VII. Die Therapie: Reklame
Diesen mit systematischer Folgerichtigkeit dem System drohenden Zusammenbruch und Untergang zu verhindern, dient die Reklame. Kraft Reklame nehmen die Vertreter des Systems, die kapitalistischen Warenbesitzer, eben jener Naturbasis sich an, reden sie eben jener Beziehung aufs Bedürfnis das Wort, die sie vorher mittels des Systems höchst persönlich zugrunde gerichtet haben und die nun aber in ihren Zusammenbruch und Zerfall das System selbst zu verwickeln droht. Solange jene Naturbasis und Bedürfnisbefriedigungsrücksicht intakt ist und funktioniert, interessiert sie die Warenbesitzer eben nur als Naturbasis, das heißt als eine ebenso äußerliche Voraussetzung wie gleichgültige conditio sine qua non, mithin in der Weise, dass sie sie wesentlich nicht interessiert, keine konstitutive Bedeutung für sie gewinnt. In dem Maß indes, wie die Warenbesitzer die Naturbasis des Systems systematisch zugrunde richten und die Zugrundegerichtete das System selbst in ihren Zerfall zu verwickeln und in ihren Zusammenbruch hineinzureißen droht, richtet sich das Augenmerk der Warenbesitzer auf diese tödliche Bedrohung des Systems, konzentriert sich ihr Interesse unvermeidlich auf diese das System unterminierende Leiche in ihrem Keller. Zwar interessiert die Naturbasis die Warenbesitzer auch jetzt nicht essentiell, gewinnt sie auch jetzt keine konstitutive Bedeutung für sie; da sie aber die conditio sine qua non und unabdingbare Voraussetzung des von den Warenbesitzern vertretenen Wertbildungssystems darstellt, müssen die letzteren um ihre Erhaltung und Rettung existentiell besorgt und faktisch bemüht sein. Wie aber kann ihr Bemühen aussehen, und was überhaupt können sie tun? Die in ihrem Bestand gefährdete Gebrauchsgegenständlichkeit dadurch zu garantieren, dass sie den Bedürfniszusammenhang, von dem jene Gebrauchsgegenständlichkeit abhängt, in all seiner Lebendigkeit wiederherstellen, ist ihnen ja offenkundig und partout nicht gegeben. Schließlich ist es nichts sonst als die innere Konsequenz und logische Entwicklung des den Warenbesitzern eigenen Systems, der der für jene Gebrauchsgegenständlichkeit konstitutive Bedürfnis- und Interessenzusammenhang der Konsumenten erliegt. Und schließlich wäre demnach die erste und vornehmste Bedingung für eine Wiederherstellung dieses Bedürfnis- und Interessenzusammenhangs nichts anderes als die Aufgabe des den Warenbesitzern eigenen Systems, mithin aber die Preisgabe dessen, um dessen Funktionieren und Fortbestand willen sie doch gerade so eifrig um die Erhaltung jener Gebrauchsgegenständlichkeit besorgt sind. Was also bleibt den Warenbesitzern für die Erhaltung der bedrohten Gebrauchsgegenständlichkeit ihres Systems von Waren, für die Rettung der gefährdeten Naturbasis ihrer systematisch erzeugten Produkte zu tun?
Was ihnen, scheint's, bleibt, ist der Versuch, sich beim erlahmenden Bedürfnis und zerrütteten Interesse der Konsumenten zum persönlichen Fürsprecher und engagierten Advokaten eben jener durch solche Lähmung in ihrer Existenz bedrohten Gebrauchsgegenständlichkeit beziehungsweise durch solche Zerrüttung in ihrem Bestand gefährdeten Naturbasis zu machen. Was ihnen, scheint's, bleibt, ist das Bemühen, das gelähmte Bedürfnis und zerrüttete Interesse der Konsumenten durch eine erklärte Stellungnahme, eine bestimmte Parteinahme, ein beredtes Eintreten für eben jene bedrohte Gebrauchsgegenständlichkeit und gefährdete Naturbasis, wenn schon nicht überhaupt in ein bewegliches neues Verhältnis zu ihr zu bringen und durchgängig neu auf sie zu konzentrieren, so immerhin doch zu einer stets erneuten Beziehung zu ihr zu bewegen und auf sie immer noch einmal zu fokussieren und damit die die letztere betreffende Bedrohung und Gefährdung, wenn schon nicht überhaupt zu bewältigen und zu beseitigen, so immerhin doch stets noch einmal zu bannen und hintanzuhalten. Was ihnen, scheint's, bleibt, ist das Bemühen, das gelähmte Bedürfnis und zerrüttete Interesse der Konsumenten durch gutes Zureden, persönliche Ansprache, inständige Beschwörung, wenn schon nicht gründlich zu therapieren, mit durchgängig neuem Elan zu erfüllen und überhaupt wiederherzustellen, so jedenfalls immer wieder zu reanimieren, von Fall zu Fall mit der nötigen Motivation zu begaben und nach Bedarf zu mobilisieren. Und eben diesem Bemühen dient die Reklame. Sei's in der mehr demonstrativ-induktiven Gestalt eines extensiven Sicheinlassens und detaillierten Sichvertiefens in die bedrohte Gebrauchsgegenständlichkeit, sei's in der mehr appellativ-provokativen Form eines intensiven Einwirkens auf und pointierten Dringens in das erlahmte Bedürfnis, unternehmen die Warenbesitzer in der Reklame den Versuch, sich mit dem letzteren, all seiner Lähmung und Zerrüttung zum Trotz, darüber, dass die erstere, all ihrer Bedrohung und Gefährdung ungeachtet, dennoch existiert und vorhanden ist, zu verständigen und zu vereinbaren. Genauer gesagt und kürzer gefasst, unternehmen sie den Versuch, das Bedürfnis der Konsumenten zu einer Anerkennung und Beglaubigung der Gebrauchsgegenständlichkeit ihres ebenso massenhaften wie vielfältigen Warenangebots zu bereden und zu bestimmen.
Nichts sonst als eben dies: das Bedürfnis der Konsumenten zur Anerkennung und Beglaubigung einer in der warenförmigen Produktenmasse und Produktenvielfalt nach wie vor existenten Gebrauchsgegenständlichkeit und noch immer vorhandenen Naturbasis zu bewegen und zu überreden, ist Ziel der von den Warenbesitzern qua Reklame durchgesetzten Verständigung; und dieses Ziel zu erreichen, ist mühsam genug. Schließlich ist es ja doch gerade die exorbitant-sinnlose Masse und extravagant-ziellose Vielfalt der Waren, was den Konsumenten ihre Bedürfnisse lähmt beziehungsweise ihre Interessen zerrüttet und was die den Waren eigene Gebrauchsgegenständlichkeit ad absurdum zu führen droht beziehungsweise in Gefahr bringt, zugrunde zu gehen. Hier für eine dennoch existente Gebrauchsgegenständlichkeit zu plädieren und einer dennoch vorhandenen Naturbasis das Wort zu reden, heißt ja, wider alle empirisch unmittelbare Evidenz anzureden und wider alle durch solche Evidenz spezifisch vermittelte Erfahrung zu argumentieren. Hier und unter diesen Umständen Gebrauchsgegenständlichkeit zu behaupten und Naturbasis zu prätendieren, bedeutet für die Warenbesitzer, dass sie als Advokat und Sprachrohr des in seiner Lähmung verstummten Konsumentenbedürfnisses die ganze objektive Beweislast zu übernehmen haben, dass sie pro domo und im Namen des in seiner Zerrüttung verschwundenen Konsumenteninteresses die behauptete Gebrauchsgegenständlichkeit in die Länge und Breite einer sie zu widerlegen geneigten Faktizität beschwören, die prätendierte Naturbasis im Detail einer sie zu tilgen geeigneten nature morte aufspüren müssen. Und dies genau tun sie auch in der Reklame: Sie reklamieren das gelähmte Bedürfnis und zerrüttete Interesse der Konsumenten für etwas, für dessen gebrauchsgegenständliche Beziehung aufs Bedürfnis, für dessen naturfundamentalen Anspruch aufs Interesse einzig und allein sie selber einstehen, einzig und nur sie selber mit jener beschwörerisch detaillierten Demonstration oder eidesstattlich ausgebreiteten Beweisführung, aus der ihre Reklamation besteht, Gewähr bieten; und sie reklamieren das gelähmte Bedürfnis und zerrüttete Interesse so, dass sie es nicht etwa bloß in der Erwartung, es zu einer Reaktion bewegen zu können, ansprechen, bestürmen, provozieren, sondern vielmehr im Bewusstsein, es zur Imitation ermuntern zu müssen, darstellen, vertreten, simulieren.
Was die Warenbesitzer zu diesem Simulations- oder Suggestionsverhalten nötigt, ist die paradox-besondere Situation eines Bedürfnisses und Interesses, das durch eben die Realität, deren animierende Wirkung und fesselnden Charakter es anerkennen und gelten lassen soll, sich doch gerade gelähmt und zerrüttet findet. Diese außerordentliche Situation zwingt die Warenbesitzer zu einer Verständigungsform, bei der sie sich nicht damit begnügen können, den Gesprächspartner einfach anzusprechen und zur Stellungnahme zu bewegen, sondern sich vielmehr dazu bequemen müssen, seinen Gesprächspart mehr oder weniger mit zu übernehmen und ihn als Advokat und Fürsprecher weitgehend zu vertreten. Dergestalt situationsspezifisch begründet, erscheint nun aber diese Fürsorglichkeit, die im Zuge ihres qua Reklame praktizierten Verständigungsversuchs die Warenbesitzer den Konsumenten angedeihen lassen, in einem wesentlich anderen Licht als weiter oben, wo sie bereits bemerkt und als augenscheinliche Abweichung vom Modell normalsprachlicher Verständigung registriert wurde. Dort galt ja die in actu der reklamatorischen Verständigungssituation von den Warenbesitzern an den Tag gelegte aufopferungsvolle Fürsorglichkeit gegenüber den Konsumenten, diese von ihnen in Ansehung der Konsumenten übernommene selbstlose Stellvertretungsfunktion, bloß als Ausdruck der Flüchtigkeit und Unwahrheit ihres Interesses an der reklamatorisch besprochenen Realität, das heißt als Symptom der ebenso offenkundigen wie stillschweigenden Absicht der Warenbesitzer, den im Namen der Konsumenten simulierten Gegenstand der Verständigung so bald als möglich wieder loszuwerden und durch eine ihrem wahren, systematisch-kapitalistischen Interesse gemäßere Wirklichkeit, durch Wertkörper, Geld, zu ersetzen. Jetzt hingegen zeigt sich, wie, unbeschadet der in intentional-dynamischer Hinsicht fraglosen Richtigkeit solcher Diagnose, diese qua Reklame exerzierte simulatorische Selbstlosigkeit und platzhalterische Suggestionsbereitschaft der Warenbesitzer eine im existentiell-strukturellen Sinn vordringlichere und grundlegendere Bedeutung hat und nämlich das für Verständigung durch Reklame generell bestimmende factum brutum widerspiegelt, dass hier Ausgangspunkt der Verständigung, Prämisse des Gesprächs, eine prinzipielle Bedrohung des Gegenstands der Verständigung als solchen, eine fundamentale Gefährdung der zu besprechenden Realität selbst ist, dass diese Realität nur in dem Maß überhaupt noch als vorhanden gelten kann, wie es den Warenbesitzern kraft selbstloser Simulation oder aufopferungsvoller Advokatur gelingt, sie im Zuge des reklameförmigen Gesprächs den Gesprächspartnern, den Konsumenten, als deren eigenen Interessenpunkt vorzumachen und als sie selbst betreffendes Bedürfnisobjekt zu suggerieren. Weil die Gebrauchsgegenständlichkeit, für die die Warenbesitzer die Konsumenten reklamieren, die Realität, über die sie mit den Konsumenten eine als bedürfnisbezogenes Anerkennungsverfahren oder als interessenbestimmter Realisierungsprozess wohlverstandene Verständigung herbeiführen wollen, in Gestalt der warenförmigen Produktenmasse und –vielfalt, in der sie unmittelbar erscheint, diese ihre angestrebte Anerkennung durch das Bedürfnis der Konsumenten gerade systematisch zu hintertreiben und ad absurdum zu führen geeignet ist, diese ihre beim Interesse der Konsumenten nachgesuchte Realisierung gerade prinzipiell zu verunmöglichen und auszuschließen sich zeigt, bleibt den Warenbesitzern gar nichts anderes übrig, als in eigener Person für die Konsumenten die Stellung zu halten, höchstpersönlich in ihre Rolle zu schlüpfen, selber sich ihr Bedürfnis und Interesse zu eigen zu machen, um stellvertretend für sie und als ihr ebenso selbstverleugnender wie selbsternannter Sachwalter jene von der Schwindsucht heimgesuchte Gebrauchsgegenständlichkeit und Naturbasis als in eben der Warenmasse, die sie zum Verschwinden bringt, dennoch existent vorzuführen, jene von Vernichtung bedrohte Bedürfnisbeziehung und interessierende Realität als in eben der Produktenvielfalt, die sie zu annullieren droht, dennoch vorhandene nachzuweisen und so am Ende die Konsumenten selbst zur Anerkennung des ihnen mit stellvertretend eigenen Augen solcherart Vorgeführten zu reanimieren respektive zur Wahrnehmung des ihnen im sachwalterisch simulatorischen Quidproquo solcherart Nachgewiesenen zu remotivieren.
Mögen indes die Warenbesitzer das Bedürfnis und Interesse der Konsumenten sich noch so sachwalterisch-fachkundig und simulatorisch-ausführlich zu eigen machen – ihr eigenes ist und wird es deshalb noch lange nicht. Vielmehr zielt ihr eigenes Bedürfnis einzig und nur darauf ab, das fremde Bedürfnis, dessen simulatorische Stellvertretung und fürsorgliche Advokatur sie sich angelegen sein lassen, nach Möglichkeit rasch wieder seinen wahren Repräsentanten, eben den Konsumenten, zurückzuerstatten, bleibt ihr eigenes Interesse strikt darauf beschränkt, dies andere Interesse, dessen sie sich in der Absicht seiner Reanimierung und Remotivierung annehmen, den wirklichen Interessenten, eben den Konsumenten, baldestmöglich erneut zu vermitteln. Nichts anderes führen sie mit all ihrer stellvertretend-ausführlichen Wahrnehmung dessen, was das Bedürfnis dennoch erregen soll, mit all ihrer fürsorglich-simulatorischen Kultivierung dessen, was das Interesse allem zum Trotz erwecken soll, im Schild als das, wozu das Ganze ja auch namentlich sich erklärt: Reklame – Reklame nämlich in dem bestimmten Verstand und in der wortwörtlichen Bedeutung einer Reklamation, einer beschwörenden Inanspruch- oder suggestiven Indienstnahme der wirklichen Interessenten und wahren Bedürftigen, eben der Konsumenten selber, für dies von ihnen, den Warenbesitzern, ausschließlich stellvertretend Wahrgenommene und einzig und bloß fürsorglich Kultivierte. Mögen wegen der für Reklame maßgebenden paradoxen Ausgangssituation, nämlich wegen der konstitutionellen Zweifelhaftigkeit und existentiellen Ungewissheit des Gegenstands, für den die Konsumenten reklamiert werden sollen, die Modalitäten der um dieser Reklamation willen von den Warenbesitzern angestrengten Verständigung sich auch noch so außergewöhnlich gestalten, mag insbesondere die dabei von den Warenbesitzern in aller Ausführlichkeit bewiesene Bereitschaft, jenes spezifische Verhältnis zum Gegenstand, das das der reklamierten Konsumenten sein soll, erst einmal vielmehr simulatorisch sich zu eigen zu machen und selber beispielhaft zu vertreten – mag also diese Simulationsbereitschaft der Warenbesitzer noch so sehr aus dem Rahmen einer normalen Verständigungsprozedur fallen, an der qua Reklame ausgemachten Zielsetzung ändert sich dadurch nicht das Geringste, Ziel der Verständigung ist und bleibt die Reklamation der Konsumenten, ist und bleibt eben dies, die Konsumenten zur Anerkennung einer ihnen eigentümlichen Bedürfnisbeziehung zum Gegenstand zu bereden, sich mit ihnen über ihr eigenes interessiertes Verhältnis zum Gegenstand zu verständigen. Mögen also, weil im Reklamefall das, wofür die Konsumenten gewonnen werden sollen, die in den Waren präsente Gebrauchsgegenständlichkeit beziehungsweise in den Werterscheinungen existente Naturbasis, ja gerade das wesentlich Problematische oder in Wirklichkeit Fehlende ist, die Warenbesitzer noch so sehr gezwungen sein, der Verständigung über diesen Gegenstand zugleich die Form einer ihn sinnenfällig inszenierenden reellen Darbietung, wo nicht gar die Gestalt einer ihn magisch konstituierenden existentiellen Beschwörung zu verleihen, und mögen sie in diesem Bemühen selber noch so sehr die Pose einer originären Bedürftigkeit einnehmen und sich die Miene einer höchstpersönlichen Interessiertheit geben – Tatsache ist und bleibt, dass ihr nicht-simuliert eigenes Bedürfnis und nicht-stellvertretend persönliches Interesse nicht der in den Waren eigenhändig durch sie inszenierten Gebrauchsgegenständlichkeit, der in den Werterscheinungen höchstpersönlich von ihnen beschworenen Naturbasis, sondern ausschließlich dem nach dieser Gebrauchsgegenständlichkeit zu erregenden Bedürfnis und an dieser Naturbasis zu erweckenden Interesse der Konsumenten gilt.
Kein anderes als eben dies Bedürfnis, die Konsumenten ein Bedürfnis nach der reklameförmig beschworenen Gebrauchsgegenständlichkeit und Naturbasis der Waren und Werterscheinungen gewinnen zu lassen, motiviert die Warenbesitzer in ihrer mit den Konsumenten angestrengten Verständigung. Ein über dieses Bedürfnis nach dem Bedürfnis der Konsumenten hinausgehendes nicht-simulatorisch eigenes Bedürfnis nach dem Gegenstand selber haben, entgegen aller in actu der Reklamation gegenteiligen Suggestion und allen im Augenblick der Verständigung anderslautenden Bekundungen zum Trotz, die Warenbesitzer definitiv nicht. Oder vielmehr haben sie, genauer gesagt, nicht nur kein positives Bedürfnis nach ihm, sondern ein Bedürfnis geradezu nach seiner definitiven Negation, nicht nur kein spezifisches Interesse an ihm, sondern ein Interesse ganz im Gegenteil an seiner Entspezifizierung und Vernichtung. Die von den Warenbesitzern mit den Konsumenten angestrengte Verständigung über eine in den Waren dennoch existente Gebrauchsgegenständlichkeit und in den Werterscheinungen dennoch vorhandene Naturbasis dient ja dem ausgemachten einzigen Zweck, diese qua Verständigung reaffirmierte leibhaftige Gebrauchsgegenständlichkeit und erscheinende Naturbasis so rasch wie möglich loszuwerden, abzustoßen, sich aus den Augen zu schaffen. Anders gesagt, dient die reklamesprachliche Verständigung mit den Konsumenten den Warenbesitzern dazu, die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass der scheinbar affirmierte Gegenstand der Verständigung seiner im System der Warenbesitzer tatsächlichen Nichtigkeit überführbar, das heißt als wesenloser Schemen, als bloß natürlicher Schein, tilgbar und durch sein Sein als Wert, seine wahre gesellschaftliche Realität, substituierbar wird. Und in der Tat ist es diese – nicht etwa bloß als subjektive Indifferenz gegenüber dem Gegenstand der Verständigung, sondern durchaus als objektive Negativität gegen ihn zu bestimmende, nicht etwa bloß als passives Desinteresse an der Bedürfnisbeziehung, sondern durchaus als aktives Interesse an ihrer Ausschließung zu begreifende – geheime Absicht und essentielle Treulosigkeit der Warenbesitzer, was der von ihnen qua Reklame inszenierten Verständigungsprozedur allererst den skandalösen Charakter und das aller wahren Sprache ins Gesicht schlagende, allem normalsprachlichen Verhalten schlechterdings Hohn sprechende, ebenso widerwärtige wie widersprüchliche, verräterische Gepräge verleiht. Mag, dass bei ihrer reklamatorischen Verständigung mit den Konsumenten die Warenbesitzer kein eigenes Interesse am Gegenstand der Verständigung, sondern Interesse einzig und nur am Interesse der anderen haben und dass sie mehr noch wegen des existentiell Problematischen jenes Gegenstands und wegen der korrespondierenden Ungewissheit des Interesses der anderen gezwungen sind, den letzteren teils objektiv jenen problematischen Gegenstand eigenhändig darzubieten, tatkräftig vorzuführen und anschaulich zu suggerieren, teils subjektiv dieses ihr ungewisses Interesse leibhaftig nahezubringen, simulatorisch vorzumachen und höchstpersönlich zu imputieren – mag dies beides noch so sehr aus dem Rahmen einer normalsprachlichen Verständigung fallen: Weder das eine noch auch das andere ist, für sich genommen, schon ein unüberwindlicher Einwand beziehungsweise unverzeihlicher Verstoß gegen sie, apriori unvereinbar mit ihr. Für sich genommen, sprengt weder die selbstlose Interessenstellvertretungsneigung noch auch die selbstverleugnende Interessensimulationsbereitschaft der Warenbesitzer bereits die Grenzen umgangssprachlicher Verständigung; ließe sich beides doch als ein die Grundlage aller Verständigung, das im Prinzip affirmative Verhältnis aller Beteiligten zum Gegenstand der Verständigung, keineswegs in Frage stellender Ausdruck gleichermaßen einer durch die Selbstlosigkeit der einen Partei ungewöhnlichen Interessenkonstellation und einer durch die Fragwürdigkeit des Gegenstands außerordentlichen Objektlage ohne weiteres noch verstehen. Was allererst das eine und das andere als Symptome einer alle normalsprachliche Verständigung ad absurdum führenden, objektiv verräterischen Veranstaltung der Warenbesitzer erkennbar und die vermeintliche Selbstlosigkeit der letzteren als täuschende Maske, ihre vorgebliche Fürsorglichkeit als feile Larve durchschaubar werden lässt, ist die von den Warenbesitzern in petto gehaltene und ihr Verhältnis zum Gegenstand der Verständigung selbst betreffende, ebenso radikale wie pauschale Kassationsklausel, dies, dass die Warenbesitzer sich über die Realität, über die sie sich mit den Konsumenten verständigen, nur verständigen, um sie im direkten Ergebnis dieser Verständigung als solche irrealisieren, zur Gänze liquidieren und durch etwas toto coelo anderes substituieren zu können, dass sie das, worüber sie sich im reklameförmigen Gespräch mit den Konsumenten affirmativ auseinanderzusetzen und konstruktiv auszutauschen scheinen, in Wahrheit nur affirmieren, um es in der unmittelbaren Konsequenz desto besser negieren, absetzen, austauschen zu können.
Was die Warenbesitzer mit der reklamesprachlichen Verständigung über eine in den Waren dennoch steckende Gebrauchsgegenständlichkeit und verborgene Naturbasis erreichen wollen, ist ja nicht eigentlich deren theoretische Anerkennung durch die Konsumenten, sondern wesentlich die aus solch theoretischer Anerkennung von den Konsumenten gezogene praktische Konsequenz des Warenkaufs, jenes ökonomischen Austauschakts, bei dem um des Erwerbs der als Waren, Werterscheinungen, figurierenden Gebrauchsgegenstände willen die Konsumenten sich bereit finden, das ihnen als Arbeitslohn überlassene Geld, die in ihren Händen befindliche Wertrealität, erneut zu Markte zu tragen und dort zur Disposition zu stellen, mithin aber die ihnen als Konsumenten von den Warenbesitzern im politisch-ökonomischen Prozess zugewiesene Rolle zu spielen, nämlich Wertrealisierung zu betreiben. Wertrealisierung aber bedeutet, als Ersetzung von Schein durch Sein, von Naturalleib durch Wertkörper, von Werterscheinung durch Wertrealität, von Ware durch Geld, die ebenso unendliche wie systematische Extradition und Abstoßung, Negation und Ausschließung aller Gebrauchsgegenständlichkeit und Naturbasis. Insofern also die Warenbesitzer mittels der reklamesprachlichen Verständigung über die Gebrauchsgegenständlichkeit Wertrealisierung anstreben, streben sie in letzter Instanz die Negation eben dessen an, was sie im Medium solch reklamesprachlicher Verständigung gerade zu affirmieren bemüht sind. Kaum dass ihnen gelingt, mittels reklamesprachlicher Verständigung die Konsumenten zur Realisierung des in den Waren, den Werterscheinungen, steckenden Werts zu animieren und zu bewegen, interessiert sie das, worüber sie sich doch gerade mit den Konsumenten reklamesprachlich verständigt haben, nicht im Entferntesten mehr und sind sie nur zu gern bereit und nur zu rasch entschlossen, diesen unmittelbaren Gegenstand der Verständigung, eben den Gebrauchsgegenstand, dem realisierten Wert, um den allein es ihnen zu tun ist, wie Schein dem Sein zum Opfer zu bringen, um nicht zu sagen, wie Schatten dem Licht weichen zu lassen. Und wie könnte das auch anders sein? Die in der Reklame sich beweisende Bereitschaft der Warenbesitzer, den unmittelbaren Gegenstand, diesen qua Gebrauchsgegenständlichkeit naturhaft flüchtigen Schein und sinnenfällig wesenlosen Schemen, überhaupt wahrzunehmen und über ihn gleich wie über eine ernstzunehmende Realität mit den Konsumenten zu sprechen, zu verhandeln, sich zu verständigen, hat ihren Grund ja nur darin, dass in der Konsequenz der historischen Entwicklung, die es beschreibt, das von den Warenbesitzern repräsentierte politisch-ökonomische System über die systemimmanent-funktionelle Negation hinaus, die es der in den Waren steckenden Gebrauchsgegenständlichkeit kraft Wertrealisierung ebenso kontinuierlich wie permanent angedeihen lässt, nun mehr noch sich anschickt, diese Gebrauchsgegenständlichkeit auch und gerade in der Eigenschaft eines systemtranszendent-unabdingbaren Existentials, in ihrer Eigenschaft als conditio sine qua non des Systems, auf der ganzen Linie zugrunde zu richten und ein für allemal zu vernichten. Nur weil mit der Zerstörung und Vernichtung seiner qua Gebrauchsgegenständlichkeit vorhandenen konditionell-äußeren Voraussetzung und existentiell-unabdingbaren Naturgrundlage das kapitalistische System sich selber aus den Angeln zu heben beziehungsweise sich selber den Boden zu entziehen droht, sehen sich die Vertreter des Systems überhaupt veranlasst, diese gebrauchsgegenständliche Voraussetzung und Naturbasis ihrer wie immer auch geteilten Aufmerksamkeit beziehungsweise ihres wie immer auch berechnenden Interesses zu würdigen und sie zum Gegenstand jener reklamesprachlichen Verständigung mit den Konsumenten zu machen, deren Ziel es ist, sie als die – ungeachtet aller Bedrohung – dennoch bestehende Grundlage des Systems zu konsolidieren beziehungsweise als die – aller Gefährdung zum Trotz – dennoch vorhandene Voraussetzung des Systems zu reaffirmieren. Konsolidieren und reaffirmieren aber müssen die Warenbesitzer diese unabdingbare Voraussetzung und existentiale Grundlage zu keinem anderen Zweck als dem ihrer Erhaltung als Objekt einer im Rahmen und Zuge des Systems systematisch-permanenten Negation, zu keinem anderen Zweck als dem, sie in der oben beschriebenen Weise aus dem Systemzusammenhang auch weiterhin ebenso unablässig wie konsequent abstoßen, entfernen, ausschließen zu können. Reaffirmieren müssen die Warenbesitzer die Gebrauchsgegenständlichkeit, damit sie als Motiv für die fortdauernde Partizipation der Konsumenten an jenen als Wertrealisierung bestimmten politisch-ökonomischen Transaktionen erhalten bleibt, die doch nichts anderes sind als eine permanente Verleugnung beziehungsweise ununterbrochene Verwerfung eben des sie auslösenden Motivs, eben der Gebrauchsgegenständlichkeit.
So gesehen, macht sich die diese Konsolidierung der transzendenten Gebrauchsgegenständlichkeit zu vollbringen, diese Reaffirmation der Naturbasis des Systems zu leisten berufene reklamesprachliche Verständigung einer abgrundtiefen Doppelzüngigkeit, eines unheilbar verräterischen Verfahrens schuldig. Indem Sprache als Reklame etwas als Gegenstand öffentlicher Verständigung bejaht, nur damit es auch weiterhin als Moment marktmäßigen Austauschs verneint werden kann, etwas zu dem erklärt einzigen Zweck in seiner Existenz hervorhebt und bestätigt, dass nach altem Muster über diese seine Existenz das kapitale Urteil gefällt und rücksichtslos hinweggegangen werden kann, macht sie einer schändlichen Treulosigkeit sich schuldig, eines Vergehens wider Treu und Glauben ihres eigenen Daseins, einer Sünde wider den Geist, dem sie selber entspringt. Als eine Verständigung, die im Dienst eines nichts als Werte realisierenden Austauschs die Aufgabe hat, Bedürfnisse zu reklamieren, begeht sie die Perfidie und den Selbstverrat dessen, der Gastrecht verleiht, um es zu verletzen, der den Schutz, den er gewährt, zur Falle werden lässt, der Leben erhält, Positivität kreiert, damit Leben zerstört, Negativität gespeist werden kann. Und in diesem Sinn ist denn auch reklamesprachliche Verständigung von aller normalsprachlichen Verständigung himmelweit entfernt, ebenso weit entfernt wie Zynismus von gutem Willen, Verrat von der Treue, falsch Zeugnis vom Wahrsagen, Missbrauch vom Gebrauch. Weil in der Konsequenz seiner immanenten Entwicklung das kapitalistische System dazu tendiert, die von ihm gegen seine eigene Naturbasis, die Gebrauchsgegenständlichkeit seiner Produkte, routinemäßig geübte systematisch-funktionelle Negation in eine jene Naturbasis in toto ereilende und damit ihm, dem System selber, den Boden entziehende existentiell-systematische Vernichtungskampagne umzumünzen, wird qua Reklame Sprache vom System systematisch dazu missbraucht, kraft der ihr eigenen Positivität und Beschwörungskraft diese der Gebrauchsgegenständlichkeit durchs System drohende Gefahr pauschaler Vernichtung zu bannen, mithin aber die Gebrauchsgegenständlichkeit dem System in eben der Form und Verfassung zu erhalten und zu reaffirmieren, in der sie ihm weiterhin als Objekt seiner systematisch-funktionellen Negationstätigkeit, weiterhin als das Opfer, auf das als ein ständig zu bringendes es bauen und auf dem als dem fortwährend gebrachten es aufbauen kann, zur Verfügung steht. Wie könnte ein solch systematisch-missbräuchliches Beschwören, ein derart doppelzüngig-zynisches Bejahen normalsprachlich heißen?
Dabei ist das Systematisch-Umfassende dieses Missbrauchs der Sprache, das Paradigmatisch-Durchdringende des Zynismus dieser Verständigung, in der Tat das entscheidende Novum und auszeichnende Charakteristikum der hier erörterten Reklame modernen Zuschnitts oder spätkapitalistischer Provenienz. Reklamesprachliche Verständigung in der angegebenen Grundbedeutung einer Reklamation von Bedürfnissen um des Verrats dieser Bedürfnisse willen, einer Reaffirmation von Gebrauchsgegenständlichkeit um ihrer Extradition und Preisgabe willen, ist ja keine Erfindung des kapitalistischen Systems. Solange es Warenhandel und Märkte gibt, gibt es schon Waren mit sei's situativ, sei's objektiv zweifelhafter beziehungsweise fehlender Gebrauchsgegenständlichkeit. Und solange es schon Waren ohne Gebrauchsgegenständlichkeit gibt, gibt es auch bereits den mit der Sprache Missbrauch treibenden, marktschreierischen Versuch des Beredens und Beschwörens dieser zum Warentausch fehlenden Bedürfnisbeziehung und Naturbasis, mithin Reklame. Aber diese Fälle einer marktinternen Reklamation von Gebrauchsgegenständlichkeit bleiben Einzel- und Ausnahmefälle, behalten im Verhältnis zum Ganzen des Markts marginalen Charakter, sind – wie häufig oder regelmäßig sie auch unter Umständen auftreten und wie sehr sie durch ihre Lautstärke und Farbigkeit gelegentlich auch hervorstechen mögen – nicht etwa auf die marktmäßigen Warenansammlungen in genere, sondern allemal bloß auf spezielle Waren gemünzte und nicht etwa dem Marktsystem als solchem, sondern allemal bloß der Privatinitiative des einen oder anderen seiner Repräsentanten entspringende Unternehmungen. Genau das ändert sich, wenn das zum kapitalistischen Verwertungszusammenhang sich entfaltende Marktsystem selber in der natürlichen Konsequenz und mit der inneren Logik seiner Entfaltung anfängt, die Gebrauchsgegenständlichkeit seiner Produktion, mithin aber seine qua Bedürfnisbeziehung vorausgesetzte eigene Naturbasis, automatisch ad absurdum zu führen und systematisch zugrunde zu richten. In dem Maß, wie dies geschieht, wie also das System systematisch Gebrauchsgegenständlichkeit vernichtet, muss Reklame als der mit Mitteln sprachlicher Verständigung unternommene Versuch, die von existentieller Vernichtung bedrohte Gebrauchsgegenständlichkeit so weit zu reaffirmieren und am Leben zu erhalten, dass sie als das für die.funktionelle Negationstätigkeit des Systems grundlegende Objekt, das für die systemkonstitutive Wertrealisierung unentbehrliche Opfer, weiterhin zur Verfügung steht und die gewohnten Dienste leistet, eine entsprechend systematische Bedeutung erlangen. Und indem sie solcherart in Korrespondenz zu dem Schaden, den sie zu reparieren bestimmt ist, sich systematisiert, verändert Reklame sowohl quantitativ als auch qualitativ ihren Charakter. Quantitativ wird die reklamesprachliche Verständigung aus einem kontingent besonderen Ereignis der Zirkulation zu deren stereotypem Regelfall, aus einem akzidentiellen Moment zum essentiellen Bestandteil des Warentauschs, aus einem symptomatischen Randphänomen des Markts zu dessen systematischer Begleiterscheinung. Das heißt sie gewinnt jene für die Moderne charakteristische Totalität und Allgegenwart, die das zu Anfang verwendete Diktum von einer Versprachlichung des Markts voll und ganz gerechtfertigt erscheinen lässt.
Aber entscheidender noch ist die qualitative Veränderung, der sie hierbei unterliegt und in deren Verlauf sich ihr objektives Verhältnis, ihre Beziehung zu der von ihr reaffirmierten Gebrauchsgegenständlichkeit, grundlegend neu definiert. Solange die reklamesprachliche Verständigung noch ein im Marktzusammenhang kursorisch okkurierender Einzelfall ist, ist die von ihr reaffirmierte Gebrauchsgegenständlichkeit und Naturbasis in specie zwar vielleicht fraglich oder gar nicht gegeben, in genere aber die wirkliche und vorhandene substantielle Voraussetzung und existierende Grundlage des Systems. Das heißt, sie ist die Macht im Hintergrund des Marktsystems, an die als an eine systemtranszendente reale Größe, eine systemunabhängige eigenständige Gattung, die Warenbesitzer sich halten, um im Zweifelsfall, der der Einzelfall ist, eine bestimmte Ware als ein ihr zuzurechnendes Exemplar sich eigens von ihr bestätigen, als gattungskonformen Gebrauchsgegenstand sich explizit durch sie substantiieren zu lassen. Zwar tun die Warenbesitzer das auch hier schon im Zweifelsfall nur, um dann das solcherart bestätigte Gattungsmerkmal, die solcherart substantiierte Gebrauchsgegenständlichkeit, desto besser in der gewohnten Weise negieren, nach altem Muster verraten und verkaufen zu können, mithin in entschieden betrügerisch-missbräuchlicher Absicht; aber insofern sie es eben nur im Einzelfall tun, bleibt das, was sie verraten und verkaufen, auch immer nur ein Exemplar, eine einzelne Erscheinung der als reale Macht vorausgesetzten Gattungsinstanz und bleibt von daher auch der an jener Macht in specie ihres existentiellen Erscheinens geübte bewusste Verrat immer zugleich eine jener Macht in genere ihres substantiellen Bestehens gezollte unwillkürliche Anerkennung. In dem Maß indes, wie die reklamesprachliche Verständigung eine dem System, dem sie dient, korrespondierende systematische Bedeutung gewinnt und aus einem kontingenten Sonderfall zur regulären Begleiterscheinung des Marktzusammenhangs wird, ändert sich das. Die Erhebung der Reklame zum omnipräsenten Moment und systematischen Bestandteil des kapitalistischen Systems ist ja Folge und Ausdruck der allgegenwärtig-umfassenden Gefährdung, der in der logischen Konsequenz seiner Entfaltung das System seine eigene substantielle Voraussetzung beziehungsweise seinen eigenen natürlichen Grund und Boden aussetzt. Genau in dem Maß, wie das kapitalistische System seine qua Gebrauchsgegenständlichkeit und Bedürfnisbeziehung eigene conditio sine qua non und Naturbasis systematisch mit Vernichtung bedroht, wächst der Reklame die Aufgabe zu, das derart systematisch von Vernichtung Bedrohte ebenso systematisch zu reaffirmieren beziehungsweise das derart total in die Gefahr des Untergangs Gebrachte nicht minder totalisierend zu konsolidieren. Aber dieser totalisierende Zug und systematische Charakter verleiht nun der Reklame einen ganz und gar neuen Modus und Sinn. Als eine Tätigkeit, die aufs Ganze der bedrohten Voraussetzung geht, oder als eine Veranstaltung, die auf die gefährdete Naturbasis als solche zielt, kann Reklame die Reaffirmation der Gebrauchsgegenständlichkeit und Konsolidierung der Bedürfnisbeziehung nicht mehr auf die Art betreiben und in der Weise sicherstellen, dass sie den Zweifelsfall, der der Einzelfall ist, im Sinne eines Rückverweises des zweifelhaften Exemplars an die existierende Gattung klärt beziehungsweise im Modus einer Reintegration der vordergründigen Erscheinung in ihren substantiellen Hintergrund löst. So gewiss vielmehr die Bedürfnisbeziehung durch die Entwicklung des kapitalistischen Systems systematisch, und das heißt auch und gerade in ihrer generischen Existenz, bedroht, und so gewiss also die Gebrauchsgegenständlichkeit durch die Entfaltung der kapitalistischen Totalität total, und das heißt auch und gerade als die grundlegende Substanz, gefährdet ist, so gewiss inszeniert jetzt die qua Reklame betriebene Reaffirmationstätigkeit und Konsolidierungsveranstaltung in jedem einzelnen Fall die Gebrauchsgegenständlichkeit überhaupt, produziert sie die Bedürfnisbeziehung als solche. Reklame kann, mit anderen Worten, was sie im Einzelfall reaffirmiert, nicht mehr generisch voraussetzen, kann, was sie in Exemplaren konsolidiert, nicht mehr als substantiell gegeben annehmen, sondern es ist auf jeden Fall, was sie reaffirmiert, ihre generisch eigene Setzung, was sie konsolidiert, ihre exemplarisch eigene Supposition. Jene Gebrauchsgegenständlichkeit und Bedürfnisbeziehung, die die Reklame zu reaffirmieren und zu konsolidieren dient, hört auf, eine als Gattung subsistierende reale Macht im Hintergrund zu sein, auf die als auf eine Zuversicht und Stärke verleihende Beglaubigungsinstanz sie sich im Zweifelsfall, der ein Einzelfall ist, nur zu berufen und die als Kraft und Leben spendenden Legitimationsquell sie gegebenenfalls nur zu zitieren braucht, und verwandelt sich vielmehr in eine veritable Leiche im Keller, die sie in jedem einzelnen all der Fälle, die zweifelhaft sind, eigenmächtig beschwören und eigenhändig zur Scheinlebendigkeit und Pseudoevidenz eines fälligen Revenants und exemplarischen Geists aus der Flasche erwecken muss.
Verwandelt sich so aber im Zuge der Systematisierung und Totalisierung reklamesprachlicher Verständigung die Gebrauchsgegenständlichkeit aus einer im Einzelfall bloß zur Geltung gebrachten substantiellen Voraussetzung in eine in jedem einzelnen Fall von der Reklame eigenhändig vorgenommene funktionelle Setzung, aus einem fürs Exemplar beispielsweise zitierten ontologischen Universal in ein im Exemplar exemplarisch beschworenes phänomenologisches Existential, so erhält auch der Verrat, dem im unmittelbaren Anschluss an ihre reklamesprachliche Reaffirmation die Gebrauchsgegenständlichkeit zum Opfer fällt, die Negation, um derentwillen sie ja überhaupt nur reaffirmiert wird, ein gänzlich anderes Ansehen. Jetzt erst, als Negation eines von der Reklame nicht mehr bloß im Exemplar Vorausgesetzten, sondern exemplarisch Gesetzten, nicht mehr bloß Zitierten und mit eigenem Munde Bezeugten, sondern förmlich Beschworenen und aus eigener Kraft Erzeugten, gewinnt dieser Verrat eben den Zug von manifestem Selbstverrat, von Sünde wider den feierlich beschworenen eigenen Sprachgeist, der als für die Physiognomie der modernen Reklame bestimmendes Charakteristikum zuvor behauptet wurde. Solange die mittels Reklame reaffirmierte Gebrauchsgegenständlichkeit, die der Reklamierende bloß reaffirmiert, um sie zu negieren, noch nur erst einzelnes Exemplar einer realen Gattung ist, die als von ihm unabhängige Substanz der Reklamierende voraussetzt und auf die als selbständig allgemeine Macht im Hintergrund er sich im Einzelfall stützt und beruft – so lange mag jener verräterische Widerspruch zwischen Reaffirmation und Negation noch als bloße, aus Eigennutz begangene Inkonsequenz, als die lässliche Verfehlung eines einzelnen Wort- und gelegentlichen Treuebruchs, als das tadelnswerte Vergehen dessen, der aus moralischer Schwäche in specie verneint, was er in genere bejaht, kurz, als empirische Unwahrhaftigkeit durchgehen. Nun aber, da das, was nach ihrer systematischen Wendung die Reklame reaffirmiert, die Gebrauchsgegenständlichkeit in genere nicht weniger als in specie, die in jedem einzelnen Fall exemplarisch beschworene Sache selbst, die überhaupt nur in den exemplarischen Akten dieser ihrer Reaffirmation gesetzte und zur realen Existenz gebrachte oder zumindest zu phänomenalem Leben erweckte Gattung als solche ist – nun kann jener verräterische Widerspruch nurmehr als ein dem Reklamierenden voll und ganz anzulastender manifester Selbstwiderspruch und –verrat, als unentschuldbare Perfidie gegen den von ihm selber lauthals beschworenen und eigenhändig gestifteten Zusammenhang, als die von gelegentlicher Inkonsequenz weit entfernte umfassende Indolenz, die von bloß empirischer Schwäche fundamental getrennte systematische Korruptheit dessen sich darstellen, der mit vollem Bewusstsein sprachlich Leben erhält, Positivität kreiert, um sachlich Leben zu zerstören, Negativität speisen zu können; der bei vollem Verstand das öffentliche Interesse sprachlicher Verständigung dem privaten Vorteil kapitaler Wertbildung dienstbar werden lässt und zum Opfer bringt, kurz, der sich ebenso rücksichtslos wie zynisch und ebenso zielstrebig wie systematisch des Verbrechens wider Treu und Glauben normalsprachlicher Verständigung unter den Menschen, der Todsünde wider den Geist der Sprache schuldig macht