6. Bürgerliche Emanzipation
Die Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft mittels des thesaurischen Teils des Etats impliziert Risiken praktisch-funktioneller und soziokultureller Art, die allerdings zur damaligen Zeit noch keine Aktualität gewinnen. Umso akuter ist das ökonomisch-finanzielle Risiko, das eine aus thesaurischen Quellen gespeiste Strategie zur Lösung des Absatzproblems birgt, das Risiko nämlich steigender Preise beziehungsweise sinkender Kaufkraft, kurz, einer inflationären Entwicklung, deren Folge eine Verschlechterung der ökonomischen Lage und sozialen Stellung gleichermaßen des bürgerlichen Mittelstandes und der lohnarbeitenden Volksmasse ist.
Freilich ist, genauer besehen, die etatistische Lösung des produktivitäts- und ausbeutungsbedingten Absatzproblems wenn auch keineswegs Schein, so doch mit Risiken behaftet, von denen die kolonialistische Lösungsmethode verschont bleibt und die sich allesamt früher oder später als für das ganze System bedrohlich erweisen und den Segen, den jene bringt, zum Fluch werden lassen können. Da ist zum einen das praktisch-funktionelle Risiko, das sich aus der oben erwähnten und dem Etatismus im Unterschied zum Kolonialismus eigenen Trennung von Ermöglichung und Verwirklichung des Konsums, aus der Tatsache also ergibt, dass, während der Kolonialismus nur mögliche Konsumenten rekrutiert, die auch gleich wirkliche sind und nämlich Handelswaren kaufen, Hanhhder Etatismus zwar mit Hilfe von Etatmitteln mögliche Konsumenten beischafft, nicht aber dafür sorgen kann, dass letztere ihres Amtes walten und wirklich tun, wozu sie die Möglichkeit erhalten haben, nämlich das an sie distribuierte Geld als kommerzielles Äquivalent einsetzen, sprich, per Konsum Wertrealisierung betreiben. Angesichts der Bedürfnislage der Rekrutierten bleibt allerdings diese Gefahr eines zwischen Ermöglichung und Verwirklichung eintretenden Hiatus zur damaligen Zeit noch eher theoretischer Natur, als dass sie praktische Relevanz gewinnen könnte; akut wird sie erst in der Spätzeit der kapitalistischen Entwicklung.
Zweitens besteht das soziostrukturelle Risiko, dass die etatistische Lösung des Absatzproblems es mit der Rekrutierung neuer Konsumenten übertreibt und ein wachsendes Ungleichgewicht zwischen den Fraktionen der durch Lohnarbeit Ausgebeuteten und der durch direkte und indirekte staatliche Zuwendungen von der Ausbeutung Profitierenden heraufbeschwört und einen Wasserkopf aus Angestellten und Dienstleistern, staatlichen Gehalts- und bürgerlichen Honorarempfängern schafft, der die Gesellschaft zu erdrücken droht und es dem kapitalen Subjekt zunehmend erschwert, die für die Aufrechterhaltung, sprich, Entfaltung seines Produktionsapparats nötige Belegschaft zu rekrutieren.
Indes, auch dieses Risiko ist zur damaligen Zeit vernachlässigenswert, weil ja der kapitalistische Produktionsapparat im Rahmen der Gesamtbevölkerung und im Verhältnis zu den überkommenen agrarisch-handwerklichen Gesellschaftsstrukturen noch immer ein kleines und beschränktes, wenn auch aufstrebendes und expandierendes Unternehmen darstellt, das, wie gezeigt, durch sein eigenes Procedere und dank des den gesellschaftlichen Transformationsprozess flankierenden Bevölkerungswachstums über ein überreichliches Arbeitskräftereservoir verfügen, auf ein wachsendes Heer von Arbeit suchenden zugreifen kann, so dass die von Staats wegen parallel dazu betriebene Rekrutierung von Gruppen der Gesellschaft als Konsumenten gar nicht groß ins Gewicht fällt und sich, rebus sic stantibus, ganz gewiss nicht zu einer Belastung auswächst, die die Grundstruktur der bürgerlichen Gesellschaft, ihre Aufteilung in Waren produzierende und dafür mit der Subsistenz belohnte Wertschöpfer und in Waren konsumierende und dafür der Gesellschaft administrative, integrative und karitative, kurz, im weitesten Sinne nicht materiale, sondern soziale Dienste leistende Wertrealisierer aus den Fugen geraten lassen könnte.
Und weil einerseits die expansive Natur des kapitalistischen Systems und die Attraktion, die es ausübt, für eine ständige Migrationsbewegung, den immer neuen Zuzug von als Arbeitskräfte rekrutierbaren Menschengruppen von außerhalb sorgen und andererseits der die Hoch- und Spätphase der kapitalistischen Entwicklung charakterisierende Übergang von der extensiven zur intensiven Ausbeutung, sprich, von der biologischen Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft zur technologischen Ausbeutung sächlicher Produktionsmittel, es dem kapitalistischen Produktionsapparat ermöglicht, mit immer weniger lohnarbeitendem Personal die unverändert gleiche oder sogar eine vergleichsweise größere Produktionsleistung zu erbringen, bleibt auch in der weiteren Folge dieses soziostrukturelle Risiko einer Destabilisierung der Sozialstruktur durch eine der etatistischen Strategie geschuldete Verschiebung des Größenverhältnisses der beiden Hauptfraktionen der Gesellschaft eine eher akademische beziehungsweise ideologisch beschworene als empirische beziehungsweise praktisch ins Haus stehende Gefahr, die in unseren Tagen allerdings, in der mittlerweile erreichten Endphase der kapitalistischen Entwicklung immer häufiger als mittlerweile tatsächlich akut geworden an die Wand gemalt wird.
Diesen von interessierter Seite intonierten Unkenrufen zufolge hat der dem kapitalistischen Produktionsapparat von Staats wegen aufgesetzte Wasserkopf eine solche Masse und ein solches Gewicht erlangt, dass das Corpus des Apparats von ihm erdrückt zu werden und in seiner Funktionsfähigkeit zum Erliegen zu kommen droht. Schaut man freilich genauer hin, so trifft zwar wohl zu, dass es dem Produktionsapparat nachgerade unmöglich wird, jenen Wasserkopf aus direkt und indirekt staatlich dotierten Konsumenten zu erhalten und im gewohnten Umfange zu versorgen. Der Grund aber ist mitnichten der, dass es dem Apparat hierfür an realer Produktionskapazität, an materialer Leistungskraft mangelte, sondern dass es ihm an für die Umschichtung in Kaufkraft verfügbarem Kapital, an finanziellem Spielraum für die staatlich organisierte direkte und indirekte Rekrutierung und Alimentierung landeseigener Konsumenten fehlt.
Mittlerweile nämlich hat der Apparat eine solche reale Produktivität und materiale Kapazität erreicht, dass das oben als erstes beschworene praktisch-funktionelle Risiko eines verderblichen Hiatus zwischen Ermöglichung und Verwirklichung des Konsums zur durchaus akuten Bedrohung geworden und der inländische Markt derart übersättigt ist, dass im Lande selbst die Nachfrage das Angebot schlechterdings nicht mehr zu bewältigen vermag, der Konsum durch die vom Apparat auf den Markt geworfene Warensammlung aus Gründen der subjektiven Kondition, sprich, des Bedürfnisses, und nicht etwa der objektiven Disposition, sprich, der Kaufkraft, absolut überfordert ist. In dieser Situation wird es zum unabweislichen Erfordernis, Konsumenten außerhalb des landeseigenen Wirtschaftssystems aufzutreiben, sprich, die mangels bedürfnisgetriebener Nachfrage im Lande nicht mehr an den Mann und die Frau zu bringenden Produkte per Außenhandel andernorts abzusetzen. Dort indes treffen die kommerziellen Vertreter des einen kapitalistischen Produktionsapparats auf die der anderen Produktionsapparate, die mit exakt dem gleichen inländischen Absatzproblem zu kämpfen haben und es auf exakt die gleiche Weise, nämlich durch den Export der überschüssigen Güter, zu lösen suchen.
Daraus aber entspinnt sich ein von der Schönrednerei der Ideologen jeglicher Couleur zur Globalisierung euphemisierter erbitterter internationaler Konkurrenzkampf, der alle Beteiligten zwingt, durch preiswertere Produkte die Wettbewerber auf dem Weltmarkt auszustechen. Und genau dieser Zwang zur ständigen weltmarktverfügten Verwohlfeilerung ihrer Produkte macht es nun dem jeweiligen Produktionsapparat unmöglich, die vergleichsweise großzügige staatsvermittelte Umschichtung von Teilen seiner kapitalen Gewinne und deren Einsatz für konsumtive Zwecke, ihre Verwandlung in Kaufkraft, noch länger zu tolerieren. Jenen Teil des im Produktionsprozess neugeschöpften Kapitals, jenen Mehrwertanteil, den der Staat per Fiskus und Sozialgesetzgebung reklamiert, um ihn dem bürgerlichen Mittelstand und mittlerweile auch in Form der so genannten Sozialleistungen in bescheidenem Umfange den lohnarbeitenden unteren Schichten zuzuwenden, sprich, in den Wasserkopf einzuspeisen – jenen Anteil braucht der kapitalistische Produktionsapparat jetzt vielmehr selber, um auf die eine oder andere Weise seine Produkte zu verbilligen, ihn nämlich entweder aktiv in die Automatisierung und Rationalisierung seiner Produktion zu investieren oder ihn passiv zur Diskontierung des Produktpreises zu nutzen, ihn quasi als Gewinn zu verbuchen und das Produkt entsprechend verbilligt abzugeben, und so auf dem einen oder anderen Weg seine Erfolgschancen auf dem Weltmarkt zu verbessern.
Und so gesehen, ist also die scheinbare Aktualisierung, die das mit der etatistischen Strategie verknüpfte soziostrukturelle Risiko heute erfährt, in Wahrheit gar nicht soziostruktureller Natur, gar nicht einer die Gesellschaft als ganze aus dem Lot bringenden Verschiebung ihrer Fraktionen zuungunsten des kapitalistischen Produktionsapparats und einer daraus resultierenden Überforderung des letzteren geschuldet, sondern Folge einer ganz anderen und in der Tat gegenteiligen Entwicklung, nämlich der sich zur Hypertrophie auswachsenden Produktionskapazität der diversen nationalen Produktionsapparate und der daraus resultierenden Überfüllung des Weltmarkts und Entfachung eines auf den Wohlstand der beteiligten Länder, ihren Commonwealth, zurückschlagenden und im Wesentlichen als Preiskampf ausgetragenen Konkurrenzkampfs.
Aber um nach diesem Vorgriff auf spätere Zuspitzungen in die zweite Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts zurückzukehren: Egal, wie zukunftsträchtig oder überhaupt ernst zu nehmen die beiden erstgenannten der mit dem Etatismus verknüpften Risiken, das praktisch-funktionelle und das soziostrukturelle, auch immer sein mögen, eine akute Bedrohung beziehungsweise ein aktuelles Hemmnis für die kapitalistische Entwicklung stellen sie zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls nicht dar. Umso akuter freilich und quasi ad hoc unheilschwangerer erweist sich das dritte, als ökonomisch-finanziell zu bezeichnende Risiko, das die etatistische Strategie zur Lösung des Absatzproblems beinhaltet und das speziell dort entsteht, wo diese Lösungsstrategie es der kolonialistischen gewissermaßen gleich tut, insofern sie sich nicht einfach darauf beschränkt, den der politischen Herrschaft vom kapitalen Subjekt in Form von Steuern und Abgaben überlassenen Anteil am kapitalen Gewinn besser zu verteilen, sprich, mit dem Ziel einer Optimierung der gesellschaftlichen Kaufkraft unter die Leute zu bringen, konkreter gesagt, zum Aufbau eines neuen, bürgerlichen Mittelstands zu nutzen, sondern es darüber hinaus unternimmt, durch die Einschleusung thesaurischer, nicht der Finanzkasse, sondern dem Staatsschatz entnommener und insofern nicht dem kapitalistischen Marktsystem entstammender, sondern von außerhalb genommener Geldmittel in den Etat so viel neue Kaufkraft zu erzeugen, dass auch der Konsum des durch den Produktionsprozess jeweils neu geschaffenen Mehrprodukts, sprich, auch die Realisierung des in dem Mehrprodukt verkörperten Mehrwerts und mithin die vollständige Realisierung des durch den Produktionsprozess als Wertschöpfungsverfahren verwerteten, akkumulierten Werts gewährleistet ist.
So finanzpolitisch genial nämlich dieses den Gipfelpunkt der etatistischen Lösungsstrategie bildende finanzpolitische Instrument einer Erhöhung der Kaufkraft durch Vergrößerung der im nationalökonomischen System kursierenden Geldmenge mittels allgemeinen Äquivalents, das ebenso herrschaftseigener wie wirtschaftsfremder Quelle entstammt, im Prinzip auch ist, es unterliegt einer entscheidenden einschränkenden Bedingung beziehungsweise hat, wenn es nicht unter dieser einschränkenden Bedingung eingesetzt wird, einen großen Haken: Die Wertsumme des von der Staatsmacht neu ins Wirtschaftssystem eingeschleusten allgemeinen Äquivalents darf der in dem Mehrprodukt, das der kapitalistische Produktionsapparat jeweils hervorbringt, verkörperten Wertsumme höchstens und nur entsprechen, darf sie bei Strafe einer inflationären Entwicklung auf keinen Fall übersteigen!
Schleust nämlich der Staat mehr allgemeines Äquivalent aus thesaurischer Quelle in den Wirtschaftskreislauf ein, als dem neugeschaffenen Wert des gesellschaftlichen Gesamtprodukts, dem geschöpften Mehrwert, entspricht, so verändert er das Verhältnis zwischen Geldmenge und Gütermenge, genauer gesagt, zwischen dem Gesamt des sächlichen, in materialen Gütern verkörperten Werts und der Summe des als Ausdruck beziehungsweise Maßstab des sächlichen Werts fungierenden und letzteren auf dem Markt zu repräsentieren dienenden pekuniären Gegenwerts oder allgemeinen Äquivalents. Der Staat vermehrt dann die Summe des Gegenwerts im Vergleich mit dem Gesamt des Sachwerts und bewirkt damit zwangsläufig, dass auf die einzelnen materialen Güter oder Wertverkörperungen, aus denen letzteres sich zusammensetzt, anteilig mehr von ersterer als vorher entfällt.
Das aber hat unmittelbare Folgen für die kommerzielle Einschätzung der Sachwerte, ihre Wertstellung auf dem Markt, ihre Erscheinung als Austauschobjekte. Schließlich dient ja das allgemeine Äquivalent als Maßstab oder Ausdruck, der die materialen Güter als Sachwerte ebenso sehr auf dem Markt repräsentiert wie für den Markt taxiert, und wenn dieser Maßstab größer wird, an Dimension gewinnt, dieser Wertausdruck sich vermehrt und expandiert, dann haben an solcher dimensionalen Vergrößerung nolens volens auch die durch den Maßstab taxierten materialen Güter teil und teilt sich diese Expansion des Wertausdrucks den durch ihn repräsentierten Sachwerten mit. Weil dank der – bezogen auf den in den materialen Gütern verkörperten Mehrwert – unverhältnismäßig hohen Einspeisung von thesaurischen Anteilen in den Wertmittelfundus des Wirtschaftssystems mehr allgemeines Äquivalent, mehr Geld auf die einzelnen Sachwerte entfällt, mehr Wertausdruck für sie zur Verfügung steht, sind sie mehr davon wert, nehmen sie mehr von dem Wertausdruck, dem Geld, für sich in Anspruch. Sie werden, kurz gesagt, teurer, steigen im Preis.
Der Preis nämlich ist nichts anderes als der Sachwert in allgemeinem Äquivalent gemessen, in Geld ausgedrückt, das heißt, der Sachwert, wie er in der Münze des Marktes erscheint, wie ihn das Austauschsystem des Marktes repräsentiert. Der Preis ist der Sachwert, vermittelt durch die Größe des für seine Taxierung im Austauschsystem qua allgemeines Äquivalent zuständigen Maßstabs beziehungsweise die Menge des für seine Repräsentation auf dem Markt qua Geld verfügbaren Wertausdrucks. Je nachdem, wie sich die Größenrelation zwischen Maßstab und Gemessenem, das Mengenverhältnis zwischen den Sachwerten und ihrem Wertausdruck ändert, je nachdem also, ob die Sachwerte im Vergleich mit dem sie im kommerziellen Austausch repräsentierenden allgemeinen Äquivalent zahlreicher oder rarer werden, beziehungsweise ob die Menge des die Sachwerte auf dem Markt ausdrückenden Geldes ab- oder zunimmt, steigen oder sinken die Preise. Im vorliegenden Fall geht es um eine durch unstatthafte etatistische Aktivitäten bewirkte übermäßige Vermehrung des allgemeinen Äquivalents oder Zunahme der Geldmenge – mit der notwendigen Folge steigender Preise.
Mathematisch oder real, das heißt, rein für sich oder als innersystematisches Phänomen genommen, ist dieser Anstieg der Preise bedeutungslos, ändert sich durch ihn nichts. Die Sachwerte bleiben die gleichen, die in den materialen Gütern verkörperten Werte bleiben in ihrem Verhältnis zueinander von jener Preisentwicklung unberührt. Das Einzige, was sich ändert, ist eben die Größe des Maßstabes, in dem sie auf dem Markt erscheinen, das Volumen des Ausdrucks, der sie im Austausch repräsentiert. So gewiss dieser Maßstab oder Ausdruck die Werte zwecks kommerziellen Austauschs oder äquivalentvermittelter Vermarktung in Preise übersetzt, so gewiss lässt er sie in der Konsequenz seiner eigenen Vergrößerung und Vermehrung angewachsen und expandiert erscheinen beziehungsweise repräsentiert er sie, negativ gefasst und der objektiven Scheinbarkeit der Veränderung Rechnung tragend, aufgebläht, inflationiert. Mathematisch oder real also ändert sich, noch einmal gesagt, durch diese Maßstabsvergrößerung, dieses Anwachsen des Ausdrucksvolumens nichts an den Sachwerten, bleiben die in den materialen Gütern, den Austauschobjekten verkörperten Werte in ihrem Verhältnis zueinander, ihrer systemischen Bestimmtheit, davon unberührt.
Praktisch oder sozial freilich, das heißt, bezogen auf die Gesellschaft, die sich des Marktsystems als einer Versorgungseinrichtung, einer Vermittlungsinstanz für ihre subsistenzielle beziehungsweise konsumtive Reproduktion bedient, stellt sich diese Expansion oder Aufblähung des markteigenen Maßstabs und kommerziellen Ausdrucks der in den materialen Gütern verkörperten Werte als durchaus folgenreich heraus, und erweist sie sich in der Tat als der große Haken bei der qua Etatismus praktizierten ultimativen und nämlich für die Realisierung nicht nur von mehr Wert in genere, sondern des Mehrwerts in specie Sorge tragenden Lösung des durch die Produktivität und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats heraufbeschworenen Absatzproblems. Praktisch oder sozial genommen, ist nämlich das allgemeine Äquivalent, das Geld, ja nicht nur nomineller Maßstab, kommerzieller Wertausdruck, sondern ebenso sehr auch funktionelles Austauschvehikel, reelles Zahlungsmittel. Das heißt, es erfüllt nicht nur den systematischen Zweck, das Austauschverhältnis zwischen den ebenso zahlreichen wie vielfältigen materialen Gütern oder Waren als nominelle Wertform, abstraktes Äquivalent, zu bemessen und auszudrücken, sondern ihm fällt ebenso sehr auch die Aufgabe zu, als materiales Wertmittel, konkretes Geld, den Austausch selbst zu vermitteln und durchzuführen.
Wie viel von dem materialisierten Wertmittel, dem Geld, dem Einzelnen per Lohn, Gehalt, Honorar oder Rente, das heißt, durch direkte beziehungsweise indirekte Vergütungen aus der kapitalistisch organisierten Wertschöpfung oder durch direkte beziehungsweise indirekte Zuwendungen aus dem etatistisch eingesetzten Staatssäckel zufließt und wie viel von dem Geld sich also in den Händen des Einzelnen befindet, entscheidet über seine objektiven Ansprüche an den Markt, seine Verfügung über auf dem Markt zirkulierende Sachwerte, kurz, seine Kaufkraft, entscheidet mit anderen Worten darüber, wie viel von den auf dem Markt versammelten materialen Gütern er kaufen und sich aneignen, als subsistenzielle beziehungsweise konsumtive Befriedigungsmittel in seinen Besitz bringen kann.
Eben diese, ihm qua Geld gegebene Kaufkraft aber wird nun durch eine etatistisch herbeigeführte übermäßige, den vom kapitalistischen Produktionsapparat neugeschöpften Mehrwert übersteigende Erhöhung der Geldmenge beeinträchtigt und gemindert! Wenn, wie oben konstatiert, aufgrund jener Vergrößerung der Geldmenge proportional mehr Geld auf die jeweiligen materialen Sachwerte, die Waren, entfällt, wenn also der Geldwert oder Preis der einzelnen Ware steigt und letztere mehr Geld erfordert, um – aus Sicht des Marktes – ihren Wert zu realisieren beziehungsweise – aus Sicht der Subsistierenden und Konsumierenden – als Befriedigungsmittel eintauschbar zu sein, dann bedeutet das zwangsläufig eine Minderung der dem Subsistierenden oder Konsumierenden qua Geldwert gegebenen Kaufkraft, bedeutet es eine Entwertung des allgemeinen Äquivalents, über das er verfügt, des Geldes in seiner Hand. Der durch die Vergrößerung der Geldmenge bewirkten Erhöhung des nominellen Geldwerts der Sachwerte, den steigenden Preisen der materialen Güter, entspricht auf der Seite des Geldes selbst dessen Entwertung, sein Verlust an reeller Kaufkraft.
Der praktische oder durchaus empirische Grund für diese systematische oder quasimathematische Korrelation liegt auf der Hand. Die etatistische Strategie der absolutistischen Herrschaft dient ja letztlich dazu und resultiert darin, die Zahl der Konsumenten zu vergrößern beziehungsweise ihre Kaufkraft zu erhöhen. Solange das in angemessener Proportion zur Vermehrung der materialen Güter beziehungsweise zur Zunahme des in ihnen verkörperten Sachwerts geschieht, bleibt das für den Preis der materialen Güter, den Geldwert der Sachwerte ohne Folgen. Erhöht nun aber die Herrschaft in Verfolgung ihrer etatistischen Strategie die Kaufkraft disproportional zu den vorhandenen materialen Gütern, vermehrt sie die Geldmenge stärker, als die Summe der Sachwerte sich vergrößert, so sorgt sie nolens volens dafür, dass vermehrte beziehungsweise vergrößerte Ansprüche an den Markt sich dort mit einer weniger stark vermehrten oder vergrößerten Menge materialer Güter konfrontiert finden beziehungsweise dass mehr an – jene Ansprüche repräsentierendem – Geldwert vorhanden ist, als an – in materialen Gütern, die die Ansprüche zu befriedigen taugen, verkörpertem – Sachwert zur Verfügung steht, mit der gleichermaßen empirisch und logisch notwendigen Konsequenz, dass der in materialen Gütern jeweils verkörperte Sachwert mehr konsumtiven Anspruch beziehungsweise mehr den Anspruch repräsentierenden Geldwert an sich zieht und auf sich versammelt als zuvor und dass deshalb umgekehrt dem mittels Geldwert repräsentierten, in Geldform vorgetragenen Anspruch des einzelnen Konsumenten an den Markt weniger in materialen Gütern verkörperter Sachwert als zuvor zusteht und am Ende auch zufällt.
Nichts anderes als dieses, durch die unverhältnismäßige Vergrößerung der Geldmenge bewirkte und nicht durch ein entsprechendes Wachstum der Sachwerte gerechtfertigte Mehr an konsumtiven Anspruch, an Nachfrage von Seiten der Konsumenten, drückt sich in den steigenden Preisen aus, und nichts anderes als diese, die Kehrseite der Medaille bildende und durch die relative Verringerung der gegen Geld eintauschbaren Sachwerte, die vergleichsweise Verknappung des Güterangebots von Seiten des Marktes, bewirkte Minderung des Anspruchs, den der Markt dem einzelnen Konsumenten erfüllen kann, schlägt sich im Verlust an Kaufkraft, in der Geldentwertung nieder.
Praktisch oder sozial gesehen, hat also ein übermäßiger Einsatz des finanzpolitischen Instruments, das im Rahmen ihrer etatistischen Strategie die absolutistische Herrschaft mit dem Ziel einer den sächlichen Produktionsleistungen des kapitalistischen Apparats vollständig Genüge tuenden Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft in Anwendung bringt, nämlich die von Staats wegen betriebene und den produktiven Wertzuwachs, das Mehr an Sachwert, das der kapitalistische Produktionsapparat hervorbringt, übersteigende Erhöhung der für den Konsum verfügbaren Geldmenge aus thesaurischen Quellen, in der Tat gravierende Folgen. Über das Ziel einer Egalisierung des sächlichen Wertzuwachses hinausschießend, hat diese über die konsumtive Seite erfolgende übermäßige Einspeisung systemexternen allgemeinen Äquivalents in den Wirtschaftskreislauf steigende Preise und Geldentwertung, kurz, eine inflationäre Entwicklung zur notwendigen Konsequenz und schwächt damit die subsistenzielle beziehungsweise konsumtive Position aller kraft ihres Arbeitslohns, ihres Gehalts, ihrer Honorare oder ihrer Rente dem kommerziellen Distributionssystem eingegliederten und von ihm abhängigen Marktteilnehmer.
Weil sie alle durch die rein geldwertvermittelte, bloß der etatistischen Zuwendung weiteren allgemeinen Äquivalents geschuldete und durch keinen Zuwachs an materialen Gütern, Sachwertverkörperungen, gerechtfertigte staatliche Rekrutierung neuer Konsumenten beziehungsweise Stärkung vorhandener Kaufkraft in ihren eigenen, durch das Geld in ihrer Hand repräsentierten Ansprüchen an den Markt reduziert und einschränkt werden, weil jene, bloß durch die Expansion der Geldmenge effektuierte Erweiterung des Konsumentenkreises beziehungsweise Verstärkung der konsumtiven Ansprüche für sie alle mittels des Mechanismus steigender Preise eine Entwertung des in ihrer Hand befindlichen allgemeinen Äquivalents zur Folge hat, sie alle in ihrer durch ihren Lohn, ihr Gehalt, ihr Honorar oder ihre Rente repräsentierten Konsumkraft beeinträchtigt und schwächt, verschlechtert sich ihre subsistenzielle Lage, sinkt ihr Konsumniveau und bezahlen sie die Zeche, die der Staat durch den übertriebenen Einsatz jenes raffiniertesten der der etatistischen Strategie zur Hebung des inländischen Konsums zur Verfügung stehenden finanzpolitischen Instrumente macht, begleichen sie die Schuld, die die absolutistische Herrschaft durch ihre der Rücksicht auf die Wertschöpfung sich entschlagende Geldmengenpolitik anhäuft.
Sie alle müssen dafür büßen, wenn der Staat bei seinem etatistischen Bemühen, nicht bloß aus eigenen, fiskalischen Mitteln ganz generell den Konsum im eigenen Land zu verbessern, sondern mehr noch aus eigenen, thesaurischen Quellen die konsumtive Realisierung speziell des Wertzuwachses, den der kapitalistische Produktionsapparat jeweils erzielt, sicherzustellen, kein Maß kennt und nämlich durch eine übermäßige Vermehrung der potenziellen Konsumenten beziehungsweise Steigerung der nominellen Kaufkraft die reelle Subsistenz des einzelnen Marktteilnehmers beziehungsweise seinen aktuellen Konsum beschneidet.
Und nicht etwa nur die vom Markt bereits subsistenziell Zehrenden beziehungsweise konsumtiv Nutznießenden finden sich durch jene mittels staatlicher Finanzpolitik betriebene übermäßige, sprich, zur Vermehrung der Sachwerte unverhältnismäßige Zunahme der qua Geldwert geltend gemachten Ansprüche an den Markt beeinträchtigt und geschädigt, sondern auch und sogar die Begünstigten selbst, diejenigen also, die dank der staatlichen Geldmengenpolitik Ansprüche an den Markt erringen und sich als Marktteilnehmer neu etablieren, können ihres Erfolges nicht eigentlich froh sein und sehen sich letztlich betrogen, teils, weil die nominelle Kaufkraft, die der Staat ihnen verschafft, ja nicht weniger der Entwertung unterliegt als die aller anderen Marktteilnehmer und sie also feststellen müssen, dass sie weniger gewinnen als erhofft, teils und vor allem, weil bei fortgesetzter inflationärer Geldmengenpolitik sie sich im Nu den übrigen Marktteilnehmern beigesellt und dem haargenau gleichen Schicksal einer unaufhaltsamen Verschlechterung ihrer subsistenziellen Lage beziehungsweise eines progressiven Verfalls ihres Konsumniveaus ausgeliefert finden.
Tatsächlich ist eine inflationär-etatistische Geldmengenpolitik, die als ständiges finanzpolitisches Instrument eingesetzt und zur Routine wird, der sicherste Weg ins Verderben des Gemeinwesens, ein unaufhaltsamer Progress in einen Zustand der aus ökonomischer Not beziehungsweise Knappheit geborenen sozialen Verelendung beziehungsweise Deklassierung, in den sich der weit überwiegende Teil der Gesellschaft, der bürgerliche Mittelstand ebenso wie die lohnarbeitende Volksmasse versetzt finden und der auf Dauer gar nicht verfehlen kann, allen Untertanengeist und Bürgersinn, alle gesellschaftliche Loyalität gegenüber der absolutistischen Herrschaft und ihrer Staatsform zu zerstören und eine allgemeine Unruhe und Unzufriedenheit zu schüren, die sich irgendwann in Aufruhr und Gewalttat, in sei's anarchistisch, sei's solidarisch bewaffnetem Widerstand gegen das absolutistische Regime und seinen Staat entladen muss.
Soviel Tatkraft und Ingenium die absolutistische Herrschaft bei der Förderung ihres Hauptgeldgebers, des kapitalistischen Markt- und Produktionssystems, auch beweist, ihre eigene Reichtumsverwendung ist nicht vom Verwertungsprinzip, sondern vom archaischen Gebot demonstrativen Konsums bestimmt. Eben deshalb greift sie die Möglichkeit einer Förderung des gesellschaftlichen Konsums durch eine thesaurisch fundierte Geldmengenpolitik begierig auf und treibt sie quasi zwangsläufig in den inflationären Exzess.
Angesichts der letztlich sie selbst, ihre Existenz, betreffenden tödlichen Gefahren, die ein übermäßiger Einsatz jenes finanzpolitischen Instruments einer Ausweitung beziehungsweise Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft durch die Einspeisung von allgemeinem Äquivalent aus systemfremd-staatseigener, thesaurisch-herrschaftlicher Quelle ins Wirtschaftssystem birgt, hätte also die absolutistische Herrschaft allen erdenklich guten Grund, Maß zu halten und durch strikte Beschränkung des Geldmengenzuflusses auf den Zuwachs an materialem Produkt, die enge Bindung der im Wirtschaftssystem zirkulierenden Geldwertsumme an die vom System produzierte Menge an Sachwert jedes mit jenem Instrument verknüpfte inflationäre Risiko wie die Pest zu meiden. Und technisch-bürokratisch wäre das der absolutistischen Herrschaft auch ohne weiteres möglich, da das thesaurische allgemeine Äquivalent, das Geld aus systemexternen Quellen, ja keineswegs beziehungsweise längst nicht mehr in seiner Naturalgestalt, als ungeprägtes Edelmetall, und deshalb im Prinzip unkontrolliert in das System gelangt, sondern im Großen und Ganzen nurmehr in Münzform zirkuliert und die Herrschaft durch das Münzrecht, das sie besitzt, die Münzhoheit, die sie ausübt, die Einspeisung von neugeprägtem allgemeinem Äquivalent in den Geldkreislauf selbstherrlich vorzunehmen oder jedenfalls maßgeblich zu steuern, kurz, zentral zu kanalisieren und zu verwalten vermag.
Natürlich kommt noch hinzu, dass es, zumal in Zeiten, in denen die statistische Begleitung und Erfassung des volkswirtschaftlichen Lebens durch den Staat noch in den Kinderschuhen steckt und dieser beileibe noch nicht über das fiskalische und elektronische Instrumentarium verfügt, das ihm mittlerweile erlaubt, dem kapitalen Subjekt permanent den Puls zu fühlen und über sein Befinden akribisch zu wachen – dass es also unter diesen Umständen für die absolutistische Herrschaft, rein empirisch betrachtet, kein Leichtes wäre, das jeweilige reale Wirtschaftswachstum zu ermitteln, um das geforderte Äquilibrium zwischen Vermehrung der Geldmenge und Zunahme der Sachwerte in die Tat umsetzen zu können. Indes wäre bei ein wenig gutem Willen diese Klippe wohl umschiffbar, da die absolutistische Herrschaft hierfür nichts weiter tun müsste, als ein perfektes Äquilibrium zwischen Quantum des Geldwerts und Menge des Sachwerts gar nicht erst anzustreben, sondern ihre etatistische Einspeisung thesaurischen allgemeinen Äquivalents in den ökonomischen Kreislauf von vornherein so behutsam und zurückhaltend zu gestalten, dass sie gar nicht erst in die Gefahr einer inflationsträchtig übermäßigen Erhöhung der Geldmenge geriete, und im Übrigen dann die durch eine solch behutsame Geldmengenpolitik nicht zu leistende vollständige konsumtive Egalisierung des vom kapitalistischen Apparat jeweils geschöpften produktiven Zuwachses oder Mehrwerts den zur etatistischen Fixierung auf den Binnenmarkt alternativen, wenn auch im Falle der europäischen Kontinentalstaaten in genere und Frankreichs in specie nicht hinlänglich effektiven Absatzstrategien sei's einer merkantilistisch auf die Nachbarn zielenden, sei's einer expansionistisch nach Übersee ausgreifenden Außen- beziehungsweise Kolonialhandelspolitik zu überlassen.
Dieser gute Wille freilich ist bei der absolutistischen Herrschaft schlechterdings nicht vorhanden: Was ihr technisch-bürokratisch ohne weiteres möglich wäre, liegt ihr politisch-praktisch unerreichbar fern. Hier nämlich kommt zum Tragen, dass sie zwar mit der neuen, bürgerlichen, auf der Totalisierung des Marktsystems und der kapitalistischen Durchdringung der Produktionssphäre, die diese Totalisierung impliziert, aufbauenden Ökonomie im Bunde steht, dass aber gleichermaßen die Essenz ihres Daseins und das Gesetz ihres Handelns keineswegs die kommerzielle Wertakkumulation, die Anhäufung von Reichtum zu dem einzigen Zweck der Anhäufung weiteren Reichtums, sondern vielmehr die konsumtive Affirmation von Welt, die als Sanktionierung und Bekräftigung der irdischen Dinge und menschlichen Verhältnisse wohlverstandene Verwendung beziehungsweise Verschwendung von Reichtum zur Bannung und Neutralisierung der, wie in aller politischen Herrschaft, so auch in ihr lauernden und eben jene irdischen Dinge und menschlichen Verhältnisse mit Entwirklichung und Entwertung bedrohenden Indifferenz und Negativität ist.
Wie alle traditionelle Herrschaft, so ist auch noch die absolutistische ganz und gar geprägt von und befangen in der für sie konstitutiven (und im Verlaufe dieser Studie bereits mehrfach erläuterten) Aufgabe, den von der Gesellschaft erzeugten Reichtum und Überfluss, der ihr, der Herrschaft, mit abgründiger Zwangsläufigkeit zufällt, gegen die ihm innewohnende Tendenz, sich zum Symbol oder Vorweis eines toto coelo anderen Seins und Beginnens zu entwirklichen und zu entwerten, durch demonstrativen Konsum, ostentativen Verbrauch in seiner diesseitig-unmittelbaren Wirklichkeit, seinem mundan-eigenen Wert zu beschwören und vorzuführen. Dass der Modus, in dem der Überfluss ihr zufällt, der Mechanismus, durch den Reichtum in ihre Verfügung gelangt, sich mittlerweile gewandelt hat und in der Hauptsache nicht mehr unmittelbar tributärer, sondern distributär vermittelter Natur ist, nicht mehr in der direkten, fronwirtschaftlich-extraktiven Enteignung der von den Untertanen geschaffenen Güter, sondern in einer indirekten, marktwirtschaftlich-transaktiven Abschöpfung der von ihnen geschöpften Werte besteht, kurz, nicht mehr als sozial sanktionierte Ausbeutung, sondern als kommerziell kontrahierter Austausch erscheint, dass sie, noch einmal anders gesagt, den Reichtum, der ihr ihren demonstrativen Konsum, ihre ostentative Verschwendung ermöglicht, im Wesentlichen oder jedenfalls in wachsendem Maße nicht mehr via directa einer aus der personalen Verfügung über Arbeitskraft Nutzen ziehenden Herrschaftsordnung, sondern modo obliquo eines aus der Organisation des materialen Austauschs der Arbeitsprodukte Gewinn schöpfenden Wirtschaftssystems erlangt – dies impliziert zwar gleichermaßen institutionell und funktionell eine nachdrückliche Veränderung der Herrschaft selbst und lässt sie jenen beschriebenen Wandlungsprozess durchlaufen, der sie aus einer feudal-dynastischen Ordnungsmacht zu einer zentral-bürokratischen Regierungsgewalt werden lässt, sie aus dem gekrönten Haupt eines föderalistisch-organischen Staatskörpers zu dem macht, was sie nunmehr ist, zum souveränen Herrn eines zentralistisch-mechanischen Staatsapparats.
Aber so sehr sich ihre institutionelle und funktionelle Form wandelt, an ihrem habituellen und intentionalen Verhältnis zur Substanz ihres Bestehens, zum Reichtum, ändert sich dadurch nichts! Nach wie vor fängt sie mit dem Reichtum und Überfluss, den ihr der Markt beziehungsweise der vom Markt generierte und ausgebrütete kapitalistische Produktionsapparat zuwendet, ganz und gar anderes an als der Markt und seine Produktionsmaschinerie selbst, nutzt ihn mitnichten für die Verwertung und Vermehrung seiner selbst zwecks immer weiterer Selbstverwertung und Selbstvermehrung, sondern durchaus nur, um ihn im traditionell mit Herrschaft verknüpften Sinne, nämlich zum Zwecke eines öffentlich demonstrierten Weltgenusses und einer rituell zelebrierten Lust am Leben zu verwenden und zu verschwenden.
Dabei ist sich die absolutistische Herrschaft im Klaren darüber, dass ihre eigene Stellung und ihr persönliches Wohlbefinden mit dem Wohlergehen und Gedeihen ihres wichtigsten Unterstützers und Hauptfinanziers, des sich durch Kapitalisierung der Produktionssphäre zum maßgeblichen gesellschaftlichen Reproduktionsmechanismus totalisierenden kommerziellen Systems, steht und fällt. Sie weiß sehr wohl, dass sie nurmehr als stille Teilhaberin dieses ökonomischen Systems, empirisch betrachtet, überleben kann und, systematisch gesehen, eine Existenzberechtigung hat. Und eben deshalb ist sie auch von Anfang an, will heißen, schon in der ihrem eigenen Aufstieg korrespondierenden Formationsphase jenes zum kapitalistischen mutierenden kommerziellen Systems nach Kräften bemüht, die ihr als stiller Teilhaberin zufallende Aufgabe einer politischen Beförderung und Absicherung des ökonomischen Prozesses zu erfüllen, und beweist dabei, was die Schaffung der für den Prozess günstigsten Voraussetzungen und förderlichsten Bedingungen betrifft, eine Intelligenz und Lernfähigkeit, durch die sie zeigt, dass sie der Logik kapitalistischer Verwertung durchaus zu folgen und Rechnung zu tragen vermag, und die sie in der Tat als höchst geeigneten politisch-personalen Partner des ökonomisch-realen Subjekts Kapital ausweist.
Angefangen von der Aufhebung städtischer Freiheiten, der Zerschlagung von Zunftordnungen, der Veräußerung und Verpachtung von Gerechtsamen, Schürfrechten und Nutzungsrechten beziehungsweise der Verleihung von Handelsmonopolen, der Durchsetzung niedriger Löhne und der Einrichtung von Arbeitshäusern bis hin zur kolonialen Expansion und den als Merkantilismus firmierenden handelspolitischen Maßnahmen tut die absolutistische Herrschaft alles, um zuerst der nachträglich als ursprüngliche Akkumulation identifizierten beschleunigten und verstärkten Massierung und Konzentration von Handelskapital Vorschub zu leisten und dann der durch Investition des akkumulierten Handelskapitals in die personalen und realen Bedingungen gesellschaftlicher Arbeit betriebenen kapitalistischen Umgestaltung der Produktionssphäre, der Etablierung einer als Ausgeburt des Marktes auf der Trennung der Produzenten von ihren Arbeitsmitteln und ihrer Verwandlung in Arbeitskräfte, Lohnarbeiter basierenden Wertschöpfung durch das kapitale Subjekt zum Erfolg zu verhelfen.
Das alles aber tut die absolutistische Herrschaft und dieses Verständnis für die Notwendigkeiten und Unabdingbarkeiten eines erfolgreich verlaufenden kommerziellen beziehungsweise kapitalen Akkumulationsprozesses beweist sie stets nur im Blick auf einen Reichtum, in Erwartung eines Überflusses, den sie fern aller weiteren Akkumulationsperspektive, frei von jeglicher Verwertungsabsicht ausschließlich dazu verwendet, ihrem demonstrativen Konsum zu frönen, ihre ostentative Verschwendung zu betreiben. Ihre ganze, von Einsicht in die kommerzielle Verwertungslogik zeugende tatkräftige Unterstützung und zielstrebige Förderung jener kapitalistischen Entwicklung, der sie selbst ihre Entstehung und Stellung verdankt, zielt letztlich auf den ihr per Steuern und Abgaben zufließenden Anteil an den Gewinnen des neuen Produktionsapparats und seines Marktes, mit dem das kapitale Subjekt ihren Sukkurs und Beistand honoriert und den sie eben dem aller Verwertungslogik ins Gesicht schlagenden demonstrativen Konsum, eben dem ostentativ verschwenderischen Verzehr zuführt, der die Substanz ihres Daseins bildet und in dem allein sie ihre archaische Bestimmung findet, ihre mythologische Sichselbstgleichheit hat. So gesehen, bleibt für die absolutistische Herrschaft, all ihrer konstruktiven Mitwirkung und das Verständnis für die Erfordernisse kommerzieller Verwertungslogik, das sie beweist, zum Trotz, das sich verwertende Kapital doch immer bloßes, von allem ihm eigenen Selbstzweckanspruch weit entferntes Mittel zum Zweck des für anderes zu verwendenden und – aus der Perspektive des Kapitals selbst also – zu verschwendenden Reichtums und steht und fällt mit der Erfüllung dieses – aus der Kapitalperspektive – heteronomen Zwecks und eitlen Beginnens.
Eben deshalb, weil das auf nichts weiter als auf seine erweiterte Reproduktion gerichtete kommerzielle System und sein automobiler Antrieb, der kapitalistische Produktionsapparat, für die absolutistische Herrschaft nichts weiter sind als Mittel zum konsumtiven Zweck einer repräsentativen Verwendung beziehungsweise Verschwendung dessen, was das System ihr als ihren herrschaftlichen Anteil am kapitalen Ertrag überlässt, kommt es sie aber nun auch besonders hart an, das zu tun, was die als Etatismus apostrophierte Strategie ihr abverlangt, und nämlich den Zweck, ihren herrschaftlichen Ertrag und fiskalischen Gewinn, wiederum ins Mittel, in ein finanzpolitisches Instrument, einen wirtschaftswirksamen Faktor zu verkehren, sprich, den ihr per Steuern und Abgaben zufließenden Teil des kapitalen Gewinns ihrem Repräsentationsaufwand beziehungsweise ihrer Verschwendungssucht zu entziehen und den oben beschriebenen Umverteilungsbemühungen zuzuwenden, ihn mit dem Ziel einer Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft in den Ausbau des Staatsapparats und die damit direkt und indirekt betriebene Schaffung eines bürgerlichen Mittelstands, einer dank relativen Wohlstands der Konsumentin vom Dienst, der Oberschicht, beispringenden und bei der Bewältigung der Absatzprobleme, mit denen die Produktivität und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats den Markt heimsucht, zur Seite stehenden neuen Abnehmer- und Verbraucherschicht zu stecken.
So leicht ihr die politische Unterstützung des kapitalen Subjekts in Form von sozialstrategischen, gesetzgeberischen und ordnungspolitischen Maßnahmen und Verfügungen von der Hand geht, so schwer tut sie sich doch mit ihrem ökonomischen Beistand, dem in Gestalt von Gehältern, Honoraren und Renten aus der eigenen Schatulle zu leistenden Beitrag, den die nach Maßgabe ihrer etatistischen Strategie wachsende Zahl von Beamten und Staatsbediensteten nebst deren zivilem Anhang ihr abverlangt. Deshalb ist ja auch, wie oben vermerkt, die absolutistische Herrschaft weit entfernt davon, ihren gesamten Etat für jene Umverteilungsbemühungen zur Disposition zu stellen, und beschränkt vielmehr in der Absicht, sich in ihrem luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil, ihrem demonstrativen Konsum, unter keinen Umständen stören, sondern äußerstenfalls auf einem bestimmten Niveau arretieren zu lassen, ihren Beitrag auf das progressive Mehr an Staatseinnahmen, das fiskalische Plus, das ihr der expandierende kapitalistische Staatsapparat beschert.
Genau diese ihre tief verwurzelte und nämlich im archaischen Grund ihres Daseins verankerte Unlust, mehr, als mit dem demonstrativen Konsumanspruch, den sie selber erhebt, vereinbar, in ihre auf die Hebung der gesellschaftlichen Konsumkraft abgestellte Umverteilungsstrategie zu stecken, lässt der absolutistischen Herrschaft nun aber jene oben als Krönung der finanzpolitischen Aktivitäten, die sie qua Etatismus entfaltet, vorgestellte thesaurisch fundierte Geldmengenpolitik als ein Geschenk des Himmels oder – angesichts des durch und durch mundanen Charakters des Absolutismus vielleicht besser gesagt! – der in der höfisch-theatralischen Mythologie der Zeit omnipräsenten Glücksgöttin Fortuna erscheinen.
Dass ihr die weitgehende Verfügungsmacht über das auf ihren heimischen und kolonialen Hoheitsgebieten geschürfte beziehungsweise als Kriegsbeute erlangte Edelmetall und die per Münzhoheit vollständige Entscheidungsgewalt darüber, ob, wann und in welchem Umfang das Edelmetall in der Funktion von allgemeinem Äquivalent in den Wirtschaftskreislauf eingespeist und der dort bereits zirkulierenden Geldmenge hinzugefügt wird, ermöglichen, Konsumkraft aus thesaurischen Quellen zu schöpfen, drängt sich ihr als die Lösung all der Probleme und Kopfschmerzen auf, die ihr die Gleichzeitigkeit ihres eigenen Anspruchs auf möglichst ungeschmälert demonstrativen Konsum und verschwenderischen Luxus und der etatistischen Aufgabe bereitet, einen Beitrag zur Lösung der Absatzprobleme des kapitalistischen Produktionsapparats durch Schaffung neuer, kaufkräftiger, mittelständischer Gruppen zu leisten. Mittels jener herrschaftseigen-thesaurischen Geldquelle kann sie der Aufgabe, für neue gesellschaftliche Konsumkraft zu sorgen, nachkommen, ohne hierfür die aus der Wirtschaft fließenden Steuern und Abgaben, den in der Hauptsache kapitalgenerierten Etat in Anschlag bringen und damit ihren aus letzterem finanzierten demonstrativen Konsum beschneiden und einschränken zu müssen.
Dass die absolutistische Herrschaft, dem archaischen Sinn ihres Daseins gehorchend und gleichermaßen getrieben und geblendet von ihrem dem kommerziellen Akkumulationsstreben ebenso diametral widerstreitenden wie mittlerweile existenziell verpflichteten Umgang mit gesellschaftlichem Reichtum, die thesaurische Geldquelle als Chance zur ungeschmälerten Aufrechterhaltung ihres verschwenderischen Lebensstils, wo nicht gar zur ungezügelten Eskalation ihrer Prunksucht und ihres Luxus wahrnimmt und nutzt, verändert nun freilich die Stellung und Funktion, die jener aus dem Thesaurus gespeisten Einleitung von allgemeinem Äquivalent in den Wirtschaftskreislauf im Rahmen der etatistischen Strategie zur Lösung von Absatzproblemen durch Steigerung der landesinternen Kaufkraft zukommt. Die thesaurisch fundierte Geldschöpfung hört mehr und mehr auf, die bloße Ergänzung zur fiskalisch vermittelten Umverteilung zu sein, als die sie anfänglich in Erscheinung tritt, und avanciert zum vollgültigen Ersatz für letztere.
Weil, wie gesehen, eine etatistisch betriebene bessere Verteilung der vorhandenen gesellschaftlichen Kaufkraft unter den gegebenen Umständen bedeutet, dass die absolutistische Herrschaft ihren demonstrativen Konsum und luxuriösen Lebensstil einschränken oder jedenfalls einfrieren muss, um einen Teil des in Form von Steuern und Abgaben ihr zufallenden Anteils am Gewinn des kapitalistischen Produktionsapparats und seines Vertriebssystems, des Marktes, in den Aufbau einer konsumtiv wirksamen bürgerlichen Staatsbürokratie nebst mittelständischer Dienstleisterklientel stecken zu können, und weil der absolutistischen Herrschaft aber kaum etwas schwerer fällt und stärker wider die Natur geht als dieser Verzicht auf die gewohnte Hofhaltung und Verschwendung beziehungsweise auf die Möglichkeit, letztere der Steigerung ihrer fiskalischen Einnahmen entsprechend immer opulenter zu gestalten und auf die Spitze zu treiben – weil dies so ist, gelangt sie, die absolutistische Herrschaft, geradezu zwangsläufig dazu, jenes von der staatlichen Finanzpolitik zwecks Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft zusätzlich zur Umverteilung ersonnene Instrument einer aus dem Thesaurus bestrittenen Geldschöpfung aus einem Zusatz, einem Supplement, zu einem Ersatz, einem Substitut werden zu lassen, kurz, es als ein allvermögendes Passepartout in Gebrauch zu nehmen, das ihr gestattet, ihre Umverteilungsanstrengungen überhaupt einzustellen und auf jedes produktivitäts- und ausbeutungsbedingte Absatzproblem, mit dem der kapitalistisch fundierte Markt den Staat konfrontiert, mit immer dem gleichen etatistischen Allheil- und Wundermittel einer aus thesaurischen Quellen geleisteten Dotierung des Staatsapparats im Besonderen und Begleichung der staatlichen Verbindlichkeiten im Allgemeinen und einer dadurch bewirkten Erhöhung der dem Wirtschaftssystem verfügbaren Geldmenge zu begegnen.
Damit freilich kann die absolutistische Herrschaft gar nicht verfehlen, früher oder später und eher früher als später die oben angegebene und mit der thesaurischen Geldschöpfung untrennbar verknüpfte Kautel zu verletzen und nämlich mehr allgemeines Äquivalent, mehr geldlichen Wert in das Marktsystem einzuspeisen, als dem durch den Produktionsapparat erzielten sächlichen Wertzuwachs entspräche. Weil sie ja, um ihren aufwändigen Lebensstil und verschwenderischen Konsum ungeschmälert fortsetzen oder gar noch übertrumpfen zu können, jene Leistungen in Sachen Stärkung der gesellschaftlichen Kaufkraft, die sie bis dahin durch Umverteilung bereits vorhandenen und nämlich auf fiskalischem Wege in ihre Hände gelangten allgemeinen Äquivalents erzielt hat, jetzt allesamt, soweit sie sich nicht aufs Schuldenmachen verlegt, auf dem Wege der Geldschöpfung, der Beschaffung neuen, den herrschaftlichen Schätzen entnommenen allgemeinen Äquivalents erbringen muss, ist angesichts der Fülle von pekuniären Verpflichtungen, mit denen der bereits ins Leben gerufene Staatsapparat und die durch die kapitalistische Entwicklung gebotene Fortsetzung der in der Erzeugung gesellschaftlicher Kaufkraft durch Mittelstandsförderung bestehenden etatistishen Strategie sie konfrontieren, ganz unvermeidlich, dass sie das durch den Wertzuwachs bei der Produktion gesetzte Maß überschreitet und durch eine übermäßige Vergrößerung der Geldmenge die generelle Proportion zwischen Geldwert und Sachwert verschiebt und in eine Schieflage bringt.
Gegen die Folgen ihrer inflationären Geldmengenpolitik bietet die absolutistische Herrschaft, aus Trägheit und weil sie am wenigsten von ihnen betroffen ist, immer wieder das als Heilmittel missverstandene Gift eben dieser Politik auf. Vom kapitalen Subjekt und seinen Repräsentanten lässt sich ein korrektiver Einfluss auf die Herrschaft nicht erwarten, weil erstens eine Inflation, solange sie nicht galoppiert, den kapitalen Akkumulationsprozess gar nicht stört und weil zweitens die Herrschaft beim kapitalen Subjekt hoch verschuldet ist und dies dem letzteren ideale Bedingungen für eine von herrschaftlicher Bevormundung freie, liberalistisch ungehemmte Entfaltung seines Produktions- und Marktsystems bietet.
Die Folge ist das oben erläuterte und als zwei Seiten einer Medaille wohlverstandene Doppelphänomen steigender Preise und sinkender Kaufkraft, ist mit anderen Worten eine inflationäre Entwicklung und damit die Verschlechterung der ökonomischen Lage und der sozialen Verhältnisse, des Lebensstandards und der Existenzbedingungen aller am volkswirtschaftlichen Leben Beteiligten, der Gehaltsempfänger und Rentenbezieher nicht weniger als der Lohnarbeitenden. So gewiss die der Lösung des Absatzproblems durch das Passepartout einer deckungslosen Erhöhung der Geldmenge geschuldete inflationäre Entwicklung, der Komplementärprozess aus steigenden Preisen und sinkender Kaufkraft, den Anspruch des Einzelnen an den Markt verringert und seine Kaufkraft schwächt, so gewiss bedroht sie ihn aktuell (wenn er ein ohnehin bereits am Rande des Existenzminimums subsistierender Lohnarbeiter ist) oder tendenziell (wenn er als Angehöriger des Mittelstands in relativem Wohlstand lebt) mit sinkendem Lebensstandard und Statusverlust, letztlich also mit ökonomischer Not und sozialem Elend.
Und das gilt, wie gesagt, für alle, auch für diejenigen, die unmittelbar Nutznießer jener Geldmengenpolitik sind und durch letztere in den Besitz von allgemeinem Äquivalent gelangen, sprich, Ansprüche an den Markt erwerben, weil sie ja das allgemeine Äquivalent nur um den Preis seiner gleichzeitigen relativen Entwertung gewinnen, ihre neuen Ansprüche an den Markt mit deren gleichzeitiger relativer Diskontierung bezahlen müssen. Und es gilt auch und sogar für die absolutistische Herrschaft selbst und ihre noble Klientel, ihre höfische Gesellschaft, weil ja jene ungedeckte Aufstockung des Etats aus thesaurischen Quellen auf ihn als ganzen zurückschlägt und den konsumtiven Spielraum auch des Hofes einschränkt, die Kaufkraft auch der Etatmittel, die die Herrschaft für ihren Luxus und ihre Verschwendung zur Verfügung hat, mindert. Diese Tatsache der die Lebensbedingungen aller Mitglieder der Gesellschaft und also auch sie selbst, ihren eigenen repräsentativen Lebensstil, in Mitleidenschaft ziehenden Teuerung und Geldentwertung, die jene zum Wachstum der Sachwerte unverhältnismäßige Geldschöpfung aus thesaurischen Quellen nach sich zieht, müsste nun eigentlich der absolutistischen Herrschaft ein Licht aufstecken und ihr klar machen, dass jenes finanzpolitische Instrument einer Erhöhung der Geldmenge, als pauschaler Ersatz für jegliche Umverteilungsanstrengung und mithin im Übermaß gebraucht, kein gangbarer Weg zur Lösung der durch die Produktivität und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats heraufbeschworenen Absatzprobleme ist und letztlich die Gesellschaft nur in einen Zustand allgemeiner materialer Not und sozialer Zerrüttung stürzen kann.
Sie müsste es – wäre da nicht der unselige Umstand, dass der Speer, der die Wunde schlägt, sie auch immer wieder zu heilen verspricht, dass, weniger metaphorisch gefasst, jene thesaurische Geldmengenerhöhung, die die inflationäre Minderung der Kaufkraft verschuldet, sich der Herrschaft auch immer gleich wieder als probates Mittel anbietet, die geminderte Kaufkraft wiederherzustellen. Wenn die übermäßige staatliche Geldschöpfung, wie das gesellschaftliche Subsistenz- beziehungsweise Konsumniveau in genere, so auch das herrschaftliche Luxusleben in specie beeinträchtigt, hat es die Herrschaft ja in der Hand, diese Beeinträchtigung durch eine neuerliche Geldschöpfung zu kompensieren und wettzumachen. Zwar erweist sich das Therapeutikum nur zu rasch als eine neue Dosis inflationären Gifts und bringt nämlich die neuerliche Geldschöpfung die Minderung der Kaufkraft und die daraus resultierenden ökonomischen Nöte und sozialen Probleme in verschärfter Form zurück, aber jedes Mal greift die ihrer Verschwendungssucht verfallene oder, besser gesagt, dem Wiederholungszwang des demonstrativen Konsums, in dem sie den Sinn ihres Lebens findet, gehorchende absolutistische Herrschaft zwecks Kompensation des Schadens wieder zum gleichen schadenstiftenden palliativen Opiat.
Die Alternative hierzu wäre, dass die absolutistische Herrschaft auf Kosten ihrer eigenen Lebensführung, um den Preis einer Einschränkung des demonstrativ-verschwenderischen Konsums ihrer selbst und der von ihr dotierten höfischen Oberschicht, zur Umverteilungspraxis zurückkehrte und reelle, aus Steuern und Abgaben gespeiste Etatmittel der eigenen Verwendung oder vielmehr Verschwendung entzöge, um sie der Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft durch den Ausbau und die Förderung eines staatlich generierten Mittelstands zuzuwenden. Zu diesem Kraftakt aber ist die ebenso sehr objektiv durch das allzeit verfügbare Allheilmittel beziehungsweise Rauschgift thesaurischer Geldschöpfung Verführte wie subjektiv durch ihre Sucht beziehungsweise ihren Wiederholungszwang Getriebene zu schwach. Ehe sie den fatal bequemen Weg der Aufblähung der Geldmenge verlässt und sich schließlich der dringend nötigen Ausgabendiät und Änderung ihres Lebensstils unterzieht, nutzt sie lieber ad infinitum, will heißen, bis zum bitteren Ende, die scheinbare Heilkraft des als finanzpolitisches Instrument ins Spiel gebrachten herrschaftlichen Schatzes und verstrickt sich und die Gesellschaft immer tiefer in jene Spirale aus Teuerung und Entwertung, jenen inflationären Strudel, der gar nicht verfehlen kann, immer größere Teile der Gesellschaft ökonomisch zu ruinieren und sozial zu deklassieren.
Und natürlich kann die Herrschaft ihrer Sucht auch und nicht zuletzt deshalb so unbeirrt frönen, ihrem Wiederholungszwang deshalb so unbekümmert nachgeben, weil sie von den Folgen ihrer Geldschöpfungspolitik am wenigsten betroffen ist oder sie jedenfalls am vergleichsweise wenigsten spürt, teils, weil sie quasi am Anfang der Nahrungskette steht und der scheinbare Segen, der vergiftete Gewinn der thesaurischen Einspeisung in den Wirtschaftskreislauf erst einmal bei ihr, der Einspeiserin, positiv ankommt, ihrem Konsum aufhilft, ehe die eingespeisten Geldmittel dann im Fortgang ihre negative Wirkung entfalten und sich in dem Maße, wie sie sich im Kreislauf verteilen, als letzteren zerrüttendes inflationäres Gift erweisen, teils, weil angesichts des Umfangs des höfischen Etats, der Größenordnung der der absolutistischen Herrschaft zu Gebote stehenden Kaufkraft, deren jeweilige inflationäre Schwächung immer nur ein durch eine neue Giftdosis leicht vergessen zu machender Nadelstich bleibt und nicht als der schmerzhafte Einschnitt in die Lebensverhältnisse spürbar wird, als den der bürgerliche Mittelstand jene Geldentwertung und Teuerung erlebt, beziehungsweise als der durch Mark und Bein gehende Angriff auf die Existenz, als den die Lohnarbeiterschaft sie erleidet.
Während bei der Lohnarbeiterschaft und dem bürgerlichen Mittelstand die inflationär bedingten Einbußen bei der Subsistenz beziehungsweise Einschränkungen beim Konsum rasch ans nackte Leben gehen beziehungsweise am sozialen Status rütteln, bleiben sie bei der absolutistischen Herrschaft und ihrer Klientel Beeinträchtigungen des Lebensstandards und Konsumniveaus, die zweifellos unwillkommen sind, aber doch so wenig ins Gewicht fallen, dass sie zwar neue irregeleitete finanzpolitische Bemühungen, sie aus der Welt zu schaffen, provozieren, nicht aber zu einem ernsthaften Umdenken, einer wesentlichen Richtungsänderung in der eigenen Lebensführung motivieren können.
Kraft gleichermaßen ihrer privilegierten Stellung in der Nahrungskette und des exorbitanten Volumens ihres demonstrativen Konsums, ihrer repräsentativen Verschwendung bleibt die absolutistische Herrschaft mit ihrer Klientel dem gesellschaftlichen Konkurrenzdruck, dem mittels allgemeinen Äquivalents ausgetragenen Wettstreit um die materialen Ressourcen, den ihre ungezügelte Geldschöpfungspolitik auslöst beziehungsweise anheizt, weitgehend entzogen. Sie sonnt sich in einer Erfahrungslosigkeit, die Folgen ihres eigenen Tuns betreffend, genießt im Blick auf die wirtschaftlichen Nöte und sozialen Verwerfungen, die ihr zum Zerrbild seiner selbst entstellter Etatismus heraufbeschwört, eine Realitätsferne, der nichts adäquater Ausdruck verleiht als der mutmaßlich gar nicht zynisch gemeinte Rat, mit dem die Absolutissima den Hinweis auf den Hunger der armen Leute beantwortet: Sie möchten doch Kuchen essen, wenn es ihnen an Brot mangele!
Verschärft wird die Situation und unaufhaltsamer die Spirale inflationärer Zerrüttung noch dadurch, dass der ökonomische Teilhaber der politischen Machthaberin, das mit der absolutistischen Herrschaft kollaborierende kommerzielle beziehungsweise kapitale Subjekt, als die einzige Instanz, die über genug Einfluss und Gewicht verfügte, um die absolutistische Herrschaft zur Ordnung zu rufen und zur Raison zu bringen, sie auf den Tugendpfad einer mit den subsistenziellen Bedürfnissen der lohnarbeitenden Bevölkerung und dem Wohlergehen des mittelständischen Bürgertums besser vereinbaren staatlichen Finanzpolitik zurückführen, es versäumt, ihr Gewicht in die Waagschale zu werfen, ihren Einfluss geltend zu machen.
Zwar sehen die Repräsentanten des kapitalen Subjekts, seine manufakturellen und ansatzweise auch bereits industriellen Unternehmer ebenso wie seine kommerziellen Sachwalter, seine Großhändler und Marktführer, im Unterschied zur absolutistischen Herrschaft selbst durchaus das Verfehlte einer ausschließlich auf Geldschöpfung statt wesentlich auf Umverteilung setzenden etatistischen Strategie und nehmen wahr, welch schlimme Folgen, wie viel ökonomische Not und sozialen Unmut jene verfehlte Strategie heraufbeschwört, aber gegen letztere Front zu machen und der absolutistischen Herrschaft die Stirn zu bieten, scheuen sie sich. Ihre Konfliktscheu hat in der Hauptsache zwei Gründe, deren einer sich als bloß zureichende Bedingung, als konzessiver Zustand betrachten lässt, während der andere schon eher den Tatbestand einer wirkenden Ursache, eines treibenden Motivs erfüllt.
Erstens nämlich nimmt, rein ökonomisch betrachtet, das kapitalistische System in seinen Wachstumsbedingungen und seiner Entfaltungsperspektive gar keinen Schaden durch jene geldschöpfungsbedingt inflationäre Entwicklung. Was letztere bewirkt, ist ja, wie oben gezeigt, keine Veränderung des auf dem Markt versammelten und seiner Realisierung harrenden Sachwerts, sondern bloß eine Ausweitung der marktspezfischen Form, die der Sachwert im Zuge seiner Realisierung, seiner kommerziellen Einlösung erhält, des als Preis erscheinenden Geldwerts, in den er durch den kommerziellen Austausch transformiert wird, ist also nicht etwa eine Verminderung oder Schrumpfung des Werts, den die Güter des Markts in der Konsequenz der für ihre Hervorbringung erbrachten Arbeitsleistung verkörpern, sondern bloß eine Vergrößerung oder Aufblähung des Maßstabes, an dem sich der verkörperte Wert bemisst und nach dessen Maßgabe er in seine sichselbstgleiche Gestalt, in Geld, überführt wird. Und diese Maßstabsvergrößerung, diese Aufblähung des Geldwerts hat, wie ebenfalls gezeigt, einzig und allein zur Folge und ist de facto gleichbedeutend damit, dass die Menge beziehungsweise das Volumen der konsumtiven Ansprüche an den Markt zunehmen, dass mit anderen Worten mehr Konsumenten beziehungsweise manche Konsumenten verstärkt Zugriff auf das auf dem Markt versammelte Güterangebot erhalten.
Sozial gesehen oder aus Sicht der Konsumenten hat das nun zwar die unter den Stichworten Preissteigerung und Geldentwertung beschriebene ungute Konsequenz, dass auf den Einzelnen ein geringerer Teil des Güterangebots entfällt und seine Subsistenz zunehmend gefährdet wird beziehungsweise sein Lebensstandard fortlaufend sinkt. Rein ökonomisch oder sub specie des kapitalen Verwertungsprozesses betrachtet indes spielt das keine Rolle, da ja auch die durch übermäßige Geldschöpfung vermehrten konsumtiven Ansprüche an den Markt, wenn sie im Austausch gegen das allgemeine Äquivalent, mittels dessen sie sich geltend machen, eingelöst werden, zur Realisierung des wenngleich maßstabsvergrößerten Werts einschließlich des darin enthaltenen Mehrwerts führen, den das Güterangebot verkörpert, und mithin in reell unveränderter Funktion, wenn auch nominell aufgebauschter Dimension jene Transformation des dem ursprünglich investierten Geldwert entspringenden mehrwertigen Sachwerts in letzterem äquivalenten neuerlichen Geldwert stattfindet, die Voraussetzung für neuerlichen Mehrwert implizierende Wertschöpfungsprozesse ist und insofern dem kapitalen Akkumulationsprozess so lieb und teuer ist wie er sich selbst.
Solange die durch die herrschaftlich-thesaurische Geldschöpfung ausgelöste inflationäre Entwicklung ein einigermaßen gemessenes, zeitlich Raum für neue Wertschöpfungsprozesse lassendes Tempo einhält und nicht in einen derart rasenden Galopp verfällt, dass der durch den vorherigen Wertschöpfungsvorgang erzielte mehrwertige Geldwert jeweils bereits entwertet ist, noch ehe er in die personalen und realen Bedingungen für einen neuen Wertschöpfungsdurchlauf hat investiert werden können – solange also die Inflation das Wirtschaftsleben nicht mit einer solch galoppierenden Schwindsucht heimsucht, kann sie dem kapitalen Subjekt gleichgültig sein und hat, rein ökonomisch betrachtet, letzteres keinen Grund, auf die Gefahr eines ernsthaften Konflikts mit der Staatsmacht hin gegen sie einzuschreiten und auf die Beseitigung ihrer im übermäßigen Gebrauch des Geldschöpfungsinstruments durch die absolutistische Herrschaft bestehenden Ursache zu dringen.
Zu diesem, unter dem Gesichtspunkt des Eigeninteresses der Repräsentanten des kapitalen Subjekts, sprich, unter strikt ökonomischen Aspekten, qua Fehlanzeige fehlenden Grund, gegen die inflationäre Finanzpolitik der absolutistischen Herrschaft Front zu machen, kommt nun aber noch ein wenn schon nicht im Sinne reeller Auswirkungen auf den betrieblichen Verwertungsprozess, so immerhin doch in der Bedeutung finanzieller Folgen für den persönlichen Vermögensstand das Eigeninteresse jener Kapitalagenten durchaus berührender und qua Kontraindikation vorhandener Grund hinzu, auf eine Intervention bei der Herrschaft zu verzichten und im Blick auf deren finanzpolitische Eskapaden eine Laissez-faire-Haltung zu praktizieren. Gemeint ist der Umstand, dass die absolutistische Herrschaft bei ihrem kapitalistischen Alliierten und Kompagnon hoch in der Kreide steht. Von ihrer demonstrativen Konsumwut und Verschwendungssucht wie auch von ihrer unbezwinglichen Lust zu militärischen Abenteuern angetrieben, vermag die Herrschaft nämlich schlechterdings nicht, mit ihrem in Form von Steuern und Abgaben ihr zufallenden Anteil am kapitalen Gewinn hauszuhalten, und kann sich nicht einmal mit den zusätzlichen Finanzmitteln begnügen, die ihr – wenn auch jeweils nur vorübergehend – ihre inflationäre Geldschöpfung in die Hände zaubert, sondern bildet darüber hinaus die Gewohnheit aus, bei ihrem Kompagnon, dem kapitalen Subjekt beziehungsweise dessen Repräsentanten, Kredite und Darlehen aufzunehmen, sprich, gegen Zinsen und Zahlungs- beziehungsweise Rückzahlungsversprechen Geld zu leihen. Diese ihre Schuldenmacherei wird ihr so sehr zum Habitus, nimmt solche Ausmaße an und resultiert in der Anhäufung solch gewaltiger Summen, dass an eine tatsächliche Rückzahlung, eine Begleichung der von der Herrschaft eingegangenen Verbindlichkeiten, eine effektive Entschuldung des in der Person des Souveräns verkörperten Staats bald schon gar nicht mehr zu denken ist.
Immerhin aber möchte das kapitale Subjekt die dem politischen Partner geliehenen Gelder nicht einfach als verlorene Kosten abschreiben, weshalb es erstens formell an seinen Forderungen festhält und diese durch Forschreibung der Verbindlichkeiten und Umschuldungen bekräftigt und zweitens reell auf der Zahlung von Zinsen für die gewährten Darlehen und Kredite besteht. Schon diese Zinszahlungen freilich kann unter den gegebenen Umständen ihrer sonstigen finanziellen "Verpflichtungen", ihres konsumtiven Aufwands beziehungsweise ihrer demonstrativen Verschwendung einerseits und ihrer etatistischen Umverteilungs- oder, besser gesagt, Spendieraktivitäten andererseits, die Herrschaft nurmehr auf Basis ihrer inflationären Geldschöpfungsstrategie leisten.
Würde das kapitale Subjekt in Wahrnehmung seiner Gläubigerrolle die Herrschaft zur Zahlung ihrer Kredit- und Darlehenszinsen nötigen, gleichzeitig aber darauf dringen, dass die Schuldnerin zu einer soliden Finanzierungspolitik zurückfände und ihren Verbindlichkeiten ausschließlich mittels ihrer fiskalischen Einnahmen und einer strikt am Wertzuwachs des Sozialprodukts orientierten Geldschöpfung nachkäme, die Herrschaft würde, indem sie sich damit vor die Wahl gestellt fände, entweder ihren Konsum einzuschränken oder in ihren etatistischen Bemühungen um die Mittelstandsförderung, sprich, die Erhöhung der gesellschaftlichen Kaufkraft, nachzulassen beziehungsweise diese einzustellen, sich, ihrem archaischen Naturell, ihrem im Verhältnis zur Rationalität des kommerziellen Akkumulationsprinzips anachronistischen Charakter entsprechend, ohne Frage für letzteres entscheiden. Damit aber wäre dem kapitalen Subjekt beziehungsweise den es repräsentierenden Gläubigern der verschuldeten Herrschaft, den Unternehmern der kapitalistischen Produktionsstätten und Betreibern des Marktes, nicht geholfen, da sie den Gewinn, den sie auf der einen Seite durch die auf seriöse Weise geleisteten Zinszahlungen verbuchten, auf der anderen Seite wieder einbüßten, da ja die Einstellung der staatlichen Förderungsbemühungen in Sachen gesellschaftliche Kaufkraft die leidigen, durch die Produktivität und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Apparats heraufbeschworenen Absatzprobleme verschärfte und das kapitale Subjekt bei der Realisierung des von seinem Apparat produzierten mehrwertigen Werts mit Verlusten oder gar veritablen Einbrüchen und Krisensituationen bedrohte.
So gewiss demnach die absolutistische Herrschaft unentrinnbar in der Schuldenfalle sitzt, so gewiss müssen ihre Gläubiger, wollen sie nicht ihre finanziellen Ansprüche an die Herrschaft vollständig verloren geben, dieser freie Hand bei der Aufstellung und Verwendung ihres Etats lassen und beide Augen zudrücken, wenn sie in unvertretbarem und mit solider Haushaltsführung nicht zu vereinbarendem Maße zum Instrument thesaurischer Geldschöpfung ihre Zuflucht nimmt.
Der im Begriff der Schuldenfalle implizierte Hinweis auf die Ausweglosigkeit der von der absolutistischen Herrschaft in der Maßlosigkeit ihres Savoir vivre herbeigeführten desolaten Lage der Staatsfinanzen weckt nun freilich den Verdacht, dass es dem kapitalen Subjekt bei seiner Laissez-faire-Haltung gegenüber den finanzpolitischen Eskapaden der Herrschaft nicht rein und allein um Zinsen und die Zahlungsfähigkeit seiner Schuldnerin geht. Dieser Verdacht bestätigt sich, wenn man genauer hinsieht und feststellt, dass irgendwann die Zinslast solche Dimensionen erreicht hat, dass die Herrschaft sie auch mit Hilfe einer inflationären Geldschöpfungspolitik nicht mehr zu schultern vermag und sich gezwungen sieht, bei ihrem Gläubiger, dem kapitalen Subjekt, neue Kredite und Darlehen aufzunehmen, nur um die laufenden Zinsen aus den alten zahlen zu können. Dass das kapitale Subjekt ohne jede Hoffnung auf eine schließliche Tilgung der von ihm der Herrschaft gewährten Darlehen und Kredite, wenigstens doch die Zinsen einstreichen will und deshalb bereit ist, die von der Herrschaft zwecks Begleichung ihrer Verbindlichkeiten verfolgte unseriöse Finanzpolitik zu tolerieren, mag ja noch halbwegs verständlich erscheinen. Dass es aber solch scheinverständliches Motiv für seine Laissez-faire-Haltung nun selber ad absurdum führt, indem es bereit ist, auch diese ihm von der Herrschaft gezahlten Zinsen letztlich aus der eigenen Tasche beizusteuern, muss, ökonomisch betrachtet, für schieren Irrsinn gelten.
Warum sollte das kapitale Subjekt eine Herrschaft stützen, die es so teuer zu stehen kommt, warum sollte es ihr eine Finanzpolitik, bei der es immer nur persönlich draufzahlt, durchgehen lassen? Wären seine Repräsentanten und Hauptagenten angesichts der finanzpolitischen Aussichtslosigkeit der Lage nicht besser beraten, wenn sie ihre ökonomische Machtstellung und den politischen Einfluss, den diese ihnen verleiht, dazu nutzten, auf die Gefahr eines ernsthaften staatspolitischen Zerwürfnisses und konstitutionellen Konflikts hin die absolutistische Herrschaft zu grundlegenden, ihre Etatgestaltung im Allgemeinen und ihre Ausgabenpolitik im Besonderen betreffenden Reformen zu drängen und also lieber ein Ende mit Schrecken in Kauf zu nehmen, als einem Schrecken ohne Ende zuzuschauen.
Genau diese ihre ökonomische Machtstellung indes ist es, was das kapitale Subjekt von einem solch entschiedenen Eingreifen abhält. Es verdankt sie ja nicht zuletzt jener exorbitanten Schuldenlast, die die absolutistische Herrschaft angehäuft hat, dem Würgegriff, in dem dank jener Schuldenlast es als Gläubiger die herrschaftliche Schuldnerin hält. Jene Schuldenlast sorgt dafür, dass sich das etablierte Verhältnis zwischen den Bündnispartnern, zwischen absolutistischer Herrschaft und kapitalem Subjekt, zugunsten des letzteren verschiebt und die Herrschaft nicht mehr nur im Eigeninteresse, sprich, um der Ausstattung ihres Etats willen, den Ausbau des kapitalistischen Produktionsapparats aus eigenen Stücken zu fördern bereit, sondern mehr noch um ihrer Selbsterhaltung willen, sprich, um den Staatsbankrott zu vermeiden, dem kapitalen Subjekt beim Ausbau seines Apparats freie Hand zu lassen und quasi eine Generalvollmacht einzuräumen gezwungen ist. Seine quasi persönliche, durch seine Repräsentanten und Agenten wahrgenommene Gläubigerposition ermöglicht mit anderen Worten dem kapitalen Subjekt, sich der politischen Kontrolle, der Bevormundung durch den Staat, weitgehend zu entziehen und eine liberalistische Wirtschaftspolitik zu betreiben, eine von gesellschaftlichen Rücksichten nicht weniger als von staatlichen Ansprüchen weitgehend entbundene Akkumulationstätigkeit zu entfalten.
Wie sollte das kapitale Subjekt der Perspektive eines solchermaßen entfesselten Kapitalisierungsprozesses wohl widerstehen können? Wie sollte es wohl zögern, dafür den Preis jener Schuldenlast zu zahlen, den die Herrschaft auf seine Kosten anhäuft, und in Kauf zu nehmen, dass es sich dabei um verlorene Kosten handelt, dass es jene Schulden letztlich abschreiben muss? Ökonomisch abschreiben muss es diese Kosten, diese Ausgaben für der Herrschaft gewährte Darlehen und eingeräumte Kredite, in dem Sinn, dass es keinen Sou davon wiedersieht und, um den Staatskonkurs zu verhindern, selbst die Zinszahlungen noch aus eigener Tasche bestreiten muss. Aber indem es das tut, kann es sie eben in einem durchaus affirmativen, ihm genehmen Sinne politisch abschreiben, sie, wenn man so will, als Werbungskosten verbuchen und sie nämlich nutzen, um sein Bündnis mit der absolutistischen Herrschaft in einen gegenüber der letzteren geltend zu machenden Knebelvertrag zu überführen, sprich, zur Grundlage einer ihm von der Herrschaft in ökonomischen Dingen nolens volens übertragenen Generalprokura, einer im Blick auf die kapitalistische Umrüstung der gesellschaftlichen Produktionssphäre so gut wie unbeschränkten Handlungsvollmacht werden zu lassen.
Von der einzigen Macht im Staat also, die weder fronwirtschaftlicher Untertan noch bürgerliche Kreatur der absolutistischen Herrschaft, sondern das ökonomische Revers ihrer politischen Existenz und in diesem Sinne ihr Geschäftspartner und Kompagnon ist und die von daher Einfluss auf die absolutistische Herrschaft nehmen und mit dem Ziel einer Eindämmung ihrer haltlosen Verschwendungssucht und einer Revision ihrer verantwortungslosen Finanzpolitik Druck auf sie ausüben könnte – von dieser Macht im Staat also, dem kapitalen Subjekt beziehungsweise seinen manufakturellen, industriellen und kommerziellen Repräsentanten, steht nicht zu erwarten, dass sie die entsprechende Initiative ergreifen und sich engagieren. Solange die durch die übermäßige Geldschöpfung der Herrschaft provozierte inflationäre Entwicklung sich im Rahmen einer bloßen Maßstabsvergrößerung des Geldwerts der kapitalistischen Produktion hält und nicht ein solches Tempo und ein solches Ausmaß annimmt, dass die galoppierende Entwertung die für die Wertschöpfung grundlegende Investitionstätigkeit beeinträchtigt und durchkreuzt, sieht das kapitale Subjekt den Zweck seines Daseins, den Akkumulationsprozess, von jener Entwicklung unbetroffen und keinen Grund, gegen die von der absolutistischen Herrschaft betriebene Pervertierung und Zweckentfremdung der etatistischen Politik Front zu machen.
Selbst wenn die Repräsentanten des kapitalen Subjekts Anstoß an den sozialen, die Subsistenz der arbeitenden Unterschicht ebenso wie den Konsum des bürokratischen oder freiberuflichen Mittelstands betreffenden Folgen des staatlichen Fehlverhaltens nehmen, wie kämen sie, die doch bei ihrer in Sachen Lohnarbeit verfolgten Ausbeutungsstrategie nicht die mindeste Rücksicht auf die sozialen Folgen dieser ihrer Strategie nehmen, dazu, sich zum Richter über die absolutistische Herrschaft aufzuschwingen und dabei die politisch-ökonomische Machtposition, die ihre Rolle als Großgläubigerin des absolutistischen Staats zusätzlich zu untermauern dient und die ihnen, wenn auch um den Preis der erwähnten hohen Werbungskosten, ideale Bedingungen für die kapitalistische Vereinnahmung und Durchdringung der gesamten gesellschaftlichen Reproduktion bietet, aufs Spiel zu setzen?
Durch seinen etatistischen Auf- und Ausbau wird funktionell und sozial der Staatsapparat zu einer bürgerlichen Einrichtung. Dennoch weiß sich der in Staat geworfene bürgerliche Mittelstand als Kreatur der absolutistischen Herrschaft, und erst die verfehlte Finanzpolitik der Herrschaft mit ihren inflationären Folgen bringt das Bürgertum in Harnisch und untergräbt seine kreatürliche Loyalität. Dass auch das Volk unter jener verfehlten Finanzpolitik leidet, bedeutet allerdings nicht automatisch, dass bürgerlicher Mittelstand und Volk eine gemeinsame Front gegen die Herrschaft bilden können, da die beiden Gruppen, ökonomisch gesehen, in entgegengesetzten Lagern stehen.
So gesehen, scheint also kein Kraut gegen die fortschreitende Verschlechterung der ökonomischen Lage und sozialen Verhältnisse breitester Bevölkerungsschichten gewachsen, und scheint das Verhängnis einer durch ihre archaische Verschwendungssucht, die ein höchst moderner Reichtum jeden Halt verlieren lässt, und durch ihren Mangel an ökonomischem Verstand und finanziellem Augenmaß die Gesellschaft in den Ruin treibenden Herrschaft seinen Lauf nehmen zu müssen, scheint niemand da, der diese in ihrem etatistischen Bemühen um eine Sicherstellung kontinuierlichen kapitalistischen Wirtschaftswachstums bei gleichzeitiger Gewährleistung ihres eigenen, ebenso exorbitanten wie demonstrativen Konsums entgleiste Herrschaft auf ihrer abschüssigen Bahn in den schließlichen Staatsbankrott und die mit ihm besiegelte gesellschaftliche Verelendung und Auflösung aufhalten könnte.
So scheint es – aber der Scheint trügt! In Wahrheit hat sich die absolutistische Herrschaft längst und eigenhändig ihre Nemesis geschaffen – in Gestalt nämlich jener bürgerlich-mittelständischen Gruppen, die nach dem Vorbild des vom kapitalen Subjekt zwecks Steuerung und Kontrolle seines Produktions- und Distributionsapparats ins Leben gerufenen, zwischen Lohnarbeiterschaft und Kapitalrepräsentanten situierten und demgemäß relativ gut dotierten administrativen Mitarbeiterstabs sie, die Herrschaft, ihrerseits schafft und mit denen sie, wie gezeigt, ihren etatististischen Beitrag zur Steigerung der gesellschaftlichen Konsumkraft und Lösung oder jedenfalls Linderung der dem kapitalen Subjekt aufgrund seiner Produktivkraft und Ausbeutungsrate permanent ins Haus stehenden Absatzprobleme leistet – einen Beitrag, der dank der zivilen Dienstleister, die jener gut dotierte bürgerliche Mittelstand nun seinerseits in Brot setzt und als sekundäres Element seinen Reihen eingliedert, durchaus ins Gewicht fällt und über längere Strecken als die Beschwerden, die das Wachstum des kapitalistischen Produktionsapparats begleiten, beseitigendes Mittel oder mindestens linderndes Palliativ seine Wirkung tut.
Wie der von Kapitals wegen ins Leben gerufene Mitarbeiterstab werden dabei auch die ihm nachgebildeten, von Staats wegen etablierten mittelständischen Gruppen nicht einfach nur wegen der ökonomischen Bedeutung, die ihnen im Rahmen der etatistischen Unterstützung des kapitalistischen Wertrealisierungsgeschäfts zukommt, wegen ihrer Rolle als Konsumenten also, alimentiert und finanziert, sondern sie werden gleichzeitig und aus Sicht des im Rahmen seiner Kompetenz ökonomische Maßnahmen wahrnehmungsmäßig auf ihre politischen Implikationen reduzierenden Staats vordringlich oder sogar ausschließlich für öffentliche Aufgaben entschädigt und remuneriert, die sie im Auftrag des Staates erfüllen, für amtliche Leistungen, die sie in Diensten des Staates erbringen.
Wie oben ausgeführt, ist die etatistische Strategie einer Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft durch Schaffung eines relativ gut dotierten bürgerlichen Mittelstands in der Tat das Revers einer Münze, deren Avers der Auf- und Ausbau des Staatsapparats ist – eine Ausweitung und Differenzierung der bürokratischen Einrichtungen der Gesellschaft, die keineswegs einen bloßen politischen Vorwand für eine rein ökonomische Maßnahme darstellen, sondern auch für sich genommen sinnvoll beziehungsweise notwendig und nämlich Reaktion auf die Entstehung wirtschaftlicher Zentren und städtischer Ballungsgebiete, das Bevölkerungswachstum, die kommerzielle, kommunikative und transportative Verflechtung des Landes sind, die mit der kapitalistischen Entwicklung der Gesellschaft einhergehen, und auf die dadurch bedingte Zunahme und Vervielfältigung der von der Allgemeinheit wahrzunehmenden organisatorischen, planerischen, ordnungspolitischen und kontrollspezifischen Aufgaben.
Dieser im gesellschaftspolitischen Prinzip, wenn auch vielleicht nicht in dem etatistisch begründeten, seiner ökonomischen Überdeterminierung geschuldeten Umfang, in dem die Herrschaft ihn implementiert, durchaus gerechtfertigte Auf- und Ausbau des Staatsapparats verändert nun aber sozial nicht weniger als funktionell dessen Beschaffenheit und Zusammensetzung.
Funktionell wächst sich das traditionell auf einer weitgehend regionalen Selbstverwaltung, die von ehrenamtlichen Amtswaltern versehen wird, basierende kleine Corpus staatlicher Repräsentanz zu einem gewaltigen Organismus aus, den seine Mechanik, seine den Mangel an einem organisch-ubiquitären Nervensystem zu kompensieren bestimmte Organisation in Gestalt von systematisch geordneten Kompetenzen und hierarchisch gestaffelten Instanzen als das, was er ist, als Apparatur ausweist, wobei dieser Übergang vom auf der Gesellschaft thronenden Corpus zum die Gesellschaft durchwaltenden Apparat sich im Wesentlichen in der Weise vollzieht, dass die im Rahmen der traditionellen Selbstverwaltung ehrenamtlich tätigen Amtswalter und Würdenträger außerhalb eines nur erst als Regierung, als Führungsorgan der Gesellschaft figurierenden Staats sich durch bestallte und besoldete Beamte und Staatsdiener innerhalb eines hiernach als Verwaltung, als gesellschaftlicher Steuerungsmechanismus firmierenden Staats verdrängt und ersetzt finden, womit – ganz im Einklang mit der Entwicklung des Absolutismus und in der Tat letztere aus verwaltungstechnischer Sicht schlicht beschreibend – der sich als Apparat neu etablierende Staatskörper die bis dahin von ihm relativ unabhängigen und dem innergesellschaftlichen Machtgefüge überlassenen Ordnungsfunktionen der Gesellschaft ebenso sehr an sich zieht und in sich aufhebt, wie er umgekehrt und im unmittelbaren Gegenzug sich der Gesellschaft als ihre maßgebende Ordnungsmacht, ihr eigenstes bürokratisches Gefüge, wenn schon nicht anzuverwandeln, zu innervieren vermag, so jedenfalls doch einzubilden, zu assimilieren versteht.
Sozial betrachtet, bedeutet nun aber diese funktionelle Ersetzung der in ihren jeweiligen lokalen beziehungsweise regionalen Gesellschaftsformationen verankerten und ihnen vorstehenden Amtsträger und Honoratioren durch vom Staat bestallte und besoldete Beamte und Funktionäre eine Verdrängung und Ablösung der, gemäß dem Machtgefüge und den Abhängigkeitsverhältnissen vor Ort, traditionell der Oberschicht angehörenden, Adel und Patriziat repräsentierenden, ersteren durch aus den unteren Schichten, den bürgerlichen, handwerklichen und bäuerlichen Gruppen, die als Dritter Stand firmieren, ausgelesene Personen, die sich als aus dem Volk rekrutierte Bürgerliche von ihren adligen und patrizischen Kollegen beziehungsweise Vorgängern standesgesellschaftlich strikt unterscheiden und die ihre sie mitsamt ihrem zivilen Anhang als neuen Mittelstand, als quasi Bürgerliche erster Klasse, um nicht zu sagen, von Geblüt, kurz, als Bourgeoisie, ausweisende Stellung ausschließlich ihrem Dienst am Staat, ihrer Zugehörigkeit zum Staatapparat und den verwaltungstechnischen beziehungsweise dienstleistungsspezifischen Funktionen verdanken, die sie im Rahmen beziehungsweise im Umkreis des letzteren erfüllen, weshalb sie naturgemäß den sozial ebenso wie ökonomisch in anderen, außerstaatlichen Zusammenhängen fundierten, sprich, standesgesellschaftlich etablierten Amtsträgern und Honoratioren leicht den bürokratischen Rang ablaufen und nicht nur wegen ihrer im Zuge des Auf- und Ausbaus des Staatsapparats rasch zunehmenden Zahl, sondern auch aufgrund des Engagements und der Effektivität, die sie beweisen, und der Erfolge, die sie erzielen, mehr und mehr maßgebend für den Staatsdienst werden und, ihre adligen und patrizischen Kollegen aus ihm verdrängend, dem Staatsapparat ein immer stärker bürgerlich-mittelständisches Gepräge verleihen.
Der mit dem Auf- und Ausbau des Staatsapparats Hand in Hand gehende soziale Wechsel in dessen Zusammensetzung vollzieht sich umso durchschlagender und reibungsloser, als die adligen und patrizischen Amtsträger ihre fortschreitende Verdrängung und Dysfunktionalisierung durch die neuen bürgerlichen Bürokraten und die deren Aufstieg begleitenden zivilen Dienstleister im Zweifelsfall gar nicht als soziale Beeinträchtigung erfahren beziehungsweise als funktionellen Verlust empfinden, sondern eher als Entlastung, als Befreiung von lästigen öffentlichen Pflichten gewahren und, gestützt auf ihren außerstaatlichen Fundus und ihren ständischen Status, ihr persönliches Vermögen und ihr familiäres Ansehen, sich entweder dem höfisch-repräsentativen Leben beigesellen oder in den provinzlerisch-kontemplativen Ruhestand zurückziehen, kurz, in der einen oder anderen Form einem angenehmen Müßiggang oder willkommenen Zeitvertreib frönen.
Quasi mit Duldung, wo nicht gar bereitwilliger Zustimmung der traditionell aus der adlig-patrizischen Oberschicht rekrutierten Amtswalter findet so uno actu mit dem Auf- und Ausbau des Staatsapparats ein Personalwechsel statt, an dessen Ende die absolutistische Herrschaft ihre staatlich-politische Macht nicht mehr auf ihresgleichen, den ihr ständisch verbundenen, wo nicht gar dynastisch verschwägerten Adel nebst dem ihm als Juniorpartner zugeordneten städtischen Patriziat stützt, sondern auf einen ihr von Haus aus fremden bürgerlichen Mittelstand, der sich aus dem gemeinen Volk, der kommunalen und zum geringeren Teil auch ruralen Untertanenschaft rekrutiert und dessen Anspruch auf einen dem Reichtum und Rang der Herrschaft und ihres adligen Anhangs wenn schon nicht vergleichbaren, so jedenfalls doch entfernt nacheifernden Wohlstand und Status einzig und allein in seiner Fähigkeit gründet, den ihm von der Herrschaft mehr und mehr übertragenen beziehungsweise überlassenen Staat, jenen ebenso sehr sich differenzierenden wie expandierenden Apparat zur Kontrolle, Wartung und Steuerung des im Zuge der kapitalistischen Entwicklung numerisch wachsenden, in seiner organischen Zusammensetzung sich wandelnden und in seiner systematischen Struktur sich immer weiter verschränkenden Gemeinwesens effektiver zu betätigen und zu betreiben, als die Herrschaft und ihr ständischer Anhang das könnten.
Unter der Hand des absolutistischen Herrschaftsverhältnisses findet jene in der Abtretung staatlicher Funktionen und der Übertragung bürokratischer Kompetenzen bestehende Machtverschiebung von einer gesellschaftlichen Klasse auf die andere statt, die in der Folge von der triumphierenden bürgerlichen Klasse als Herr-Knecht-Dialektik gefeiert wird – als Dialektik deshalb, weil im Dienste am Herrn, im eifrigen Bemühen, den Herrn zu entlasten und sein Wohlergehen zu befördern, der vom Herrn Abhängige, der Knecht, sich kapazitiert und eine durch die Dienstleistung, durch seine Arbeit für den Herrn, vermittelte Selbständigkeit und Selbstmächtigkeit gewinnt, während den Herrn, dem der Knechtsdienst seine Unabhängigkeit und seinen Wohlstand sichert, diese ihm von fremder Hand verschaffte Unabhängigkeit mehr und mehr von der Wirklichkeit abschneidet und ins Abseits rückt und dieser ihm durch die Arbeit des andern zufallende Wohlstand zunehmend lähmt und in Passivität und Trägheit versinken lässt – mit dem Ergebnis, dass in dem Maße, in dem der Knecht seine Unentbehrlichkeit und die Wirksamkeit seines Daseins, sprich, seine eigene Wirklichkeit unter Beweis stellt, er gleichzeitig den Nachweis für die Entbehrlichkeit des Herrn, für dessen an seiner Funktionslosigkeit und Inkompetenz sich bemessende und mit Überflüssigkeit synonyme Unwirklichkeit führt.
Der von den bürgerlichen Lobpreisern jener Herr-Knecht-Dialektik beschworene Anschein einer quasi automatischen Verdrängung und Ablösung des obsoleten Herrn durch den emanzipierten Knecht freilich trügt oder trifft jedenfalls im historisch vorliegenden Fall nicht zu. Dass der den Staatsapparat mehr und mehr okkupierende und betreibende bürgerliche Mittelstand der absolutistischen Herrschaft unentbehrlich wird, bedeutet keineswegs, dass er in der unmittelbaren Konsequenz deren Entbehrlichkeit inne wird, sie als überflüssig zu betrachten lernt.
Schließlich ist es die absolutistische Herrschaft, die ihm zu Amt und Würden verhilft, ihn in Gnaden als Staatsdiener annimmt und ihm zum Dank für die Ausübung seiner bürokratischen Funktionen sein gesichertes Auskommen und seine gehobene Stellung verschafft, ihn für seine staatserhaltenden Leistungen alimentiert und honoriert. Eben weil, was er hat und was er ist, mit seinem Dienst an dem von der absolutistischen Herrschaft, vom Souverän, der natürliche Person ist, verkörperten Staat steht und fällt, weil er im Unterschied zu seinen ebenso dezentralen wie ehrenamtlichen adligen beziehungsweise patrizischen Vorgängern über keinen vom Staat unabhängigen ökonomischen Fundus beziehungsweise sozialen Rückhalt verfügt, ist er im strengen Sinne Kreatur der Herrschaft, ein von der Herrschaft auf den Plan gerufenes Geschöpf, und weiß sich ihr existenziell verbunden, weiß sein Schicksal mit ihrem Bestand verknüpft.
Dass sie mitsamt ihrem Stand in genere und ihrem Hof in specie als stiller Teilhaber des die gesellschaftliche Arbeit ausbeutenden kapitalen Subjekts von dessen Gewinnen zehrt und also auf Kosten einer kraft kommerzieller Funktion manufakturell beziehungsweise industriell reorganisierten, sprich, kapitalisierten Gesellschaft einem historisch-repräsentativen Müßiggang oder vielmehr einer archaisch-demonstrativen Verschwendung frönt, mag jenem bürgerlichen Mittelstand zwar praktisch unvernünftig oder auch moralisch anstößig erscheinen, aber insofern dieses absolutistisch-herrschaftliche Verhalten ihm zugleich die Karriere ermöglicht, ihm die Gelegenheit gibt, sich als gesellschaftlich nützlich beziehungsweise als von Staats wegen unentbehrlich in Szene zu setzen und sozial nicht minder als ökonomisch in Position zu bringen, lässt er es ohne Einschränkung gelten und akzeptiert es als Konstitutiv einer Welt, die sich anders vorzustellen, ihm sein kreatürliches Eigeninteresse verbietet.
Das freilich ändert sich in dem Maße, wie seine Schöpferin, die absolutistische Herrschaft, durch ihre geschilderte verfehlte Haushaltsführung, ihre die etatistische Strategie einer Stärkung der gesellschaftlichen Kaufkraft ins falsche Extrem unverhältnismäßiger thesaurischer Geldschöpfung treibende inflationäre Finanzpolitik den durch ihre exorbitante Schuldenmacherei ohnehin bereits zerrütteten Staatshaushalt immer weiter aufbläht und auf diese Weise die Währung entwertet, den Geldwert einem fortschreitenden Verfall ausliefert. Diese von seiner Schöpferin, der absolutistischen Herrschaft, betriebene inflationäre Politik nämlich erfährt das Geschöpf, der bürgerliche Mittelstand, als unmittelbaren Angriff auf seine Person und als zentrale Bedrohung seines Status; sie untergräbt, indem sie seine Konsumkraft schmälert, seinen Lebensstandard beeinträchtigt, gleichermaßen seine materiale Existenz und seine soziale Stellung; sie stellt damit die Loyalität, die das Geschöpf seiner Schöpferin schuldet und ihr gegenüber auch durchaus empfindet, auf eine Probe, die bei anhaltender Belastung des Verhältnisses durch jene verfehlte Finanzpolitik keine noch so große Gefolgstreue zu bestehen vermag.
Dass die absolutistische Herrschaft das relativ bequeme und gehobene Dasein, das sie jenen dadurch zum Mittelstand avancierenden bürgerlichen Gruppen durch ihre etatistische Wirtschaftsförderungsstrategie verschafft, durch das im Prinzip gleiche, nur aber jetzt ohne Sinn und Verstand eingesetzte und ins inflationäre Extrem getriebene Mittel auch wieder zu untergraben und zu verschlagen Miene macht – diese, wie man will, Launenhaftigkeit oder Boshaftigkeit, mit der die Schöpferin ihrem Geschöpf begegnet, mag ein Hiob mit Geduld ertragen – der staatsbürgerliche Mittelstand des absolutistischen Frankreich bringt solche Langmut nicht auf! Wie sollte er auch wohl? Dem Viehzüchter Hiob bleibt bei allen Heimsuchungen doch immerhin seine territoriale Verankerung, sein fester Grund und Boden, während den Grund und Boden jener bürgerlichen Staatsdiener einzig und allein ihr Gehalt, die etatistische Vergütung, die sie für dem Staat geleistete Dienste empfangen, mithin eben der Geldwert bildet, den die Finanzpolitik der absolutistischen Herrschaft einem fortlaufenden Entwertungsprozess überantwortet – womit nach der alttestamentarischen Devise "Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen, der Name des Herrn sei gelobt!" der Mittelstand die Materie, in der er gründet und die ihn erhält, als das reine Nichts erfährt, aus dem er geschaffen ist.
Aber der Mittelstand ist, wie gesagt, kein Hiob und weit entfernt davon, den Namen des Herrn zu loben, seine Schöpferin, die absolutistische Herrschaft, für ihre inflationäre Finanzpolitik zu preisen. Vielmehr bringt ihn das Schindluder, das die absolutistische Herrschaft, wie auch immer unabsichtlich, mit seiner Existenz treibt, in Harnisch, weckt sein wachsendes Ressentiment, erregt seinen immer unbändigeren Unwillen. Es entzweit ihn, den nachgerade staatstragenden Teil der Gesellschaft, mit ihr, der vom Staat getragenen Krönung der Gesellschaft, der ihr aufgesetzten Krone, und bringt in dem Maße, wie es beide entzweit, ihm, dem Mittelstand, einerseits seine staatstragende Funktion, sprich, seine Unentbehrlichkeit für den Bestand des Staats, und andererseits sie, die Herrschaft, als bloßen Aufsatz, als ein bloßes Schmuck- und Beiwerk zu Bewusstsein – ein Korollar, ohne das der Staat, die Herrschaft sans phrase oder als reine, seiner repräsentativen Präsenz beraubte, administrative Effizienz, zwar seiner Krone ledig und im metaphorischen Sinne enthauptet zurückbliebe, aber doch als voll funktionsfähiges Corpus dastünde, als ein Apparat, ein Vehikel, ein Staatsschiff, dem zur arché früherer Zeiten letztlich nichts weiter fehlte, als die persona, die göttliche oder königliche Galionsfigur, die es bannkräftig hochzuhalten pflegte, um mittels des ihnen altvertrauten Bildes den Ungeheuern der Tiefe, den ebenso vergeltungs- wie beharrungssüchtigen Mächten der Vergangenheit, Kontinuität und Normalität vorzugaukeln und sie über seinen tatsächlichen historischen Fortgang, seine ozeanische Fahrt in die Zukunft im Unklaren zu lassen beziehungsweise hinwegzutäuschen.
Diese Ungeheuer der Tiefe, diese Mächte der Vergangenheit hat freilich mittlerweile das kapitale Subjekt dadurch, dass es den Ozean zu einer Wasserstraße verengt, die Unermesslichkeit des stürmischen Meeres zur Unaufhaltsamkeit eines fortreißenden Stromes kanalisiert hat, der Gesellschaft so gründlich aus dem Gesichtskreis gerückt, dass der Sinn und Nutzen, den sie der königlichen Galionsfigur, dem personalen Apotropäon verliehen, de facto hinfällig ist und der von der absolutistischen Herrschaft, seiner Schöpferin, enttäuschte, weil sie ebenso wohl als seine Verderberin erfahrende bürgerliche Mittelstand keinerlei archaisch-mythologisch motivierte Bedenken mehr tragen muss, jene als einen ebenso kostspieligen wie dysfunktionalen Luxus, den die Gesellschaft sich leistet, ins Auge zu fassen, sprich, als eine obsolete Einrichtung aufs Korn zu nehmen, die nicht nur funktionell überflüssig und entbehrlich ist, sondern ohne die, weil sie eine reelle Belastung und Quelle ökonomischer Nöte und sozialen Niedergangs darstellt, das Land mit Sicherheit besser fährt.
Allerdings ist der Harnisch, in den die absolutistische Herrschaft den bürgerlichen Mittelstand bringt, noch kein Schwert, ist das Ressentiment, das sie in ihm weckt, noch kein offenes Aufbegehren, der Unwille, den sie in ihm erregt, noch kein erklärter Wille. Will heißen, wie sehr auch der staatstragende Mittelstand mit der absolutistischen Herrschaft funktionell entzweit, wie sehr er innerlich mit ihr zerfallen sein mag, institutionell oder äußerlich bleibt er doch Kreatur der letzteren, bleibt er ihr durch eben den Staatsapparat, eben den bürokratischen Funktionszusammenhang, durch den er sich von ihr systematisch löst und emanzipiert, zugleich empirisch untergeben und verhaftet – soweit und solange nämlich das Volk, die aus den unteren Schichten bestehende Masse der Bevölkerung, die dem absolutistischen Staat untertane Gesellschaft in Reinkultur, den vom Mittelstand okkupierten und betriebenen Staat als eigenstes Organ der Herrschaft, als einen naturgemäß zur Person des Souveräns gehörenden Organismus, kurz, beide als konstitutionelle Einheit, als wie Haupt und Leib organisch verbundene Monarchie ansieht und gewahrt.
Soweit und solange dies der Fall ist, muss jedes das Ressentiment als Emotion zum Ausdruck bringende Aufbegehren des Mittelstands gegen die Herrschaft, jede den Unwillen als Willen zum Tragen bringende Maßnahme, die der Mittelstand gegen die Herrschaft ergreift, als Verbrechen gegen die Konstitution, Frevel gegen das Habeas corpus des Souveräns höchstselbst, mithin als Meuterei und Rebellion erscheinen und muss damit rechnen, entweder auf den gesammelten Widerstand des als treue Untertanen des Herrschers perennierenden Volkes zu treffen und kurzerhand niedergeschlagen und geahndet zu werden oder zumindest geteilte Aufnahme zu finden und in einen blutigen gesellschaftlichen Konflikt, einen veritablen Bürgerkrieg zu münden.
Hier trifft es sich nun gut und kommt dem unwilligen Mittelstand zupass, dass auch die Masse der Bevölkerung, die breiten Volksschichten der vom Grundzins und vom Pachtwesen ausgebeuteten Bauern und Tagelöhner und vor allem aber der ganz und gar von der Geldwirtschaft abhängigen städtischen Handwerker und Lohnarbeiter Leidtragende der inflationären Finanzpolitik der absolutistischen Herrschaft sind und sich durch die progressive Geldentwertung, den wenn schon nicht galoppierenden, so doch aber beharrlich schleichenden Verfall der Kaufkraft, in ihrer Subsistenz, ihrem materialen Leben und sozialen Dasein nicht minder als der bürgerliche Mittelstand faktisch beeinträchtigt und perspektivisch bedroht finden. Und nicht nur nicht minder, sondern sogar stärker noch finden sie sich beeinträchtigt und bedroht, da ja die materiale Kaufkraft, über die sie verfügen, und das soziale Niveau, auf dem sie sich bewegen, ohnehin weit niedriger liegt als beim vergleichsweise gut dotierten und honorierten bürgerlichen Mittelstand, da es bei ihnen mit anderen Worten nicht erst um den Lebensstandard, sondern gleich um die nackte Subsistenz geht, und es deshalb auch weit weniger braucht, um sie in Not und Elend zu stürzen, sie unter das materiale Existenzminimum zu drücken und vollständiger Deklassierung zu überantworten, sie zum Pariadasein des Bettlertums und lumpenproletarischen Vegetierens zu verdammen.
Auch die breiten Volksschichten also stellt die Finanzpolitik der absolutistischen Herrschaft vor gleichermaßen existenzielle und soziale Probleme, und auch ihre Loyalität, ihre Untertanentreue wird demgemäß auf eine harte und letztlich nicht zu bestehende Probe gestellt. So gesehen, scheint es dem bürgerlichen Mittelstand, wenn er seinen Unwillen in Willensakte ummünzt, seine Ressentiments in Aufbegehren überführte, an Beistand von unten nicht fehlen zu müssen, scheint der Boden für einen allgemeinen, gesellschaftsweiten Aufstand gegen das ebenso neuerdings verhasste wie althergebrachte Regime durch letzteres selbst ebenso sicher wie gründlich bereitet.
Freilich sind, genauer besehen, die ökonomische Notlage und das soziale Elend der breiten Volksschichten doch etwas dezidiert anderes als die Gefahr der Verarmung und Deklassierung, der sich der bürgerliche Mittelstand ausgesetzt findet, und sind von dieser nicht nur dem quantitativen Ausmaß und der chronischen Dringlichkeit nach, sondern auch und vor allem ursächlich, will heißen, hinsichtlich der für sie verantwortlichen Faktoren verschieden. Wie gezeigt, sind die Not und das Elend der städtischen und ländlichen Volksschichten ja primär und in der Hauptsache Konsequenz der Produktivität und Ausbeutungsrate, die mit Unterstützung und Förderung der absolutistischen Herrschaft, seiner stillen Teilhaberin, das kapitale Subjekt, sekundiert vom agrarischen Pachtwesen, seinem Ableger auf dem Boden der Grundrente, in der Produktionssphäre durchsetzt und damit zu einer Grundkondition des Lebens des mit der materialen Reproduktion der Gesellschaft befassten Bevölkerungsteils macht.
Die Produktivität und die Ausbeutungsrate der vom kapitalen Subjekt als ein Wertschöpfungsprozess auf Lohnarbeitsbasis reorganisierten gesellschaftlichen Produktion sind es, die die mit letzterer befasste, lohnarbeitende Volksmasse zunehmend an den Rand des Subsistenzminimums drücken und sozial verelenden lassen, die sie also in eine Notlage versetzen, angesichts derer und vor deren Hintergrund die durch die etatistischen Capricen und finanzpolitischen Eskapaden der Herrschaft, ihre inflationäre Geldmengenpolitik und Schuldenmacherei, verursachten zusätzlichen subsistenziellen Beschwerden und kommunalen Nöte höchstens und nur noch als die Spitze des Eisbergs, das Tüpfelchen auf dem i erscheinen. Wollten die Volksschichten also ernsthaft ihre materiale Lage verbessern und sich aus ihrem sozialen Elend befreien, sie müssten gegen das kapitale Subjekt nicht minder als gegen die absolutistische Herrschaft aufbegehren, müssten beide im Verein, als den Verein, den sie ja bilden, als die Geschäftspartner und Komplizen, die sie sind, attackieren und zu beseitigen suchen.
Das aber kann nun beileibe nicht die Meinung und Absicht des bürgerlichen Mittelstands sein. Sowohl direkt, in Gestalt der vom kapitalen Produktionsapparat selbst angestellten Administratoren, als auch indirekt, in Gestalt der in Staatsdienst genommenen, im Staatsapparat beamteten Bürokraten, sowie der durch die städtischen Ballungszentren, die die kapitalistische Entwicklung generiert, auf den provinziellen Plan gerufenen Großpächter und schließlich der von allen drei Gruppierungen herangezogenen und unterhaltenen freiberuflichen Dienstleister, ist der bürgerliche Mittelstand abhängig von der Wertschöpfung des kapitalistischen Produktionsapparats, zehrt er mit anderen Worten von den Gewinnen, die das kapitale Subjekt mittels Produktivität und Ausbeutung der gesellschaftlichen Arbeit erzielt.
Wenn der bürgerliche Mittelstand die absolutistische Herrschaft für überflüssig erkennt und los werden will, dann beileibe nicht in der Absicht, sich auch des kapitalistischen Produktionssystems zu entledigen, das unter der Ägide der absolutistischen Herrschaft entstanden und groß geworden ist und im Begriff steht, zum allumfassenden gesellschaftlichen Reproduktionsmechanismus zu avancieren, sondern einzig und allein, um jene absolutistische Ägide, jenen aus der feudalen Vorzeit überkommenen politischen Schutzschirm, unter dem die ökonomische Umwälzung der feudalen Produktionsverhältnisse sich vollzogen hat und den mittlerweile aber seine finanzpolitischen Eskapaden und Fehlleistungen als einen die Gesellschaft teuer zu stehen kommenden Parasiten, einen gesellschaftsschädigenden Blutsauger erweisen – um also jene absolutistische Ägide zu beenden und aus der Welt zu schaffen und letztere offen und frei für eine Weiterentwicklung des kapitalistischen Produktionssystems zu machen, die sich hiernach nolens volens unter seiner, des bürgerlichen Mittelstands, politischen Lenkung und bürokratischen Aufsicht, sprich, unter der Maßgabe und Kontrolle der de facto bereits die Verwaltung des Staatsapparats kaum weniger als den Betrieb des Produktionsapparats wahrnehmenden Elite des Dritten Standes vollziehen muss.
Der bürgerliche Mittelstand will also zwar dem zu Leibe rücken, was durch seine inflationäre Haushaltspolitik gleichermaßen ihm selbst und den breiten Volksschichten das Leben schwer macht und den Lebensgenuss versauert, aber nur, um eben die kapitalistische Wirtschaftsführung zu befördern und zur vollen Entfaltung kommen zu lassen, die, während sie ihm, dem Mittelstand, zum Vorteil gereicht und Wohlstand beschert, für die breiten Volksschichten vielmehr die primäre Beschwer bildet, das zentrale Übel, im Vergleich mit dem das Ungemach, das ihnen jene inflationäre Politik der Herrschaft bereitet, kaum mehr als eine zusätzliche Beeinträchtigung, ein sekundäres Handikap darstellt.
Die inflationären Nöte, denen die absolutistische Herrschaft die Gesellschaft aussetzt, stiftet nicht mehr als eine begrenzte Interessenkoinzidenz zwischen bürgerlichem Mittelstand und lohnarbeitendem Volk. Auf diesem schmalen Grat einen Schulterschluss, eine gemeinsame antiherrschaftliche Front zu erreichen, ist Aufgabe der bürgerlichen Intelligenz. Mittels ökonomischer Analyse und Prognose lässt sich das nicht erreichen, da auf diesem Weg eine Offenlegung des kapitalen Grundwiderspruchs der Gesellschaft unvermeidlich wäre. Die Lösung des Problems besteht in der so genannten Aufklärung, darin mit anderen Worten, dass die bürgerliche Intelligenz gleichzeitig mit der Erhebung der marginalen Interessenkoinzidenz zwischen Bürgertum und Volk zum zentralen Thema eine Verschiebung ihrer Kritik an der absolutistischen Herrschaft vom Politisch-Ökonomischen aufs Politisch-Historische vornimmt.
Es zeigt sich so, dass der Unterschied zwischen der Lage des administrativ und professionell tätigen bürgerlichen Mittelstands und der Situation der materielle Arbeit verrichtenden Bevölkerungsteile im Allgemeinen und der Lohnarbeiterschichten im Besonderen sich nicht in einer bloß graduellen Differenz beziehungsweise einem quantitativen Abstand erschöpft, sondern in einer essentiellen Diskrepanz beziehungsweise einem qualitativen Gegensatz besteht. So gewiss der bürgerliche Mittelstand sei's direkt, durch seine Funktion im kapitalistischen Produktionsapparat, sei's indirekt, durch sein Engagement im Staatsapparat, Nutznießer eben der Produktivitätssteigerungen und Ausbeutungsraten ist, als deren Opfer die arbeitende Bevölkerung sich wiederfindet, so gewiss es mit anderen Worten der der Lohnarbeit um den Preis einer progressiven subsistenziellen Deprivation und sozialen Verelendung der Arbeitenden abgewonnene Mehrwert ist, an dem sei's direkt von Kapitals, sei's indirekt von Staats wegen der bürgerliche Mittelstand partizipiert und aus dem ihm seine vergleichsweise wohlhäbige Existenz finanziert beziehungsweise alimentiert wird, so gewiss stehen beide, Mittelstand und Arbeiterschaft, in verschiedenen oder, genauer gesagt, entgegengesetzten Lagern, und ist die Beschwer, die die von der absolutistischen Herrschaft um der Aufrechterhaltung ihres demonstrativen Konsums, ihres Luxuslebens willen verfolgte inflationäre Finanzpolitik beiden bringt, nicht mehr als eine marginale Gemeinsamkeit, eine coincidentia oppositorum in dem präzisen, wenn auch unüblichen Sinn, dass die generell obwaltende, systematische Opposition durch kontingente, dem historischen Zufall geschuldete, punktuelle Übereinstimmung einen Schein von plötzlichem intentionalem Einklang und interessengemeinschaftlicher Solidarität gewinnt.
Wie soll auf dem schmalen Grat dieser Koinzidenz ein Schulterschluss, eine praktisch wirksame und haltbare Verbindung zwischen den in entgegengesetzten Lagern positionierten Gruppen statthaben können, wie soll der unmutträchtige Schein von Interessengemeinschaft, den jene marginale Koinzidenz erzeugt, mehr sein können, als er ist – wie soll er handlungsmächtige Wirklichkeit, Basis für eine gegen die absolutistische Herrschaft gerichtete und ebenso gesellschaftlich geschlossene wie politisch entschiedene Widerstands- und gegebenenfalls Aufstandsbewegung werden können? Wie soll es mit anderen Worten dem bürgerlichen Mittelstand gelingen, dem fronenden beziehungsweise lohnarbeitenden Volk die durch die Verschwendungssucht und das Luxusleben der Herrschaft verschuldete Teuerung, die ökonomischen und sozialen Auswirkungen der inflationären Finanzpolitik der Herrschaft, als gemeinsames, Bürgertum und Volk gleichermaßen betreffendes Problem und Anliegen hinlänglich dringlich und Aufmerksamkeit heischend vorzustellen, um das Volk die systematische Kluft und den strukturellen Gegensatz, die es vom Bürgertum trennen, aus den Augen verlieren oder gar nicht erst wahrnehmen zu lassen, mithin es so zu disponieren beziehungsweise zu manipulieren, dass es sich bereit findet, durch seinen Konsens und seine Kollaboration dem bürgerlichen Unwillen die nötige gesellschaftliche Willenskraft, dem zur Emotion, zur Erregung sich innerlich verlaufenden Ressentiment des Bürgertums die Stoßrichtung einer zum äußeren Aufruhr fortschreitenden allgemeinen Motion und Massenbewegung zu verleihen?
Wie anders soll dem bürgerlichen Mittelstand dieser Schulterschluss mit seinem systematischen Gegenüber, seinem strukturellen Opponenten gelingen als dadurch, dass er die marginale Koinzidenz zum zentralen Thema aufwertet, dass er also das die inflationäre Entwicklung, unter der sie beide, Bürgertum und Volk leiden, verschuldende ständische Luxusleben der absolutistischen Herrschaft beziehungsweise ihre höfische Verschwendungssucht zur Wurzel allen gesellschaftlichen Übels erklärt, mit deren Ausrottung und Beseitigung das gegenwärtige Wohl und künftige Gedeihen aller übrigen Gruppen der Gesellschaft, sämtlicher sozialer Schichten unterhalb des herrschaftlichen Hofes und seines ständischen Anhangs, stehe oder falle? Und das tut der bürgerliche Mittelstand auch beziehungsweise lässt er seine Sprecher und Wortführer, die ihm zu Gebote stehende Intelligenz, tun. Diesen Weg einer Aufwertung der marginalen Interessenkoinzidenz zwischen Volk und Bürgertum zum zentralen, alles andere überschattenden oder, besser gesagt, unter den Teppich kehrenden Programmpunkt beschreiten die bürgerlichen Intellektuellen, die der Unwille und das Ressentiment ihrer Gesellschaftsschicht wie Pilze aus der Erde oder, besser gesagt, wie Brennnesseln ins Kraut schießen lässt.
Mit ebenso viel Elan wie Schärfe prangern die bürgerlichen Intellektuellen den luxurierenden Müßiggang und das verschwenderische Schmarotzertum des metropolitanen Hofes und seines provinziellen Anhangs als das gesellschaftliche Übel par excellence an, mit ebenso viel Eloquenz wie Insistenz führen sie aus, wie gut beraten die bürgerliche Gesellschaft wäre, diesen Klotz an ihrem Bein beziehungsweise Wasserkopf auf ihren Schultern los zu werden, wie viel besser es allen an der bürgerlichen Gesellschaft konstruktiv Beteiligten, allen Schichten mithin unterhalb des als Oberschicht figurierenden Adels und hohen Klerus ginge, wenn diese Oberschicht aus dem Spiel wäre und nicht mehr länger mit den beschriebenen fatalen Folgen für das Wirtschaftsleben der Gesellschaft von anderen produzierten beziehungsweise akquirierten Reichtum, Ressourcen, die unter kapitalistischer Leitung und bürokratischer Aufsicht das Volk produziert, mit schierer, durch das Mäntelchen des Gewohnheitsrechts kaum kaschierter Gewalt an sich risse und ohne funktionelle Rechtfertigung, sprich, ohne selber eine erkennbare gesellschaftliche Gegenleistung zu erbringen und praktische Nützlichkeit zu beweisen, verprasste.
Angesichts der daraus logischerweise folgenden Aufgabe freilich, die von der Ausschaltung der absolutistischen Herrschaft und ihrer ständischen Klientel zu erwartende Besserstellung der Gesamtheit der mittleren und unteren Gesellschaftsschichten zu demonstrieren und herauszuarbeiten, wie und in welchen Hinsichten das gemeine Wesen von der Ausschaltung des herrschaftlichen Schmarotzers profitieren und die damit einhergehende Einsparung gesellschaftlicher Ressourcen dem Gemeinwohl, dem Wohlergehen aller förderlich sein und zum Vorteil gereichen müsste – angesichts dieser nahe liegenden Aufgabe gerät, wie der den Ton der Auseinandersetzung mit der absolutistischen Herrschaft angebende Haupt- und Staatskritiker Jean-Jacques Rousseau exemplarisch deutlich macht, die bürgerliche Intelligenz ins Stocken und verliert quasi den Faden.
Statt den gewünschten Nachweis zu führen und ein Bild von der künftigen Gesellschaft zu entwerfen, wie sie nach der Beseitigung des herrschaftlichen Wasserkopfs blüht und gedeiht und eine ebenso einträchtige wie selbstmächtige Entwicklung nimmt, wechselt Rousseau unvermittelt die Stoßrichtung und zeigt jene befreite Gesellschaft als ein der unwiederbringlichen Vergangenheit angehörendes Vor- und Musterbild, zeigt jenes Gedeihen und Wohlbefinden aller Mitglieder der Gesellschaft, jene Eintracht und Selbstmächtigkeit der Gesamtheit der Bürger als durch die luxurierende Herrschaft, die die Gesellschaft sich geleistet hat, durch den herrschaftlichen Luxus, dem sie Raum gegeben hat, ein- für allemal verspielt und ad acta gelegt, weil solches generelle Gedeihen und solche soziale Eintracht ausschließlich sub conditione eines einfachen, von Reichtum und Überfluss freien und in den Anforderungen täglicher Lebensnot und tätigen Zusammenwirkens, in unmittelbarer Reproduktion, subsistenzieller Arbeit aufgehenden Gemeinwesens denkbar seien.
Gesellschaftskritik verwandelt sich unter der Hand in Zivilisationskritik, die Vorstellung, wie es wäre, wenn die Herrschaft mit ihrem repräsentativen Lebensstil und ihrer Verschwendungssucht nicht mehr das Wirtschaftsleben der Gesellschaft belastete, geht unversehens über in die Darstellung, wie es war, als das Wirtschaftsleben der Gesellschaft noch hinlänglich auf die einfache Reproduktion und bloße Subsistenz beschränkt blieb, um noch keine Basis für herrschaftliche Verschwendungssucht und Extravaganz zu bieten, um also noch nicht jenen Reichtum und Überfluss hervorzubringen, der die Gesellschaft ein- für allemal ihrer alten Gedeihlichkeit und Eintracht entreißt und sie unwiderruflich aufspaltet in jene, die den Reichtum mit Beschlag belegen, den Überfluss genießen, und in jene, die ihn produzieren und durch ihr Tun und Vollbringen den anderen zu Diensten und untertan sind.
Dieser jähe Perspektivenwechsel, der unvermittelte Übersprung von der zeitkritischen Wahrnehmung dessen, was sein wird oder inskünftig möglich ist, zur kulturkritischen Betrachtung dessen, was war und unwiederbringlich verloren ist, hat seine unschwer erkennbare Logik. Er ist Resultat und Ausdruck der Tatsache, dass sich eine konsequent ökonomische Analyse der gesellschaftlichen Situation, sprich, eine Präsentation der gegenwärtig, unter der Ägide des Absolutismus, der Gesellschaft zu schaffen machenden wirtschaftlichen Zwänge und Belastungen und eine darauf fußende Projektion der bei Beendigung und Abschaffung der absolutistischen Herrschaft dem Wirtschaftsleben der Gesellschaft winkenden Spielräume und Entfaltungsmöglichkeiten, für die um den Schulterschluss zwischen bürgerlichem Mittelstand und Volksmasse bemühte bürgerliche Intelligenz verbietet, weil nichts weiter dabei herauskommen könnte als die Offenlegung und Ostentation des im kapitalistischen System einer zugleich intensiven und extensiven Ausbeutung gesellschaftlicher Arbeitskraft bestehenden eigentlichen und grundlegenden ökonomischen Zwangsmechanismus und Belastungsfaktors, eines Mechanismus und Faktors, der, weil er ausschließlich der Volksmasse Zwang antut und zu ihren Last geht und dem bürgerlichen Mittelstand im Gegenteil zum Vorteil gereicht oder, besser gesagt, ihm seine wohlhäbige Existenz und seinen konsumtiven Lebensstil sichert, schwerlich geeignet ist, beide durch einen derart fundamentalen ökonomischen Widerspruch getrennte Parteien zum Schulterschluss und gemeinsamen Kampf gegen die Herrschaft anzuspornen und zusammenzuführen.
So gewiss eine konsequente ökonomische Analyse und Prognose der gesellschaftlichen Situation zutage fördern müsste, dass die etatistisch verfehlte und allen gesellschaftlichen Gruppen das Leben erschwerende Finanzpolitik der absolutistischen Herrschaft nur eine sekundäre Folge- oder Begleiterscheinung des primären und ausschließlich zu Lasten der Masse des Volks gehenden kapitalistischen Wertschöpfungsprozesses ist, so gewiss muss die bürgerliche Intelligenz Abstand von solch konsequenter analytischer Prognostik nehmen.
Während sie so aber durch ihre gesellschaftlich-ideologische Funktion, ihren bürgerlichen Beruf, gehalten ist, die ökonomische Wahrheit hinter der etatistischen Fassade, das kapitalistische Wesen hinter der absolutistischen Erscheinung nicht zur Kenntnis zu nehmen und zu verdrängen, verbietet ihr gleichzeitig die intellektuelle Ehrlichkeit, ihre persönliche Selbstachtung, die unterdrückte Wahrheit, das verdrängte Wesen durch offene Schönfärberei und Lüge, sprich, durch das Märchen von einer nach der Beseitigung des angeblichen Grundübels der Gesellschaft, dem Wegfall der absolutistischen Herrschaft, dem ganzen Gemeinwesen, allen Mitgliedern der Gesellschaft ins Haus stehenden Lebens im Reichtum und Schwelgens im Überfluss zu ersetzen.
Aus diesem ihrem Dilemma, nicht die Wahrheit sagen zu dürfen und aber auch nicht lügen zu können, befreit sich die bürgerliche Intelligenz in der Person ihres exemplarischen Vertreters Rousseau auf gut platonische Weise, nämlich dadurch, dass sie die bestimmte Negation, die sie übt, in eine umfassende Negativität überführt, dass sie mit anderen Worten in ihre Kritik an der absolutistischen Herrschaft die am kapitalistischen System stillschweigend mit einschließt, ihre vernichtende Analyse der im Wortsinne überflüssigen Herrschaft unausgesprochen auf die den herrschaftlichen Überfluss produzierende Wirtschaft sich erstrecken lässt und so, indem sie im Stellvertreterobjekt, dem Real, auch gleich die Sache selbst, das Kapital, negiert und wegdenkt, schließlich in positiver Wendung eine Gemeinschaft prospektieren beziehungsweise projizieren kann, die alle politisch-ökonomischen Probleme der bestehenden Gesellschaft mit einem Schlage hinter sich gelassen hat und deshalb ihre Vergesellschaftung, ihre Sozialordnung als eine von keinen materialen Unterschieden oder sächlichen Ungleichheiten und daraus resultierenden objektiven Schieflagen und ökonomischen Zwängen mehr beeinträchtigte und durchkreuzte und sei's unmittelbar dem Gemeinwillen entspringende, sei's der Indoktrination durch einen weisen Einheitsstifter von oben geschuldete vertragliche Übereinkunft der beteiligten Subjekte untereinander ins Werk zu setzen vermag.
Der Preis freilich für diese umstandslose Überführung der ökonomischen Analyse oder Diagnose in eine anthropologische Prognose oder Therapie, deren Dreh- und Angelpunkt die Eskamotierung oder pauschale Abfertigung des kapitalen Hauptproblems via Fixierung auf dessen gouvernementale Nebenerscheinung ist – der Preis dafür ist eine prognostizierte beziehungsweise als heil präsentierte Gesellschaft, die sich allen empirischen Verhältnissen, allen gegenwärtigen Problemen jäh entrückt und in ein uneinholbar fernes Jenseits verschlagen zeigt, die sich als Utopie in eben dem Wortsinne erweist, dass sie nicht von dieser Welt ist, sei's weil sie, wie der mythologischem Ursprungsdenken verhaftete Platonismus postuliert, eine in systematischer Transzendenz zur irdischen Empirie perennierende, unerreichbar erhabene Idealwelt darstellt, sei's weil sie, wie der von christlicher Heilsgeschichte geprägte Rousseauismus konstruiert, als eine im historischen Antezedens zum gegenwärtigen Zustand verharrende, unwiederbringlich verlorene Vorwelt dasteht.
Was immer aber auch die Meriten oder Mängel jener die Gesellschaftskritik in Zivilisationskritik umschlagen lassenden und hierbei die Prognose einer besseren Gesellschaft ins Epitaph auf deren unwiederbringliches Vergangensein verkehrenden ökonomischen Analyse der absolutistischen Herrschaft sein mögen – eines ist jedenfalls gewiss: Zum Schulterschluss zwischen bürgerlichem Mittelstand und Volksmasse, zur Bildung einer gemeinsamen und durch die Gemeinsamkeit handlungsfähigen Front gegen die Herrschaft taugt sie nicht. Wie sollte sie auch, da sie unter dem Zwang, die hinter der Camouflage der staatlich-absolutistischen Institution sich entfaltende wirtschaftlich-kapitalistische Konstitution der Gesellschaft auszublenden und nicht zur Sprache kommen zu lassen, von jedem Gedanken an eine praktische Einflussnahme auf die ökonomischen Verhältnisse und ihre Entwicklung Abstand nehmen, sprich, jede Zukunftsperspektive, jegliche Aussicht auf eine Veränderung der materiellen Lage und Verbesserung der subsistenziellen Verhältnisse abdanken und mithin ebenso sehr der bürgerlichen Selbstlähmung das Wort reden wie dem Volk die Ergebung in eine als unumkehrbarer Verfallsprozess ohne heilsgeschichtliches Ende-gut-alles-gut angelegte und auf seinem Rücken ausgetragene Zivilisationsgeschichte nahelegen muss.
Jenen Schulterschluss herzustellen und zu diesem Zweck die enge, aus der herrschaftlichen Finanzpolitik resultierende Interessenkoinzidenz zwischen Bürgertum und Volk zu einer ebenso tragfähigen wie umfänglichen antiherrschaftlichen Basis auszubauen, ist aber der Auftrag, den die bildungsbürgerliche Intelligenz von ihrer Klasse, dem bürgerlichen Mittelstand, erhalten hat. Um diesen ihren Auftrag nun dennoch zu erfüllen, nimmt die bürgerliche Intelligenz, abermals unter Führung ihres einzelgängerischen Stichwortgebers Rousseau, jene Korrektur in ihrer Herrschaftskritik vor, die den Akzent vom Politisch-Ökonomischen aufs Politisch-Historische verschiebt und damit in den Hauptstrom jener allgemeinen, gegen die kulturellen, habituellen und konfessionellen Atavismen der Herrschaft und ihres ständischen Anhangs gerichteten und schon seit längerem betriebenen bürgerlichen Zensurtätigkeit einschwenkt, die unter dem Namen Aufklärung in die Geschichte eingegangen ist.
Statt das Luxusleben und die Verschwendungssucht der Herrschaft und ihr dafür maßgebendes finanzpolitisches Schalten und Walten für die Misere der Gesellschaft im Allgemeinen und die Beschwernisse der nicht der herrschaftlichen Klientel angehörigen gesellschaftlichen Gruppen im Besonderen verantwortlich zu machen, statt sich also bei ihrer Gesellschaftskritik auf die empirisch-ökonomische Situation zu konzentrieren, springt die Intelligenz quasi einen Schritt zurück und nimmt die historischen Bedingungen jener Situation, die das Bestehen der Herrschaft begründende ständisch-soziale Tradition aufs Korn, um ihr die Schuld an der Not und dem Elend der nicht zur herrschaftlichen Klasse zählenden Mitglieder der Gesellschaft zu geben. Nicht das politisch-ökonomische Tun, die praktische Funktion der Herrschaft prangert sie an, sondern ihr politisch-soziales Sein, ihre historische Konstitution. Und nicht das, was durch ihr ökonomisches Tun die Herrschaft den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft als empirisch-bedürftigen Menschen, als sich zu erhalten gezwungenen gesellschaftlichen Subjekten an Schaden zufügt, sondern den Tort, den die herrschaftliche Klasse durch ihr politisches Sein den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft als systemisch-bestimmten Wesen, als sich zueinander zu verhalten gehaltenen staatsbürgerlichen Personen antut, erklärt die Intelligenz zum Stein des Anstoßes und in der Tat zur Wurzel allen Übels.
Dabei besteht der Tort, den die ständisch fundierte Herrschaft den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft antut, im Wesentlichen und erstens in ihrem Herrschaftsanspruch als solchem, darin mit anderen Worten, dass sie letztere als von Natur oder genealogisch-hereditär abhängig von ihr, sprich, als ihr untertan, behauptet, dass sie die unvermittelt persönliche Verfügung oder Befehlsgewalt über sie beansprucht und sie so aber daran hindert, sie selbst, für sich seiende, selbstbestimmte Personen zu sein. Auch wenn dieser, in schierer Genealogie, in rein hereditärem Herkommen begründete und also einer Geschichte und Tradition, die zur Natur oder Institution versteinert ist, entspringende Herrschaftsanspruch gar nicht – oder jedenfalls gar nicht mehr – die generelle Geltung besitzt, die ihm von der bürgerlichen Intelligenz im Zuge ihrer zur Aufklärung entstellten Gesellschaftskritik attestiert wird, und zumal in den von der kapitalistischen Entwicklung transformierten städtischen Zentren längst einer ebenso sehr oder stärker noch von Eigentumsverhältnissen und der Ausübung funktioneller Macht geprägten zivilen Gesellschaftsordnung Platz gemacht hat, ist er doch aber noch präsent und im Falle von Konflikten zwischen ständischem und zivilem System virulent genug, um ihn als das Gesamt der Gesellschaft angehende und bedrückende und in ihrem Mangel an empirischer Plausibilität oder objektiver Begründbarkeit offenkundige Willkürherrschaft, als sinnlosem Traditionalismus, schierer historischer Kontingenz geschuldeten Despotismus geltend machen und dabei auf Zustimmung und Beifall auch bei dem durch die etatistischen Exzesse der Herrschaft in seiner politischen Loyalität, seiner Untertanentreue erschütterten Volk rechnen zu können.
Dieser als Despotismus angeprangerte Zustand personaler Unfreiheit, den die absolutistische Herrschaft und ihr ständischer Anhang durch ihren nach Maßgabe seiner historischen Obsoletheit, seines hohlen Traditionalismus empirisch grundlosen – und, wenngleich längst nicht mehr auf ganzer Linien aufrecht erhaltenen, so doch aber auch keineswegs bereits in jeder Hinsicht abgedankten – Anspruch auf Befehlsgewalt über die übrigen Mitglieder der Gesellschaft und auf persönliche Verfügung über deren Leistungen und Dienste schaffen, hat nun aber zweitens die Konsequenz, für ein Verhältnis sozialer Diskriminierung oder realer Ungleichheit zu sorgen. So gewiss die ständische Herrschaft persönliche Macht und unmittelbare Gewalt über die übrigen Mitglieder der Gesellschaft auszuüben beansprucht, so gewiss sie behauptet, höher als sie, ihnen übergeordnet zu sein, so gewiss behauptet sie auch, besser oder edler als sie zu sein, und nimmt in Anspruch, im Verhältnis zu ihnen sozialen Vorrang und materiale Vorrechte zu genießen. Der personale Despotismus der ständischen Herrschaft, ihr Anspruch auf die Verfügung über die Leistungen und Dienste aller Personen, die nicht von Stand sind, kurz, aller Gemeinen, impliziert zwangläufig sozialen Aristokratismus, den Anspruch auf den prärogativen Nutzen und den privilegierten Genuss jener gesellschaftlichen Leistungen und Dienste.
Und die in der personalen Ungleichheit des Despotismus beschlossene soziale Diskriminierung des Aristokratismus hat nun zu böser Letzt oder zum Dritten den Effekt einer als Egoismus wirksamen kommunalen Verantwortungslosigkeit. Weil die über das Handeln und die Arbeit der übrigen Mitglieder persönlich verfügende und willkürlich entscheidende ständische Herrschaft die Folgen solchen Handelns und die Früchte solcher Arbeit vorzugsweise für sich selbst reklamiert beziehungsweise ausschließlich im Blick auf den Nutzen, den sie persönlich davon hat, gelten lässt, ist Egoismus, eine mit Rücksichtslosigkeit synonyme Selbstsucht beziehungsweise ein jeden Gemeinschaftssinns spottender Eigennutz, das notwendige Resultat. Ein Resultat, das dadurch doppelt verheerend wirkt, dass wegen ihres dem Despotismus entspringenden Aristokratismus, wegen ihres Anspruchs also, ein prärogativ besseres, privilegiert edleres Menschsein zu verkörpern, die ständische Herrschaft gar nicht umhin kann, mit ihrer Selbstsucht und ihrem Eigennutz, mit ihrem Mangel an Gemeinsinn und ihrer Verantwortungslosigkeit im Kommunalen auf die übrigen Mitglieder der Gesellschaft normativen Einfluss zu nehmen, im Sinne der eigenen asozialen Selbstsucht und zuchtlosen Libertinage prägend auf sie einzuwirken beziehungsweise abzufärben.
Das dreifältige Laster also des Despotismus, des Aristokratismus und des Egoismus legt die bürgerliche Intelligenz der ständischen Herrschaft zur Last; sie präsentiert es als die Wurzel des alles Siechtum der Gesellschaft verschuldenden und nach sich ziehenden dreifachen Übels personaler Unfreiheit, sozialer Ungleichheit und kommunaler Verantwortungslosigkeit, und seine Ausrottung und Beseitigung erklärt sie zur conditio sine qua non jeglicher gesellschaftlicher Gesundung, sprich, zur unabdingbaren Voraussetzung für die Herbeiführung eines rein politisch gefassten Zustands, eines als abstrakt-allgemeine Konstitution verbindlichen assoziativen Strukturrahmens, ohne den die Gesellschaft unter keinen Umständen gedeihen, beim besten Willen nicht die Kraft und Geschlossenheit finden könne, den wie auch immer gearteten Weg zur Gesundung einzuschlagen und die dafür erforderliche Lösung der materialen Gebrechen und sozialen Konflikte anzustreben, die sie sich unter der Ägide der absolutistischen Herrschaft zugezogen hat.
So wahr es der bürgerlichen Intelligenz gelingt, die ständische Herrschsucht, Überheblichkeit und Eigenliebe als das Grundübel auszumachen, das die gesamte Gesellschaft in seinem Bann hält, lähmt und an der selbsttätigen und eigenverantwortlichen Heilung ihrer sonstigen Gebrechen und Lösung ihrer internen Zwiste hindert, so wahr vermag sie alle, wie immer empirisch-reell im Gegensatz und Widerspruch zueinander stehenden gesellschaftlichen Gruppen unter der Fahne des systematisch-prinzipiellen Erfordernisses einer Beseitigung zuerst und vor allem jenes Grundübels zu versammeln.
Ex negativo der alle anderen gesellschaftlichen Probleme ebenso sehr an Grundsätzlichkeit überbietenden wie an Dringlichkeit in den Schatten stellenden, kurz, maßgebenden Bedeutung, die die bürgerliche Intelligenz dem ständisch-herrschaftlichen Despotismus, Aristokratismus und Egoismus für die strukturelle Verfassung und Ausrichtung der gegenwärtigen Gesellschaft beimisst, erscheint die Abschaffung der durch jene diabolische Trinität verschuldeten ausnehmenden Unfreiheit, Ungleichheit und Verantwortungslosigkeit und deren Ersetzung durch eine alle Mitglieder der Gesellschaft umfassende persönliche Selbstbestimmung, gesellschaftliche Gleichbehandlung und gemeinschaftliche Solidarität, kurz, durch Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, als unabweisliche Voraussetzung jeglicher, die gesellschaftliche Zukunft betreffenden funktionellen Veränderung und Neuorientierung.
Die als Aufklärung apostrophierte Ablösung ihrer Herrschaftskritik von jeglicher Betrachtung des mittlerweile eingewurzelten und allem Anschein nach unaufhebbaren ökonomischen Funktionszusammenhangs und ihre ausschließliche Fokussierung auf den überkommenen und offenkundig obsoleten politischen Strukturrahmen erlaubt es der bürgerlichen Intelligenz also tatsächlich, auf dem schmalen Grat ihrer durch die etatistische Misswirtschaft der absolutistischen Herrschaft bewirkten Interessenkoinzidenz einen Schulterschluss zwischen bürgerlichem Mittelstand und Volksmasse herbeizuführen, der verbindlich und haltbar genug ist, um ein gemeinsames Vorgehen gegen die absolutistische Herrschaft, eine die letztere ironischerweise der Rolle ihrer einstigen Gegnerin, der historischen Fronde, überführende und zum nun ihrerseits entbehrlichen Klotz am Bein aller weiteren gesellschaftlichen Entwicklung erklärende handlungsfähige Front zu ermöglichen.
Indem sie das, was, ökonomisch betrachtet, nur ein von der Geschichte in die Gegenwart eingebrachtes Zusatzproblem zum gegenwärtigen Hauptproblem der kapitalistisch organisierten Reproduktion der Gesellschaft ist, auf seine historischen Voraussetzungen, die als Despotismus, Aristokratismus und Egoismus analysierte Herrschaftlichkeit als solche reduziert und diese abstrahiert von ihren ökonomischen Funktionen ins Auge gefasste historische Hypothek zu einem Politikum ersten Ranges, einem alles übrige, alle sonstigen gesellschaftlichen Probleme und Konflikte wenn schon nicht en detail bestimmenden, so doch aber grosso modo bedingenden, beziehungsweise wenn schon nicht entscheidend disponierenden, so jedenfalls doch grundlegend konditionierenden Strukturrahmen erhebt, schafft es die bürgerliche Aufklärung, jenes zum primären Politikum ebenso sehr systematisch abstrahierte wie historisch elaborierte sekundäre Skandalon überkommener Herrschaftlichkeit für jedermann unübersehbar ins Rampenlicht zu rücken und seiner Beseitigung uneingeschränkte Priorität zuzuweisen, seine Abschaffung als conditio sine qua non der Lösung aller anderen, bis auf weiteres als belanglos auszuklammernden beziehungsweise als irrelevant auszusetzenden realen Probleme und sozialen Konflikte erscheinen zu lassen.
Und der praktische Erfolg des in der gemeinsamen Zielsetzung erreichten Schulterschlusses wird noch gekrönt durch einen ebenso willkommenen wie unverhofften ideologischen Nebeneffekt – dadurch nämlich, dass durch die aufklärerische Fixierung des Augenmerks aller Beteiligten auf den Unfreiheit von Freiheit, Ungleichheit von Gleichheit und Verantwortungslosigkeit von Brüderlichkeit trennenden Gegensatz zwischen herrschaftlich und bürgerlich oder ständisch und zivil die zwischen Mittelstand und Volk beschworene politische Interessengemeinschaft tatsächlich den nicht weniger überzeugenden als täuschenden Charakter einer sozialen Lebensgemeinschaft annimmt. Im Gewahrsam und Widerschein der von der Aufklärung zum Grundübel der Gesellschaft erhobenen Herrschaftlichkeit oder ständischen Überhebung gewinnen alle, die sich hinter der Fahne des Kampfes gegen dies Übel versammeln, die also den gewünschten politischen Schulterschluss vollziehen, das alle ökonomischen Gegensätze und Widersprüche vergessen machende Bewusstsein sozialer Homogenität, werden zu einer bloß der Verwerfung des ständischen Unterschieds entspringenden integrierend-bürgerlichen Gemeinschaft, einem einzig und allein dem Ausschluss des herrschaftlichen Fremdkörpers geschuldeten umfassend-einheitlichen Zivilcorpus.
Als – beseelt vom Mut der gemeinsamen antiherrschaftlichen Frontstellung, die sich in einer gemeinschaftlich bürgerlichen Grundstellung verankert darbietet – das von der Intelligenz des bürgerlichen Mittelstands um den Preis ökonomischer Bewusstlosigkeit politisch aufgeklärte Volk der absolutistischen Herrschaft in einem symbolischen Akt der Insubordination, einer ebenso bedeutungsträchtigen wie ziellosen Aggressionshandlung, die Zähne zeigt und sich als den versammelten Repräsentanten des Mittelstands gegebenenfalls zur Hand gehender bewaffneter Arm zu verstehen gibt, ist das Schicksal der Herrschaft besiegelt und beginnt die von ihr selbst in Gestalt des bürgerlichen Mittelstands etatistisch auf den Plan gerufene Nemesis ihr revolutionäres Werk.