6. Extraktionswirtschaft
Die Kombination aus staatlichen Kontributionen und persönlichen Konfiskationen versetzt dem normalen kommerziellen Austausch mit den Provinzen den Todesstoß. Dennoch gibt es für die kommerzielle Funktion ein Leben nach dem Tod: Sie überlebt als Kollaborateur und Erfüllungsgehilfe der kompensationslos-requisitorischen Aneignungspraxis, der die römische Nobilität die Provinzen unterwirft.
Wenn man so will, dienen die Konfiskationen dazu, jene im eigenen Beitrag zum Markt bestehende Gegenleistung halbwegs zu kompensieren und quasi in Surrogatform darzustellen, die jeder kommerzielle Zusammenhang ganz selbstverständlich und kraft schierer Systemlogik sicherstellt und die hingegen das Kontributionssystem nur in der parasitär-perversen Form einer Verbesserung der Kapazität zur ohne Gegenleistung erzwungenen Teilhabe an den produktiven Leistungen anderer erbringt. Zwar sind auch die konfiszierten, vom Statthalter in die eigene Tasche gewirtschafteten Gelder Resultat einer auf Basis militärischer Gewalt exekutierten entschädigungslosen Enteignung und insofern formell ein ohne Gegenleistung, ohne eigenen Beitrag zum provinziellen Markt, erhobener monetär verkörperter Anspruch auf einen Teil der auf dem provinziellen Markt versammelten Güter, aber weil sie anders als die kontribuierten, in die staatliche Kriegskasse wandernden Gelder nicht der immer wieder nur als Instrument zum gewaltsamen Zugriff auf provinzielle Märkte und zur entschädigungslosen Selbstbedienung auf diesen Märkten tauglichen Rüstung zugute kommen, sondern direkt oder indirekt in die heimische Subsistenzmittel- und Konsumgüterproduktion fließen, bleiben die provinziellen Märkte von dem in diesen Geldern verkörperten materiellen Anspruch verschont und hat dessen Materialisierung vielmehr Selbstversorgungsanstrengungen im eigenen Haus, kurz, die Belebung und Förderung der heimischen zivilen Handwerke und Dienstleistungen zur Folge. Wenn also auch die privativ vorgenommenen Konfiskationen der Statthalter keinem realen Beitrag Roms zur Versorgung seiner Provinzen entspringen und insofern alles andere als Ausdruck eines funktionierenden, im do ut des materiellen Güteraustauschs bestehenden kommerziellen Zusammenhangs sind, resultieren sie doch immerhin in einem Beitrag zur Selbstversorgung, haben mit anderen Worten den Effekt, die im gesamten Marktsystem vorhandene Menge an materiellen Gütern zu vergrößern, und wirken insofern der durch die Kontributionen begünstigten fatalen Entwicklung entgegen, derzufolge die römische Wirtschaft ihre produktiven Anstrengungen immer ausschließlicher auf die Vergrößerung ihrer Kapazität konzentriert, sich mit Gewalt und ohne Gegenleistung Anteile an der Güterproduktion der Provinzen zu sichern, und deshalb die Wirtschaft der Provinzen immer stärker mit der Aufgabe, für die materielle Reproduktion nicht nur der eigenen Bevölkerungen, sondern auch der gesamten römischen Gesellschaft zu sorgen, belastet und in der Tat am Ende überfordert.
Diese entlastende, eine andernfalls zwangsläufige Entwicklung, die das Kontributionssystem provoziert, wenn schon nicht völlig unterbindende, so immerhin doch entschärfende und auf die lange Bank schiebende Funktion also ist der objektive Grund, warum die privativ-konfiskatorische Selbstbereicherung der Provinzstatthalter vom Führungscorpus der Republik, vom Senat, stillschweigend toleriert, um nicht zu sagen, gutgeheißen wird. Weil die persönlich und im Eigeninteresse geübte Konfiskationspraxis der Prokonsuln und Proprätoren dem staatlich und im öffentlichen Auftrag von ihnen praktizierten Kontributionssystem halbwegs den Stachel seiner die heimische Wirtschaft betreffenden deformativen Tendenzen zieht, weil sie nicht zwar einen vollgültigen Ausgleich, immerhin aber eine Art Surrogat für die belebende Wirkung schafft, die der normale kommerzielle Austausch auf die heimische Güterproduktion hat und die das Kontributionssystem zugunsten einer immer stärkeren Konzentration auf schieren Parasitismus unterbindet, können die Kollegen der Prokonsuln und Proprätoren, die korporativ organisierten Patres, gar nicht anders, als in dieser Konfiskationspraxis einen die Verhältnisse in der Republik stabilisierenden und dem Kontributionssystem, dem sich die letztere bis auf unbestimmt weiteres verschrieben hat, allererst Bestand verleihenden Faktor, wenn nicht bewusst zu erkennen, so jedenfalls faktisch gelten zu lassen.
Dass der von den Statthaltern ad personam konfiszierte Reichtum durch seine zivile Verwendung einen Ausgleich für die ökonomische Schieflage schafft, die der per officium kontribuierte Reichtum dadurch, dass er in die Rüstung und ins Militär fließt, bewirkt, dass also dieser privatim konfiszierte Reichtum halbwegs und wenigstens in seiner Konsequenz den Effekt zeitigt, der auf der ganzen Linie und nämlich auch schon im Prinzip mit kommerziellem Reichtum verknüpft ist und dass durch diese seine Simulation der Wirkweise kommerziellen Reichtums der konfiszierte Reichtum dem römischen Kontributionssystem eine Lebenskraft vindiziert, die es andernfalls nie und nimmer bewiese – dies versetzt nun allerdings der kommerziellen Funktion selbst und den traditionellen Formen, in denen sie sich entfaltet, beziehungsweise den habituellen Aktivitäten, mittels deren sie ihrem Akkumulationszweck dient, den Todesstoß. Und zwar den Todesstoß nicht bloß im oben explizierten systematisch-theoretischen Sinne, nämlich in dem Sinne, dass sie sich durch die römische Expansionspolitik und deren finanzielle Fundierung in einem System Kontributionen leistender Provinzen aus einem partiellen Haben in ein totalisiertes Soll, aus einem aktuellen Normalfall in ein finales Idealbild überführt sieht, dass sie sich mit anderen Worten durch die mittels Kontributionen finanzierte Expansionspolitik der Republik aus der Stellung einer hier und jetzt herrschenden, paradigmatischen Reichtumsbeschaffungspraxis verdrängt und in die enigmatische Ferne eines am Ende der Reichtumsbeschaffung mit anderen Mitteln, die das expansive Treiben der Republik erheischt, auf welthistorisch erweiterter Bühne wieder Geltung erlangenden, universalen Bereicherungsmodus, wie man will, entrückt oder abgeschoben zeigt. Vielmehr ist hier die Rede vom Todesstoß auch und mehr noch empirisch-praktisch zu verstehen, nämlich so, dass die kommerzielle Funktion mit ihren traditionellen Erscheinungsformen als die gesellschaftliche Wirklichkeit, die sie seit alters darstellt, und als die politisch-ökonomische Macht, die sie bis dahin verkörpert, durch die kombinierte Konkurrenz aus staatlichen Kontributionsmaßnahmen und persönlichen Konfiskationsanstrengungen regelrecht dysfunktionalisiert und erdrückt wird und das heißt, sich nicht bloß qualitativ der Ersetzbarkeit und folglich Entbehrlichkeit überführt, sondern erst einmal und vor allem quantitativ um ihre Manövriermasse, ihren Handlungsstoff gebracht findet.
In der Tat sind es die konfiskatorischen Selbstbereicherungsanstrengungen der Provinzstatthalter, die das Maß ihrer pro domo der Republik geübten kontributiven Besteuerungsaktivitäten voll machen und die in den Provinzen die auf exaktiv-direktem Wege beschlagnahmte und enteignete Wertmasse ein Volumen erreichen lassen, das jeder transaktiv-indirekten Aneignungspraxis im metaphorischen Doppelsinn das Wasser abgraben und den Boden entziehen, sprich, jede Akkumulation durch kommerziellen Austausch im buchstäblichen Sinne zur Gegenstandslosigkeit verurteilen. Von ihren prokonsularischen und proprätorischen Verwaltern auf zweifache Weise, amtlich und persönlich, pro publico et pro persona, zur Ader gelassen, haben die Provinzen gar nicht genug Wirtschaftskraft, um der kommerziellen Funktion der Römischen Republik daneben noch die üblichen Absatzmärkte und mithin die erste und oberste Voraussetzung für die gewohnte Akkumulationsstrategie durch äquivalenten Warenaustausch bieten zu können. Und gleichzeitig ist es aber auch jene konfiskatorische Selbstbereicherung der Provinzstatthalter, die auf dem heimischen Markt für ein Mehr an subsistenzieller Nachfrage und konsumtivem Anspruch sorgt, die damit eine binnenwirtschaftlich belebende Rolle spielt und den außenwirtschaftlichen Ausfall der kommerziellen Funktion und des von letzterer ausgehenden Antriebs für die zivile Güterproduktion wenn schon nicht aufwiegt und wettmacht, so jedenfalls doch halbwegs kompensiert und in seinen Konsequenzen entschärft, und die so zur relativen Stabilisierung der Gesamtwirtschaft beiträgt und der auf längere Sicht fatalen Schieflage entgegenwirkt, in die das Kontributionssystem dank seiner Begünstigung rüstungsindustrieller und militärdienstlicher Leistungen eben jene Gesamtwirtschaft unweigerlich hineintreibt.
Indem die konfiskatorische Selbstbereicherungspraxis demnach aber beides tut, indem sie einerseits als der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, oder, besser gesagt, als das Quantum, das die Masse ins Maß umschlagen lässt, wesentlich dabei mithilft, die kommerzielle Funktion auszuhebeln und gegenstandslos werden zu lassen, und andererseits aber sicherstellt, dass die mit nichtkommerziellen Mitteln geübte Bereicherungsstrategie der Republik deren Wirtschaft nicht auf die schiefe Bahn einer kriegswirtschaftlichen Spezialisierung geraten lässt, die auf eine letztlich unhaltbare "Arbeitsteilung" zwischen der Republik und ihren Provinzen hinausläuft – indem sie mit anderen Worten maßgeblich daran mitwirkt, die Handelstätigkeit zwischen Rom und seinen Provinzen ihres Lebenselixiers, der in Geldform zirkulierenden, als Kapital den Austausch antreibenden und vermittelnden Wertmasse, zu berauben, und gleichzeitig entscheidend dazu beiträgt, dass dieser durch sie mitverschuldete Mangel an Handelstätigkeit nicht vernichtend auf die zivile Güterproduktion Roms zurückschlägt und das wirtschaftliche Verhältnis zwischen der Stadt und ihren Provinzen nicht katastrophal aus dem Lot bringt, besiegelt sie, wie gesagt, das Schicksal der als Garant des Zugriffs auf die bundesgenossenschaftlichen Märkte und als Agent des außenwirtschaftlichen Reichtumserwerbs bis dahin unentbehrlichen kommerziellen Funktion und versetzt ihr als einer selbsttätigen politisch-ökonomischen Einrichtung und selbständigen gesellschaftlichen Macht in der Tat den Todesstoß.
Wohlgemerkt, in ihrer bisherigen Erscheinung und vollständigen Gestalt als selbständige Vermittlungsagentur und selbsttätiges Austauschverfahren, nicht hingegen in ihrer bleibenden Bedeutung und rudimentären Form als abhängiges Vollzugsorgan und dienendes Transformationsinstrument, wird der kommerziellen Funktion durch die aus amtlichen Kontributionen und persönlichen Konfiskationen kombinierte statthalterschaftliche Enteignungsstrategie der Todesstoß versetzt. Nicht zwar für die kommerzielle Funktion in ihrer vollen zyklischen Verlaufsform eines Geldwert auf dem heimischen Markt in mehrwertige Ware, diese Ware auf anderen Märkten in äquivalentes Geld, das Geld auf den anderen Märkten in abermals mehrwertige Ware und die Ware schließlich auf dem heimischen Markt in wiederum äquivalentes, aber im Vergleich mit dem Ausgangswert doppelt mehrwertiges Geld überführenden Mechanismus – nicht also zwar für die solcherart voll entfaltete kommerzielle Funktion, wohl aber für sie in ihren elementaren Bestandteilen, den abstrakten Grundformen einer wechselweise-wandlungsmächtigen Umsetzung besonderer Wertverkörperungen in die allgemeine Wertform und der allgemeinen Wertform in besondere Wertverkörperungen, das heißt, für sie als in ihrer elementaren Struktur, in abstracto, allein vom Äquivalenzprinzip bestimmte Technik der Vertauschung von Waren mit Geld und von Geld mit Waren, gibt es durchaus ein Leben nach dem Tod, den die aus staatlichen Kontributionen und persönlichen Konfiskationen kombinierte Bereicherungspraxis der Statthalter ihr bereitet. Schließlich haben, wenn sich die Römische Republik in persona ihrer senatorisch verfassten, noblen Führungsschicht durch gewaltsam-direkten militärischen Zugriff, durch die besitzgierige Requisition von Werten, statt durch listig-indirekten kommerziellen Austausch, durch die gewinnträchtige Transaktion von Waren, Marktanteile in den Provinzen, eine Teilhabe an deren gesammeltem Reichtum, verschafft, diese Anteile unmittelbar die Form von allgemeinem Äquivalent, die als Passepartout der Warentotalität auf dem Markt firmierende Geldform, und müssen also auch erst einmal zur Geltung gebracht, realisiert, als der materielle Reichtum eingelöst werden, auf den der gewaltsam genommene Anteil am Markt letztlich zielt. Und wer böte sich für die Erledigung dieser, durch die reine Wertkörperlichkeit, in der auf dem Markt der materielle Reichtum unmittelbar erscheint, erforderlich werdende Einlösungs- und Realisierungsaufgabe wohl eher an als die kommerzielle Funktion, die ja im Zuge ihres normalen Funktionierens und nämlich in einem als Phase wiederkehrenden Moment ihres vollständigen Zyklus mit der Einlösung konsumtiver Ansprüche an den Markt, das heißt, mit dem Austausch von auf dem Markt befindlichen Waren gegen an den Markt herangetragenes Geld, routinemäßig befasst und professionell darin geübt ist?
Gleichgültig, ob die in Gestalt von allgemeinem Äquivalent, in Geldform, zwangsweise angeeigneten Marktanteile der kontributionsspezifischen Zweckbindung gemäß als neue Mittel zur zwangsweisen Requisition weiterer Marktanteile, mithin als Rüstungsgüter, realisiert oder ob sie auf dem indirekten Weg der Ausgaben für militärisches Personal und in der direkten Konsequenz der konfiskatorisch-privaten Bereicherungspraxis der Statthalter im Bereich der Subsistenzmittel und der Konsumgüter geltend gemacht werden – in jedem Fall ist es die den Markt konstituierende kommerzielle Funktion beziehungsweise ist es die diese Funktion wahrnehmende Gruppe der Handeltreibenden, der die Aufgabe einer Realisierung der Gebrauchswerte, die im Geldwert stecken, quasi von Natur und nämlich kraft des zur gesellschaftlichen Grundstruktur eingefleischten und zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Soll und Haben, Leistung und Vergütung vermittelnden geldförmig-distributiven Mechanismus zufällt. Die kommerzielle Funktion der Republik ist also unverändert als die zwischen gesellschaftlichen Produzenten beziehungsweise deren territorialer Herrschaft im allgemeinen und zwischen römischem Markt und auswärtigen Märkten im besonderen den Warenaustausch makelnde Mittlerinstanz gefragt und im Geschäft. Verändert hat sich nur, dass im auswärtigen Handel, im Austausch mit den fremden Märkten, jetzt ein nichtkommerzieller Faktor Geltung erlangt hat und eine ebenso wohl als Bruch im zirkulativen Kontinuum wie als Geschäftspartnerwechsel beschreibbare Zäsur bewirkt, dass mit anderen Worten aufgrund der ineins amtlich-kontributionssystematischen und persönlich-konfiskationspraktischen Intervention der römischen Provinzialverwaltung jetzt die eigene römische Nobilität und Führungsschicht, teils in staatlicher, senatorisch-kollektiver Form, teils in privater, prokonsularisch-individueller Gestalt, zum wichtigsten Warenabnehmer und kapitalen Geldgeber für den römischen Handel avanciert ist und die Herrschaften und Handeltreibenden der eroberten Gebiete aus der Rolle von Hauptgeschäftspartnern für den römischen Außenhandel, die sie bis dahin spielten, in der Tat verdrängt hat.
Indem die politisch-militärische Führung der Römischen Republik einen substanziellen Teil der in den Provinzen zirkulierenden geldförmigen Wertmasse teils im Dienste des Staates, teils in Selbstbedienung an sich bringt und mit Mitteln exaktiver Gewalt und kompensationsloser Beschlagnahmung den provinziellen Eignern entwendet, sieht sich der auf eben jene Wertmasse als auf das für den Absatz seiner Waren erforderliche Äquivalent angewiesene römische Handel gezwungen, den Austauschpartner oder kommerziellen Kontrahenten zu wechseln und die benötigte Wertmasse dort zu reklamieren und gegen ein entsprechendes Warenangebot auszulösen, wo sie sich nunmehr befindet, nämlich in der staatlich-öffentlichen Hand und der persönlich-privaten Verfügung der eigenen politisch-militärischen Führungsschicht, statt sie dort aufzusuchen und einzutauschen, wo sie sich bis dahin aufhielt: in der herrschaftlichen Verwahrung und im bürgerlichen Besitz der fremden Gemeinschaften und ihrer Märkte. Will der römische Handel seine kommerziellen Aktivitäten wie gewohnt fortsetzen, so muss er sich umorientieren, muss sich nach der Decke der neuen Macht- und Besitzverhältnisse strecken, muss zur Kenntnis nehmen und zum Maßstab seines Handelns, seines Selbstseins, werden lassen, dass die Geldanbieter und Warenabnehmer, die er für seine kommerziellen Beziehungen nach draußen braucht, nicht mehr dort zu finden sind, sondern ihm aus den Reihen des eigenen Gemeinwesens, in Gestalt der die Römische Republik politisch-militärisch führenden Nobilität entgegentritt. Und indem er sich mit der solcherart veränderten Situation arrangiert, macht sich nun aber der römische Handel nolens volens zum Erfüllungsgehilfen für die wesentlich nichtkommerzielle, gewaltsam-exaktive, kompensationslos-requisitorische Aneignungspraxis, der sich die römische Nobilität mittels Provinzialsystem verschreibt und der sie fortan sowohl ihren staatlich-öffentlichen als auch ihren persönlich-privaten Reichtum, die Wertmasse, auf die der Handel angewiesen ist, maßgeblich verdankt.
Im Interesse der Aufrechterhaltung seiner gewohnten kommerziellen Geschäftigkeit, der Fortsetzung seiner normalen, im Äquivalententausch, im zyklischen Austausch von Ware gegen Geld und Geld gegen Ware bestehenden Aktivität, kollaboriert also der römische Handel mit einer politisch-militärischen Macht, die eben dies für alle kommerzielle Funktion grundlegende Prinzip des Äquivalententauschs außer Kraft setzt. Und zwar außer Kraft setzt nicht sowohl in dem prinzipeigenen, systemkompatiblen Sinne, in dem die kommerzielle Funktion das selber tut und in dem die Außerkraftsetzung ihres Prinzips eine conditio sine qua non ihres Bestehens ist, in dem Sinne nämlich, dass überall da, wo monetäre Ansprüche an den Markt zugeteilt und materiale Leistungen für den Markt erbracht, wo also Geld, die symbolische Repräsentanz der auf dem Markt versammelten Waren, gegen Nützliches, die reale Präsenz der zu Markte getragenen Güter, ausgetauscht wird, der Markt seinen Anteil fordert und im Interesse seiner eigenen Existenz und Entfaltung Akkumulation betreibt, sprich, mehr Wert in Form der ihm zugetragenen Güter nimmt, als er in der den Zuträgern überlassenen Geldform gibt und insofern also Nichtäquivalenz zum unverbrüchlichen Moment des Äquivalententauschs werden lässt. Außer Kraft gesetzt wird vielmehr das Äquivalenzprinzip in dem ebenso radikalen wie systemsprengenden Verstand, dass bei der Realisierung des Werts der zu Markte getragenen Güter, das heißt da, wo die von den Zuträgern zum Markt erworbenen geldförmigen Ansprüche an den Markt gegen das als Produkt jener Leistungen auf dem Markt befindliche Nützliche eingelöst, gegen die auf dem Markt zirkulierenden Waren eingetauscht, werden, die Zuträger beileibe nicht den Warenwert erhalten, auf den die von ihnen gelieferten Güter und erbrachten Leistungen einen Anspruch begründen, weil unterdes eine dritte Instanz, die im Mittelmeerraum kriegerische Eroberungen machende und das römische Provinzialsystem stiftende senatorische Führungsschicht der Republik, ihnen mit militärherrschaftlicher Gewalt und kraft provinzialbürokratischer Verfügung einen Teil ihres geldförmig existierenden Anspruchs abgeknöpft hat und diesen Teil nun als eigenen Anspruch auf dem Markt geltend macht, mit ihm zu Lasten der um ihn Geprellten einen Anteil an dem Warenwert erwirbt, den die von ihm repräsentierten beziehungsweise in ihm verkörperten Arbeitsleistungen der Geprellten geschaffen haben. So gewiss die von den prokonsularischen oder proprätorischen Verwaltungen als Kontributionen von Amts wegen beschlagnahmten und als Konfiskationen in eigener Regie vereinnahmten Gelder Teil der Wertmasse sind, die im Austausch von marktgängiger Münze und marktbezüglichen Leistungen als Gegenleistung in die Hände der Leistungen für den Markt Erbringenden gelangt, um deren Ansprüche an den Markt universal zu vertreten und ubiquitär einlösbar werden zu lassen, so gewiss bedeutet jene staatliche Beschlagnahmungs- und persönliche Vereinnahmungspraxis, dass durch die gewaltsam-expropriative Intervention der römischen Enteigner die cum grano salis bis dahin herrschende kommerzielle Äquivalenzbeziehung ausgehebelt und mit dem Resultat einer offenkundigen Benachteiligung derer verdrängt wird, die das Gesamt der Leistungen für den Markt erbringen und aber nur jenen Teil der dadurch erworbenen geldförmigen Ansprüche an den Markt geltend machen können, den die römischen Enteigner ihnen lassen.
Zwar scheint diese Beeinträchtigung und in der Tat Aussetzung des Äquivalenzprinzips, da sie ja mit nichtkommerziellen Mitteln bewirkt wird und quasi im Zwischenraum zwischen den das kommerzielle Geschehen konstituierenden beiden Handlungsphasen, im Niemandsland zwischen wertakkumulierendem Kauf von Leistungen und wertrealisierendem Verkauf von Waren statthat, erst einmal gar kein kommerzielles Problem zu sein und den römischen Handel als solchen gar nicht in Mitleidenschaft ziehen zu können. Was kann der römische Handel dafür, dass die Führungsschicht der Republik mittels ausbeuterischem Provinzialsystem seinen Handelspartnern, den Provinzmärkten und deren Zuträgern und Kunden, geldförmige Ansprüche an den Markt, die sich diese durch ihre Güter und Dienstleistungen erworben haben, zwangsweise abknöpft und mit dem gewaltsam angeeigneten Geld nun ihrerseits Ansprüche an den Markt geltend macht? Und auch dass es der Markt, der auf Geldbasis funktionierende kommerzielle Austauschzusammenhang, ist, der die strukturelle Grundlage für die exaktiv-direkte Enteignungsstrategie der römischen Nobilität bietet, dass mit anderen Worten ohne die Dazwischenkunft des Geldes als ineins das Mittel zur Akkumulation von Wert in Warenform und zur wertrealisierenden Distribution der die Warenform materialisierenden Gebrauchsgüter jene kontributiv beziehungsweise konfiskatorisch geübte Reichtumsaneignungspraxis der römischen Nobilität kaum oder gar nicht durchführbar wäre – auch dies scheint den römischen Handel sowenig kompromittieren zu müssen, wie die bloße Möglichkeit zum Missbrauch denjenigen, der sie durch sein Tun eröffnet, schon zum wirklichen Missetäter macht.
Was allerdings die kommerzielle Funktion der Republik beziehungsweise sein empirisches Dasein, den römischen Handel, in der Tat zutiefst kompromittiert und mit einem Schlage zum Komplizen, zum aktiven Erfüllungsgehilfen der nichtkommerziellen, das Äquivalenzprinzip mit Füßen tretenden Macht werden lässt, die in das Marktsystem einbricht, ist dies, dass er die intervenierende Macht umstandslos als neuen Geschäftspartner akzeptiert, dass er sie ungeachtet ihres kommerzfeindlichen, auf Kosten der alten Handelspartner durchgesetzten und nämlich mit deren Mitteln bestrittenen Einstiegs in das Austauschsystem als normalen Kontrahenten und vielmehr zentralen Faktor des Systems gelten lässt. Kaum macht sich die römische Nobilität im außenwirtschaftlichen Bereich der Republik breit und eignet sich mitttels der militärischen Gewalt und des bürokratischen Zwangs des Provinzialsystems einen Teil der dort verhandelten Wertmasse in Geldform an, schon beeilt sich die kommerzielle Funktion der Republik, dem räuberischen Eindringling in ihre Gerechtsame die Honneurs zu machen und ihn als neuen Mitspieler, als dank der Unwiderstehlichkeit seiner Aneignungsstrategie sichere Bank und feste Größe in das Austauschsystem einzubeziehen, steht mit anderen Worten der römische Handel bereit, durch sein Handeln jene kompensationslos-gewaltsame Umverteilung und expropriativ-zwangsweise Anteilnahme der römischen Nobilität, die allem kommerziellen Austausch und aller für ihn maßgebenden Äquivalenz ins Gesicht schlägt, als reguläre Erscheinung und in der Tat konstitutiven Bestandteil des Systems zu sanktionieren.
Um durch die Todsünde wider den Geist äquivalenter Austauschbeziehungen, die die Bereicherungspraxis der römischen Kolonialverwaltung darstellt, nicht der Dysfunktionalisierung überantwortet und zugrundegerichtet zu werden und ihr Akkumulationsgeschäft wie gehabt weitertreiben zu können, lässt die kommerzielle Funktion der Republik diese nichtkommerzielle Bereicherungspraxis als normales Moment des kommerziellen Prozesses durchgehen, nimmt die Sünder in Gnaden in ihren unversehrt sich behauptenden Wirkungskreis auf und breitet den kaschierenden Mantel egal-transaktiver Beziehungen über ihr inegal-exaktives Tun. So gewiss sie die patrizisch-senatorischen Kontributionsnehmer und Konfiskateure unter Abstraktion vom irregulären Charakter ihres Einstiegs in das kommerzielle Austauschsystem wie gewöhnliche Austauschpartner traktiert, so gewiss integriert die kommerzielle Funktion der Republik auf funktionellem Wege in das System, was das System aus struktureller Perspektive eigentlich sprengt, und sichert, indem sie den Pfahl im Fleisch der Ökonomie der Provinzen in ein Füllhorn für sich selbst, den auf den fremdem Märkten schadenstiftenden Fremdkörper in ein eigenes lebenspendendes Organ verwandelt, ihrem Dasein Kontinuität und gedeihliche Präsenz.
Wie bei jeder als Pakt mit dem Teufel beschreibbaren Umfunktionierung liefert sich die kommerzielle Funktion allerdings auch hier dem ins eigene Organ verwandelten Fremdkörper aus, begibt sich in unwiderrufliche Abhängigkeit von ihm, unterwirft sich seiner fremdbürtigen Dynamik. Eben weil der römische Handel mit der Kraft und Konsistenz des kommerziellen Zusammenhanges die nichtkommerzielle Intervention, sprich, die austauschwidrig gewaltsame Expropriationspraxis der römischen Nobilität kaschiert und integrativ bewältigt, wird nun diese integrierte Praxis zum wesentlichen Faktor und konstitutiven Moment seines eigenen Funktionierens und zwingt ihm die Progression und explosive Entwicklung, die sie im Zuge der durch sie ermöglichten militärischen Expansionsstrategie der Republik nimmt, als eine ihn ebensosehr von Grund auf verändernde wie im Kern berührende Verlaufsform auf. Je mehr diese Exppropriationspraxis dank der durch sie ermöglichten Expansion der Republik an Volumen und ubiqutärer Geltung gewinnt, um so mehr findet sich die kommerzielle Funktion in der Tat aus ihrer eigenständigen Position als Organisatorin eines auf Äquivalenz, auf Gegenseitigkeit der Leistungen, basierenden Austausches verdrängt und zum Handlanger und Erfüllungsgehilfen jenes in Gestalt der römischen Nobilität intervenierenden nichtkommerziell-exaktiven, kompensationslos-appropriativen Teilhabers am Markt degradiert, mit Rücksicht auf den sich ihre funktionell scheinbar unveränderte Austauschtätigkeit auf ein Umverteilungsgeschäft reduziert und nämlich darauf beschränkt, die materiellen Güter, für die die geldförmige Wertmasse einsteht, die sich die römische Nobilität mittels Kontributionen und Konfiskationen angeeignet hat, unter der Camouflage eines regulären Austausches denen, die sich den Anspruch darauf erworben haben, vorzuenthalten und statt dessen in die Hände der Kontributionsnehmer und Konfiskateure gelangen zu lassen.
An dieser zunehmenden Entmündigung des römischen Handels, seiner unaufhaltsamen Verwandlung in einen Kollaborateur beim nichtkommerziellen Enteignungsgeschäft und Umverteiler in Diensten der römischen Nobilität kann auch nichts die oben vermerkte Tatsache ändern, dass nicht die ganze, dem kolonialen Austauschzusammenhang mit exaktiver Gewalt entzogene geldförmige Wertmasse auf den kolonialen Märkten als Anspruch geltend gemacht und in Gestalt von materiellen Gütern eingelöst, sprich, zu Umverteilungszwecken genutzt wird, sondern dass diese Wertmasse vom römischen Handel hauptsächlich auf den heimischen Markt der Republik transferiert und dort als wirtschaftsfördernde, weil nachfragebelebende Konsumkraft zum Einsatz kommt. So gewiss nämlich Hauptnutznießer der in den internen Austauschzusammenhang der Republik eingespeisten kolonialen Kontributionen Rüstungsindustrie und Kriegsdienstleistende sind und also Hauptzweck der Entfaltung des römischen Marktes immer wieder nur die Ausdehnung und Intensivierung der militärisch-kolonialsystematischen Expropriationspraxis der römischen Führungsschicht ist, so gewiss dient jene scheinbar andere, vermeintlich auf eine binnenwirtschaftliche Belebung statt auf die außenwirtschaftliche Ausbeutung gerichtete Verwendung der kontribuierten Gelder nur dazu, die militärisch-exaktive Umverteilung auf eine stets erweiterte Grundlage zu stellen und in jeweils größerem Maßstab zu praktizieren.
Und auch der Umstand, dass der in privativen Konfiskationen statt in staatlichen Kontributionen bestehende Teil der gewaltsam-angeeigneten Wertmasse tatsächlich der zivilen Nachfrage auf dem heimischen Markt zugute kommt und sich also im Sinne einer Belebung des normalen, auf die Befriedigung subsistenzieller und konsumtiver Bedürfnisse abgestellten Güteraustauschs auswirkt, vermag an der neuen Handlangerrolle des römischen Handels. seiner ihn auf Umverteilungsaufgaben im Dienste der römischen Nobilität und ihrer Expropriationspraxis reduzierenden strukturellen Abhängigkeit nichts Wesentliches zu ändern, da ja, rebus sic stantibus, dieses Moment von kommerzieller Normalfunktion höchstens dazu taugt, eine ansonsten drohende fatale Arbeitsteilung zwischen nichts als Militärkraft für die Ausplünderung der Provinzen zu produzieren bestrebter römischer Wirtschaft und demgemäß die Gesamtheit der Konsumgüter für die Erhaltung Roms zu erzeugen gezwungener kolonialer Wirtschaft zu verhindern oder jedenfalls auf die lange Bank zu schieben, sprich, durch die Gewährleistung eines Rests von Ausgewogenheit in der zivilen Güterproduktion jene Überbelastung der kolonialen Ökonomien zu verhindern, die zum Bankrott des ganzen kommerziellen Systems und also auch der dem kommerziellen System parasitär aufgepfropften und mit seiner Hilfe funktionsfähig gemachten nichtkommerziellen Ausbeutungsstrategie führen müsste.
So sehr ihre komplizenschaftliche Unterstützung der militärisch-exaktiven Expropriationspraxis der Nobilität ideell einem Selbstverrat der kommerziellen Funktion gleichkommt, so sehr zieht letztere doch materiellen Nutzen aus ihrer Kollaboration, da ihr die in jener Expropriation implizierte Außerkraftsetzung des Äquivalenzprinzips exorbitante Gewinnspannen ermöglicht, die wiederum zu einer außerordentlichen Beschleunigung der die Marktrepräsentanten in die Nobilität integrierenden Gentryfizierung zur Folge haben.
Dass sich demnach der römische Handel unabwendbar zum Komplizen und Erfüllungsgehilfen der in seinem indirekt-transaktiven Austauschzusammenhang raumgreifenden direkt-exaktiven Aneignungspraxis der römischen Nobilität degradiert findet, bedeutet zwar ideell oder dem qua Äquivalenz ausgesprochenen strukturellen Prinzip nach, dass er als autonomer Kontrahent und frei makelnde Instanz den Geist aufgibt und aus seinem spirituellen Tode nur als das täuschend echte Vexierbild seiner selbst, als sein eigener, fremdbestimmter Wiedergänger wiederaufersteht. Materiell allerdings oder dem in Akkumulation bestehenden funktionellen Resultat nach vollzieht sich diese seine ihn von Grund auf umkrempelnde und in der falschen Sichselbstgleichheit einer unter der funktionell identischen Oberfläche völlig differenten Struktur kontinuierende Reanimation keineswegs zu seinem Schaden und wird ihm im Gegenteil durch eine außerordentliche Steigerung seines Gewinnanteils am scheinbar unverändert getätigten Austauschgeschäft versüßt. Nicht nämlich bloß, dass die geldförmige Wertmenge, die sich die römische Nobilität in den Kolonien auf dem direkt-exaktivem Wege staatlicher Kontributionen und persönlicher Konfiskationen aneignet und die im Zuge ihrer Umwandlung in materielle Güter in den Händen der Handeltreibenden landet, den letzteren den üblichen Gewinnanteil verschafft, weil dieser als Einlösung geldförmiger Ansprüche an den Markt begreiflichen Transaktion ja eine die Ansprüche begründende Reihe von sächlichen und persönlichen Leistungen für den Markt vorausgeht, deren warenförmiger Gesamtwert nach dem Usus des Marktes den Wert der für sie gezahlten Geldmenge um den Anteil der Handeltreibenden übersteigt und weil mit anderen Worten die Einlösung der durch Leistungen erworbenen geldförmigen Ansprüche an den Markt die Repräsentanten des Marktes mit einem uneingelösten Mehr an warenförmiger Leistung zurücklässt, das sie anderweitig einlösen und als den Mehrwert, ihren Anteil, verbuchen können. Zu diesem normalen, vom Markt für seine distributive Tätigkeit reklamierten und ihm von den fron- oder marktwirtschaftlichen Erzeugern jeweils bereits vor deren Schröpfung durch die kontributive und konfiskatorische Praxis der römischen Expropriateure überlassenen Anteil kommen vielmehr noch die außerordentlichen Gewinne hinzu, die den römischen Handeltreibenden aus eben dieser Kontributions- und Konfiskationspraxis wegen der für sie konstitutiven Außerkraftsetzung des kommerziellen Äquivalenzprinzips zufließen.
Weil die kraft Kontributionen und Konfiskationen erworbenen geldförmigen Ansprüche an den Markt nicht Resultat einer austauschförmigen Äquivalenzrechnung, einer im Wert korrespondierenden und cum grano salis, sprich, vorbehaltlich des Marktanteils, kompensatorischen materiellen oder strukturellen Leistung für den Markt, sondern statt dessen unvermittelte Konsequenz einer korrespondenzlosen Gewaltübung und aller kompensatorischen Absicht unverdächtigen Enteignungshandlung sind, weil mit anderen Worten die römischen Expropriateure keine am äquivalenzbestimmten Austausch von marktgängigen Leistungen gegen markteigene Münze mitwirkenden Geschäftspartner, sondern in diesen Austauschzusammenhang einbrechende und umstandslos an seinem Resultat, der für die Leistungen gezahlten Münze, partizipierende Abzocker sind, bleibt nun auch der auf den Markt gezogene Wechsel, den in Gestalt der den Leistungserbringern entwendeten Münze die Expropriateure präsentieren, bleibt die Einlösung der qua Münze geltend gemachten Ansprüche an den Markt relativ abstrakt und markant indifferent gegenüber der Äquivalenzrücksicht, die ursprünglich maßgebend und für den Erwerb der geldförmigen Ansprüche durch persönliche oder sächliche Leistungen bestimmend war. So gewiss die römischen Expropriateure bei ihrer gewaltsam-exaktiven Aneignung von Tauschwert das Grundgesetz allen kommerziellen Austausches, das Äquivalenzprinzip, außer Kraft setzen, so gewiss spielt das Prinzip nun auch keine, oder jedenfalls keine maßgebende Rolle, wenn sie zu Markte gehen, um auf kommerziellem Wege den Tauschwert in Gebrauchswert zu überführen. Die Folge ist, dass die Repräsentanten des Marktes, die römischen Handeltreibenden, bei ihren Geschäften mit der Nobilität sei's in der korporativen Form des mit Kontributionen gefütterten römischen Staates, sei's in der individuellen Gestalt seiner durch Konfiskationen fett werdenden Beamten Profite erzielen, die weit über die Gewinnspanne hinausgehen, die ihnen dank des Anteils, den sie am Wert einer jeden zu Markte getragenen Leistung beanspruchen können, aller kommerzielle Austausch ohnehin einträgt.
Indem der mittels Markt betriebene Werterwerb, der kommerzielle Austausch von allgemeinem Wertäquivalent, Geld, gegen mehrwertige materielle Güter und strukturelle Leistungen, gefolgt ist von einer nichtkommerziellen, außerhalb des Marktes vor sich gehenden Wertexpropriation, einer kompensationslos-zwangsweisen Entwendung jenes allgemeinen Äquivalents durch die als Besatzungsmacht in den Kolonien schaltende und waltende römische Nobilität und indem nun aber diese Expropriation die bis dahin maßgebende Äquivalenzbeziehung zerstört und das allgemeine Äquivalent quasi absolut setzt, es statt als Beleg für erbrachte Leistungen, vielmehr nur abstrakt als Wechsel auf beanspruchte Güter vorstellig werden lässt, bleibt in den weiten Grenzen, die gewohnte Preiserwartungen und Billigkeitsrücksichten stecken, die Entscheidung darüber, wie viel Wertquantum in Gestalt besonderer Waren das allgemeine Wertäquivalent in Geldform kommandiert, den Repräsentanten des Marktes überlassen und wird so der Akt, der eigentlich nur der Wertrealisierung dient, der Verkauf von Waren an Geldbesitzer, zu einer Werterwerbsgelegenheit sui generis, einer weiteren, außerordentlichen Bereicherungsquelle, für den römischen Handel.
Durch exorbitante Profitspannen mehr als entschädigt und im Übermaß materiell belohnt findet sich demnach der römische Handel für seinen strukturellen Selbstverrat, seine Preisgabe der zwischen produzierenden Konsumenten und konsumierenden Produzenten bislang von ihm eingenommenen eigenständigen Mittlerrolle und auf eigene Rechnung wahrgenommenen Distributionsaufgabe zugunsten einer zwischen expropriativen Konsumenten und expropriierten Produzenten nunmehr von ihm erfüllten abhängigen Handlangerfunktion, sprich, im Dienste der römischen Nobilität geübten Umverteilungspraxis! Die Frage ist allerdings, was er mit seinem unverhältnismäßigen Zugewinn, seinem plötzlich neuen Reichtum anfangen soll. Ihn als Handelskapital zu verwenden, das heißt, in den Kauf weiterer mehrwertiger und abermals mit Gewinn zu verkaufender Waren zu stecken, kurz, zur Erweiterung der kommerziellen Aktivitäten, zu Akkumulationszwecken, zu nutzen, erscheint wenig aussichtsreich, da ja eben das, was der kommerziellen Funktion den außerordentlichen Zugewinn und die darin liegenden neuen Gewinnmöglichkeiten verschafft, die kolonialsystematisch-expropriative Intervention der römischen Nobilität, das normale Handelsleben lähmt und durchkreuzt und da also in einer Art Unschärferelation der durch Transaktionen mit den römischen Expropriateuren erzielte Profit zu Lasten der gewohnten gewinnbringenden Austauschbeziehungen mit den ausgebeuteten Kolonien geht: Weder kann der römische Handel hoffen, ein rasch wachsendes Kontingent heimischer Waren in den durch Kontributionen und Konfiskationen geschröpften Kolonien in klingende Münze zu verwandeln, noch kann er erwarten, dass eine koloniale Wirtschaft, die für jede Initiative, die sie entfaltet, und für jedes Wachstum, das ihr gelingt, ihren Obolus an die militärisch-bürokratische Fremdherrschaft entrichten muss, genug Lebendigkeit und Dynamik beweist, um ihm das für die Verwertung seiner außerordentlichen Gewinne nötige vergrößerte Warenkontingent zur Verfügung stellen zu können.
So gesehen, scheint dem römischen Handel beziehungsweise seinen Vertretern, den Repräsentanten des Marktes, gar nichts anderes übrig zu bleiben, als den neuerworbenen Reichtum auf jene in der Römischen Republik fest etablierte andere Art zu verwenden, die das römische Gemeinwesen als Gentrygesellschaft zu klassifizieren erlaubt, und nämlich den neuen Reichtum zu gebrauchen, um sich durch den Erwerb von Landbesitz in die Oberschicht einzukaufen, sich aus einem homo novus, einem geldbesitzenden Neureichen, in einen gutsbesitzenden Patrizier, einen eingesessenen Angehörigen der senatorisch verfassten Nobilität, zu transformieren. Die markant gesteigerten Profite, die den Marktrepräsentanten ihre Rolle als Handlanger und Erfüllungsgehilfen der von der Nobilität verfolgten gewaltsam-exaktiven Bereicherungsstrategie einträgt, scheinen ihnen also weder neue kommerzielle Perspektiven eröffnen zu können, noch scheinen sie dazu angetan, an dem gewohnten juniorpartnerschaftlichen Verhältnis etwas zu ändern, in dem sie sich gegenüber dem landbesitzenden Patriziat arretiert finden und das, wie einerseits ihnen den patrizischen Status als höchstes anzustrebendes Ziel ihrer kommerziellen Akkumulationsbemühungen vor Augen stellt, so andererseits der patrizischen Elite sie als soziale Nachschubbasis und als personales Auffüllreservoir zur Verfügung hält.
Das einzige, wozu jene exorbitanten Profite taugen, ist, den sozialen Aufstieg der Profiteure zu beschleunigen, das Umschlagstempo ihrer Gentryfizierung, ihrer Eingliederung in die senatorische Führungsschicht, zu erhöhen. Dafür, dass die römischen Handeltreibenden als an der kolonialsystematischen Ausbeutungsstrategie der römischen Nobilität passiv Beteiligte ihres Amtes walten und nämlich für die kommerzielle Umsetzung des mit nichtkommerziellen, militärisch-bürokratischen Mitteln erpressten geldförmig-virtuellen Reichtums in güterförmig-aktuelle Rüstung und Konsumtion Sorge tragen, finden sie sich durch eine immer raschere Aufnahme in eben jene senatorische Führungsschicht kraft Erwerbs des für letztere grundlegenden territorialeigentümlich-gutsherrschaftlichen Status und also durch eine immer stärkere Einbindung ihres kommerziellen Interesses in die kriegerisch-expansive Karriere und nichtkommerziell-expropriative Perspektive ihres Seniorpartners, der aus ihren Reihen sich rekrutierenden, mit ihrer Hilfe die dynamische Stabilität einer regenerationsfähigen sozialen Kaste gewinnenden Nobilität belohnt.
Dass sich die römische Nobilität bei der Ausbeutung der Provinzen mangels Wertmitteln in Geldform zunehmend auf die Aneignung von Sachgütern und vor allem Wertquellen verlegen muss, eröffnet den mit ihr juniorpartnerschaftlich kollaborierenden Marktrepräsentanten ganz neue Betätigungsfelder und Bereicherungschancen. Sie verwandeln sich aus rein kommerziellen Maklern in quasiindustrielle Unternehmer, aus für die Zirkulation zuständigen Agenten in Organisatoren von Produktion und lösen so mit einem Schlage das Problem, dass eine durch die römische Expropriationspraxis gelähmte koloniale Wirtschaft der profitablen Verwendung der gewaltigen Wertzuwächse, die ihnen ihre Funktion von Wertrealisierern im Dienste der Nobilität beschert, unüberwindbare Schranken zu setzen droht.
Wenn aber auch die außerordentlichen Profite, die dem römischen Handel das Kontributionssystem und die Konfiskationspraxis der kolonialistisch expandierenden senatorischen Führungsschicht beschert, an dem zwischen ihm und der Führungsschicht etablierten Grundverhältnis, der ihm gegenüber der Führungsschicht zugewiesenen Rolle eines Juniorpartners und komplizenschaftlichen Erfüllungsgehilfen nichts ändern und wenn ihm also auch mit anderen Worten diese Profite keine neuen kommerziellen Spielräume, keine eigenständigen, vom militärisch-bürokratischen Ausbeutungssystem des römischen Kolonialismus unabhängigen Betätigungsfelder erschließen, so eröffnen sie ihm doch aber im Rahmen des partnerschaftlichen Verhältnisses neue Formen des Engagements und neue Kompetenzen, die tatsächlich so einschneidend und so folgenreich sind, dass sie das Verhältnis selbst von innen heraus reorganisieren und von Grund auf neu gewichten und, wie die Handeltreibenden definitiv aus passiv Beteiligten in aktiv Mitwirkende am kolonialsystematischen Ausbeutungsgeschäft verwandeln, so ihnen schließlich zu einem dem Senatorenstand ebenbürtigen Status, einem Adel eigenen Rechts, nämlich zur Position einer dem Patriziat zwar formell nachgeordneten, funktionell aber gleichgestellten Ritterschaft verhelfen. Die Möglichkeit, sich in neuen Formen zu engagieren und seinen Kompetenzbereich auszudehnen, bietet dabei dem römischen Handel der Umstand, dass entgegen der oben behaupteten Geldförmigkeit der von der römischen Verwaltung erhobenen Kontributionen und durchgeführten Konfiskationen ein zunehmend größerer Teil der einzutreibenden Werte und zu beschlagnahmenden Reichtümer in der Gestalt von beweglichen und unbeweglichen Sachgütern, von handwerklichen Produkten, landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Naturschätzen, Anlagen, Liegenschaften erscheint.
In dem Maße wie ihre Ausbeutungspraxis die öffentlichen Geldreserven der Kolonien und die Ersparnisse der Kolonialbevölkerungen erschöpft, sehen sich die fremden Zwingherren, die prokonsularischen und proprätorischen Beamten aus den Reihen der römischen Nobilität, zur Befriedigung ihrer Kontributionsforderungen und konfiskatorischen Ansprüche an die sächlichen Werte verwiesen, sprich, genötigt, sich direkt aus dem in Waren, Produktionsmitteln, Rohstoffen, Realitäten bestehenden Fonds kolonialen Reichtums zu bedienen. Weit entfernt davon, dass den römischen Expropriateuren unmittelbar nichts als allgemeines Äquivalent in die Hände fiele, das sie bloß auf dem Markt gegen Brauchbares und Benötigtes, Rüstung und Konsum, eintauschen müssten, sehen sie sich mit ihrem Expropriationsanspruch in wachsendem Maße dem sächlichen Reichtum der Kolonien in all seiner Sperrigkeit, Unbeweglichkeit und Unerschlossenheit konfrontiert und mithin vor die Aufgabe gestellt, den so beschaffenen Reichtum erst einmal in jene Form ubiquitärer Konvertibilität und allgemeiner Äquivalenz zu überführen, in der er sich dann nach Bedarf und Gelegenheit auf dem Markt in materiale Güter und personale Leistungen umsetzen lässt. Und wie schon diese Umsetzung von allgemeinem Äquivalent in auf dem Markt zirkulierende Güter und Leistungen, von Geld in Handelsware, den Fachleuten für kommerzielle Transaktionen, den als Erfüllungsgehilfen der Nobilität rekrutierten römischen Kaufleuten als Aufgabe zufällt, so bieten sich die gleichen Kaufleute nun auch als Helfershelfer an, wenn es darum geht, die gegenteilige kommerzielle Transaktion zu vollziehen und nämlich sächliche Produkte und persönliche Leistungen zu Markte zu tragen und in allgemeines Äquivalent zu verwandeln, marktgängige Güter in die Münze des Marktes, in Geld, zu transformieren und dadurch Warenform gewinnen zu lassen.
Solange sich die Nobilität bei ihrer Ausbeutung der kolonialen Ökonomien den fremden Reichtum noch in der scheinbaren Unmittelbarkeit der Geldform anzueignen vermag, kommt sie mit dem Markt nur als Konsumentin in Berührung und bemüht sie die Repräsentanten des Marktes nur als Verkäufer von Waren, als ehrliche Makler, die im Äquivalententausch ihren geldförmigen Anspruch auf Waren des Marktes realisieren. Dass ihrem konsumtiven Akt eine kommerzielle Transaktion vorausgeht, in deren Konsequenz die Gebrauchsgegenständlichkeit, auf die sie kraft Geldes Anspruch erhebt, allererst auf den Markt gelangt, und das Geld, das ihren Anspruch verkörpert, umgekehrt vom Markt in die Hände derer wechselt, die als Produzenten jene Gebrauchsgegenständlichkeit liefern, dass also der Markt, um Güter an Konsumenten distribuieren zu können, sie erst einmal von den Produzenten beziehen, sie in seinem Rahmen und nach seinen Konditionen akkumulieren muss – all das braucht die römische Nobilität nicht zu interessieren, solange sie sich mit ihren Kontributionsforderungen und konfiskatorischen Zugriffen erst dort in den kommerziellen Prozess einschaltet, wo die Produzenten ihre Güter bereits zu Markte getragen haben und mittels geldförmiger Vergütung in Waren haben verwandeln lassen und wo sie nun aufgrund des als Gegenleistung für ihre Güter empfangenen Geldes die Produzentenfunktion ablegen und in der Rolle des Konsumenten auf den Markt zurückkehren können oder besser gesagt könnten, wäre da nicht die römische Nobilität, die ihnen just an diesem Punkte in den Weg tritt, sie mit exaktiver Gewalt um einen mehr der minder großen Teil des Geldes erleichtert und ihnen, soweit es diesen Teil betrifft, die Konsumentenrolle abnimmt, an ihrer Stelle zu Markte geht.
Interessieren muss die Nobilität jene kommerzielle Vorgeschichte ihrer mit nichtkommerziellen Mitteln übernommenen Konsumentenrolle erst in dem Maße, wie bei den kontributiv und konfiskatorisch geschröpften kolonialen Produzenten das geldförmig allgemeine Äquivalent des Reichtums, das Passepartout zu den Gütern und Leistungen, die der Markt zu bieten hat, knapp wird und sie sich deshalb genötigt sieht, zur Befriedigung ihrer expropriativen Forderungen auf das unmittelbare Eigentum der Produzenten, ihre materialen Ressourcen, ihre Produkte, unbewegliche Habe, Produktionsmittel, Rohstoffe, Naturschätze zurückzugreifen. Indem die Nobilität anfängt, sich aus diesem Fundus zu bedienen, findet sie sich quasi in der Produzentenrolle wieder und also gehalten, das, was sie sich mit der exaktiven Gewalt militärischer und bürokratischer Requisitionen aneignet, zu Markte zu tragen, um es dort durch Verkauf seiner materialen Schwerfälligkeit und partikularen Wertgestalt entkleiden und überhaupt erst jene Form von allgemeiner Äquivalenz und beliebiger Austauschbarkeit, kurz, jene Geldförmigkeit gewinnen zu lassen, die ihr dann ermöglicht, in die Konsumentenrolle zu schlüpfen und ihren Anspruch auf Güter und Leistungen des Marktes in die als Kaufakt bestimmte Tat umzusetzen. Die Nobilität findet sich mit anderen Worten an die Repräsentanten des Marktes nicht in ihrer Eigenschaft als Lieferanten von Waren, sondern in ihrer Funktion als Abnehmer von Produkten verwiesen, sie kontrahiert mit den Handeltreibenden nicht als mit den Wert ihrer Waren durch deren Verkauf realisierenden Distributoren, sondern als mit durch den Kauf von Gütern Wert erwerbenden Akkumulatoren. Das heißt, sie findet sich nun natürlich auch jener Grundkondition des kommerziellen Treibens unterworfen, derzufolge alle Güter, die zu Markte gehen, in actu ihrer Transformation in allgemeines Äquivalent, die Münze des Marktes, Geld unfehlbar einen Wertabschlag in Kauf nehmen müssen, der den Tribut an die kommerzielle Institution selbst, den von den Handeltreibenden für ihre Maklertätigkeit beanspruchten Anteil darstellt und zwischen dem in Güterform vom Markt eingetauschten und dem in Geldform vom Markt ausgetauschten Wert eine als Quellpunkt allen Werterwerbs und aller Wertakkumulation firmierende Nichtäquivalenz stiftet.
Nicht, dass dieser Wertabschlag, dieser institutionsspezifische Zoll, den von ihr wie von allen Produzenten der Markt erhebt, der Nobilität Kopfzerbrechen bereitete. Erstens ist sie in ihrer Unvertrautheit mit den Gesetzen kommerziellen Austauschs und in ihrer Präokkupation mit Kriegführen und Politik froh und dankbar, Fachleute an der Hand zu haben, die ihr das kommerzielle Geschäft einer Verwandlung der von ihr beschlagnahmten Sachwerte in Geldwert abnehmen, und ist gern bereit, dafür den vom Markt verlangten Zoll zu entrichten. Und zweitens gilt natürlich auch für die mit militärischer Gewalt und bürokratischem Zwang beschlagnahmten Sachgüter, was oben bereits für die auf gleiche Weise angeeigneten Wertmittel geltend gemacht wurde, dass nämlich eben der Modus des Erwerbs dieser Güter, die Tatsache ihrer kompensationslosen, von aller Äquivalenzrücksicht befreiten Aneignung, das ökonomische Wertbewusstsein der Nobilität beeinträchtigt und ihr eine relative Gleichgültigkeit gegenüber dem marktspezifischen Geldwert des in Besitz genommenen sächlichen Reichtums eingibt. Wie die Nobilität schon keinen Anstand nimmt, die kontributiv vereinnahmten oder konfiszierten Barmittel weit unter ihrem tatsächlichen Kauf- oder Sachwert auszugeben, so trägt sie erst recht kein Bedenken, die mangels Barmittel als Kontributionen oder Konfiskationen von ihr in Zahlung genommenen Sachgüter, um sie baldmöglichst in die Geldform zu überführen, weit unter ihrem wirklichen Markt- oder Geldwert zu verschleudern.
Noch bereitwilliger aber, als die Nobilität ihren neuen Status von Quasiproduzenten und die damit verknüpften Verbindlichkeiten gegenüber dem Markt in Kauf nimmt, übernimmt natürlich der Markt selbst beziehungsweise übernehmen seine Repräsentanten, die Handeltreibenden, die Aufgabe, die ihnen durch diese herrschaftlichen Quasiproduzenten zugeschoben wird – die Aufgabe nämlich, jene Sachgüter gegen Barmittel einzutauschen und als Waren dem Markt einzuverleiben. Und ihre Bereitwilligkeit rührt dabei nicht nur von der eben erwähnten Tatsache her, dass die herrschaftlichen Produzenten dem Marktwert der von ihnen beschlagnahmten Sachgüter relativ indifferent gegenüberstehen und deshalb deren Verkauf zu Konditionen zustimmen, die den Handeltreibenden immense Gewinnspannen bescheren. Vielmehr liegt ihre Bereitwilligkeit, in das neue Geschäft mit der Nobilität einzusteigen, auch und vor allem darin begründet, dass die von diesen herrschaftlichen Quasiproduzenten beschlagnahmten Sachgüter ja nur zum geringsten Teil aktuelle Werterscheinungen, fertige, warenförmige Produkte sind und dass es sich bei ihnen in der Hauptsache um potentielle Wertquellen, um Produktions- und Extraktionsstätten zur Bildung und Amassierung von Wert, um Steuerpachten, landwirtschaftliche Betriebe, Handelsmonopole, Schürfstätten handelt. Indem die Nobilität den Handeltreibenden diese Art von Sachgütern verkauft, überlässt sie ihnen nicht einfach nur ein in seinem Wert vorab bestimmtes Gut, dessen Verwertung sich für die letzteren darin erschöpft, es als Wert sans phrase, als Geldwert, zu realisieren und dabei den beim Kauf den herrschaftlichen Quasiproduzenten in Rechnung gestellten Wertabschlag einzuheimsen; vielmehr erhalten die Handeltreibenden ein Gut, das sich als nur erst ein Wertpotential darbietet, dessen Wert mit anderen Worten in seinen wertschöpferischen oder wertakkumulativen Eigenschaften besteht, und das deshalb seine Käufer vor die Aufgabe stellt, ihm auf dem Wege seiner intensiven Bewirtschaftung, produktiven Ausbeutung, spekulativen Verwendung oder extraktiven Nutzung allererst jene Sachwerte zu entreißen, die sich dann auf dem Markt in klingende Münze verwandeln lassen. Weil es nicht feste Werte, fertige Produkte, sondern liquide Wertquellen, Produktionspotentiale sind, was in der Mehrzahl der Fälle die römischen Verwalter in den Provinzen mit Beschlag belegen und dem römischen Handel zwecks Vermarktung überlassen, ist der Wertabschlag, den die kommerzielle Funktion für ihre Vermarktungsdienste in Anspruch nimmt, nun auch keine fixe, höchstens und nur nach Konvention, Marktlage, Engagement der Beteiligten und so weiter variable Größe mehr, sondern stellt eine weitgehend unbestimmte, hochgradig flexible Proportion dar, für deren tatsächliche Größe das ausbeuterische Ingenium oder wertschöpferische Talent maßgebend ist, das die Handeltreibenden bei der Aktualisierung des Potentials, der Verwertung der Quelle beweisen.
Die Handeltreibenden, die den herrschaftlichen Quasiproduzenten Produktionsstätten und Extraktionsquellen von Wert, statt werthaltige Produkte, marktgängige Güter, abkaufen, hören mit anderen Worten auf, bloß kommerzielle Makler, für die Zirkulation zuständige Agenten zu sein und verwandeln sich ihrerseits in Produzenten oder vielmehr Organisatoren von Produktion, Extraktionsfachleute, die durch die Ausbeutung von Steuerpachten, Staatsgütern, Produktionsanlagen, Handelsmonopolen, Schürfstätten ihren Gewinn, die Differenz zwischen dem Geldwert, den sie für ihre Erwerbung gezahlt haben, und dem Sachwert, den sie aus ihr herausholen, in den Grenzen, den ihr eigener Einfallsreichtum beziehungsweise die objektive Ergiebigkeit der Erwerbung steckt, zu maximieren bestrebt sind. Das einzige, was die Handeltreibenden zu dieser ihrer Metamorphose brauchen, ist genügend Geld, um den herrschaftlichen Quasiproduzenten die von ihnen beschlagnahmten Wertquellen abzukaufen und also jene Transaktionen zu vollziehen, die unter dem Deckmantel normaler Werterwerbsakte in Wahrheit die Konditionen des kommerziellen Geschehens verändern, weil sie dem Markt direkten Zugriff auf die Sphäre der Produktion, unmittelbare Kontrolle über die Gütererzeugung eröffnen.
Und hier genau kommen nun den Handeltreibenden die überdimensionalen Profite zustatten, die sie dank der Großzügigkeit und Unbekümmertheit, mit der die römische Nobilität die Kontributionszahlungen und konfiszierten Wertmittel aus den Kolonien zu Markte trägt und konsumtiv umsetzt, in ihrer traditionellen Rolle als zirkulative Makler einstreichen können, hier genau macht sich nun die überproportionale Akkumulationsrate bezahlt, mit der sie als kommerzielle Erfüllungsgehilfen bei der nichtkommerziellen Aneignungspraxis der römischen Nobilität belohnt werden. Tatsächlich läuft ja, dass die Nobilität sowohl in ihrer staatlichen, senatorisch-korporativen als auch in ihrer privaten, patrizisch-familiären Funktion zur Befriedigung ihrer konsumtiven Ansprüche nicht mehr mit Wertmitteln, mit Geld, sondern mit Sachwerten, mit Gütern, Pachten und Betrieben auf dem Markt erscheint, auf eine massive Erweiterung des Volumens und der Geschäftstätigkeit des Marktes hinaus. Haben die Handeltreibenden vorher das Geld der herrschaftlichen Konsumenten gegen Waren eintauschen und mit ihm neue Waren kaufen, das heißt, den üblichen Zyklus von Wertrealisierung und neuem Werterwerb wie gewohnt absolvieren können, so müssen sie nun, da die Konsumenten ihnen als Quasiproduzenten mit Sachwerten zu Leibe rücken, statt der eigentlich fälligen Wertrealisierung erst einmal weiteren Werterwerb praktizieren und nämlich jene Sachwerte in Zahlung nehmen, sie im Austausch gegen Geld erstehen. Statt Waren loszuwerden, um mit dem in Geldform erlösten Wert neue, mehrwertige Waren auf den Markt zu holen, müssen sie die auf dem Markt vorhandene Warenmenge erst einmal nur unter Einsatz eigener Mittel um die ihnen von der Nobilität zugetragenen Sachwerte vergrößern; statt Geld einzunehmen, um mit ihm als allgemeinem Äquivalent, als Münze des Marktes, neue, noch außerhalb des Marktes befindliche Güter in die Zirkulation hineinzuziehen, müssen sie unmittelbar Geld aus eigener Tasche aufbringen und die Zirkulation um jene neuen Güter erst einmal einfach nur erweitern.
Nicht, dass dies auf ihre Kosten oder gar zu ihrem Schaden geschähe! Schließlich stehen sie, wenn sie dann die größere Warenmenge verkauft, den Inhalt der erweiterten Zirkulation in seinem Wert realisiert haben, mit einer entsprechend vergrößerten Wertmenge in Geldform, einem entsprechend vergrößerten Fundus an allgemeinem Äquivalent da. Und vielmehr nicht nur mit einer in arithmetischer Linearität entsprechend vergrößerten, sondern mit einem in geometrischer Sprunghaftigkeit unverhältnismäßig gesteigerten Äquivalentmenge stehen sie am Ende da, weil ja, wie gesagt, die Sachwerte sich als in Wahrheit Wertquellen erweisen, die ein nicht vorweg bestimmtes oder bestimmbares und nämlich vom Modus und Grad ihrer Ausbeutung abhängiges Wertquantum erbringen, und weil mit anderen Worten die Konditionen des Geschäfts sich unter der Hand verändern, an die Stelle der rein kommerziellen Zirkulation von Gütern eine quasi industrielle Warenproduktion tritt. Keineswegs also gereicht den römischen Handeltreibenden die Markterweiterung, zu der die notgedrungen veränderte koloniale Expropriationspraxis der römischen Nobilität sie zwingt, zum Schaden – im Gegenteil! Nur müssen sie eben erst einmal die für die Finanzierung dieser Markterweiterung erforderlichen Gelder aufbringen, die Summen investieren, die nötig sind, um der Nobilität die mangels requirierbarer Wertmittel von ihr mit Beschlag belegten Wertquellen abzukaufen – und genau dafür taugen die akkumulierten Profite, die den Handeltreibenden ihre bis dahin verfolgten normalen kommerziellen Aktivitäten dank der anomalen Konsumkraft und Spendierfreudigkeit ihrer Hauptgeschäftspartnerin, der aus staatlichen Kontributionen und privaten Konfiskationen sich speisenen Nobilität, eingetragen haben.
So gesehen, dient in der Tat die exorbitante Akkumulation, die dem römischen Handel seine kommerzielle Helfershelferrolle bei der von der römischen Nobilität betriebenen kolonialistischen Ausbeutung ermöglicht, am Ende dazu, das Hemmnis zu beseitigen beziehungsweise das Problem zu bewältigen, mit dem sich eben diese Ausbeutung in dem Maße konfrontiert sieht, wie sie die leicht anzueignenden kolonialen Wertmittelreserven erschöpft und sich nun zwecks Fortsetzung ihrer Praxis an die Sachwerte, die größtenteils unbewegliche Habe in den Kolonien, verwiesen findet. Und ungekehrt taugt diese Verlagerung der Ausbeutungspraxis von den Barmitteln zu den Sachwerten dazu, den exorbitanten Profiten, die der römische Handel aus seiner kommerziellen Handlangerrolle zieht, die Verwertbarkeit und Gewinnträchtigkeit zu vindizieren, die ihnen wegen der Beeinträchtigung und Zerstörung des normalen Handelslebens durch eben jene kolonialistische Ausbeutungspraxis andernfalls fehlt: Indem die römischen Handeltreibenden ihre kommerziellen Gewinne in von der römischen Nobilität beschlagnahmte Sachwerte investieren, bei denen es sich zum überwiegenden Teil um ausbeutbare Wertquellen handelt, erhalten sie Gelegenheit, direkten Einfluß auf die koloniale Güterproduktion beziehungsweise die Lieferung von Waren aus den Kolonien zu nehmen und damit die Schranke zu überwinden, die eine durch die ständige Ausbeutungspraxis Roms halbwegs gelähmte koloniale Wirtschaft ihrem kommerziellen Verwertungsstreben und Expansionsdrang setzt. Statt als rein kommerzielle Makler von der Kooperationsbereitschaft ihrer kolonialen Kollegen abhängig und nämlich darauf angewiesen zu sein, dass diese sie mit Handelsgütern, mit Waren aus der kolonialen Produktion versorgen, können sie nun als quasi industrielle Unternehmer nach eigenem Gutdünken und in eigener Regie Handelsgüter aus der kolonialen Wirtschaft herauspressen, die letztere zur Güterproduktion nötigen, sie als Warenlieferantin zwangsverpflichten.
Dank ihrer neuen Funktion als nicht mehr nur Realisierer, sondern mehr noch Verwerter des kolonialen Reichtums etablieren sich die Marktrepräsentanten als oligarchische Ritter, die der Position eines bloßen Juniorpartners entwachsen sind und als wirkliche Teilhaber an der Macht zusammen mit den senatorischen Patriziern eine Interessengemeinschaft und doppelköpfige Führungsschicht bilden.
In ihrer neuen Funktion als Steuerpächter, Handelsmonopolisten, Minenbesitzer, Bankiers kaufen die römischen Handeltreibenden der römischen Nobilität deren mit militärisch-bürokratischen Mitteln errungenes Recht auf Ausbeutung der Kolonien in aller kommerziellen Form ab und werden zu Hauptvollstreckern der bis dahin von der Nobilität selbst geübten amtlichen Kontributions- und privaten Konfiskationspraxis. Aus unentbehrlichen, aber bloß helfershelferisch-passiven Beteiligten am jeweils bereits von der Nobilität getätigten Expropriationsgeschäft verwandeln sie sich in dem Maß, wie sich die Expropriation notgedrungen von den kolonialen Wertmittelreserven auf den Sachwertfundus der Kolonien verlagert, in maßgeblich engagierte Akteure, die den Ausbeutungsprozess, den die Nobilität nur erst pro forma oder dem politisch-bürokratischen Anspruch nach vollzieht, materialisiert und in die ökonomische Tat umsetzt. Und dieser Rollenwechsel vom passiven Teilnehmer zum aktiven Mitwirkenden, den die Handeltreibenden gleichermaßen auf Drängen der an einer raschen Versilberung ihrer sächlichen Beute interessierten Nobilität und unter dem Druck des Verwertungsinteresses der aufgrund ihrer Maklertätigkeit für die Nobilität bis dahin angehäuften Profite vornehmen – dieser Rollenwechsel zahlt sich für sie aus. Weil es vornehmlich nicht bloß Werte, sondern Wertquellen, nicht bloß fertige Produkte, unmittelbar zirkulierbare Güter, sondern Steuerpachten, Handelsprivilegien, Kapitalanteile, Produktionsstätten, Schürfrechte sind, was die Handeltreibenden dem römischen Staat und seinen Verwaltern abkaufen, steht einer sie aus kommerziellen Maklern in quasiindustrielle Unternehmer transformierenden Profitmaximierungsstrategie nichts im Wege und bleibt es ihrem ökonomischen Ingenium, ihrer unternehmerischen Initiative überlassen, wie viel an realem Wert sie aus dem Wertpotential, das sie der Nobilität zu Geld machen und als solches von ihr übernehmen, am Ende herauspressen.
Gleichermaßen aus systematisch-strukturellen und aus ökonomisch-reellen Gründen ändert sich so das Verhältnis der Repräsentanten des Marktes zur patrizisch dominierten Nobilität. Indem sich die Handeltreibenden aus passiven Erfüllungsgehilfen der römischen Ausbeutungspraxis zu deren aktiven Betreibern und Organisatoren mausern, hören sie auf, den bloßen Juniorpartner für die als Senior herrschende Oberschicht abzugeben und quasi als ein Reservoir zu dienen, aus dem sich in elitärer Regeneration die letztere nach Bedarf auffüllt und erneuert, und werden zu einem wirklichen Teilhaber und gleichberechtigten Geschäftspartner dieser patrizischen Oberschicht, zu einer Gruppe, die als solche Eigenständigkeit behauptet, sich als Stand sui generis etabliert, kurz, sie bilden die als regelrechtes Gegenstück zum patrizischen Senatorenstand ausgewiesenen equites romani, den römischen Ritterstand. Ursprünglich ohne eigenes ständisches Profil und nur durch ein bestimmtes finanzielles Volumen, eine Vermögensklasse und durch die darauf basierende Fähigkeit bestimmt, zu Pferde Kriegsdienst zu leisten, entwickelt sich im Laufe des 2. Jahrhunderts, dem Zeitraum der entscheidenden Durchsetzung und Expansion der Römischen Republik, der Stand der equites zu einer gesellschaftlichen Formation, die sich weniger finanziell, über ihr Vermögen, als funktionell, über ihr Vollbringen, definiert und nämlich zur Körperschaft all jener durch Handel zu Wohlstand gekommenen Neureichen wird, denen ihr kommerziell akkumuliertes Kapital erlaubt, das von der prokonsularischen und proprätorischen Verwaltung in den Kolonien als Kontributionen eingetriebene und konfiskatorisch beschlagnahmte wertbildende Potential aufzukaufen und zu verwerten und die in der Konsequenz dieser Reorientierung ihrer ökonomischen Aktivitäten aus kommerziellen Maklern in quasiindustrielle Unternehmer, aus Anhäufern von Handelskapital in Anleger von Finanz- und Produktionskapital mutieren.
Wie sehr sich dieser reformierte und zur aktiven Beteiligung an der kolonialsystematischen Ausbeutungspraxis herangezogene Ritterstand funktionell, mittels ökonomisch ausgewiesener Aufgabe, statt bloß finanziell, kraft fiskalisch nachgewiesenem Besitzstand, konstituiert, beweist die Tatsache, dass es ihre Angehörigen dank der neuen Profitmaximierungsstrategien, die sich ihnen eröffnen, zu Vermögen bringen, die denen der senatorischen Nobilität nicht nur das Wasser reichen können, sondern ihnen häufig sogar den Rang ablaufen und sie bei weitem übertreffen, ohne dass dies aber den Betreffenden zum Motiv oder Anlass wird, um jeden Preis nach der Eingliederung in die patrizische Oberschicht und nach einem Sitz im Senat zu streben. Durch die objektiven Veränderungen in der kolonialen Ausbeutungspraxis von einem sekundären Nutznießer zu einem primären Veranstalter dieser Praxis avanciert und als aktiver Teilnehmer und in der Tat allgegenwärtiger Faktor in das Kontributions- und Konfiskationssystem hineingenommen, erwerben die Handeltreibenden einen Status, der sie als solche, als Handeltreibende oder vielmehr in allen Sparten des Wirtschaftslebens sich einnistende Geschäftsleute, der Nobilität an die Seite stellt, besser gesagt, zu einem in all seiner funktionellen Unterschiedenheit integrierenden Bestandteil der Nobilität werden lässt.
In der Tat ist von nun an die das römische Staatswesen beherrschende, die Res publica besorgende Oberschicht ein doppelköpfiges Gebilde, eine aus Senatorenstand und Ritterstand, aus Militärpolitik und Kolonialökonomie zusammengesetzte arbeitsteilige und aus dem Erfolg ihrer Arbeitsteilung ihre interessengemeinschaftliche Einheit, ihren körperschaftlichen Zusammenhalt gewinnende Hydra. Überlässt in den Anfängen der Republik die rein patrizische Führungsschicht die Bereicherung des Gemeinwesens noch den zum gemeinen Volk, zur Plebejerschicht, zählenden Repräsentanten des Marktes und beschränkt sich darauf, mit militärischen Mitteln die außen- und bündnispolitische günstigsten Bedingungen für solch kommerzielle Bereicherung zu schaffen, und nimmt dann die um die Neureichen aus der Kaufmannschaft erweitere Führungsschicht, die Nobilität, das ökonomische Heft selbst in die Hand, um durch eine kolonialsystematische Kontributions- und Konfiskationsstrategie Reichtum in das Staatssäckel und in die eigenen Hände zu wirtschaften, wobei sie die Repräsentanten des Marktes ebenso sehr ökonomisch als Erfüllungsgehilfen ihrer Expropriationspraxis und nämlich zu Maklern im Dienste ihres staatlichen und privaten Konsums wie sozial als Nachschubreservoir und Auffüllbecken für die Regeneration der eigenen Schicht vereinnahmt, so hängen jetzt in dem Maß, wie die kolonialsystematische Ausbeutung von den Wertmitteln auf die Sachwerte übergreift und zur Umsetzung dieser Sachwerte in Wertmittel unternehmerische Initiative und wertschöpferisches Ingenium erforderlich werden, die Repräsentanten des Marktes die juniorpartnerschaftliche Abhängigkeit und passive Maklerrolle, in der die Nobilität sie bis dahin verhält, an den Nagel und werden zu ebenso ständisch eigenständigen wie praktisch gleichberechtigten Teilhabern beim Expropriationsgeschäft. Kaum hat die senatorische Nobilität ein Gebiet militärisch erobert und bürokratisch dem römischen Kolonialsystem eingegliedert, räumt sie auch schon den Rittern das Feld oder macht ihnen, besser gesagt, Platz, damit diese als Pächter, Bankiers, Handelsherren und Minenbesitzer ihres lukrativen Amtes walten und die ihnen von der Nobilität gegen Kauf- oder Pachtsummen überlassenen Wertquellen nach Kräften ausbeuten können. Während der Senatorenstand seinem Expansions- und Eroberungsgeschäft obliegt und in dessen Verlauf koloniale Sachwerte als Kontributionen eintreibt beziehungsweise als Konfiskationen an sich bringt, kümmert sich der Ritterstand um die Realisierung des Geldwerts dieser Sachwerte, indem er sie von der Nobilität beziehungsweise dem durch sie repräsentierten römischen Staat kauft oder pachtet und sich für die gezahlten Kauf- oder Pachtsummen durch die Aktualisierung und Vermarktung dessen, was immer an Wert in ihnen steckt, schadlos halten.
Wenn man so will, ist, was sich auf diese Weise ergibt, eine scheinbare Wiederherstellung der in den eroberten Gebieten ursprünglich praktizierten Arbeitsteilung zwischen militärischer Elite und Marktrepräsentanten, derzufolge die letzteren sich um die Beschaffung von Reichtum kümmern, während die Rolle der ersteren sich darauf beschränkt, die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Wiederherstellung ist die neue Situation in der Tat insofern, als die Marktrepräsentanten in den mittlerweile zum Kolonialsystem entfalteten Gebieten die alte Prokura zurückgewinnen und sich als die ökonomisch maßgebenden Faktoren und Drahtzieher reetablieren. Scheinbar allerdings bleibt diese Wiederherstellung, weil sie sich auf der Basis einer kolonialsystematisch durchgesetzten und allem Marktgeschehen vorgeschalteten nichtkommerziellen Aneignungsprozedur, einer von der militärische Elite mit Gewalt und bürokratischem Zwang geübten Kontributions- und Konfiskationspraxis vollzieht, weil mit anderen Worten alle kommerziellen und quasiindustriellen Aktivitäten der Marktrepräsentanten eingebunden bleiben in die Ausbeutungsstrategie der römischen Nobilität und sich als deren konstitutiver Bestandteil und tragendes Element erweisen. Von eben dieser, aller kommerziellen Unmittelbarkeit und dispositionellen Unabhängigkeit Hohn sprechenden Integration des Handels in die militärisch-bürokratische Expropriationsstrategie, seiner Erhebung zum aktiven Teilhaber und maßgebenden Faktor der Strategie, zeugt ja, wie gesagt, die ständische Karriere der Handeltreibenden, die sie als solche zu einem als Körperschaft anerkannten Teil der Nobilität werden, als Ritterstand dem Senatorenstand eigenständig und gleichberechtigt an die Seite treten lässt.
Mag aber auch die doppelköpfige Struktur, die im Zuge der Entfaltung des Kolonialsystems die römische Führungsschicht ausbildet und derzufolge das handelskapitale Element aus einem Juniorpartner und Reservoir zur Auffrischung der Elite zu einem echten Teilhaber an der Macht und körperschaftlich verfassten elitären Bestandteil avanciert, noch so weit entfernt sein von einer Wiederherstellung der anfänglichen, in der bundesgenossenschaftlichen Phase der Republik praktizierten simplen Arbeitsteilung zwischen Ökonomie und Politik, Handel und Krieg, kommerzieller Funktion und militärischer Führung – fest steht jedenfalls, dass sich diese neue Herrschaftsstruktur für die an ihr Beteiligten rentiert. Sie rentiert sich für den Senatorenstand, das landbesitzende Patriziat, das die kolonialistische Ausbeutungsstrategie, die es auf der Basis seines Beamtentums, seiner militärischen und bürokratischen Funktionen, verfolgt, von aller Beschränkung auf bloße Wertmittel befreit und zum Zugriff auf die ganze Palette kolonialer Sachwerte entfesselt findet, die der Ritterstand bereitsteht, ihm durch Kauf oder Pacht zu versilbern, so dass es mit dem erlösten Geld gleichermaßen den staatlichen Aspirationen nach weiterer militärischer Eroberung und kolonialer Expansion nachkommen und seine privaten Bedürfnisse nach Luxus, demonstrativem Konsum, Klientelbildung durch finanzielle Zuwendungen und öffentlichem Sponsorentum befriedigen kann. Und die neue Herrschaftsstruktur lohnt sich natürlich auch und vor allem für den Ritterstand selbst, das mit Kapital operierende Unternehmertum, das dank des Wertpotentials, das die ihm überlassenen Sachwerte darstellen, außerordentliche Profite erzielt, die es wiederum in die Lage versetzen, von seinem sentorischen Kontrahenten durch Kauf oder Pacht neue Wertquellen zu übernehmen und damit gleichermaßen letzterem die Wahrung seiner patrizischen Lebensführung und die Verfolgung der kolonialistischen Expansionsstrategie Roms zu ermöglichen und sich selbst die Aussicht auf weitere Bereicherungschancen und die Festigung seiner anerkannt ständischen Stellung in der römischen Gesellschaft, seiner Existenz als dem senatorischen Patriziat praktisch gleichgeordnete und mit ihm in einer als funktionsteilige Interessengemeinschaft einheitlichen Führungsschicht zusammengeschlossene Korporation zu sichern.
Diese die römische Nobilität nunmehr strukturierende arbeitsteilige Interessengemeinschaft aus kraft militärisch-bürokratischer Expropriation sächlichen Reichtum beschaffendem Senatorenstand und mittels ökonomisch-kapitalistischer Exploitation den sächlichen Reichtum in seinem Geldwert realisierendem Ritterstand funktioniert so hervorragend, dass binnen eines dreiviertel Jahrhunderts nach der entscheidenden Niederlage Karthagos Rom praktisch den gesamten Mittelmeerraum aufgemischt, seinem Kolonialsystem einverleibt und in den Schau- und Tummelplatz seiner ebensosehr auf exaktiv-nichtkommerzieller Basis wie mit transaktiv-kommerziellen beziehungsweise quasiindustriellen Mitteln betriebenen Selbstbereicherung verwandelt hat. Das ist zwar, wie gesehen, primär und wesentlich eine Selbstbereicherung der römischen Nobilität, der die Kolonien bürokratisch beherrschenden und ökonomisch ausbeutenden doppelköpfigen Oberschicht; aber weil der patrizische Senatorenstand bei seiner im Windschatten des staatlichen Kontributionssystems geübten privativ-konfiskatorischen Aneignungspraxis an die oben explizierte, mit der Verfügungsgewalt über territorialherrschaftlichen Reichtum seit alters verknüpfte und als Pietas artikulierte Bedingung gebunden bleibt, seinen Reichtum auch und nicht zuletzt zum Wohle und zum Ruhm des römischen Gemeinwesens zu verwenden und die Stadt als ganze, die bürgerliche Öffentlichkeit, die familiäre Klientel daran teilhaben zu lassen, und weil der oligarchische Ritterstand sich nicht lumpen lassen darf und als zur Nobilität gehörige Körperschaft den Patriziern in dieser Hinsicht nacheifern muss, kommt der Reichtum, den die Nobilität aus den Kolonien herauspresst, in bescheidenerem Maße und indirekt auch den übrigen Schichten der Republik zugute und scheint von daher objektiv gewährleistet und unschwer verständlich, dass auch diese Schichten den im 2. Jahrhundert vonstatten gehenden Aufstieg Roms zur beherrschenden Macht im Mittelmeerraum mittragen und die damit Hand in Hand gehende exorbitante Bereicherung der Oberschicht als einen Gewinn auch für sich selbst betrachten.
Der neue Reichtum, den der als Pächter, Steuereintreiber und Unternehmer die Kolonien ausplündernde Ritterstand nach Rom bringt, hat gravierende soziale Folgen, weil er die heimische Wirtschaft, jedenfalls die zivilen Produktionsbereiche, unter zunehmenden Konkurrenzdruck setzt und in den Ruin treibt.
Allerdings besitzt die neue, von der doppelköpfigen römischen Führungsschicht, der Interessengemeinschaft aus militärisch-bürokratischem Senatorenstand und finanzkapitalistischem Ritterstand, verfolgte kolonialistische Expropriationsstrategie eine Schattenseite, die dazu angetan ist, den glänzenden Erfolg, in dem sie sich sonnt, zu verdunkeln und am Ende gar zu verschlingen, oder hat sie, um ein anderes und pointierteres Bild zu bemühen, einen Haken, an dem sie regelrecht hängen zu bleiben und zuletzt sich selber aufzuknüpfen droht. Der Haken steckt nirgends sonst als im innersten Erfolgsgeheimnis der neuen Expropriationspraxis, in der Doppelfunktion nämlich, die den eben dadurch zu Rittern avancierenden römischen Handeltreibenden zufällt, indem diese nicht mehr nur dazu da sind, den von der römischen Kolonialverwaltung von Amtes wegen oder privatim angeeigneten geldförmigen Reichtum auf kommerziellem Wege in Rüstungs- und Konsumgüter, kurz, in Gebrauchsgegenständlichkeit, zu verwandeln, sondern außerdem noch die Aufgabe erfüllen, jenen mit militärischer Gewalt und bürokratischem Zwang angeeigneten Reichtum, weil er mangels Geld in zunehmendem Maße die Form von beweglichen und unbeweglichen Gütern, Sachwerten, annimmt, mit finanziellen Mitteln, sprich, durch die Zahlung von Kauf- oder Pachtsummen, erst einmal überhaupt in die Geldform zu transformieren, ehe sie dann ihren anderen Dienst versehen und den in Geldform gebrachten Raub kommerziell, auf dem Markt, in die jeweils erwünschte gebrauchsgegenständliche Gestalt überführen können. Zu dem der patrizischen Herrschaft als Warenbeschaffer, als Makler, dienstbaren Kaufmann gehabten Zuschnitts kommt in erweiterter Funktion der ihr als Geldbeschaffer, als Hehler, unentbehrliche Finanzier neuer Schule hinzu.
Bedingung der Möglichkeit oder zureichender Grund dieser zusätzlichen finanziellen Funktion, die die dadurch als solche zum integrierenden Bestandteil der Nobilität, zu Rittern, avancierenden Handeltreibenden übernehmen, ist der Fundus an Wertmitteln, den sie aus ihren früheren kommerziellen Geschäften, ihrer kaufmännischen Maklertätigkeit im Dienste einer dank Kontributionen und Konfiskationen im Gelde schwimmenden patrizischen Herrschaft, akkumuliert haben. Und motiviert zur Übernahme dieser zusätzlichen, finanzkapitalistischen Funktion werden die Handeltreibenden natürlich durch die exorbitanten Profitaussichten, die sich ihnen dabei eröffnen. Eben dies ist ja dies das vom Ritterstand gehütete oder vielmehr in die Tat einer quasikapitalistischen Ausbeutung umgesetzte Erfolgsgeheimnis, dass den Handeltreibenden in ihrer neuen Finanzierfunktion als Gegenleistung für die Ablösesummen, die Kauf- und Pachtbeträge, die sie der senatorischen Beamtenschaft zahlen, Werte in die Hand fallen, die als solche noch gar nicht feststehen und allererst realisiert werden müssen, bei denen es sich mit anderen Worten um Wertpotentiale, Wertquellen handelt, deren realen Wert, deren tatsächlichen Umfang und Gehalt, zu ermitteln, Sache des kaufmännischen Geschicks, der erpresserischen Findigkeit, des ausbeuterischen Ingeniums, der unternehmerischen Initiative ihrer neuen Besitzer ist. Dies ist ja das Besondere und ungeheuer Profitable an den neuartigen Geschäften, die der Ritterstand in seiner quasikapitalistischen Finanzierrolle mit dem Senatorenstand in seiner kolonialistischen Requisitionseigenschaft tätigt, dass die Wertquelle, die der letztere nur erst pro forma einer gewaltsamen Appropriation, pro nomine einer Zwangsenteignung, erwirbt, der erstere, indem er dem letzteren den nur erst nominalen Nutzungsanspruch, das formale Besitzrecht abkauft oder abpachtet, Gelegenheit erhält, in die Länge und Breite ihrer materialen Dimensionen, en detail ihres realen Gehalts zu entfalten und auszuschöpfen.
Nur bedeutet das auch – und hier tut sich die Schattenseite des lukrativen Geschäftes auf, hier hat die Sache ihren erwähnten großen Haken! – dass der exorbitante Mehrwert, den die als Finanziers und Unternehmer tätigen Handeltreibenden aus den an sie verkauften oder verpachteten kolonialen Wertquellen herauspressen und in dem sie den nominellen Reichtum sich materialisieren, das Wertpotential Realität gewinnen lassen, unmittelbar in der Gestalt materialer Produkte, in der Naturalform sächlicher Güter erscheint und, um als solcher, als Wert sans phrase, wirklich zu werden, seine Vermarktung erheischt, mit anderen Worten voraussetzt, dass er als das Warenkontingent, als das er unmittelbar erscheint, per Zirkulation vertrieben und in die Geldform überführt wird.
Systematisch oder im rein logischen Modell betrachtet, ist diese Vermarktung, diese geldförmige Realisierung des aus den Wertquellen herausgepressten naturalförmigen Werts und Mehrwerts vor Ort der kolonialen Märkte nicht oder nur in sehr begrenztem Umfange möglich. Schließlich wird das Wertpotential, aus dem der kaufmännische Ritterstand kraft unternehmerischer Initiative und ausbeuterischen Ingeniums naturaliter realen Wert und Mehrwert herauspresst, der kolonialen Bevölkerung nicht abgekauft, sondern kompensationslos abgenommen, von ihr nicht per Austausch übernommen, sondern ihr mittels Beschlagnahmung geraubt, und sowenig die koloniale Bevölkerung für die ihr entzogenen Wertquellen von der senatorischen Bürokratie ein Äquivalent erhält, sowenig verfügt sie demnach über die Mittel, die vom Ritterstand aus den Wertquellen gewonnenen naturalen Werte zu kaufen und mithin als solche zu realisieren, in ihre sichselbstgleiche Gestalt, die Geldform, zu überführen. Bliebe an sich die Möglichkeit, diese aus dem kolonialen Wertpotential herausgeschlagenen Güter und Waren auf dritten Märkten abzusetzen, sie an anderer Stelle im Mittelmeerraum oder darüber hinaus zu vermarkten und als den Wert beziehungsweise Mehrwert, den sie verkörpern, zu realisieren. Indes, abgesehen davon, dass der Mangel an etablierten Handelsbeziehungen und geeigneten Transportsystemen ein nennenswertes Ausgreifen über den Mittelmeerraum hinaus praktisch vereiteln, ist im Mittelmeerraum selbst die römische Expansionspolitik in eben dem Maß, wie sie einerseits dem Ritterstand immer weitere Wertpquellen und mithin Gelegenheit zur Schöpfung immer weiterer Werte in Naturalform verschafft, andererseits dazu angetan, jenen Ausweg eines Ausweichens auf Drittmärkte und einer dort erzielen Verwandlung der Naturalwerte in die Geldform, zielstrebig zu verlegen. Schließlich besteht die römische Eroberungspolitik ja in nichts anderem als in der Überführung unabhängiger Drittmärkte in von Rom abhängige Kolonialmärkte, sprich, darin, dass immer weitere Gebiete des Mittelmeerraums der Kontributions- und Konfiskationsstrategie des römischen Senatorenstandes unterworfen und das heißt, von den Ausbeutungstechniken des römischen Ritterstandes erfasst werden und dass dementsprechend der Umfang der mittelmeerischen Gebiete, in denen sich die naturale Beute aus den Kolonien auf kommerziellem Wege in klingende Münze verwandeln lässt, immer mehr zusammenschmilzt.
So gesehen und also in Rechnung gestellt, dass die wachsenden kolonialen Märkte aufgrund ihrer kompensationslosen Ausplünderung und die gemäß dem Wachstum der Kolonialmärkte schrumpfenden Drittmärkte aufgrund ihres Schrumpfprozesses die aus den Kolonien herausgepressten Güter und Waren unmöglich aufnehmen können, bleibt am Ende nur der erste Markt, der Markt der Hauptstadt selbst, als Absatzgebiet übrig. Und in der Tat scheint er sich in dieser Eigenschaft durchaus anzubieten, da es ja die Hauptstadt ist, in die teils die aus den Kolonien in Geldform herausgepressten amtlichen Kontributionen und persönlichen Konfiskationen fließen, teils und in zunehmendem Maße die Kauf- und Pachtsummen zirkulieren, die vom römischen Handel für das Recht, die Kontributionen und Konfiskationen in der profitabeln Form von mehrwertigen Sachgütern einzutreiben, an den römischen Staat und die römische Bürokratie gezahlt werden, und wo teils und nicht zuletzt der Wertmittelfundus sich befindet, den der römische Handel aus seinen früheren kommerziellen Aktivitäten akkumuliert hat und der zwar nach Möglichkeit reinvestiert, in besagte Kauf- und Pachtsummen gesteckt wird, von dem aber immer noch genug für konsumtive Zwecke übrig bleibt. Und diese drei Geldquellen stehen ja nicht ausschließlich dem Senatoren- und dem Ritterstand, der engeren römischen Führungsschicht, zur Verfügung, sondern sie gelangen einerseits aufgrund der mit ihnen bestrittenen staatlichen Rüstungsausgaben auch in die Hände breiterer Schichten der arbeitenden Bevölkerung und kommen andererseits wegen der als pietas, als Engagement für den Sitz der Ahnen, praktizierten Patronatshaltung und Sponsorentätigkeit der Patrizier und der ihnen als Teil der Nobilität nolens volens nacheifernden Ritter zugleich der Bürgerschaft als ganzer und den vielen, mit den Großen und Reichen jeweils verknüpften Klientelen zugute. Angesichts der so gewährleisteten relativ breiten Streuung des in der Hauptstadt angehäuften Geldes scheint der hauptstädtische Markt für die Aufnahme der dank des unternehmerisch-ausbeuterischen Wirkens des Ritterstandes aus den Kolonien hereinströmenden Güter und Waren gut gerüstet.
Allerdings – und damit sind wir denn wieder beim Haken an der Sache! – geht der Absatz der kolonialen Güter und Waren auf dem hauptstädtischen Markt zu Lasten der heimischen Wirtschaft und beeinträchtigt oder vereitelt den produktionsfördernden, wirtschaftsbelebenden Effekt, den die für Rom requirierten beziehungsweise in Rom akkumulierten Wertmittel aus den Kolonien ja eigentlich haben. Sowohl in seiner unmittelbar-primären, als Kontributionen und Konfiskationen nach Rom fließenden, als auch in seiner mittelbar-sekundären, als Kauf- und Pachtsummen in Rom selbst zirkulierenden Form scheint das Geld aus den Kolonien – zum größeren Teil jedenfalls und soweit es nämlich nicht als Finanzierungsmittel für die römische Kolonialverwaltung vor Ort verbleibt oder gleich wieder in koloniale Güter umgesetzt wird – dazu angetan, in Rom selbst die Nachfrage zu beleben und die Wirtschaft anzukurbeln, indem es teils von Staats wegen in Rüstungsgüter und Militärausgaben gesteckt, teils auf privater Ebene für den Konsum der Führungsschicht beziehungsweise der ihr zugeordneten Klientelen aufgewendet wird. Im Falle der als Kauf- und Pachtsummen mittelbar-sekundär nach Rom fließenden oder vielmehr dort bereits zirkulierenden kolonialen Gelder erweist sich die Suggestion einer binnenwirtschaftlichen Belebungsfunktion bei näherem Zusehen indes als schierer Schein.
Tatsächlich handelt es ja sich bei diesen Kauf- und Pachtsummen, die dem römischen Staat und seinem senatorisch verfassten Patriziat von den zu Finanziers und Unternehmern avancierten und als eigener, ritterlicher Stand etablierten kommerziellen Repräsentanten gezahlt werden, um ein- und dieselben Gelder, die zuvor der patrizische Staat in Form von Kontributionen und Konfiskationen den Kolonien abpresst, die er dann für Rüstung und privaten Konsum ausgibt und damit ihrer binnenwirtschaftlich belebenden Funktion zuführt, die auf diesem Wege in die Hände der die Beschaffung der Rüstungs- und Konsumgüter organisierenden und durchführenden Marktrepräsentanten gelangen und die nun von letzteren erneut dem patrizischen Staat und seinen Amtsträgern zu Zwecken des staatlichen und privaten Konsums überlassen werden. Der Anschein, als stünden diese Gelder damit zum zweitenmal als unmittelbar nachfragebelebende, Güter aus der heimischen Produktion heischende Wertsumme zur Verfügung, täuscht darüber hinweg, dass sie jetzt keine den Kolonien kompensationslos abgejagte Beute mehr sind und deshalb auch keine auf dem heimischen Markt unversehens auftauchende und dort frei flottierende Kaufkraft mehr darstellen, sondern dass sie Sachwerte repräsentieren, als Äquivalent für Güter und Leistungen firmieren, die gleichzeitig mit ihnen beziehungsweise in der unmittelbaren Konsequenz ihres Erscheinens auf den heimischen Markt gelangen und diesen nach Maßgabe eben jenes als Kauf- und Pachtsummen den patrizischen Konsumenten überlassenen Wertäquivalents vergrößern und aufstocken.
Die Kauf- und Pachtsummen erhalten die Patrizier ja, wie die Rede von Kauf und Pacht bereits unmissverständlich anzeigt, nicht ohne Gegenleistung, sondern dafür, dass sie den ritterlichen Käufern und Pächtern Sachwerte überlassen, die sie in den Kolonien als Kontributionen oder Konfiskationen eingetrieben oder beschlagnahmt haben; mit anderen Worten, die Patrizier treten in Wahrheit als Warenverkäufer auf. Der Eindruck, als nähmen sie ihre alte Rolle wieder auf und brächten frei flottierende, nicht schon vom heimischen Markt als Äquivalent gesetzte geldförmige Kaufkraft ins Spiel, entsteht schließlich nur dadurch, dass es sich bei den Sachwerten, die sie verkaufen oder verpachten, in der Mehrzahl der Fälle um bloße Wertpotentiale, Wertquellen, handelt, die ihnen quasi ante portas des Marktes, außerhalb des zirkulativen Zusammenhanges, abgekauft oder abgepachtet werden und die erst einmal überhaupt in Gestalt von Sachwerten realisiert, in die Form von marktgängigen Gütern überführt werden müssen, ehe sie dann mit der durch den Produktions- oder Exploitationsprozess bedingten zeitlichen Verzögerung auf dem Markt erscheinen und dort als reales Gegenstück zu ihrem geldlichen Äquivalent geltend gemacht werden können. Und im Sinne einer Verstärkung des Eindrucks frei flottierender und deshalb wirtschaftsbelebender Kaufkraft wirkt sich natürlich dabei aus, dass jene Kauf- und Pachtsummen nicht nur früher als ihre sächlichen Gegenstücke auf dem Markt erscheinen, sondern dass sie auch keineswegs notwendig gegen diese eingetauscht werden, dass sie im Zweifelsfall vielmehr in die alten zirkulativen Kanäle fließen und teils staatlicherseits in Rüstung und militärische Aufwendungen gesteckt, teils von privater Seite für die Konsumartikel und Subsistenzmittel ausgegeben werden, die der heimische Markt wie gewohnt bereithält.
Dennoch sind früher oder später jene realen Gegenstücke zu dem in Kauf- oder Pachtzahlungen bestehenden geldlichen Äquivalent, jene dem Kauf oder der Pacht entspringenden kolonialen Sachwerte, auf dem römischen Markt vorhanden und konkurrieren zwecks Realisierung ihres Geldwertes mit den übrigen, dort präsenten Sachwerten wenn schon nicht unbedingt um die für sie gezahlten Kauf- oder Pachtsummen selbst, so jedenfalls doch um ein den letzteren quantitativ entsprechendes Wertmittelkontingent. Und die Konkurrenz, die die auf den römischen Markt drängenden kolonialen Produkte den dort vorhandenen heimischen Gütern machen, ist tatsächlich gewaltig, da die ersteren ja unter ungleich kostengünstigeren Bedingungen als die letzteren hergestellt beziehungsweise beschafft werden und nämlich statt aus ehrlicher eigener Tätigkeit oder vertraglicher Lohnarbeit aus Zwangs- und Fronarbeit, Enteignung und Pfändung, Erpressung und Wucher hervorgehen und deshalb von ihren ritterlichen Eignern ohne Profiteinbuße zu Preisen angeboten werden können, die ihren am heimischen Markt geltenden Wert mehr oder minder weit unterschreiten.
Von einer wirtschaftsbelebenden Wirkung der Kauf- und Pachtsummen, die der eine Teil der römischen Führungsschicht dem anderen, der Ritterstand dem Senatorenstand, für das Recht auf Ausbeutung der Kolonien zahlt, kann mithin keine Rede sein. So gewiss jene Kauf- und Pachtsummen als Äquivalent für konkurrenzfähige Sachwerte, im Austausch gegen preiswerte Güter aus den Kolonien, gegeben werden, so gewiss haben sie nichts weiter zur Folge als eine quantitative Erweiterung des römischen Marktes und eine damit einhergehende Erhöhung des Konkurrenzdrucks und Steigerung der Absatzprobleme für römische Waren. Wenn sie qualitativ etwas bewirken, so im Gegenteil nicht eine Belebung, sondern eine Destabilisierung, nicht eine Stärkung, sondern eine Schwächung der römischen Wirtschaft.
Wirtschaftsbelebenden Effekt haben, weil es sich bei dem Großteil der Sachwerte, die vom Ritterstand aus den Kolonien herausgepresst und auf dem römischen Markt feilgeboten werden, um zivile Güter, um landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Befriedigung von Konsum- und Luxusbedürfnissen bestimmte handwerkliche Produkte handelt, die dafür vom Ritterstand an das senatorische Patriziat gezahlten Kauf- und Pachtsummen höchstens noch auf den kriegswirtschaftlichen Sektor. Der Teil der Gelder nämlich, der als staatliche Einnahmen verbucht wird und vornehmlich in Rüstung und Militärausgaben fließt, ist nicht oder kaum von einem entsprechenden kolonialen Warenstrom gefolgt, muss nicht als Wertäquivalent für auf den römischen Markt drängende und dem dort bereits präsenten einschlägigen Warenkontingent oder vielmehr dessen Erzeugern das Leben schwer machende Rüstungsgüter firmieren und kann deshalb als ein Äquivalent, das in eben jenem vorhandenen Kontingent sein sächliches Gegenstück findet beziehungsweise es gar als frei flottierende Kaufkraft zur Vergrößerung anregt, seine, ironisch gesagt, segensreiche und nämlich den kriegswirtschaftlichen Bereich reaffirmierende oder gar zu weiterem Wachstum animierende Wirkung entfalten.
Um so härter aber trifft es die zivilen Produktionsbereiche. Ihnen bläst der Wind des aus den Kolonien herausgepressten und im wesentlichen aus zivilen Gütern bestehenden kolonialen Warenstroms diametral ins Gesicht. Was da neu auf den römischen Markt kommt, sind Güter, deren Gesamtwert die Wertsumme des für ihre Vermarktung in Form von Kauf- und Pachtgeldern gezahlten Äquivalents mit systematischer Zwangsläufigkeit mehr oder minder weit übersteigt. Schließlich leistet der Ritterstand seine Kauf- und Pachtzahlungen ja nur deshalb, weil er aus den vom Senatorenstand gekauften oder gepachteten kolonialen Wertquellen Sachwerte herausschlagen kann, deren Wert dank der in den Kolonien herrschenden ausbeutungsfreundlichen Aneignungs- und Produktionsbedingungen weit über dem der mittels Kauf oder Pacht investierten Gelder liegt und die, wenn es gelingt, sie zu verkaufen, entsprechend exorbitante Profite eintragen. Selbst unter der Annahme, dass nicht nur der von vornherein für den Konsum bestimmte Teil der Kauf- und Pachtzahlungen, sondern auch jener Teil, der erst einmal in die Rüstung fließt, letztlich dem Konsum zugeführt wird und auf dem römischen Markt für zivile Güter vollständig in Erscheinung tritt, bleibt folglich mit mathematischer Notwendigkeit die durch die Kauf- und Pachtzahlungen bewirkte Erhöhung des für konsumtive Zwecke verfügbaren Wertäquivalents hinter der durch die kolonialen Produkte erzielten Steigerung des Gesamtwerts der auf dem römischen Markt vorhandenen zivilen Güter markant zurück, was bedeutet, dass die vorhandenen Güter beim Bemühen, ihren Wert in Geldform, in Gestalt von Wertäquivalent, zu realisieren, um letzteres, das ja vergleichsweise knapp ist, heftig konkurrieren müssen. Und das wiederum heißt, dass die kolonialen Waren, die ja dank günstigerer Produktionsbedingungen wohlfeiler sind beziehungsweise ohne Verlust der Rentabilität zu niedrigeren Preisen angeboten werden können, den römischen Waren den Rang ablaufen und sie vom Markt verdrängen.
Leidtragende des durch das Mehr an kolonialem Warenwert erzeugten Konkurrenzdrucks sind, jedenfalls langfristig und aufs Ganze gesehen, die heimischen Produzenten, die durch das erfolgreiche Wirken ihrer in den Kolonien unternehmerisch aktiven ritterlichen Landsleute auskonkurriert und vom Markt verdrängt werden. Außerstande, ihre Preise dem von den Kolonialwaren vorgegebenen Niveau anzupassen, ohne Verluste zu machen, bleiben sie auf ihren Produkten sitzen, fallieren und stürzen, soweit es ihnen nicht gelingt, in der Rüstungsproduktion oder beim Militär unterzukommen oder aber andere Geldquellen aufzutun, in Beschäftigungslosigkeit und Armut. Und während sie ihre Positionen in der Produktion räumen müssen, werden die Lücken in der zivilen Güterversorgung mühelos durch die ritterlichen Finanziers und Unternehmer geschlossen, die mit den Gewinnen, die sie auf Kosten der Auskonkurrierten erzielen, wiederum dem senatorischen Teil der Führungsschicht neue Wertquellen in den Kolonien abkaufen oder abpachten können, womit sich das Spiel in erweiterter Form wiederholt und weitere heimische zivile Produktionskapazitäten vom Strom preiswerter kolonialer Waren unterspült und abgetragen werden.
Die fortdauernde Expansion der Republik schafft zwar im Blick auf die zunehmende Verarmung der heimischen Produzenten eine gewisse Entlastung und erweist sich insofern bei der Anhäufung sozialen Konfliktstoffs als retardierendes Moment, aber gleichzeitig sorgt sie dafür, dass, aufs Ende gesehen, die Situation sich immer weiter verschärft. Vollends eskaliert wird die Entwicklung einer von Pauperisierung in den unteren Schichten begleiteten Anhäufung von Reichtum in der doppelköpfigen Oberschicht aber nun dadurch, dass der Staat Domanialland, das er aus alter, obsolet gewordener Gewohnheit in den Kolonien beschlagnahmt, den Angehörigen der Oberschicht als Eigentum oder Pachtland zur Nutzung überlässt.
So also hat in scheinbar paradoxer Gegensinnigkeit die Erschließung neuer kolonialer Reichtumsquellen durch die Interessengemeinschaft der römischen Führungsschicht zur Folge, dass in der Römischen Republik selbst wachsende Teile der arbeitenden Bevölkerung, insbesondere jener Gruppen, die in den zivilen Gewerben ihr Auskommen finden, außer Brot gesetzt werden und verarmen. In eben dem Maße, wie durch das Zusammenwirken von Senatoren- und Ritterstand die Ausplünderung der Kolonien intensiviert und aus einer bloßen Abschöpfung von Geldschätzen, die als Wertmittel dienen, in eine Ausbeutung von Sachgütern, die als Wertquellen taugen, überführt wird, gerät die heimische Wirtschaft unter Konkurrenzdruck und findet sich einem katalytischen Prozess unterworfen, der, während er immer mehr Reichtum in den Händen der über die koloniale Beute verfügenden Führungsschicht versammelt, zugleich diejenigen, die nur über den Markt mit der kolonialen Beute in Berührung kommen und sich im übrigen, wie gewohnt, mit ihrer Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt in den zivilen Gewerken und in der Landwirtschaft verdienen wollen, in immer größerer Schar pauperisiert und in den Ruin treibt.
Dass dieser Zersetzungsprozess die römische Gesellschaft nicht im Geschwindschritt in ein agonales Siechtum führt, verdankt das republikanische Staatswesen allein seiner fortgesetzten Expansionspolitik, will heißen, der Tatsache, dass es sich zu keinem Zeitpunkt darauf beschränkt, die bereits eroberten und kolonialisierten Gebiete durch die beschriebene, von den Wertmitteln auf die Wertquellen, vom Äquivalent auf die Sache selbst, übergreifende Kontributions- und Konfiskationspraxis zum Zwecke der eigenen Bereicherung auszuplündern, sondern dass es getreu der mit der Kontributionspraxis von Anfang an verknüpften zirkulären, die Beisteuer der Unterworfenen als Beitrag zur Unterwerfung nutzenden Zielsetzung einen nicht geringen Teil der kolonialen Beute jeweils in Rüstungs- und Militärausgaben steckt, will heißen, dazu verwendet, neue Eroberungskriege zu führen und weitere Gebiete des Mittelmeerraumes dem auszubeutenden Kolonialsystem einzugliedern. In den neuen Provinzen treiben die konsularischen und prätorischen Feldherrn beziehungsweise die ihnen folgenden prokonsularischen oder proprätorischen Zwangsverwalter in Form von Kontributionen und Konfiskationen erst einmal alles ein, was sie an Wertmitteln, an staatlichen Edelmetallreserven, Tempelschätzen und handelskapitalem Geldvermögen, in die Hände kriegen können, und es ist dieser nach Rom fließende und nicht schon von Warenströmen gefolgte oder gar begleitete Geldstrom aus den neuen Provinzen, der die geschilderten, mit der sächlichen Ausbeutung der alten Provinzen für die Wirtschaft der Republik selbst, zumindest in ihren zivilen Bereichen, verknüpften nachteiligen Konsequenzen konterkariert oder jedenfalls abschwächt.
Teils dadurch, dass es als frei flottierende Kaufkraft die Nachfrage nach zivilen Gütern erhöht, teils dadurch, dass es den kriegswirtschaftlichen Sektor auszubauen erlaubt und somit einer größeren Zahl derer, die im zivilwirtschaftlichen Bereich überflüssig werden, neue Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten bietet, teils endlich dadurch, dass es die um ihre produktive Existenz Gebrachten im Rahmen von Klientelverhältnissen und staatlich-liturgischen Fürsorgeleistungen in den Genuss privater und öffentlicher Unterstützungen kommen lässt, sorgen diese nach Rom fließenden neuen Kontributionszahlungen und konfiszierten Gelder dafür, dass der Verlust der ökonomischen Existenz, mit dem die sekundäre Expropriation der Kolonien durch unternehmerische Ausbeutung die in Landwirtschaft und zivilen Gewerben tätigen Bevölkerungsschichten Roms bedroht, entweder überhaupt verhindert oder aber wenigstens in seinen gleichermaßen individuell und sozial verheerenden Auswirkungen kompensiert oder entschärft wird.
Allerdings ist klar, dass dies im Blick auf den drohenden ökonomischen Ruin und sozialen Abstieg breiter Bevölkerungsschichten wirksame Heil- oder jedenfalls Linderungsmittel nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht und in dem Augenblick seinen Dienst quittiert, in dem die römische Expansion an ihr Ende kommt, der Mittelmeerraum mit dem römischen Kolonialsystem deckungsgleich geworden und die primäre Ausplünderung der Kolonien, die einfache Abschöpfung ihrer Wertmittelreserven und Geldvermögen, beendet ist. Sobald mangels neuer territorialer Eroberungen jene durch die unmittelbare Kontributions- und Konfiskationspraxis der senatorischen Militärverwaltungen erbeuteten Gelder aufhören, nach Rom zu fließen, bleibt die sekundäre Ausbeutung der Kolonien, die mittelbare Verwertung ihrer Reichtumsquellen durch das ritterliche Unternehmertum, als alleiniger kolonialsystematischer Reichtumsbeschaffungsmechanismus übrig und entfaltet auf der ganzen Linie und ungebremst das Verdrängungs- und Vernichtungspotential, das sie im Blick auf die heimische Wirtschaft der Republik, ihre Landwirtschaft und ihre zivilen Gewerbe, besitzt.
Nicht sowohl aber als ein am Ende der Expansion jäh über die Republik hereinbrechendes spektakuläres Fatum, sondern als ein den Expansionsprozess kontrapunktisch begleitendes schleichendes Verhängnis bringt sich, genauer besehen, die vom römischen Ritterstand ins Werk gesetzte und den römischen Markt aus den Angeln hebende koloniale Güterbeschaffung und Gütererzeugung zur Geltung und erweist so die der Expansion entspringenden unmittelbaren Kontributionszahlungen und Konfiskationsgelder, die eben noch als Heil- oder Linderungsmittel gegen die Krankheit einer der römischen Wirtschaft durch die eigene Führung ins Haus geschleppten übermächtigen äußeren Konkurrenz gepriesen wurden, als in Wahrheit nur eine Einstiegsdroge, die unter dem Vorgeben, Heilung oder Linderung zu schaffen, jeweils den Grund für den nächsten und noch bedrohlicheren Krankheitsanfall legt. Zwar hilft in der Tat die Eroberung neuer Gebiete dank der Wertmittelreserven, auf die sie requisitorischen Zugriff eröffnet, den Konkurrenzdruck zu mindern, unter den die unternehmerische Ausbeutung der alten, bereits kolonialisierten Gebiete die römische Wirtschaft setzt, aber weil die neueroberten Gebiete ja auch immer nur zu bald der unternehmerischen Initiative des römischen Ritterstandes neue Betätigungsfelder und Bereicherungschancen eröffnen, schlägt letztlich die Entlastung vom Konkurrenzdruck in eine Verstärkung des Druckes um und sorgt jede neue kolonialistische Eroberung dafür, dass zur Eindämmung ihrer die römische Wirtschaft zerrüttenden Konsequenzen eine weitere Expansion zum zwingenden Erfordernis wird und dass sich zugleich aber das Verhältnis zwischen der Entlastung, zu der die Expansion erst einmal führt, und der Belastung durch erhöhten Konkurrenzdruck, die aus ihr letztlich folgt, immer weiter zuungunsten der ersteren verschiebt.
So schlecht angesichts der sekundären Ausplünderung der Kolonien, ihrer vom Ritterstand organisierten Ausbeutung als Lieferant und Produzent wohlfeiler landwirtschaftlicher Erzeugnisse, handwerklicher Produkte und mineralischer oder metallurgischer Vorkommen, die Prognose für die binnenwirtschaftlichen Verhältnisse Roms und für die von ihnen abhängigen Bevölkerungsschichten aber auch, allen vermeintlichen Heil- und Linderungsmitteln zum Trotz, sein mag, verheerend und in der Tat unzweideutig fatal wird sie erst durch eine weitere, gleichfalls im Mechanismus kolonialsystematischer Reichtumsbeschaffung angelegte und dem Zusammentreffen exorbitanter kommerzieller Profite mit extraordinären nichtkommerziellen Verwertungschancen geschuldete Entwicklung. Nicht nämlich nur in Steuerpachten, Handelsprivilegien, landwirtschaftliche Betriebe oder Minen werfen sich die bei der kommerziellen Realisierung der primären kolonialen Beute, der geldförmigen Kontributionen und Konfiskationen, von den Handeltreibenden erzielten gewaltigen Profite, sie finden im folgenden die Möglichkeit zur nutzbringenden Verwendung, sprich, zur akkumulativen Verwertung, auch noch in einer weiteren, mit der römischen Expansion zuverlässig verknüpften Gegebenheit vor. Gemeint sind die Gebiete, die in den eroberten und in bundesgenossenschaftliche oder koloniale Abhängigkeit überführten Regionen die Römische Republik für sich beansprucht und mit Beschlag belegt, sind die zumeist aus den Händen der früheren Herrschaft oder Gemeinschaft übernommenen, in herrscherlichem Privatbesitz, Vogteien, Staatsgütern, Allmenden bestehenden Territorien, die sich der römische Staat höchstpersönlich vorbehält und die er als Domanialland in eigener Regie verwaltet.
Die Praxis dieser Reklamation föderaler oder kolonialer Flächen als römisches Staatsland entspringt dabei dem mit der militärischen Expansionsstrategie der Republik nach deren Emanzipation vom Prinzip der Bundesschlüsse, vom System der Machterweiterung auf streng föderalistischer Basis, verknüpften Kalkül einer Herrschaftssicherung durch Einrichtung eigener Stützpunkte auf fremdem Gebiet, sprich, durch die Schaffung landbebauender, sich selbst erhaltender Militär- und Veteranenkolonien und die Stiftung wirtschaftlich unabhängiger, selbstverwalteter Munizipien. Dieses Kalkül ist durch die an die Punischen Kriege anschließende Schaffung des römischen Kolonialsystems allerdings längst obsolet oder jedenfalls aller politisch-militärischen Notwendigkeit beraubt. Eine prokonsularische oder proprätorische Militärverwaltung, die auf der Grundlage fester Garnisonen beziehungsweise im Krisenfall an den Ort entsandter mobiler Heeresgruppen eine flächendeckend direkte Herrschaft über das in toto zur Kolonie erklärte eroberte Gebiet ausübt, kann auf einzelne koloniale Stützpunkte und munizipiale Einflusszentren gut und gern verzichten.
Und auch in ihrer zweiten, mit dem machtpolitisch-militärherrschaftlichen Kalkül untrennbar verknüpften innenpolitisch-sozialstrategischen Intention scheint die römische Landnahme zwecks Ansiedlung von Kolonisten und Einrichtung munizipialer Exklaven so ziemlich überholt und gegenstandslos geworden. In der Tat dient, wie oben gezeigt, die Landnahme ursprünglich nicht einfach nur der Sicherung der Herrschaft in fremden Gebieten, sondern ebenso sehr und zugleich der Wahrung des Friedens durch Herstellung sozialverträglicher Verhältnisse im eigenen Haus. Durch Landzuteilungen und die Ansiedlung von Kolonisten in eroberten Territorien werden die in Rom selbst einem Prozess der Enteignung und Verarmung ausgesetzten Schichten kleiner und mittlerer Grundeigentümer aus dem Verkehr gezogen und andernorts einer neuen ökonomischen Existenz und politischen Funktion zugeführt und wird der soziale Sprengstoff, den die Entwicklung einer Gentry, einer um die Neureichen aus der kommerziellen Sphäre erweiterten Oberschicht auf Landbesitzbasis, schafft und anhäuft – wird dieser soziale Sprengstoff also beseitigt oder jedenfalls entschärft. Diese zweite, innenpolitisch-sozialstrategische Funktion der von der römischen Republik in eigener Person praktizierten Landnahme in den eroberten Gebieten ist es ja überhaupt nur, was der militärischen Expansionspolitik der patrizischen Partei, der senatorisch verfassten Oberschicht, die Zustimmung und Unterstützung der plebejischen Partei, der tribunizisch organisierten Volksmenge, sichert.
Indes, auch in dieser Hinsicht haben eben jene militärische Expansionspolitik und die kolonialsystematische Wendung, die letztere im Zuge der Punischen Kriege nimmt, die Situation gründlich verändert und die ursprüngliche Motivationslage obsolet werden lassen. Durch die Einführung des ganz und gar auf koloniale Kontributionen und Konfiskationen abgestellten neuen Finanzierungskonzepts zu Ende des 3. Jahrhunderts verwandelt sich die römische Expansion in ein quasi selbsttragendes, quasi aus der eigenen Dynamik sich speisendes Unternehmen und präsentiert sich in typischer Sebstläufermanier als eine einzige, fast ununterbrochene Kette von Kriegen und Eroberungszügen. Und das wiederum bedeutet, dass ein ebenso ununterbrochener Bedarf an Soldaten besteht, dass jene von ökonomischer Verarmung und sozialer Deklassierung betroffenen mittleren Schichten der kleinen bäuerlichen Grundeigentümer, für die das durch die Requisition von Domanialland in den Kolonien ermöglichte Landzuteilungs- und Wiederansiedlungsprojekt eigentlich bestimmt ist, gar nicht in die Lage kommen, von dem Angebot jenes Programms Gebrauch zu machen, weil ihre militärischen Dienste ständig gebraucht werden und ihnen einen den Niedergang ihrer heimischen Betriebe und Verlust ihrer agrarischen Subsistenz kompensierenden Unterhalt sichern und sie im Zweifelsfall eher auf fernen Schlachtfeldern sterben, als sich in der Rolle von Veteranen, geschweige denn von jungen Kolonisten, auf ferner Scholle ansiedeln zu können.
Wenn die kolonialsystematische Entwicklung der Republik Schichten der Bevölkerung in akute Not und spürbares Elend stürzt, dann sind das nicht primär sie, die Gruppen kleiner Grundeigentümer und freier Bauern, die der Verlust ihrer agrarischen Subsistenz in den Plebejerstand absinken lässt und die dann dessen tribunizisch verfassten harten Kern und politischen Aktivposten bilden und in dieser Eigenschaft eine vom Patriziat inaugurierte militärische Expansionsstrategie mittragen und mitbetreiben, zu der sie zwar ursprünglich eben die Aussicht auf eine Zuteilung von Land und Wiederansiedlung motiviert, die ihnen aber letztlich als solche, als ständige Nachfrage nach Kriegsdienstleistenden, als immer wiederkehrender Ruf zu den Fahnen, ihr Auskommen sichert und sie vor dem ökonomischen Nichts und der sozialen Deklassierung bewahrt. Durch den Konkurrenzdruck, den die koloniale Ausbeutung erzeugt, außer Brot gesetzt und von zunehmender Not und Verelendung bedroht finden sich vielmehr die originär plebejischen Schichten der habituell in den städtischen Marktzusammenhang integrierten kleinen Handwerker und Tagelöhner, die weder die für den Kriegsdienst erforderliche körperliche Tüchtigkeit beziehungsweise martialische Selbstbehauptung mitbringen, noch mit dem bäuerlichen Kolonistendasein, dem Wirken auf eigener, aber vom heimischen Milieu entfernter Scholle, etwas verbinden und deren Schicksal es deshalb ist, sich als innerstädtischer Bodensatz und von der Hand in den Mund lebendes Lumpenproletariat mehr schlecht als recht durchzuschlagen und im Schatten des rasch wachsenden Reichtums der Oberschicht ihr Leben zu fristen, wobei sie in dieser lumpenproletarischen Eigenschaft in dem Maße, wie ihre Zahl und Präsenz zunimmt, zu einem in all seiner Passivität und Initiativlosigkeit immer gewichtigeren politischen Faktor, einem für die Republik selbst, die sie hervortreibt, immer schicksalsträchtigeren sozialen Erscheinung werden. Doch davon in Kürze mehr!
Sowohl also das ursprüngliche machtpolitisch-militärherrschaftliche Kalkül als auch die damit von Haus aus verknüpfte innenpolitisch-sozialstrategische Intention sind unter den Bedingungen der kolonialsystematisch entfalteten Expansion der Römischen Republik als Motive für die staatliche Requisition von Land in den eroberten Gebieten, für die Schaffung von Domanialbesitz, obsolet und belanglos. Wenn der römische Staat dennoch damit fortfährt, Kolonialland mit Beschlag zu belegen und als Staatsbesitz in eigene Regie zu übernehmen, so deshalb, weil der allgemeine appropriative Gestus, der ihn und die ihn tragende Oberschicht beseelt, die Besitzgier, die seine Expansionstätigkeit ebenso sehr als reaktive Folge wie als treibender Grund durchwirkt, über alle inhaltliche Motivation oder sachliche Rücksicht triumphiert und auch ohne dergleichen das gewohnte und liebgewordene Aneignungsgeschäft betreibt. Allerdings lädt sich damit der römische Staat mittlerweile eher eine Last auf, als dass er sich etwas Gutes tut. Voll und ganz mit der doppelten Aufgabe der militärischen Eroberung immer neuer Gebiete und der politischen Herrschaft über ein dementsprechend wachsendes Kolonialreich befasst, kann er mit den Ländereien, die er sich selber zumisst, eigentlich gar nichts anfangen und hat weder das Interesse noch die Muße und weder die Mittel noch das Personal, sie nutzbringend zu verwenden, sprich, sie mit dem Ziel einer profitablen Erzeugung agrarischer Produkte zu bewirtschaften. Der ursprünglich mit ihnen verknüpften machtpolitischen Herrschaftssicherungsfunktion und sozialstrategischen Neuansiedlungsintention beraubt, bedeuten diese Ländereien für ihren Eigentümer, den römischen Staat, nichts weiter als zusätzlichen Verwaltungsaufwand und verlorene Instandhaltungskosten; selbst wo durch Steuer- oder Pachtzahlung der Einheimischen, die auf dem Land sitzen und es bewirtschaften, den staatlichen Ausgaben Einnahmen gegenüberstehen, sind die Domanialbesitzungen doch nur in den seltensten Fällen als gewinnbringende Investition zu betrachten.
Unter diesen Umständen muss es der senatorischen Staatsführung als eine glückliche Fügung erscheinen, dass jemand bereitsteht, ihr diese Last, die sie sich dank habitueller Besitzgier aufgebürdet hat, abzunehmen. Der gleiche, aus Patrizier- und Ritterstand kombinierte Personenkreis nämlich, der schon von der primären und sekundären Ausplünderung der Kolonien profitiert, von der Abschöpfung kolonialer Wertmittel in Form direkter Kontributionen und Konfiskationen und von der Ausbeutung kolonialer Wertquellen in Gestalt der Kauf- und Pachtsummen, die für deren Überlassung die Ritter den Patriziern zahlen, und der Sachwerte, die die Ritter aus dem Gekauften und Gepachteten herausschlagen – dieser gleiche Personenkreis steht auch jetzt bereit, aus dem Wertpotential der Ländereien, die der römische Staat aus schierer, weil längst funktionslos gewordener Habsucht anhäuft, das wirtschaftlich Beste und jedenfalls mehr zu machen, als dem Staat selbst gegeben ist. Was die römische Beamtenschaft mittels Kontributions- und Konfiskationspraxis an unmittelbar pekuniärem Reichtum in den Kolonien abschöpft, was die Repräsentanten des römischen Marktes hiernach durch ihre kommerzielle Maklertätigkeit von diesem pekuniären Reichtum als ihren Gewinn einstreichen, was sodann von diesem Gewinn die dadurch zu ritterlichen Unternehmern avancierenden plebejischen Handeltreibenden wiederum investieren, indem sie es dem römischen Staat und seiner senatorischen Beamtenschaft als Kauf- und Pachtsummen für koloniale Sachwerte und Wertquellen überlassen, und was endlich die ritterlichen Unternehmer durch Realisierung der kolonialen Sachwerte und Ausbeutung der kolonialen Wertquellen an exorbitanten, weil von günstigen kolonialen Produktionsbedingungen profitierenden Profiten herausschlagen – dieser ganze, den Kolonien direkt, durch bürokratische Abschöpfung, und indirekt, durch quasikapitalistische Ausbeutung, entrissene und in spiraliger Unaufhaltsamkeit zunehmende Reichtum drängt auf weitere Verwertung und steht deshalb bereit, sich des neuen, vom römischen Staat unwillkürlich geschaffenen Wertpotentials zu bemächtigen.
Bereit steht der durch die primäre, bürokratische, und die sekundäre, quasikapitalistische Ausplünderung der Kolonien erworbene Reichtum für diese neue und, wenn man so will, tertiäre Reichtumsbeschaffung natürlich nur, soweit er nicht der Römischen Republik zur Finanzierung ihrer militärischen Aktivitäten, ihrer Eroberungs- und Pazifizierungsanstrengungen, dient beziehungsweise direkt in den privaten Konsum der Oberschicht und in die Erfüllung ihrer sozialen Verpflichtungen fließt. Dass indes auch nach Abzug der Rüstungsausgaben und der Aufwendungen für konsumtive Zwecke noch mehr als genug für die Investition in Domanialland übrig bleibt, dafür ist gesorgt: Erstens nämlich sind die Profitraten, die durch direkte Expropriation und durch indirekte Ausbeutung der Kolonien die Oberschicht erzielt, längst über den Punkt hinaus, bis zu dem die traditionellen Obliegenheiten der Oberschicht – die Aufrechterhaltung des eigenen Lebensstandards, die Sorge für die Klientel und die pietätvollen Aufwendungen zum Wohle der Stadt und zur Finanzierung öffentlicher Werke – genügten, um jene Profite aufzuzehren. Und zweitens und vor allem erweist sich jeder Denar, der für Rüstung und Militär ausgegeben wird, als rentabel in dem simplen Sinne, dass er die Eroberung neuer Gebiete und die Einrichtung neuer Kolonien ermöglicht und mithin den Grund für eine neuerliche Ausweitung der direkten Expropriationspraxis und der indirekten Ausbeutungstätigkeit, sprich, für die Akkumulation weiterer Profite in Privathand, legt.
So fließen denn also die in den Händen der patrizischen und ritterlichen Oberschicht angehäuften überschüssigen, weil weder im staatlichen Rüstungshaushalt oder im privaten Konsum Verwendung findenden, noch als Investitionen im Spektrum der üblichen kolonialen Ausbeutungsunternehmungen mehr unterzubringenden und in ihrer Überschüssigkeit auf weitere Verwertung dringenden Wertquanten in den Kauf oder die Pacht von staatseigenem Land – und alle Beteiligten sind es zufrieden. Der römische Staat ist zufrieden, weil er so eine neue Einnahmequelle für die Finanzierung seiner Kriegszüge und seiner das Kolonialsystem umspannenden Militärverwaltung auftut und weil er selbst da, wo er Domanialland an verdiente Beamte verschenkt oder zur unentgeltlichen Nutzung überlässt und also nichts dabei gewinnt, doch jedenfalls eine beschwerliche Last und unnütze Bürde los wird und eine Konzentration seiner Kräfte auf seine wesentlichen, in der Expansionsstrategie und der Ordnungspolitik bestehenden Aufgaben erreicht. In der Tat ist dieser in der Privatisierung von Staatsländereien gelegene Entlastungseffekt für den Etat der Republik der objektive Vorwand oder rationalisierende Grund für eine wachsende Tendenz des römischen Staates, seine höheren Angestellten durch territoriale Schenkungen zu beglücken, und für die darin zum Ausdruck kommende und parallel zur Akkumulation von Reichtum in ihren Händen zunehmende Korruptionsneigung der staatstragenden Schicht, ihre Bereitschaft, private und familiäre Vorteile mit den öffentlichen und körperschaftlichen Interessen zu vermengen und die letzteren zum Vehikel einer Durchsetzung ersterer zu degradieren.
Wie bei der konfiskatorisch-privativen Bereicherung der prokonsularischen oder proprätorischen Beamtenschaft in den Kolonien, die der römischen Konsumgüterproduktion zugute kommt und deren Benachteiligung gegenüber dem Rüstungssektor zu kompensieren hilft und die deshalb als eine binnenwirtschaftlich nützliche Korruptionserscheinung vom Senat weitgehend toleriert wird, ist auch bei der nunmehr praktizierten und augenscheinlich korruptionsverdächtigen Privatisierung von Domanialland ein als Staatsräson geltend zu machendes öffentliches Interesse, die – egal, ob durch Verkauf, Verpachtung oder Schenkung beziehungsweise formlose Überlassung der Ländereien – erreichte Entlastung des Etats der Republik, ausschlaggebend für die Tolerierung beziehungsweise Legitimierung dieser Praxis. Nur, dass sich jetzt das objektive Kalkül als durchsichtige Rationalisierung, der gute Grund als planer Vorwand erweist, weil die Zeche für die Wohltat, die dem Gemeinwesen aus Korruption, aus der Vermischung von privatem Vorteil und öffentlichem Interesse, erwächst, hier nicht mehr von anderen, der durch die Konfiskationen ausgeplünderten Kolonialbevölkerung, sondern, wie gleich zu sehen, von Schichten des römischen Volkes selbst bezahlt werden muss, das sich durch den Großgrundbesitz, in dem das privatisierte Domanialland resultiert, ökonomisch massiv unter Konkurrenzdruck gesetzt findet.
Den Arbeitskräftemangel, an dem die zuerst nur in den italischen Kernlanden betriebene Latifundienwirtschaft zu scheitern droht, beseitigt die von Staats wegen und in großem Maßstab eingeführte Sklaverei. Der Konkurrenzdruck, der von den mit Sklavenarbeit betriebenen Latifundien und Manufakturen ausgeht, richtet die römischen Kleinbauern und Handwerkerschichten vollends zugrunde.
Zufrieden – um diese komparatistisch vorgreifende Beurteilung abzubrechen und den Faden der Darstellung wieder aufzunehmen! – ist aber nicht nur der Staat, die senatorisch verfasste patrizische Körperschaft als ganze, sondern zufrieden sind auch und natürlich die einzelnen Mitglieder der Körperschaft, die Privatleute aus der Oberschicht, Senatoren und Ritter, die Nutznießer der Domaniallandverkäufe und –schenkungen sind und dadurch in den Besitz riesiger, mit dem Wort Latifundien plastisch beschriebener, Güter gelangen, deren Bewirtschaftung und Nutzung ihrem Bereicherungsprozess ein beispielloses Momentum verleiht und ihre Vermögensverhältnisse in völlig neue Dimensionen katapultiert. Aus den gewaltigen Flächen besten Acker- und Weidelands, die sie dank jener Privatisierung von Staatsbesitz in die Hand bekommen, lässt sich ein ebenso gewaltiger Profit herausschlagen – vorausgesetzt, die neuen Grundherren verfügen über das für einen intensiven Feldanbau beziehungsweise eine effektive Viehzucht erforderliche Kontingent an billigen Arbeitskräften. Hier scheint auf den ersten Blick das Hauptproblem bei der Durchsetzung dieser neuen Anlageform und Realisierung der mit ihr gegebenen Bereicherungsperspektive zu liegen: dass nämlich das für eine erfolgreiche Bewirtschaftung der großen Güter benötigte Personal gar nicht ohne weiteres, und geschweige denn in preiswerter Gestalt, vorhanden ist.
Schließlich ist in dieser ersten, für die neue römische Wirtschaft auf Latifundienbasis formativen Phase der Erwerb von Staatsland durch das senatorisch-ritterliche Establishment per Gesetz auf italischen Boden eingeschränkt, weil die Republik, sosehr sie ökonomisch zum Selbstbedienungsladen für ihre Führungsschicht wird, doch aber die von ihr solcherart Begünstigten politisch unter Kuratel halten und der Möglichkeit, dass diese in fernen, schlecht kontrollierbaren Kolonialgebieten territorialherrschaftliche Gelüste entwickeln und gar mit der jeweiligen prokonsularischen Verwaltung um die Macht vor Ort zu konkurrieren beginnen, wehren will. Auf dem Gebiet der alten römisch-italischen Wehrgenossenschaft aber, dort also, wo die römische Landverstaatlichungspolitik ihren damals noch in doppelter Hinsicht funktionsbestimmten Anfang nimmt und wo jetzt die Privatisierung der Staatsländereien die Latifundienwirtschaft initiiert, ist an eine umstandslose Rekrutierung der erforderlichen massenhaften und womöglich auch noch billigen Arbeitskräfte nicht zu denken, weil das vorhandene Arbeitskräftepotential in den regionalen und dank des italisch-römischen Handelssystems relativ florierenden Wirtschaftszusammenhang eingebunden und an eine Zwangsverpflichtung von Arbeitskräften wegen der staatlichen Zugehörigkeit der betreffenden Regionen zu beziehungsweise ihrer vertraglichen Verknüpfung mit der Römischen Republik und wegen des wie immer abgestuften Rechtsschutzes, den ihre Bevölkerungen genießen, nicht zu denken ist.
Auch hier wieder ist es die auf eine exaktiv-direkte Aneignung, statt auf eine transaktiv-indirekte Anhäufung von Reichtum, auf eine requisitorische Mittelbeschaffung, statt auf eine kommerzielle Versorgung mit Gütern abgestellte und für die Römische Republik in ihrer klassischen Gestalt grundlegende militärisch-bürokratische Expansion, die Rat und Hilfe schafft, will heißen, die praktische Lösung für das Arbeitskräfteproblem liefert. Was im organisierten Wirtschaftsraum und in der verbürgten Rechtssphäre des italisch-römischen Bundesgenossenschaftssystems nicht zu haben ist, das lässt sich in den Randzonen des Imperiums, in den um ihre ökonomische Kontinuität und ihre politische Ordnung gebrachten rechtsfreien Räumen, die dem Imperium eingegliedert beziehungsweise vom Imperium in Schach gehalten werden sollen und in denen die militärische Auseinandersetzung den Ton angibt und gewaltsame Unterwerfungsmaßnahmen, Strafexpeditionen und Zwangsvollstreckungen an der Tagesordnung sind, ohne weiteres beschaffen. Der seit alters bestehende Brauch, nach dem im Falle kriegerischen Konflikts dem Sieger nicht nur Hab und Gut, sondern auch Leib und Leben des Unterlegenen verfällt, öffnet hier einer Rekrutierung von Arbeitskräften Tür und Tor.
Zur Geltung gebracht und realisiert wird dieser Brauch seit alters nur, wo ein Bedarf an Menschen besteht, wo es für Leib und Leben der Besiegten Verwendung gibt, sei's dass – wie im aus Mangel an sonstigem tierischem Protein geübten Kannibalismus – der Besiegte im buchstäblichen Sinne als Leibgeber herhalten muss, sei's dass – wie in der extensiven, weiträumigen Wirtschaftsform des Nomadismus – Kriegsgefangene als Viehknechte und Hütepersonal eingesetzt werden können, sei's dass – wie an den Höfen theokratischer Herrschaften – genug Reichtum vorhanden ist, um menschliche Kriegsbeute als Komfort gewährende und Status symbolisierende dienstbare Geister mit durchzufüttern. Auch in den Gemeinschaften der mehr oder minder territorial fundierten Handelsstädte der Antike, in Athen, Karthago oder Rom, wird menschliche Kriegsbeute erst in nennenswertem Umfang für Sklavendienste nutzbar gemacht, als zum einen die kriegerischen Aktivitäten und Expansionsanstrengungen erheblich und kontinuierlich genug sind, um für einen hinlänglichen Strom von Kriegsgefangenen Sorge zu tragen, und zum anderen und vor allem, ausreichend große Landgüter entstanden sind, um Sklaven nutzbringend einsetzen zu können, beziehungsweise genug kommerzieller Reichtum versammelt ist, um sich den Kauf von Hausbediensteten oder Leibsklaven leisten zu können. In Athen ist das seit dem 6. Jahrhundert, in Rom seit dem 4. Jahrhundert der Fall, und deshalb gibt es seitdem in den beiden Staatswesen einen Sklavenhandel, der die Sklaverei die bis dahin gewahrten engen Grenzen einer vorübergehenden Kriegsfolge oder einer als Schuldknechtschaft bezeichneten wirtschaftsrechtlichen Konsequenz sprengen und zu einer ebenso anerkannten wie festen Einrichtung werden lässt. Dennoch bleibt die Sklaverei wegen der relativen Begrenztheit der territorialen Besitzungen und Bescheidenheit der kommerziellen Vermögen auch da noch ein eher marginales und für die Gesamtwirtschaft ebenso folgenloses wie unmaßgebliches Phänomen.
Ihre Sternstunde oder, besser gesagt, die Geburtsstunde einer atemberaubenden Karriere erleben Sklavenhandel und Sklaverei nun aber im 2. Jahrhundert in Rom, wo, wie ausgeführt, die Privatisierung von Staatsland, seine Verwandlung in Latifundien, landwirtschaftlichen Großgrundbesitz, einen massiven Bedarf an Arbeitskräften schafft, und wo gleichzeitig die rasante kriegerische Expansion der Republik nach Nordafrika, auf den Balkan und nach Spanien große Gruppen von Menschen unter kriegsrechtlich-ausnahmezuständlichen Bedingungen dem römischen Zugriff zugänglich werden lässt. Diese unheilige Koinzidenz von massiv vergrößerter Nachfrage und rapide erhöhtem Angebot hat die zu erwartende Konsequenz: So gewiss die Oberschicht als Römischer Senat, als körperschaftlich agierende Staatsmacht, ihren Mitgliedern, den Patres und Equites, aus denen sie sich zusammensetzt, Staatsbesitz zukommen lässt und diese Zuwendung mit dem Geld rechtfertigt, das sie dabei erlöst, oder auch bloß mit der Entlastung des Etats, die sie dadurch erreicht, so gewiss versorgt sie nun auch die Begünstigten mit dem für die Nutzung ihres Besitzes erforderlichen Menschenmaterial und kann diese Hilfestellung ebenfalls damit rechtfertigen, dass der von ihr verkörperte Staat – teils direkt, indem er die Militärverwaltungen in den Kolonien und den Grenzgebieten die Rekrutierung und Verschiffung von Sklaven übernehmen lässt, teils indirekt, indem er das Privileg zum Sklavenhandel an Privatleute aus dem Ritterstand verpachtet oder verkauft – Einnahmen erzielt und das Ärar füllt.
Die mit Sklavenarbeit betriebene Latifundienwirtschaft, sie also ist es, die nun die ohnehin von akuter Zerrüttung bedrohten binnenwirtschaftlichen Verhältnisse der Republik endgültig und in kürzester Frist in den Ruin treibt, indem sie den Konkurrenzdruck, dem sich die Bauern und Gewerbetreibenden, die kleinen Landbesitzer und Handwerker durch den vom Ritterstand aus den Kolonien herausgepressten Strom wohlfeiler Waren ausgesetzt finden, durch die landwirtschaftliche Massenproduktion jenes Großgrundbesitzes weiter erhöht und in der Tat zur erdrückenden ökonomischen Drossel werden lässt. Eine Entspannung der durch die geldförmigen Kontributionen und Konfiskationen aus den jeweiligen kolonialen Neuerwerbungen mühsam und ohne echte Perspektive in vorläufiger Schwebe gehaltenen ökonomischen Konfliktsituation ließe sich ja nur erreichen, wenn die Gewinne aus der vom Ritterstand in immer größerem Maßstab inszenierten Ausbeutung kolonialer Wertquellen über die traditionellen Kanäle der Aufrechterhaltung eines patrizischen Lebensstiles, der Sorge für die Klientel und der pietätvollen Aufwendungen zum Wohle der Stadt und zur Finanzierung öffentlicher Werke umstandslos in den Konsum flössen und zu nichts weiter als zur Realisierung des von ihnen repräsentierten überschüssigen Warenangebots auf dem Markt verwendet würden. Weit entfernt aber, dass dies geschähe, werden diese Profite vielmehr in die vom Staat privatisierten Ländereien und in die zur Bearbeitung der Ländereien von Staats wegen organisierten Sklaven investiert und also einer Verwendung zugeführt, die, statt sich in der Realisierung von auf dem Markt bereits vorhandenen Werten, im konsumtiven Kauf von Gütern, zu erschöpfen, vielmehr auf einen weiteren Wertzuwachs, auf eine produktive Vermehrung eben jener in ihrem Wert durch Konsum zu realisierenden Güter hinausläuft, mithin darin resultiert, dass uno actu der wertmäßigen Einlösung vorhandener Waren und ihres darin beschlossenen Verschwindens vom Markt ein wertmäßig vergrößertes Warenkontingent auf den Markt gebracht, ein Mehr an Warenwert in die Zirkulation eingeschleust wird.
Weil jene Profite aus der Ausbeutung der Kolonien dank der qua Latifundienwirtschaft neu eröffneten Verwertungsmöglichkeit noch einmal als kraft Sklavenarbeit gewinnträchtiges Kapital eingesetzt werden, ehe sie in Form der für das Dominialland und die Sklaven gezahlten Gelder in die Hände staatlicher oder privater Konsumenten gelangen, um dort ihre als Entlastung des Marktes von einem Überschuss an Warenwert wohlverstandene Wertrealisierungsaufgabe zu erfüllen, vergrößern sie immer nur weiter das Missverhältnis zwischen den in Gestalt von Subsistenzmitteln und Konsumgütern auf dem Markt versammelten Sachwerten und der in Form von geldlichem Äquivalent für die Realisierung der Sachwerte zur Verfügung stehenden Wertmenge und erhöhen so den Konkurrenz- und Preisdruck, unter dem die Produzenten der auf dem Markt versammelten Güter und zumal jene Produzentengruppen stehen, die auf der heimischen Scholle oder in der heimischen Werkstatt eigenhändig oder jedenfalls kleinbetrieblich ihr gewohntes Warensortiment erzeugen, statt in den Kolonien beziehungsweise auf den Latifundien unter den dort möglichen kostengünstigen, sprich, ausbeutungsintensiven Bedingungen wachsende Warenmengen erzeugen zu lassen.
Der vereinten und vielmehr potenzierten Wirkung, die koloniale Ausbeutung und Latifundienökonomie auf Sklavenarbeitsbasis zeitigen, hält die traditionelle Wirtschaft der Römischen Republik nicht stand. Parallel zur galoppierenden militärischen Expansion und kolonialsystematischen Entfaltung des Römischen Reiches vollzieht sich im Laufe des 2. Jahrhunderts ein dramatischer Verfall der bodenständigen, römischen Landwirtschaft und der in der in der Republik selbst ansässigen Gewerbe. Weil ausschlaggebend für den an einen Kollaps gemahnenden jähen Verfall der neuentstandene Großgrundbesitz und die in seinem Rahmen mittels Sklaven quasiindustriell betriebene agrarische Produktion ist, sind die primären Opfer die Bauern und kleinen Grundbesitzer der Republik. Sie, die wegen der kommerziellen Versorgung der Stadt mit preiswerten landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus dem wachsenden Herrschaftsgebiet der Republik, wegen der Landerwerbspraxis der sich in die Nobilität einkaufenden Neureichen aus der Handelssphäre und nicht zuletzt wegen der ihnen ständig abgeforderten Kriegsdienstleistungen schon lange unter ökonomischem Druck stehen und sich sei's als mit Müh und Not ihre soziale Stellung behauptende, gebeutelte Mittelschicht, sei's als der Deklassierung entspringender und aber ein politisches Bewusstsein und militantes Ressentiment kultivierender Teil der Plebs zu einer tribunizisch verfassten Partei formieren, die bereits seit mehr als einem Jahrhundert als konstruktive Opposition den expansiv-imperialen Kurs der Republik mitbetreiben und die in seiner Konsequenz durchgesetzte kolonialistische Ausbeutungspraxis mittragen – sie also, die bäuerlichen Schichten, finden sich nun am Ende der von ihnen mitgestalteten Entwicklung als die definitiven Opfer wieder, sehen sich mit ihren agrarischen Erzeugnissen durch die Billigproduktion der Kolonien und Latifundien vom Markt verdrängt und scharenweise um ihre Subsistenz gebracht. Soweit sie nicht in anderen Erwerbszweigen unterkommen, liegen sie auf der Straße und müssen sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser halten oder von öffentlichen Almosen leben beziehungsweise in der Klientel eines der ebenso sehr auf ihre Kosten wie zu Lasten der Kolonien Reichtümer anhäufenden Patrone aus der Nobilität Unterschlupf suchen.
Aber nicht bloß die bäuerlichen Schichten und Kleingrundbesitzer sind von dem rasanten Verfall der traditionellen wirtschaftlichen Strukturen der Republik betroffen, kaum weniger hart trifft es auch die Handwerker und kleinen Gewerbetreibenden. Und zwar nicht bloß und nicht einmal in der Hauptsache deshalb, weil die entwurzelten bäuerlichen Schichten in ihre Berufszweige drängen und ihnen auf dem Arbeitsmarkt Konkurrenz machen. Vielmehr ist der wesentliche Grund für die Not, in die sich auch die hauptstädtischen Gewerke und Kleingewerbe gestürzt sehen, einmal mehr der neue, territorial ebenso sehr über alle Stränge schlagende wie personell zum Massenbetrieb aufgeblähte Großgrundbesitz. Nicht nämlich nur, dass die mit Sklavenarbeit betriebene Bewirtschaftung großer, geschlossener Landflächen die habituelle agrarische Produktion revolutioniert, sie birgt auch nebenbei und mit assoziativer Zwangsläufigkeit die Anregung zu einer Revolutionierung der traditionellen Handwerke durch entsprechend massierte Bewirtschaftungsformen. Die Sklaven nämlich, die in den neueroberten Gebieten und den Grenzregionen des Imperiums rekrutiert und auf den italischen Latifundien eingesetzt werden, sind vielfach von Haus aus keine bloßen Landarbeiter, sondern bringen, zumal wenn sie aus den hochentwickelten Regionen des östlichen, hellenistischen Mittelmeeres kommen, vielfältige handwerkliche Fertigkeiten mit. Diese Fertigkeiten der Sklaven brachliegen zu lassen, heißt, ihre in toto gekaufte Arbeitskraft nur partiell oder überhaupt falsch und unrationell zu nutzen, bedeutet mit anderen Worten, in einem Kontext, für dessen Entstehung doch gerade Kapitalinvestitionsabsichten und Profitabilitätsrücksichten maßgebend sind, unwirtschaftlich zu verfahren.
Eine erste Anregung zur Behebung des Mangels und Wiedergutmachung des Versäumnisses bei der Nutzung der Verwertungschancen, die in der neuen Bewirtschaftungsform stecken, bieten die Latifundien selbst, deren beträchtlicher Bedarf an handwerklichen Leistungen, an der Errichtung von Baulichkeiten, an der Herstellung und Reparatur landwirtschaftlichen Geräts, an der Versorgung der Belegschaft mit alltäglichen Gebrauchsartikeln, an der Ausstattung der herrschaftlichen Landhäuser mit Komfort und Luxusgütern sich durch die vor Ort vorhandenen Arbeitskräfte, durch für dergleichen Arbeiten qualifizierte Sklaven, teilweise oder ganz befriedigen lässt. Auf den zu Großbetrieben entwickelten Landgütern kommt es zu einer Arbeitsteilung, bei der parallel und ergänzend zum quasiindustriell betriebenen Landbau vorhandene oder eigens eingeführte handwerkliche Fachkräfte mit der Produktion landwirtschaftlicher Hilfsmittel und nichtlandwirtschaftlicher Gebrauchsgüter befasst sind. Die gleichermaßen extensive und intensive Ausbeutung der Arbeitskraft, zu der Sklavenarbeit die Handhabe bietet, die doppelte Möglichkeit nämlich, die Sklaven bis auf kurze Regenerationsphasen durchgängig bei der Arbeit zu halten und sie einer auf größere Effektivität abgestellten Umgestaltung der Arbeitsprozesse, einer Aufspaltung, Spezialisierung, Routinisierung, Serialisierung und schließlichen, durch organisatorisches Arrangement und disziplinarischen Zwang ins Werk gesetzten Synthesis ihrer Verrichtungen zu unterwerfen, sorgt dafür, dass die auf diese Weise betriebene Produktion bald schon die Deckung des Eigenbedarfs der Landgüter übersteigt und Überschüsse abwirft, als deren Abnehmer sich der Markt anbietet.
Wie bereits die durch ritterliche Unternehmer aus den Kolonien herausgepressten Erzeugnisse haben auch diese der Sklavenarbeit auf Latifundienbasis entspringenden Produkte, und zwar die handwerklichen nicht weniger als die agrarischen, dank ihrer kostengünstigen Herstellung, ihres auf nichts als auf die Kaufsumme und die Lebenshaltungskosten für Sklavenarbeiter abgestellten niedrigen Erzeugerpreises, beste Marktchancen und keine Schwierigkeiten, sich im Konkurrenzkampf mit der normalen handwerklichen Produktion durchzusetzen. Der Markterfolg wiederum animiert dazu, die handwerklichen Produktionsstätten weiter auszubauen beziehungsweise eigenständige, nicht mehr vom Landbau abhängige handwerkliche Produktionen auf Basis der Sklavenarbeit und der in ihrem Rahmen veränderten, sprich, spezialisierten, rationalisierten und intensivierten Arbeitstechniken zu begründen, mit dem Ergebnis, dass überall im römisch-italischen Raum und später auch in den Kolonien unter Federführung des für kommerzielle Unternehmen zuständigen Ritterstandes Manufakturen entstehen, in die die ritterlich-patrizische Oberschicht ihre Gewinne aus den Kolonien und der Latifundienwirtschaft reinvestiert – handwerkliche, auf Sklavenarbeit und vorindustriellen Produktionsmethoden basierende Großbetriebe, die den herkömmlichen Kleinbetrieben und ihren manuellen Fertigungstechniken eine sie kraft manufakturell durchrationalisierter Sklavenarbeit in kürzester Frist vernichtende Konkurrenz machen. Und dies nicht nur im Bereich der zivilen Gewerbe, sondern auch und in zunehmendem Maße in der Rüstungsindustrie, wo staatliche Großaufträge winken und die Klassengenossen der Manufakturbetreiber, die Herren aus Senat und Beamtenschaft bereitstehen, ihresgleichen gegen Provisionen oder Beteiligungen diese Aufträge zuzuschanzen.