mangelerscheinungen, nach den für Defekte verantwortlichen speziellen Faktoren immer schon auf den praktischen Versuch gemünzt, durch Beseitigung jener besonderen Gründe die vom ökonomischen Widerspruch, dem Verwertungsprinzip, ganz allgemein beherrschte normale Realität wiederherzustellen, durch Ausschaltung jener speziellen Faktoren die vom generellen sozialen Konflikt, der Ausbeutungsstrategie, durchgängig bestimmte typische Faktizität neu zur Geltung zu bringen.

Dies also ist die in praktischer Hinsicht entscheidende Neubeurteilung der Lage, die dem qua Konkretisierung veränderten Umgang mit den Informationen, wie ihn die mediale Reflexion kultiviert, zugrunde liegt: dass das, was der letzteren in ihrer traditionellen Gestalt als Wurzel allen ökonomischen Übels und als Quelle allen sozialen Unheils galt, ihr jetzt als die unverbrüchliche Basis jeglicher ökonomischen Normalität und als ein unverzichtbares Element aller sozialen Faktizität erscheint und dass dementsprechend das, was sie nunmehr als den Grund ökonomischen Übels auszumachen, als den für soziales Unheil verantwortlichen Faktor zu erkennen neigt, ganz generell dadurch definiert ist, dass es jenen gemeinsamen Boden der Normalität in Richtung auf partikularistische Privatwidersprüche verlässt, dass es jenes tragende Element der Faktizität zugunsten idiosynkratischer Sonderkonflikte preisgibt. Ob diese Neubeurteilung der Lage eher der empirischen Beobachtung oder einer interessierten Wahrnehmung entspringt und ob mit ihr also die mediale Reflexion eher einem objektiv veränderten Tatbestand Rechnung trägt oder einer ideologischen Revision der Tatsachen Vorschub leistet, muss vorerst offenbleiben und wird später bei Gelegenheit der Frage nach den historischen Bedingungen für die in dieser Neubeurteilung beschlossene und oben als Eigenblockade oder Selbstneutralisierung charakterisierte Umfunktionierung des reflexiven Metiers und kritischen Geschäfts noch zu klären sein. Festgehalten werden soll hier erst einmal, dass mit ihrer in praktischer Hinsicht maßgebenden Neubeurteilung der Lage die mediale Reflexion eine geradezu paradox anmutende Komplementärversion zu der zuvor erwähnten Neueinschätzung darbietet, die in bezug auf das gleiche Verhältnis unter theoretischen Gesichtspunkten ausschlaggebend für sie ist: Was sie, praktisch gesehen, als bestimmende Ursache realer Fehlentwicklungen und als für faktische Missverhältnisse verantwortlichen Faktor deshalb verwirft, weil sie darin vielmehr die endogene Struktur aller Realität und die für jede Faktizität verbindliche Disposition erkennt, das schließt sie, theoretisch betrachtet, in der Eigenschaft einer bestimmenden Ursache und eines maßgebenden Faktors deshalb aus, weil es ihr als eine der subjektiven Autonomie der Dinge unangemessene objektivistisch heteronome Bestimmung, eine der individuellen Vielfalt der Verhältnisse unzuträgliche reduktionistisch stereotype Bedingung gilt. Quasi in ein und demselben Atemzug erklärt sie jenen allgemeinen ökonomischen Widerspruch und wesentlichen sozialen Konflikt, den sie als Störungsursache und Krisenfaktor länger noch in Betracht zu ziehen kategorisch ablehnt, teils praktisch zu einem endogenen Strukturverhältnis, auf das die Realität zu beziehen, die Faktizität zurückzuführen, deshalb untauglich sei, weil dies einem Akt einfacher tautologischer Identifizierung und unspezifischer Dingfestmachung gleichkomme, teils theoretisch zu einem heterogenen Zwangsmechanismus, mit dem die Realität zu verknüpfen, die Faktizität zu assoziieren, deshalb untunlich sei, weil dies einen Akt schierer empiriologischer Entfremdung und entspezifizierender Verdinglichung darstelle.

So kontradiktorisch diese beiden Begründungen, die die neue Reflexion für ihre unter dem Deckmantel der Konkretisierungsforderung durchgesetzte Abstraktion von jenem allgemeinen Widerspruch und wesentlichen Konflikt gibt, sein mögen – der praktische Effekt, den sie erzielt, ist eindeutig: Das, wovon als von der gewohnten Ursache realer ökonomischer Fehlentwicklungen und dem für faktische soziale Missverhältnisse traditionell verantwortlichen Faktor die mediale Reflexion abstrahiert, erhält eben dadurch automatisch die Sanktion eines in all seiner Heteronomie integrierend natürlichen Bestandteils jeder herrschenden Realität und eines in all seiner Stereotypie selbstverständlich tragenden Elements jeder empirischen Faktizität, wohingegen das, worauf als auf die konkreten Anlässe und spezifischen Auslöser solcher Fehlentwicklungen und Missverhältnisse die mediale Reflexion sich stattdessen kapriziert, ebenso automatisch die Funktion einer im Verhältnis zu jenem heteronom-natürlichen Widerspruch privativ-überflüssigen Verfehlung und eines im Vergleich mit jenem stereotyp-selbstverständlichen Konflikt partikular-unnötigen Versagens übernimmt. Weit entfernt davon, bloße Ausführungen jenes allgemeinen Widerspruchs zu sein, sind die sub specie der neuen medialen Reflexion haftbar gemachten privativen Störungsursachen und partikularen Krisenfaktoren vielmehr Auswüchse, deren Beseitigung gleichbedeutend ist mit einer Wiederherstellung jenes allgemeinen ökonomischen Widerspruchs in seiner realitätsbeherrschend normalen Form. Diese kraft medialer Reflexion erfüllte ökonomische Wiederherstellungsfunktion und mittels medialer Kritik erbrachte soziale Reaffirmationsleistung kann überhaupt als der eigentliche Sinn dessen gelten, was unter dem Stichwort Konkretisierung den diskret gemachten Informationen im medialen System widerfährt. Sowenig dort, wo dem unmittelbaren Verständnis nach die Konkretisierung statthat: nämlich bei der qua Ursachenforschung vorgenommenen bloßen Ersetzung des allgemeinen Widerspruchs durch einen besonderen Widersinn, bei der qua Bestandsaufnahme durchgesetzten einfachen Vertauschung des wesentlichen Konflikts mit einer akzidentiellen Komplikation von Konkretisierung, recht besehen, die Rede sein kann, so sehr lässt sich hingegen dort von ihr sprechen, wo in der logischen Implikation dieses Ersetzungsvorgangs jener allgemeine Widerspruch selbst die ontologische Natürlichkeit einer aller Realität eingefleischten normalen Struktur annimmt und in der stillschweigenden Konsequenz dieser Vertauschungsaktion die empirische Selbstverständlichkeit einer aller Faktizität inhärierenden typischen Grundbestimmung gewinnt. Als ein durch den substitutiven Rekurs auf partikulare Urheber und idiosynkratische Motive von jedem Verdacht einer Störungsursache gereinigter und von jedem Vorwurf eines Krisenfaktors freigesprochener heteronom-normativer Entfaltungsrahmen aller Realität und stereotyp-definitiver Bestimmungsgrund aller Faktizität findet sich jener ökonomische Widerspruch und soziale Konflikt durch die mediale Reflexion in dem ebenso handfest-systematischen wie bitter-ironischen Sinn konkretisiert, dass er mit der Realität, die er normativ zu strukturieren, mit der Faktizität, die er typologisch zu bestimmen beansprucht, in eine aller analytischen Scheidekunst trotzende und aller kritischen Urteilskraft spottende existentielle Verbindung oder Amalgamierung tritt, will heißen, mit ihnen verwächst und verwuchert, kurz, im Sinne des Worts konkresziert.

Illustrative Zwischenbemerkung

Zur Veranschaulichung und näheren Erläuterung des entscheidenden Beitrags zur Desinformation, den die mediale Reflexion mittels des Konkretisierungsverfahrens leistet, mag ein Blick auf eine geläufige Darbietungsform im heutigen Informationswesen nützlich sein: den Kommentar. Am Kommentar, der Informationen aus den verschiedensten Bereichen, aus Wirtschaft, Politik, Kultur zu organisieren dient, interessiert dabei nicht so sehr seine Regie, seine kunstvoll-künstliche Einbettung in unterschiedliche Informationsgenres wie Feature und Analyse, sondern interessiert ausschließlich seine Dramaturgie, sein argumentativer Grundaufbau, eben dasjenige, was für die als Konkretisierung beschriebene Leistung Sorge trägt. Dieser Grundaufbau zeichnet sich durch eine strikte Dreiteilung aus, womit der Kommentar, nebenbei bemerkt, seinen heimlichen Anspruch unterstreicht, für die gegenwärtige mediale Information dieselbe Rolle zu spielen wie die Hegelsche Philosophie für den Weltgeist.

Den Anfang jedes Kommentars bildet eine Reflexion, die ebenso umfassend wie dezidiert Anstoß nimmt, etwas auszusetzen hat, Zweifel anmeldet, Kritik übt an einem als Fehlentwicklung oder Missstand empfundenen Sachverhalt. Ein Kommentar über die Gentechnologie beschreibt deren industrielle Entwicklung als furchterregend; ein anderer über die Stahlkrise an der Ruhr brandmarkt die daraus resultierende Arbeitslosigkeit als katastrophal; ein dritter über den Absturz von Militärflugzeugen in der Nähe von Kernkraftwerken erklärt die dadurch heraufbeschworene Gefahr für die Zivilbevölkerung für unvertretbar; ein vierter über die Situation der Alten in unserer Gesellschaft schildert deren Los als unerträglich; ein fünfter über die Rolle der Kosmetik befasst sich mit dem Umschlag virtuellen Individuierungsstrebens in aktuellen Konformismus am Beispiel der modernen körperlichen Selbststilisierung.

Auf diese rückhaltlose Problematisierung, Kritik oder Anklage folgt nun der zweite, normalerweise mit dem manierierten Wörtchen "freilich" eingeleitete Schritt. Er gilt den objektiven Bedingungen und Zwängen, denen der angeprangerte Missstand unterliegt und auf die alle Diagnose und Therapie, will sie realistisch bleiben und nicht ins Leere laufen oder sich der – in diesem Zusammenhang vorzugsweise bemühten – "Blauäugigkeit" schuldig machen, Rücksicht zu nehmen hat. Freilich ist die gentechnologische Entwicklung unaufhaltsam; freilich ist der Abbau von Stahlproduktionskapazitäten wegen vorhandener Überkapazität unvermeidlich; freilich sind militärische Übungsflüge mit Zielanflügen im Interesse einer modernen, schlagkräftigen Armee unvermeidbar; freilich werfen die heutige Familienstruktur und die an den einzelnen gestellten modernen gesellschaftlichen Anforderungen zusammen mit der durch medizinische Fortschritte bewirkten Langlebigkeit der Alten kaum zu bewältigende objektive Probleme auf; freilich ist das Verlangen, sich zu schmücken und zu stilisieren, ein allgemeinmenschliches Bedürfnis und tief in der Triebstruktur des Menschen verankert. Eben das, was es auf Grund der zuerst genannten Erscheinungen in Frage zu stellen und der Kritik zu unterziehen gälte, nämlich die Tatsache, dass die ökonomischen Interessen hinter der Gentechnologie stark genug sind, um sich von vornherein jeder Kontrolle durch die politische Diskussion zu entziehen; dass der Auf- und Abbau ganzer Industriezweige mit allen daran geknüpften sozialen Folgen sich rein nur an der Profitrate der jeweiligen Industrien bemisst und völlig unabhängig vom Gebrauchswert der Produkte der betreffenden Industriezweige vollzieht; dass mit dem mörderischen, hochtechnisierten Apparat Jagdbomber wie mit jedem beliebigen anderen Produktionsmittel auch gearbeitet oder vielmehr gespielt werden muss, will das Unternehmen Luftwaffe seine Rentabilität oder Rationalität nicht einbüßen, und dass dies gilt, ohne Rücksicht darauf, dass es sich bei diesem Produktionsmittel um ein Destruktionsmittel handelt, dessen Probeeinsatz in verräterischer Weise den apokalyptisch-selbstzerstörerischen Modus vorwegnimmt, in dem im Ernstfall von ihm Gebrauch gemacht werden wird; dass eine Gesellschaft, die sich unter Preisgabe aller traditionellen familiären Rücksichten und aller aus gewohnten Lebensformen resultierenden Reserven der einen großen Aufgabe produktiver Wertbildung und konsumtiver Wertrealisierung verschreibt, zwangsläufig mit Mitgliedern, die ihre irreparable physische Hinfälligkeit oder finanzielle Not daran hindert, an jenem großen Werk noch zu partizipieren, nichts mehr anfangen kann; dass hinter dem "allgemeinmenschlichen" Bedürfnis nach kosmetischer Selbststilisierung, nach Individuierung, ein zum massenhaften Warenangebot artikuliertes und massiv reklamegestütztes Kapitalinteresse steht, – all das wird im Zuge des Kommentars zum fraglos Gegebenen, zur normalen Realität erklärt und damit nicht nur der fälligen Kritik entzogen, sondern zur ebenso unüberschreitbaren wie unverbrüchlichen Basis aller weiteren Reflexion erhoben. Ob der Kritikpunkt wie im Fall der Stahlkrise direkt als solcher ausgesprochen, das Verwertungsprinzip in Form des Profitmaximierungsstrebens unverhohlen als über Gedeih und Verderb der realen gesellschaftlichen Reproduktion entscheidendes Kriterium angegeben oder aber wie im Falle der Kosmetikindustrie noch eigens verschleiert, hinter einem anthropologisch-psychologischen Alibibedürfnis versteckt wird, das ist im Blick auf die grundsätzlich reaffirmative Wendung, die der zweite Schritt so oder so darstellt, eher nebensächlich. Das eigentlich Kritikvernichtende ist, dass eben das, was als die direkt angeführte oder alibiförmig kaschierte Ursache der angeprangerten Missstände identifiziert werden müsste, durch diesen antizipatorischen Schritt vielmehr zum Inbegriff der Normalität erklärt und als unhinterfragbarer Strukturrahmen etabliert wird.

Dieser durchaus genial zu nennenden Strategie zur Erkenntnisverhinderung entspricht der dritte Schritt, der die Schuldfrage im oben explizierten Sinn subjektiver Verfehlungen und persönlichen Versagens entscheidet. Was unter den durch den zentralen zweiten Schritt gesetzten Bedingungen sich für die Entwicklung der Gentechnologie noch haftbar machen lässt, sind die armen Politiker, die sich für ein erklärtermaßen der politischen Einwirkung entzogenes Phänomen nun doch plötzlich etwas einfallen lassen sollen; was die Stahlkrise verschuldet, ist die Kurzsichtigkeit oder Unbeweglichkeit innovationsunfähiger Unternehmer und Manager; was hinter den gefährlichen Tiefflügen steckt, sind schlechter Führungsstil und unflexible Ausbildungskonzepte; was für die Not der Alten verantwortlich gemacht werden muss, ist die Fühllosigkeit der Mitmenschen; was die gefährliche Vermassung und gesundheitsbedrohende Totalisierung der Körperpflege verursacht, ist die Profitsucht gewissenloser Anbieter, wohlzuunterscheiden selbstverständlich von der über jeden Verdacht der Verantwortungslosigkeit erhabenen Verwertungssucht, die sich hinter dem angeblich allgemeinmenschlichen Bedürfnis nach Selbstverschönerung als solchem verbirgt. Dass bei diesen ersatzweisen Schuldzuweisungen häufig unüberbietbare Albernheiten herauskommen beziehungsweise die Betreffenden sich in der selbstgestellten Argumentationsfalle so gründlich verfangen, dass sie die Schuldfrage überhaupt aus den Augen verlieren, liegt in der Logik des Verfahrens, das mit seiner qua Kommentar veranstalteten Konkretisierungstechnik ja eben nicht primär darauf abzielt, angeprangerte Missstände auf ihre gesellschaftlichen Ursachen zurückzuführen, sondern diese gesellschaftlichen Ursachen von der Verantwortung für die angeprangerten Missstände zu dispensieren und in der Funktion von Strukturprinzipien des Normalzustands zu rehabilitieren.

Der Logik des Verfahrens entspricht schließlich auch, dass der mittlerweile häufigste und rasant an Beliebtheit gewinnende Vorwurf einfach auf mangelnde Öffentlichkeitsarbeit und nämlich darauf geht, die eben deshalb für die Missstände verantwortlich zu Machenden hätten es versäumt, durch eine offenbar nach dem Vorbild der medialen Konkretisierungspraxis gefertigte und in den Köpfen der Leute selbst anzustrengende Aufklärungsarbeit den Missständen ihren aufs Ganze der Realität gehenden symptomatischen Evidenzanspruch auszutreiben und die verschwindende Bedeutung einer an der Normalität sich verlaufenden Randerscheinung nachzuweisen. So macht der mediale Kommentar der Realität am Ende nichts weiter mehr als das Versäumnis jener medialen Entrealisierungstätigkeit zum Vorwurf, die an der Realität zu exekutieren, seine eigene Bestimmung ist.

3. Synkretisierung

Dass diese reflexiv unauflösbare Konkreszenz des allgemeinen ökonomischen Widerspruchs und wesentlichen sozialen Konflikts mit seinen besonderen empirischen Erscheinungen der eigentliche Sinn der angeblich einer Spezifizierung der Störungsursachen und Detaillierung der Krisenfaktoren dienlichen Konkretisierung ist, der im Anschluss an ihre Diskretisierung die als Informationen in den medialen Kontext aufgenommenen Sachverhalte unterworfen werden – das ist der wichtigste Befund, zu dem die bisherigen Überlegungen geführt haben. Auf ebenso denkwürdig effektive wie merkwürdig oblique Weise schafft es die mediale Reflexion, eben das als normale Struktur der Realität durchzusetzen und als typisches Merkmal aller Faktizität zur Geltung zu bringen, was sie andernfalls ins Zentrum ihrer reflexiven Bemühungen stellen und als den heteronomen Kernpunkt aller realen Gebrechen identifizieren, zum Gegenstand ihrer kritischen Tätigkeit machen und als den zwangsmechanischen Springpunkt allen faktischen Übels analysieren müsste. So eindrucksvoll dieser selbstvergessen integrative Gestus, den die Reflexion aus eigenen Stücken an den Tag legt, dieser selbstzerstörerisch reaffirmative Gebrauch, den die Kritik von ihren eigenen Kräften macht, an und für sich bereits sein mag, seine volle Bedeutung entfaltet er erst im Zusammenhang damit, dass die im beschriebenen Sinn konkretisierten Informationen zugleich Gegenstand einer auf ihre Einbindung in den medialen Kontext zielenden und kurz als Synkretisierung zu bezeichnenden weiteren Bearbeitung werden. Synkretisiert werden die bei ihrer Aufnahme in den medialen Kontext durch Diskretisierung und Konkretisierung zu Informationen verarbeiteten störenden Sachverhalte in der Weise, dass sie ebenso unvermittelt wie unvermeidlich mit anderen, störungsfreien Erscheinungen programmatisch zusammengeschlossen oder vielmehr systematisch kurzgeschlossen werden. Ob sie von Unterhaltungsmusik eingerahmt, durch launige Moderation aneinandergereiht, durch Fernsehlotterie und Wettzahlen verbunden, durch Anzeigen und Produktwerbung unterbrochen, durch Seifenopern aufgelockert, durch Quizsendungen und Sportübertragungen komplettiert werden, – stets finden sich die mittels Diskretisierung und Konkretisierung um ihre reflexive Signifikanz gebrachten Informationen im programmatisch trautesten Verein und systematisch engsten Verbund mit anderen wieder, die als störungsfrei in dem Sinne gelten können, dass bei ihnen der kapitale Widerspruch tatsächlich nicht als ein die Dinge negierender Widerspruch, sondern als ein von ihnen reaffirmierter Anspruch, der soziale Konflikt wirklich nicht als ein in den Verhältnissen symptomatisch sich niederschlagender Zusammenprall gesellschaftlicher Positionen, sondern als ein in ihnen ausdrücklich inszeniertes Zusammenspiel gesellschaftlicher Intentionen firmiert.

Was Unterhaltungsmusik, Lotteriespiele, Werbung, Seifenopern und Sportveranstaltungen als störungsfrei und was insofern denn auch die aus ihnen gefertigten Informationen als keiner nach obigem Muster reflexiven Bearbeitung bedürftig erscheinen lässt, ist, dass sie allesamt dem an sie geknüpften Verwertungszweck mit keinem phänomenal besonderen Verwirklichungsziel in die Quere kommen. Sowenig Unterhaltungsmusik mehr sein will als ein – egal, ob kostenlos mitgelieferter, ob selber als Ware angebotener – Pausenfüller und Klimaverbesserer im Dienste der Wertbildung und des Warenverkaufs; sowenig Lotteriespiele mehr versprechen als den in effectu des Spiels finanziell Ausgenommenen die minimale Chance, sich am Ende wider alles Erwarten auf der Seite der Profiteure wiederzufinden; sowenig Werbung mehr erreichen will als sei's funktional eine Beschleunigung der Kapitalzirkulation, sei's phänomenal eine Ostentation der Konsumgesellschaft; sowenig Seifenopern mehr im Sinn haben als die sei's auf kathartischem, sei's auf euphorischem Weg allabendlich exekutierte Wiedereinstimmung der in Kapitaldiensten arbeitenden Bevölkerung; sowenig Sportveranstaltungen mehr im Schild führen als in genere die Devise von der "Leistung, die sich lohnt", und in specie die Farben der großen Sponsoren, die in den sportlichen Leistungsträgern eine Mischung aus praktischen Werbesäulen für ihre Produktpalette, ideologischen Verkörperungen ihres Begriffs von der Verwertungsgesellschaft und symbolischen Repräsentanten des eigenen ökonomischen Erfolgs unterhalten, – sowenig sind all diese Erscheinungen geeignet, den als Verwertungsprinzip herrschenden ökonomischen Widerspruch und den als Ausbeutungsstrategie perennierenden sozialen Konflikt mit dem Problem eines von ihnen selber ausgehenden realen Widerstands zu konfrontieren. Von Grund ihrer Existenz auf durch die kapitale Verwertungsabsicht geprägt und bis ins Innerste ihres Funktionierens hinein durch das soziale Ausbeutungsinteresse bestimmt, sind sie vielmehr höchstens dazu angetan, die Vorstellung von einem notwendigen Widerspruch zwischen Wertrücksicht und Gebrauchsinteresse, einem zwangsläufigen Konflikt zwischen kapitalem Haben und sozialem Sein zu diskreditieren und Zeugnis von einer Welt abzulegen, in der die ganze Empirie von der Idee der kapitalen Verwertung beherrscht wird, die gesamte Realität dem Prinzip sozialer Ausbeutung huldigt, und in der deshalb alle Dinge in bruchloser Übereinstimmung mit ihrem sonst eher widersprüchlich-heteronom erscheinenden ökonomischen Wesen, alle Verhältnisse in bestem Einklang mit ihrem sonst eher konflikthaft-repressiv wirkenden sozialen Faktor sich darstellen.

Und mit diesen von einer widerspruchslos vollkommenen Totalität der Verwertung, einer konfliktfrei heilen Welt der Ausbeutung zeugenden Erscheinungen, werden nun jene anderen Sachverhalte, deren problematischer Charakter und kritische Verfassung die geschilderte redaktionelle Bearbeitung nötig macht, um sie als Informationen Aufnahme in den medialen Kontext finden zu lassen, synkretisiert. Das heißt, die ersteren werden mit den letzteren in einer ebenso fortwährenden wie diskreten Programmfolge verschränkt, in einem ebenso pausenlosen wie diskontinuierlichen Systemganzen zusammengeschlossen. Das von Bildern des Hungertods begleitete Bitten um Spenden für die Welthungerhilfe verwandelt sich schockartig in das von feisten Vertretern des öffentlichen Lebens übernommene Buhlen um die fünf Mark für die Fernsehlotterie, Berieselungsmusik zerreißt abrupt und verbindet übergangslos Berichte über Kriegshandlungen, Erdbeben und Schlächtereien auf der freitäglichen Autobahn, Reklamesendungen und Werbespots leiten von einem kritischen Beitrag über das Thema Konsumgesellschaft zum nächsten über, Moderatorengewäsch vermischt sich bis zur Ununterscheidbarkeit mit politischen Kommentaren und offiziellen Verlautbarungen, Public-Relations-Annoncen der Erdölindustrie im Werbeteil auf Seite X finanzieren die kritischen Anmerkungen zur Rolle der Erdölindustrie auf Seite Y, das "Wort zum Sonntag" und die spätabendliche kontemplative Kunst-Pause füllen die Lücke vor der Übertragung jener forensischen Ereignisse, deren Brutalität, Sensationslüsternheit und Materialismus sie eben noch gegeißelt haben. Keine Reflexion, die nicht im programmatisch trautesten Verein mit eben der zynischen Realität aufträte, über die sie räsoniert, keine Kritik, die nicht im systematisch engsten Verbund mit eben der Reklamewelt erschiene, an der sie geübt wird!

Und diese synkretistische Vereinigung der Informationen, die vom kapitalen Widerspruch in den Dingen und vom sozialen Konflikt in den Verhältnissen sprechen, mit Informationen, die von einer Empirie zeugen, bei der der Widerspruch zur phänomenalen Sichselbstgleichheit verschwunden, der Konflikt in faktische Konspiration aufgelöst ist, – diese synkretistische Verflechtung setzt der redaktionellen Bearbeitung, der die ersteren im geschilderten Sinne einer Diskretisierung und Konkretisierung durch den medialen Kontext unterzogen werden, erst die Krone auf. Ziel jener redaktionellen Bearbeitung ist es wie gesagt, durch eine reflexive Ursachenforschung, die die kritischen Sachverhalte auf exzentrische Privatwidersprüche und idiosynkratische Sonderkonflikte zurückführt, den wesentlichen ökonomischen Widerspruch in den Dingen und zentralen sozialen Konflikt der Verhältnisse nicht nur vom Verdacht einer entscheidenden Störungsursache zu entlasten, sondern mehr noch unausgesprochen in eine für alle Realität gültige normative Bestimmung, ein für jede Faktizität verbindliches typisches Verhältnis, kurz, in eine unverbrüchliche Basis jeglichen ökonomischen Seins und sozialen Bestehens umzudefinieren. Genau diese in den Informationen, die der reflexiven Konkretisierung unterliegen, nur erst als Sollen implizit gemeinte herrschende Normalität des kapitalen Widerspruchs und gültige Faktizität des sozialen Konflikts lassen jene anderen Informationen, mit denen die ersteren sich synkretisiert finden, als ein Haben explizit werden. Eben die strukturelle Eingefleischtheit des kapitalen Widerspruchs und habituelle Natürlichkeit des sozialen Konflikts, die am Beispiel der einen Informationen die reflexive Ursachenforschung nur erst ex negativo ihres Rekurses auf partikulare Ursachen und via obliqua ihrer Kritik an exzentrischen Faktoren als eine Möglichkeit voraussetzt, scheint im Falle jener anderen Informationen so ganz und gar Wirklichkeit, dass der kapitale Widerspruch in den betreffenden Erscheinungen sich regelrecht aufgelöst und in ihren Anspruch auf Identität verwandelt hat, der soziale Konflikt in ihnen als solcher beigelegt und in ihren Ausweis von Konformität umfunktioniert ist. Stellt demnach die eine Sorte Information die Wirklichkeit und das explizite Sein eben dessen unter Beweis, was die andere Sorte Information nur erst als Möglichkeit und als implizites Sollen zu Bewusstsein gebracht hat, so muss der im medialen Kontext aus beiden hergestellte synkretistische Verbund nolens volens den Charakter eines regelrechten Verweisungszusammenhangs und mehr noch effektiven Einlösungsvorgangs annehmen. Kaum ist es der medialen Reflexion gelungen, durch ihre Suche nach privativen Ursachen für störende Sachverhalte einen Informationstyp durchzusetzen, der den generellen kapitalen Widerspruch in den Dingen als Inbegriff jeder normalen Realität, den existentiellen sozialen Konflikt in den Verhältnissen als Grundvoraussetzung aller bestehenden Faktizität impliziert, beweist der in synkretistischer Unvermitteltheit anschließende andere Informationstyp bereits die empirische Existenz jenes Inbegriffs von Realität und die historische Geltung jener Grundvoraussetzung für Faktizität und bestätigt damit die Sachhaltigkeit der für den ersteren Informationstyp initiativen reflexiven Analyse.

Aber nicht bloß die empirische Verwirklichung und historische Erfüllung dessen, was die einen Informationen nur erst als mögliches Sein ins Auge fassen, haben die mit ersteren synkretisierten anderen Informationen zu bieten, – durch den Akt der Synkretisierung selbst teilen die letzteren den ersteren mehr noch von ihrer Wirklichkeit mit, geben ihnen von ihrer Fülle ab und verleihen so den durch erstere thematisierten störenden Sachverhalten rückwirkend den Charakter von bei aller Akzidentialität und Mangelhaftigkeit zugleich als dazugehörig realisierten, wo nicht gar als notwendig substantiierten Begleiterscheinungen und integrierenden Momenten der durch sie selbst, die letzteren, demonstrierten widerspruchsfrei kapitalen Empirie und uniform sozialen Faktizität. So sehr die programmatische Zielstrebigkeit und systematische Konsequenz, mit der im medialen Informationsfluss dort die kritisch reflektierten mit hier den als paradigmatisch affirmierten Erscheinungen synkretisiert werden, den Eindruck eines erstere durch letztere ersetzenden und einlösenden Überführungs- und Aufhebungsvorgangs erwecken muss, so sehr ist der mediale Modus der Synkretisierung als solcher, nämlich dies, dass die synkretisierten beiden Erscheinungsarten in programmatisch-topischem Nebeneinander und in systematisch-koexistentieller Gleichzeitigkeit auftreten, dazu angetan, die Suggestion eines kraft der letzteren Phänomene zur Abfindung und Versöhnung mit den ersteren auffordernden Ergänzungs- und Entlastungsverhältnisses zu erzeugen. Weil die vom einen Informationstyp thematisierten störenden Sachverhalte sich zu den vom anderen Informationstyp vorgeführten paradigmatischen Phänomenen, logisch gesehen, wie zum fertigen Sein das unfertige Sollen oder wie die bloße Möglichkeit zur schieren Wirklichkeit verhalten, ist formaliter die Relation zwischen beiden zwar die einer Ausschließung und Negation, kraft deren die letzteren erstere als mangelhaft ausweisen und als definitiv unhaltbar verwerfen. Aber weil dank medialer Synkretisierung die den beiden Informationstypen entsprechenden Erscheinungen sich zugleich in ein und dieselbe programmatische Kontinuität gebannt und in ein und derselben systematischen Modalität verhalten finden, korrespondiert materialiter dieser logischen Ausschließung und prozessualen Negation der ersteren durch die letzteren ein empirisches Einschluss- und phänomenales Integrationsverfahren, demzufolge die ersteren als bei all ihrer Mangelhaftigkeit zum Bestand der letzteren dazugehörig und an der Gediegenheit ihres Seins partizipierend vorgestellt werden. Während also die den beiden Informationstypen entsprechenden divergenten Erscheinungen sich einerseits in logisch-sukzessionistischer Exekution wie Möglichkeit und Wirklichkeit voneinander unterscheiden und als unvereinbar modale Zustände ausschließen, verhalten sie sich andererseits in empirisch-synkretistischer Assoziation wie Akzidens und Substanz zueinander und schließen die letzteren erstere als eine ihnen ebenso zwangsläufig wie äußerlich zustoßende Modalität, einen ihnen ebenso unverbrüchlich wie von ungefähr anhaftenden Aspekt auch wieder ein. In eben der unlogisch-logischen, beiläufig-zwangsläufigen Weise, die für den logischen Substanzmodus, die Relation von Substantialität zu Akzidentialität, überhaupt charakteristisch ist, treten kraft programmatisch-medialer Synkretisierung die nach Maßgabe der kapitalen Identität und sozialen Konformität, die sie verkörpern, störungsfrei-gediegenen Erscheinungen mit den in ihrer kapitalen Widersprüchlichkeit und sozialen Konflikthaftigkeit kritisch-störenden Sachverhalten zu einer Totalität der empirischen Anschauung und Kontinuität der historischen Wahrnehmung zusammen, dank derer die letzteren sich als ebenso unabtrennbare wie unableitbare Randphänomene, als ebenso unvermeidliche wie unerklärliche Begleiterscheinungen der ersteren etablieren und in dieser Stellung die bei aller modallogischen Unhaltbarkeit und Zufälligkeit empiriologisch gleiche Beständigkeit und Notwendigkeit wie jene beanspruchen können.

Auf dem skurrilen Umweg über die Synkretisierung übernimmt also am Ende der allgemeine ökonomische Widerspruch und wesentliche soziale Konflikt doch wieder eine Verantwortung für eben die störenden Sachverhalte, von denen ihn zuvor die mediale Reflexion mittels Konkretisierung entlastet hat. Nur dass die Verantwortung, die er jetzt neu übernimmt, keine mehr der kausalen Urheberschaft und faktorellen Begründung, sondern bloß noch eine der realen Trägerschaft und substantiellen Stützung ist. Als Störungsursache der in Frage stehenden Sachverhalte dankt, wie gesehen, die konkretisierende Reflexion der Medien jenen allgemeinen kapitalen Widerspruch und wesentlichen sozialen Konflikt ja zugunsten partikularer Privatwidersprüche ab. Und gerade dadurch lässt sie ihn zur selbstverständlichen Grundlage aller normalen Realität und typischen Faktizität werden. Indem sie nun ein übriges tut und solche normale Realität als regulär existierende nachweist, um dann mit dieser den allgemeinen Widerspruch als ihre Identität verkörpernden Realität jene anderen, auf private Verfehlungen zurückgeführten störenden Sachverhalte in einer Totalität der empirischen Anschauung programmatisch zusammenzubringen und systematisch zu verschränken, kurz, zu synkretisieren, revindiziert sie in bezug auf jene störenden Sachverhalte dem als die Identität aller normalen Realität firmierenden allgemeinen ökonomischen Widerspruch nolens volens grundlegende Verantwortung und seinsstiftende Bedeutung in dem nichtkausal zwingenden Sinn und irrational verbindlichen Verstand, in dem Substanzen ihren Akzidentien die Basis bieten und die Existenz verbürgen. In ein und demselben raumzeitlichen Kontinuum, ein und derselben programmatisch-systematischen Totalität konkresziert, gehören jene Sachverhalte zu dieser Realität mit derselben unerfindlichen Zwangsläufigkeit, mit der zum kapitalen Wohlbefinden die minimalen Gebrechen, zum großen Gut die kleinen Übel, zum zentralen Licht der marginale Schatten gehört

vorheriges kapitel nächstes kapitel übersicht