Vorspann: Kommerzielles Geschäft und soziales Projekt
Auch die mittels sozialistischer Literatur betriebene Propagation materialer Ziele und sozialer Projekte entbindet nicht vom Zwang materiellen Kalküls und kommerzieller Rentabilität. Vermittelt und verbunden zeigen sich kommerzielles Geschäft und soziales Projekt als die zwei voneinander unabhängigen und bestenfalls gegeneinander indifferenten, schlimmstenfalls einander widerstreitenden Komplexe, als die sie sich darbieten, durch eine empirisch kontingente Existenz, das verlegerische Subjekt.
Anlässlich des Erscheinens des siebten Bandes meiner Studie zum Thema "Reichtum und Religion" besuche ich die Linke Literaturmesse in Nürnberg. Auf Anhieb mutet mich die Veranstaltung ebenso verwahrlost und schmuddelig wie privat und sektiererisch an. Wie kommt es zu diesem Eindruck?
Bereits die Räumlichkeiten sind wenig einladend. Ein ungepflegter düsterer Trakt in einem Sandsteingebäude aus dem neunzehnten, vielleicht sogar achtzehnten Jahrhundert, dessen Frontseite aus einem neuen, aber bereits von der geringen Halbwertszeit moderner Architektur gezeichneten Glasbau besteht und in dem Kultureinrichtungen untergebracht sind – eine Touristeninformation, eine Galerie, ein kommunales Kino. An ein altes Schul- oder verwahrlostes Verwaltungsgebäude erinnernd, bedürfte das Haus dringend der Renovierung und Auffrischung, aber die relative Bedeutungslosigkeit der in ihm untergebrachten kulturellen Einrichtungen und die Knappheit der kommunalen Mittel lassen daran vermutlich nicht denken.
Es sind freilich nicht nur die Räumlichkeiten, die wenig hermachen. Auch die Bücherstände selbst mit den vollgestopften beziehungsweise überladenen Tischen, den äußerlich wenig ansprechenden, vom Design und der Farbgebung, kurz, der Aufmachung her eher uninspirierten und tristen Büchern und Broschüren, dem Nebeneinander von Neuerscheinungen und Antiquariatsbeständen sind kaum dazu angetan, dem verwahrlosten räumlichen Rahmen, in dem sie sich präsentieren, inhaltlich Paroli zu bieten und den Glanz und Reiz zu verleihen, der ihm als solchem abgeht. Im Gegenteil, sie fügen sich in ihn ein, als wären sie für ihn und er für sie wie geschaffen.
Als Messe, als Werbungs- und Verkaufsveranstaltung scheint sich das Unternehmen nach allen Regeln des reklame- und vertriebstechnisch herrschenden Usus zu disqualifizieren. Aber ist ihm das zum Vorwurf zu machen? Lässt es sich ihm nicht ebenso sehr und vielmehr zur Ehre anrechnen? Sind nicht Sinnesreiz und Attraktion, ansprechendes Äußeres und anziehende Form nachgerade die typischen Erscheinungen und faktischen Kennzeichen eines Marktes, der ganz entgegen der Suggestion dinglicher Beschaffenheit und stofflicher Bewandtnis, die seine Angebote zu erwecken suchen, mit diesen partout nichts weiter im Schilde führt als ihren ökonomischen Nutzen, sprich, die Realisierung des von ihrer leibhaftigen Wirklichkeit repräsentierten Werts, die Einlösung des allgemeinen Äquivalents, das sie darstellen, des Geldes, das sie verkörpern. Ist es nicht der spezifische Charakter des von Reklame- und Vertriebstechniken bis ins Mark durchdrungenen spätkapitalistischen Marktes, dass jegliches schöne Äußere, jede einnehmende Form, weit entfernt davon, ein ihm eigenes Inneres, einen ihr wesentlich zukommenden Inhalt zum Ausdruck zu bringen, nichts weiter manifestiert als die Absicht und das Bemühen der Anbieter, den Nachfragern das Angebotene begehrenswert erscheinen zu lassen, es ihnen schmackhaft zu machen, um sie zu seinem Kauf, sprich, zur Einlösung des qua allgemeines Äquivalent, Münze des Marktes einzigen Inhalts, den es für erstere hat, zur Realisierung des qua Wert alleinigen Inneren, das jene mit ihm verbinden, zu bewegen.
Und muss, so gesehen, der eklatante Verzicht auf das schöne Äußere und die ansprechende Form, durch den sich diese Verkaufsveranstaltung auszeichnet, nicht in der Tat als auszeichnendes Charakteristikum gelten, nämlich als, wie man will, Folge davon oder Beweis dafür, dass es hier den Anbietern um Sachverhalte, besondere Inhalte zu tun ist, die sie nicht bereit sind, sich durch den das gefällige Äußere und die einnehmende Form produzierenden monoman einen Wert und als allgemeines Äquivalent perennierenden immergleichen Gehalt eskamotieren und verschlagen zu lassen?
Anders als bei gewöhnlichen Messen haben hier die Anbieter durchweg ökonomische, politische, gesellschaftliche Vorstellungen, Programme, Absichten, die den Inhalt der von ihnen ausgestellten und zum Kauf angebotenen Bücher, Broschüren und Zeitschriften bilden und die, so wahr sie als der primäre Beweggrund und entscheidende Zweck der Zurschaustellung und des Verkaufes firmieren, die Publikationen davor bewahren, bloße Wertverkörperungen, Waren zu sein. Der Verwertungsmechanismus ist hier nur funktionales Mittel zum materialen Zweck, nicht der funktionale Zweck, der die materialen Mittel heiligt – und eben dies drückt sich in der Gleichgültigkeit der angebotenen Waren gegenüber Fragen des gefälligen Äußeren und der ansprechenden Form aus.
Die Anbieter und Verkäufer der Bücher und Broschüren wollen deren Abnehmern und Käufern Wissen und Überzeugungen vermitteln, wollen sie durch das, was sie ihnen verkaufen, für soziale Vorhaben und politische Ziele gewinnen, wollen erreichen, dass sie sich mit ihren historischen Einsichten und programmatischen Absichten anfreunden und solidarisieren. Materiale oder konkrete, den informativen Inhalt, die kommunikative Substanz ihrer Ware betreffende Interessen, nicht das so genannte materielle, abstrakte Interesse, das ausschließlich der Ware als solcher, als Verkörperung von zu realisierendem Wert, gilt, Verwirklichung von in die Waren eingearbeiteter Bedeutung, nicht Verwertung der in sie investierten Arbeit, mit Hilfe der Ware am Ende vielleicht zu erreichende reale Veränderungen und soziale Neuerungen, nicht der um den Preis der Ware ad infinitum verfolgte eine Zweck einer erweiterten Reproduktion des sichselbstgleichen Kapitals – das ist es, was die auf dieser Messe versammelten Personen (jedenfalls die meisten von ihnen) motiviert.
Das kommerzielle Procedere und der Marktzusammenhang, mittels dessen und in dessen Rahmen sie ihre inhaltlichen Absichten und ihr materiales Interesse verfolgen, bleibt für sie bloßes Mittel zum Zweck und ist der Tatsache geschuldet, dass sich in unseren, von hierarchischen Strukturen, familiären Loyalitäten, persönlichen Abhängigkeiten und der offenen Ausübung physischen, sozialen und institutionellen Zwangs vergleichsweise freien modernen Gesellschaften der Markt, die Übermittlung und der Austausch qualitativ materialer Güter und inhaltlicher Bestimmungen per modum oder, besser gesagt, per obliquum ihrer vorherigen Überführung in quantitativ materielle Größen und funktionelle Ausdrücke als allgemeine Verkehrs- und Kommunikationsform etabliert hat. Weil sich in der atomistischen, den Markt als allgemeine Synthesisform nutzenden modernen Gesellschaft für die Mitmenschen bestimmte Güter und Leistungen auf anderem Wege als dem des wertförmig gefassten und als Äquivalententausch durchgeführten, kurz, kommerziell funktionierenden Do ut des nicht an die Frau und den Mann bringen lassen, sind auch diejenigen, die gar nicht auf ein solches wertförmiges Do ut des aus sind und nichts weiter bezwecken, als für das Gut, das sie geben, Zustimmung und Anteilnahme zu finden beziehungsweise für die Leistung, die sie erbringen, Partner und Mitstreiter zu gewinnen, die mithin gar keine Ware im eigentlichen Sinne zu Markte tragen, weil der den anderen für die Ware abverlangte Gegenwert sich darin erschöpft, dass jene sie wertschätzen und sich aneignen – sind also auch diese gar nicht ernsthaft als Warenbesitzer zu bezeichnenden Marktteilnehmer gehalten, sich den Gepflogenheiten des Marktes zu fügen und ihre der materialen Zwecksetzung nach als Nichtwaren intendierten Güter und Leistungen in der materiellen Bestimmtheit von Waren, von Wertgegenständen anzubieten und dies durch einen den Gütern und Leistungen zukommenden Preis, sprich, durch die Forderung nach einem in allgemeinem Äquivalent, Geld, ausgedrückten Gegenwert zu besiegeln.
Diese Intention und Einstellung bei den Anbietern der Bücher und Broschüren vorausgesetzt, ist ihnen schwerlich ein Vorwurf daraus zu machen und scheint ihnen im Gegenteil zur Ehre angerechnet werden zu müssen, dass sie es versäumen oder gar sich weigern, ihren Publikationen jene reklametechnische Fasson eines präsentablen Äußeren und einer ansprechenden Form zu geben, die, wie gesagt, unter den heutigen Bedingungen notwendiger Behauptung und Durchsetzung auf einem überfüllten, im Warenstrom ertrinkenden Markt untrügliches Zeichen für eine Absicht und Haltung ist, die den Warenwert und seine Realisierung, kurz, das materielle Interesse zum eigentlichen Zweck der kommerziellen Veranstaltung erhebt und den Gebrauchsaspekt der Ware, ihre inhaltliche oder materiale Bewandtnis, zur bloßen Zusatzbestimmung, zur notfalls per Reklame zu simulierenden oder einfach nur zu prätendierenden Nebensache degradiert. Dass die Anbieter der Bücher und Broschüren ganz und gar nicht darauf aus sind, letzteren ein schönes Äußeres und eine gefällige Form zu geben, dass sie auf ästhetisches Design und reklamatorische Effekthascherei verzichten und bereit sind, sich mit einem eher von Verwahrlosung und Schmuddeligkeit als von Finesse und Hochglanz kündenden Erscheinungsbild zufrieden zu geben – eben das entlastet sie vom Verdacht einer ihr Tun und Lassen diktierenden rein kapitalen Perspektive und akkumulativen Strategie und kann als Bestätigung dafür gelten, dass sie sich vielmehr von materialen Interessen und sozialen Zielen leiten lassen.
Ganz so einfach indes liegen die Dinge denn doch nicht! Tatsache ist ja, dass die Betreffenden sich zur Verfolgung ihrer materialen Interessen und sozialen Ziele der kapitalen Perspektive und akkumulativen Strategie bedienen, dass sie letztere als Mittel zum Zwecke der ersteren einsetzen – und angesichts der überwältigenden normativen Macht und Verbindlichkeit jener Perspektive und Strategie drängt sich die Frage auf, wie weit es ihnen gelingt, den vorgesetzten Zweck vom, wie man will, determinierenden Einfluss oder deformierenden Effekt des eingesetzten Mittels wirklich freizuhalten. Die Frage liegt umso näher, als wir uns ja, genauer besehen, damit, dass wir die Veranstalter und Aussteller jener zugegebenermaßen atypischen Messe pauschal von materiellen Interessen und Verwertungsabsichten freisprechen, allzu weit aus dem Fenster lehnen und eine in dieser Pauschalität unhaltbare Stellung beziehen. Schließlich lässt sich kaum bestreiten, dass die Veranstalter und Aussteller, mögen für sie materiale Interessen und soziale Ziele noch so sehr im Vordergrund stehen und den eigentlichen Zweck der Veranstaltung bilden, doch aber, was die effektive Verfolgung dieses ihres eigentlichen Zwecks, der materialen Interessen und sozialen Ziele angeht, wesentlich darauf angewiesen sind, dass es auch mit dem materiellen Aspekt ihres Unternehmens klappt und dass also ihr Bemühen, mit ihren Büchern Zustimmung und Anteilnahme zu finden, Solidarität und Engagement zu wecken, sich auch in geschäftlicher oder kommerzieller Hinsicht als erfolgreich erweist.
Je mehr Bücher und Broschüren ihnen nämlich in der Absicht, andere zur Solidarisierung mit ihrer gesellschaftlichen Kritik und zum Engagement für ihr politisches Programm zu bewegen, mittels kommerziellen Austauschs an den Mann und die Frau zu bringen, sprich, ihren Mitmenschen zu verkaufen gelingt, umso mehr Wert in Form von allgemeinem Äquivalent steht ihnen dann wieder zur Verfügung, um neue, der Propagation ihrer materialen Interessen und sozialen Ziele dienliche Bücher und Broschüren zu produzieren und zu Markte zu tragen, und umso besser und erfolgreicher können sie demnach jene materialen Interessen und sozialen Ziele, um die es ihnen in Wahrheit zu tun ist, verfolgen. Es verbindet sich also mit ihrem verlegerischen und ausstellerischen Tun durchaus ein materielles Interesse, ein ökonomisches Engagement, das Interesse am Verkauf ihrer Bücher und Broschüren, mit dem die Möglichkeit zur Produktion weiterer Bücher und Broschüren und zu deren abermaligem Verkauf steht und fällt, und von daher ist die oben genährte Suggestion, dass es sich bei der Vermarktung der Bücher und Broschüren bloß um eine Konzession an die qua Äquivalententausch, qua Austausch von Werten in der bürgerlichen Gesellschaft herrschende Verkehrs- und Kommunikationsform handelt, die dem eigentlichen Ziel beziehungsweise gesellschaftlichen Anliegen der Vermarkter äußerlich bleibt und mit ihm schlechterdings nichts zu tun hat, eine in ihrer Pauschalität irreführende Behauptung.
Mag im Blick auf die wahren, materialen Interessen der kommerzielle, auf Verwertung zielende Duktus noch so sehr bloßes Mittel zu einem ihm fremden, mit seiner eigenen Zweckmäßigkeit unvermittelten Zweck sein, hinsichtlich der Art und Weise, wie diese der materialen Zielsetzung fremde und äußerliche kommerzielle Zweckmäßigkeit sich zur Geltung bringt, ist der Unterschied zu ihrer normalen, ausschließlich auf den materiellen Wert gerichteten Praktizierung und Ausübung geradezu verschwindend. Nicht nur ist auch im Falle der wegen der materialen Anliegen und sozialen Programme, die sie zu propagieren dienen, vertriebenen Bücher und Broschüren der Verkauf der letzteren, die Realisierung mithin ihres Werts, conditio sine qua non der weiteren Verfolgung und Propagation jener materialen Anliegen und sozialen Programme! So gewiss es dabei wesentlich um Proselytenmacherei, sprich, um die ständige Verbreitung und Verstärkung des Einflusses der als Überträger jener Interessen und Programme dienenden Bücher und Broschüren geht, so gewiss ist darüber hinaus auch Wertakkumulation, die Vermehrung des aus den Büchern und Broschüren erlösten Werts um der Produktion und des Vertriebs eines vergrößerten und dank seiner Vergrößerung mehr Einfluss gewinnenden und mehr Wirksamkeit entfaltenden Kontingents von einschlägigen Büchern und Broschüren konstitutives Element des um jener materialen Anliegen und sozialen Programme willen erstrebten geschäftlichen Erfolgs.
Auch das im Wesentlichen nicht dem kapitalen Wert, sondern sozialen Projekten geweihte Geschäft, das die auf dieser Warenmesse präsenten Verleger und Aussteller betreiben, unterliegt in seiner objektiven Verfahrensweise dem für kommerzielle Unternehmen überhaupt verbindlichen Prinzip der Verwertung, ist mit anderen Worten darauf aus, einen in den Büchern und Broschüren verkörperten oder investierten Wert als solchen, generell betrachtet, zu realisieren beziehungsweise, speziell gesehen, zu akkumulieren, und hat selber nur unter der Voraussetzung, dass dieses objektive Verfahren funktioniert und gelingt, Aussicht auf Erfolg. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die gelungene Realisierung beziehungsweise Akkumulation von Wert nicht schon, wie bei kommerziellen Veranstaltungen üblich, der Zweck der Veranstaltung ist, sondern Mittel zu einem als eigentliches Anliegen geltend gemachten anderen Zweck, eben der besagten Propagation und Verwirklichung materialer Ziele und sozialer Programme, sein soll.
Geltend gemacht wird dieser andere Zweck freilich nicht im unmittelbaren Zuge und in der einfachen Konsequenz jener objektiven Verfahrensweise, sondern durch die Dezision und Intervention des handelnden Subjekts. Nur weil und solange der Verleger und Vertreiber der Bücher und Broschüren mit seinem die üblichen materiellen Interessen verfolgenden und hierzu die übliche objektive Verfahrensweise anwendenden Geschäft und kommerziellen Treiben jene subjektive Intention und Projektion verknüpft und ersteres immer wieder in den Dienst der letzteren stellt, sprich, diese als seinen wahren Sinn und letzten Zweck geltend macht, ist und bleibt das Geschäft mehr als bloß kommerzielles Treiben und kann es mit Fug und Recht beanspruchen, ein über die Wertakkumulation um ihrer selbst willen sich erhebendes Unterfangen zu sein.
Dass das mit den Büchern und Broschüren betriebene Geschäft sich nicht im Mechanismus des sich selbst vermehrenden, selbst verwertenden, als Selbstzweck verfolgenden Werts verfängt und erschöpft, sondern sich fortwährend und immer wieder materialen Zielen und sozialen Projekten verpflichtet und dienstbar erweist, hängt einzig und allein von der Resolution und Intentionalität, Entschlossenheit und Beharrlichkeit des das Geschäft betreibenden empirischen Subjektes ab. Nur weil und solange dieses menschlich-personale Subjekt sich nicht mit der Rolle eines ausführenden Organs des sächlich-kapitalen Subjekts bescheidet, sondern ganz eigene, es als Subjekt präokkupierende Intentionen verfolgt, salopp ausgedrückt, nicht bloß Bilanzen, sondern Rosinen im Kopf hat, ist die Reduktion des kapitalen Subjekts auf einen sozialen Zwecken dienstbaren Faktor, seine Umfunktionierung aus einem selbstbezüglichen Subjekt, einem nichts als seine eigene Akkumulation betreibenden Automaten, in ein zweckdienliches Mittel, einen für die Realisierung der materialen Intentionen des personalen Subjekts die materiellen Voraussetzungen schaffenden Mechanismus gewährleistet. Nur weil und solange das personale Subjekt, eben der Verleger und Vertreiber der Bücher und Broschüren, darauf insistiert, nicht bloß kapitaler, die Selbstverwertung des materiellen Werts, den die Bücher und Broschüren verkörpern, betreibender Agent, sondern mehr noch realer, die eigenen Ziele und Programme, die die Bücher und Broschüren propagieren, verfolgender Akteur zu sein, ist sein Geschäft und Unternehmen, aller von ihm observierten kommerziellen Funktionalität ungeachtet oder, besser gesagt, unbeschadet, ein besonderes und vom normalen kommerziellen Tun und Treiben wesentlich unterschiedenes Unterfangen.
Damit kommt nun freilich dem personalen Subjekt, dem als Verleger und Vertreiber tätigen empirischen Individuum, eine für die materialen Ziele und sozialen Projekte, deren Verfolgung und Beförderung das materielle Geschäft und kapitale Handeln dient, grundlegende Bedeutung zu oder steht und fällt, anders gesagt, der in der Verfolgung jener materialen Ziele und sozialen Projekte bestehende spezielle Zweck, dem sich das kommerzielle Treiben verpflichtet und mit dem es sich vermittelt zeigt, mit dem Vorhandensein und Wirken jenes das kommerzielle Geschäft besorgenden beziehungsweise betreibenden empirischen Individuums. Das empirische Individuum, das Subjekt, fungiert demnach als Kopula oder Bindeglied zwischen zwei gleichermaßen systematischen Unternehmungen oder objektiven Vorhaben. Systematisch strukturiert oder objektiv bestimmt ist ja nicht nur das kommerzielle Geschäft, sondern auch und ebenso sehr das soziale Projekt, dem das empirische Subjekt, der Verleger, ersteres zuwendet und dienstbar macht.
Nicht nur das in der Wertakkumulation oder Selbstverwertung des Wertes bestehende kommerzielle Geschäft, sondern auch und nicht minder das auf die menschliche Entwicklung, die Selbstverwirklichung der Gattung zielende soziale Projekt, dessen Propagation und Beförderung das kommerzielle Geschäft dienen soll, ist systematisch strukturiert oder objektiv bestimmt und gehorcht nämlich in seiner Logik Gesetzmäßigkeiten beziehungsweise unterliegt seiner Dynamik nach Beweggründen, die – wie dort realiter oder funktionell, so hier idealiter oder intentional – als dem Dafürhalten und der Willkür des Subjekts, seinem persönlichen Ermessen und individuellen Entscheiden entzogen erscheinen.
Dass für kommerzielle Geschäfte und ihren Erfolg objektive Konditionen gelten, die wie etwa die das interne Bilanzverhältnis, den Vergleich von Gewinn und Verlust, Soll und Haben ermöglichende Darstellung des Güteraustausches mittels Wertkalkül oder die durch die externe Konkurrenzsituation erzwungene Befrachtung des Austauschprozesses mit dem Imperativ der Wertakkumulation vom Betreiber des Geschäfts, dem Subjekt, eingehalten und befolgt werden müssen und von ihm nur bei Strafe des geschäftlichen Scheiterns persönlichen Präferenzen oder privaten Rücksichten zum Opfer gebracht werden können, ist allgemein bekannt und ein durch zahllose Insolvenzen, die dem Verstoß gegen eben jene Konditionen geschuldet sind, sattsam bezeugtes Faktum.
Aber auch soziale Projekte zeigen sich, wenn schon nicht empirisch-praktisch, so jedenfalls doch historisch-theoretisch in einer systematischen Struktur oder objektiven Perspektive verankert, die ihnen überhaupt erst Allgemeinheit und Verbindlichkeit vindiziert und sie davor bewahrt, als bloße Laune oder Einbildung des Subjekts, als Ausgeburt eines bloß persönlichen Meinens und privaten Wollens zu erscheinen. Egal, ob diese systematische Struktur oder objektive Perspektive heilstheologisch, geschichtsteleologisch oder entwicklungsdialektisch orientiert und konzipiert ist, sie verleiht dem sozialen Projekt allererst seine gemeingesellschaftliche Relevanz und seinen staatspolitischen Impetus und verpflichtet insofern das dem Projekt anhängende Subjekt bei Strafe einer monadischen Isolation und idiotischen Willkür seines Projektierens, sie als generellen Rahmen und verbindliche Ausrichtung gelten zu lassen.
Sowohl das kommerzielle Geschäft als auch das soziale Projekt, die der als Überbringer einer realen Botschaft sich verstehende kapitale Verleger der Bücher und Broschüren miteinander verknüpft, stellen also – wenn auch auf ontologisch differentem Niveau beziehungsweise mit empiriologisch unterschiedlichem Anspruch – systematisch konzipierte und objektiv bestimmte Kontexte dar, die in eben dieser ihrer objektiven Selbstbestimmtheit und systematischen Selbstgenügsamkeit nur in dem Maße und so lange einen als Zweck-Mittel-Relation beschreibbaren Gesamtzusammenhang bilden, wie ein empirisches Individuum, eine subjektive Existenz sie aufeinander bezieht und miteinander vermittelt. Zwei im Kriterium ihrer Systematik und Objektivität ebenso essenzielle wie nach Maßgabe ihrer Selbstbestimmtheit und Selbstgenügsamkeit von einander unabhängige und gegen einander gleichgültige Komplexe werden einzig und allein durch einen existenziellen Faktor auf einander bezogen und in Relation zu einander gesetzt. Zwei substanzielle Zusammenhänge, die von Haus aus nichts mit einander zu schaffen haben, werden durch nichts weiter als eine individuelle Copula verknüpft und zusammengehalten, zwei in sich stringente und gegeneinander indifferente Systeme sollen sich ausschließlich kraft eines kontingenten Daseins, eines empirischen Subjekts, zu einem ebenso funktionsfähigen wie zielgerichteten Ganzen, einem zweckmäßigen Organismus verbinden.
Die bloß kontingente Verknüpfung der beiden als kommerzielles Geschäft und soziales Projekt erscheinenden Komplexe durch die verlegerische Existenz ist Rest und Überbleibsel einer substanziellen Verbindung beider, die in sei's heilstheologischer, sei's geschichtsteleologischer, sei's entwicklungsdialektischer Form eine Art von das kommerzielle Geschäft als Ursache und das soziale Projekt als Wirkung postulierendem Kausalnexus behauptet. An diesem Kausalnexus hält ungeachtet der Diskreditierung der Kantischen Geschichtsphilosophie durch die janusköpfige Dynamik des zum kapitalistischen Betrieb sich mausernden kommerziellen Geschäfts die Marxsche Entwicklungsdialektik fest.
So widersinnig und unhaltbar eine solche Konstellation auf den ersten Blick auch erscheint, plausibler und akzeptabler wird sie, sobald wir die die essenziellen Komplexe in Zusammenhang bringende Existenz, die die beiden Substanzen vermittelnde Kontingenz nicht für etwas Ursprüngliches, von Natur Gegebenes nehmen, sondern als das erkennen, was sie ist: als prozessual Entsprungenes, als ein historisches Resultat. Tatsächlich nämlich sind kommerzielles Geschäft und soziales Projekt nicht von Haus aus beziehungsweise seit jeher so unabhängig von und indifferent gegen einander, wie die beschriebene Situation suggeriert, in der sich beider systematische Interaktion beziehungsweise objektive Kollaboration nurmehr dem Wirken eines einzelnen empirischen Agens, einer kontingenten individuellen Existenz anheim gestellt und geschuldet zeigt. Seit dem den Beginn der Neuzeit markierenden Avancement des kommerziellen Geschäfts zum Passepartout wirtschaftlicher Distribution und zum Paradigma gesellschaftlicher Synthesis findet sich im Gegenteil immer wieder der Versuch, eben jene systematische Konsequenz und objektive Stringenz zwischen kommerziellem Geschäft und sozialem Projekt, die nach unserer Darstellung bloß noch das persönliche Engagement eines empirischen Individuums, dessen subjektive Bornierung, gewährleistet, als vielmehr in der Struktur der kommerziellen Unternehmung selbst systematisch angelegtes Datum, in ihrer Perspektive objektiv vorgesehenen Faktor nachzuweisen.
Und diese Überzeugung von der systematischen Relation des kommerziellen Geschäfts zum sozialen Projekt beziehungsweise der objektiven Relevanz für es stellt sich unabhängig davon ein, mit welcher der oben genannten Orientierungen und Konzeptionen das letztere auftritt, heftet sich mit anderen Worten auch bereits an das soziale Projekt in seiner christlich-traditionellen Fassung und nicht erst in seinen späteren bürgerlich-liberalen und schließlich sozialistisch-kommunalen Ausprägungen.
Auch dort mit anderen Worten, wo das soziale Projekt noch die herkömmliche, heilstheologische Form eines Strebens nach dem Himmelreich und der Gemeinschaft der Heiligen an den Tag legt, zeigt sich, wie der generell als religiöse Reaktion auf das neue Paradigma gesellschaftlicher Synthesis, eben das kommerzielle Geschäft, begreifliche Protestantismus in seiner dem neuen Paradigma spezielle Reverenz bezeugenden kalvinistischen Spielart beweist, bereits das Bedürfnis, das kommerzielle Geschäft als systematische Voraussetzung und objektive Basis für das heilstheologisch ausgreifende soziale Projekt ins Spiel zu bringen und geltend zu machen. Voraussetzung und Basis des sozialen Projekts ist das kommerzielle Geschäft hier freilich noch nicht in einem funktionellen, praktischen Sinne, sondern bloß erst in einer referenziellen, symbolischen Bedeutung. Wenn, mit anderen Worten, das kommerzielle Geschäft beziehungsweise sein erfolgreicher Betrieb, sein Florieren dem Kalvinismus als Voraussetzung dafür gilt, dass der Betreiber des Geschäfts sich nach dem Tode, sprich, im ewigen Leben, als von Gott Erwählter der Gemeinschaft der Heiligen, dem himmlischen Sozialcorpus beigesellt finden kann, dann nicht in dem Sinne, dass der Erfolg des kommerziellen Geschäfts das Gelingen des sozialen Projekts real bedingte oder existenziell begründete, sondern bloß in der Bedeutung, das das eine das andere signifikant indiziert oder demonstrativ beweist.
Reale Bedingung oder existenzieller Grund für das Gelingen des heilstheologisch ausgreifenden sozialen Projekts ist gemäß der kalvinistischen Prädestinationslehre der Zustand der Erwähltheit, in den göttlicher Ratschluss, die Gnade des Allmächtigen, die betreffende Kreatur versetzt. Der diesseitige Erfolg im kommerziellen Geschäft ist nichts weiter als referenzielles Zeichen für beziehungsweise antizipatorischer Hinweis auf jene das Leben im Jenseits betreffende Erwähltheit. Entbehrt dergestalt aber die Beziehung zwischen beiden jeglicher realen Kausalität und existenziellen Konsequenz und bleibt der zeitlich erscheinende eine Terminus der Beziehung darauf beschränkt, durch sein Erscheinen den ewig gegebenen anderen Terminus als nach der Zeit offenbar werdenden nur schon einmal indikativ vorzuweisen oder symbolisch anzuzeigen, fragt sich natürlich, welchen praktischen Sinn und Nutzen ein solcher Vorweis haben, welchen funktionellen Zweck eine solche Anzeige erfüllen soll.
So gewiss laut Prädestinationslehre der Ausgang des sozialen Projekts, sprich, die Aufnahme des Betreffenden in die Gemeinschaft der Heiligen, in alle Ewigkeit des göttlichen Ratschlusses feststeht und sich mittels des Erfolgs des kommerziellen Geschäfts nur sinnbildlich indizieren oder prognostizieren, mitnichten aber tatsächlich induzieren oder effektuieren lässt, so gewiss ist offenbar jegliche konstruktive Bewandtnis des kommerziellen Geschäfts in Ansehung des heilstheologisch sozialen Projekts, jede praktische Beeinflussung und funktionelle Beförderung des letzteren durch ersteres kategorisch ausgeschlossen. Wenn es eine solche Beeinflussung und Beförderung gibt, dann höchstens und nur in der umgekehrten Richtung: Indem der Erfolg des kommerziellen Geschäfts als diesseitiges Zeichen und Unterpfand für das Gelingen des jenseitigen sozialen Projektes gilt, hat das kommerzielle Geschäft zwar keinerlei konstitutive Bedeutung für das soziale Projekt und trägt sein Erfolg nicht das Geringste zu dessen Gelingen bei, wohl aber gewinnt das kommerzielle Geschäft selber und als solches dadurch an Bedeutung und Geltung.
Im Rahmen einer Tradition, für die das heilstheologisch bestimmte soziale Projekt eines qua Aufnahme in die Gemeinschaft der Heiligen realisierten Erwerbs des Seelenheils und Einzugs ins ewige Leben die allgemeinverbindliche Perspektive und den unumstritten letzten Zweck des irdischen Daseins bildet, genießt kommerzielle Geschäftigkeit mit ihrer rein irdischen, rein diesseitigen, wenn auch dem Diesseits eine Art von immanenter Jenseitigkeit vindizierenden, es der schlechten Unendlichkeit der Wertakkumulation unterwerfenden Zielsetzung nicht unbedingt viel Ansehen und Duldung und ist unter dem Vorwurf, vom eigentlichen Zweck des Lebens abzulenken beziehungsweise abzuhalten, tendenziell sogar Anfeindungen ausgesetzt und von Diskriminierung und Prohibition bedroht. Zuwendungen an die Kirche, fromme Stiftungen, Almosen, Armenspeisungen und ähnliches sind unter diesen Bedingungen nötig, um das Tun des kommerziell Geschäftigen, wenn schon nicht reinzuwaschen und zu sanktionieren, so jedenfalls doch zu exkulpieren und tolerierbar werden zu lassen.
Diese prekäre und durch gemeindliches Wohlverhalten stark konditionierte Existenz des kommerziellen Geschäfts wird aber einer Situation, in der – wie in der beginnenden Neuzeit der Fall – letzteres die Stellung eines Passepartouts wirtschaftlicher Distribution und Paradigmas gesellschaftlicher Synthesis errungen hat, nicht mehr gerecht und leistet den in dieser Situation von den kommerziell Geschäftigen erhobenen Ansprüchen auf gemeindliche Achtung und öffentliche Geltung und Forderungen nach uneingeschränkter Entfaltung und unbehinderter Praxis nicht mehr Genüge. Und genau in diesem Punkte erweist sich die kalvinistische Prädestinationslehre mit der das Gelingen des sozialen Projekts, die Erwählung zum Heil betreffenden indikativen Rolle oder prognostischen Funktion, die sie dem kommerziellen Geschäft zuweist, als nützlich, um nicht zu sagen, segensreich, weil sie damit eben jene Ansprüche auf gemeindliche Achtung erfüllbar, eben jene Forderungen nach uneingeschränkter Entfaltung realisierbar werden lässt.
Leistet das erfolgreiche kommerzielle Geschäft auch keinen konstruktiven Beitrag zum heilstheologisch bestimmten sozialen Projekt, erfüllt es auch im Blick auf das Gelingen des letzteren, die Aufnahme in die Gemeinschaft der Heiligen, keine konstitutive Funktion, so gewinnt es durch die indikative Bedeutung, die prognostische Signifikanz, die ihm die Prädestinationslehre in Sachen des sozialen Projekts attestiert, doch immerhin seinerseits an Sinn und Akzeptanz, Positivität und Nutzen. So gewiss das daseinspraktisch kommerzielle Geschäft durch die Prädestinationslehre als ein das heilstheologisch soziale Projekt hier und jetzt nicht nur repräsentierendes, sondern mehr noch reaffirmierendes Unternehmen gutgesagt wird, so gewiss hört es auf, als ein verpöntes, weil vom rechten Wege ablenkendes Unterfangen zu erscheinen, verliert es seine nur durch Tribute an die Kirche, durch Opfer, halbwegs zu kompensierende Anrüchigkeit und Disreputation und mausert sich nach Maßgabe des ihm von Gott selbst verliehenen Vorweis- und Zeichencharakters zu einem gerechtfertigten, wo nicht gar begnadeten Tun.
Auch also mit dem sozialen Projekt in seiner der christlichen Tradition noch ganz gemäßen heilstheologischen Fassung erscheint das zum Passepartout wirtschaftlicher Distribution und Paradigma gesellschaftlicher Synthesis avancierte kommerzielle Geschäft bereits in einem systematischen Zusammenhang und einem objektiven Verhältnis – aber eine reale oder kausale Beziehung ist das noch nicht. So gewiss das kommerzielle Geschäft, weit entfernt, davon, für das soziale Projekt von konstitutivem Belang zu sein oder sich konstruktiv einzusetzen, nur erst symbolisch auf es verweist oder signifikativ für es einsteht, so gewiss besteht der Sinn seiner Beziehung zum sozialen Projekt nicht darin, für es einen Grund abzugeben oder gar ursächlich zu wirken, sondern erschöpft sich in seiner eigenen Begründung und Bestätigung, in der Sanktionierung und Rechtfertigung seiner selbst.
Das freilich ändert sich in dem Maße, wie das soziale Projekt im Laufe des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts seinen heilstheoretisch-jenseitsorientierten Charakter, seine religiöse Ausrichtung ablegt und eine als Geschichtsteleologie erscheinende säkulare Bestimmtheit annimmt. Wie von Kant in seiner Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht beispielhaft exponiert, ist Ziel und Inhalt des sozialen Projekts jetzt nicht mehr die des ewigen Lebens teilhaftige Gemeinschaft der Heiligen, sondern eine durchaus diesseitige Organisation – die "allgemein das Recht verwaltende bürgerliche Gesellschaft", will heißen, ein Gemeinwesen, das unter der Ägide eines nach Rousseauschem Rezept seiner Konvention entspringenden und als Souverän etablierten Gemeinwillens allen ihm als Bürger angehörigen Menschen die durch keine ständischen Prärogative und korporativen Privilegien eingeschränkten und durch keine konfessionellen, kulturellen, ethnischen, geschlechtlichen oder sonstigen Diskriminierungen beziehungsweise Bevorzugungen beeinträchtigten gleichen politischen Rechte einräumt und sozialen Pflichten auferlegt, ein Gemeinwesen mit anderen Worten, das die Menschen als im "Gehege" der bürgerlichen Verfassung, unter der Verwaltung der Rechtsordnung, die der Gemeinwille schafft, frei, gleich und solidarisch ihre natürlichen Anlagen entfaltende Wesen zusammenführt und vereint.
Für dieses soziale Projekt aber messen nun Kant und seine ähnlich oder gleich gesinnten Zeitgenossen dem kommerziellen Geschäft eine keineswegs bloß symbolische oder prognostische, sondern durchaus reale und praktische Bedeutung bei. Das kommerzielle Geschäft nämlich gilt ihnen als das Instrument, um nicht zu sagen Patentrezept, das eben jene der freien, gleichen und solidarischen bürgerlichen Gesellschaft entgegenstehenden beziehungsweise zuwiderlaufenden hierarchisch-ständischen Privilegien und kultisch-bündischen Diskriminierungen zu tilgen und aufzuheben taugt. Weil das auf Äquivalententausch insistierende, in transaktiven Egalisierungen bestehende, wertbestimmt Gleiches mit Gleichem vergeltende kommerzielle Geschäft nur florieren und überhaupt funktionieren kann, wenn es nicht durch eine privilegierte beziehungsweise diskriminierte Lage oder Stellung des einen oder anderen der Beteiligten, durch persönliche Autorität, die der eine Austauschpartner über den anderen beansprucht, sozialen Vorrang, den er vor ihm genießt, politische Macht, die er über ihn ausübt, militärische Gewalt, der er ihn unterwirft, ideologischen Zaum, in dem er ihn hält, überhaupt vereitelt oder im Sinne einer mit seinem Grundprinzip, der Äquivalenz, unvereinbaren Rücksicht oder Gewichtung beeinflusst und dysfunktionalisiert wird, beweist es in eben dem Maße, wie es sich als Passepartout wirtschaftlicher Distribution durchsetzt und als Paradigma gesellschaftlicher Synthesis ausbreitet, die Tendenz, jene ihm als Hemmklötze beziehungsweise Störfaktoren abträglichen Privilegien und Diskriminierungen, wenn nicht zu beseitigen und auszuschalten, so zumindest doch zu neutralisieren und nämlich in den für das zivile Leben der Gesellschaft entscheidenden Tätigkeitsfeldern unwirksam werden zu lassen.
Und dies nicht nur intern, nicht nur in den Lebenszusammenhängen der kommerziell miteinander Kontrahierenden selbst, nicht nur im Bereich der Handel und Gewerbe treibenden bürgerlichen Gesellschaft in specie, sondern auch extern, auch im Verhältnis der Handel und Gewerbe treibenden Bürger zu den oberen Schichten der Gesellschaft, auch in ihrer Beziehung zu den auf Grund ihres Herkommens und auf Basis grundherrlichen Eigentums politisch Herrschenden, die, weil mittlerweile ihr eigenes Wohlergehen und Gedeihen sei's direkt, in corpore der ihnen kraft kommerzieller Bearbeitung des Bodens, kraft Pachtwesen, zufließenden Grundrente, sei's indirekt, per medium der ihnen dank staatlicher Steuern und Abgaben zufallenden Dotierungen und Pfründen, in immer stärkerem Maße vom Erfolg des kommerziellen Geschäfts abhängt, auch immer stärkere Bedenken tragen, letzteres durch überkommene Privilegien und hergebrachte Diskriminierungen zu behindern, und eine zunehmende Bereitschaft zeigen, durch die Abschaffung oder jedenfalls den Abbau solcher Privilegien und Diskriminierungen dem kommerziellen Geschäft Bahn zu brechen und seine Entfaltung zu befördern.
Und das nicht nur im Rahmen der einzelnen Staatswesen und auf ihre jeweiligen Gesellschaften beschränkt, sondern auch und ebenso sehr in dem Handelsverkehr und gewerblichen Austausch, den die Gesellschaften mit einander treiben, in ihren grenzüberschreitenden kommerziellen Transaktionen, da es in der Natur des kommerziellen Geschäfts liegt, politische ebenso wenig wie geographische oder ethnische Grenzen beziehungsweise Schranken zu wahren und sie im Gegenteil nach Kräften zu überschreiten und die politisch Herrschenden gleichermaßen um ihres nationalen Wohlstands und ihrer internationalen Stellung willen sich genötigt sehen, das kommerzielle Geschäft auch in diesen seinen expansiven, die Weltteile verkettenden und verschränkenden Tendenzen nicht nur zu tolerieren, sondern mehr noch zu fördern, und das heißt, die als zwischenstaatliche Privilegien und Diskriminierungen dem freien Handel zwischen den Gesellschaften entgegenstehenden politischen Vorbehalte und gesetzlichen Hemmnisse aus dem Weg zu räumen und aufzuheben.
Handel und Gewerbe leisten so nach Überzeugung Kants und seiner bürgerlich-liberalen Gesinnungsgenossen einem Zustand weltbürgerlicher Verbindung und Vereinigung Vorschub, der nichts Geringeres darstellt, als die reale Basis für jene "allgemein das Recht verwaltende bürgerliche Gesellschaft", die als soziales Projekt der bürgerlichen Neuzeit an die Stelle der von der christlichen Tradition hochgehaltenen Gemeinschaft der Heiligen tritt und letztere aus der weltflüchtigen Transzendenz eines heilstheologischen Entwurfs in die welttüchtige Immanenz eines geschichtsteleologischen Vorhabens überführt.
Freilich blenden Kant und seine bürgerlich-liberalen Gesinnungsgenossen bei jener Überführung des sozialen Projekts aus einem jenseitig-sakralen Streben in ein diesseitig-säkulares Beginnen die kapitalwirtschaftliche Dynamik aus, die dem als Instrument und Vehikel für das säkulare Beginnen reklamierten kommerziellen Geschäft überhaupt erst seine Durchschlagskraft und Wandlungsmacht verleiht und ohne die es die reklamierte instrumentelle Bedeutung und transportative Funktion für das säkulare Beginnen, als das sich ihnen das soziale Projekt nunmehr präsentiert, gar nicht gewänne. Wenn Kant in traditioneller Manier das kommerzielle Geschäft als Handel und Gewerbe identifiziert, so übersieht oder unterschlägt er, dass es seine für die bürgerliche Neuzeit schlüsselfunktionell entscheidende Durchschlagskraft und paradigmatisch prägende Wandlungsmacht erst dadurch erlangt, dass es sich aus einem den gesellschaftlichen Produktionsprozessen als seiner realen Voraussetzung aufgesetzten und auf deren von ihm relativ unabhängiges Funktionieren angewiesenen Distributionsmechanismus zu einem diese Produktionsprozesse nach Maßgabe seines kommerziellen Bedürfnisses und Interesses revidierenden und neu setzenden, sie als abhängig funktionale Momente seiner wertakkumulativen Zielsetzung vereinnahmenden und in sich aufhebenden Organisationssystem entfaltet und dass also Handel und Gewerbe unter der Ägide des ersteren, des sich zum Handlungsrahmen allen Wirtschaftens totalisierenden kommerziellen Geschäfts, zu einem die gesamte gesellschaftliche Reproduktion beherrschenden Komplex aus das Gewerbe als Industrie organisierendem Markt und für den Handel als Markt produzierender Industrie verschmelzen.
Nur in dem Maße, wie der Handel sich zum das Gewerbe, die gesellschaftliche Produktion, in einen reinen Zulieferbetrieb überführenden Marktsystem entfaltet und die gesellschaftliche Produktion sich komplementär dazu in einen den Markt als seinen Umschlagsplatz okkupierenden Industriekomplex verwandelt, wie also das kommerzielle Geschäft sich als ein Funktionszusammenhang realisiert, der Produktion und Distribution als integrierende Bestandteile eines spiralig geschlossenen Kreislaufes in sich aufhebt, erringt es, das kommerzielle Geschäft, jene die herkömmlichen politischen Privilegien und sozialen Diskriminierungen beseitigende beziehungsweise auflösende Durchschlagskraft und Wandlungsmacht, die es zum Steigbügelhalter beziehungsweise zum fundamentum in re des von Kant als "allgemein das Recht verwaltende bürgerliche Gesellschaft" vorgestellten diesseitig-säkularen sozialen Projekts qualifiziert.
Was Kant dabei allerdings in Betracht zu ziehen beziehungsweise in Rechnung zu stellen versäumt, ist die Tatsache, dass das zu einer Totalität aus marktsystematischer Distribution und industriekomplexer Produktion verschmolzene kommerzielle Geschäft in eben dem Maße, wie es tradierte ständische Privilegien und politische Diskriminierungen abschafft beziehungsweise abbaut und für bürgerliche Ebenbürtigkeit und Gleichartigkeit sorgt, seinerseits und aus Eigenem einer neuen Form von Privilegierung und Diskriminierung Vorschub leistet und nämlich den Zerfall der bürgerlichen Gesellschaft in zwei Hauptklassen bewirkt, die sich, wenn nicht ausschließlich, so jedenfalls wesentlich durch ihre ökonomische Funktion und Lage unterscheiden und für die mit anderen Worten, was ihren wirtschaftlichen Wohlstand und gesellschaftlichen Status betrifft, alles davon abhängt, ob sie, weil sie über die Münze des Marktes, über Kapital verfügen, am totalisierten kommerziellen Geschäft als seine Betreiber beteiligt sein beziehungsweise als Nutznießer seiner Segnungen teilhaben können oder ob sie, weil sie nichts als ihre Arbeitskraft einzubringen vermögen, gezwungen sind, als Produzenten beziehungsweise Dienstleister sich ihm zur Verfügung zu stellen und von ihm vereinnahmen zu lassen.
Jene vollständige Integration der Produktionssphäre in das Marktsystem, zu der es seine innerste Ratio, das Akkumulationsprinzip, antreibt und zu der seinem Akkumulationsstreben günstige politische Bedingungen und geopolitische Umstände, sprich, absolutistische Staatenbildung und früher Kolonialismus, ihm die erforderlichen finanziellen Mittel liefern, kann das kommerzielle Geschäft nur in dem Maße ins Werk setzen, wie ihm gelingt, den herkömmlichen unmittelbaren, als handwerkliche Lebensform firmierenden Zusammenhang zwischen Produzenten und Produktionsmitteln aufzulösen und zu zerstören und, wie die letzteren in seine Gewalt zu bringen und seiner freien Verfügung zu unterwerfen, so die ersteren der Notwendigkeit auszusetzen, sich zwecks Sicherung ihrer Subsistenz vom kommerziellen Geschäft unter Arbeits- und Leistungsvertrag nehmen zu lassen, sich ihm als Lohnarbeiter zu verdingen.
Auseinanderdividiert und in die abstrakten Kapitalfaktoren einerseits der sächlichen Arbeitsbedingungen und andererseits der persönlicher Arbeitskraft zerlegt, werden Produzent und Produktionsmittel beide einem Rationalisierungs- und Zurichtungsprozess unterworfen, der sie der auf möglichst effektive Wertakkumulation zielenden Strategie des kapitalistisch auf die Produktionssphäre übergreifenden kommerziellen Geschäfts auf Gedeih und Verderb ausliefert. Rationalisierung und Zurichtung bedeutet dabei im Falle der als sächliche Kapitalfaktoren gesetzten Produktionsmittel deren technische Entwicklung und Aufrüstung zu mechanischen Geräten beziehungsweise automatischen Apparaturen, die mit immer weniger Arbeitskraft in immer kürzerer Zeit immer größere Produktkontingente zu erzeugen erlauben. Im Blick auf den auf seine Arbeitskraft reduzierten Produzenten bedeutet die akkumulationsgemäße Rationalisierung und Zurichtung, dass er sich aus einem Werkzeuge betätigenden Handwerker in einen Apparate bedienenden Handlanger beziehungsweise aus einem sein Tagwerk planenden und verrichtenden Akteur in einen vom Arbeitsprozess eingeplanten und aktivierten Faktor verwandelt.Ökonomisch gesehen, bringt diese technische Rationalisierung und Zurichtung des per Lohnverhältnis auf seine Arbeitskraft reduzierten Produzenten aus einem produzierenden Subjekt zu einem produktiven Faktor für den letzteren gleich in zweifacher Hinsicht Benachteiligungen und Repressionen mit sich. Zum ersten nämlich gibt dem als Arbeitgeber firmierenden Eigentümer der Produktionsmittel das Lohnverhältnis die Möglichkeit, den Wertzuwachs, den die Rationalisierung und Zurichtung der traditionellen Werkzeuge und Arbeitsabläufe zu mechanischen Komplexen beziehungsweise automatischen Systemen, mithin die Steigerung der den Produktionsmitteln eigenen Produktivkraft, mit sich bringt, wenn auch vielleicht nicht wirklich guten Gewissens und unbemerkt, so jedenfalls doch scheinbar rechtmäßig und unangefochten in Besitz zu nehmen und so die Aufteilung des Produktwerts zwischen ihm und dem als Arbeitnehmer firmierenden Produzenten jeweils zu dessen Nachteil und zugunsten seines Akkumulationsanspruchs zu verschieben.
Zum zweiten aber verschafft dieser als intensive Ausbeutung beschreib- bare und in keinem funktionalen Verhältnis beziehungsweise keiner rationalen Proportion zum Arbeitslohn verhaltene Wertzuwachs den kraft ihres Eigentums an den Produktionsmitteln als Kapitalisten operierenden Arbeitgebern einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt, der ihnen erlaubt, immer weitere und größere Gruppen von auf traditionell handwerklicher und kleingewerblicher Basis agierenden Anbietern auszukonkurrieren und um ihre Existenzbasis zu bringen und damit ein Heer von Arbeit suchenden Arbeitnehmern in die Welt zu setzen, das wegen seiner Vielzahl und Lebensnot sich selber Konkurrenz macht und damit den Arbeitgebern den Hebel zur Durchsetzung erpresserischer Arbeitskonditionen und Lohnverträge liefert, sprich, ihnen gestattet, den Arbeitnehmern sei's höhere Arbeitsleistungen für gleichen Lohn, sei's gleiche Arbeitsleistungen bei vermindertem Lohn, sei's gar ein Zugleich von Lohnsenkung und Leistungssteigerung abzuverlangen, sie also einem als extensive Ausbeutung beschreibbaren und ebenso maß- wie rücksichtslosen Raubbau an ihrer Arbeitskraft zu unterwerfen.
Gleich doppelt also – intensiv, durch technischen Fortschritt, und extensiv, durch Raubbau an ihrer Arbeitskraft – ausgebeutet, finden sich die in Lohnarbeiter transformierten, ehemals eigenständigen Produzenten ökonomisch immer stärker pauperisiert und, weil nunmehr ökonomische Verfügung, kapitales Vermögen zum entscheidenden, wo nicht alleinigen Kriterium für sozialen Einfluss, politische Macht und zivilen Status avanciert, durch eine immer größere lebensweltliche Kluft und lebenspraktische Barriere von denen getrennt, die über kapitales Vermögen verfügen oder als seine stillen Teilhaber beziehungsweise sekundären Nutznießer von ihm profitieren. In dem Maße, wie das kapitalisierte kommerzielle Geschäft die traditionellen Unterscheidungsmerkmale des Herkommens, des Standes, der Religion, der Kultur und Bildung, gar des Geschlechts und der physiologischen Ausstattung, als privilegierende beziehungsweise diskriminierende Faktoren ausschließt beziehungsweise neutralisiert und damit einer weltbürgerlichen Egalität, einer zivilen Gleichrangigkeit und Gleichberechtigung der Mitglieder der Gesellschaft Vorschub leistet, führt es ein wesentliches neues Kriterium, das des materialen Eigentums und finanziellen Vermögens, in die Gesellschaft ein, das eine nicht weniger privilegierende beziehungsweise diskriminierende Funktion erfüllt als die alten, nicht sowohl politisch-ökonomischen als vielmehr hierarchisch-soziologischen Faktoren und das, indem es an die Stelle der in attributive Korporationen, in Stände stratifizierten herkömmlichen die in situative Assoziationen, in Klassen dichotomisierte moderne Gesellschaft treten lässt, die Hoffnung Kants auf eine "allgemein das Recht verwaltende bürgerliche Gesellschaft" in eben dem Maße zuschanden werden lässt, wie letztere seine Vorstellung von einem durch das kommerzielle Geschäft zu bewirkenden Zustand ebenso reziproker wie egalitärer Vergesellschaftung ad absurdum führt.
Dass sich dennoch und ungeachtet des Scheiterns des von Kant und seinen liberalistischen Sinnesgenossen in Anschlag gebrachten geschichtsteleologischen Patentrezepts die Überzeugung von einem kausalen Zusammenhang zwischen kommerziellem Geschäft und sozialem Projekt erhält und mehr noch höchst lebendig zeigt, verdankt sich der entwicklungsdialektischen Wendung, die das in der Marxschen Theorie gipfelnde sozialistische Denken des neunzehnten Jahrhunderts dem Projekt verleiht. Dieser Wendung zufolge nimmt das soziale Projekt die Bedeutung einer ganz neuen, als kommunistische Gütergemeinschaft erscheinenden Form der Vergesellschaftung an, die im Gemeineigentum an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln und deren von persönlichen Akkumulationsbestrebungen und privaten Bereicherungsabsichten freier, gemeinwohldienlicher Nutzung gründet und der nach der Marxschen Überzeugung das kapitalistisch totalisierte kommerzielle Geschäft ebenso sehr – untergründig gewahrt – Vorschub leistet und den Boden bereitet, wie es ihr – oberflächlich besehen – zuwiderläuft und den Weg versperrt.