Zur Unantastbarkeit des Privateigentums

Die per kapitalistische Produktionsweise vor sich gehende Überführung gesellschaftlichen Vermögens in bürgerliche Verfügung unterminiert den traditionellen Eigentumsbegriff derart und lässt das ihn nunmehr ausmachende Gemisch aus Produktiv und Possessiv so sprengkräftig und gemeingefährlich werden, dass die bürgerliche Gesellschaft sich gezwungen sieht, dem Gemisch mit der Kategorie vom Privateigentum dogmatische Unverbrüchlichkeit und sakrosankten Bestand zu vindizieren. Weil aber die wertschöpferische Dynamik, die das dem bürgerlichen Possessiv subsumierte und integrierte gesellschaftliche Produktiv entfaltet, das Wirtschaftssystem der bürgerlichen Gesellschaft in immer neue Krisen stürzt und der bürgerliche Staat sich deshalb zunehmend genötigt findet, dem Privateigentum ungeachtet seiner Sakrosanktheit dirigierend und konterkarierend zu Leibe zu rücken, beantwortet die bürgerliche Gesellschaft diese staatlichen Übergriffe auf die produktiv-kapitale Funktion des letzteren reaktionsbildnerisch mit einer verstärkten Affirmation und kompromisslosen Verteidigung seines possessiven Kerns.

Eine solche grundlegende Revision der Eigentumsverhältnisse, die nicht bloß auf eine partielle Korrektur der systematisch geübten Ungerechtigkeit kapitalistischer Ausbeutung in der bürgerlichen Gesellschaft abzielte, sondern mehr noch auf eine tendenzielle Beseitigung der historisch gewordenen Ungleichheit in der gesellschaftlichen Ressourcenaufteilung hinausliefe, die die zivilisierten, alias herrschaftlich verfassten Gemeinwesen der Menschheit seit jeher und durchweg prägt – eine solche Revision der Eigentumsverhältnisse steht aber für die bürgerlichen Gesellschaften und ihre staatlichen Repräsentanten außer Betracht und kommt ihnen deshalb auch gar nicht erst in den Sinn. Und das nicht etwa deshalb, weil die Eigentumsverhältnisse so lange schon gewohnheitsrechtlich determiniert, kultisch sanktioniert oder politisch legitimiert, kurz, historisch verbrieft und durch Tradition besiegelt sind – tatsächlich ist es eine auszeichnende Eigenschaft der sämtliche früheren, historischen Sozialformationen nicht weniger zu Grabe tragenden als beerbenden bürgerlichen Gesellschaft, dass ihr grundlegendes Organisationsprinzip, der kapitalistische Verwertungsimperativ, für historisch besiegelte Arrangements und verbriefte Traditionen wenig übrig hat und keinerlei Anstand nimmt, sie, wenn sie ihm in die Quere kommen oder gar widerstreiten, außer Kraft zu setzen und über Bord zu werfen.

Was vielmehr eine über die Korrektur der Ungerechtigkeit des Wertschöpfungsprozesses hinausgehende Revision der Ungleichheit der überkommenen Eigentumsverhältnisse für die bürgerlichen Gesellschaften und den sie repräsentierenden Staat zum Anathema werden lässt, ist dies, dass der überkommene, bis ins Mark seiner historischen Genese durch Ungleichheit geprägte Eigentumsbegriff selbst, zur Kategorie des Privateigentums gleichermaßen abstrahiert und formalisiert, kurz, zum Possessiv sans phrase hypostasiert, konstitutiv für den ökonomischen Dreh- und Angelpunkt der bürgerlichen Gesellschaft, den kapitalen Ausbeutungs- und Verwertungsmechanismus ist, weil er die undurchdringliche Ägis alias undurchschaubare Camouflage bildet, hinter beziehungsweise unter der sich der monströse Geburtsakt des Kapitals, die ausgeburtliche Potenzierung objektiven Eigentums zur Macht über andere, persönlicher Verfügung über Besitz zur gesellschaftlichen Verfügung durch Besitz, kurz, die Verwandlung possessiver Habe in produktive Aneignung vollzieht und zur Geltung bringt.

Nur weil und insofern der historische Eigentumsbegriff qua Privateigentumskategorie durch die bürgerliche Gesellschaft für systematisch sakrosankt und unantastbar erklärt wird, kann er kategorialiter unter sich begreifen und begraben, sprich, kaschieren, was ihn realiter transzendiert und sprengt, nämlich die Tatsache, dass in dem durch die neuzeitlichen Marktbetreiber und ihre Klientel, die bürgerliche Klasse, etablierten Kapitalverhältnis possessives Eigentum eben gerade aufhört, nur ein persönliches Objekt, eine Privatsache zu sein, und vielmehr zu einem gesellschaftlichen Projekt und öffentlichen Anliegen wird, dass es mit anderen Worten nicht mehr bloß ein Implement ist, das einem unter den Mitmenschen Einfluss und Geltung verleiht, sondern ein Instrument bildet, das einem Zugriff auf die Mitmenschen und Gewalt über sie verschafft.

Was die den Beginn der Neuzeit markierende Verabsolutierung des Eigentums zum Privateigentum, sprich, die Versteinerung des historischen Begriffs zur systematischen Kategorie, der gesellschaftlichen Reflexion, von öffentlicher Kritik ganz zu schweigen, entzieht und verstellt, ist jener für die bürgerliche Gesellschaft und ihr kapitalistisches Produktionssystem entscheidende ökonomische Appropriationsakt, zu dem die Abstraktion und Aufhebung feudaler Herrschaft zu absolutistischer Souveränität die politische Handhabe bietet und durch den natürliche und kultürliche Wertquellen, Arbeitsmaterien und Arbeitsmittel, den Betreibern der Einrichtung Markt, sprich, denen in die Hände fallen und zu eigen werden, die mit dem kommerziellen Austausch, der wertsystematischen Distribution des arbeitsteilig erzeugten Sozialprodukts befasst und bis dahin in ihrer Austausch- und Vermittlungstätigkeit auf eben dies letztere, die fertigen materialen Güter und vollbrachten realen Dienstleistungen, beschränkt sind.

Für die finanziellen Hilfen und infrastrukturellen Dienste, die die Marktbetreiber bestimmten strategisch begünstigten, will heißen, auf die ökonomische Macht, die ihnen die Zentren des entfalteten europäischen Marktsystems verleihen, gestützten Fürsten bei deren Streben nach Überwindung der politischen Fesseln des feudalherrschaftlichen Systems und nach absolutistischer Selbstherrlichkeit leisten, überlassen letztere den ersteren Wertquellen, über die sie traditionell verfügen, wie etwa Produktionsmonopole, Handelspatente, Bergwerke, Rohstoffvorkommen und Ländereien, gestatten ihnen deren volle rechtspersönliche Aneignung und privatwirtschaftliche Nutzung und setzen damit einen als ursprüngliche Akkumulation apostrophierten Bereicherungsprozess in Gang, der den Marktbetreibern die nötigen Mittel verschafft, um weitere und andere Wertquellen wie vorzugsweise Produktionsmaterien und Produktionsmittel der handwerklich-gewerblichen Sphäre in ihre eignerschaftliche Gewalt zu bringen und von den ehemaligen Eigentümern, den als selbständige Werktätige abgedankten und stattdessen als lohnabhängige Arbeiter rekrutierten Produzenten, nach streng marktwirtschaftlichen Aspekten und Prinzipien wertschöpferisch nutzbar machen, sprich, akkumulationsstrategisch ausbeuten zu lassen.

Traditionell sind sowohl die unter herrschaftlicher Verfügung stehenden als auch die im Besitz handwerklicher Produzenten befindlichen Wertquellen produktives Vermögen, dessen Einsatz und Gebrauch politischen und sozialen Konditionierungen und Restriktionen wie etwa Dienstkonventionen, Zunftordnungen, Gewohnheitsrechten, Nießbräuchen, karitativen Verpflichtungen und rituellen Verhaltensweisen unterliegen, deren Funktion es ist, ihrer Relevanz für die Gesamtgesellschaft und Gemeinwohlbedeutung Geltung zu verschaffen und diejenigen, die aus ihnen schöpfen beziehungsweise schöpfen lassen, vor den Gefahren selbstsüchtigen Missbrauchs und ausbeuterischer Verwendung zu bewahren. All diese Konditionierungen und Restriktionen entfallen nun und zeigen sich ersatzlos gestrichen, indem dank zuerst der speziellen Zuwendung und Förderung durch den nach Souveränität strebenden feudalen Fürsten und sodann der durch die ursprüngliche Akkumulation ausgelösten generellen Appropriationsdynamik die Wertquellen den Marktbetreibern in die Hände fallen und ihnen in der Eigenschaft einer rein persönlichen Habe, eines schlicht possessiven Eigentums zur vollen rechtlichen Verfügung und wirtschaftlichen Nutzung überlassen bleiben.

Die Subsumtion produktiven Vermögens des herrschaftlichen Raumes und der handwerklichen Sphäre unter und seine Integration in das Possessiv, die persönliche Habe der sich durch seine Verfügbarkeit und Nutzung zu kapitalistischen Unternehmern mausernden Marktbetreiber befreit jenes zwar von den Konditionierungen und Restriktionen durch die ständisch-feudalen und korporativ-kommunalen Rücksichten und Bindungen, denen es bis dahin unterworfen ist. Gleichzeitig aber beansprucht und behält das produktive Eigentum dank seiner Bedeutung für die gesellschaftliche Reproduktion, die Erhaltung des Sozialverbands als ganzen, so viel machtpolitisches Gewicht und öffentlichwirksames Prestige, dass das Possessiv in seiner überkommenen, eher präjudizialen als kategorialen Form, die persönliche Habe in der hergebrachten, von empirischen Rücksichten und historischen Einschränkungen geprägten Gestalt eines eher konventionellen als kodifiziellen Verhältnisses, das Subsumierte, das Vermögen als produktives, nicht zu fassen und im Rahmen beziehungsweise unter Kontrolle zu halten vermag und letzteres aufgrund der Anziehungskraft, die es ausübt, beziehungsweise der Habsucht, die es auslöst, vielmehr dies überkommene Possessiv, dem es nunmehr subsumiert ist, diese herkömmliche Konzeption von persönlicher Habe, die ihm jetzt als seine generische Identität inhäriert, so weit auszuhöhlen und zu zersetzen droht, dass der Eigentumsbegriff überhaupt und in jeglicher Hinsicht seine Bestimmtheit und Verbindlichkeit einbüßt und das wiederum den Boden für einen entfesselten, von HabBesitz- und Machtgier getriebenen unterschiedslosen Kampf um gesellschaftliche Ressourcen und persönliche Besitztümer bereitet, der allen sozialen Zusammenhalt und alle politische Ordnung zu zerstören und das Gemeinwesen in Selbstsucht und Anarchie untergehen zu lassen verspricht.

Die Erhebung der persönlichen Habe zum Privateigentum, des Possessivs des Individuums zum Objektiv der bürgerlichen Person, die Überführung mit anderen Worten des Eigentums des Subjekts aus einem historisch entstandenen Konzept in eine systematisch gesetzte Kategorie lässt sich demnach als Reaktionsbildung verstehen, als Reaktion auf jene durch die Integration produktiven Eigentums in den Verfügungsrahmen und Sanktionsbereich persönlicher Habe heraufbeschworene Gefahr einer Unterminierung und Zersetzung des Eigentumsbegriffs überhaupt und als solchen. Qua Privateigentum oder bürgerliches Possessiv wird die persönliche Habe, das, was der Einzelne herkömmlich als seinen Besitz, als ihm gehörige Wirklichkeit in Anspruch nehmen kann, für nicht nur herkömmlich, sondern grundsätzlich unantastbar, für nicht nur relativ unangefochten, sondern absolut sakrosankt, kurz, für nicht nur empirisch konveniert, sondern systematisch garantiert erklärt und damit so weit in seiner gesellschaftlichen Verbindlichkeit verstärkt und in seiner rechtlichen Geltung befestigt, dass dieser zur systematischen Kategorie verhärtete empirische Begriff nun den sprengkräftigen Versuchungen und korrumpierenden Einflüssen, die von dem in seinen Geltungsbereich qua Wertquellen integrierten produktiven Element ausgehen, zu widerstehen und letzteres, statt sich von ihm untergraben und zersetzen zu lassen, vielmehr unverbrüchlich unter Schloss und Riegel zu halten, als kategoriale Verschlusssache allen neidischen Blicken und kritischen Zugriffen zu entrücken vermag.

Ungeachtet dessen, dass ihre Einführung auf den ersten Blick einigermaßen unvermittelt und dezisionistisch erscheint, erlangt die historisch die Neuzeit, ökonomisch den Kapitalismus, sozial die bürgerliche Gesellschaft und politisch die egal ob absolutistische, republikanische oder schließlich demokratische Staatsordnung als quasi Leitfossil charakterisierende Kategorie des Privateigentums umfassende Geltung und durchgängige Verbindlichkeit, weil alle relevanten gesellschaftlichen Formationen und Gruppierungen an ihr ein Interesse haben und sich von ihr etwas versprechen. Die Kapitalfraktion, die Profession der zu Unternehmern mutierenden Marktbetreiber und ihr bürgerlicher Anhang, haben ein originäres Interesse an ihr, weil sie, wie dargelegt, die Ägis beziehungsweise Prätention bildet, unter deren Camouflage oder Deckadresse jene von aller gesellschaftlichen Verantwortung dispensierende Asozialisierung beziehungsweise jedes öffentliche Interesse dementierende Privatisierung produktiven Eigentums, natürlicher und kultürlicher Wertquellen, sich vollzieht, die konstitutiv für den kapitalistischen Wertschöpfungsprozess, sprich, für die Ausbeutung der auf jene Wertquellen angewiesenen und durch die freie Verfügung, die die Marktbetreiber qua Unternehmer über letztere erlangt haben, zur Lohnarbeit gezwungenen menschlichen Arbeitskraft ist – eine Ausbeutung, der schließlich die Kapitalfraktion, bourgeoise Unternehmerschaft und bürgerlicher Mittelstand, ihren Reichtum beziehungsweise Wohlstand verdanken.

Der Staat und sein personaler Apparat beziehungsweise institutioneller Anhang akzeptieren und respektieren nicht nur, sondern affirmieren und sanktionieren sogar die dem bürgerlichen Interesse entsprechende Kategorie des Privateigentum, eben weil sie die Ägis und Prätention bildet, deren das ökonomische Faktotum der bürgerlichen Klasse, das industrielle Kapital, bedarf, um sein in der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft bestehendes ebenso kontinuierlich akkumulatives wie diskret appropriatives Geschäft betreiben zu können, und weil es der diesem Geschäft qua Mehrwert entspringende Überschuss und Gewinn ist, an dem der Staat und sein Personal von Anfang ihres politischen Engagements für das Kapital und ihrer bürokratischen Komplizenschaft mit ihm partizipieren und von dem sie in zunehmenden Maße alimentiert und unterhalten werden.

Und sogar die durch den kapitalen Wertschöpfungsprozess ausgebeutete lohnarbeitende Bevölkerung lässt die Kategorie Privateigentum, die jenen Prozess als Ägis deckt und ermöglicht, erst einmal gelten und heißt sie mehr noch gut, teils weil sie sich davon eine gesellschaftliche Sanktionierung und rechtliche Sicherung ihrer bis dahin immer wieder von herrschaftlicher Gewalt und Übergriffigkeit bedrohten persönlichen Habe verspricht, teils weil sie fasziniert ist von der Vermehrungspotenz und Bereicherungskapazität, die die zum Privateigentum kodifizierte persönliche Habe, das zum unantastbaren Besitz und sakrosankten Bestand des bürgerlichen Individuums erklärte possessive Eigentum in den Händen der kapitalistischen Unternehmer und ihrer bürgerlichen Klientel unter Beweis stellt und entfaltet. Kein Wunder, dass sich die Kategorie Privateigentum, von praktisch allen Klassen und Gruppen reaffirmiert beziehungsweise akzeptiert, mühelos Geltung verschafft und als konsensueller Grundwert der bürgerlichen Gesellschaft durchsetzt.

In dem Maße freilich, wie das unter dem Deckmantel einer Verabsolutierung alias Fetischisierung der persönlichen Habe zum Privateigentum dem possessiven Eigentum subsumierte und integrierte produktive Vermögen mittels kapitalistischer Produktionsweise seine ausbeuterische Wirkung entfaltet und die menschliche Arbeitskraft in den Dienst der Mehrwertschöpfung alias Kapitalakkumulation zwingt, wird den von solcher Vereinnahmung Betroffenen allmählich klar, dass das possessive Eigentum ausschließlich unter der Bedingung und in der Konsequenz von qua Privateigentum unter es subsumiertem produktivem Vermögen, von der persönlichen Habe einverleibten Wertquellen, jene faszinierende Vermehrungspotenz und Bereicherungskapazität beweist, und erfahren sie, deren possessives Eigentum kein produktives Eigentum einschließt, am eigenen Leib und höchstpersönlich, wie wenig ihre formaliter zum Privateigentum aufgewertete persönliche Habe realiter wert ist. Sie erfahren nämlich jenen sie als Arbeitskräfte vereinnahmenden kapitalen Wertschöpfungsprozess als ein sie heimsuchendes Enteignungsverfahren, das, weit entfernt davon, ihre persönliche Habe zu sichern oder gar zu vermehren, letztere vielmehr mittels eben der Lohnarbeit, durch die sie sie zu sichern und zu vermehren suchen, ihnen systematisch entzieht und ihnen am Ende so gründlich verschlägt, dass sich ihr Privateigentum ironischerweise auf ihre mittels kapitalistischen Wertschöpfungsprozesses ausbeutbare Arbeitskraft reduziert, sprich, sich aus einem sächlichen Eigentum, einer objektiven Substanz zu jener menschlichen Eigenschaft oder bloßen Subjektfunktion verflüchtigt, von deren Betätigung und Ausübung sie sich, formal zu Recht, die Erzeugung und Aneignung neuer von ihnen als persönliche Habe reklamierbarer objektiver Substanz, neuen für sie daseienden sächlichen Eigentums versprechen beziehungsweise erhoffen und die ihnen im Rahmen des Produktionssystems, in dem sie sie zu betätigen und auszuüben gezwungen sind, tatsächlich zu nichts weiter gereicht als zur fortlaufenden Entwendung und Enteignung dessen, was sie als objektive Substanz, als sächliches Eigentum erzeugen.

Angesichts dieses für sie ebenso niederschmetternden wie verderblichen Ergebnisses, zu dem die unter der Ägide der Kategorie Privateigentum vollzogene Subsumtion des produktiven Eigentums unter und seine Integration in den Geltungszusammenhang und Kompetenzbereich possessiven Eigentums führt, beginnen die von dem Entwendungsprozess und Enteignungsmechanismus, zu dem jene Subsumtion und Integration die Handhabe bietet, Betroffenen, an der Opportunität beziehungsweise Rechtmäßigkeit der Kategorie zu zweifeln und dringen im Rahmen einer sich ökonomisch als gewerkschaftlicher Arbeitskampf und politisch als sozialistische Bewegung formierenden Motion immer stärker auf ihre Revision beziehungsweise Außerkraftsetzung. Unter der Devise einer ”Vergesellschaftung der Produktionsmittel“ fordern sie, die gesellschaftlich relevanten Wertquellen der unbeschränkten persönlichen Verfügung, der sie die Kategorie subsumiert, zu entziehen und ihre Verwendung und Nutzung Konditionen und Restriktionen zu unterwerfen, die teils und im Allgemeinen den Interessen und Erfordernissen des Gemeinwesens Genüge leisten, teils und im Besonderen den Bedürfnissen der Betroffenen, aus den Wertquellen Schöpfenden, mit ihrer Erschließung und Bearbeitung Befassten selbst, ihrem Anspruch auf ein ohne Not lebbares Leben, ein nicht durch Ausbeutung und Enteignung stigmatisiertes Dasein, Rechnung tragen. Sie fordern mit anderen Worten in zeitgemäß novellierter, dem Entwicklungsstand der gesellschaftlichen Produktivkräfte angepasster Form die Wiederherstellung der vorkapitalistischen Differenz zwischen produktivem Vermögen und possessivem Eigentum, gesellschaftlichem Soll und persönlichem Haben, das dem sozialen Individuum höchstens und nur beim Gebrauch des letzteren freie Hand lässt, während es ihm bei der Verwendung des ersteren sei's herrschaftlich-rituelle Restriktionen, sei's gemeinschaftlich-korporative Verpflichtungen auferlegt.

Dass sich die bürgerliche Klasse und der von ihr instrumentalisierte Staat gegen diese lohnarbeiterschaftliche Forderung nach der zeitgemäß novellierten Wiederherstellung vorkapitalistischer Eigentumsverhältnisse, sprich, nach der Wiedereinführung jener Unterscheidung zwischen gesellschaftlich relevantem und demgemäß rituellen Konditionen und korporativen Regulationen unterworfenem produktivem Vermögen und nur persönlich interessantem und deshalb dem Individuum zum vergleichsweise freien Gebrauch überlassenem possessivem Eigentum, deren Aussetzung beziehungsweise Aufhebung die Kategorie Privateigentum dient – dass sich die bürgerliche Klasse und ihr herrschaftlicher Kollaborateur gegen diese lohnarbeiterschaftliche Forderung mit Händen und Füßen sperren, lässt sich erwarten. Schließlich ist, wie gezeigt, das qua Privateigentum produktives Eigentum, Wertquellen, unter sich subsumierende und so der unbeschränkten Verfügung des Einzelnen und seiner verantwortungslos persönlichen Nutzung zugänglich machende possessive Eigentum gleichermaßen der Springpunkt und die Basis kapitalistischen Reichtums und bürgerlichen Wohlstands, und deshalb wäre, jener Forderung nach einer Entpossessivierung des gesellschaftlich relevanten produktiven Vermögens, sprich, nach einer Überführung der für die materiale Reproduktion und reale Erhaltung der Gesellschaft grundlegenden Wertquellen in die öffentliche Hand und gemeinschaftliche Nutzung, gleichbedeutend mit einem frontalen Angriff und in der Tat fatalen Anschlag auf den kapitalistischen Bereicherungsmechanismus und bürgerlichen Wohlstandsgaranten.

Und das Einzige, was, sofern sie nicht zu politischem Zwang und militärischer Gewalt greifen und damit offene fraktionelle Konflikte und irreparable soziale Zerwürfnisse riskieren wollen, der bürgerlichen Klasse und ihrem Erfüllungsgehilfen Staat bleibt, um dieser Forderung entgegenzutreten und sich gegen sie zu verwahren, ist eben jene die Subsumtion produktiven Vermögens unter possessives Eigentum besiegelnde Kategorie des Privateigentums, die vom absolutistischen Anbeginn der bürgerlichen Gesellschaft in Kraft tritt und Geltung erlangt und die erst einmal mit der Unterstützung, Zustimmung oder zumindest Duldung aller in der bürgerlichen Gesellschaft vertretenen Gruppen und Einrichtungen rechnen kann. Je entschiedener und nachdrücklicher die mittels kapitalistisch-privativer Erschließung der gesellschaftlich relevanten Wertquellen Ausgebeuteten jene Forderung erheben, umso beharrlicher und kompromissloser insistieren die bürgerliche Klasse und ihr Staat auf der für die bürgerliche Gesellschaft konstitutiven grundrechtlichen Unantastbarkeit und sozialvertraglichen Sakrosanktheit der Kategorie des Privateigentums.

Dabei erfährt die dogmatische Beharrlichkeit, mit der bürgerliche Klasse und bürgerlicher Staat auf der Kategorie insistieren, noch eine paradoxe Bekräftigung und Verstärkung dadurch, dass es, was die, der bürgerlichen Klasse zum Wohle zwar, aber nicht unbedingt zu Gefallen, vom Staat verfolgte Politik und geübte Praxis in Sachen Eigentum angeht, mit der Kompromisslosigkeit, genau genommen, gar nicht so weit her ist. Tatsächlich nämlich beweist die Forderung nach Entprivatisierung des produktiven Eigentums über die subjektiv-soziale Dringlichkeit hinaus, die ihr die sozialistische Bewegung mit ihrer Forderung nach Berücksichtigung der Interessen und Ansprüche der Lohnarbeitenden verleiht, in zunehmendem Maße eine objektiv-ökonomische Unabweislichkeit, der sich der Staat unmöglich verschließen beziehungsweise über die er sich nur bei Strafe einer akuten Gefährdung und am Ende Zerstörung der Funktionalität und Kontinuität der bürgerlichen Gesellschaft, als deren politischer Helfershelfer und Garant er sich doch etabliert hat, hinwegsetzen kann.

Auf sich selbst gestellt, sprich, der legal freien Verfügung und sozial unkontrollierten Nutzung derer überlassen, die es privatisiert haben, will heißen, es als integrierenden Bestandteil ihrer persönlichen Habe, ihres possessiven Eigentums geltend machen und nutzen, hat nämlich das als Kapital funktionierende produktive Vermögen nicht nur die Verarmung und Verelendung der von ihm rekrutierten und kommandierten Lohnarbeitenden, mithin massive soziale Verwerfungen und Konflikte zur Folge, sondern steuert des Weiteren auch in zunehmendem Maße auf ein dem Missverhältnis zwischen Produktivkraft und Distributionsmodus, zwischen produktionsstandgemäßem Angebot und akkumulationsprinzipkonformer Nachfrage geschuldetes katastrophisches Dilemma zu, resultiert mit anderen Worten früher oder später in einer kommerziellen Situation, an der auch angestrengteste kolonialistische, merkantilistische, etatistische und imperialistische Bemühungen um neue Märkte und Absatzchancen nichts mehr ändern können und in der nichts mehr zu verhindern vermag, dass das kapitalistische Wertschöpfungssystem durch seine Produktivkraft die aufgrund des Distributionsmodus, den der Akkumulationsimperativ dekretiert, beschränkte Wertrealisierungskapazität des Marktes definitiv überfordert und es so zu einer rein ökonomisch erzeugten, vom kapitalistischen Produktionssystem selbst generierten umfassenden Krise kommt, die den kapitalen Verwertungszyklus ins Stocken und zum Stillstand zu bringen und damit, wie das Kapital selbst seiner Antriebskraft, seines Motivs zu berauben, so sein Produktionssystem ins Leere laufen und kollabieren zu lassen droht.

Lässt sich der soziale Konflikt, den die durch die Privatisierung produktiven Vermögens, die Überführung gesellschaftlicher Wertquellen ins persönliche Possessiv einzelner Bürger, ermöglichte kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeitskraft provoziert, noch durch punktuelle beziehungsweise partielle Korrekturen bei der Ausbeutungsrate, sprich, durch sozialpolitische Konzessionen an die Ausgebeuteten, wie etwa Mindestlohntarife, Beschränkung der Arbeitszeiten, Konditionierung des Zugangs zum Arbeitsmarkt oder Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, wenn nicht lösen, dann jedenfalls doch entschärfen, so erfordert die kommerzielle Krise, in die das wachsende Missverhältnis zwischen immer produktivkräftigerer Produktion alias Wertschöpfung und im Vergleich damit immer weniger zureichender akkumulationskonformer Distribution alias Wertrealisierung hineinführt, für ihre Bewältigung oder jedenfalls Eindämmung mehr als bloß punktuelle sozialpolitisch korrektive Maßnahmen des Staats und vielmehr eine umfassende realökonomisch initiative Einflussnahme des letzteren, die, so gewiss sie eine partielle Aussetzung des akkumulationsdiktierten kommerziellen Distributionsmodus erfordert und nichts Geringeres bezweckt als einen massiven umverteilungspolitischen Eingriff in die kapitalistische Ausbeutungspraxis, gar nicht verfehlen kann, die unbeschränkt-eigenmächtige Verfügung und ungehindert-selbstsüchtige Verwendung, die der als Kapitalist fungierende private Bürger hinsichtlich der in produktivem Eigentum, Wertquellen, bestehenden Teile seiner Habe, seines als Kapital firmierenden Possessivs, beansprucht, einem gewissen Maß an staatlicher Steuerung und Kontrolle zu unterwerfen und so in diesem ihrem Anspruch auf privative Unbeschränktheit und ungehemmte Eigenmächtigkeit zu bestreiten und zu revidieren.

Auch wenn die in den umverteilungspolitischen Eingriffen des Staates implizierte Beschränkung und Beschneidung der vom Kapitalisten über die produktiven Teile seines privateigentümlichen Possessivs ausgeübten freien Verfügung und persönlichen Entscheidungsgewalt letztlich nur den Zweck verfolgt, die kommerzielle Katastrophe, in die die durch die freie Verfügung ermöglichte Akkumulation die kapitalistisch organisierte industrielle Wertschöpfung hineintreibt, abzuwenden oder ihr jedenfalls bis auf Weiteres zu wehren, und auch wenn sie insoweit nur der Aufrechterhaltung und dem Schutz des als rechtlich-kategoriale Sanktion des industriekapitalistischen Verwertungs- alias Ausbeutungsmechanismus unverzichtbaren, weil Possessiv und Produktiv zu einer unauflöslichen Kategorie verschmelzenden Privateigentums dienen, bleiben sie doch in praxi und de facto ein Angriff auf und ein Verstoß gegen die de jure und principialiter hochgehaltene Kategorie und bringen letztere in Misskredit, indem sie deren absolute Geltung und kategorische Unanfechtbarkeit empirisch untergraben und pragmatisch relativieren. Umso wichtiger aber wird für die bürgerliche Gesellschaft und den sie repräsentierenden Staat die klare Limitierung und eindeutige Determinierung jenes praktischen Angriffs auf und faktischen Verstoßes gegen die de jure für absolut gültig erklärte und principialiter als schlechterdings unantastbar aufrechterhaltene Kategorie.

Zwar muss der Staat, um der kommerziellen Katastrophe zu begegnen, in die das als industrielles Kapital privateigentümlich genutzte produktive Eigentum hineintreibt, zulassen oder vielmehr eigenmächtig dafür sorgen, dass letzteres in seiner produktiven Funktion, seiner Eigenschaft als durch Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft Mehrwert alias Mehreigentum generierendes Eigentum, umverteilungspolitisch an die Kandare genommen und unter Kuratel gestellt wird, dass es mit anderen Worten tarifpolitisch direkt und sozialpolitisch indirekt partiell enteignet, um einen Teil des von ihm generierten Mehrwerts gebracht und dieser zwecks Entdynamisierung und Verstetigung seines produktiven Wirkens den Ausgebeuteten zugewendet oder, wenn man so will, zurückerstattet werden kann. Aber je mehr der Staat das Privateigentum in seiner produktiven Funktion besteuert und schröpft, umso entschiedener muss er darauf bestehen, dass es in seiner possessiven Bedeutung, in seiner Eigenschaft als integrierender Bestandteil der zur Kategorie verhärteten persönlichen Habe, der staatlichen Verfügung und dem umverteilungspolitischen Zugriff entzogen, dass es sowohl, was es, die Wertquelle, selbst, als auch, was jenen Teil des aus ihm, der Wertquelle, geschöpften Mehrwerts betrifft, den der Staat ihm nicht umverteilungspolitisch wegnimmt, sondern als seinen Gewinn belässt und den es ja auch behalten muss, um überhaupt motiviert und disponiert zu sein, sich als produktiv weiterhin unter Beweis zu stellen und fortgesetzte wertschöpferische Wirksamkeit zu entfalten – dass es also in beiderlei Hinsicht unantastbares Privateigentum, sakrosankte persönliche Habe des über es verfügenden einzelnen Bürgers bleibt.

Je mehr der Staat um der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Produktionssystems willen genötigt ist, das dem possessiven Eigentum subsumierte und mit ihm zum Privateigentum konkreszierte produktive Vermögen als produktives in praxi anzutasten und durch umverteilungspolitische Zu- und Eingriffe de facto zu besteuern, umso mehr fühlt er sich verpflichtet, es als possessives, als das, was nach den umverteilungspolitischen Zu- und Eingriffen übrig und als kapitaler Wert erhalten bleibt, unangetastet zu lassen und als sakrosankt zu reaffirmieren. Gerade weil er das produktive Vermögen, soweit und solange es als Produktiv funktioniert und wirkt, in seinem ebenso wesentlichen wie prinzipiellen Anspruch auf unverletzliche Privateigentümlichkeit praktisch missachten und faktisch verletzen muss, um das auf ihm basierende industriekapitalistische Produktionssystem vor den seiner Produktivkraft innewohnenden selbstzerstörerischen Tendenzen zu schützen, nimmt der Staat dies produktive Eigentum, sofern und sobald es als Possessiv firmiert und erscheint, es also im vollen Umfange dessen, was vom staatlichen Ein- und Zugriff unberührt beziehungsweise verschont und als persönliche Habe, privater Bsitz des bürgerlichen Eigners erhalten beziehungsweise übrig bleibt, quasi reaktionsbildnerisch in jenem Anspruch auf Unverletzlichkeit beziehungsweise Unantastbarkeit doppelt ernst und denkt nicht im Traum daran, es in seine umverteilungspolitischen Bemühungen um ein dem doppelten Zweck realökonomischer Marktentlastung und sozialstaatlichen Vermögensausgleichs dienendes Krisenmanagement einzubeziehen.

Kapitel Drei