5. Das Provinzialsystem
In der langdauernden Auseinandersetzung zwischen Rom und Karthago siegt das Bauernheer über die Söldnerarmee. Die durch den Sieg über Karthago neueroberten Regionen drängen den Römern andere, direktere Herrschafts- und Aneignungsformen auf, als sie bis dahin im Rahmen bundesgenossenschaftlicher Hegemonie praktiziert wurden.
Und es ist nun also diese in ihrer doppelten Bereicherungsstrategie, ihrer Kombination aus kommerziellem Austausch und zwangswirtschaftlicher Aneignung ebenso stabile wie schief gewickelte Handelsrepublik, der die römische Republik ins Gehege kommt, als sie die Eroberung Unteritaliens beendet hat und ihr begehrliches Auge auf Sizilien und die anderen Inseln richtet. Die Karthagische Republik ist es, die durch ihre dominante Präsenz die bis dahin von der Römischen Republik verfolgte Expansionsstrategie eines die Forderung nach völliger ökonomischer Integration mit der Gewährung relativer politischer Autonomie verknüpfenden Föderalismus durchkreuzt oder jedenfalls suspendiert und Rom zwingt, sich in strategischer Hinsicht gänzlich neu zu orientieren oder, besser gesagt, das ganze Problem der strategischen Orientierung bis nach Beendigung der kritischen Konfrontation mit der konkurrierenden Macht zu vertagen. Was nach traditioneller Vorgehensweise Rom den neuen Gebieten, in die es sich anschickt einzudringen, ökonomisch antragen würde, nämlich ihre Einbindung in ein umfassendes kommerzielles Austauschsystem, bedeutet diesen nichts, weil sie in Form der Zugehörigkeit zum System der karthagischen Handelsrepublik bereits eingebunden sind. Und was nach jener Vorgehensweise Rom diesen neuen Gebieten, in denen es sich als Hegemonialmacht etablieren möchte, politisch bieten könnte, nämlich eine relative föderale Autonomie, die Stellung eines Sozius der Römischen Republik, damit können sie nichts anfangen, weil sie gar keine unabhängigen politischen Gebilde mehr darstellen, sondern territorialer Bestandteil des karthagischen Imperiums sind. So gewiss den Römern in den Gebieten, auf die sie ein Auge geworfen haben, mit Karthago eine als ihr eigenes Vexierbild erscheinende überregionale, um nicht zu sagen imperiale, militärisch gerüstete und kommerziell organisierte Macht engegentritt, so gewiss ist jeder römische Versuch, mit den Gebieten nach gewohntem Schema zu kontrahieren, ein Affront gleichermaßen gegen die Wirklichkeit und die Ansprüche jenes Gegenüber und muss zwangsläufig zu kriegerischen Auseinandersetzungen darum führen, wer als hegemoniale oder imperiale Macht das Feld behaupten und ebenso sehr seine Herrschaftsstrategien zur Geltung wie seine Bereicherungsmechanismen zum Tragen bringen kann.
Die Langwierigkeit und wiederholungsträchtig-phasenförmige Verlaufsform der Kämpfe, ihre über ein Jahrhundert sich hinziehende Insistenz lässt dabei deutlich werden, wie vexierbildlich ähnlich und ebenbürtig die Gegner einander sind und wie kategorisch ihre vom Expansionsbedürfnis geprägte Existenz sich wechselseitig ausschließt. Dass die Römische Republik letztlich über die Karthagische triumphiert, dürfte dabei in der Hauptsache der beschriebenen verschiedenartigen sozialen Konstitution und ökonomischen Fundierung ihrer beiden Streitmächte, das heißt, dem Gegensatz zwischen Bauernheer und Söldnerarmee, sowie der mit diesem Gegensatz eng verknüpften Unterschiedlichkeit des taktischen Konzepts und expeditorischen Elans geschuldet sein. Zwar in der ersten Phase des Konflikts, dem vor Ort des unmittelbaren Streitobjekts Sizilien ausgefochtenen Ersten Punischen Krieg, ist es noch eher ein äußerer Umstand, die Unterstützung, die Rom bei den alten Konkurrenten Karthagos, den griechischen Kolonien auf der Insel, findet, was die italische Hegemonialmacht das Übergewicht über die afrikanische Imperialmacht erlangen lässt. Aber indem nun die aus Sizilien vertriebenen Karthager die gleiche Flexibilität und Mobilität beweisen, die sie auch schon bei ihren früheren Auseinandersetzungen mit den griechischen Kolonien an den Tag gelegt haben, und nach Westen, nach Spanien, ausweichen, um dort in aller Eile Kompensation für die erlittenen Gebietsverluste zu suchen und mit den Mitteln ihrer Söldnerarmee weitere Eroberungen zu machen und neue Reichtumsquellen zu erschließen, wird deutlich, wie sehr sich die disponiblen, zu weiträumigen Expeditionen auf Flottenbasis fähigen Vollzeitkrieger Karthagos von den schwerfälligen, auf territoriale Feldzüge in Kampagneform geeichten römischen Bauernsoldaten unterscheiden.
Vollends eklatant wird der Unterschied, als Hannibal das landgewinnende Ausweichmanöver Karthagos in eine revanchesuchende Zangenbewegung überführt und den Römern ins Haus fällt, bis an die Tore Roms vorrückt. Die mit all ihrer Mobilität und kriegshandwerklichen Professionalität einen Überraschungsangriff führenden karthagischen Truppen spielen auf italischem Boden ihre ganze militärische Schlagkraft und taktische Überlegenheit aus und fügen den Römern die verheerendsten und schmerzlichsten Niederlagen ihrer Geschichte bei. Aber wie der Zweite Punische Krieg die Stärke der karthagischen Streitmacht unter Beweis stellt, so lässt er auch ihre am Ende kriegsentscheidende Schwäche deutlich werden. Stark ist diese Streitmacht nur, solange ihre Besoldung stimmt und solange genügend Geld für die Flotte, das weitgespannte System von Stützpunkten und die Logistik da ist, die allein der Streitmacht ihre Mobilität und Schlagkraft verleihen. In dem Maße aber, wie der Krieg in Italien andauert und die karthagische Überlegenheit sich nicht in ein kriegsentscheidendes Übergewicht umsetzen lässt, geht den Karthagern das Geld für ihre Unternehmung aus und beginnt es, mit der Flottenunterstützung, dem Nachschub, der Loyalität der auf ihren Sold wartenden Truppen zu hapern. Und dies um so rascher, als die Streitmacht ja eben wegen des zu führenden Krieges in ihrer Rolle als Reichtumsbeschaffer, als Requisiteur und Ausbeuter von Naturschätzen und Arbeitskräften, ausfällt und weder für eine ertragreiche Bewirtschaftung der Staatsgüter noch für eine effektive Verwertung der Zinn- und Silberminen Sorge tragen kann.
In einer Situation der Mittelknappheit aber kann die Römische Republik militärisch besser überleben als die Karthagische. Anders als die römischen Truppen, die sich durch Rückgriff auf die eigene bäuerliche Bevölkerung und durch Inanspruchnahme bundesgenossenschaftlicher Kontingentierungsverpflichtungen immer wieder auffüllen lassen und die zudem der Republik eine über die Liebe zum Geld hinausgehende Loyalität beweisen, weil sie selber Teil des republikanischen Gemeinwesens sind, hat das karthagische Söldnerheer in der Liebe zum Geld und der Aussicht auf Kriegsbeute den einzigen Grund, der es zur Loyalität gegenüber der Republik Karthago verhält; bleibt der Sold aus und verflüchtigt sich die Aussicht auf Beute, so entfällt mit dem Loyalitätsgrund zugleich auch die Basis für die Wiederauffüllung des Heeres durch Rekrutierung neuer Soldaten. Das heißt, die karthagische Söldnerarmee erlebt aufgrund ihrer sozialen Fremdbürtigkeit und ökonomisch ausschließlichen Fundierung im Geld einen Auflösungs- und Austrocknungsprozess, sobald der Republik die Geldmittel ausgehen, während das römische Bundesheer dank seiner sozialen Homogenität mit dem Gemeinwesen, dem es dient, und seiner wie sehr auch bescheidenden und gefährdeten Teilhabe am sächlichen Besitzstand des Gemeinwesens über die Zahlungsfähigkeit der Republik hinaus seine Stellung hält. All ihrer militärischen Mobilität und taktischen Überlegenheit zum Trotz unterliegen am Ende eines wegen der kräftemäßigen Ebenbürtigkeit der Gegner lang hingezogenen Ringens die auf Basis eines rein finanziellen Kontrakts, auf Soldbasis, operierenden fremdbürtigen Kriegshandwerker Karthagos den durch Sozialkontrakt, durch das Versprechen konkreter ökonomischer Kompensation, aus den Reihen des Gemeinwesens rekrutierten Bauernsoldaten Roms und machen so den Weg dafür frei, dass nach einer weiteren halbhundertjährigen Schlussdemontage der im Prinzip bereits geschlagenen Karthagischem Republik die Römische Republik als alleinige Hegemonialmacht das mittelmeerische Feld behauptet.
Vom imperialen Konkurrenten vor Ort befreit, können nun also die Römer in den Gebieten, auf die sie ein begehrliches Auge geworfen und die sie bereits beim ersten militärischen Anlauf den Karthagern entrissen haben, auf Sizilien und den anderen Inseln, ihre hegemonialen Ansprüche durchsetzen und ihre damit verknüpften Bereicherungsabsichten verwirklichen. Nachdem sie die Karthagische Republik, die diese Gebiete bislang in ihrem imperial untermauerten kommerziellen System verhielt, aus dem Feld geschlagen hat, kann die Römische Republik nun ihrerseits diese Gebiete dem eigenen kommerziellen Zusammenhang eingliedern und dessen Expropriationsmechanismen unterwerfen. Auf die gewohnte Weise eines die Forderung nach voller ökonomische Integration mit der Gewährung relativer politischer Autonomie verknüpfenden bundesgenossenschaftlichen Anschlusses ihrer Neuerwerbungen an den römischen Staatsverband kann sie allerdings nicht verfahren. Was die Karthager den Römern hinterlassen, sind keine aus sich heraus organisierten Gemeinwesen, keine politisch selbsttragenden sozialen Gebilde, sondern Bevölkerungen, die an die Unterwerfung unter eine ihnen von außen oktroyierte Herrschaft gewöhnt und mit deren zentralistischen Organisations-, Mobilisierungs- und Vereinnahmungsmechanismen vertraut sind. So gewiss die Römer die als karthagische Fremdherrschaft vorgefundene politische Ordnung und soziale Organisationsstruktur zerstören und aus diesen Gebieten vertreiben, so gewiss müssen sie nun an die Stelle der Karthager treten, müssen eine Ordnung eigener Provenienz, eine von ihnen selbst geübte Fremdherrschaft in diesen Gebieten errichten. Eine eingeborene soziale Ordnung und autonome organisatorische Macht, mit der die Sieger kontrahieren und deren Gegebenheiten sie mittels foedus, mittels Bundesschluss, als politische Rahmenbedingungen für ihre ökonomische Integrationstätigkeit gelten lassen könnten, gibt es in den von Karthago geräumten Regionen nicht. Die Römische Republik selbst muss die organisatorischen Rahmenbedingungen für das Übergreifen des römisch-italischen Austauschsystems schaffen, muss als politische Ordnungsmacht dafür sorgen, dass die relativ integrierte, kommerziell orientierte Ökonomie der italisch-römischen Wehrgenossenschaft in diesen Regionen einen neuen Entfaltungsraum findet.
Tritt so aber die Römische Republik das Erbe der Karthagischen an, ersetzt sie die letztere in der Rolle der politisch organisierenden Macht und zentralistisch strukturierenden Herrschaft, so schafft sie zwar in der Tat die Rahmenbedingungen für das als kommerzielle Austauschtätigkeit gewohnte ökonomische Wirken und dessen Bereicherungsmechanismen – nur sind dann diese Rahmenbedingungen gar nicht mehr eindeutig auf ein kommerzielles Austauschsystem gemünzt, gar nicht mehr unbedingt darauf angelegt, der gewohnten Akkumulation von Reichtum durch Handel einen Entfaltungsraum zu bieten, sondern lassen sich ebenso wohl als politische Voraussetzungen für andere, direktere und zugleich effektivere Bereicherungstechniken in Anspruch nehmen. Die bis dahin von den Römern in den jeweils neuen Gebieten entfaltete kommerzielle Aktivität ist ja Antwort auf das dort angetroffene Zugleich von autonomer politischer Struktur und disparaten ökonomischen Beziehungen, von intaktem Sozialorganismus und fragmentarischen Handelskontakten. Dafür, dass die neuen Gebiete der Republik erlauben, sie ins römische Handelssystem zu integrieren, belassen die Römer den neuen Gebieten ihre eigene politische Ordnung und schließen einen bundesgenossenschaftlichen Vertrag mit ihnen, statt sie vollständig zu unterwerfen und sei's zu annektieren, sei's fremdherrschaftlich zu regieren. Die Ausbeutung der neuen Gebiete durch kommerziellen Austausch stellt sich so als ein ökonomischer Kompromiss dar, den deren politische Eigenständigkeit und strukturelle Autonomie erzwingt und dem beide Parteien etwas abgewinnen können, weil die Römer sich zwar in ihren Möglichkeiten, die neuen Gebiete auszubeuten, eingeschränkt sehen, dafür aber auch einen geringeren Aufwand an militärischer Gewalttätigkeit und herrschaftlicher Machtausübung treiben müssen, während die neuen Gebiete sich zwar in relative politische Abhängigkeit von Rom gebracht finden, dafür aber mit neuen konsumtiven Perspektiven und Bereicherungschancen zumindest für Teile der Bevölkerung entschädigt werden.
Dieser Kompromiss indes erübrigt sich bei Regionen wie den von Karthago übernommenen, die über gar keine politische Autonomie und autochthone Ordnung verfügen, zu keiner daraus resultierenden Gegenwehr und Selbstbehauptung imstande sind und vielmehr die relative soziale Strukturlosigkeit und amorphe Plastizität aufweisen, die ein Leben unter Bedingungen imperialer Fremdherrschaft und von außerhalb oktroyierter zentralistischer Verwaltung den betroffenen Populationen verleiht. Warum sollen bei diesen neu eroberten Regionen die Römer den gewohnten Weg der indirekten, kommerziellen Ausbeutung gehen, wo doch die ungehinderte politische Etablierung und bürokratisch-organisatorische Machtübernahme, zu der sie sich in der Nachfolge der Karthager nicht bloß empirisch eingeladen, sondern zwecks Ordnungsstiftung und Friedenserhaltung geradezu moralisch genötigt finden, ihnen ganz andere, direktere Formen der Aneignung fremden Reichtums als Möglichkeit vor Augen rückt. Und nicht nur als Möglichkeit vor Augen rückt, sondern mehr noch in aller durch die karthagische Herrschaft kreierten Wirklichkeit nahe legt! Was die Karthager den Römern hinterlassen, sind neben einem umfassenden staatlichen Besteuerungssystem die mit Hilfe militärischer Gewalt praktizierten Formen einer direkten Ausbeutung von Naturschätzen und menschlicher Arbeitskraft, wie sie die mittels Zwangsarbeit bewirtschafteten Staatsgüter und die von Staats wegen abgebauten Edelmetallgruben unter Beweis stellen. Die Römische Republik braucht sich nur ins gemachte Nest zu setzen, braucht nur die vorhandenen Schablonen direkter, staatlich organisierter ökonomischer Enteignung auszufüllen und neu in Betrieb zu nehmen – vorausgesetzt, es gelingt ihr, auch politisch in die Fußstapfen der Karthagischen Republik zu treten, über die Stellung einer bloßen, militärisch erfolgreichen Streit- und Okkupationsmacht hinauszugelangen und sich als Befriedungs- und Ordnungsmacht dauerhaft zu etablieren, eine fundierte, institutionell gesicherte bürokratische Herrschaft über die neuen Gebiete zu errichten.
Und dass ihr dies tatsächlich gelingt, das gewährleistet die bereits in Süditalien ausgebildete und als gleichermaßen Konfliktlösungs- und Herrschaftssicherungsverfahren praktizierte Landnahmestrategie, die Ansiedlung römischer und bundesgenossenschaftlicher Bürger und die Gründung von Munizipien und Kolonien in den jeweils neu eroberten Gebieten. Wie diese Strategie der breiten Volksmasse, den Plebejern, gelegen kommt, weil sie den durch die wirtschaftliche Entwicklungsdynamik verarmten und als Hefe im Sauerteig der Republik für Gärung sorgenden bäuerlichen Gruppen Kompensation bietet und eine Wiederherstellung im Landbebauerstatus ermöglicht, so kommt sie auch und ebensosehr der Nobilität, den Patriziern, zupass, weil sie in einem System von römischen Stütz- und Kontrollpunkten resultiert, das, ohne das Konzept der römisch-italischen Wehrgenossenschaft explizit aufzukündigen und ad acta zu legen, doch aber implizit die rein bundesgenossenschaftlich-vertraglich geregelte Beziehung zu den in Abhängigkeit von der Römischen Republik gebrachten Regionen in eine neue, hegemonialherrschaftlich fundierte Form überführt, die der zunehmenden Größe und Unüberschaubarkeit des von Rom kontrollierten Herrschaftsgebiets durch die verbesserten Überwachungs-, Einfluß- und Pressionsmöglichkeiten Rechnung trägt, die jene als Kolonisten angesiedelten römischen Bürger, jene auf dem fremden Territorium stationierten fünften Kolonnen der Republik verschaffen.
Indem nun aber diese vom Gesamtwillen beförderte und von der Zustimmung aller getragene Landnahmestrategie auch auf den von Karthago übernommenen Inseln Anwendung findet, verändert sie dort nolens volens ihre Bedeutung und Funktion und lässt ihre oben bereits erwähnte Eignung als Basis einer direkten politischen Herrschaft und Voraussetzung einer unmittelbaren ökonomischen Expropriation aktuell werden. Solange die römische Landnahmestrategie noch unter Bedingungen einer intakten politischen Selbstorganisation und Eigenherrschaft der betroffenen Gebiete vonstatten geht, bleibt das Herrschaftsfundierungspotential der ihr entspringenden munizipialen und kolonialen Siedlungsstruktur bloßes Potential und bleibt die Funktion der römischen Munizipien und Kolonien darauf beschränkt, die bestehende föderale Autonomie und politische Selbstverwaltung der Gebiete zu kontrollieren, im Zaum zu halten und mit den Interessen und Ansprüchen der römischen Herrschaft abzustimmen. Nun aber, da bei den neu eroberten Gebieten von politischer Eigenbestimmtheit und Selbstverwaltung keine Rede sein kann und die römische Okkupationsmacht sich durch die vorgefundenen Verhältnisse geradezu gedrängt sieht, als fremde Herrschaft und zentralistische Verweserin in die Fußstapfen ihrer Vorgängerin, der Karthagischen Republik, zu treten, nehmen die römischen Gründungen in diesen Gebieten, die Munizipien und Kolonien, die Bedeutung von expliziten Stützpfeilern und Trägern eben dieser römischen Herrschaft an. Aus Garanten römischen Einflusses werden Fundamente römischer Präsenz, aus indirekten Steuerungsinstrumenten werden direkte Kontrollorgane, aus Stützpunkten, die der fremden Herrschaft ihre Grenzen stecken und ihren Spielraum vorzeichnen, werden Einrichtungen, die der eigenen Staatsmacht ein Fundament bieten und Manövrierfähigkeit verleihen.
Die Umstellung der römischen Aneignungspraxis von einem indirekt-kommerziellen Verfahren auf den direkt-kontributiven Zugriff liegt im Interesse der Nobilität, von der die finanzielle Hauptlast der Expansionspolitik getragen wird. Da mit wachsender Ausdehnung des Herrschaftsgebiets die Lasten immer größer und die finanziellen Kompensationen immer ungewisser werden, erweist sich das im Heer vorhandene zwangsherrschaftliche Instrumentarium zusammen mit dem von den Karthagern in ihren ehemaligen Gebieten hinterlassene Besteuerungs- und Staatsgütersystem als unwiderstehliche Versuchung, zur Praxis einer direkten Kontribution und Ausbeutung überzugehen.
Ebenso sehr also dank der institutionellen Hinterlassenschaft der Karthager wie aufgrund der eigenen, sie über den Status einer militärischen Okkupationsmacht hinaus als bürokratische Fremdherrschaft etablierenden strategischen Landnahme und territorialen Verankerung ist die Römische Republik in der Lage, in den neugewonnenen insularen Gebieten andere, direktere Formen der Aneignung von Reichtum als die bislang kultivierten indirekt-kommerziellen in die Tat umzusetzen. Sosehr die Republik aber auch dazu in der Lage und so groß die Versuchung, die Lage zu nutzen, angesichts der Leichtigkeit und Gewinnträchtigkeit, mit der unter den gegebenen Bedingungen die direkte Aneignungspraxis winkt, für sie sein mag – damit es wirklich dazu kommt, braucht es eine gesellschaftliche Gruppe und Partei, die gleichermaßen die Fähigkeit und den Willen, die Macht und das Interesse hat, die Initiative zu ergreifen und die neue Praxis gegenüber dem bewährten kommerziellen Verfahren zur Geltung zu bringen. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht die Gruppe der Handeltreibenden sein kann, die sich, nachdem die kriegführende Nobilität ihr Eroberungs- und Landnahmewerk vollendet hat, anschickt, aus dem Hintergrund hervorzutreten und in bewährter Weise ihre kommerziellen Aktivitäten zu entfalten, und die von den sich ihr dadurch eröffnenden Bereicherungschancen so erfüllt ist, dass ihr ein solcher Paradigmenwechel in Sachen Aneignung fremden Reichtums denkbar fern liegt.
Nicht weniger auf der Hand allerdings liegt auch, dass sich bei der kriegführenden Nobilität selbst, der als Senatspartei firmierenden grundherrlichen Oberschicht, die Situation wesentlich anders darstellt! Diese Gruppe entwickelt durchaus ein Interesse an möglichen neuen Formen einer nicht erst durch Kommerz vermittelten, direkteren Aneignung von Reichtum. Sie ist es ja, die durch die militärischen Leistungen, die sie mit Hilfe der aus der römischen und bundesgenossenschaftlichen Bauernschaft rekrutierten Kontingente erbringt, die Rahmenbedingungen für die römische Expansion und Hegemonialherrschaft und die daraus folgenden kommerziellen Akkumulationsperspektiven allererst schafft. Praktisch bedeutet das aber auch, dass sie es ist, die die für jene militärischen Leistungen erforderlichen finanziellen Vorleistungen erbringen und dafür sorgen muss, dass die für die Ausrüstung der Feldzüge, für die Verpflegung und Besoldung der ausgehobenen Truppen, für strategische und logistische Dienstleistungen nötigen Gelder zur Verfügung stehen. Das ist zwar nicht mehr, wie vielleicht in den frühesten Anfängen der Republik noch, eine Frage privater Zuwendungen und persönlicher Opferbereitschaft, kurz, individuell-familiärer Verpflichtung, sondern ist längst zu einer Sache der öffentlichen Hand und der staatlichen Aufwendungen, kurz, der zivil-kollektiven Verantwortung geworden. Längst besorgt die Republik ihre öffentlichen Angelegenheiten und staatlichen Geschäfte auf der Grundlage eines regelmäßigen und geordneten Steueraufkommens, und längst bildet der diesem Steueraufkommen entspringende Staatsschatz, das Ärar, den Fundus, aus dem auch und nicht zuletzt die im Kriegsfall erforderlichen Ausgaben bestritten werden.
Schaut man sich allerdings das Besteuerungssystem der Republik genauer an und sieht, wie die wesentlich als Kriegskasse firmierende Staatskasse aus dem Steueraufkommen hervorgeht, so zeigt sich, dass, wenn schon nicht im Sinne persönlich-individueller Haftung, so jedenfalls doch in der Form ständisch-korporativer Zuständigkeit die Nobilität, die landbesitzende Oberschicht, die finanzielle Hauptlast des Staates zu tragen hat. Wie sie es ist, die durch die Einteilung der Bürgerschaft in Vermögensklassen und durch die nach Maßgabe dieser Vermögensklassen gewichtete Besetzung der politischen Gremien der Republik eine politische Vorrangstellung behauptet und in den Entscheidungsprozessen der Republik eine ausschlaggebende, wenngleich durch die tribunizischen Interventionen zunehmend beeinflusste und zur Rücksicht auf plebejische Ansprüche verhaltene Rolle spielt, so ist sie es aber auch, der eben jenes Vermögensklassensystem den Großteil der Steuerlast aufbürdet und die mit anderen Worten ihre politischen Privilegien, ihre die Besorgung der Res publica betreffenden Vollmachten, mit ökonomischen Opfern, mit entsprechenden finanziellen Aufwendungen für den Staat bezahlen muss.
Nicht, dass diese steuerlichen Belastungen der Oberschicht letztlich zum Schaden gereichten! Nicht, dass sie eine definitiv zu zahlende finanzielle Zeche, ein eindeutiges ökonomisches Verlustgeschäft für sie wären. Schließlich winkt die territoriale Expansion, die die Oberschicht ebenso sehr fiskalisch ermöglicht wie militärisch befehligt, teils unmittelbar mit der Beute und Tributen, die der besiegte Gegner den Siegern für seine föderale Anerkennung, seine Aufnahme als Bundesgenosse, zu überlassen bereit ist, teils und vor allem mittelbar mit den kommerziellen Bereicherungschancen, die der in das römisch-italische Handelssystem integrierte neue Bundesgenosse der römischen Hegemonialmacht jeweils eröffnet. Wesentliches Motiv der spezifischen römischen Expansionsstrategie ist ja diese kommerzielle Entfaltungsperspektive, in die sich die Nobilität in vielfacher Form und nämlich teils als Herr über Ländereien und agrarwirtschaftlicher Großproduzent, teils als mehr oder minder stiller Teilhaber und finanziell Interessierter an den Geschäften der Handeltreibenden, teils als gut dotierter politischer Beschützer, juridischer Berater und lobbyistischer Förderer der letztern eingebunden findet. So gesehen, sind die fiskalischen Beiträge und finanziellen Opfer, die die Oberschicht erbringt und durch die sie den als Kriegskasse fungierenden Staatsschatz wesentlich alimentiert, eher als Vorschussleistung, als Investition, denn als unwiederbringliche Ausgabe, als verlorene Kosten zu betrachten: Was sie als korporative Vermögensklasse per Steuerleistung in das expansive Staatsunternehmen einzahlt, das erhält sie als durch ihr Vermögen finanziell interessierte und teilhaberschaftlich engagierte Schicht von initiativen Privatbürgern mit Zins und Zinseszins aus den im Rahmen des Staatsunternehmens erzielten kommerziellen Gewinnen zurück. Wie mit anderen Worten die Nobilität die Entfaltung des römisch-italischen Handelssystems nicht nur militärisch maßgeblich betreibt, sondern auch finanziell vornehmlich trägt, so bildet sie nicht nur die Hauptnutznießerin im Blick auf den politischen Machtzuwachs, der mit solch systematischer Entfaltung einhergeht, sondern auch die wesentlich Begünstigte, was die ökonomischen Vorteile aus dem Expansionsunternehmen betrifft.
Bei der traditionellen, föderalen Expansionsstrategie der Republik ist dieser Zusammenhang zwischen steuerlichem Einsatz und persönlichem Gewinn, zwischen korporativer Vorschussleistung und privatem Reichtumsrückfluss noch klar erkennbar und in jeder Hinsicht, das heißt, in bezug auf das quantitative Volumen ebenso wie auf die zeitliche Erstreckung und die transaktive Abfolge überschaubar und nachvollziehbar gegeben. Wenn die Nobilität als korporative Vermögensklasse ihren gewichtigen finanziellen Beitrag zu dem militärischen Unternehmen leistet, für dessen Durchführung sie dann selber Sorge trägt, so bleibt, abgesehen von einigen wenigen katastrophischen Situationen in der römischen Frühgeschichte, dieser Beitrag nicht nur quantitativ begrenzt und relativ zum Gesamtvermögen der Betroffenen ein vertretbares Opfer, sondern es lässt sich auch der Zeitraum absehen und der Prozess antizipieren, in dem und durch den hindurch der Beitrag sich als ertragreich, der Einsatz sich als Vorschuss, das Opfer sich als Investition herausstellt. Genau in diesen Hinsichten aber hat, dass die Römische Republik den auf Mittel- und Süditalien beschränkten Aktionsradius ihrer föderalistischen Strategie transzendiert und sich mit der objektiven Perspektive einer hegemonialen Herrschaft über den ganzen westlichen Mittelmeerraum in die Auseinandersetzung mit dem vexierbildlich ebenbürtigen Gegner Karthago stürzt, eine Veränderung der Konditionen zur Folge.
In dem Maße, wie die militärischen Auseinandersetzungen, die der Expansion des Herrschaftsbereichs der Republik dienen, ihre räumliche Beschränktheit ablegen und den Charakter eines auf breitester Front und an allen nur denkbaren Schauplätzen geführten totalen Krieges annehmen und wie zugleich diese Auseinandersetzungen den gewohnten zeitlichen Rahmen sprengen und sich, selbst wenn sie nach wie vor in der durch Waffenstillstände und friedliche Phasen unterbrochenen, intermittierenden Form von Feldzügen und einzelnen Kampagnen ausgetragen werden, doch aber als Gesamtaktion über Jahre oder gar Jahrzehnte erstrecken und die scheinbare Unabschließbarkeit eines im Kräftepatt arretierten Ringens beweisen – in dem Maße also, wie die räumlichen und zeitlichen Schranken der militärischen Unternehmungen fallen und diese sich zu ebenso unüberschaubaren wie unabsehbaren Groß- und Langzeitveranstaltungen auswachsen, ufern auch die Kosten für sie aus und sieht sich die als Hauptbeiträgerin in die Steuerpflicht genommene Nobilität immer gravierenderen finanziellen Belastungen ausgesetzt. Und diese Belastungen geraten zudem immer mehr außer Zusammenhang mit den Belohnungen, die dafür winken, verlieren immer mehr den ursprünglichen Charakter spezifischer Vorschüsse, konkreter Investitionen, und werden zu unbestimmten, zu zwar formell oder dem abstrakten Anspruch nach äußerst aussichtsreichen, im Blick auf ihren materiellen Umfang und den präzisen Zeitraum ihrer Einlösung aber auch höchst ungewissen Wechsel auf eine Zukunft, die vorderhand durch immer weitere Aufwendungen herbeigeführt, durch immer neue Opfer erkauft sein will.
Denn auch wenn die militärischen Aufgaben im engeren Sinne gelöst, die gegnerischen Streitkräfte endlich geschlagen und vertrieben, die neuen Gebiete erfolgreich erobert sind und also die fruchtbringende, den Lohn für den geleisteten Einsatz beischaffende indirekte Ausbeutung durch Kommerz eigentlich beginnen könnte, bringen es doch mittlerweile gleichermaßen der territoriale Umfang und die politische Beschaffenheit der unter die Herrschaft der Römischen Republik gebrachten Gebiete mit sich, dass an ein Ende der staatlichen Leistungen, an eine Entlastung der öffentlichen Hand, des Ärars, von allen Aufwendungen für die letzteren gar nicht zu denken ist. So gewiss die militärisch-strategische Kontrolle und verkehrstechnisch-logistische Vernetzung dieser umfangreichen Gebiete die ständige Bereitstellung von Heeres- und Flottenverbänden erforderlich machen und so gewiss die andere politische Beschaffenheit der Gebiete, ihr Mangel an autonomen Strukturen, die Republik dazu zwingen, von der gewohnten Praxis ihrer bundesgenossenschaftlichen Integration und föderalistischen Anordnung Abstand zu nehmen und einen Apparat zur direkten Ausübung ordnungspolitischer und verwaltungstechnischer Funktionen in ihnen einzurichten und zu unterhalten, so gewiss gehen die finanziellen Aufwendungen auch nach dem erfolgreichen Abschluss der militärischen Auseinandersetzungen ziemlich unvermindert weiter und belasten, wie in genere die Staatskasse, so in specie deren Hauptbeiträger, die Nobilität, die zunehmend die aktuellen Leistungen, die sie erbringt, und die potentiellen Vergütungen, die sie dafür erhält, außer Relation geraten und die Investitionen, die sie tätigt und die ihren Besitz nachgerade aufs ärgste strapazieren, wenn schon nicht den Charakter von definitiv verlorenen Kosten, so jedenfalls doch das Aussehen von ad infinitum unvergoltenen Opfern annehmen sieht.
Was Wunder, dass für die kriegführende Nobilität die Möglichkeit, die Staatskasse auf anderem Wege als dem einer nach Vermögensklassen abgestuften Besteuerung der römischen Bürgerschaft zu füllen, eine schier unwiderstehliche Verführungskraft gewinnt und in der Tat zum zwingenden Handlungsmotiv wird. In dem Maße, wie es gelingt, die neu eroberten Gebiete für Zahlungen an die Staatskasse heranzuziehen, können diese finanziellen Mittel die Beiträge der Bürgerschaft ersetzen und sieht sich speziell die Hauptbeiträgerin, die Nobilität, von der ihr Vermögen nachhaltig in Mitleidenschaft ziehenden dauernden Steuerlast befreit. Auf ebenso wundersame wie trickreiche Weise verwandeln sich die neueroberten Gebiete aus einer schweren Bürde, bei der höchst ungewiss ist, ob sich rentieren wird, dass die Römische Republik sie auf sich nimmt, in ein schwereloses Angebinde, von dem die Republik garantiert profitiert, weil es vorweg die Kosten für die eigene Eroberung und Anbindung beisteuert, aus Investitionen, bei denen sich erst noch zeigen muss, ob der Ertrag sie rechtfertigt, in selbsttragende Institutionen, bei denen jeder Ertrag, der sich aus ihnen ziehen lässt, ein Reingewinn ist.
Indem das, was an finanziellen Mitteln aus der römischen Staatskasse für die Unterwerfung und Besetzung der jeweiligen Gebiete aufgewendet werden muss, aus eben diesen Gebieten unmittelbar in die Staatskasse zurückfließt, erweisen sich die letzteren als Finanziers ihrer eigenen militärischen Okkupation und bürokratischen Kontrolle. Oder vielmehr beschränkt sich, da sie ja zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Eigenfinanzierungsrolle, ihre Funktion als selbsttragende Einrichtung übernehmen, bereits erobert sind, das reflexive Verhältnis, der Eigenbezug, auf die bürokratische Kontrolle, während sich die militärische Okkupation, die sie mit ihren finanziellen Leistungen ermöglichen, je schon als objektive Beziehung, als der Zugriff auf andere und weitere Gebiete, kurz, als Wiederaufnahme und Fortsetzung des Eroberungsprozesses darstellt. Uno actu ihrer Leistungen an das römische Ärar gestatten sie so, den Besitz ihrer selbst für die Römische Republik frei von Unkosten zu stellen und die Inbesitznahme weiterer Territorien zu einem quasi eigenfinanzierten, weil nämlich als Kostenträger für den Fortgang des Expansionsprozesses das jeweilige Resultat des Prozesses rekrutierenden Unternehmen zu machen. Den bis dahin geltenden und zunehmend problematisch werdenden Zusammenhang zwischen öffentlichen Leistungen und privaten Vergütungen, zwischen staatlichen Investitionen und kommerziellen Erträgen löst diese neue exaktiv-unmittelbare Form der Mittelbeschaffung also auf, indem sie die für die territorialen Eroberungen zu erbringenden finanziellen Leistungen in Eigenleistungen der eroberten Territorien verwandelt, aus den der Expansion vorausgesetzten Investitionen Kontributionen werden lässt, die der Expansion als solcher entspringen, und auf diese Weise, wie einerseits der Republik die öffentlich-staatlichen Leistungen erspart, so andererseits den Bürgern der Republik die kommerziell-privaten Vergütungen als reinen Gewinn und ungeschmälertes Gut, weil befreit von aller kalkulatorischen Rücksicht auf jene Leistungen und kompensatorischen Bindung an sie zukommen lässt.
Wie könnte die Nobilität, die als gleichermaßen Hauptträgerin der öffentlichen Leistungen und primäre Nutznießerin der privaten Vergütungen am meisten auf jenen Zusammenhang angewiesen und von seinem Problematischwerden, seiner Dysfunktionalisierung, deshalb auch am stärksten betroffen ist, verfehlen, diese seine als profitable Lösung erscheinende Auflösung, seine Erledigung zugunsten einer das Sollmoment in ihm ebenso liquidierenden, wie seine Habenseite konservierenden gründlichen Neuordnung des ganzen Expansions- und Bereicherungsprozesses als Ausweg aus ihrem Dilemma zu begrüßen? Wie sollte ihr, der Nobilität, solche Neuregelung der Expansion, die ihr die Last der finanziellen Besteuerung von den Schultern nimmt, ohne ihr deshalb die Chancen zur kommerziellen Bereicherung zu verschlagen, kein Motiv sein, die dafür grundlegende kontributiv-direkte Mittelbeschaffung in den von der Expansion erfassten Gebieten zu forcieren und auf ganzer Linie zu praktizieren?
Und nicht nur über ein starkes Motiv, den Staatschatz durch direkte Kontributionen aus den eroberten Gebieten aufzufüllen, sondern eben auch über das dafür erforderliche effektive Instrumentarium verfügt die Nobilität – in Gestalt nämlich zum einen der Streitkräfte, mit denen sie die Gebiete erobert hat und mangels des üblichen bundesgenossenschaftlichen Friedensschlusses beziehungsweise mit Rücksicht auf die fortdauernden kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem imperialen Gegner weiterhin besetzt hält, zum anderen des Herrschafts- und Verwaltungsapparats, den sie in den Gebieten wegen deren fehlender autogener politischer Struktur nolens volens aufbauen muss, und zum dritten schließlich der römischen Kolonien und Munizipien, die sie in den Gebieten gründet und die ebenso sehr dem vor Ort entstehenden Bedarf an strategisch-logistischen Stütz- und Bezugspunkten wie dem Bedürfnis nach Entlastungsventilen und Entschärfungsmechanismen für den zu Hause schwelenden Sozialkonflikt Rechnung zu tragen dienen. Dies dreifältige Instrumentarium also ermöglicht es der Nobilität, ihrem starken Motiv zur Befreiung von Steuerlasten durch eine exaktiv-zugreifenden, kontributiv-direkte Beschaffung von Finanzmitteln stattzugeben und die Gelegenheit beim Schopf zu fassen, die sich in den eroberten Gebieten dank der karthagischen Hinterlassenschaft dazu bietet. In der Tat ist es dies, was die Umstellung von einer indirekt-kommerziellen zu einer direkt-kontributiven Kompensation für die von der Republik und ihren Steuerbürgern in die römische Expansionspolitik investierten Gelder zu einer unwiderstehlichen Versuchung macht: dass zu solcher Umstellung neben dem bestehenden finanziellen Motiv und gegebenen zwangsherrschaftlichen Instrument dank karthagischer Vorarbeit auch die objektive Gelegenheit vorhanden ist und die Römer also auf den eroberten Inseln nichts weiter zu tun brauchen, als das von den Karthagern etablierte allgemeine Besteuerungssystem und die von ihnen entwickelten Formen der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und natürlicher Ressourcen zu übernehmen und in den Dienst einer Auffüllung des wesentlich als Kriegskasse fungierenden römischen Ärars zu stellen.
Die Art und Weise der Ausbeutung der neu eroberten Gebiete überlässt die tribunizisch organisierte Bürgerschaft der senatorisch verfassten Nobilität, vorausgesetzt, es entstehen dadurch für die erstere keine weiteren finanziellen Belastungen. Im Wesentlichen wird das Ausbeutungsgeschäft auf kontributive Weise, nämlich durch Aufrechterhaltung des Kriegszustandes, des feldherrlichen imperiums, betrieben, das ein Vertreter des kriegführenden Konsuls oder Prätors, ein Prokonsul oder Proprätor, wahrnimmt. Dient dessen Mittelbeschaffung in erster Linie der Aufrechterhaltung der Herrschaft in dem kontributiv ausgebeuteten Gebiet, so in zweiter Linie der Fortsetzung der militärischen Expansion durch die neuen Konsuln oder Prätoren. Diese doppelte Funktion des unterworfenen Gebiets spiegelt sich im Namen provincia programmtisch wider.
Wenn die Nobilität, die senatorisch verfasste Patrizierschicht, als motivational treibende Kraft und instrumentell handelndes Subjekt die Finanzierung der römischen Expansionspolitik umstellt und das bis dahin für diese Finanzierung grundlegende interne Besteuerungsverfahren durch ein externes Kontributionssystem ersetzt, so kann sie dabei nicht zwar unbedingt mit der initiativen Mitwirkung oder affirmativen Anteilnahme, ganz gewiss aber mit der suggestiven Unterstützung oder konspirativen Duldung des Volkes, der tribunizisch organisierten plebejischen Gruppen, rechnen. Deren mittels Tribunatsversammlung und tribunizischen Interventionen durchgesetzter politischer Anspruch zielt auf eine Fortsetzung der Expansionspolitik, die gleichermaßen durch die Aussicht auf Wehrgelder und Kriegsbeute und durch das Versprechen der Okkupation und Zuteilung von Ackerland besticht, mit anderen Worten, ein Antidot gegen, wo nicht gar ein Heilmittel für die mit den kommerziellen Reichtumsbildungsprozessen in der Stadt einhergehenden Enteignungs- und Verarmungsprozesse und die daraus hervorgehenden Sozialkonflikte verheißt. Wie und auf welchem Wege diese Expansionspolitik, für die sie als eine Art kollaborative Opposition eintritt, finanziert wird, ist der plebejischen Partei ziemlich gleichgültig. Auch wenn, objektiv gesehen, die tribunizisch organisierte plebejische Bürgerschaft für die Expansionspolitik und die dadurch unterstützten beziehungsweise ausgelösten ökonomischen Entwicklungen durchaus bezahlen und nämlich den geschilderten, in der Enteignung und Verarmung, sprich, der Plebejisierung, bäuerlich-mittelständischer Gruppen bestehenden Preis entrichten muss, überlässt sie doch die aktive Finanzierung, strategische Planung und praktische Durchführung dieser Expansionspolitik weitgehend den aktuell oder virtuell mit der Nobilität deckungsgleichen oberen Vermögensklassen, die durch ihre höheren Steuerbeiträge tragende Beschaffer und Hauptgaranten des staatlichen Vermögens, des als Kriegskasse firmierenden Arärs, sind.
Und wie es nun aber die tribunizisch organisierten Plebejer den senatorisch verfassten Patriziern überlassen, die römische Expansionspolitik zu finanzieren, zu dirigieren und in die Tat umzusetzen, so überlassen sie ihnen auch und natürlich die Entscheidung über eventuelle Neuorientierungen und Veränderungen in Finanzierungsmodus, strategischer Vorgehensweise und praktischen Maßnahmen. Kommt die Senatspartei zu dem Ergebnis, dass ihr die per Beiträge zur Staatskasse eigenhändige Finanzierung der Expansionspolitik zu teuer und in den Vergütungen, die sie für die Oberschicht bereithält, zu unkalkulierbar und ungewiss wird, und bemüht sie sich demzufolge, andere, im Zuge der Expansion selbst erschließbare Finanzierungsquellen aufzutun, so ist das ihre Sache, und die tribunizische Seite hat nichts dagegen einzuwenden, vorausgesetzt, die Erschließung der neuen Geldquellen und die daraus resultierende finanzielle Entlastung der Oberschicht impliziert keine weiteren ökonomischen Belastungen für den bäuerlichen Mittelstand und die plebejische Unterschicht, und vorausgesetzt vor allem, sie geht ohne Beeinträchtigung und Behinderung der Expansionspolitik selbst vonstatten. Da das neue Reichtumsbeschaffungsverfahren, das die Senatspartei in Anwendung bringt, den tribunizischen Gruppen erst einmal keinen ökonomischen Schaden zufügt, sondern im Gegenteil durch den neuen Reichtum, der in die Stadt fließt, indirekt Vorteile bringt und da es mehr noch nicht nur keine Beeinträchtigung, sondern vielmehr eine Perfektionierung der Expansionspolitik darstellt, weil es diese in eine tendenziell sich selbst erhaltende Veranstaltung, einen quasi selbstreproduktiven Automatismus überführt, kann die Senatspartei in der Tat bei ihrer Rekonstruktion der finanziellen Grundlagen der Republik mit der von aktiver Mitwirkung kaum mehr unterscheidbaren definitiven Unterstützung der tribunizischen Gruppen rechnen und hat sie mit anderen Worten freie Hand, die eroberten Gebiete zur Kasse zu bitten.
Die Art und Weise, wie sie das tut, ist dabei gleichermaßen durch den gegebenen Kontext und die spezifische Perspektive ihres Handelns bestimmt. Der Kontext ist die gerade beendete, mit der Eroberung und Unterwerfung des betreffenden Gebietes abgeschlossene militärische Expedition. Aber vielmehr erweist sich die militärische Unternehmung als mitnichten schon abgeschlossen, weil sich in ihrem Kontext die von der Senatspartei betriebene exaktiv-direkte Mittelbeschaffung als plane Fortsetzung des militärischen Procedere artikuliert. Statt den beendeten Krieg ad acta zu legen und die römischen Beziehungen zu dem gegnerischen Territorium sei's im traditionellen Sinne bundesgenossenschaftlicher Verträglichkeit, sei's in der veränderten Bedeutung einer fremdherrschaftlich etablierten Zivilverwaltung zu normalisieren, richtet die Senatspartei dort eine auf Truppengarnisonen einerseits und koloniale und munizipiale Gründungen andererseits gestützte Militärverwaltung ein, die nicht primär dem Zweck dient, die Rahmenbedingungen für eine Wiederaufnahme ziviler Geschäfte und kommerzieller Aktivitäten zu schaffen, sondern die in der Hauptsache dazu bestimmt ist, Kontributionsleistungen für die Staatskasse zu erpressen beziehungsweise zum Wohle der letzteren menschliche und natürliche Ressourcen zu verwerten. Wenn man so will, führt sie den Krieg mit gleichen Mitteln, aber anderer Zielsetzung fort: Nicht der militärischen Unterwerfung, sondern der ökonomischen Ausbeutung, nicht der aggressiven Rekrutierung fremder Reichtumsproduzenten für das römische Austauschsystem und kommerzielle Gewinnstreben, sondern der expropriativen Aneignung fremdproduzierten Reichtums ohne jeden Austausch und frei von aller das Gewinnstreben vermittelnden kommerziellen Verfahrensform dient nunmehr die Kriegsrüstung und Gewaltübung.
Die Kontinuität der kriegerischen Vorgehensweise findet dabei sinnbildlichen Ausdruck in der Person des Anführers der Operation, des obersten Militärs. Wie er es ist, der als ranghöchster exekutiver Beamter der Republik, als Konsul oder Prätor, die Rolle des Feldherrn spielt und den in der territorialen Eroberung resultierenden Kriegszug befehligt, so ist er es nun aber auch, der nach abgelaufener Amtszeit als quasi Stellvertreter seiner selbst, als für seinen Nachfolger im Amte agierender Substitut, sprich, pro consule oder pro praetore, in dem mittels Kriegszug eroberten Gebiet die Stellung hält. Nach beendeter konsularischer oder prätorischer Amtszeit vom Senat zum Statthalter des eroberten Gebiets bestimmt, vertritt der Prokonsul oder Proprätor als Vorgänger seinen Nachfolger, den Konsul oder Prätor, der mittlerweile bereits an anderen Fronten kämpft und Eroberungskriege führt. Was Konsul oder Prätor erobert und unterworfen haben, das erhalten ihre Stellvertreter und Statthalter, Prokonsul und Proprätor, im Zustand der Unterwerfung, behaupten sie als römische Besitzung, und sie tun das kraft imperium, kraft ein und derselben militärischen Vollmacht und Befehlsgewalt, die auch Konsul und Prätor ausüben.
Nichts beweist schlagender die Kontinuität der kriegszuständlichen Herrschaft und Militärverwaltung, die seit den punischen Kriegen die Römische Republik in den von ihr eroberten Gebieten praktiziert, als eben die Tatsache, dass der dort amtierende Statthalter über dieselbe kriegsfallspezifische oder notstandsbedingte persönliche Befehlsgewalt und durch keine institutionellen Schranken beeinträchtigte Vollmacht verfügt wie der Kriegsführer und Feldherr, der er zuvor war und den er jetzt, da dieser sich neuen Schlachtfeldern und Streitobjekten zugewandt hat, an der früheren, mittlerweile befriedeten, aber nach wie vor als quasi Kriegsschauplatz und militärisches Sperrgebiet festgehaltenen Kampfesstätte vertritt. Und nichts lässt den streng militärischen Charakter des dem Statthalter über das Territorium verliehenen imperiums deutlicher hervortreten, als der Umstand, dass er jene imperiale Befehlsgewalt zuerst und vor allem für den eigenen Unterhalt, für die Versorgung und subsistenzielle Aufrechterhaltung seines Herrschaftsapparates einsetzt und dass er dies, allem mittlerweile eingetretenen Friedenszustand zum Trotz, auf die gleiche Weise tut, wie das im Feld stehende Heer das zu tun pflegt: durch Requisition, durch direkte Inanspruch- und Beschlagnahme von Gütern, Geld und Dienstleistungen des eroberten und unterworfenen Gebiets selbst.
Statt den Umweg über die römische Staatskasse zu nehmen, statt also etwa in dem Gebiet eine Besteuerung im Namen und zugunsten des Ärar einzuführen, um dann aus den Steuerträgen die für die Beherrschung und Verwaltung des Gebietes erforderlichen Mittel abzuzweigen oder besser noch sich vom Römischen Senat bewilligen zu lassen, nutzt der Statthalter die im Gebiet vorgefunden Besteuerungssysteme und Mechanismen der Ausbeutung natürlicher und menschlicher Ressourcen unmittelbar pro domo seiner politisch-bürokratischen Selbstbehauptung und treibt mit ihrer Hilfe kraft imperium, kraft militärischer Befehlsgewalt, die teils für die eigene Hofhaltung, teils für die ordnungspolitische und infrastrukturelle Instandhaltung seines Territoriums nötigen Finanzmittel ein. Der Gattungsname, mit dem das so behandelt Gebiet belegt wird, ist Programm. Das Gebiet ist provincia, ein Territorium, das der Statthalter das imperium hat, pro consule aut pro praetore vincere, das also durch den Statthalter pronominal, stellvertretend für den abwesenden Kriegsherren, sprich, prokonsularisch oder proprätorisch, im Zustand militärischer Unterwerfung erhalten und das in altbewährter Kriegsführungs- und Eroberungsmanier per Requisitionsverfahren für den Unterhalt des seine Unterwerfung besorgenden und sicherstellenden Militärapparats herangezogen, kurz, zur Finanzierung seines eigenen Unterwerfungszustandes in Anspruch genommen wird.
Kontextspezifisch gesehen, wird also die im Zustand pronominaler militärischer Unterwerfung gehaltene Provinz zur Kasse gebeten, um eben jenen Unterwerfungszustand beizubehalten. Dass dies nun aber nicht schon die ganze Wahrheit ist und dass sich mit anderen Worten das Verhältnis von provinzialer Herrschaft und direkter Ausbeutung der Provinz nicht in schierer Zirkelhaftigkeit erschöpft, das garantiert die dem Kontext eingeschriebene Perspektive, das dem Pränominalen eigene Moment von Finalität, die im Selbstzweck steckende wirkliche Zweckhaftigkeit. Schließlich ist es pro consule oder pro praetore, dass der gewesene Konsul oder Prätor die Provinz in quasimilitärischer Unterwerfung hält, und wenn er sie in quasimilitärischer Manier, nämlich per Requisitionsverfahren, zur Finanzierung solcher Unterwerfung heranzieht, dann tut er das gleichfalls pro consule oder pro praetore, nämlich nicht nur im zirkulär-reflexiven Sinne einer Erhaltung des erreichten expansiven Status quo, sondern ebenso sehr und vor allem in der zielgerichtet-objektiven Bedeutung einer Beförderung weiterer Expansionsprojekte. Provinz ist mit anderen Worten das unterworfene Gebiet auch und nicht zuletzt mit der Implikation, dass es im Zustande der Unterwerfung dem Zweck dient, für die neuen Kriegszüge, die Konsuln oder Prätoren unterdes in anderen Gebieten unternehmen, für die weiteren Eroberungen, die sie mittlerweile andernorts machen, da zu sein, sprich, die nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen.
So gewiss im logischen Einklang mit der Tatsache, dass die römische Staatskasse, das Ärar der Republik, wesentlich als Kriegskasse firmiert, den Kernpunkt des Konsuln- und Prätorenamtes kriegerische Eroberungszüge, militärische Expansionsanstrengungen bilden, so gewiss erfüllt die zur Entlastung der Staatskasse eingeführte exaktiv-direkte Mittelbeschaffung, die der Statthalter, der Stellvertreter des Konsuls oder Prätors bei den Unterworfenen betreibt, nicht nur die relativ-pronominale Funktion, den im Konsuln- oder Prätorenamt verkörperten Status quo der römischen Herrschaft zu alimentieren, sondern auch und vor allem die offensiv-finale Aufgabe, das für das Konsuln- oder Prätorenamt bestimmende Primum movens einer Expansion der römischen Herrschaft zu subventionieren. Erst dies, dass sie auch und vor allem die Aufgabe hat, zu der von der Senatspartei und ihren amtlichen Vertretern, den Konsuln und Prätoren, vorangetriebenen römischen Eroberungspolitik beizutragen, beizusteuern, verleiht der requisitorisch-direkten Mittelbeschaffung des als quasi Militärgouverneur mit imperativer Vollmacht herrschenden Prokonsuls oder Proprätors Perspektive; erst kraft dieser kontributiven Leistung, die es erbringt, bekommt das Regiment des römischen Statthalters in den Provinzen Hand und Fuß, einen über die respektiv-pronominale Selbstbehauptung hinausgehenden prospektiv-intentionalen Gehalt, ein den Zirkel einer Herrschaft, die gewaltsam die für ihre Aufrechterhaltung nötigen Mittel beschafft und die sich um der gewaltsamen Mittelbeschaffung willen aufrechterhält, transzendierendes Ziel. In der Tat sind es die den Provinzen abgepressten Kontributionen, die uno actu der mit ihnen erreichten Entlastung des römischen Ärars der militärischen Expansion der Römischen Republik den Charakter einer sich selbst erhaltenden Veranstaltung, eines quasi selbstreproduktiven Automatismus verleihen und damit die exaktiv-direkte Ausbeutung der Provinzen vom Verdacht eines perspektivlos bloßen Aktes militärherrschaftlicher Selbstbehauptung befreien und ihr vielmehr den guten Sinn und konstruktiven Verstand eines Beitrags und Bausteins zu der von den römischen Heeren unter Führung ihrer konsularischen und prätorischen Feldherren vielleicht zwar nicht zielstrebig, ganz gewiss aber hartnäckig betriebenen Errichtung eines die mittelmeerischen Gebiete umfassenden Imperiums vindizieren.
Die Kontributionspraxis treibt die Expansionspolitik in ein intentionales Dilemma, weil sie die kommerzielle Zielsetzung der Expansion nicht zwar ersetzt, wohl aber ad infinitum des sich selbst tragenden Eroberungsprozesses hintertreibt. Dass dies nicht als Bruch in der politisch-ökonomischen Ausrichtung der Republik erfahren wird, dafür sorgt nicht zuletzt die Tatsache, dass auch die Kontributionszahlungen der heimischen kommerziellen Aktivität zugute kommen. Allerdings schlagen sie vornehmlich auf der Seite der Rüstungsproduktion zu Buche, die dadurch ein immer größeres Gewicht erlangt, während sich die Befriedigung ziviler Bedürfnisse immer stärker an fremde Märkte verwiesen findet.
Ob damit, dass sich die unterworfenen Gebiete, die Provinzen, durch die Kontributionen, die sie leisten, als Beiträger zur weiteren römischen Expansion in Anspruch genommen und in die imperiale Prozession der Römischen Republik eingereiht zeigen – ob damit also die prokonsularische oder proprätorische Zwangsverwaltung und militärherrschaftlich direkte Ausbeutung der Provinzen bereits als effektiv vom Vorwurf der Zirkelhaftigkeit und zwecklosen Selbsterhaltung exkulpiert gelten kann, das erscheint bei näherem Zusehen mehr als zweifelhaft. Vielmehr scheint sich bei genauerem Hinsehen die Zirkelschlüssigkeit, von der ihr kontributiver Beitrag zur fortgeführten römischen Expansionspolitik die militärherrschaftlich direkte Ausbeutung der einzelnen Provinzen durch den mit imperium ausgestatteten prokonsularischen oder proprätorischen Statthalter freispricht, auf der Ebene der kraft konsularischem oder prätorischem imperium betriebenen römischen Expansionspolitik als ganzer zu reproduzieren. Deren – historisch gesehen – erster und – strategisch genommen – letzter Zweck ist ja die Integration der Gebiete, die sie der römischen Hegemonie oder Herrschaft unterwirft, in das italisch-römische Handelssystem und seine indirekt-kommerziellen Ausbeutungsmechanismen. In dem Maße aber, wie sie sich nun im Interesse einer finanziellen Entlastung des Ärars und der zu ihm beitragleistenden römischen Steuerbürger durch eine direkt-requisitorische Schatzung und Ausplünderung der unterworfenen Gebiete zu finanzieren beginnt, kommt diese Expansionspolitik ihrem gleichermaßen historisch verbürgten und strategisch erklärten eigenen Zweck offenkundig in die Quere.
Und zwar widerstreitet sie ihm gleich in zweifacher Hinsicht diametral. Institutionell schlägt sie ihm dadurch ins Gesicht, dass sie die als prokonsularische Kontributoren, als Beiträger zur weiteren Kriegsrüstung und Kriegsführung unterworfenen Gebiete, die Provinzen, militärherrschaftlich verwaltet und quasi zum Gegenstand einer ständigen ausnahmezuständlichen Zwangsvollstreckung macht und auf diese Weise aber vom Übergang in eine als Voraussetzung für alle kommerzielle Aktivität, für jeden friedlichen Handel und Wandel, unabdingbare zivile Ordnung und vertraglich-rechtliche Gesellschaftlichkeit abhält. Und materiell zeigt sich die durch provinzielle Kontributionen finanzierte Expansionspolitik mit dem Zweck einer Erweiterung des kommerziellen Austauschsystems deshalb im Prinzip unvereinbar, weil die Kontributionen ja zu Lasten der Wirtschaftskraft der Provinzen gehen und also in einem als Unschärferelation beschreibbaren Ausschließungsverhältnis der zwangsweise eingetriebene, im direkten Zugriff beschlagnahmte Reichtum für das prospektive kommerzielle System verloren ist, nicht mehr für die in letzter Instanz intendierte austauschförmig-indirekte Aneignung zur Verfügung steht. Nicht nur arretiert mithin die kontributiv betriebene Expansionspolitik der Römischen Republik die Provinzen im militärherrschaftlichen Ausnahmezustand und hindert sie an der Rückkehr zur Normalität und Friedlichkeit eines Raum für kommerziellen Austausch gewährenden zivilen Lebens, sie erscheint auch und mehr noch mit der exaktiv-direkten Expropriation von Reichtum, die sie praktiziert, in einem erklärten Konkurrenz- und vielmehr Verdrängungsverhältnis zu der kontraktiv-indirekten Wertabschöpfung, die der kommerzielle Austausch pflegt.
So gesehen, lässt sich in der Tat konstatieren, dass im Zuge ihrer Automatisierung, die sie mittels Kontributionspraxis erwirkt, die Expansionspolitik in ein intentionales Dilemma, einen inneren Widerspruch hineintreibt, der ihr letztlich zur Zirkelförmigkeit, zum von schlechter Unendlichkeit heimgesuchten Selbstzweckcharakter ausschlägt. Von Haus aus bestimmt, der kommerziellen Funktion und ihrem System von Handelsbeziehungen Vorschub zu leisten und den Weg zu bahnen, kommt diese Politik in eben dem Maß, wie sie sich als Mittel zum Zweck perfektioniert und sich kraft kontributiver Finanzierung in einen eigengetriebenen Automaten, eine selbsttragende Veranstaltung verwandelt, eben jenem erklärten Zweck in die Quere, macht ihm de facto ihrer kontributiven Finanzierung Konkurrenz und vereitelt mit anderen Worten, was sie ins Werk setzen soll, durch die eklatante Wirkmächtigkeit und ständige Erfolgsträchtigkeit, mit der sie es ins Werk setzt. Um ihrer größtmöglichen Effektivität und Kontinuität willen, pro forma also, um ihrem Zweck einer Entfaltung des italisch-römischen Handelssystems und der mit ihm sich bietenden Bereicherungschancen zu weitestgehender Realisierung zu verhelfen, verschafft sich diese militärische Expansionspolitik eine eigene Finanzierungsquelle und ökonomische Basis und manövriert sich pro materia dieser ihrer Selbstfinanzierung in ein Ausschließungsverhältnis zu den politischen und ökonomischen Bedingungen eines gedeihlichen kommerziellen Treibens, in dem sie jenen Zweck einer Entfaltung des Handelssystems, dem sie formell die Stange hält, ad infinitum ihrer eigenen, als Selbstläufer verfolgten Effektivität und qua Automatismus gewahrten Kontinuität hintertreibt.
Wohlgemerkt, sie hintertreibt ihn nur, sorgt unwillkürlich-repetitiv für seine Durchkreuzung, gibt ihm nicht etwa den Laufpass, legt ihn nicht etwa absichtlich-definitiv ad acta! Pro forma ihrer Gesamtperspektive bleibt vielmehr die römische Expansionspolitik der ursprünglichen Zielsetzung treu. Wenn sie in den einzelnen Provinzen der Entfaltung normaler kommerzieller Aktivitäten in die Quere kommt und durch ihre kontributiv-direkten, militärherrschaftlichen Ausplünderungsmaßnahmen der transaktiv-indirekten marktwirtschaftlichen Ausbeutungstechnik in der Tat den Boden entzieht, so nicht etwa, weil sie jene ursprüngliche Zielsetzung abdanken, sondern im Gegenteil, weil sie solche Zielvorgabe am Ende auf breitester Basis und in systemgemäß umfassendster Form realisierbar werden lassen will. Die römische Expansionspolitik verwandelt sich also in ein ihren unmittelbar-eigentlichen Zweck kommerzieller Entfaltung empirisch vereitelndes Selbstzweckunternehmen in der besten Absicht einer als mittelbar-letztliche Perspektive gewahrten hingebungsvollen Zweckdienlichkeit, sie nimmt die Bedeutung eines reflexiv-zirkulären Automatismus quasi im vollen Ornat ihrer sich unverändert behauptenden objektiv-funktionellen Bestimmtheit an. Dass die Expansionspolitik in dem Maße, wie sie sich selbst finanziert und die Züge eines Unternehmens mit Eigenantrieb annimmt, eine kontraproduktive Dynamik entwickelt und nämlich zu ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung in ein Konkurrenz- und Verdrängungsverhältnis tritt, stellt demnach politisch-ideologisch keinen spektakulär-entschiedenen Richtungswechsel und Kontinuitätsbruch, sondern eher eine umständebedingt-unwillkürliche Abweichung vom Kurs und am Ende gar rentable Verzögerung der Zielankunft dar und kann sich dem öffentlichen Bewusstsein der Republik ohne weiteres unter der Camouflage einer im Prinzip gewahrten Stetigkeit der Zielsetzung präsentieren.
Noch schwerer aber wiegt, dass auch ökonomisch-praktisch diese sich selbsttätig finanzierende und damit der kommerziellen Entfaltung, der sie eigentlich Vorschub leisten soll, vielmehr in die Parade fahrende Expansionspolitik keinen gar so großen Unterschied macht. Schließlich fließen die militärherrschaftlich – durch direkte Enteignung – erpressten Kontributionen geradeso nach Rom, wie das die handelssystematisch – durch indirekte Aneignung – erzielten Gewinne täten, die der kontributiven Praxis zum Opfer fallen, und zeitigen dort mehr noch eine ganz ähnliche Wirkung wie die letzteren, wenn es sie denn gäbe. Zwar kommen diese provinziellen Tribute anders als die durch sie verhinderten kommerziellen Profite nicht einfach dem zivilen Konsum zugute, gelangen also nicht kurzerhand an Produzenten und Dienstleistende, die sich dafür, dass sie den Profiteuren, den Handeltreibenden, sei's bei der weiteren Wertakkumulation, sei's beim Erwerb von gesellschaftlichem Status zur Hand gehen, mit einer mehr oder minder verbesserten Subsistenz, einer Hebung ihres Lebensstandards belohnt finden, sondern diese Tribute aus der Provinz werden in der Hauptsache für neue Feldzüge und Eroberungen gebraucht, werden in Kriegrüstungen und Unterhaltszahlungen für die Truppen gesteckt. Insofern indes Kriegsrüstungen bedeuten, dass die Dienste von Schmieden, Gerbern, Tuchmachern, Schiffsbauern, kurz, von Handwerkern aller Profession in Anspruch genommen werden und dass ihre erforderliche Verproviantierung die Truppen zu einem Großabnehmer für die Landwirtschaft machen und insofern Unterhaltszahlungen an die Soldaten darauf hinauslaufen, dass minderbemittelte Gruppen der Bevölkerung finanziell unterstützt und in die Lage versetzt werden, sich als Konsumenten besser zur Geltung zu bringen, wirken sich die provinziellen Tribute letztlich gar nicht soviel anders aus als die kommerziellen Profite und spielen wie die letzteren eine definitiv konsumfördernde Rolle, erfüllen eine erkennbar wirtschaftsbelebende Funktion.
Der Unterschied besteht einzig und allein in der Besonderheit des Bedarfs, den die Kontributionsgelder repräsentieren und im dementsprechend speziellen Charakter der Güter, die sie kommandieren, mit anderen Worten darin, dass diese Gelder auf dem Waren- und Arbeitsmarkt der Republik, sprich durch kommerziellen Austausch, Kauf, in Produkte umgesetzt werden, die ihrerseits nicht wiederum für den kommerziellen Austausch bestimmt, das heißt, darauf abgestellt sind, sich mittels austauschförmiger Transaktionen in mehrwertiges Geld zurückzuverwandeln, besser gesagt, den mehrwertigen Wert, den sie aufgrund der ersten Transaktion verkörpern, in der Geldform, der Form von sanktionierten Ansprüchen an den Markt, zu realisieren, sondern deren Funktion es ist, dieses Geld, diese qua Münze des Marktes sanktionierten Ansprüche an den Markt, auf andere Weise als auf dem Wege kommerziellen Austauschs, nämlich ohne Transaktion, durch unmittelbare Exaktion, durch mehr oder minder gewaltsame Enteignung, einen entschädigungslos erpressten Tribut, zu beschaffen. So gewiss die mit Gewalt eingetriebenen Kontributionen auf dem Wege ganz normalen kommerziellen Austausches in Kriegsrüstung gesteckt, das heißt, für die Anschaffung von Waffen, Transportmitteln und Verpflegung sowie für die Entlohnung kriegshandwerklicher Arbeitskraft ausgegeben werden, so gewiss dienen die mittels Kontributionen auf dem Binnenmarkt der Republik entfalteten und beförderten kommerziellen Aktivitäten einem nichtkommerziellen, markttranszendenten Zweck, nämlich der nach außen gerichteten, auf die Märkte der römischen Provinzen und der Gebiete, die noch der militärischen Unterwerfung harren, gezielten Außerkraftsetzung des austauschförmigen Äquivalenzprinzips und der Beschaffung von Reichtum, Marktanteilen durch eine mit Waffengewalt geübte Expropriation.
Der aus den Kontributionen sich speisende Kommerz ist also im Unterschied zu dem durch sein eigenes Produkt, durch Profite, angetriebenen Austausch ein ebenso beschränktes wie fremdbestimmtes Unterfangen und übt, systematisch betrachtet, Selbstverrat, straft sich Lügen, indem er in Diensten eines nichtkommerziellen, austauschwidrigen Interesses an der militärisch organisierten Plünderung fremder Märkte agiert, indem er mit anderen Worten sein eigenes, handelsfunktionelles Gedeihen auf das Unglück der Handelsfunktion in den Provinzen und neueroberten Gebieten gründet – auch wenn zuzugebendermaßen diese seine Fremdbestimmtheit nicht weniger vom Eigeninteresse diktiert als vom Selbstverrat gezeichnet ist und sich ebenso existenzsichernd wie identitätsverwirrend für ihn auswirkt, weil in der Tat jene nichtkommerziell-kontributive Aneignung von Reichtum, der seine Austauschprozesse Vorschub leisten und in der sie ihren heteronomen Zweck finden, wiederum auf ihn als Rüstkammer und Versorgungsdepot angewiesen ist und zurückgreift und also ihm in seiner rüstungsindustriellen Spezialisierung, seiner Beschränktheit auf kriegsrelevante Güter und Gewerbe Gedeihen und Vorteil bringt.
Diese seine industrielle und soziale Beschränkung auf Rüstungsaufgaben, seine Ausrichtung auf den Krieg, scheint demnach die einzige ernsthafte Beeinträchtigung, die den Handel und Wandel der Republik die von der Aristokratie eingeführte provinzielle Militärverwaltung und die damit Hand in Hand gehende Einführung der Kontributionspraxis, das heißt, Umstellung der Staatsfinanzierung von einer der Besteuerung unterworfenen indirekt-kommerziellen auf eine als Beschlagnahmung exekutierte direkt-kontributive Reichtumsbeschaffung in Kauf zu nehmen zwingt. Ansonsten scheint sich die kontributive Bereicherungspraxis mit der kommerziellen Akkumulationstätigkeit, die sie suspendiert und außenwirtschaftlich für die unbestimmte Zeit ihres selbstreproduktiven Automatismus in der Tat ersetzt, ebenso sehr ökonomisch-praktisch zu vertragen und nämlich im binnenwirtschaftlichen Rahmen zu einem Zweckbündnis zusammenzufinden, wie sie sich politisch-ideologisch mit ihr vereinbar zeigt und nämlich gesamtperspektivisch unverändert auf sie gemünzt behauptet. Allerdings muss die besagte Beeinträchtigung, die die im Automatismus des Eroberungsprozesses, den sie speist, sich reproduzierende Kontributionspraxis für Handel und Gewerbe mit sich bringt, muss die Deformation und Schieflage, die solche extern geübte Kontributionspraxis dem intern auf ihrer Grundlage sich entwickelnden kommerziellen System vindiziert, auf die lange Sicht, die eben jener Automatismus, jener kontributive Selbstfinanzierungsmechanismus des Eroberungsprozesses, garantiert, höchst bedenklich anmuten.
Dass dank der Kontributionen Rüstungsgüter und Kriegsleistungen derart bevorzugt nachgefragt und ins Zentrum des gewerblichen Tuns und kommerziellen Treibens gerückt werden, scheint auf lange Sicht zwangsläufig zu einer Benachteiligung und Verkümmerung der für den zivilen Konsum, für die Befriedigung friedenszeitspezifischer Bedürfnisse zuständigen Sparten des Wirtschaftslebens führen und mithin zu einer Aufspaltung der marktförmig organisierten Produktionsgemeinschaft der Republik in eine Zweiklassengesellschaft aus wohlhabenden Kriegsgewinnlern und unbemittelten Friedensgewerblern resultieren zu müssen. Zwar fließt, da die Begünstigten dieses mittels Kontributionen aufgelegten Wirtschaftsbelebungsprogramms, die Rüstungsproduzenten und Kriegführenden, ja ihrerseits Subsistenz-, Konsum und Luxusbedürfnisse haben, ein Teil der Kontributionszahlungen letztlich auch in die zivilen Gewerbe, kommt indirekt also auch den konsumindustriellen Sparten zugute, aber erstens bestätigt sich damit nur die systematische Abhängigkeit und sekundäre Stellung, in die letztere gedrängt werden, bestätigt sich also dies, dass unter den durch die Kontributionen veränderten Verhältnissen die zivilen Gewerbe nicht mehr vollgültige Beteiligte an einem voll entfalteten kommerziellen System, sondern nurmehr Zuarbeiter und Ausgehaltene einer Eroberungspolitik sind, deren Existenzprinzip nicht akkumulativer Äquivalententausch, sondern reiterativ-gewaltsamer Raub ist, und zweitens fließen die Kontributionszahlungen eben auch nur zum Teil den zivilen Gewerben der Republik zu, entweder weil sie in sächlicher Form erscheinen, beschlagnahmte Güter sind, und in dieser Gestalt den zivilen Gewerben der Republik nicht nur nicht zugute gekommen, sondern im Gegenteil den von diesen produzierten Gütern Konkurrenz machen, oder weil sie, soweit sie denn Geldform haben, den primären Begünstigten des Kontributionssystems, den Rüstungsproduzenten und Kriegführenden, je ermöglichen, ihre Subsistenz-, Konsum- und Luxusbedürfnisse auch auf anderen Märkten als denen der Republik, nämlich über den Handel mit den Provinzen oder den von Rom unabhängigen Gebieten zu befriedigen – was wiederum bedeutet, dass sich in der Römischen Republik auf lange Sicht die Wohlstandsschere zwischen der durch die Kontributionen primär begünstigten Rüstungsindustrie und Kriegsmaschinerie und der sekundär an den Kontributionen partizipierenden Konsumindustrie und zivilen Produktion immer weiter öffnen muss.
Will die zivile Produktion verhindern, dass sie immer mehr ins Hintertreffen gerät und von der kontributiv vorangetriebenen Wohlstandsentwicklung zunehmend abgehängt wird, so scheint ihr nichts anderes übrig zu bleiben, als die Sparte zu wechseln und sich ihrerseits den lukrativeren Produktionsaufgaben und Dienstleistungen zu verschreiben, zu denen eine von Kontributionen getragene militärische Expansionspolitik die Bürgerschaft antreibt. Der einzige Weg, dem aus Abhängigkeit und Benachteiligung gemischten Schicksal zu entrinnen, das den zivilen Gewerben aus solcher kontributionsfinanzierten Expansion erwächst, besteht mit anderen Worten in einer zunehmenden Ausrichtung auch dieser Gewerbe auf die Rüstungsproduktion und den Kriegsdienst, mithin in einer immer stärkeren Spezialisierung aller ökonomischen Kräfte der Republik auf die Erzeugung der für die Beschaffung weiterer Kontributionen erforderlichen Mittel und Bedingungen, kurz, in einer zunehmenden Militarisierung des gesamten Wirtschaftssystems der Republik. Diese Desertion der zivilen Gewerbe ins rüstungsindustrielle und kriegführende Lager aber wiederum hat zur Folge, dass die für die Kriegsmaschinerie Tätigen die Kontributionsgelder, mit denen sie für ihre Tätigkeit entlohnt werden, immer weniger Gelegenheit finden, auf dem Binnenmarkt der Republik in die von ihnen benötigten Subsistenzmittel und Konsumgüter umzuwandeln und sich zur Befriedigung ihrer subsistentiellen Bedürfnisse und konsumtiven Ansprüche immer mehr an fremde Märkte im allgemeinen und die Märkte der Provinzen im besonderen verwiesen finden.
Auf lange Sicht scheinen die Kontributionszahlungen der Provinzen und neueroberten Gebiete die römische Republik in eine ökonomische Schieflage hineinzutreiben, die in dem Maß, wie sie auf eine perverse Arbeitsteilung zwischen der nichts als Gewaltmittel für die Aneignung fremder Lebensmittel produzierenden Republik und den nichts als Lebensmittel für die fremden Expropriateure produzierenden Provinzen hinausläuft, gar nicht umhin zu können scheint, das ganze römische Herrschaftsprojekt ad absurdum zu führen.
Die Kontributionszahlungen und das Bestreben, an ihnen direkt und profitabel zu partizipieren, begünstigen, so gesehen, eine Arbeitsteilung, in deren Konsequenz die Römische Republik am Ende all ihre produktiven Anstrengungen auf die Schaffung eines militärischen Zwangsapparats richtet, mit dessen Hilfe sie fremde Gebiete unterwerfen und ihnen weitere Kontributionen, sprich, Marktanteile in Form von Gütern und Geld abpressen kann, während die produktiven Bemühungen der unterworfenen Gebiete der Erzeugung der per Markt versammelten Subsistenzmittel und Konsumgüter gilt, an denen sich die Republik durch ihr mittels Kontributionen ins Leben gerufenes Gewaltpotential immer neue, sei's unmittelbar-naturale, sei's mittelbar-pekuniäre Anteile verschafft. Diese Arbeitsteilung aber, die den Provinzen die Arbeit der gesellschaftlichen Reproduktion überlässt, während sie die Arbeit der Republik darauf abstellt, das für eine schmarotzende Teilhabe an jener Reproduktion erforderliche Zwangsinstrumentarium zu schaffen, ist ebenso pervers und schädlich wie letztlich zum Scheitern verurteilt. Pervers ist sie, weil sie auf Seiten der Republik gesellschaftliche Arbeit in ihrem Sinn verdreht und aus einer produktiv-sozialen Tätigkeit in eine asozial-reduktive Aktivität, aus einem Verfahren zur Sicherung der eigenen Subsistenz durch kooperativ-gewerbliche Mehrung der gesellschaftlichen Subsistenzmittel in eine Veranstaltung zur komplizenschaftlich-gewaltsamen Entwendung gesellschaftlicher Subsistenzmittel zwecks Sicherung der eigenen Subsistenz verkehrt. Schädlich ist sie, weil sie das Ensemble menschlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten willkürlich aufspaltet und auseinanderreißt und eine Vereinseitigung, um nicht zu sagen Bornierung, der produktiven Anstrengung impliziert, die langfristig hier wie dort, in der Republik und in den Provinzen, eine Verkümmerung der Produktivkräfte und Stagnation der wirtschaftlichen Entwicklung nach sich ziehen muss.
Vor allem aber scheint diese Arbeitsteilung zum Scheitern verurteilt, weil sie darauf angelegt ist, den quasilogischen Widerspruch, in den sich die exaktiv-direkte Expropriation der Provinzen durch eine Strategie requisitorischer Beschlagnahmung und kontributiver Besteuerung unausweichlich verstrickt, zum eklatanten und systemsprengenden Zielkonflikt zu steigern. Anders als das transaktiv-indirekte Verfahren einer akkumulativ-kommerziellen Aneignung von Reichtum erwirbt jene exaktiv-direkte Enteignungsprozedur Anteile an den Provinzialmärkten und Ansprüche an sie, ohne entsprechende Gegenleistungen zu erbringen, ohne mit anderen Worten für eine Zufuhr und Zuwendung äquivalenter Güter und Dienstleistungen zu sorgen. So genommen, verwickelt sich diese kompensationslose Zwangsenteignung automatisch in den Widerspruch, dass sie das System, von dem sie profitiert, in actu ihres Profitierens schädigt, dass sie die Milchkuh, die sie melkt, in der unmittelbaren Konsequenz des Melkens immer auch ein bisschen schlachtet, dass sie, weniger metaphorisch gefasst, der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung, dem Lebensprinzip des Marktes, zuwiderhandelt und dies aber nur kann, solange das Lebensprinzip des Marktes in Kraft und Geltung, der Äquivalententausch, von dem sie nichts wissen will, herrschendes Paradigma bleibt. Solange sie dabei im Rahmen der mit dem Äquivalententausch untrennbar verknüpften Gewinnperspektive bleibt, solange sie also nicht mehr als die Überschüsse abschöpft, an deren Erzielung der Markt den von ihm veranstalteten Äquivalententausch und die dadurch ermöglichte Güterdistribution knüpft, behält der Widerspruch noch eher einen latent-logischen Charakter, als dass er virulent-empirische Bedeutung gewinnt, bleibt er mit anderen Worten praktisch folgenlos und fällt dem Marktsystem eher permanent zur Last, als ihm kurzerhand den Garaus zu machen.
Ob die per Requisition und Kontribution gewaltsam angeeigneten Marktanteile die vom Markt erwirtschafteten Überschüsse, den als der Zins des Marktes aus dem Äquivalententausch fließenden Mehrwert, übersteigen und die Substanz des Marktes, sein in der jeweils für einen neuen mehrwertigen Austausch verfügbares Kapital, angreifen und ob also der Widerspruch die Fasson eines auf die Demontage des Systems, das kontributiv geschröpft wird, hinauslaufenden Zielkonflikts gewinnt, ist allerdings – und damit sind wir beim spezifischen Problem im vorliegenden Fall – eine Frage nicht einfach nur des quantitativen Umfanges, sondern ebenso sehr und primär der qualitativen Verwendung jener exaktiv erbeuteten statt transaktiv erworbenen Marktanteile, hängt also nicht einfach nur arithmetisch davon ab, ob die Summe der vom Markt erpressten Kontributionen die Summe der durch den Markt erwirtschafteten Überschüsse unter- oder überschreitet, sondern ist ebenso sehr systematisch darauf bezogen, was die Erpresser mit den Kontributionen anfangen oder wo sie sie einsetzen.
Tatsächlich wirken sich die den Provinzialmärkten abgepressten Marktanteile ja wiederum nur zum Teil, zu jenem Teil nämlich, der für die Besatzungsmacht requiriert wird und in den Unterhalt ihrer vor Ort stationierten Truppen und etablierten Verwaltungseinrichtungen fließt, im Sinne einer kompensationslosen Enteignung des Marktes aus, haben also nur die Requisitionen den unmittelbaren Effekt, dass dem Markt Güter ohne Gegenleistung entzogen werden und er also sächliche Einbußen, reale Verluste an Volumen und Verfügungsmasse erleidet. Die Kontributionen hingegen, jener Teil, den das prokonsularische oder proprätorische Regime eintreibt, damit die konsularischen oder prätorischen Heere in anderen Regionen die römische Kriegspolitik und Expansionsstrategie fortsetzen können – er wird ja, jedenfalls soweit er Geldform hat, gar nicht auf dem jeweiligen Provinzialmarkt eingelöst und realisiert, sondern nach Rom geschafft und dort gegenüber dem römischen Binnenmarkt geltend gemacht, als an letzterem erworbener Anteil ins ökonomische Spiel gebracht. Statt durch ihre Einlösung vor Ort die jeweiligen Provinzialmärkte zu schädigen und nämlich zu kompensationslosen, quasi auf eigene Rechnung abgewickelten Warenlieferungen zu zwingen, werden mit anderen Worten die als geldförmige Kontributionszahlungen erpressten Marktanteile auf den Markt der Römischen Republik selbst transferiert und erfüllen dort als Repräsentanz neu aufgetauchter, von draußen unvermittelt hereingeschneiter Konsumansprüche die beschriebene nachfragebelebende, wirtschaftsankurbelnde Funktion.
Statt die kommerzielle Tätigkeit in den Provinzen zu belasten oder gar zu lähmen, wirken also die als Tribut, als Beitrag zur römischen Eroberungsstrategie bei den Unterworfenen eingetriebenen Gelder durch ihren Transfer nach Rom anregend und motivierend auf die Wirtschaft der Republik selbst – nur dass entsprechend dem vorzugsweise militärisch-expansionsstrategischen Zweck, dem sie dienen, die Produktion, zu der sie anregen, die Investitionstätigkeit, zu der sie das Motiv liefern, einseitig ist und in der Hauptsache die rüstungsindustriellen und kriegshandwerklichen Sparten begünstigt, während sie den zivilen Gewerben und dem Konsumgüterbereich bloß sekundär, bloß in der indirekten Konsequenz der konsumtiven Bedürfnisse derer, die von den Kontributionen primär profitieren, zugute kommt – und dass den zivilen Gewerben diese Mischung aus Benachteiligung und Abhängigkeit, der sie sich durch die Kontributionen in ihrer Eigenschaft als Produktionsfaktor und Investitionsprogramm ausgesetzt finden, wiederum zum Ansporn wird, ihr ziviles Geschäft an den Nagel zu hängen, umzurüsten und zu den lukrativeren, kriegsorientierten Produktionssparten überzulaufen – mit dem beschriebenen Effekt einer immer ausschließlicheren Ausrichtung der römischen Wirtschaft aufs Militärische und einer zwangsläufig damit verknüpften zunehmenden Arbeitsteilung, derzufolge die durch die Kontributionen zur Schaffung immer neuer Kapazitäten zwecks Beschaffung immer neuer Kontributionen angeregten römischen Produzenten und Kriegshandwerker ihre zivilen Bedürfnisse, da es auf dem heimischen, durch die Kriegsproduktion okkupierten Markt am entsprechenden Angebot fehlt, in wachsendem Maße auf den Märkten der Provinz befriedigen müssen.
Und indem so denn aber die Provinzialmärkte den arbeitsteiligen Part eines zivilen Versorgers und Lieferanten für die mittels der Kontributionen in eine immer stärkere kriegswirtschaftliche Schieflage hineinmanövrierte Republik übernehmen, ist es aus mit der oben genährten Illusion, dass die den Provinzen in Form von monetären Kontributionen abgepressten Marktanteile nicht deren eigene Märkte belasten und zum Opfer eines kompensationslosen Raubbaues, eines allem Äquivalententausch ins Gesicht schlagenden parasitären Güterabflusses werden lassen, sondern in ihrer Wirksamkeit auf den Markt der Republik selbst gemünzt sind und diesen nicht etwa belasten, sondern im Gegenteil beleben, zu neuer Aktivität anregen: So gewiss die Belebung in der besagten Arbeitsteilung zwischen der Republik und ihren Provinzen resultiert, so gewiss kehren die Kontributionen auf dem Umweg über die durch sie in der Republik angeregte Kriegswirtschaft an ihren Herkunftsort, in die Provinzen, zurück und entfalten dort als Forderungen an den Subsistenzmittel- und Konsumgütermarkt eben die verheerend parasitäre und im Verein mit dem Effekt der Requisitionen vor Ort zum irreparablen Substanzverlust durchschlagende Wirkung, die auf den ersten Blick den Provinzialmärkten erspart zu bleiben schien und die nun in der Tat den latenten Widerspruch eines den Ast, auf dem es aufsitzt, absägenden Kontributionssystems in offenen Konflikt ausarten lässt.
Die obige Behauptung, dass die uno actu der Einrichtung von Provinzen vollzogene vorläufige Suspendierung und vielmehr unabsehbare Ersetzung der transaktiv-indirekten Bereicherung mittels Kommerz durch eine exaktiv-direkte Aneignung von Reichtum mittels Kontributionen nicht nur politisch-ideologisch von der Römischen Republik nicht als Paradigmenwechsel, als entscheidender Bruch in der bislang verfolgten Expansionsstrategie, verstanden wird, sondern auch praktisch-ökonomisch für sie keine große Umstellung, keinen wesentlichen Einschnitt in den bis dahin kultivierten Formen gesellschaftlicher Reproduktion bedeutet – diese Behauptung scheint also durch die weitere Entwicklung des Provinzialsystems zwangsläufig ad absurdum geführt zu werden. Zwar übernehmen die Kontributionsgelder quasi die Funktion eines Investitionsprogramms und wirken sich insofern ähnlich wie kommerzielle Profite belebend auf die wirtschaftlichen Aktivitäten des Empfängers aus, aber weil sie nach Maßgabe der mit ihnen verknüpften Zwecksetzung anders als kommerzielle Profite nur oder vorzugsweise bestimmte, auf die Eintreibung weiterer und vermehrter Kontributionen abgestellte Bereiche des Wirtschaftslebens fördern, bringen sie letzteres in eine Schieflage, die am Ende und unvermeidlich in einer vollendeten Arbeitsteilung zwischen dem Empfänger und den Gebern der Kontributionsleistungen resultieren zu müssen scheint – einer Arbeitsteilung, die sich nur in ironischer Absicht so bezeichnen lässt, weil sie, weit entfernt davon, eine Aufteilung der für die Subsistenz der Gesamtheit erforderlichen produktiven Anstrengungen unter den beteiligten Gruppen zu bedeuten, vielmehr bloß darin besteht, der einen Gruppe, den Kontributionsgebern, die Produktion der Lebensmittel aufzuhalsen, während die andere Gruppe, die Gruppe der Kontributionsnehmer, ihren in Kontributionsform ebenso kompensationslos wie gewaltsam angeeigneten Anspruch auf die von ersterer produzierten Lebensmittel in den Dienst ganz eigener produktiver Bemühungen stellt und nämlich ausschließlich zur Erzeugung und Reproduktion ihrer Fähigkeit nutzt, sich auch weiterhin und in immer größerem Umfang die von ersterer produzierten Lebensmittel kompensationslos-gewaltsam anzueignen – einer Arbeitsteilung mithin, die, weil sie auf eine progressive Zweckentfremdung produktiver Kapazitäten und auf deren Perversion in ein Potential zur parasitären Partizipation an dem, was ihresgleichen produziert, hinausläuft, gar nicht anders kann, als früher oder später und eher früher als später jene durch die eigene perverse Abart parasitär genutzten produktiven Kapazitäten zu überfordern und, wie die als Produzenten von Lebensmitteln, als universale Versorger, fungierende Gruppe der Kontributionsgeber in den Ruin zu treiben, so die als Produzenten von Mitteln zur Aneignung der Lebensmittel, als parasitäre Beschaffer, firmierende Gruppe der Kontributionsnehmer in diesen Ruin mit hinabzureißen.
Auf lange Sicht betrachtet und in der Eigendynamik gewürdigt, die es entfaltet, scheint also das Kontributionsverfahren den Wahrspruch, dass unrecht Gut nicht gedeihet, nur bekräftigen, scheint es nur bestätigen zu können, dass ein nicht auf wechselseitige produktive Leistungen und deren Austausch gegründetes kommerzielles System, dass ein System, bei dem der eine Austauschpartner produktive Leistungen erbringt, während der andere seine produktiven Anstrengungen vorzugsweise darauf richtet, an diesen Leistungen des anderen ohne Gegenleistung, durch gewaltsame Expropriation, zu partizipieren – dass ein solches System eine Perversions- und Degenerationsform, eine Abweichung vom Tugendpfad subsistenzdienlich produktiver Arbeit darstellt, die in dem Maß, wie sie dank ihrer Eigendynamik manichäische Totalität, die Allverbindlichkeit einer zur dichotomischen Grundstruktur entfalteten Arbeitsteilung gewinnt, gar nicht umhin kann, sich ad absurdum ruinösen Selbstverzehrs zu führen.
Der drohenden ökonomischen Schieflage der Republik wirkt das die exaktiv-staatliche Kontributionspraxis begleitende privativ-persönliche Konfiskationsstreben der Provinzstatthalter entgegen, die ihre gegenüber den eigenen Besitzungen geübte grundherrschaftliche Despotie auf das Verhältnis zu den von ihnen im Auftrag der Republik prokonsularisch oder proprätorisch verwalteten Gebiete übertragen. Diese persönliche Bereicherungssucht der Statthalter kommt der heimischen zivilen Wirtschaft der Republik zugute, weshalb der römische Senat sie toleriert, obwohl sie doch eigentlich der von ihm korporativ vertretenen Expansionspolitik Abbruch tut.
Tatsache indes ist, dass das auf Provinzialbasis praktizierte römische Kontributionssystem, obwohl es alle Züge einer solchen, das kommerzielle System, das es suspendiert, ebenso zweckentfremdet reproduzierenden wie vexierbildlich umfunktionierenden Perversions- und Degenerationsform aufweist, obwohl es also ohne Frage einer hypertrophen Entwicklung der rüstungsindustriellen und kriegshandwerklichen Gewerbe Vorschub leistet und damit ein gerüttelt Maß produktive Anstrengung auf die parasitäre Aneignung der Früchte der produktiven Anstrengung der römischen Provinzen und der im Zuge der römischen Expansion neu zu erobernden Gebiete verwendet – dass es also dennoch nicht in die fatal vollendete "Arbeitsteilung" zwischen der Republik und ihren Provinzen hineingleitet, die mit der degenerativen Schieflage, in die sich die Ökonomie der Republik gebracht sieht, eigentlich vorprogrammiert ist, und mithin auch nicht oder jedenfalls nicht sogleich und nicht in der skizzierten Form den allgemeinen Ruin heraufbeschwört, auf den wiederum jene "Arbeitsteilung" zwangsläufig hinausläuft. Verantwortlich für solch heilsame Inkonsequenz, solche Bewahrung des römischen Kontributionssystems vor den an sich in ihm angelegten letzten und schlimmsten ökonomischen Auswirkungen, ist eine Eigentümlichkeit des Kontributionsmechanismus, die geeignet ist, die Einseitigkeit und hypertrophe Fehlentwicklung, in die im Unterschied zu austauschvermittelt-kommerziellen Gewinnen die gewaltbedingt-kontributiven Beutegelder die Wirtschaft hineintreiben, zu kompensieren und quasi Ersatz für die direkte Förderung und Dotierung zu schaffen, die im Zuge eines frei funktionierenden kommerziellen Systems auch und nicht zuletzt den zivilen Gewerben und Konsumgütersparten zuteil wird.
Diese Eigentümlichkeit des Kontributionsmechanismus aber ist die politisch-rechtliche Form, in der die Kontributionen eingetrieben werden, ist mit anderen Worten das imperium, mit dem der Eintreiber, der Statthalter der Republik, ausgestattet wird und kraft dessen er über die Provinz seine Herrschaft ausübt. Das imperium ist ihm von der Römischen Republik, besser gesagt, von deren senatorisch-politischer Führung, kurz, von seinesgleichen, seinen Peers, verliehen, damit er es pro consule oder pro praetore, als Prokonsul oder Proprätor, als Statthalter der im Zweifelsfall andernorts mit neuer kriegerischer Expansion, mit weiteren Eroberungen befaßten höchsten Exekutivbeamten der Republik, ausübt und das bereits unterworfene Gebiet, das er stellvertretend für jene verwaltet, als Provinz, als zum Zwecke solch weiterer konsularischer oder prätorischer Eroberungen beherrschtes Territorium realisiert, sprich, diesem Gebiet die für die Finanzierung der weiteren Expansion erforderlichen Mittel in der Form von Kontributionen abpresst. Von den senatorisch-republikanischen Auftraggebern her betrachtet, ist also die imperiale Herrschaft, die Befehlsgewalt, die der Prokonsul oder Proprätor über seine Provinz ausübt, nicht nur ein zeitlich determiniertes, sondern vor allem auch ein funktionell definiertes Amt und weit entfernt von der Unbeschränktheit und Absolutheit, die es qua imperium behauptet.
Gleichzeitig aber behauptet die imperiale Befehlsgewalt des Statthalters der Provinz diesen qua imperium ausgesprochenen Charakter der Unbeschränktheit und Absolutheit ihrer inhaltlichen Zielsetzung und realen Beschaffenheit nach zu Recht: Weil wegen des expansionsstrategischen Zweckes, dem das Provinzialsystem primär dient, wegen der Tatsache also, dass die einzelne Provinz im Sinne des Wortes, in der vollen Zirkelbedeutung des vincere pro vincere, unterworfen wird und bis auf unabsehbar weiteres unterworfen bleibt, um für die Unterwerfung weiterer, als Provinzen zu vereinnahmender Gebiete den nötigen materiellen Rückhalt zu bieten, sprich, die erforderliche finanzielle Grundlage zu schaffen – weil wegen dieses finalen Zusammenhanges politische Beauftragung synonym mit militärischer Bevollmächtigung ist und die zivile Herrschaft über das eroberte Gebiet einer Fortsetzung des Krieges mit bürokratischen Mitteln, die Normalität des Okkupationsverhältnisses der Aufrechterhaltung eines von Beschlagnahmung und Enteignung geprägten Ausnahmezustands gleichkommt, erweist sich die imperiale Befehlsgewalt ebensowohl als unbeschränkte Prokura, absolute Verfügungsmacht, und verhilft dem Prokonsul oder Proprätor, der sie ausübt, in der Tat zu einer unanfechtbar diktatorischen Position, einer jeder Kontrolle und Appellation entzogenen despotischen Letztinstanzlichkeit. Während so der Statthalter der Provinz seinem funktionell-formalen Auftrag nach relativer Amtsträger, kommissarisch Tätiger ist, ist er kraft der inhaltlich-reellen Aufgabe, mit deren Erfüllung er beauftragt ist, ebenso wohl absoluter Machthaber, autokratisch Wirkender, während er einerseits ausgesandt ist, um im Dienste des Senats und der von diesem geleiteten Republik über die Provinz zu herrschen, bringen es andererseits die besondere, in der kontributiven Ausplünderung der Provinz bestehende Aufgabenstellung des Dienstes, den er der Republik leistet, und der kriegsrechtlich-okkupatorische Stil und militärisch-requisitorische Duktus, in dem diese Ausplünderung vonstatten geht, mit sich, dass der Diener der Republik sich der Provinz selbst als unbeschränkter Herr präsentiert, dass er als jeder unmittelbaren Rechenschaftspflicht enthobener Gewaltherrscher in ihr nach Gutdünken schalten und walten kann. Die Besonderheit seines prokonsularisch oder proprätorisch ausgeübten und wesentlich auf die kriegsrechtliche Eintreibung kriegsdienlicher Kontributionen abgestellten Amtes führt mit anderen Worten dazu, dass der Statthalter die Provinz als seine despotisch beherrschte Domäne okkupiert, dass er sie quasi als sein persönliches Eigentum verwaltet, sie wie ein privates Landgut behandelt.
Diese funktionelle Parallele oder suggestive Analogie aber ist folgenreich: Sie hat nämlich zur Konsequenz, dass der Statthalter mit der ihm übertragenen Provinz die gleichen Erwartungen verknüpft wie mit seinen eigenen Ländereien, dass er an seine Amtsdomäne die gleichen Ansprüche stellt wie an seinen Privatbesitz. Er erwartet mit anderen Worten, dass die Provinz etwas abwirft, dass sie ihm Einkünfte bringt, erhebt den Anspruch, sich persönlich an ihr zu bereichern, sein Privatvermögen mit ihrer Hilfe zu vergrößern. Sosehr der Statthalter auftragsgemäß oder seiner staatlich sanktionierten Funktion nach damit befasst ist, Kontributionen zum Nutz und Frommen der expandierenden Republik einzutreiben, sosehr ist er aber auch von Anfang an situationsgemäß oder seiner amtlich implizierten Position nach damit zugange, Selbstbedienung zu treiben und Konfiskationen zu seinem eigenen Vorteil und im Interesse seiner persönlichen Bereicherung durchzuführen. Weil das militärherrschaftlich-besatzungsmächtige imperium, das zwecks Fortsetzung der römischen Expansionspolitik und Finanzierung der mit ihr verbundenen Kriege der Prokonsul oder Proprätor über das zum Pro-vincere-Vehikel, zur Provinz, erklärte unterworfene und befriedete Gebiet ausübt, de facto seines feldherrlichen Charakters alle Züge einer grundherrlichen Diktatur, einer patrimonialen Despotie, aufweist, fühlt sich, unschwer verständlich, der dies imperium Ausübende ebenso sehr berechtigt wie gedrängt, neben den Kontributionen, die er von Staats wegen eintreibt, dem Gebiet die von territorialem Privateigentum zu erwartenden Leistungen abzuverlangen, ihm die Abgaben abzupressen, auf die ein als territorialer Machthaber, autokratischer Landesfürst schaltender und waltender Grund- und Gutsherr Anspruch hat. Von Anbeginn des römischen Provinzialsystems betrachten deshalb die Provinzstatthalter mit der ganzen Selbstverständlichkeit ihrer despotisch-imperialen Position die Funktion, die sie versehen, ebenso sehr als Gelegenheit, sich persönlich zu bereichern, als Aufforderung, eine natürliche Pfründe privatim auszubeuten, wie als Verpflichtung, die Staatskasse aufzufüllen, als Auftrag, pro domo der Republik eine strategische Hilfsquelle zu erschließen.
Bleibt bei aller Leichtverständlichkeit der subjektiven Motivation des prokonsularischen und proprätorischen Verhaltens allerdings zu erklären, warum die Republik beziehungsweise ihre politische Führungsschicht, die qua Senat korporativ organisierte kriegführende Nobilität, die das Provinzialsystem kreiert und betreibt, dieses schamlos privative Verhalten ihrer Mitglieder und Abgeordneten, dieses unverhohlen grundherrschaftliche Selbstbedienungsgebaren der durch Senatsbeschluss als Territorialfürsten auf Zeit in die Provinz delegierten Statthalter nicht nur toleriert, sondern durch die imperiale Vollmacht, die sie ihnen verleiht, quasi selber herausfordert. Die Erklärung hierfür im mafios-komplizenschaftlichen Charakter der Führungsschicht, mit anderen Worten, darin zu suchen, dass alle qua Senat versammelten Angehörigen der Nobilität darauf hoffen können, im Zuge ihrer Karriere als Staatsbeamte irgendwann in den Genuss eines solchen Provinzstatthalteramtes und der mit ihm verknüpften Pfründe zu gelangen, und dass sie dann auf die gleiche Nachsicht und passive Beihilfe von seiten ihrer senatorischen Kollegen angewiesen sind, die sie zuvor und danach deren provinzialer Amtsführung haben angedeihen lassen – dieser Erklärungsversuch mag zwar naheliegend scheinen, krankt aber daran, dass er mit seiner Reduktion des Führungsgremiums der Republik auf einen mafiosen Selbstbedienungsverein dessen andere, für seinen Bestand nicht minder konstitutive Seite unter den Tisch fallen lässt – die Tatsache nämlich, dass das senatorische Gremium als nicht in der subjektiven Vorteilsnahme seiner Mitglieder aufgehendes kollektiv-korporatives Gebilde mit eigener, quasi objektiver Zielsetzung firmiert, die ihren funktionellen Ausdruck in der mit kontributionssystematischen Mitteln zum selbsttragenden Automatismus entfalteten römischen Expansionspolitik findet. Objektive Zielsetzung dieser vom römischen Senat als korporativem Gebilde betriebenen Expansionspolitik ist, wie gesehen, die Erweiterung des römisch-italischen Handelssystems mitsamt den indirekt-transaktiven, kurz, kommerziellen Bereicherungschancen, die sich der Republik dadurch eröffnen. Dass das prokonsularische oder proprätorische Regiment, das die Republik in den zu Provinzen erklärten unterworfenen Gebieten einführt, durch seine direkt-exaktive Expropriationspraxis, sein Kontributionssystem, allen indirekt-transaktiven, kommerziellen Bereicherungsabsichten zuvorkommt und sie bis auf unabsehbar weiteres vereitelt, ändert im Prinzip an jener objektiven Zielsetzung nichts, suspendiert und verschiebt sie vielmehr nur und macht sie aus einer prozessualen, jeweils vor Ort und ad hoc wahrnehmbaren Chance zu einer finalen, am Ende überall Wirklichkeit werdenden Perspektive. Was aufgrund der Dazwischenkunft des direkt-exaktiven, requisitorisch-kontributiven Aneignungsmechanismus die objektive Zielvorgabe einer indirekt-transaktiven, kompensatorisch-kommerziellen Bereicherungsprozedur an Aktualität, an hier und jetzt einklagbarer Präsenz einbüßt, das gewinnt sie kraft der mittels jenes Aneignungsmechanismus finanzierten Eroberungs- und Expansionsstrategie an Potentialität, an zu guter Letzt einholbarer Allgegenwart zurück.
Das persönliche Bereicherungsstreben, das dem in die Provinz geschickten Statthalter seine imperiale Vollmacht eingibt, das privativ-konfiskatorische Treiben, zu dem ihn seine grundherrschaftlich-despotische Stellung einlädt, tritt nun aber nolens volens in Konkurrenz zu der ihm übertragenen offiziellen Aufgabe, Kontributionen einzutreiben, und gerät in der Tat in Konflikt mit dieser seiner staatlichen Beschlagnahmungsfunktion, weil es ja ein und derselbe Fundus, ein und dieselbe provinzielle Reichtumsmasse ist, woraus sich beide Expropriationsansprüche, der privat-konfiskatorische ebenso wie der publik-kontributive bedienen müssen und weil sich deshalb der eine jeweils nur zu Lasten des anderen Genüge tun, nur um den Preis einer funktionellen Vernachlässigung und quantitativen Schmälerung des anderen befriedigen kann. Mit anderen Worten, die im persönlichen Interesse betriebene konfiskatorische Tätigkeit des Statthalters tut, weil sie seine in amtlicher Funktion geübte kontributive Praxis stört und hintertreibt, der mittels Kontributionen finanzierten Expansionspolitik der Republik Abbruch und steht insofern auch im Widerspruch zu der mit der Expansionspolitik verfolgten und für sie maßgebenden objektiven Zielsetzung einer Entfaltung des römisch-italischen Handelssystems. So gesehen, müsste nun aber die private Konfiskationspraxis des Provinzstatthalters bei seinem republikanischen Auftraggeber, dem Römischen Senat, der ja seinen politisch-strategischen Bestimmungsgrund in jener objektiven Zielvorgabe findet und seine kollektiv-korporative, jenseits der bloßen Summe individuell-partikularer Interessen perennierende Identität in sie setzt, auf entschiedene politische Ablehnung stoßen und effektive disziplinarische Gegenmaßnahmen provozieren. Oder zumindest müsste, wenn man einmal das persönliche Bereicherungsinteresse der Senatsmitglieder und ihre sie zu komplizenschaftlicher Toleranz disponierende Hoffnung auf beziehungsweise Erinnerung an die Bekleidung ähnlich lukrativer Ämter als ebenfalls ein starkes Motiv unterstellt, das senatorische Gremium sich im permanenten inneren Widerstreit befinden und im Blick auf den quasi von Amts wegen praktizierten Unterschleif in den Provinzen ständig zwischen einer dem individuell-subjektiven Befinden seiner Mitglieder entsprechenden Laissez-faire-Haltung und einem seiner eigenen kollektiv-korporativen Verfassung gemäßen drakonischen Verfolgungsanspruch hin und her schwanken.
Tatsächlich aber ist weder das eine noch das andere der Fall und begegnet vielmehr das maßgebende politische Gremium der Republik jener persönlich-konfiskatorischen Bereicherungspraxis, der sich von Anfang des Provinzialsystems an die prokonsularischen und proprätorischen Beamten der Republik verschreiben, von Anfang an auch mit größtmöglicher Nachsicht und von stillschweigender Zustimmung praktisch nicht zu unterscheidender Indifferenz. Damit der Senat seine quasi genuine Toleranz gegenüber der persönlichen Bereicherungspraxis der Provinzstatthalter aufgibt und sie als Versündigung gegen das Staatsinteresse ahndet, muss diese schon ungeheure Auswüchse annehmen und die Form einer pathologischen Raffgier und abnormen Habsucht annehmen, oder sie muss, wie später geschieht, als Alibi und Prügelknabe für andere, aus ihr zwar hervorgehende, aber sie an Brisanz und Folgenschwere weit übertreffende und eben wegen ihrer Wirkmächtigkeit als solche nicht aufs Korn zu nehmende Mechanismen der Anhäufung on Reichtum herhalten.
Für die im Prinzip und von Anbeginn vorhandene senatorische Bereitschaft indes, jene prokonsularische oder propätorische Bereicherungspraxis zu tolerieren und das heißt, faktisch zu unterstützen, obwohl sie doch dem Kontributionssystem und der durch es finanzierten Expansionspolitik in die Quere kommt und Abbruch tut, sprich, der vom Senat als kollektiv-korporativem Organ mit der Expansionspolitik verfolgten objektiven Zielsetzung widerstreitet – dafür kann es eigentlich nur einen zureichenden Grund, nur eine vernünftige Erklärung geben: Die persönliche Bereicherungspraxis der Statthalter muss, aller privativ-störfaktorellen Virulenz, die sie im Blick auf das staatliche Kontributionssystem behauptet, zum Trotz, eine Funktion erfüllen und eine Wirkung zeitigen, die es mit der objektiven, für das Kontributionssystem maßgebenden expansionspolitischen Zielvorgabe wenn nicht an Perspektive und Verbindlichkeit, so doch an Dringlichkeit und Konsequenz aufnehmen kann oder die sich gar, entgegen allem Anschein von Konflikt, im Einklang mit der kontributionssystematisch-oberflächlich durch sie gestörten Expansionspolitik befindet beziehungsweise positive Bedeutung für sie hat und ihr konstruktiv zur Seite steht. Diese als objektiver Bestimmungsgrund firmierende positive Bedeutung und konstruktive Funktion für die römisch-republikanische Expansionspolitik aber, die der persönlichen Bereicherungspraxis der Provinzstatthalter die stillschweigende Duldung oder komplizenschaftlichen Zustimmung des senatorischen Kollektivs sichert – sie hält nach dem bereits registrierten Mangel, den die auf Basis des Kontributionssystems betriebene Expansionspolitik aufweist oder vielmehr hervortreibt, nicht schwer zu entdecken. Die konstruktive Funktion der persönlichen Bereicherungspraxis ist mit anderen Worten darin zu sehen, dass letztere dazu taugt, der kriegswirtschaftlichen Schieflage der Republik und der daraus letztlich resultierenden fatalen "Arbeitsteilung" zwischen der Republik und ihren Provinzen entgegenzuwirken, zu der eine rein auf Basis von Kontributionen betriebene Expansionspolitik zwangsläufig führt.
Der Schieflage und ihren schließlichen Konsequenzen entgegenwirken kann die persönliche Bereicherungspraxis der Provinzstatthalter, weil ihr bei aller asozial-privativen Intention doch aber eine kommunal-gemeinnützige Implikation eignet oder weil, anders gesagt, das Persönliche an ihr im Sinne der weiter oben erläuterten persona-Rolle, die die Statthalter als Angehörige der Oberschicht spielen, zutiefst gesellschaftlich dimensioniert ist und eine wirkungsvoll öffentliche Dimension besitzt. Wenn die Statthalter als Mitglieder der auf Grundbesitzbasis mit dem Handelskapital zur Nobilität konkreszierten führenden Familien ihre ihnen kraft imperium übertragenen Provinzen quasi als persönliches Eigentum, als privates Landgut übernehmen, wenn sie ihr Gouverneursamt nach Art einer grundherrlichen Diktatur, einer patrimonialen Despotie versehen, so hat diese ihre grundherrschaftlich-despotische Stellung ja nicht nur zur Folge, dass sie von ihren Provinzen die in maßstäblicher Entsprechung gleichen Einkünfte und Erträge erwarten, die sie aus ihren eigenen Domänen, ihren Ländereien zuhause, beziehen, und dass sie deshalb wie selbstverständlich neben den Kontributionen, die sie von Amts oder Staats wegen eintreiben, eine rege konfiskatorische Aktivität entfalten, die ihrer privaten Bereicherung dient, ihnen persönlich die Taschen füllt, sondern dieses in das staatliche imperium eingewirkte Moment von grundherrschaftlicher Despotie bedeutet auch, dass die Statthalter ihre persönliche Bereicherung zu den von zuhause gewohnten, von ihren eigenen Besitzungen her eingefleischten Bedingungen praktizieren, sprich, nach den oben explizierten Konditionen, denen die Überführung territorialherrschaftlich-opferkultlichen Reichtums in den marktförmig-austauschbestimmten Freiraum der Stadt unterliegt.
Um die politisch ausschlachtbaren Konnotationen sakrilegischer Zweckentfremdung, die mit dieser Überführung einhergehen, zu entkräften, setzt, wie gezeigt, die römische Aristokratie der auf den opferkultlichen Reichtum eignerschaftlichen Anspruch erhebenden Göttermacht eine vergleichbar kultische, den Göttern Paroli zu bieten geeignete Macht, die der Ahnen, entgegen. Entbindung von den opferkultlichen Verpflichtungen, die ihnen ihr territorialherrschaftlicher Reichtum auferlegt, und freie Verfügung über diesen Reichtum im Kontext städtisch-kommerzieller Austauschverhältnisse erlangen mithin die in die Stadt übergesiedelten aristokratischen Grundherren nur um den Preis, dass sie als Patres, Oberhäupter ihrer Sippen, und als Personae, Repräsentanten der die Substanz der Sippe bildenden Ahnen, ein den götterkultlichen Anspruch auf den Reichtum abzulösen bestimmtes totenkultliches Vorrecht geltend machen und sich zu den aus ihm resultierenden Verbindlichkeiten bekennen. Diese Verbindlichkeiten schließen allerdings in letzter Konsequenz einen zwanghaft katabolischen Reichtumstransfer in ein als Sitz der wahren Reichtumseigner, eben der Ahnen, firmierendes unterweltliches Jenseits ein, der die freie Verfügung über den Reichtum, den die Aristokratie mit Hilfe der Ahnen erringt, ad absurdum einer haltlos-permanenten, reflexhaft-umfassenden Überweisung von Reichtum in die Unverfügbarkeit der Grabkammer führen müsste. Um solch letzter Konsequenz zu entrinnen, macht sich die Aristokratie die entscheidende Bedeutung und grundlegende Stellung zunutze, die im Blick auf ihre habituell-reaffirmierte Fortsetzung beziehungsweise funktionell-revidierte Wiederaufnahme des Kults um die Ahnen dem städtischen Handelsplatz zukommt, und erklärt zum primären Adressaten ihrer totenkultlichen Zuwendungen dieses als irdische Wohnstätte und diesseitige Hochburg der Ahnen geltend gemachte kommerziell-städtische Milieu.
Sie bildet mit anderen Worten jene als Pietas definierte Grundhaltung aus, die ihr erlaubt, den Kult der Ahnen, mit dem sie ihre Befreiung aus götterkultlicher Botmäßigkeit bezahlt, in ein Loyalitäts- und Pflegschaftsverhältnis zu der als Vater- und Mutterstadt den Ahnen empirische Behaftbarkeit und phänomenale Existenz verleihenden Urbs Romana umzumünzen, und die damit zugleich eine ingeniöse Methode darstellt, die innerstädtisch freie Verfügung, die die Aristokratie über den ihren territorialen Besitzungen entspringenden Reichtum erringt und im Sinne gleichermaßen einer Tilgung opferkultlicher Hypotheken und Dispensation von totenkultlichen Verbindlichkeiten behauptet, quasi wie von selbst in eine nicht etwa nur negativ sozialverträgliche, sondern mehr noch positiv von Sozialverpflichtung geprägte Verwendung zu überführen und im Interesse einer nach Möglichkeit reibungslosen Integration des der doktrinellen Idee der Repräsentanz entzogenen sakralen Reichtums in das vom kommerziellen Prinzip der Äquivalenz bestimmte kommunale Marktsystem zu relativieren. Dabei nimmt diese in Pietas gründende integrative Verfügung über den von draußen hereingebrachten Reichtum, diese seine Verwendung zum Wohle der als Sitz der Ahnen hochgehaltenen Stadt gemäß der doppelten Funktion der Aristokraten als patriarchische Oberhäupter ihrer Sippen und senatorische Führungskräfte des Gemeinwesens zwei Hauptformen an. Zum einen wird der territorialherrschaftlich-fremdbürtige Reichtum dadurch direkt in die städtische Gemeinschaft integriert, dass sich die Aristokratie die reale Verbesserung und phänomenale Verschönerung der irdischen Wohn- und kultischen Opferstätte der Ahnen zur Aufgabe macht, dass sie die Finanzierung öffentlicher Bauten und Werke und die Ausrichtung gesellschaftlicher Veranstaltungen und Festlichkeiten übernimmt. Und zum anderen findet sich der Reichtum dadurch indirekt in den städtischen Zusammenhang eingeschleust, dass die Patres ihrer patriarchalen Rolle gerecht werden und die Familie, die mehr oder minder große Schar aus Sippenangehörigen und Klienten, Freunden und Schutzbefohlenen der Familie, an ihrem Reichtum teilhaben lassen und ihn so unter die Leute bringen.
Diese als Pietas definierte Grundhaltung behält die aus Aristokratie und Handelskapital auf Grundbesitzbasis konkreszierte römische Nobilität auch unter Bedingungen des Provinzialsystems und der in seinem Rahmen ihr zufallenden neuen propkonsularischen oder proprätorischen Herrschafts- und Verwaltungsaufgaben bei. So gewiss die Statthalter der Provinzen ihr imperiales Amt nach dem Vorbild der auf ihren eigenen Gütern geübten grundherrschaftlichen Despotie ausüben und so gewiss diese Analogie sie motiviert, in eigener Sache tätig zu werden und in ihren Provinzen neben den Kontributionen, die sie von Staats wegen eintreiben, Konfiskationen vorzunehmen, die der persönlichen Bereicherung dienen und in maßstäblicher Korrespondenz zu den Einkünften stehen, die ihre Privatgüter zuhause abwerfen, so gewiss führen sie nun auch den in den Provinzen privativ-konfiskatorisch erworbenen Reichtum auf die gleiche Weise in die Vater- und Mutterstadt ein wie den auf den privaten Gütern frondienstlich erwirtschafteten Gewinn, nämlich in jener als Pietas charakterisierten Form, die dafür sorgt, dass er teils direkt, durch öffentliche Leistungen, teils indirekt, durch persönliche Verpflichtungen, in die Hände breiterer Schichten des Gemeinwesens überwechselt. Und das aber wiederum bedeutet, dass die Konfiskationsgelder im großen und ganzen der Friedenswirtschaft der Stadt, den zivilen Handwerken und Konsumgüterbereichen, zugute kommen und dass sie damit ein Gegengewicht zu den Kontributionszahlungen darstellen, die ja hauptsächlich und vor allem für kriegswirtschaftliche Belange Verwendung finden und nämlich in die Rüstungsindustrie und den Unterhalt von Streitkräften gesteckt werden. Eben die Deformation und Schieflage mit anderen Worten, in die das Kontributionssystem durch seine einseitige Begünstigung der für Zwecke einer weiteren militärischen Expansion erforderlichen Produktions- und Dienstleistungssparten die römische Volkswirtschaft hineinmanövriert – sie dient die privativ-konfiksatorische Bereicherungspraxis der Provinzstatthalter auszugleichen, dieweil dank der als Pietas firmierenden urbanen Grundhaltung der die Statthalter stellenden Nobilität dieser in den Provinzen privatim angeeignete Reichtum in der römischen Republik zu relativ breit gestreuter Verteilung und auf dem Weg über seine vielen Nutznießer in die Kassen der die sozialen und individuellen Susbsistenz- und Konsumbedürfnisse dieser vielen befriedigenden zivilen Gewerbe gelangt.
Und indem so der konfiszierte Reichtum den durch das Kontributionssystem und seine Zielsetzung benachteiligten und von Verkümmerung bedrohten zivilen Gewerben der Republik aufhilft, hilft er zugleich die oben skizzierte weitere Entwicklung zu verhindern, in die ansonsten die durch die Kontributionen bewirkte ökonomische Schieflage zwangsläufig hineinführt. Will heißen, er hilft zu verhindern, dass sich die römische Wirtschaft aufgrund der Kontributionen zu einer reinen Kriegsökonomie mausert, die mit eben der Ausschließlichkeit, mit der sie sich der Beschaffung immer neuer Kontributionen verschreibt, zur Befriedigung der subsistenziellen und konsumtiven Bedürfnisse der an ihr Beteiligten auf die produktive Leistung eben der Gebiete angewiesen ist, die sie kontributiv schröpft, und dass es also in der Tat zu einer nur uneigentlich so zu nennenden Arbeitsteilung und vielmehr ebenso perversen wie perfekten parasitären Beziehung zwischen der römischen Republik und ihren Provinzen kommt, in deren Rahmen die letzteren sämtliche für die Reproduktion des Gesamtsystems erforderlichen Arbeiten verrichten, während die erstere ihre produktiven Anstrengungen darauf konzentriert und beschränkt, den für ihre eigene Reproduktion beanspruchten Anteil am provinziellen Produkt auf die beschriebene exaktiv-kontributive Weise in den Provinzen zu beschlagnahmen und einzutreiben, um ihn anschließend dann auf gewohntem transaktiv-kommerziellem Wege daselbst einzulösen und abzuholen. Dieser Entwicklung zum reinen Parasitismus und zum schließlichen Zusammenbruch des Systems, den die darin vorprogrammierte ökonomische Überforderung der Provinzen heraufbeschwört, wirken die Konfiskationen entgegen, weil der in ihnen bestehende Teil des den Provinzen abgepressten Geldes eben nicht wieder wie der durch die Kontributionen gebildete Teil in neue Mittel zur parasitären Zwangsenteignung der Provinzen investiert wird, sondern vielmehr vor Ort der römischen Republik in die zivile Güterproduktion, in die Erzeugung von Mitteln zur kollektiven und individuellen Bedürfnisbefriedigung wandert und also, statt mangels ziviler Gütererzeugung in einer ganz auf die Produktion von parasitären Zwangsenteignungsmitteln abgestellten heimischen Industrie als monetärer Anteil an den Märkten der Provinz in toto auf diese zurückzuschlagen und ihnen im vollen Umfang des durch ihn verkörperten konsumtiven Anspruchs zur Last zu fallen, im Gegenteil unwiderruflich aus den Märkten der Provinzen auf den Markt der Republik überwechselt, um dort als im traditionellen Sinne wirtschaftsbelebende Funktion, als die Subsistenzmittel- und Konsumgütererzeugung, kurz, die materielle Reproduktion der Gesellschaft, fördernde Investition zum Tragen zu kommen.