2. Vom Reichtumssymbol zum Wertzeichen – Die edelmetallene Währung als Geschöpf der kommerziellen Funktion

Ungeachtet des Anscheins von Naturwüchsigkeit ist auch das traditionelle allgemeine Äquivalent, das Münzgeld, ein historisches Produkt. Als ursprüngliches Herrengut in den kommerziellen Austausch integriert und von ihm instrumentalisiert, verwandelt sich das Edelmetall aus einem Reichtumssymbol, einem Vorweis vergeudeter, unnütz verrichteter Arbeit, in ein Wertzeichen, einen Nachweis bereits geleisteter und gespeicherter Arbeit. Mit der Entfaltung des kommerziellen Austauschs zu einem von der territorialen Herrschaft sich emanzipierenden Marktsystem gewinnt das letzterem als Getriebe dienende edelmetallene Wertzeichen an entsprechender Bedeutung und Unentbehrlichkeit. Die Aufgabe, die ausreichende Menge, dispositionelle Verfügbarkeit und qualitative Konstanz des Austauschmittels zu sichern, fällt der territorialen Herrschaft und dann dem aus ihr hervorgehenden zentralen Staat zu, der sich mit der Opportunität konfrontiert findet, um des Zirkulationsflusses, der Qualitätssicherung und der Vorratshaltung willen an die Stelle der geprägten Münze die gedruckte Note treten zu lassen.

So althergebracht und von Anfang der Handelsfunktion an in Kraft und Geltung das in Edelmetall bestehende allgemeine Äquivalent als den Wert der Güter und Dienstleistungen als reeller Wertmaßstab ausdrückendes, als kalkulatorischer Bezugsrahmen preislich artikulierendes und als genereller Gegenwert zirkulativ vermittelndes Passepartout kommerziellen Austauschs aber auch sein mag, Anspruch darauf, etwas je schon als natürliches Faktum Vorausgesetztes, quasi ontologisch Gegebenes zu sein, kann es deshalb noch lange nicht erheben. Vielmehr ist und bleibt es ein als gesellschaftliches Datum vormals Entstandenes, mithin historisch Gewordenes.

Entstanden ist es, wie an anderen Stellen 1 dargelegt, im Kontext der frühen agrarisch fundierten Zivilisationen, sprich, im Rahmen territorialherrschaftlicher Vergesellschaftung, wo das Edelmetall als Erzeugnis verschwendeter oder vergeudeter, nicht mehr für die bloße Reproduktion, den Unterhalt des täglichen Lebens erforderlicher gesellschaftlicher Arbeit und damit als obliques Sinnbild oder symbolischer Vorweis eines der subsistenziellen Not und fundamentalen Bedürftigkeit menschlicher Existenz enthebenden materialen Reichtums und realen Überflusses die Bedeutung eines von allen Herrschaften wertgeschätzten und hochgehaltenen und deshalb auch jederzeit von ihnen begehrten und akzeptierten Herrenguts gewinnt und wo dies der im gleichen Kontext und Rahmen sich entwickelnden und mit dem Austausch von Luxusgütern, Spezereien und Raritäten zwischen den einzelnen Herrschaften befassten kommerziellen Funktion zum Anlass wird, es, das Herrengut Edelmetall, als Wechselagens alias Passepartout solchen Austauschs, als letzteren vermittelndes und nämlich in der Eigenschaft eines Übergangsobjekts die Kluft oder Klippe räumlicher beziehungsweise zeitlicher Asymmetrie bei der Transaktion überbrückendes oder umschiffendes allgemeines Äquivalent in Gebrauch zu nehmen.

In dieser Eigenschaft behält die kommerzielle Funktion das Edelmetall unverändert bei, nachdem sie sich von der qua Domestikenstellung oder Agentenrolle unmittelbaren Abhängigkeit von der territorialen Herrschaft emanzipiert und in der antiken Handelsstadt eine politisch fundierte ökonomische Selbständigkeit erlangt hat, die ihr in Gestalt ihrer menschlichen Akteure, der Handeltreibenden, erlaubt, in eigener Regie und auf eigene Rechnung einen als Marktsystem funktionierenden Austauschzusammenhang zu entfalten, der im Prinzip allen in ihm Engagierten und an ihm Beteiligten, den ihm zuarbeitenden handwerklichen Produzenten nicht weniger als den durch ihn versorgten herrschaftlichen Konsumenten, als Distributionseinrichtung zur Verfügung steht und der in dem Maße zur zentralen ökonomischen Apparatur der Gesellschaft avanciert, wie er teils den ersteren erlaubt, sich durch ihre produktiven Beiträge zu ihm die subsistenziellen Ansprüche zu erwerben, die wiederum er ihnen zu befriedigen bereit steht, teils den letzteren ermöglicht, ohne produktiven Beitrag zu ihm an ihm zu partizipieren und in ihm die Befriedigung ihrer konsumtiven Ansprüche zu finden. Als Münze des Marktes, als sämtliche kommerzielle Transaktionen wertmäßig darstellendes, preislich bestimmendes und kaufvertraglich vermittelndes allgemeines Äquivalent dient das Edelmetall uno actu als der Deckmantel, unter dem die zum Markt entfaltete kommerzielle Funktion ihre in der Aneignung von Mehrwert resultierende Ausbeutung handwerklicher Arbeitskraft betreibt, und als das Sesam-öffne-dich, durch das sie dem herrschaftlichen Konsum einen nicht durch die Betätigung von Arbeitskraft fundierten Anspruch und Zugriff auf die materialen Güter und realen Dienstleistungen verschafft, denen dieser von ihr appropriierte Mehrwert inkorporiert ist und aus denen sie ihn auslösen muss, um ihn als Mittel zur Aneignung weiteren Mehrwerts, als der Selbstverwertung geweihtes Kapital, verwenden zu können.

Zu Beginn der Neuzeit hat dank der seiner Entfaltung günstigen sozialen, kulturellen und bevölkerungsstrukturellen Bedingungen, die in den nördlichen Regionen des aufgelassenen Römischen Reiches in dem Jahrtausend nach dessen Untergang herrschen, dieser kommerzielle Austauschzusammenhang eine solche Umfänglichkeit und Allgegenwart und eine so maßgebende Bedeutung für die gesamtgesellschaftliche Reproduktion erlangt, dass er in der Lage ist, die seinem Fortschritt als Schallmauer entgegenstehenden Schranken, die das politisch dominierende territoriale alias feudale Herrschaftssystem seiner ökonomischen Entwicklung setzt, zu durchbrechen und durch ein vom Prinzip des Divide et Impera geleitetes politisches Konfliktstrategem letzteres in eine Auseinandersetzung mit sich selbst hineinzutreiben, es aus quasi eigenem Entschluss sich einer internen Umgestaltung und Revision unterziehen zu lassen, die in der Ersetzung der dem Drang des Marktes zur räumlichen Ausbreitung des Handelsverkehrs und sächlichen Gleichschaltung der Verkehrsregeln zuwiderlaufenden autonomistisch-partikularistischen Föderalordnung durch eine diesem Drang entgegenkommende beziehungsweise Vorschub leistende absolutistisch-zentralistische Staatsverfassung resultiert.

Im institutionellen Rahmen und mit der faktorellen Unterstützung dieser uno actu von ihm als feudale Herrschaft aus dem Sattel gehobenen und als absolutistischer Staat auf den Thron gesetzten neuen politischen Macht vollzieht nun aber der kommerzielle Austauschzusammenhang mittels seines akkumulierten handelskapitalen Reichtums jene zum qualitativen Sprung in der gesellschaftlichen Reproduktionsweise geratende Appropriation und Integration der bis dahin noch relativ eigenständigen und von ihm halbwegs unabhängigen gesellschaftlichen Produktionssphäre, die, wie aus den kleinen Werkstätten umfängliche Produktionsbetriebe, so aus den Wert ihrer Erzeugnisse erwirtschaftenden handwerklichen Produzenten eine nichts als die Mittel für ihre Subsistenz erzielende manufakturelle beziehungsweise industrielle Lohnarbeiterschaft macht und die dadurch eine nie dagewesene, als kapitalistische Produktionsweise firmierende Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft ermöglicht, die wiederum den Grund legt für eine nicht minder beispiellose und gleichermaßen die menschliche Produktionstätigkeit und die sächliche Produktivkraft betreffende quantitative Ausweitung und qualitative Verstärkung jenes manufakturellen beziehungsweise industriellen Wertschöpfungssystems, in dem die kapitalistische Produktionsweise ihr ebenso selbstreproduktiv einziges Vollbringen wie selbstreferenziell ausschließliches Vorhaben findet.

In eben dem Maße aber, wie dank der vom absolutistischen Staat gestützten und geförderten produktionsbetrieblichen Integration der handwerklichen Produktionssphäre in den sich kapitalistisch engagierenden Markt und ihrer lohnarbeiterschaftlichen Umrüstung durch ihn das gesellschaftliche Wertschöpfungssystem wächst und sich entfaltet, steigt und entwickelt sich naturgemäß oder, besser gesagt, systembedingt auch der Bedarf des Marktes an der ihm eigenen Münze, an in hinlänglicher Menge, mit provisioneller Zuverlässigkeit und in konstanter Qualität verfügbarem edelmetallem allgemeinem Äquivalent. Schließlich stellt das edelmetallene Äquivalent das universale Mittel alias Passepartout jeglicher durch kommerziellen Austausch organisierten Ökonomie dar und bildet das auf ihm basierende Geldsystem das Getriebe, das gleichermaßen die egal ob auterge, handwerklich-instrumentelle oder kapitale, lohnvertraglich-industrielle Schöpfung von Wert verkörpernden Gütern und Dienstleistungen und die Realisierung des in letzteren verkörperten Werts vermittelt und in Gang hält.

Erfährt dank der der handwerklichen Produktionssphäre durch den kommerziellen Austauschzusammenhang, den vertrieblichen Markt, widerfahrenden Eingliederung und Umrüstung der gesellschaftliche Wertschöpfungs und Wertrealisierungsprozess eine nicht weniger qualitative Vervielfältigung als quantitative Ausweitung, so muss auch die Münze des Marktes, das Geldsystem, das dieser kapitalistisch transformierten Ökonomie unverändert als Getriebe dient, an reellem Umfang und funktioneller Vielseitigkeit entsprechend zunehmen. Und in eben dem Maß, wie aufgrund seines quantitativen Wachstums und seiner qualitativen Diversifizierung das industrielle Produktion und kommerzielle Distribution unter dem Dach des Marktes konkreszieren lassende kapitalistische Wertschöpfungssystem eine über Wohl und Wehe, wo nicht gar Sein und Nichtsein der gesamtgesellschaftlichen Reproduktion entscheidende Bedeutung erringt, gewinnt nolens volens auch das entsprechend umfänglicher und vielseitiger zum Einsatz kommende Geldsystem, weil es ersteres getrieblich zu vermitteln und in Gang zu halten dient, an kriteriellem Gewicht und vielmehr existenzieller Unentbehrlichkeit.

Sowohl was die quantitative Menge, die dispositionelle Verfügbarkeit und die qualitative Konstanz der Münze des Marktes betrifft, stellt das neue, dem Markt unmittelbar eingegliederte und von ihm als Subsistenzbasis beziehungsweise konsumtive Versorgungseinrichtung ebenso allgegenwärtig gemachte wie auf Touren gebrachte kapitalistische Wertschöpfungssystem die auf ihm aufbauende bürgerliche Gesellschaft vor eine nie dagewesene währungspolitische Herausforderung. Und wie die Bewältigung so vieler Aufgaben, die Anpassung der politischen Rahmenbedingungen an die vom Kapital diktierte ökonomische Entwicklung betreffend, fällt auch, diese währungspolitische Herausforderung zu meistern, dem als Herr und Meister der bürgerlichen Gesellschaft, als ihr Patron, sich aufspielenden, in Wahrheit aber als ihr Helfershelfer wider Willen, ihr nützlicher Idiot, agierenden absolutistischen Staat zu.

Und das nicht von ungefähr! Schon lange vor der Entstehung des kapitalistischen Wertschöpfungssystems und in der Tat seit der Praktizierung kommerziellen Austauschs im Schoße oder dann im sei's drückenden, sei's schirmenden Schatten territorialer Herrschaft gehört es zu deren Obliegenheiten, die Münze des Marktes, die ja nichts anderes ist als das von der kommerziellen Funktion zum Passepartout des Güter und Leistungsaustauschs umfunktionierte Herrengut Edelmetall, durch Prägung, einen Akt gleichermaßen der quantitativen Kontingentierung, der qualitativen Normierung und der provisionellen Bereitstellung, als dies umfunktionierte Herrengut gutzusagen und dafür einzustehen beziehungsweise Sorge zu tragen, dass das normierte und bereitgestellte Kontingent, das als Münze auf dem Markt in Umlauf gesetzte Herrengut, in ausreichender Menge, hinlänglicher Reserve und gleich bleibender Qualität zur Verfügung steht. So gesehen scheint, wenn nun der absolutistische Staat die Aufgabe übernimmt, den auf Lohnarbeitsbasis, sprich, auf der Grundlage einer kapitalistischen Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft rasch sich durchsetzenden und entfaltenden kommerziellen Austauschzusammenhang mit dem für seinen Betrieb nötigen allgemeinen Äquivalent zu versehen, nur die Fortsetzung einer seit alters etablierten Praxis.

Der Schein von Kontinuität trügt indes! Was die absolutistische Praxis einer qua Münzhoheit von Herrschafts beziehungsweise Staats wegen wahrgenommenen Versorgung des Marktes mit dem quantitativ, qualitativ und provisionell nötigen allgemeinen Äquivalent von der bis dahin geübten maßgeblich unterscheidet, ist eben jene rasante Durchsetzungs und Entfaltungsdynamik, die die Kapitalisierung der gesellschaftlichen Produktionssphäre und das dadurch ins Werk gesetzte manufakturelle beziehungsweise industrielle Wertschöpfungssystem auf Lohnarbeitsbasis dem kommerziellen Austauschzusammenhang vindizieren. Diese Dynamik verleiht dem währungspolitischen Tun der staatlichen Herrschaft eine ganz und gar novellierte Bedeutung und Bewandtnis. Die von der territorialen Herrschaft mehr oder minder nachdrücklich in Anspruch genommene Münzhoheit dient der Absicht, den handwerklich fundierten kommerziellen Austauschzusammenhang unter politischer Kontrolle zu halten, ihm durch Regulierung seines Getriebes die für das herrschaftliche Wohlergehen, den konsumtiven Status der Herrschaft, erforderliche Funktionsfähigkeit und performative Stabilität zu sichern. Die vom zentralen Staat mit monopolistischer Entschiedenheit ausgeübte Währungshoheit hingegen ist darauf abgestellt, den kommerziellen Austauschzusammenhang der ökonomischen Steuerungsautomatik teilhaftig werden zu lassen, die seine Fundierung in einem manufaktur beziehungsweise industriekapitalistischen Wertschöpfungssystem bei Strafe der Dysfunktionalisierung des letzteren und Transformation seiner Entfaltungsdynamik in eine zerstörerische Leerlaufbewegung erheischt.

Während mit anderen Worten die territoriale Herrschaft die Münzhoheit nur pro domo oder in subjektiver Absicht praktiziert und nämlich mittels ihrer den kommerziellen Austauschzusammenhang sanktioniert und reguliert, um sich einen uneingeschränkten und kontinuierlichen Zugang zu den konsumtiven Annehmlichkeiten zu sichern, die er für sie bereithält, muss der zentrale Staat die Münzhoheit pro cura oder in objektiver Funktion ausüben und nämlich mittels der von ihm in Umlauf gesetzten Münze den kommerziellen Austauschzusammenhang so weit stimulieren und dirigieren, dass dieser mit dem produktiven Betrieb und der kreativen Dynamik des ihm mittlerweile zugrunde liegenden lohnarbeiterschaftlichen Wertschöpfungssystems Schritt und beidem die Waage zu halten und durch solche seinem wertschöpferischen Realfundament währungspolitisch primär oder in der Hauptsache gesicherte Funktionsfähigkeit sekundär oder nebenbei dann auch den konsumtiven Ansprüchen des zentralen Staates selbst nachzukommen, seinen materialen Bedürfnissen Genüge zu leisten vermag.

Indem nun aber der zentrale Staat anders als die territoriale Herrschaft die Münzhoheit in objektiver Funktion ausübt, sie nicht mehr primär nutzt, um seinem eigenen konsumtiven Bedürfnis Befriedigung zu verschaffen, sondern sie in der Hauptsache wahrnimmt, um den betrieblichen Anforderungen und Entwicklungsbedingungen des dem Markt integrierten und in ihm aufgehobenen kapitalistischen Wertschöpfungssystems Genüge zu leisten, stellt sich objektiv, also im Gewahrsam dieser jetzt primär und in der Hauptsache in den Dienst des kapitalistischen Wertschöpfungssystems gestellten staatlichen Währungspolitik, heraus, dass das als Münze des Marktes tradierte Herrengut Edelmetall, das als Passepartout des Austauschs bewährte edelmetallene allgemeine Äquivalent, gar nicht mehr die für den neuen kapitalistisch fundierten Markt geeignete funktionelle Option, das dessen Umfang und Komplexität angemessene Mittel der Wahl darstellt und es sich vielmehr aus praktischen Gründen, aus Gründen der Erleichterung und Verbesserung gleichermaßen des Zirkulationsflusses, der Qualitätssicherung und der Vorratshaltung, dringend empfiehlt, wo nicht gar zwingend geboten zeigt, das metallene durch ein papierenes allgemeines Äquivalent zu ersetzen, an die Stelle der geprägten Münzen gedruckte Noten treten zu lassen. So gewiss sich der gedruckt-papierene, nominale Schein ungleich leichter erzeugen, konservieren und vorrätig halten lässt als das geprägt-metallene, reale Sein, so gewiss ist beziehungsweise scheint er ungleich geeigneter, den Anforderungen zu genügen, die ein so dynamisiertes Wertschöpfungssystem wie das lohnarbeitsfundierte alias kapitalistische an das ihm als kommerzielles Passepartout dienende allgemeine Äquivalent hinsichtlich zureichender Menge, gleichbleibender Beschaffenheit und fortlaufenden Nachschubs stellt.

Und gegen diese durch die kapitalistische Entwicklung und Verwandlung des gesellschaftlichen Wertschöpfungssystems indizierte, als geboten angezeigte Ersetzung der geprägt-metallenen Münze durch eine gedruckt-papierene Note in der Rolle des den kommerziellen Austausch von Werten vermittelnden allgemeinen Äquivalents, lässt sich, dass es sich bei der gedruckten Note eben nur um einen papierenen Schein und nicht wie bei der geprägten Münze um ein metallenes Sein, also nur um ein phänomenales Zeichen, ein Symbol, und nicht um ein materiales Ding, eine Realität, handele, schwerlich als ernsthafter Einwand geltend machen. Schließlich ist, genau besehen, auch das gemünzte Edelmetall, das als hart firmierende Geld, in seiner Funktion als Passepartout des kommerziellen Austauschs, allgemeines Äquivalent, nicht mehr als ein die materialen Güter und realen Leistungen, die zum Austausch kommen, referierendes Zeichen, ein deren Wert, das Quantum kompensatorisch anderer Güter und Leistungen, das ihr Austausch erheischt, repräsentierender Index.

Seine Stellung als allgemeines Äquivalent, als Passepartout des kommerziellen Austauschs, schuldet das Edelmetall ja keineswegs einer der Lebensnotwendigkeit oder Annehmlichkeit der Güter und Leistungen, deren Wert es referiert beziehungsweise repräsentiert, vergleichbaren materialen Brauchbarkeit oder realen Nützlichkeit, sondern der als soziale Bedeutung wirksamen demonstrativen Funktion, die es im rein territorialherrschaftlichen Kontext, in dem der kommerzielle Austausch seinen Anfang nimmt und dem er entspringt, als Ausweis von Reichtum und Überfluss, als Unterpfand einer Befriedigung und Erfüllung gewinnt, die eben jenes, dem Anspruch nach, aller Lebensnot und Arbeitslast ein für allemal enthobene Dasein begründet, in dem die territoriale Herrschaft ihre sie als solche legitimierende und vom Schicksal des Arbeitskollektivs, das actu der Verfolgung seines Unterhalts und Sicherung seines Auskommens den Reichtum und Überfluss hervortreibt, ausnehmende Bestimmung findet.

Als Inbegriff von Reichtum und Demonstrativ beziehungsweise Manifest des auf Reichtum basierenden herrschaftlichen Status ist das Edelmetall Herrengut par excellence, ein überall und jederzeit von der Herrschaft begehrtes und akzeptiertes Ding, und in dieser Eigenschaft macht es sich die kommerzielle Funktion, die anfangs nur erst dazu da ist, Luxusbedürfnisse der Herrschaften zu befriedigen und ihnen Exotika zugänglich zu machen, zunutze, um dem Austausch entgegenstehende Asymmetrien zu überwinden, Widerstände aus dem Weg zu räumen, die sich daraus ergeben, dass oft genug der von Herrschaft A begehrte Artikel sich im Besitz von Herrschaft B befindet, die wiederum einen Artikel begehrt, über den Herrschaft C verfügt, die es ihrerseits nach einem Artikel verlangt, den ihr Herrschaft A liefern könnte, und dass außerdem nicht weniger häufig das Vorhandensein der von den Herrschaften A, B und C begehrten Artikel der Synchronizität ermangelt und die Ungleichzeitigkeit in ihrer Verfügbarkeit den bereits durch ihre topische Diskrepanz gehandikapten Austausch vollends scheitern zu lassen droht. Hier bietet sich das von aller Herrschaft hochgehaltene und wertgeschätzte Edelmetall als ein Übergangsobjekt, ein intermediäres Mittel an, das den durch topische oder chronische Missverhältnisse, durch räumliche Getrenntheit oder Ungleichzeitigkeit verhinderten Austausch dennoch ins Werk zu setzen erlaubt.

Diese Inanspruchnahme für den Zweck kommerziellen Austauschs vindiziert dem als Reichtumssymbol figurierenden Herrengut Edelmetall eine wesentlich andere Bedeutung beziehungsweise Bewandtnis. Als herrschaftliches Reichtumssymbol zeigt das Edelmetall an, dass sein Eigner im Überfluss lebt, dass er über Lebens und Unterhaltsmittel in solchem Über oder Unmaß verfügt, dass er der für deren Erzeugung nötigen menschlichen Arbeitsenergie entbehren und sie, die damit als aufgehoben gesetzte Arbeit, für den Zweck der Manifestation eben dieses seines der Not und Bedürftigkeit enthobenen Lebens verwenden, sie ohne Rücksicht auf ihre eigentlich lebenserhaltende beziehungsweise bedürfnisbefriedigende Funktion in das als Nachweis seines Lebens im Überfluss figurierende Herrengut Edelmetall investieren, kurz, sie nach Maßgabe ihrer eigentlichen Funktion verschwenden und vergeuden kann. Durch seine Inanspruchnahme in der Rolle eines die Asymmetrien im Austauschgeschäft überwindenden beziehungsweise überbrückenden allgemeinen Äquivalents aber gewinnt nun die kommerzielle Funktion dem rein symbolischen Sinn des Herrenguts Edelmetall einen praktischen Nutzen ab, indem sie es auf Basis der grenzenlosen Wertschätzung, die es bei allen Herrschaften genießt, zu einem Mittel der Reichtumsbestätigung beziehungsweise Reichtumssicherung werden lässt, es mit anderen Worten einsetzt, um es gegen Güter und Dienstleistungen auszutauschen, die geeignet sind, sei's Versorgungsmängel, die der einzelnen Herrschaft aufstoßen und ihr Leben im Überfluss objektiv bedrohen, zu beheben, sei's konsumtive Gelüste oder Launen, die jene anwandeln und ihr Leben im Überfluss subjektiv in Frage stellen, zu befriedigen.

Aus einem Reichtumssymbol, einem Vorweis vergeudeter, unnütz verrichteter Arbeit, und einem darin modo obliquo abgelegten Zeugnis, einer Bekanntmachung bestehenden Überflusses und gegenwärtiger Fülle lässt die Instrumentalisierung des Herrenguts Edelmetall durch die kommerzielle Funktion, seine Rekrutierung als den Austauschprozess vermittelndes allgemeines Äquivalent, ein Wertzeichen werden, einen Nachweis bereits geleisteter und gespeicherter nützlicher Arbeit und ein damit modo directo ausgestelltes Zertifikat, eine Bescheinigung des mittels kommerzieller Funktion einzulösenden Anspruchs auf ausstehende Erfüllung und künftige Befriedigung. Indem kraft kommerzieller Funktion das Herrengut Edelmetall in die Lage versetzt wird, statt bloß zum Erweis von Reichtum, zur Manifestation des Vorhandenseins materialer Güter und realer Dienstleistungen zu dienen, vielmehr zu deren Erwerb, zur Appropriation von zum Reichtum fehlenden beziehungsweise ihn komplettierenden Dingen und Handlungen herzuhalten, verkehrt es sich aus einem als Beweis vergeudeter Arbeit figurierenden demonstrativen Symbol konsummatorischer Fülle in ein als Beleg für geleistete Arbeit funktionierendes denotatives Zeichen von ökonomischem Wert und wird in dieser ihm von der kommerziellen Funktion vindizierten neuen Bedeutung zum Dreh und Angelpunkt der durch die kommerzielle Funktion ausgeübten Transaktionstätigkeit, zum Passepartout des materiale Güter und reale Dienstleistungen versammelnden und vermittelnden kommerziellen Austauschs.

Die kommerzielle Funktion überführt mittels des als Passepartout des Austauschs, als allgemeines Äquivalent, geltend gemachten Herrenguts Edelmetall herrschaftlichen Reichtum aus Überfluss in Überschuss. Die Nichtäquivalenz beim Austausch, die ihr herrschaftlicher Austauschpartner akzeptiert, weil er konsumtiv vom Austausch profitiert, überträgt sie auf den handwerklichen Produzenten, mit dem sie auf dem Boden der in ihrem Kraftfeld entstehenden nichtterritorialen, kommunalen Gemeinschaften unmittelbar kontrahiert. Formale Basis für die Bereitschaft des handwerklichen Produzenten, sich der Übertragung des Nichtäquivalenzprinzips auf den Handel mit ihm zu fügen, ist die funktionelle Vergleichbarkeit des von ihm arbeitsteilig erzeugten relativen Zuviel mit der territorialherrschaftlich hervorgebrachten absoluten Fülle. Der politische Grund für seine der kommerziellen Funktion bewiesene Kooperationsbereitschaft ist die strukturelle Perspektive einer durch das Wirken der letzteren ermöglichten dauerhaften Emanzipation von territorialherrschaftlicher Fron.

In Korrespondenz zur Kommerzialisierung des Reichtumssymbols Edelmetall ändert sich auch die Natur und Beschaffenheit des Reichtums selbst. Sind bis dahin Reichtum und Überfluss nichts weiter als ein Unmaß, eine unbestimmte Fülle an vorhandenen materialen Gütern und verfügbaren realen Dienstleistungen, so verwandelt die Dazwischenkunft des von der kommerziellen Funktion als Wertzeichen eingesetzten, zum allgemeinen Äquivalent instrumentalisierten Reichtumssymbols und Herrenguts das Unmaß ins Übermaß, die indefinite Fülle in ein definitives Zuviel. So gewiss der Reichtum durch die Dazwischenkunft des zum kommerziellen Passepartout alias allgemeinen Äquivalent instrumentalisierten Herrenguts Edelmetall eine konsumpraktische, auf Zusatzbefriedigung zielende Bedeutung gewinnt beziehungsweise eine versorgungsökonomische, auf Mängelbeseitigung abgestellte Bewandtnis erlangt, so gewiss verwandelt das Wirken der kommerziellen Funktion den bewandtnislosen Reichtum in verwendbares Vermögen, den wertfreien Überfluss in verwertbaren Überschuss.

Und diese ihre mittels des Herrenguts Edelmetall als allgemeinen Äquivalents ausgeübte Verwandlungsmacht behält nun aber die kommerzielle Funktion, als sie in der antiken Handelsstadt ihre domestikenhafte Beziehung zur territorialen Herrschaft abstreift und, nunmehr auf eigene Rechnung nicht weniger als in eigener Regie ihr Austauschgeschäft betreibend, mit den handwerklichen und bäuerlichen Lieferanten der von ihr vertriebenen Güter und Dienstleistungen nicht mehr nur modo obliquo einer sie in fronwirtschaftlicher Knechtschaft verhaltenden Herrschaft, sondern via directa der stadtbürgerlichen Unabhängigkeit, die sie auf dem handelsstädtischen Boden erringen, zu kontrahieren vermag – diese aus konsummatorisch verwendbarem Überfluss ökonomisch verwertbaren Überschuss machende Verwandlungsmacht behält also die kommerzielle Funktion unverändert bei und überträgt sie umstandslos vom herrschaftlichen Reichtum auf das handwerkliche Produkt. Sie behandelt mit anderen Worten das ihr nunmehr unmittelbar zugängliche handwerkliche Erzeugnis nicht anders als den herrschaftlichen Reichtum, per medium dessen es ihr bis dahin begegnete und unter dessen einschränkender Bedingung sie allein seiner habhaft zu werden vermochte.

So widersinnig die von der kommerziellen Funktion durchgesetzte Gleichbehandlung des dem Austauschzusammenhang unmittelbar zugänglichen handwerklichen Produkts mit ihm als integrierendem Bestandteil herrschaftlichen Reichtums auf den ersten Blick anmuten und so sehr sie jeden realen Fundaments, jeder substanziellen Vergleichbarkeit zwischen herrschaftlichem Reichtum und handwerklicher Subsistenz zu entbehren scheint – eine formelle Ähnlichkeit alias funktionelle Komparabilität gibt es, die der kommerziellen Funktion den Rechtfertigungsgrund für die Egalisierung beider liefert und die sich aus der Arbeitsteiligkeit des handwerklichen Produktionssystems herleitet. Was der handwerklich arbeitende, in professioneller Spezialisierung Güter erzeugende und Dienstleistungen erbringende Werktätige nämlich hervorbringt, ist in der Tat etwas nicht zwar substanziell, wohl aber funktionell dem herrschaftlichen Reichtum und Überfluss Vergleichbares: Es ist eine materiale Fülle, die in keinem rationalen Verhältnis zum personalen Mangel dessen steht, der über sie verfügt, ist eine konsumtive Menge, die das subsistenzielle Bedürfnis dessen, dem sie zu eigen ist, indefinit übersteigt.

Der Weinbauer, der Schuhmacher, der Weber, der Schmied, der Fuhrmann – sie alle produzieren Reichtum in dem formellen Sinne, Überfluss in der funktionellen Bedeutung, dass das von ihnen Produzierte ihren eigenen Bedarf indefinit übersteigt, in keinem maßvollen Verhältnis zu ihrem persönlichen Unterhalt steht. Und diese Parallele macht, dass, wenn nun die kommerzielle Funktion den in arbeitsteiliger Spezialisierung handwerklich Produzierenden im Austausch für ihr Produkt das Herrengut Edelmetall in der Funktion eines allgemeinen Äquivalents überlässt, sie formell oder funktionell das spezielle handwerkliche Produkt auf haargenau die gleiche Weise verwandelt, wie sie das nach unserer obigen Explikation mit dem generellen herrschaftlichen Reichtum tut. Indem sie das Herrengut Edelmetall nutzt, um es gegen das Erzeugnis handwerklicher Produzenten auszutauschen, verwandelt sie das, was deren subsistenziellen Bedarf indefinit übersteigt, was in keinem rationalen Verhältnis zum Erfordernis ihres persönlichen Unterhalts steht, in etwas, das eben diesen subsistenziellen Bedarf definitiv zu befriedigen vermag, eben diesem Unterhaltserfordernis effektiv nachzukommen erlaubt. Sie lässt mit anderen Worten aus mangelüberhoben sinnlosem Reichtum mangelbehebend nützliches Vermögen, aus bedürfnisüberschreitend unverwendbarem Überfluss bedürfnisbefriedigend verwertbaren Überschuss werden.

Natürlich ist, real oder substanziell betrachtet, die Parallele abwegig. Der Reichtum und Überfluss, den in Gestalt seines arbeitsteiligen Produkts der handwerkliche Erzeuger hervorbringt, ist ja, anders als der herrschaftlicher Verfügung über gesellschaftliche Arbeitskraft entspringende, keine absolute Fülle, sondern ein relatives Zuviel, kein für sich stehendes Unmaß, sondern ein zweckbezogenes Übermaß, und nämlich von vornherein darauf abgestellt, als Vermögen zur Geltung gebracht, als Überschuss eingesetzt und für die mittels kommerzieller Funktion ins Werk gesetzte Beschaffung von im Rahmen des arbeitsteiligen Produktionssystems durch andere handwerkliche Erzeuger hervorgebrachten Subsistenzmitteln nutzbar gemacht, also mitnichten zur Zelebrierung eines konsummatorisch ausschweifenden Konsums, sondern ausschließlich zur Bestreitung eines ökonomisch ausreichenden Unterhalts verwendet zu werden.

Aber ungeachtet dessen, dass substanziell oder realiter die Güter und Dienstleistungen, die der handwerkliche Produzent kraft seines eigenständigen, im Freiraum der Handelsstadt herrschaftlicher Fron entzogenen Arbeitens liefert, kein Reichtum und Überfluss, sondern bloß arbeitsteilungsbedingt den Eigenbedarf übersteigendes Subsistenzmittel und auf ein Do ut des mit den anderen Produzenten angewiesener Beitrag zum kollektiven Lebensunterhalt sind, bietet doch, dass funktionell oder formell dies arbeitsteilungsbedingt den Eigenbedarf übersteigende Subsistenzmittel, dieser in wechselseitiger Angewiesenheit für andere miterzeugte Lebensunterhalt sich analog zum in Vermögen verwandelbaren und als Überschuss verwendbaren herrschaftlichen Reichtum und Überfluss wahrnehmen und verstehen lässt, die Grundlage dafür, dass das Passepartout des kommerziellen Austauschs, das als allgemeines Äquivalent eingesetzte Herrengut Edelmetall in Ansehung des von seinen Produzenten dem freien Austauschzusammenhang, den die kommerzielle Funktion im Rahmen der Handelsstadt kreiert, zugeführten handwerklichen Produkts die haargenau gleiche Rolle spielen alias Funktion übernehmen kann wie bis dahin bezüglich der Luxusgüter oder Mangelwaren, die die kommerzielle Funktion als Agentin beziehungsweise Domestikin territorialer Herrschaft bei der einen Herrschaft beschafft, um sie einer anderen Herrschaft zu liefern.

Die formelle Analogie des vom handwerklichen Produzenten hervorgebrachten und ihm als Subsistenzmittel dienenden Eigentums zu dem für die territoriale Herrschaft bestimmten und ihr als Konsummasse zur Verfügung gestellten Reichtum, die funktionelle Vergleichbarkeit mit anderen Worten des arbeitsteilig erzeugten relativen Zuviel mit der fronwirtschaftlich hervorgebrachten absoluten Fülle – sie also bietet die Handhabe dafür, dass, wie gegenüber dem fronwirtschaftlich geschöpften herrschaftlichen Reichtum, so auch im Umgang mit dem eigenbetrieblich erzeugten handwerklichen Produkt das Reichtumssymbol Edelmetall als Wertzeichen, das unbestimmte Demonstrativ vorhandenen Überflusses als bestimmendes Repräsentativ verfügbaren Überschusses Anwendung finden und von der kommerziellen Funktion eingesetzt werden kann. Um kein Jota anders als gegenüber dem generellen herrschaftlichen Reichtum reduziert so im Umgang mit dem speziellen handwerklichen Produkt die kommerzielle Funktion auf Basis jener formellen Analogie beziehungsweise funktionellen Vergleichbarkeit das Herrengut Edelmetall auf ein als Vermittlungsposition brauchbares stellvertretendes Objekt, ein als Platzhalterinstanz intervenierendes Substitut, dessen Aufgabe sich darin erschöpft, das im handwerklichen Produkt qua Vermögen oder Überschuss verkörperte formelle Reichtumsmoment beziehungsweise funktionelle Überflusskontingent, kurz, den Wert des Produkts, seinen Anspruch auf im Falle des Austauschs fällige Kompensation, nicht sowohl zu symbolisieren als vielmehr zu repräsentieren, nicht sowohl demonstrativ vorzustellen und zu bezeugen als vielmehr objektiv auszudrücken und zu zertifizieren, und so seine kommerzielle Transaktion, seinen Austausch mit anderen handwerklichen Produkten, unbehindert durch räumliche Asymmetrien oder zeitliche Diskrepanzen ins Werk zu setzen.

Tatsächlich reduziert und kapriziert sich actu seiner Verschiebung und Übertragung vom Transfer herrschaftlichen Reichtums auf den Austausch handwerklicher Erzeugnisse das Herrengut Edelmetall sogar noch entschiedener und rückhaltloser auf die ihm von der kommerziellen Funktion vindizierte formelle Bestimmung beziehungsweise funktionelle Aufgabe eines nichts als materiale Güter und reale Dienstleistungen referierenden Zeichens beziehungsweise repräsentierenden Platzhalters. Solange nämlich die kommerzielle Funktion nur erst den Austausch herrschaftlichen Reichtums organisiert, behält das von ihr zum Passepartout des Austauschs, zum allgemeinen Äquivalent, instrumentalisierte Herrengut Edelmetall ein unübersehbares Moment von Zwieschlächtigkeit alias Ambivalenz.

Zwar, soweit die kommerzielle Funktion das Herrengut Edelmetall verwendet, um konsumtiven Desideraten der einen Herrschaft abzuhelfen oder deren Luxusbedürfnisse zu befriedigen, dient es in der Tat als Wertzeichen oder platzhalterisches Substitut, als die Arbeitsleistung, die in dem Befriedigungsmittel oder Desiderat steckt, den energetischen Aufwand, den es verkörpert, zertifizierender und vergeltender Gegenwert, repräsentierendes und vergütendes allgemeines Äquivalent. Soweit freilich umgekehrt oder in komplementärer Gegensinnigkeit die kommerzielle Funktion das Herrengut Edelmetall einsetzt, um bei einer anderen Herrschaft die Güter zu erwerben, die es dann der ersteren Herrschaft als von ihr begehrte Befriedigungsmittel oder Desiderate gegen das Herrengut Edelmetall liefert und überlässt, ist dessen Wertzeichenbedeutung weit weniger ausgemacht und bewahrt es, der ihm von der kommerziellen Funktion zugewiesenen relativen Wertdarstellungs oder Äquivalentfunktion zum Trotz, etwas von seinem ursprünglichen absoluten Charakter als Reichtumssymbol. Was die als Lieferantin fungierende Herrschaft motiviert, der kommerziellen Funktion Güter gegen Edelmetall zu überlassen, ist ja von Haus aus nicht dessen Äquivalentfunktion, dies, dass es dazu dienen kann, Güter anderer Herrschaften im Austausch gegen es zu erwerben, sondern vielmehr seine symbolische Bedeutung, dies, dass es dazu taugt, die der betreffenden Herrschaft eigene Güterfülle zu demonstrieren und zu attestieren. Die Güter liefernde Herrschaft lebt ja per definitionem ihres herrschaftlichen Status im Reichtum und Überfluss, und dass sie sich verführt findet beziehungsweise herbeilässt, ihren Reichtum als Vermögen, ihren Überfluss als Überschuss in Anschlag zu bringen und der kommerziellen Funktion im Austausch gegen das Herrengut Edelmetall zu überlassen, hat seinen Grund nicht in dessen kommerzieller Äquivalentfunktion, sondern in seiner sozialen Symbolbedeutung, nicht darin also, dass das eingetauschte Edelmetall infolge des Wirkens der kommerziellen Funktion dazu dienen kann, konsumtive Bedürfnisse zu befriedigen oder situative Mängel zu beheben, sondern darin, dass es aufgrund der politischen Mythologie territorialherrschaftlichen Reichtums dazu taugt, Zeugnis für ein subsistenzieller Not und reproduktiver Arbeit enthobenes Leben abzulegen und den daran geknüpften herrschaftlichen Status unter Beweis zu stellen.

Natürlich gewinnt im Zuge beziehungsweise in der Konsequenz des von der kommerziellen Funktion etablierten Austauschzusammenhangs die dem Edelmetall vindizierte und das mythologische Reichtumssymbol zum ökonomischen Wertzeichen überdeterminierende Verwendbarkeit als Mittel zur Befriedigung konsumtiver Bedürfnisse und Beseitigung situativer Mängel auch für die Güter liefernde Herrschaft an Relevanz und entwickelt sich zu einem deren Lieferbereitschaft ebenso massiv verstärkenden wie maßgeblich beeinflussenden Verhaltensmotiv, da ja die Positionen der liefernden und der nachfragenden Herrschaft in der Empirie territorialherrschaftlicher Beziehungen austauschbar sind und im Normalfall, sprich, im Falle eines im Großen und Ganzen des Austauschzusammenhangs einigermaßen ausgewogenen Austauschverkehrs, die Güter oder Leistungen zu liefern disponierte Herrschaft sich ebenso oft in der alternativen Rolle der Güter oder Leistungen nachzufragen motivierten Herrschaft wiederfindet wie vice versa. Das Edelmetall, das die Herrschaft von der kommerziellen Funktion für die überschüssigen Güter, die sie ihr überlässt und die diese in Austausch bringt, als Reichtumssymbol, als Wahrzeichen des eigenen Reichtums und Überflusses, erhält, das kann die Herrschaft wiederum als Wertzeichen, als gegenüber der kommerziellen Funktion geltend zu machendes Unterpfand des Anspruchs auf eben jene der kommerziellen Funktion überlassenen und von ihr in Austausch gebrachten überschüssigen Güter einsetzen.

Dass die in einer ökonomischen Aufwertung resultierende funktionelle Überdeterminierung des mythologischen Symbols Edelmetall durch die kommerzielle Funktion das Verhältnis der Herrschaft zu ihm beeinflusst und deren Wertschätzung für es beziehungsweise Interesse an ihm intensivieren, wo nicht gar auf neue Füße stellen muss, ist unschwer einsehbar. Aber so sehr diese dem Wirken der kommerziellen Funktion geschuldete sekundäre Funktionalisierung das Herrengut Edelmetall für die Herrschaft an Attraktivität und Schätzbarkeit gewinnen lassen mag, sie ändert nichts daran, dass für die Herrschaft das Herrengut Edelmetall primär und zuvörderst ein den eigenen herrschaftlichen Überfluss reflektierendes Reichtumssymbol ist und dass die dem Edelmetall durch die kommerzielle Funktion verliehene neue Bedeutung als den Anspruch auf die Überschüsse anderer Herrschaften artikulierendes Wertzeichen in den Augen der Herrschaft nicht etwa als eine neue, es als solches alterierende Beschaffenheit alias Kapazität erscheint, sondern bloß eine ihm als unverändert solchem aufstoßende neue Eigenschaft und Qualität darstellt, eine durch die kommerzielle Funktion in ihm erweckte wundersame Kraft und mobilisierte Verwandlungsmacht, die ihm erlaubt, effectu der mittels seiner ins Werk gesetzten Transformation von Überfluss in Überschuss, von verschwenderisch negierter in nutzbringend konservierte Arbeit, sowohl in der es beharrungskräftig identifizierenden primären Rolle als Reichtumssymbol weiterhin eigenen herrschaftlichen Reichtum zu demonstrieren und gutzusagen als auch in der ihm nunmehr verwandlungsmächtig assignierten sekundären Eigenschaft als Wertzeichen fremden herrschaftlichen Reichtum zu kommandieren und in Anspruch zu nehmen.

Weit entfernt davon, in die Wertzeichenfunktion, die ihm das kommerzielle Treiben vindiziert, überzuwechseln und in ihr als in seiner neuen Kapazität aufzugehen, bleibt das Herrengut Edelmetall im herrschaftlichen Kontext, solange dieser das kommerzielle Treiben als Tätigkeitsbereich umreißt und einschränkt, im Kern oder, wenn man so will, Herzen ein Reichtumssymbol, ein nur ironisch oder selbstverleugnend als Wert an sich zu bezeichnendes Ding eigener Art und Gut sui generis, dessen ihm von der kommerziellen Funktion vindizierte Wertzeicheneigenschaft die Herrschaft zwar als willkommene neue Qualität gerne annimmt und zur Anwendung bringt, aber doch mitnichten als eine es nunmehr unter sich subsumierende und sein systematisches Wesen definierende Hauptsache oder Grundbestimmung wahrnimmt, sondern höchstens und nur als eine unverhofft aus ihm emanierende und seine empirische Verwendung expandierende Nebenerscheinung oder Zusatzprämie gelten lässt.

Beweis dafür, dass die Wertzeichenfunktion, die das Herrengut Edelmetall im kommerziellen Austauschzusammenhang übernimmt, von der Herrschaft eher als eine die Reichtumssymbolik überlagernde magisch-erratische Zusatzbestimmung denn als eine sie ersetzende faktisch-typische Grundbeschaffenheit wahrgenommen wird, ist die für das kommerzielle Austauschgeschäft als solches konstitutive Nicht-Äquivalenz beim Austausch zwischen den von der Herrschaft der kommerziellen Funktion gelieferten überschüssigen Gütern und dem der Herrschaft von der kommerziellen Funktion dafür überlassenen, als Gegenwert zum Güterwert gezahlten edelmetallenen Äquivalent. Nur weil und insofern die kommerzielle Funktion die territoriale Herrschaft dazu vermag, ihr für das Herrengut Edelmetall, das sie dieser für die von ihr gelieferten Güter, die von ihrem Überfluss abfallenden Überschüsse zahlt, ein das Quantum Edelmetall übersteigendes Überschusskontingent, sprich, einen den kommerziellen Wert des Edelmetalls, seinen geldlichen Wert, übertreffendes Mehr an Güterwert alias sächlichem Wert zu überlassen, geht ja das Kalkül der kommerziellen Funktion, mit dem diese steht und fällt, nämlich die Verwendung von Edelmetall für die mittels Güteraustauschs ins Werk gesetzte Erwirtschaftung weiteren Edelmetalls, auf und ist mit anderen Worten die conditio sine qua non allen kommerziellen Geschäfts, die auf dem Wege des Vertriebs materialer Güter, des Austauschs sächlicher Werte erzielte Anhäufung geldlichen Gegenwerts alias Bildung kapitalen Vermögens erfüllt.

Und dass aber die kommerzielle Funktion die territoriale Herrschaft dazu vermag, sich mit diesem für das kommerzielle Geschäft grundlegenden Moment von Nicht-Äquivalenz im durch das Herrengut Edelmetall vermittelten Äquivalententausch zufrieden zu geben oder jedenfalls abzufinden – eben das erklärt sich aus der Tatsache, dass für letztere das Edelmetall primär als Reichtumssymbol, als ihren eigenen Reichtum und Überfluss und den herrschaftlichen Status, der darauf fußt, beweisendes Demonstrativ oder Zeugnis figuriert und dass die Wertzeichenfunktion, die darüber hinaus der kommerzielle Austausch dem Edelmetall vindiziert und die es die Bedeutung eines Anspruch auf fremden Reichtum und Überfluss und die Sicherung des eigenen herrschaftlichen Status gegen Bedürftigkeit oder Mangel, die daraus folgt, begründenden Zertifikats oder Gutscheins gewinnen lässt, der Herrschaft als eine ebenso zusätzliche und sekundäre wie unverhoffte und in der Tat wundersame Errungenschaft gilt, für die sie der kommerziellen Funktion die in der nichtäquivalenten, mehrwertigen Vergütung ihrer besonderen Güter durch allgemeines Äquivalent bestehende Dankbarkeit und Erkenntlichkeit bezeigt, die jene ihr abverlangt.

So gewiss die Herrschaft das Herrengut Edelmetall im Wesentlichen als Reichtumssymbol, als Demonstrativ der Verfügung über eigenen Reichtum, wertschätzt oder, besser gesagt, hochhält und in der ihm vom kommerziellen Austauschzusammenhang vindizierten Wertzeichenfunktion, seiner Funktion als Zertifikat des Anspruchs auf den Reichtum anderer, nur eine nachrangige, um nicht zu sagen, nebensächliche und angesichts der wundersamen Verwandlung von Überfluss in Überschuss, von Reichtum in Vermögen, sprich, von einem Denkmal vergeudeter, nutzlos verrichteter, in ein Wahrzeichen gespeicherter, als nützlich in Anschlag zu bringender Arbeit, aus der sie resultiert, als unverhofftes Glückslos, um nicht zu sagen geschenkter Gaul erscheinende Eigenschaft gewahrt, so gewiss hat die Herrschaft keinen Grund, an der Verletzung des von der kommerziellen Funktion als Konstitutiv ihres Austauschgeschäfts eingeführten Äquivalenzprinzips durch die letztere selbst Anstoß zu nehmen und sich also dem als Akkumulationsimperativ firmierenden Ansinnen der kommerziellen Funktion, die ihr von der Herrschaft gelieferten Güter zwecks Erwirtschaftung eines Mehrwerts mit weniger allgemeinem Äquivalent zu vergüten, als dem Güterwert entspricht, zu verweigern.

Mit der für diese initiale Nichtäquivalenz beim Austausch von allgemeinem Äquivalent gegen besondere Überschüsse, kurz, von Geld gegen Gut maßgebenden Zwieschlächtigkeit alias Ambivalenz, die im Kontext territorialherrschaftlicher Austauschbeziehungen das Herrengut Edelmetall als primär und hauptsächlich Reichtumssymbol und nur sekundär oder beiläufig Wertzeichen aufweist, ist es nun aber in dem Augenblick vorbei, in dem es der auf handelsstädtischem Boden von der territorialherrschaftlichen Domestikenrolle sich emanzipierenden und einen eigenen, als Marktsystem funktionierenden Aktions und Entfaltungsraum gewinnenden kommerziellen Funktion gelingt, den kommerziellen Austausch vom fronwirtschaftlich erzeugten herrschaftlichen Reichtum auf arbeitsteilig hervorgebrachte handwerkliche Produkte zu übertragen. Für den im handelsstädtischen Freiraum auf eigene Rechnung produzierenden und direkt mit der kommerziellen Funktion kontrahierenden Handwerker, der ja mitnichten Zugriff auf herrschaftlichen Status verleihenden Reichtum, sprich, auf die fronwirtschaftlich erzeugten Früchte der Arbeit anderer hat, sondern einzig und allein über die ihm und den Seinen die Subsistenz sichernde Ressource verfügt, die ihm seine eigene, arbeitsteilig ausgeübte Produktionstätigkeit verschafft – für ihn entbehrt das Herrengut Edelmetall, das ihm die kommerzielle Funktion im Austausch gegen sein arbeitsteiliges Produkt überlässt, jeder Reichtumssymbolik, jeglichen auf die Demonstration und Bezeugung eigenen Reichtums gerichteten Sinnes, und erschöpft sich vielmehr in der Bedeutung eines reinen Wertzeichens, das nichts weiter bescheinigt und zertifiziert als den in der eigenen Produktionsleistung begründeten Anspruch auf im Rahmen des arbeitsteiligen Systems von anderen hervorgebrachte und in der Produktionsleistung, die sie verkörpern, in ihrem Wert, der Leistung des eigenen Produkts, dessen Wert, entsprechende Subsistenzmittel.

Grundlage der bruchlosen Übertragung der dem Herrengut Edelmetall vom kommerziellen Austauschzusammenhang zugewiesenen Vermittlerrolle alias allgemeinen Äquivalentfunktion vom herrschaftlichen Reichtum auf das handwerkliche Produkt ist, wie oben erläutert, der Umstand, dass beidem, herrschaftlichem Reichtum und handwerklichem Produkt, ungeachtet ihrer, real betrachtet, substanziellen Unvergleichbarkeit beziehungsweise, sozial gesehen, existenziellen Differenz diese formelle Ähnlichkeit oder funktionelle Komparabilität eignet, als für den Eigenbedarf unbrauchbarer Überschuss, für den persönlichen Unterhalt unnötiges Zuviel zu erscheinen. Dass dabei die bruchlose Übertragung auch unter Einschluss des Moments von Nichtäquivalenz vonstatten geht, auch also weiterhin dies beinhaltet, dass die kommerzielle Funktion ihrem Akkumulationsstreben zu frönen und nämlich beim Eintausch handwerklicher Güter gegen geldliches Äquivalent einen Mehrwert einzuheimsen vermag, könnte freilich auf den ersten Blick befremden.

Schließlich geht ja, wie oben expliziert, die Übertragung der im kommerziellen Austausch dem Herrengut Edelmetall zugewiesenen allgemeinen Vermittler alias Passepartoutrolle vom herrschaftlichen Reichtum auf das handwerkliche Produkt mit einer Beseitigung der dem Edelmetall unter herrschaftlichen Austauschbedingungen innewohnenden Ambivalenz, will heißen, einer Reduktion des Edelmetalls auf die reine Wertzeichenfunktion, die unzweideutige Aufgabe einher, als Zertifikat oder Bescheinigung eines durch die Veräußerung des Zuviel an Gut, das der Handwerker produziert, des Dienstleistungsüberschusses, den er generiert, erworbenen Anspruchs auf die materialen Güter und realen Dienstleistungen anderer Handwerker, seiner arbeitsteiligen Kollegen, zu fungieren. Und schließlich unterscheidet ja aber ihn, den personalen Handwerker, von der territorialen Herrschaft, dass er nur im formellen Sinne ein Zuviel produziert, nur in funktioneller Abstraktion Überschuss generiert und dass, substanziell gesehen oder real genommen, dies formelle Zuviel, dieser funktionelle Überschuss vielmehr nichts weiter darstellt als seine Subsistenzgrundlage, deckungsgleich ist mit den für seinen Lebensunterhalt, die Gewährleistung seiner Existenz, erforderlichen Ressourcen. Durch kommerziellen Austausch in allgemeines Äquivalent transformiert, in als Anspruch auf Teilhabe an den Früchten des arbeitsteiligen Produktionssystems wohlverstandenes Wertzeichen überführt, erweist sich das handwerkliche Produkt, fern aller Reichtumskonnotation, die ihm das formelle Ansehen eines Zuviel, den funktionellen Anschein eines Überschusses verleiht, als einzig und allein die Subsistenz begründendes Lebensmittel, als höchstens und nur die Existenz sichernde Ressource.

Und demgemäß muss denn aber der personale Handwerker, wenn die kommerzielle Funktion, in Übertragung des mit der territorialen Herrschaft betriebenen Handels auf den mit ihm praktizierten Austausch, ihm nun das gleiche Moment von den Äquivalententausch Lügen strafender Nichtäquivalenz abverlangt wie zuvor jener, dies als empfindliche Beschneidung seiner materialen Subsistenz, wo nicht gar ernsthafte Bedrohung seiner sozialen Existenz erfahren. Für die territoriale Herrschaft, die substanziell und realiter in ihr fronwirtschaftlich zufallendem Reichtum und Überfluss lebt, bleibt das Mehr an Güterwert, das ihr die kommerzielle Funktion im Austausch gegen allgemeines Äquivalent abverlangt, eine leicht zu verschmerzende, ohne Not verkraftbare Einbuße, die zudem durch die dem Austausch geschuldete wundersame Verwandlung von als Reichtum entbehrlichem Überschuss in als Wertzeichen verwendbares Reichtumssymbol mehr als wettgemacht beziehungsweise aufgewogen wird. Für den personalen Handwerker hingegen, dessen eigener Werktätigkeit und Produktionsleistung eine höchstens und nur oberflächlich-formell als Zuviel reklamierbare Fülle, ein ausschließlich abstrakt-funktionell als Überschuss geltend zu machender Überfluss entspringt und dessen arbeitsteilig erzeugtes Zuviel, substanziell gesehen, nichts weiter darstellt als ein seine Subsistenz begründendes Genug, dessen den persönlichen Bedarf übersteigender Überschuss sich, realiter betrachtet, in einem seine Existenz sichernden Auskommen erschöpft – für ihn ist der Mehrwert in Gütergestalt, den die kommerzielle Funktion ihm für ihre Vermittlertätigkeit abfordert, ein einschneidender Verlust und ein nur schweren Herzens zu erbringendes Opfer.

Warum es dennoch zur bruchlosen Übertragung auch und nicht zuletzt des im kommerziellen Austausch implizierten Moments von Nichtäquivalenz vom Handel mit der territorialen Herrschaft auf den Austausch mit dem personalen Handwerker kommt und dieser die ökonomische Gleichbehandlung mit dem herrschaftlichen Austauschpartner, die ihm die kommerzielle Funktion zumutet, widerstandslos hinnimmt, wo nicht gar bereitwillig akzeptiert, ist freilich bei genauerem Hinschauen unschwer einsehbar. Streng genommen hat nämlich der handwerkliche Produzent gar keine andere Wahl, als mit der kommerziellen Funktion auf Gedeih und Verderb zu kontrahieren. Was er an Gütern und Dienstleistungen hervorbringt und der kommerziellen Funktion gegen allgemeines Äquivalent liefert, ist zwar, wie konstatiert, nur oberflächlich-formell ein Zuviel, nur abstrakt-funktionell Überschuss, und substanziell vielmehr ein für seine Subsistenz unabdingbares Genug, reell sein ihm den Lebensunterhalt sicherndes Auskommen. Unter Bedingungen des durch die kommerzielle Funktion vermittelten und zunehmend organisierten arbeitsteiligen Produktionssystems indes ist dieser substanzielle alias subsistenzielle Sinn des handwerklichen Zuviel nur erst virtueller Natur, hat dieser in der Beschaffung des Lebensunterhalts und der Sicherung der Existenz bestehende reale Modus des vom handwerklichen Produzenten hervorgebrachten Überschusses noch keine Aktualität, ist er mit anderen Worten nur erst an sich vorhanden, nicht schon für ihn, den Produzenten selbst, gegeben.

Subsistenzielle Realität alias lebenserhaltende Aktualität, also substanziellen Sinn und existenzielle Relevanz, gewinnt für den arbeitsteilig produzierenden Handwerker das von ihm hervorgebrachte formelle Zuviel, der von ihm erzeugte funktionelle Überschuss eben nur und erst durch die Vermittlung der kommerziellen Funktion, dadurch mit anderen Worten, dass letztere ihm sein Zuviel, seinen Überschuss abnimmt und gegen als allgemeines Äquivalent dienendes Edelmetall eintauscht und ihm damit Anspruch und Zugriff auf das für seine materiale Versorgung und seinen sozialen Unterhalt nötige Zuviel, die ihrerseits der kommerziellen Funktion gegen allgemeines Äquivalent überlassenen Überschüsse anderer handwerklicher Produzenten verschafft. So gewiss auf dem Boden des arbeitsteiligen Produktionssystems der personale Handwerker das provisionell seine Subsistenz begründende Zuviel beziehungsweise den virtuell seine Existenz sichernden Überschuss für den kommerziellen Austauschzusammenhang oder, genauer gesagt, für das diesen als allgemeines Äquivalent systematisch vermittelnde und empirisch in Gang haltende Edelmetall erzeugt, so gewiss ist er nun auch hinsichtlich der Überführung seiner Subsistenz aus dem Provisionsstatus in den Realitätsmodus beziehungsweise der Aktualisierung seines nur erst virtuellen Auskommens vom kommerziellen Austauschzusammenhang abhängig und auf dessen ihm den Zugang zu den überschüssigen Erzeugnissen anderer eröffnendes edelmetallenes Passepartout angewiesen.

Diese subsistenzielle Abhängigkeit vom kommerziellen Austauschzusammenhang und existenzielle Angewiesenheit auf dessen Vermittlungstätigkeit sind der Grund, warum sich der handwerkliche Produzent auf den Austausch mit der kommerziellen Funktion wohl oder übel einlassen muss und warum ihm bei Strafe materialen Verderbens beziehungsweise sozialen Verkommens gar nichts anderes übrig bleibt, als sich den von letzterer ihm gestellten Austauschbedingungen, das Moment der Nichtäquivalenz beim Austausch des besonderen Produkts des handwerklichen Erzeugers gegen das allgemeine Äquivalent des kommerziellen Vermittlers, kurz, beim Austausch handwerklichen Guts gegen händlerisches Geld eingeschlossen, zu fügen. So ähnlich, um nicht zu sagen gleich geartet, das kontraktive Verhalten des handwerklichen Produzenten gegenüber der kommerziellen Funktion dem transaktiven Umgang, den der herrschaftliche Lieferant mit ihr pflegt, auch immer erscheinen mag, der Beweggrund für letzteres ist demnach ein wesentlich anderer als das zu ersterem disponierende Motiv und diesem in der Tat diametral entgegengesetzt.

Die Herrschaft, die im fronwirtschaftlichen Reichtum und Überfluss lebt, versteht sich zu Transaktionen mit der kommerziellen Funktion, die das Äquivalenzprinzip verletzen, weil der Güterwert, den sie dabei einbüßt, für sie nicht ins Gewicht fällt und ihr nichts ausmacht, wohingegen sie das allgemeine Äquivalent, das sie dafür erhält, gleich in doppelter Hinsicht als Gewinn verbuchen und nämlich gleichermaßen als ihren Status bezeugendes Reichtumssymbol schätzen und als ihrem Konsum zuträgliches Wertzeichen nutzen kann. Der handwerkliche Produzent hingegen, der sich arbeitsteilig seine Subsistenz erwirtschaftet, findet sich gezwungen, mit der kommerziellen Funktion auf Nichtäquivalenzbasis zu kontrahieren, weil der Güterwert, den er dabei verliert, der Preis dafür ist, dass der Güterwert, der ihm verbleibt, in die allgemeine Äquivalentform alias Wertzeichenfunktion überführt wird, auf die er unter Bedingungen des kommerziellen Austauschzusammenhanges angewiesen ist, um nicht nur virtuell, sondern aktuell zu subsistieren und nicht nur provisionell, sondern reell sein Auskommen zu finden.

Die unverhoffte konsumtive Nützlichkeit, die der kommerzielle Austausch ihrem fronwirtschaftlichen Überfluss verleiht, ist es, was es der Herrschaft leicht macht, die Nichtäquivalenz beim Austausch, die ihr die kommerzielle Funktion abverlangt, zu tolerieren, sprich, die ihr zugemutete Einbuße an Produktwert hinzunehmen, wohingegen das, was den handwerklichen Produzenten veranlasst, sich der Nichtäquivalenzforderung der kommerziellen Funktion zu unterwerfen und den ihm dadurch zugefügten Verlust an Produktwert zu verschmerzen, die ihm via Arbeitsteilung oktroyierte schiere subsistenzielle Notwendigkeit ist, sein Produkt in den kommerziellen Austausch zu geben und sich durch dessen als allgemeines Äquivalent firmierendes mediales Passepartout aus einer virtuellen Ressource in aktuelle Lebensmittel überführen zu lassen.

Dass der personale Produzent diese Beschneidung seiner materialen Subsistenz und Beeinträchtigung seiner sozialen Existenz, der ihn die kommerzielle Funktion durch die Gleichbehandlung mit der territorialen Herrschaft unterwirft und zu der ihr seine Abhängigkeit von ihr und seine Angewiesenheit auf ihre Vermittlungstätigkeit die Handhabe, genauer gesagt, das Druckmittel oder, um im Bild zu bleiben, die Daumenschrauben liefert – dass er diese ihm durch die kommerzielle Funktion abgepresste subsistenzielle Beschneidung und existenzielle Beeinträchtigung nicht nur notgedrungen hinnimmt, sondern, wie die Geschichte des kommerziellen Systems sattsam belegt, im Zweifelsfall, der der Normalfall ist, sogar bereitwillig akzeptiert, erklärt sich, um dies noch der Vollständigkeit unserer die Entwicklung des Herrenguts Edelmetall vom indefiniten Reichtumssymbol zum definitiven Wertzeichen betreffenden Überlegungen halber anzumerken, aus der politisch-sozialen Perspektive, die dem handwerklichen Produzentenkollektiv dieses von der kommerziellen Funktion praktizierte ökonomisch-reale Enteignungsverfahren erschließt.

So sehr nämlich, ökonomisch-real genommen, der ihm von der kommerziellen Funktion abverlangte nichtäquivalente Austausch auf Kosten der subjektiven Subsistenz des Produzentenkollektivs und zu Lasten seiner empirischen Existenz geht, so sehr gereicht er doch aber, politisch-sozial gesehen, seinem kollektiven Bestand zum Vorteil und seiner korporativen Stellung zum Wohl. Solange die kommerzielle Funktion, ihrer objektiven Bestimmung folgend, den dem Produzentenkollektiv abgepressten Mehrwert im Wesentlichen als Kapital verwendet, also nutzt, um das Enteignungsverfahren selbst, den kommerziellen Austauschzusammenhang als solchen, auszubauen und zu entfalten, stützt und stärkt sie das neue handelsstädtische Kommunalcorpus, auf dessen Grundlage sie sich von ihrer vorherigen territorialherrschaftlichen Domestikenrolle emanzipiert und aus dessen Deckung heraus sie mittlerweile ihr Austauschgeschäft betreibt, während sie reziprok dazu das territorialherrschaftliche Sozialsystem unterminiert und schwächt, für das beziehungsweise für dessen Herrschaft sie sich zunehmend unentbehrlicher macht und dem sie actu der ökonomischen Leistungen, die sie für es erbringt, die für ihren eigenen Ausbau, ihre systematische Entfaltung erforderlichen finanziellen Mittel und materiellen Ressourcen, von ihrer Versorgung mit personellem Nachschub ganz zu schweigen, abgewinnt und entzieht.

Und indem sie das tut und auf Kosten der territorialen Herrschaft und zu Lasten des sie tragenden fronwirtschaftlichen Gesellschaftstypus das neue handelsstädtische Gemeinschaftscorpus stärkt und voranbringt, handelt sie ja durchaus pro domo und im Interesse des ihr beziehungsweise dem Marktsystem, das sie im Rahmen der Handelsstadt entfaltet, zuarbeitenden handwerklichen Produzentenkollektivs, dem wie ihr selbst dies handelsstädtische Kommunalcorpus als neue Heimat alias novellierte conditio humana gilt, die es der ihm bis dahin als sein irdisches Los beschiedenen territorialherrschaftlichen Untertänigkeit, seiner fronwirtschaftlichen Abhängigkeit von der territorialen Herrschaft entzieht und, indem sie es vom ökonomischem Diktat der letzteren befreit und vor ihrem politischen Zugriff schützt, ihm ein Leben in relativer personaler Eigenständigkeit und vergleichsweiser sozialer Selbstbestimmung ermöglicht. So gewiss die kommerzielle Funktion mit dem von ihr entfalteten Marktsystem gleichermaßen das bestimmende Element und den dynamischen Kern der Handelsstadt bildet, so gewiss zeigt sich das in der Handelsstadt relative personale Freiheit findende und prospektive soziale Sicherheit genießende handwerkliche Produzentenkollektiv am Bestand und am Gedeihen der kommerziellen Funktion ebenso persönlich interessiert wie für das Avancement und den Erfolg ihres Marktsystems gesellschaftlich engagiert.

Fußnoten

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Zum Folgenden siehe zwei meiner Publikationen, das erste Buch von Reichtum und Religion, “Der Mythos vom Heros“, Köln 2014, sowie Herrschaft, Wert, Markt – Zur Genese des kommerziellen Systems, Münster 2006