X. Kommunikation

Dass mit ihrer neuen, zwischen Exkommunikationsdrohung und Vergesellschaftungsverheißung changierenden Reklamestrategie die Warenbesitzer einen guten Griff getan haben, lässt sich unschwer erkennen. In der Tat scheinen sie mit dieser Reklamestrategie ineins das Ei des Kolumbus und den Stein der Weisen gefunden zu haben. Schließlich ist es ihnen gelungen, ein Bedürfnis und Interesse aufzutun und in den Dienst ihrer Wertrealisierungsabsicht zu stellen, das als ein Bedürfnis wesentlich nur nach Waren sans phrase, ein Interesse partout nur an Werterscheinungen als solchen, mit einem Schlag all jene Probleme und Widerstände aus der Welt schafft, mit denen die zuvor von ihnen reklamierten Konsumentenbedürfnisse und –interessen die Warenbesitzer heimsuchen. Jene zuvor reklamierten Bedürfnisse und Interessen der Konsumenten gehen ja, wie zu erinnern, keineswegs auf die Ware an sich, die Werterscheinung als solche, sondern vielmehr auf einen in der Ware als gesellschaftlicher Form enthaltenen Gebrauchsgegenstand, in der Werterscheinung als politisch-ökonomischer Repräsentanz präsenten nützlichen Naturalleib. Das heißt, sie zielen nicht etwa auf das durch die Werterscheinungen als solche gebildete Marktsystem, sondern gelten einem in diesem System bloß enthaltenen, in bloß der Form des Systems existierenden Zusammenhang von nützlichen Dingen, leiblich-seelischen Befriedigungsmitteln. Eben damit aber stürzen sie die Warenbesitzer in eine äußere Abhängigkeit und oktroyieren ihnen eine heteronome Bestimmtheit, die ihrem ganzen politisch-ökonomischen System zum Ruin auszuschlagen droht: dort nämlich, wo dank der sprunghaften Entwicklung und geometrischen Expansion des Marktsystems die dank der historischen Entwicklungs- und anthropologischen Anpassungsfähigkeit jenes Bedürfniszusammenhangs lange Zeit gewährleistete Korrespondenz oder prästabilierte Harmonie zwischen beiden schließlich doch ins Wanken und aus den Fugen gerät, wo also das Marktsystem Waren in solcher Masse und Vielfältigkeit produziert, dass die Folge davon eine nachdrückliche Lähmung und nachhaltige Zerrüttung des ganzen Bedürfniszusammenhangs ist. Zwar führen gegen den in dieser Situation dem Marktsystem selber drohenden Zusammenbruch die Warenbesitzer die systematisch geübte Reklame als einen ebenso doppelzüngigen wie beredten und ebenso zynischen wie engagierten Versuch der schönrednerischen Einflussnahme auf und liebedienerischen Parteinahme für die gelähmten Bedürfnisse und zerrütteten Interessen ins Feld. Indes ist diese von den Warenbesitzern durchgeführte Stützungsaktion und angewandte Heiltherapie nur von beschränktem Erfolg und am Ende zum Scheitern verurteilt. Zum einen nämlich ist auch Warenbesitzern nicht gegeben, tote Bedürfnisse ins Leben zurückzurufen und aus erloschenen Interessen Feuer zu schlagen; zum anderen wird dort, wo es ihnen tatsächlich gelingt, Bedürfnisse aufs neue zu beleben und Interessen abermals zu erregen, dieser Erfolg mit einer zwangsläufig zunehmenden Partikularisierung der reklamatorisch belebten Bedürfnisse, einer unaufhaltsamen Privatisierung der manipulatorisch mobilisierten Interessen teuer erkauft.

Und von all diesen ihre reklamatorische Stützungsaktion begleitenden kontradiktorischen Widrigkeiten, all dieser ihrer manipulatorischen Heiltherapie innewohnenden kontraindikatorischen Vergeblichkeit finden sich die Warenbesitzer nun mit einem Schlag dadurch befreit, dass sie an die Stelle der vielen alten moribunden Bedürfnisse nach in den Werterscheinungen steckender Gebrauchsgegenständlichkeit jenes eine ebenso vitale wie neue Bedürfnis nach der Werterscheinung als solcher treten lassen. Dabei ist die Rede von einem auf die Werterscheinung als solche gemünzten und beschränkten Bedürfnis natürlich nur bedingt richtig und darf nicht gar zu streng beim Wort genommen werden. Ein Bedürfnis nach der Werterscheinung selbst, der Warenform sans phrase, ist ja genau genommen auch dieses neue Bedürfnis nicht. Auch es zielt ja, indem es allen Bezug auf eine in der Werterscheinung steckende und von ihr unterschiedene Gebrauchsgegenständlichkeit ablegt, allen Rekurs auf eine in der gesellschaftlichen Form der Ware enthaltene eigenständige Naturalleiblichkeit abdankt, um stattdessen auf die Werterscheinung und Warenform selbst sich zu richten und einzurichten, nicht eigentlich auf die Erscheinung in abstracto, die reine Form als solche, sondern vielmehr auf sie als selber eine Art Gebrauchsgegenständlichkeit, als für sich genommen ein Stück Naturalleib; nämlich auf sie als Ausdruck und Repräsentant jenes universalen Vergesellschaftungsmediums, als das der zur Welt der Peter Stuyvesant totalisierte Warenzusammenhang der Moderne sich den an ihm Beteiligten gleichermaßen verheißt und zur Pflicht macht; mithin auf sie als konstitutives Moment und exekutive Funktion jener dem Menschen als politischem Wesen unentbehrlichen gemeinschaftsbildenden Einheitsstiftung und Öffentlichkeit herstellenden Synthesisleistung, die unter den Bedingungen der Moderne, will heißen, unter den Bedingungen spätkapitalistischer Systementfaltung, die Werterscheinungstotalität mit Beschlag belegt. Auch dieses von den Warenbesitzern reklamierte neue Bedürfnis bleibt also, insofern es nicht einfach auf die gesellschaftliche Form und synthetische Funktion der Waren als solche, sondern auf eine durch die gesellschaftliche Form formierte Gesellschaft, eine kraft synthetischer Funktion der Waren funktionierende Synthesis der Menschen zielt, den traditionellen Bedürfnissen im Prinzip analog strukturiert, bleibt ein Bedürfnis, das die von aller Gebrauchsgegenständlichkeit gewöhnlicher Art absolvierte Werterscheinung selbst wiederum als eine Gebrauchsgegenständlichkeit besonderer Art in Anspruch nimmt, das die von allem natürlichen Inhalt befreite objektive Form selbst wiederum als ein eigenes Befriedigungsmittel realisiert und nicht etwa als einen unmittelbaren, eo ipso befriedigenden Selbstzweck dingfest macht. Der Unterschied zwischen den traditionellen Bedürfnissen und dem neuen Bedürfnis ist nur der einer im Falle des letzteren phänomenalen Koinzidenz, um nicht zu sagen realen Unifizierung, von objektiver Form und natürlichem Inhalt, Befriedigungsmittel und Werterscheinung. Und das allerdings ist ein höchst wesentlicher Unterschied! Diese Koinzidenz oder Unifizierung nämlich der die Ware bildenden beiden Aspekte, Befriedigungsmittel und Werterscheinung, macht mit einem Schlag all der Heteronomie ein Ende, die für die mit der systematischen Entfaltung des Verwertungsgesichtspunkts befassten Warenbesitzer die ihnen in Form reklamesprachlicher Verständigung vergleichbar systematisch abgeforderte Rücksicht auf den Befriedigungsaspekt bis dahin augenscheinlich bedeutet. Durch die kraft neuen Bedürfnisses erwirkte Koinzidenz des Zusammenhangs der Befriedigungsmittel mit dem System der Werterscheinungen oder Unifizierung der Gebrauchsgegenständlichkeit mit der Warenform nimmt das systematische Werben der Warenbesitzer um oder vielmehr für den Befriedigungsaspekt, das eben noch Ausdruck der rücksichts- und schonungslosesten Selbstverleugnung und Verstellung beziehungsweise Inbegriff der unfreiwilligsten und kompromittierendsten Entäußerung und Entfremdung war, mit einem Schlag den genau entgegen gesetzten Charakter der unfehlbarsten Selbstbespiegelung und Selbstbestätigung beziehungsweise der permanentesten Selbstdarstellung und Selbstentfaltung an. Was eben noch für die Warenbesitzer das zwar den eigenen Interessen dienende, aber alles andere als das eigene Interesse repräsentierende Wirken pro cura eines toto coelo äußeren und fremden Zusammenhangs war, das zeigt sich jetzt plötzlich für sie in das nicht nur das eigene Geschäft besorgende und befördernde, sondern es mehr noch als solches betreibende und offen vertretende Walten pro domo ihres spezifischen Kontexts, des Marktsystems selbst, verwandelt. Aus dem bis dahin mit ebensoviel simulatorischem Kraftaufwand wie hintersinnigem Eigennutz einer heteronomen Absicht Tribut zollenden und nach einer fremden Decke sich streckenden reklamatorischen Kampf ums Bedürfnis und notgedrungenen Dienst am Kunden wird plötzlich eine mit ebensoviel demonstrativer Überzeugungskraft wie ostentativem Doppelsinn nur dem gemeinsamen Anliegen Geltung verschaffende und nichts als dem sensus communis der gesamten Warengesellschaft Rechnung tragende proklamatorische Systementfaltung und selbstherrliche Kundgebung des Markts. Indem die Warenbesitzer dem neuen Bedürfnis nach Öffentlichkeit und Gesellschaft nach dem Munde reden oder vielmehr mit der versteckten Drohung einer ins Systematische gewendeten Exkommunikationssanktion jede Widerrede verschlagen, bleiben sie strikt im Kontext ihrer eigenen Sprache und Diktion, ist das, wofür sie dieses neue Bedürfnis reklamieren oder wozu sie es vielmehr zwangsverpflichten, allemal nur ihr eigenes Sein und Bestehen, allemal nur die Erscheinung, um die es auch ihnen zu tun ist, allemal nur die Totalität, in der sie selber zu Hause sind.

Aber nicht nur vom Fluch kompromittierender Fremdbestimmung beziehungsweise der Last entwürdigender Abhängigkeit befreit die kraft neuen Bedürfnisses erwirkte Koinzidenz des Zusammenhangs der Befriedigungsmittel mit der Werterscheinungstotalität das reklamatorische Tun der Warenbesitzer, sondern sie errettet es auch und mehr noch von der Gefahr frustrierenden Scheiterns beziehungsweise dem Schrecken demoralisierender Selbstüberlistung. Wie um das Maß des Warenbesitzerglücks vollzumachen, verleiht dies koinzidentielle Aufgehen des einen der beiden Warenaspekte im anderen dem reklamesprachlichen Werben nicht bloß den ungewohnten Charakter umfassender Autonomie und durch nichts zu erschütternder Sichselbstgleichheit, sondern beschert ihm zugleich die unverhoffte Gabe immerwährenden Erfolgs und unverbrüchlichen Gelingens. Solange Inhalt der reklamesprachlichen Verständigung der Warenbesitzer noch die traditionelle, von der Werterscheinung funktionslogisch klar, um nicht zu sagen ontologisch strikt unterschiedene Gebrauchsgegenständlichkeit ist, bleibt erfolgreiches Werben, gelingende reklamatorische Tätigkeit, notwendig ja eine zweischneidige und in der Tat sich selbst widersprechende Unternehmung. Mit der Aufgabe betraut, einer durch das Warenangebot des kapitalistischen Markts bis zur Lähmung quantitativ überwältigten und bis zur Zerrüttung qualitativ überforderten Bedürfnisstruktur seelischen Beistand zu leisten und therapeutische Pflege zuteil werden zu lassen, findet sich das reklamesprachliche Tun der Warenbesitzer in das abgrundtiefe Dilemma verstrickt, gerade durch die Erfüllung seiner Aufgabe die Misere der Bedürfnisstruktur immer nur vergrößern, gerade also dadurch, dass es erfolgreich ist, das Problem immer nur verschärfen zu können; denn je mehr und öfter den Warenbesitzern mittels Reklamemachen gelingt, die Bedürfnisse noch einmal zu sanieren, sie noch einmal zum Leben zu erwecken beziehungsweise zum Durchhalten zu überreden, umso entschiedener ergreifen hiernach von den reanimierten Bedürfnissen die alte Lähmung und Zerrüttung wieder Besitz, umso tiefer und nachhaltiger bemächtigen sich ihrer hiernach die alte Leblosigkeit und Schwäche. Das heißt, das reklamatorische Tun der Warenbesitzer ist in der Situation einer therapeutischen Praxis, die partielle Linderung nur um den Preis einer generellen Erschwerung des Leidens, zeitweilige Besserung nur auf Kosten einer fortschreitenden Verschlimmerung der Krankheit zu erwirken vermag. Entsprechend dem Austauschcharakter des Geschehens auf dem Markt zieht erfolgreiche Reklame ja immer zweierlei nach sich: nicht nur die von den Warenbesitzern angestrebte und zum ausschließlichen Zweck der Unternehmung erklärte Realisierung des in den Waren steckenden Werts durch die als bedürftige Subjekte reklamierten Konsumenten, sondern zugleich auch die von den Konsumenten selbst intendierte und nicht minder ausschließlich als der Sinn der Veranstaltung angesehene Befriedigung ihrer reklamierten Bedürfnisse durch eine in der Warenform enthaltene Gebrauchsgegenständlichkeit. Ziel der Reklame ist unweigerlich ein Austauschakt, bei dem als Gegenleistung dafür, dass die Konsumenten den Warenbesitzern die offerierten Werterscheinungen durch Wertkörper ersetzen, in Geld konvertieren, diese den Konsumenten die ihres Wertes ledigen, aus ihrer Wertform ausgelösten und auf ihre Naturalleiblichkeit, auf ihren Charakter nützlicher Dinge, reduzierten Erscheinungen selbst zum privaten Gebrauch als Befriedigungsmittel überlassen müssen. Eben mit dieser im Rahmen des Austauschmodus erforderten Gegenleistung aber büßen die Warenbesitzer jenen Vorteil wieder ein, den sie doch gerade erst kraft Reklamemachens errungen haben: den Vorteil eines abermals sich regenden Bedürfnisses, eines wiedererweckten Interesses. Genötigt, dort Befriedigung zu gewähren, wo Übersättigung das zentrale Problem ist, dort Gebrauchsgegenstände zur Verfügung zu stellen, wo nichts dringender gebraucht wird als die Befreiung von ihnen, leisten am Ende die Warenbesitzer mit ihrem reklamatorischen Tun genau jener Misere des Bedürfnisses und Krise des Interesses Vorschub, der entgegenzuwirken und abzuhelfen das reklamatorische Tun ihnen doch eigentlich dienen soll. Am Ende bezahlen sie jede reklamesprachlich erwirkte Reanimierung des Bedürfnisses und Reaktivierung des Interesses mit seiner verstärkten Betäubung und Paralyse, seiner verschärften Neurasthenie und Zerrüttung. Die praktischen Konsequenzen, die diese bittere Dialektik für das reklamatorische Tun der Warenbesitzer hat, wurden bereits geschildert: Um gegen die immer verstärkte Lähmung der Bedürfnisse und gegen die immer vermehrte Zerrüttung der Interessen, zu der ihre Behandlung der gelähmten Bedürfnisse, ihre Therapie der zerrütteten Interessen mit der Zwangsläufigkeit des Austauschmodus führt, immer aufs neue anzukommen und immer noch einmal sich effektiv zu beweisen, muss die Reklametätigkeit auf immer entferntere und abseitigere Bedürfnisse rekurrieren, muss sie zu immer abgelegeneren und spezielleren Interessen ihre Zuflucht nehmen. Indem sie dies aber tut, erkauft sie ihre Wirksamkeit und ihren Erfolg mit einer wachsenden Einengung und Besonderung des von ihr angesprochenen Konsumentenkreises, das heißt, damit, dass sie sich zunehmend selber ins sektiererische Abseits manövriert und zur partikularistischen Privatsache verurteilt. Einen Ausweg aus dem Dilemma gibt es für sie unter traditionellen Bedürfnisbefriedigungsbedingungen offenbar nicht.

Und genau dieser Ausweg wird der Reklame durch die kraft neuen Bedürfnisses erwirkte Koinzidenz des Gebrauchsgegenstands mit der Werterscheinung beziehungsweise Unifizierung des Befriedigungsmittels mit der Warenform plötzlich eröffnet. Anders als dort entgeht hier das reklamatorische Tun dem ihm zum förmlichen Selbstwiderspruch geratenden Zwang, das zum Appetit beredete Bedürfnis am Ende nur immer noch übersättigter, das zum Leben erweckte Interesse am Ende nur immer noch todesmatter, den in Bewegung gesetzten Konsumenten am Ende nur immer noch kataleptischer zurücklassen zu müssen. Anders als dort entrinnt hier die Reklametätigkeit der fatalen Notwendigkeit, den augenblicklichen Erfolg mit der wachsenden Drohung künftiger Erfolglosigkeit teuer bezahlen zu müssen. Anders nämlich als die den traditionellen Bedürfnissen huldigende alte Reklametätigkeit kennt die das neue Bedürfnis nach Warengesellschaft und Marktöffentlichkeit kultivierende moderne Reklamestrategie nicht das Problem des nach vollzogener Wertrealisierung übrig und den Konsumenten überlassen bleibenden, Überdruss hervorrufenden Befriedigungsmittels und zum Nicht-Bedarf führenden Gebrauchsgegenstands. Nicht, dass nicht auch hier in der alten Weise und nach dem gewohnten Schema ausgetauscht würde. Nicht, dass nicht auch hier die Konsequenz erfolgreicher Reklametätigkeit ein Austauschakt wäre, bei dem die Warenbesitzer die als Wertkörper, Geld, realisierte Werterscheinung gewinnen, die Konsumenten hingegen den als Wertkörper, Ware, ausgelösten Naturalleib erwerben. Aber weil, anders als im Falle der traditionellen Bedürfnisse, bei diesem neuen Bedürfnis das Befriedigungsmittel ja eben nicht der sinnliche Gegenstand, der Naturalleib, sondern vielmehr die Werterscheinung selbst, die Warenform als solche ist, führt, aller formellen Gleichartigkeit ungeachtet, der Austauschakt hier zum genau entgegengesetzten Ergebnis: Was die Konsumenten erhalten, ist mit dem Naturalleib der als Befriedigungsmittel irrelevante, unbrauchbare Leichnam der Sache, ein dem Bedürfnis gleichgültiges Ding mit Eigenschaften; das hingegen, worauf ihr Bedürfnis geht, die Werterscheinung als Parsprototo der die Warengesellschaft stiftenden Totalität des Markts, entzieht sich ihnen und wird ihnen nicht zuteil, weil es in actu des Austauschs durch den Wertkörper, den sie selber zur Disposition stellen, ersetzt und zum Verschwinden gebracht wird. Kaum dass im Austausch gegen den Wertkörper, den sie zu Markte tragen, das, wofür ihr Bedürfnis reklamiert wird, in ihren Privatbesitz übergewechselt und ihrem persönlichen Gebrauch anheimgefallen ist, finden sich die Konsumenten mit einem Wechselbalg des erwarteten Gebrauchsgegenstands abgefunden, mit der leeren Hülse des erhofften Befriedigungsmittels abgespeist, und müssen feststellen, dass das, wonach es sie eigentlich verlangte, worum es ihnen wirklich zu tun war, in actu des Austauschs offenbar verlorengegangen, mit der Verwandlung der Ware in einen Privatbesitz, der Überführung der Werterscheinung in persönliches Eigentum, verschwunden ist. Eine Befriedigung oder gar Übersättigung des reklamierten Bedürfnisses ist hier ebenso systematisch ausgeschlossen, wie sie bei den früheren Bedürfnissen mit ihren herkömmlichen Befriedigungsmitteln automatisch impliziert ist: Indem der Austauschakt eben das in aller Form eskamotiert, was er in aller Materialität zu liefern scheint, bringt er das Bedürfnis um die erhoffte Befriedigung und lässt es ungestillt und hungrig, bereit, sich aufs neue reklamieren zu lassen, zurück.

Hungrig und voll Appetit, wohlgemerkt, lässt er es zurück und nicht, wie ja ebenfalls denkbar wäre, frustriert und voll Abscheu. Dass jene in actu des Austauschs effektuierte Eskamotierung des Befriedigungsmittels Werterscheinung die Konsumenten vom weiteren Streben nach Befriedigung dieser Art abschreckt, das verhindert ihr traditioneller Substantialismus und durch lange Gewöhnung eingefleischter Konkretismus, der ihnen die Vorstellung einer als Bedürfnisinhalt sui generis vom natürlichen Inhalt der Sache ablösbaren gesellschaftlichen Form, eines vom Naturalleib abtrennbaren Bedürfnisbefriedigungsmittels, einer vom Gebrauchsgegenstand abstrahierbaren Brauchbarkeit, entschieden verbietet und der es ihnen in der Tat unmöglich macht, das, was hier in praxi des Austauschakts statthat, theoretisch zu realisieren. Eher, als der unvorstellbaren Metaphysik einer mit der Warenform verschwindenden und den Naturalleib als entseelten Leichnam zurücklassenden Gebrauchsgegenständlichkeit stattzugeben, sind die Konsumenten geneigt, sich selbst, ihrer persönlichen Psychologie, der Unbeständigkeit ihrer privaten Bedürfnislage die Schuld am Ausbleiben der Befriedigung beizumessen. In dieser Tendenz werden sie noch durch den empirisch-psychologischen Umstand bestärkt, dass die Erfahrung der Nichtbefriedigung des Bedürfnisses nicht streng gleichzeitig mit dem Austauschakt einzutreten pflegt, sondern mit Verspätung und Verzögerung, so dass die Konsumenten tatsächlich noch die Illusion haben können, die gekaufte Gebrauchsgegenständlichkeit im vollen Glanz und schönen Schein ihres Befriedigungsversprechens nach Hause zu tragen, und erst dort dann ebenso unerklärlich wie unaufhaltsam der Glanz stumpf wird und der Schein verblasst.

Die Konsequenz dieser konkretistischen Begriffsstutzigkeit und substantialistischen Unbelehrbarkeit der Konsumenten ist ein Bedürfnis, das immer unverändert neu animierbar und aktivierbar, immer unabsehbar neu reklamierbar, immer wieder zum Einsatz zu bringen und ins Treffen zu führen ist; ein Bedürfnis zugleich, das in dem Maß, wie es sich kraft seiner ad infinitum geforderten Mobilisierung routiniert und dank seiner unaufhörlich wiederholten Einsätze perfektioniert, von jenem traditionellen Anspruch auf eine nach Hause zu tragende individuell-definitive und privatim-dauerhafte Befriedigung überhaupt Abstand zu nehmen beziehungsweise nur noch den Gebrauch einer ebenso leeren wie reinen Formalität zu machen lernt und schließlich bereit ist, Befriedigung nur mehr an dem Ort zu suchen, an dem sie sich antreffen lässt, und nurmehr in der Form zu finden, in der sie zu haben ist: am Ort und in actu des Austauschs selbst und in eben der Augenblickshaftigkeit und ephemer virtuellen Form, in der sie nicht sowohl befriedigt, sondern nur gerade ausreicht, das Bedürfnis nach ihr wachzuhalten und stets erneuten Appetit auf sie zu erregen. Indem die Konsumenten mittels des Kaufs von Werterscheinungen sich ununterbrochen in die durch die Werterscheinungstotalität repräsentierte Warengesellschaftlichkeit und Marktöffentlichkeit neu einkaufen, für die mit dem Zuckerbrot der Sozialisationsverheißung und der Peitsche der Exkommunikationsdrohung die Warenbesitzer sie ununterbrochen reklamieren, machen sie die Erfahrung und finden sie sich zugleich mit dieser Erfahrung mehr und mehr ab, dass wegen der phänomenalen Flüchtigkeit und haltlosen Metaphysik des Befriedigungsmittels die Befriedigung ihres von den Warenbesitzern reklamierten neuen Bedürfnisses umso approximativ greifbarer und relativ wirklicher wird, je häufiger und kontinuierlicher sie jenen Austausch- und Einkaufsakt wiederholen, je mehr ihnen also gelingt, durch Abstraktion von aller Erwartung einer privaten aktuellen Befriedigung einer öffentlichen virtuellen Befriedigung Permanenz zu verleihen. Und in dem Maß, wie sie dieser der reklamatorischen Initiative der Warenbesitzer aufs glücklichste korrespondierenden Erfahrung gemäß sich verhalten, werden die Konsumenten allererst actu zu dem, was sie bis dahin höchstens potentia sind, zu wahren und wirklichen Konsumenten, Musterbildern ihrer Art, Prachtexemplaren nach dem Herzen der Warenbesitzer, Verbrauchern par excellence, Verzehrern von Geblüt, Vertilgern von Profession. Jeder der ununterbrochenen Austausch- und Einkaufsakte, die die Konsumenten durchlaufen, um in ihnen ihrem neu reklamierten Bedürfnis nach Gesellschaftlichkeit eine ebenso flüchtige wie augenblickliche, ebenso ephemere wie virtuelle Befriedigung zu verschaffen, bleibt ja ein Austauschakt traditioneller Prägung, ein Kaufakt gewohnten Charakters, nämlich ein Vorgang, bei dem als Gegenleistung dafür, dass die Konsumenten den Warenbesitzern ihre Werterscheinungen durch Wertkörper, Geld, ersetzen, mithin in Sachen Wertrealisierung zu Diensten sind, die letzteren den ersteren die Werterscheinungen als Gebrauchsgegenstände, Naturalleib, überlassen, mithin bei der Bedürfnisbefriedigung behilflich sind. Auch wenn hier die Konsumenten mit der in ihren Privatbesitz übergegangenen Naturalleiblichkeit gar nichts anzufangen wissen und getrost auf sie verzichten könnten, weil, wie gesagt, die besondere Natur dieses Befriedigungsmittels seinen Genuss auf den Augenblick des Austauschakts beschränkt und mit ihm zugleich zu Ende sein lässt, ändert das doch nichts daran, dass ökonomisch alles so abläuft wie gehabt. Nach wie vor ziehen die Konsumenten als Bedürfnisbefriedigungsmittel deklarierte Werterscheinungen aus dem Marktverkehr und schleusen als Ersatz und Entgelt dafür das den Wert der Werterscheinungen realisierende Geld in ihn ein. Mag sich auch, weil sie das Moment der Bedürfnisbefriedigung je schon in actu des Kaufmoments hinter sich bringen, ihr privater Gebrauch des dem Warenverkehr entzogenen Bedürfnisbefriedigungsmittels darauf beschränken, es nach Hause zu tragen und dort in die Mülltonne zu werfen – an der Realität des gezahlten Entgelts, der Effektivität der qua Wertrealisierung gebotenen Ersatzleistung, ändert das nicht das Mindeste. Das einzige, was sich ändert, ist die Frequenz der Wertrealisierung, die Häufigkeit, mit der sie wiederholbar wird. Weil die Bedürfnisbefriedigung auf den Augenblick des Austauschakts beschränkt bleibt, mithin aber um nichts länger währt als die im Austauschakt vollbrachte Wertrealisierung selbst, stehen die Konsumenten im nächsten Augenblick schon wieder für die nächste Wertrealisierung in actu des nächsten Austauschs bereit.

Wie sollte das nicht das Warenbesitzerherz erfreuen? Was vorher für die Warenbesitzer eine ebenso ungewisse wie unvermeidliche Zäsur zwischen den einzelnen Austauschhandlungen, eine ebenso zwangsweise wie unberechenbare Unterbrechung im Fortgang der Zirkulation, kurz, eine immer erneute Pause und Stockung im Wertrealisierungsprozess bedeutet, die diesen bestenfalls zur Diskontinuität und Unregelmäßigkeit verhält, schlimmstenfalls aus den Takt geraten und zum Stillstand kommen lässt, das erweist sich ihnen jetzt als mit dem Wertrealisierungsprozess vollständig deckungs- und taktgleicher Vorgang, als in dem Sinne gleichgeschaltet mit ihm, dass es ein und dieselbe Folge von Austauschakten ist, die uno actu als eine fortlaufende Sukzession von Bedürfnisbefriedigungsaugenblicken figuriert und als eine fortwährende Reihe von Wertrealisierungsmomenten firmiert. In der Tat ist hier, weil Bedürfnisbefriedigung auf die Augenblicke der Aushändigung der Werterscheinungen an die Konsumenten reduziert ist und weil diese Augenblicke ihre sie allererst als Austauschakte definierende Kehrseite und Komplementärbestimmung eben in der als Wertrealisierung ausgemachten Übergabe von Wertkörper an die Warenbesitzer haben, das eine vom anderen phänomenologisch gar nicht mehr zu trennen. Was subjektiv und virtuell als Bedürfnisbefriedigungsaktion erscheint, präsentiert sich in der perfektesten Einheit der Zeit, des Orts und der Handlung objektiv und aktuell als Wertrealisierungsfunktion. Was, seiner durch die neue Reklamestrategie evozierten esoterischen Bedeutung nach, augenblickshaft fortlaufende und fortlaufend augenblickshafte Befriedigung eines ästhetisch-synthetischen Bedürfnisses, nämlich Partizipation der Konsumenten an der in den Werterscheinungen enthaltenen Warengesellschaft, der Welt der Peter Stuyvesant, ist, das ist, seiner durch den alten Marktmechanismus garantierten exoterischen Rolle nach, ebenso wohl prompt andauernde und andauernd prompte Erfüllung einer politisch-ökonomischen Aufgabe, nämlich Realisation des in den Werterscheinungen dieser Welt der Peter Stuyvesant steckenden kapitalen Werts durch die Konsumenten. Zumindest dem phänomenologischen Schein nach ist somit am Ende den Warenbesitzern mit der Einführung jenes neuen Konsumentenbedürfnisses nach Werterscheinungen das ins Werk zu setzen gelungen, wovon sie zu Anfang ihrer Karriere nicht einmal zu träumen gewusst hätten: die Abstimmung und Versöhnung, Synchronisierung und Komplementarisierung der persönlichen Intention der Konsumenten mit ihrer ökonomischen Funktion, ihres privaten Seins mit ihrem Dasein auf dem Markt.

Aber selbst wenn diese funktionelle Versöhnung und aktuelle Verschmelzung der subjektiven Intention und privaten Zielsetzung der Konsumenten mit ihrer ökonomischen Rolle und objektiven Aufgabe auf dem Markt schließlich doch nur dem phänomenologischen Schein nach oder im Sinne eines institutionellen Tricks gelungen sein sollte, bleibt das Erreichte eindrucksvoll genug. Befreit haben sich kraft neuer Reklamestrategie die Warenbesitzer mit einem Schlag von jenem gravierenden Heteronomieproblem, mit dem der traditionelle Bedürfniszusammenhang ihre reklamatorischen Bemühungen unvermeidlich belastete. Und losgeworden sind sie auch das nicht minder gravierende Problem, mit dem der traditionelle Bedürfniszusammenhang sie konfrontierte: das Problem der ihrem reklamatorischen Bemühen um die Erhaltung funktions- und aufnahmefähiger Bedürfnisse inhärenten objektiven Widersprüchlichkeit und selbstzerstörerischen Dialektik. Einerseits also und qualitativ ist den Warenbesitzern gelungen, eine sie und die Konsumenten einende Sprache und für sie beide verbindliche Realität, die ihnen und den Konsumenten gemeinsame Adresse und Verständigungsebene nämlich des Warenzusammenhangs selbst und der Werterscheinungstotalität als solcher, zu finden und zur Geltung zu bringen, mithin aber jener Quälerei heteronomen Vorgebens und Verstellens, entfremdeten Simulierens und Fingierens, selbstverleugnenden Lügens und Trügens ein Ende zu machen, das unter den alten Bedingungen reklamesprachliche Verständigung unvermeidlich für sie bedeutet. Und andererseits und quantitativ ist ihnen damit zugleich geglückt, bei den Konsumenten eine unermüdliche Verständigungsbereitschaft und unerschöpfliche Ansprechbarkeit sicherzustellen und also jene Gefahr einer Ermüdung und Erschöpfung der Konsumenten zu bannen, die unter den Bedingungen des alten Bedürfniszusammenhangs ihre doch gerade gegen jene Gefahr aufgebotenen Verständigungsbemühungen und werbenden Adressen nur immer verstärkt heraufzubeschwören verurteilt waren. Und dies beides erreichen die Warenbesitzer, ohne dass sie die mindeste Gewalt gegen die Konsumenten gebrauchen oder irgendwelchen erkennbaren Zwang auf sie ausüben müssten, erreichen sie einzig und allein dadurch, dass sie ihnen ein positiv neues Bedürfnis nach den Waren selbst, ein systemkonform modernes Interesse an Werterscheinungen als solchen nachweisen. Kraft des ihnen vindizierten neuen Bedürfnisses und modernen Interesses finden sich die Konsumenten aus freien Stücken bereit, im Sinne der durch die Warenbesitzer vertretenen systematischen Realität und pro domo der durch sie repräsentierten ökonomischen Totalität sich ansprechen, reklamieren und bestimmen zu lassen und an einer nirgends sonst als auf der offenen Szene des Markts und der verbindlichen Ebene des Warenzusammenhangs sich bewegenden und entfaltenden Verständigung mit den Warenbesitzern affirmativ teilzunehmen und konstruktiv mitzuwirken. Kraft dieses neuen Bedürfnisses und modernen Interesses sind die Konsumenten motiviert und willens, auf jene in den Waren als solchen und Werterscheinungen sans phrase bestehende Realität und Totalität einer Welt der Peter Stuyvesant als auf den ihnen und den Warenbesitzern gemeinsamen Gesprächsgegenstand, den von ihnen beiden geteilten Kommunikationsstoff, sich ebenso definitiv einzurichten wie halsüberkopf einzulassen.

Wie sollte dies Ergebnis, mit dem die Reklamepraxis ihre praktische Problemlösungskapazität in Sachen sprachliche Verständigung unter Beweis stellt, die theoretisch um die Lösung der gleichen Probleme bemühte Kommunikationstheorie kaltlassen können? Wie sollte das, was mittels neuer Reklamestrategie die Warenbesitzer an praktischer Einigung und Verständigung zuwege bringen, die Kommunikationstheoretiker unbeeindruckt lassen können? Was die Kommunikationstheorie sucht, ist ja die Heilung und Befreiung der Sprache von der ihr durch die reklamesprachlich falsche Rücksichtnahme eines privativ bedürfnisbezogenen Sprechens bescherten Misere und Krankheit privatsprachlich-asozialer Unverbindlichkeit, metonymisch-idiosynkratischer Unverständlichkeit und klischeehaft-neurotischer Unwirklichkeit. Was sie sucht, ist eine den Gesprächspartnern mit objektiver Verbindlichkeit revindizierte gemeinsame Basis des Sprechens, eine von den Beteiligten an der Unterhaltung als generelle Wirklichkeit akzeptierte einverständige Ebene der Verständigung. Und eben dies theoretisch Gesuchte hält nun offenbar für die Kommunikationstheorie niemand anders als die Reklamepraxis selbst bereit. In der Form der geschilderten neuen Reklamestrategie bewährt sie sich als der altehrwürdig magische Speer, der die Wunde, die er zuvor geschlagen hat, am Ende auch wieder zu heilen versteht. Die Reklamepraxis selbst ist es, die durch die Realisation eines systemkonformen Bedürfnisses nach der Werterscheinungstotalität als solcher die im reklamatorischen Austausch begriffenen Gesprächspartner, Warenbesitzer und Konsumenten, aus eben der Abseitigkeit und Partikularisierung wieder herausführt, in die sie zuvor mittels Reklame immer tiefer sich verstrickten. Die Reklamepraxis selbst ist es, die durch die Kreation einer Welt der Peter Stuyvesant, eines zur communio bonorum der einen großen Marktgesellschaft totalisierten Warenzusammenhangs, die beiden an der reklamesprachlichen Verständigung beteiligten Parteien, Warenbesitzer und Konsumenten, eine gemeinsame Basis des Sprechens und verbindliche Ebene des Diskurses gewinnen, mithin aber eben das unvermutet finden lässt, was sie vorher dank der Reklame nur immer mehr aus dem Auge verloren. Die Reklamepraxis selbst ist es, die den Ausweg aus jener verheerenden Sprach- und Verständigungskrise weist, die die allgemeine ökonomische Krise oder genauer: der qua Reklame unternommenen Versuch, der ökonomischen Krise mit Mitteln der Sprache zu wehren und beizukommen, heraufbeschworen hat. Was bleibt da der Kommunikationstheorie anderes zu tun, als diese von der Reklame in praxi vollbrachte und die tödlichen Wunden, die zuvor der Sprache geschlagen wurden, allem Anschein nach mirakulös zu schließen geeignete Herstellung einer allgemeinen, objektiven und verbindlichen Sprachebene und Diskursmaterie in der Theorie nachzuvollziehen und der begrifflichen Artikulation zuzuführen? Und genau das tut sie denn auch!

Was sich praktisch als probates Mittel zur Durchsetzung einer reklamesprachlich totalen Mobilisierung, einer wirksamen Reklamation der aktuell ganzen Konsumentengesellschaft erwiesen hat, eben das gilt nun der Kommunikationstheorie theoretisch als Erfolgsrezept zur Erreichung einer umgangssprachlich universalen Diskursivierung, einer wirklichen Kommunikation der potentiell gesamten Sprachgemeinschaft. Jene von der Reklamepraxis in Geltung gesetzte neue Strategie einer Abkehr vom bedürfnisbezogenen Sprechen über einzelne, qua Warenzusammenhang angebotene Gebrauchsgegenstände und Hinwendung zum systembestimmten Reden über nichts als den in jeder einzelnen Ware parte pro toto angebotenen Warenzusammenhang selbst übernimmt und realisiert die Kommunikationstheorie als allgemeine Methode einer Ersetzung privatsprachlichen Monologisierens, idiosynkratischer Isolation, durch umgangssprachliches Kommunizieren, regelgeleitete Interaktion. In nichts sonst besteht dabei die das Kommunizieren leitende Regel als eben darin, dass jedes Einzelne strikt nur als Parsprototo des Ganzen thematisch werden, jedes Element streng nur als Funktion der Gesamtstruktur interessieren darf, dass also über jedes im Zusammenhang aufgegriffene Moment einzig und nur systematisch zu sprechen, über jeden der Totalität entnommenen Gegenstand einzig und nur totalisierend sich auszutauschen erlaubt ist. Als in jedem einzelnen Fall partout nur ein Reden im System übers System, strikt nur ein Systematisieren des im System Angetroffenen, ist dies Kommunizieren, dies Sichaustauschen, die auf jeden Gegenstand, jeden Bereich anzuwendende universale Form der Verständigung, prägt und bestimmt es den sprachlichen Umgang mit jedem sei's als Diskursmaterie sich quasi von selber anbietenden, sei's als Kommunikationsstoff notgedrungen herhaltenden kulturellen, politischen, mythologischen, militärischen, gastronomischen, linguistischen, ökonomischen, kurz, beliebigen materialen Zusammenhang. Stets findet nach dem Modell der neuen Reklamepraxis und nach dem Willen der auf dies Modell sich kaprizierenden Kommunikationstheorie jene zu Anfang dieser Überlegungen als Vermarktung der Sprache gekennzeichnete Formalisierung und Systematisierung der Verständigung statt, in deren Konsequenz der Austausch mit sprachlichen Mitteln der Vermittlung durch symbolischen Austausch, die bedürfnisbezogene Mitteilung über Gebrauchsdinge einer systembestimmten Teilhabe an Funktionswerten, die sachlich reflektierende Auseinandersetzung über die Interessen der einzelnen der sächlich beziehenden Einigung über Symbole des Ganzen, das als regulatives Verhältnis verstandene Sprechen über das, was die Subjekte funktionell unterscheidet und objektiv trennt, dem als kommunikatives Verhalten gewahrten Reden über das, was die Objekte systematisch verbindet und strukturell eint, zu weichen hat. Und stets wird diese Ersetzung bedürfnisbezogenen Sprechens durch systembedingtes Kommunizieren von der Kommunikationstheorie als die reklamepraktisch erprobte einzige und alleinige Möglichkeit hochgehalten und geltend gemacht, eine relative Allgemeinheit, Objektivität und Verbindlichkeit der Verständigung dort zu gewährleisten und sicherzustellen, wo sein reklamemäßig betriebener Einsatz alles bedürfnisbezogene Sprechen in den Ruin sinnloser Bornierung, sprachloser Privatheit und zusammenhangloser Partikularität getrieben hat.

Über das spezifische Bedürfnis allerdings, das diese reklamepraktisch bewährte Wendung vom bedürfnisbezogenen Sprechen zum systembedingten Reden allererst möglich macht, schweigt sich die Kommunikationstheorie beharrlich aus. Ließe sie sich auf eine Erörterung dieses Bedürfnisses, das oben als das Bedürfnis der Konsumenten nach Gesellschaft und Öffentlichkeit, nach einer irgend politischen Existenz, identifiziert wurde, ein, es würde nur zu rasch offenbar, wie sehr das als spontan und gemeinsinnig umgangssprachliche Kommunikation von ihr lauthals gepriesene systembedingte Reden selbst nur eine durch das Monopol der Warenbesitzer über die Befriedigungsformen und Befriedigungsmittel für dieses Bedürfnis durchgesetzte ungewollte Notverordnung und entfremdete Zwangsveranstaltung ist und wie sehr in der Tat der besinnungslose Konsumterror, auf den es in seiner reklamesprachlich geübten Fassung ja hinausläuft, nur die Konsequenz des bedenkenlosen Exkommunikationsterrors ist, dem es entspringt. An dieser Einsicht ist den Kommunikationstheoretikern nichts gelegen. Sie ziehen es deshalb vor, dieses Bedürfnis, wenn es denn einmal thematisch werden muss, dem von der Reklamepraxis erzeugten Augenschein folgend, als eines nach nichts als nach Kommunikation, nach systembedingtem Reden sans phrase, sich gefallen zu lassen, wobei ihnen im übrigen überlassen bleibt, ob sie – nationalcharakterologisch disponiert – ihm in all seiner Abstraktheit eine eher positive oder eher negative Wendung zu geben wünschen, ob also eingeborene Lust am Systematisieren, natürlicher Appetit aufs Totalisieren oder vielmehr eingefleischter Widerwille gegen das Partikularisieren, selbstverständlicher Abscheu vor dem Privatisieren die es bestimmende Emotion sein soll

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